Mandala der Zehn Welten
Das buddhistische Universum wird landläufig in Zehn Welten (jap. jukkai) unterteilt, die aus vier Buddha-Welten und den Sechs Wegen der Wiedergeburt bestehen. Das folgende Bild, das dieses Universum zur Gänze repräsentiert, nennt sich „Mandala der Zehn Welten“ (jukkai mandara) und illustiert die damit verbundenen Jenseitsvorstellungen auf sehr plastische Weise. Es diente wandernden Priesterinnen aus der Halbinsel Kii, den kumano bikuni, als Grundlage für ihre Predigten, die zugleich mit Spendensammlungen für Tempel und Schreine verbunden waren.

Hängerollbild, Edo-Zeit, 17. Jh.
Auf diesem Bild sind die positiveren Bereiche der Wiedergeburt, einschließlich Amidas Paradies und anderen Buddha-Welten, in der oberen Bildhälfte zu sehen, während die negativen Bereiche im unteren Teil zu finden sind. Die Welt der Menschen ist durch eine Lebenstreppe versinnbildlicht, die von der Geburt bis zum Tod reicht. In der Mitte des Bildes ist ein Totenritual dargestellt. Das Bild verdeutlicht somit den Einfluss, den buddhistische Rituale auf das Schicksal der Verstorbenen im Jenseits haben können. Im Zentrum steht das Schriftzeichen für „Herz“ 心 (auch „Seele“ oder „Bewusstsein“), von dem die Zehn Welten auszugehen scheinen.
In der unteren Bildhälfte mischen sich die Welt der Kriegergeister (ashura), der Gerichtshof des Totenrichters Enma, die Welt der Tiere (chikushō) und der Hungergeister (gaki). Die Bereiche der Hölle (jigoku) nehmen einen besonders prominenten Platz ein. Als kleinen Hoffnungsschimmer erkennt man unter allen grauenvollen Monstern aber auch den Bodhisattva Jizō in der Vorhölle der Kinder (Sai no Kawara), denn zu Kindern hat dieser Bodhisattva ein besonderes Naheverhältnis (s. Jizō im Kapitel „Ikonographie“). Links unten kann man ihn ein zweites Mal erkennen, wie er zwei Verstorbene aus der Hölle hinaus geleitet. Zu sehen ist auch der Mönch Mokuren bei seinem Besuch der Totenwelt, durch den er seine Mutter aus ihrer Existenz als Hungergeist erlösen konnte (s. ...).
Ein interessantes Detail am Rande: Die einzelnen Welten in der obigen Abbildung sind mit torii markiert, wie sie heute nur vor Shintō-Schreinen zu finden sind. Die torii stellen gleichsam die Eingänge zu den jeweiligen Welten dar.
Mandalas der Zehn Welten aus Kumano wurden in der Edo-Zeit mehrfach hergestellt. Es handelt sich um verhältnismäßig große Rollbilder.
Verweise
Bilder
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- kumano bikuni 熊野比丘尼 ^ wtl. Nonnen aus Kumano; fahrende Schaustellerinnen, die mit Bildern und Gesängen Spenden für die Schreine von Kumano sammelten
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„Mandala der Zehn Welten.“ In: Bernhard Scheid, Religion-in-Japan: Ein digitales Handbuch. Universität Wien, seit 2001