Yin und Yang und die Fünf Wandlungsphasen
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Die Lehre von onmyō [onmyō (jap.) 陰陽 jap. für „Yin und Yang“; auch in'yō, on'yō]) ist eine Kurzbezeichnung für die chinesische Naturphilosophie, die auch das Konzept der Fünf Wandlungsphasen (chin. wu xing, jap. gogyō [gogyō (jap.) 五行 Fünf Wandlungsphasen; Prinzip der chin. Naturphilosophie]) mit einschließt. Sie fand ursprünglich vor allem in Astrologie, Orakel- und Kalenderwesen sowie in der Medizin Anwendung. In diesen Bereichen war die chinesische Naturphilosophie bereits im japanischen Altertum bekannt. Diese Seite bietet einen kurzen Überblick über die Grundprinzipien der Lehre von Yin und Yang und ihre geschichtliche Entwicklung in China und Japan.
(jap. in'yō, oderBegriffsgeschichte
Die Lehre von Yin und Yang wird oft als Synonym des Daoismus (jap. Dōkyō [Dōkyō (jap.) 道教 Daoismus, wtl. Lehre des Weges, chin. Daojiao; philosophisch-rel. Strömung Chinas; s.a. dō], chin. Daojiao) verwendet, wobei unterstellt wird, dass dieser die älteste philosophische Tradition Chinas sei. Doch schon der berühmte Sinologe Marcel Granet [Granet, Marcel (west.) 1884–1940; französischer Sinologe und Soziologe] fasste die Yin Yang Philosophie weiter und sprach kurzerhand vom „chinesischen Denken“.1 In jüngerer Zeit wird der Daoismus in der Fachwelt als eine philosophische Strömung angesehen, die sich erst im Wettstreit mit Konfuzianismus und Buddhismus [bukkyō (jap.) 仏教 Lehre des Buddha, Buddhismus] herausgebildet hat. Zunächst nur auf indivduelle Vervollkommnung („ewiges Leben)“ ausgerichtet nahm er nach und nach auch Züge einer Religion mit Gebeten und Ritualen an. Der Daoismus ist daher nicht mit der chinesischen Naturphilosophie gleichzusetzen, griff aber stark auf diese zurück und versuchte, Konzepte wie Yin und Yang für sich zu vereinnahmen. Tatsächlich setzt aber auch der Konfuzianismus (jukyō [jukyō (jap.) 儒教 Konfuzianismus, Lehre des Konfuzius (Kong Zi oder Kong Fuzi); wtl. Lehre der Gelehrten]) die Lehre von Yin und Yang als Tatsache voraus. Der chinesische Buddhismus wiederum bemühte sich, die naturphilosophischen Vorstellungen Chinas mit ähnlichen Vorstellungen aus dem indischen Kulturraum gleichzusetzen. Yin und Yang bilden somit ein Fundament für sämtliche chinesischen geistigen Traditionen, während der Daoismus nur eine spezifische Richtung der Yin Yang Interpretation darstellt.
In Japan wurde die chinesische Naturphilosophie schließlich sowohl in den japanischen Buddhismus als auch in den Shintō [Shintō (jap.) 神道 Shintō; wtl. Weg der Götter, Weg der kami] integriert. Darüber hinaus etablierte sich der „Weg von Yin und Yang“ (Onmyōdō [Onmyōdō (jap.) 陰陽道 Weg von Yin und Yang; Disziplin der Divination und der magischen Heilkunst; auch on’yōdō oder in’yōdō]) als eine Disziplin der Wahrsagerei und Heilkunst, die aber kein eigenes religiöses System (d.h. keine eigenen Heilslehren, Gottheiten und Tempel) entwickelte.
Yin und Yang
Die Yin Yang Lehre geht von der Vorstellung eines ursprünglichen Chaos aus, in dem alle Materie in undifferenziertem Zustand vermischt ist. Diese Urmaterie wird auch als qi [qi (chin.) 氣/気 Materie (oder „Energie“) der chin. Naturphilosophie; auch Dampf; jap. ki] (jap. ki) oder als taiji [taiji (chin.) 太極 Urmaterie, wtl. das Große Äußerste] bezeichnet. Der Sinologe Paul Unschuld [Unschuld, Paul (west.) 1943–; deutscher Sinologe und Medizin-Historiker an der Universität München] schreibt dazu:
Was sich die antiken Beobachter genau unter diesem Qi vorstellten, ist nicht überliefert. Das Schriftzeichen […] verweist auf „Dämpfe, die aus Reis aufsteigen“. Schriften aus dem 1. Jh. n. Chr. legen den Schluß nahe, daß das Qi als eine feinstverteilte, luftartige Materie angesehen wurde. Sie konnte sich verdichten und als feste Materie sichtbare Form annehmen. Sie konnte sich zerstreuen und unsichtbar in der Luft aufgehen.
Unschuld 2003, S. 62
Von der Vorstellung einer amorphen, dampfartigen Urmaterie ist es zu Yin und Yang nicht weit: Das qi spaltet sich in das lichte, leichte qi — das Yang, welches nach oben steigt — und das dunkle, schwere qi — das Yin, welches nach unten sinkt. Auf diese Weise bilden sich der Himmel und die Erde, sowie in der Folge alle anderen dualen Gegensätze, angefangen von männlich und weiblich, Sonne und Mond, Leben und Tod, etc. Abstrakt ausgedrückt steht Yang stets für das Aktive, Yin hingegen für das Rezeptive. Die Yin Yang Philosophie betont, dass weder Yin noch Yang gesondert existieren können und stets dazu tendieren von einem zum anderen überzugehen. Stabile Zustände werden durch eine möglichst harmonische wechselseitige Ergänzung von Yin und Yang erreicht. Ein solcher Ausgleich führt in gewisser Weise wieder zur ursprünglichen Form der Materie, dem taiji, zurück.
Das Buch der Wandlungen
8 Trigramme
64 Hexagramme
Der Klassiker der Yin Yang Lehre ist das Yijing [Yijing (chin.) 易経 „Buch/Leitfaden der Wandlungen“ (chin. Klassiker); jap. Ekikyō] (auch I Ging geschrieben), das „Buch der Wandlungen“, in dem die chinesische Wahrsagekunst kodifiziert ist.2 Laut chinesischer Mythologie wurde das Orakelsystem vom legendären Herrscher Fuxi [Fuxi (chin.) 伏羲 Erster von drei mythologischen Herrschern in China, Begründer der chinesischen Kultur; jap. Fukugi] geschaffen, der von 2852–2738 v.u.Z. gelebt und den Körper einer Schlange besessen haben soll. Die tatsächliche Existenz dieses Herrschers mag zweifelhaft sein, doch existieren die Hexagramme wahrscheinlich wirklich schon sehr lange. Hinweise finden sich bereits im zweiten Jahrtausend v.u.Z. und frühe Fassungen des Yijing waren wahrscheinlich spätestens Anfang des ersten Jahrtausends v.u.Z. bereits bekannt.3
Im Zentrum des Yijing stehen die 64 Hexagramme („Sechserzeichen“). Das sind symbolische Grundformen, die mit Hilfe einer (im Grunde beliebigen) Orakeltechnik ermittelt und zur Interpretation des befragten Sachverhalts herangezogen werden. Jedes Hexagramm besteht aus zwei Trigrammen („Dreierzeichen“), die ihrerseits bestimmte Namen (Schriftzeichen) und Bedeutungen haben. In der Anordnung rechts stehen die Trigramme beispielsweise für die acht Himmelsrichtungen (wobei der Süden oben, der Norden unten ist). Jedes Trigramm (und daher auch jedes Hexagramm) ist eine Kombination von Yin und Yang. Yin wird graphisch durch einen unterbrochenen Strich, Yang durch einen durchgehenden Strich repräsentiert. Auch jedes Hexagramm besitzt einen Namen, etwa: „Warten“, „Befreiung“, „Bedrängnis“, aber auch „Heer“, „Brunnen“ oder „Tiegel“. Das Yijing enthält Anleitungen, wie diese Namen in bestimmten Situationen von den Orakelmeistern zu interpretieren sind.4
Himmel, Erde, Mensch
Werk von Wang Qi (1529–1612). Edo-Zeit. National Diet Library, Tōkyō.
Yin und Yang begründen ein im Grunde statisches System, das seine Stabilität aus dem zyklischen Wechsel der beiden Urkräfte bezieht. Um aber auch Veränderungen oder Wachstum erklären zu können, bedarf es eines dritten Elements. Das chinesische Denken entwickelte zu diesem Zweck die Triade „Himmel, Erde, Mensch“, die auch als die Drei Sphären oder Daseinsformen (sancai, jap. sansai [sansai (jap.) 三才 Laut der chinesischen Naturphilosophie drei elementare Daseinsformen: Himmel, Erde, Mensch]) bezeichnet werden. Demnach entstand der Himmel aus dem hellen, leichten Yang, die Erde aus dem dunklen, schweren Yin und zwischen ihnen bildete sich als Bindeglied der Mensch, der in dieser Konzeption mit dem mythologischen Riesen Pangu [Pangu (chin.) 盤古 Urtümlicher Riese in der chinesischen Mythologie] identifiziert wird. Pangu trennte Himmel und Erde aus eigener Kraft und schuf so den Bereich des Menschen. In anderen Zusammenhängen wird der Bereich „Mensch“ mit dem Kaiser, dem „Einen Menschen“, gleichgesetzt. Die Drei Sphären stellen für das chinesische Denken einen Grundraster aller Phänomene dar und können vielleicht auch als drei Perspektiven eines menschlichen Betrachters interpretiert werden: Die Kategorie „Himmel“ umfasst alles, was der Blick nach oben erfasst (Astrologie, Meteorologie); die Kategorie „Erde“ umschreibt den Blick in die Horizontale oder nach unten (Geographie, Biologie); und die Kategorie „Mensch“ repräsentiert den Blick auf sich selbst (Kultur). In diesem Sinne sind jedenfalls vormoderne Enzyklopädien wie das chinesische Sancai tuhui [Sancai tuhui (chin.) 三才圖會/三才図絵 „Gesammelte Illustrationen der Drei Sphären“; Enzyklopädisches illustriertes Lexikon der späten Ming-Zeit, veröffentlicht 1609] oder das davon inspirierte japanische Wakan sansai zue [Wakan sansai zue (jap.) 和漢三才図会 „Illustrierte [Enzyklopädie] der Drei Sphären [= Himmel, Erde, Mensch] in China und Japan“ von Terajima Ryōan, 1712; basiert auf dem chinesischen Sancai tuhui] organisiert.
Die Fünf Phasen
Neben dem Yin-Yang Dualismus und der Himmmel-Erde-Mensch Triade kennt die chinesische Naturphilosophie auch fünf Elemente, nämlich Holz, Feuer, Erde, Metall und Wasser, die in komplexen numerologischen Beziehungen zu Yin und Yang stehen. Ähnlich wie Yin und Yang bedingen diese Elemente einander wechselseitig und wiederholen sich daher in bestimmten zyklischen Reihenfolgen. Aus diesem Grund bezeichnet man sie auch als die Fünf (Wandlungs-)Phasen.
Die Zyklen der Fünf Wandlungsphasen
Die Wandlungsphasen können nach traditioneller Auffassung in zwei Zyklen auf einander folgen:
- Holz→ Feuer→ Erde→ Metall→ Wasser→. Dies ist der „Zyklus der Hervorbringung“: Holz gebiert Feuer, Feuer gebiert Erde (Asche), Erde gebiert Metall, Metall gebiert Wasser, Wasser gebiert Holz, u.s.w. ...
- Holz→ Erde→ Wasser→ Feuer→ Metall→. Dies ist der „Zyklus der Besiegung“: Holz besiegt Erde (Baumwurzeln teilen den Boden), Erde besiegt (saugt auf) Wasser, Wasser besiegt (löscht) Feuer, Feuer besiegt (schmilzt) Metall, Metall besiegt (spaltet) Holz, u.s.w. ...
Die Beziehungen mögen auf den ersten Blick nicht unbedingt zwingend erscheinen, blickt man aber auf die graphische Darstellung, erkennt man, dass es sich um die einzigen beiden Möglichkeiten handelt, die Punkte eines Fünfecks durch eine durchgehende Linie zu verbinden. Im einen Fall verläuft die Linie von einem Punkt des Fünfecks zum nächsten, im anderen von einem Punkt zum übernächsten (wodurch sie einen fünfzackigen Stern beschreibt. Die beiden Beziehungsformen sind auch als „Harmonie“ und „Antagonismus“ beschrieben worden. Sie eigenen sich natürlich ausgezeichnet für jede Form des Orakelwesens, da stets alternative Deutungen zur Verfügung stehen, wenn z.B. ein positives vorhergesagtes Ereignis nicht eintritt.5
Kombination mit Yin und Yang
Ursprünglich stellten Yin und Yang und die Fünf Phasen wohl unterschiedliche Systeme der Naturerklärung dar. Zu ihrer Verschmelzung kam es erst in der Frühen Han [Han (chin.) 漢 chin. Han-Dynastie (207 v.u.Z.–220 u.Z.)]-Zeit, im ersten Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung, also lange nach Abfassung der konfuzianischen und daoistischen Klassiker. Obwohl Yin Yang und die Fünf Phasen seit dieser Zeit stets in einem Atemzug genannt werden, ist die Frage, wie aus einem dualen System ein System, das aus fünf Komponenten besteht, hervorgehen konnte, meines Wissens nicht restlos geklärt worden.
In der Praxis dienten Yin Yang und die Fünf Wandlungsphasen in erster Linie als Register bzw. als Grundbausteine für die Klassifizierung der Wirklichkeit. Wo immer es möglich ist, sucht die chinesische Naturphilosophie daher entweder nach dualen Gegensätzen, die sich als Wechselwirkung von Yin oder Yang interpretieren lassen, oder nach Fünfergruppen, die nach den oben genannten Schemata mit einander in Beziehung gebracht werden. Es gibt z.B. die Fünf Töne, die Fünf Organe, die Fünf Farben, die Fünf Geschmäcker, und anderes mehr. Schließlich ergeben die Wandlungsphasen in Kombination mit den Tierkreiszeichen (jūni shi [jūni shi (jap.) 十二支 Zwölf Erdzweige (chin. Tierkreiszeichen)]) den sogenannten Sechziger Zyklus (kanshi [kanshi (jap.) 干支 Sechzigerzyklus des traditionellen Kalenders, wtl. Himmelsstämme (干) und Erdzweige (支)]), der eine elementare Kategorie der traditionellen Zeitmessung bzw. der Kalenderkunde darstellt.
Vier oder fünf Richtungen
Entsprechend den Fünf Phasen kennt die chinesische Kosmologie auch „Fünf Richtungen“, die grundsätzlich mit den hierzulande bekannten Vier Himmelsrichtungen übereinstimmen, denen jedoch als fünftes Element die Mitte hinzugefügt wird. Diese Richtungen werden in China seit ältester Zeit mit bestimmten Farben assoziiert, die wiederum mit imaginären Tieren in Beziehung stehen. Es sind dies:
Richtung | Tier | Farbe | Wandlugsphase | Himmelswächter |
---|---|---|---|---|
Osten | Blauer Drache (Seiryū 清龍) |
blau oder grün | Holz | Jikoku-ten |
Süden | Roter Vogel (Suzaku 朱雀) |
rot | Feuer | Zōchō-ten |
Westen | Weißer Tiger (Byakko 白虎) |
weiß | Metall | Kōmoku-ten |
Norden | Dunkle Schildkröte (Genbu 玄武)6 |
schwarz oder blau | Wasser | Tamon-ten [Tamon-ten (jap.) 多聞天 Synonym von Bishamon-ten, Himmelswächter des Nordens (skt. Vaishravana)] |
Mitte | [Gelber Drache] | gelb | Erde | -- |
Wahrscheinlich 7.Jh. 47 News.
Wahrscheinlich 7.Jh. Hoshi ga suki na hito, (Blog).
Asuka-Zeit, wahrscheinlich 7.Jh. Kitora Atlas.
Die Richtungstiere dürften im frühhistorischen China zunächst nur eine Vierergruppe dargestellt haben; die Mitte — repräsentiert durch einen gelben Drachen, der wiederum als Sinnbild des chinesischen Kaisers angesehen wird — kam später hinzu. Der Einfluss dieser Symbolik auf benachbarte Kulturen zeigt sich vor allem in frühhistorischen Grabhügeln in Korea und Japan, in denen die Richtungstiere häufig abgebildet sind. Aber auch in der japanischen Palastarchitektur finden sich Bezüge zu den Richtungstieren. Ihre Farbsymbolik wurde auch von der buddhistischen Ikonographie übernommen, die Tiere selbst wurden allerdings nach und nach von buddhistischen Wesenheiten, wie den Vier Himmelswächtern (Shi-Tennō [Shi-Tennō (jap.) 四天王 wtl. Vier Himmelskönige, die aber eher als Himmelswächter auftreten und jeweils eine Himmelsrichtung beschützen; angeführt von Bishamon-ten, dem Wächter des Nordens; der Ausdruck wird auch für diverse Gruppen von vier Kriegern angewendet]), verdrängt.
Yin und Yang in Japan
In Japan existierte in klassischer Zeit ein Hofamt, das sich speziell mit chinesischer Wahrsagetechnik befasste und als onmyō-ryō [onmyō-ryō (jap.) 陰陽寮 wtl. „Amt für Yin und Yang“; höfische Orakelleser] (Amt für Yin und Yang) bezeichnet wurde. Sein Aufgabenbereich umfasste neben der Orakelkunst auch die Kalenderkunde und die Geomantik, also die Bestimmung glücksverheißender Zeiten und Orte, die jeweils auf der Grundlage der Naturphilosophie ermittelt wurden. Angehörige dieses Amtes hatten priesterlichen Status und wurden als onmyōji [onmyōji (jap.) 陰陽師 Yin Yang Meister] (Yin Yang Meister) bezeichnet. Sie galten unter anderem als große Magier und wurden von Angehörigen des Hofes auch für private Zwecke, in denen Magie vonnöten war, um Hilfe ersucht.
14. Jh. kknews.
Der bekannteste Yin Yang Magier der Heian [Heian (jap.) 平安 auch Heian-kyō 平安京, „Stadt des Friedens“; politisches Zentrum 794–1185 (= Heian-Zeit)]-Zeit ist Abe no Seimei [Abe no Seimei (jap.) 安部清明 921?–1005; Yin Yang-Meister des 10. Jh.s] (921?–1005). Er war Angehöriger des höfischen Yin Yang Amtes, trug den Titel „Doktor der Himmelskunde“ (tenmon hakase [tenmon hakase (jap.) 天文博士 wtl. „Doktor der Himmelskunde“; Titel für Yin Yang Meister (onmyōji)]) und führte im Auftrag verschiedener Kaiser Orakel und Exorzismen durch. Dank seiner besonderen Begabung wurden einige Ämter des Yin Yang Amtes innerhalb seiner Familie erblich. Nach seinem Tod rankten sich zahlreiche Legenden um ihn und überlagerten die wenigen historisch gesicherten Berichte. So soll seine Mutter eine Füchsin gewesen sein, welche die natürliche magische Begabung dieser Tiere an ihren Sohn weitergab (siehe Verwandlungskünste der Füchse).
Die Bedeutung der chinesischen Naturphilosophie scheint in der Heian-Zeit ihren Höhepunkt erreicht zu haben, durchzieht aber die gesamte japanische Kultur- und Religionsgeschichte wie ein roter Faden. Schon in den frühen Chroniken, vor allem im Nihon shoki [Nihon shoki (jap.) 日本書紀 Zweitältestes Schriftwerk und erste offizielle Reichschronik Japans (720)], ist deutlich zu erkennen, dass einzelne mythologische Erzählungen dem Yin Yang Schema angeglichen wurden. Später machte vor allem der esoterische Buddhismus von der Yin Yang Symbolik Gebrauch (siehe Mandalas der beiden Welten). In der japanischen Volksmedizin, der Küche und der Gartenarchitektur hat sich der Einfluss von Yin und Yang bis auf den heutigen Tag erhalten.
Unglücksjahre
Schließlich sind Yin Yang und die Fünf Phasen untrennbar mit dem klassischen Kalenderwesen verbunden, das auch heute noch einen gewissen Einfluss in der japanischen Alltagskultur besitzt. Am wichtigsten ist in diesem Zusammenhang der Glaube an die sogenannten yakudoshi [yakudoshi (jap.) 厄年 Unglücksjahr, kritisches Alter; laut Tradition bei Männern das 25., 42. und 61. Jahr, bei Frauen das 19., 33. und 37. Jahr], kritische, gefahrvolle Lebensjahre. Nach der heutigen Konvention sind dies:
maeyaku 前厄 | hon’yaku 本厄 | atoyaku 後厄 | |
---|---|---|---|
Männer | 24 | 25 | 26 |
41 | 42 | 43 | |
60 | 61 | 62 | |
Frauen | 18 | 19 | 20 |
32 | 33 | 34 | |
36 | 37 | 38 | |
60 | 61 | 62 |
Jedes Unglücksjahr (hon’yaku) wird also von Vorboten des Unglücks im Jahr davor (maeyaku) eingeleitet und im Jahr danach (atoyaku) quasi von „Nachbeben“ gefolgt. Am gefährlichsten gilt für Männer das Alter von 42 (nach traditioneller Zählung, d.h. das Kalenderjahr, in das der 41. Geburtstag fällt) und bei Frauen das Alter von 33. Die geläufigsten Begründungen sind numerologische Wortspiele, denen zufolge 42 auch shi-ni ausgesprochen werden kann, was „Sterben“ bedeutet, während 33 in der Aussprache san-zan ein Homonym für „schwere Geburt“ wäre. Diese Begründungen scheinen aber eher mentale Erinnerungsstützen zu sein. Tatsächlich mögen gewisse allgemeine Beobachtungen und kollektive Erinnerungen dem System der yakudoshi seine Plausibilität verleihen.
Ältere Quellen (aus der Heian [Heian (jap.) 平安 auch Heian-kyō 平安京, „Stadt des Friedens“; politisches Zentrum 794–1185 (= Heian-Zeit)]- oder Kamakura [Kamakura (jap.) 鎌倉 Stadt im Süden der Kantō Ebene, Sitz des Minamoto Shōgunats 1185–1333 (= Kamakura-Zeit)]-Zeit) geben jedoch als yakudoshi die Folge 13, 25, 37, 49, 61 an,7 also jene Jahre, in denen man sich nach dem traditionellen Kalender wieder im Tierkreiszeichen seines Geburtsjahres befindet. Die heutige Jahresfolge scheint sich in der Edo [Edo (jap.) 江戸 Hauptstadt der Tokugawa-Shōgune, heute: Tōkyō; auch: Zeit der Tokugawa-Dynastie, 1600–1867 (= Edo-Zeit);]-Zeit eingebürgert zu haben, doch auch Quellen aus dieser Zeit berufen sich auf Erklärungen nach dem Yin Yang-Schema. Somit ist klar, dass die Tradition der yakudoshi auf der ursprünglich chinesischen Kalender- und Orakelkunst — und damit letztlich auf der Yin Yang Philosophie — fußt, wenn sie auch im Lauf der Zeit modifiziert wurde.
Der Glaube an die yakudoshi kommt heute wie in früheren Zeiten in erster Linie religiösen Institutionen zugute. Ein Gutteil der Glücksbringer (o-mamori [o-mamori (jap.) お守り Talisman, schutzbringender Gegenstand] und Glückslose o-mikuji [o-mikuji (jap.) 御籤/おみくじ Glückslos, Glücksorakel; auch mikuji], wie sie sowohl in Shintō Schreinen als auch in buddhistischen Tempeln angeboten werden, dient der Abwehr des Kalender-gebundenen Unheils.
Verweise
Verwandte Themen
Fußnoten
- ↑ Granet 1985.
- ↑ Bereits 1924 erschien eine deutsche Übersetzung dieses Texts durch den berühmten Sinologen und Missionar Richard Wilhelm (1873–1930). Diese wurde auch ins Englische übertragen und stellt heute die bekannteste, wenn auch nicht ganz unumstrittene Fassung des Yijing in einer westlichen Sprache dar (Wilhelm 1995).
- ↑ S. Hertzer 1996.
- ↑ Die heute bekannte Form, die etwa auch der Übersetzung durch Richard Wilhelm zugrundeliegt, wurde traditionell dem Konfuzius zugeschrieben und zählt daher zu den konfuzianischen Klassikern. Die hier zum Ausdruck kommende Philosophie übte eine besondere Faszination auf Richard Wilhelm oder C.G. Jung aus. Laut neueren Forschungen stammt diese Version jedoch aus der Tang-Zeit (618–907), ist also über tausend Jahre jünger als sie selbst behauptet und entspricht einer sekundären Bearbeitung des Werks. Es wurden allerdings auch ältere Versionen aufgespürt, die kürzer, pragmatischer und weniger auf den Nachweis philosophischer Grundprinzipien hin ausgerichtet sind.
- ↑ Crump 1992, S. 41.
- ↑ Der Name Genbu bedeutet wörtlich „Dunkler Krieger“, die Schildkröte tritt zumeist in Kombination mit einer Schlange auf.
- ↑ ab Yakudoshi, Wikipedia (jp.).
Internetquellen
- Yin & Yang and the I Ching, Kelley L. Ross (en.)
Guter Einführungsartikel mit zahlreichen Illustrationen. - The I Ching on the Net, Greg Whincup (en.)
Links zu online-Übersetzungen, online-Orakeln, und vieles mehr.
Literatur
Bilder
- ^ Der mythologische Kaiser Fuxi und seine Schwester/Gemahlin Nüwa. Neben den Trigrammen erfand Fuxi auch das Winkelmaß, das er hier in der Hand hält.
Tang-Zeit. Wikimedia. - ^ Der mythologische Riese Pangu in einer Darstellung der chinesischen Enzyklopädie Sancai tuhui. Pangu ist die erste Illustration in der Abteilung „Mensch“ innerhalb dieser Enzyklopädie.
Werk von Wang Qi (1529–1612). Edo-Zeit. National Diet Library, Tōkyō. - ^ Bei diesem Blauen Drachen (Seiryū) handelt es sich um ein chinesisches Emblem des Ostens. Das Bild stammt aus einem Hügelgrab (kofun) der Asuka-Zeit (7. Jh.), dem Takamatsu-zuka. Dass chinesische Embleme in dieser Zeit in Grabkammern festgehalten wurden, verdeutlicht den Einfluss der chinesischen Kosmologie und des daoistischen Polarstern-Glaubens im Japan der Asuka-Zeit.
Wahrscheinlich 7.Jh. 47 News. - ^ Suzaku kangso middle tomb.jpg
- ^ Der Weiße Tiger (Byakko), das chinesische Symboltier des Westens, dem die Farbe Weiß zugeordnet ist. Es handelt sich ein imaginäres Tier, das mit flügelartigen Federn ausgestattet ist.
Wahrscheinlich 7.Jh. Hoshi ga suki na hito, (Blog). - ^ Das chinesische Symboltier des Nordens stellt eigentlich eine Kombination von Schlange und Schildkröte dar. Sein Name, Genbu, bedeutet wörtlich „Dunkler Krieger“.
Asuka-Zeit, wahrscheinlich 7.Jh. Kitora Atlas. - ^ Der Yin Yang-Meister Abe no Seimei (921?–1005). Im Abe Schrein, wo dieses Bild herstammt, wird auch Seimeis angebliche Mutter, die Füchsin Kuzunoha, verehrt.
14. Jh. kknews.
Glossar
- Granet, Marcel (west.) ^ 1884–1940; französischer Sinologe und Soziologe
- Jikoku-ten 持国天 ^ Der Hüter des Ostens der Shi-Tennō, wtl. „der, der das Reich aufrecht erhält“; skt. Dhritarashtra
- Nihon shoki 日本書紀 ^ Zweitältestes Schriftwerk und erste offizielle Reichschronik Japans (720)
- Sancai tuhui (chin.) 三才圖會/三才図絵 ^ „Gesammelte Illustrationen der Drei Sphären“; Enzyklopädisches illustriertes Lexikon der späten Ming-Zeit, veröffentlicht 1609
- Shi-Tennō 四天王 ^ wtl. Vier Himmelskönige, die aber eher als Himmelswächter auftreten und jeweils eine Himmelsrichtung beschützen; angeführt von Bishamon-ten, dem Wächter des Nordens; der Ausdruck wird auch für diverse Gruppen von vier Kriegern angewendet
- Unschuld, Paul (west.) ^ 1943–; deutscher Sinologe und Medizin-Historiker an der Universität München
- Wakan sansai zue 和漢三才図会 ^ „Illustrierte [Enzyklopädie] der Drei Sphären [= Himmel, Erde, Mensch] in China und Japan“ von Terajima Ryōan, 1712; basiert auf dem chinesischen Sancai tuhui
Religion in Japan, Inhalt
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- 二 Bauten
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- Jenseits
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