Die Reformen der Heian-Zeit

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Die Reformen der Heian-Zeit

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Die

Heian 平安 (jap.)

auch Heian-kyō 平安京, „Stadt des Friedens“; politisches Zentrum 794–1185 (= Heian-Zeit)

Ort, Epoche

Der Begriff „Heian“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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Geographische Lage

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Geographische Lage von Heian; s.a. Geo-Glossar

-Zeit (794–1185) verdankt ihren Namen der Tatsache, dass der Sitz der Zentral·macht in dieser Zeit in Heian-kyō [Heian-kyō (jap.) 平安京 urspr. Name der Stadt Kyōto; wtl. Stadt des Friedens; politisches Zentrum 794–1185 (= Heian-Zeit)], dem heutigen Kyōto lag. Während die Politik ihr Zentrum wechselte, blieben die großen Klöster in

Nara 奈良 (jap.)

Hauptstadt und Sitz des Tennō, 710–784 (= Nara-Zeit); auch: Heijō-kyō

Ort, Geschichte

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Geographische Lage

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Geographische Lage von Nara; s.a. Geo-Glossar

. In der neuen Haupt·stadt Heian hin·gegen waren Tempel vorerst nur außer·halb der Stadt·grenzen geduldet. Zwischen dem Kaiser·hof und der Führung des bud·dhis·tischen Klerus kam es also zu einer markanten geo·gra·phischen Trennung, die wohl auch eine politisch-kulturelle Ent·fremdung zum Aus·druck brachte. Doch damit war der Bud·dhis·mus nicht auf Dauer vom politischen Zentrum ent·fernt worden.

Schon bald nach Gründung der Haupt·stadt traten zwei Persönlich·keiten auf, die die religiöse Land·schaft nach·haltig veränderten:

Saichō 最澄 (jap.)

767–822; Gründer des Tendai-Buddhismus; auch bekannt als Dengyō Daishi

Der Begriff „Saichō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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und

Kūkai 空海 (jap.)

774–835, Gründer des Shingon Buddhismus; Eigennamen Saeki Mao, Ehrennamen Kōbō Daishi

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. Beide wurden zu·nächst — sogar mit der gleichen offi·ziellen Gesandt·schaft — nach China ge·schickt, um dort ihre bud·dhis·tischen Kennt·nisse zu vertiefen. Beide kehrten zurück mit den Weihen bislang in Japan un·be·kannter Schulen. Und beide wurden zu den Gründer·vätern neuer Rich·tungen im ja·pa·nischen Bud·dhis·mus:

Tendai-shū 天台宗 (jap.)

Tendai-Schule, chin. Tiantai

Schulrichtung

Der Begriff „Tendai-shū“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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und

Shingon-shū 真言宗 (jap.)

Shingon-Schule, wtl. Schule des Wahren Wortes; wichtigste Vertreterin des esoterischen Buddhismus (mikkyō) in Japan

Schulrichtung

Der Begriff „Shingon-shū“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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, die über Jahr·hunderte das Wesen des japanischen Bud·dhis·mus prägten.

Achtung: Sie sehen eine veraltete Version von https://religion-in-japan.univie.ac.at/Handbuch/Geschichte/Heian_Zeit. Am Beginn der Heian-Zeit, zu Leb·zeiten von Saichō und Kūkai, war der ja·pa·nische Bud·dhis·mus bereits im Besitz einer un·über·schau·baren Menge bud·dhis·tischer Schriften. Das geistige Klima war allen Einzel·lehren gegen·über prinzipiell tolerant, doch herrschte wohl auch das Bedürfnis, Ordnung in die einander oft wider·sprechenden Dogmen zu bringen. Wie auf den folgenden Seiten genauer aus·ge·führt wird, kamen Saichō und Kūkai diesem Bedürfnis ent·gegen, indem sie jeder auf seine Weise einen Maß·stab zur Be·wer·tung der Schriften an·legten und einzelne als be·sonders wichtig her·vor·strichen. Sie trafen damit eine Aus·wahl, setzten inner·halb des vor·handenen bud·dhis·tischen Schrift·tums Akzente und legten den Grund·stein für spezifisch japanische Aus·for·mungen der bud·dhis·tischen Lehre.

Populäre Glaubens·vor·stellungen

Bereits in der

Nara 奈良 (jap.)

Hauptstadt und Sitz des Tennō, 710–784 (= Nara-Zeit); auch: Heijō-kyō

Ort, Geschichte

Der Begriff „Nara“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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Geographische Lage

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-Zeit begannen einzelne Mönche, den japanischen Bud·dhis·mus zu popu·larisieren, d.h. seine Inhalte in allgemein verständliche Texte zu fassen. Diese Tendenz setzt sich in der Heian-Zeit weiter fort: Bud·dhis·tische Mönche ver·fassen Legenden, die den Wert bud·dhis·tischer Moral·vor·stellungen erläutern, und ver·breiten sie in japanischer Sprache unter den Laien. Damit sind, wohl·gemerkt, nicht nur die breiten Be·völke·rungs·schichten ge·meint, wie man der Be·zeichnung „Popu·lari·sierung“ viel·leicht ent·nehmen könnte. Die Adressaten der ein·heimischen bud·dhis·tischen Erzähl·literatur waren zunächst und vor allem die Adeligen, und erst in weiterer Folge die rest·liche Be·völke·rung. Auch wurden die heute oft naiv an·mutenden Vor·stellungen nicht nur von den Laien, sondern auch vom Klerus selbst durch·aus ernst ge·nommen.

Ein frühes Beispiel bud·dhis·tischer Erzähl·literatur ist das

Nihon ryōiki 日本霊異記 (jap.)

„Wundersame Begebenheiten aus Japan“; buddhistische Legendensammlung von Kyōkai (Anfang 9. Jh.)

Text

Der Begriff „Nihon ryōiki“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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(mit vollem Titel Nihonkoku genpō zen'aku ryōiki „Be·richte von Wundern

Karma कर्म (skt., n.)

„Tat“, auch „konsequente Folge“; moralische Bilanz der gesetzten Handlungen (jap. 業)

Konzept

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Ver·geltung für Gutes und Böses in Japan“, ab·ge·fasst zwischen 810 und 823 von Kyōkai [Kyōkai (jap.) 景戒 buddhistischer Mönch des Yakushi-ji 薬師寺 (ein Tempel der Hossō-Schule) zur Nara-Zeit]), ein Werk, das auf sehr dras·tische Weise die Aus·wir·kungen von gutem und schlechtem Karma in diesem und in den nächsten Leben illustriert. Das Nihon ryōiki ist das erste er·haltene Werk der soge·nannten

setsuwa 説話 (jap.)

Lehrerzählung, didaktische Anekdote; meist von buddh. Mönchen in Form umfangreicher Sammlungen kompiliert

Text

Der Begriff „setsuwa“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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-Literatur. Setsuwa be·deutet wört·lich Lehr·erzählung, ge·meint ist natür·lich die bud·dhis·tische Lehre. Die be·kannteste und umfang·reichste Sammlung von Lehr·erzählungen ist das

Konjaku monogatari 今昔物語 (jap.)

„Geschichten aus alter und neuer Zeit“ (12. Jh.); umfangreiche Sammlung von Geschichten und Anekdoten, meist aus einem buddhistischen Kontext

Text

Der Begriff „Konjaku monogatari“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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(„Erzählungen aus alter und neuer Zeit“, 12. Jh.) mit über tausend Legenden und Anekdoten, die z.T. auch in Indien und China an·ge·siedelt sind. In dieser Sammlung und auch in manchen späteren setsuwa-Sammlungen tritt der unter·haltsame Aspekt der Geschichten gegen·über dem didak·tischen An·liegen bis·weilen in den Vor·der·grund. Unter der Hand er·fährt man dabei viel über die all·ge·meinen Lebens·um·stände der damaligen Zeit.

Hölle und Unterwelt

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König Enmas Gerichtshof
Gerichtshof des Königs der Totenwelt, Enma (chin. Yanlou). Im Hintergrund Enma und zwei weitere Richter, im Vordergrund der Urteilsverkünder und der Schreiber.
13. Jh. Kyōto National Museum.

Zu den popu·lären bud·dhis·tischen Glaubens·vor·stellungen, die in den setsuwa ver·treten sind, zählen auch Höllen·bilder be·ziehungs·weise die Aus·schmückung der so·ge·nannten Sechs Bereiche (

rokudō 六道 (jap.)

wtl. die Sechs Wege = Bereiche der Wiedergeburt

Konzept

Der Begriff „rokudō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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) der Wiedergeburt (s. Jenseitsvorstellungen). Ein zentraler Text in diesem Zu·sammen·hang ist das

Ōjō yōshū 往生要集 (jap.)

„Essentielle [Lehren] der Wiederbgeburt“, 985 von Genshin verfasst

Text

Der Begriff „Ōjō yōshū“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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(„Essentielle [Lehren] der Wieder·geburt“, 985 ver·fasst von

Genshin 源信 (jap.)

Tendai-Mönch (942–1017); auch bekannt als Eshin; Autor des Ōjō yōshū; Wegbereiter der Jōdo-shū

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), ein Traktat über die bud·dhis·tischen Wieder·geburts·vorstellungen, in dem vor allem die Hölle in sehr an·schau·lichen, sprich brutalen, Bildern ge·schildert wird. Der Höllen·glaube ging Hand in Hand mit Ent·wick·lungen in China, wo es ab der

Tang 唐 (chin.)

chin. Herrschaftsdynastie, 618–907

Epoche

Der Begriff „Tang“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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-Zeit (618–907) zur Aus·gestal·tung der Figur des Höllen·fürsten

Enma 閻魔 (jap.)

skt. Yama; König oder Richter der Unterwelt; auch Enra; meist als Enma-ten oder Enma-ō angesprochen

Der Begriff „Enma“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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(skt.

Yama यमराज (skt., m.)

Gottheit der Unterwelt und des Todes (jap. Enma 閻魔)

Der Begriff „Yama“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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, chin.

Yanlou 閻羅 (chin.)

abgeleitet von skt. Yama Raja, König Yama; jap. Enra oder Enma; König oder Richter der Unterwelt

Der Begriff „Yanlou“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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) be·ziehungs·weise der Zehn Richter der Unter·welt kam. In Japan blieb dieser spezifisch chi·ne·sische Aspekt des Unter·welt·glaubens da·durch er·halten, dass Enma und sein Gericht stets in chinesischer Tracht ab·gebildet wurden.

„Angemessene Mittel“

Eine gängige Grund·annahme des Mahayana Buddhismus geht davon aus, dass es je nach Grad der Er·leuchtung ver·schiedene Formen der Wahr·nehmung und damit auch der Wahr·heit gibt. Im berühmten Gleichnis vom brennenden Haus aus dem Lotos sutra [sūtra (skt.) सूत्र „Faden“, Lehrrede des Buddha, kanonische Schrift (jap. kyō 経 oder kyōten 経典)] wird dies folgender·maßen illustriert:

Ein Kauf·mann von unermess·lichem Reich·tum wohnt mit zwanzig kleinen Kindern in einem bau·fälligen Palast, der nur einen Ausgang besitzt. Eines Tages bricht in dem Palast Feuer aus. Der Kauf·mann erkennt die Gefahr, seine Kinder aber nicht. Statt jedem einzelnen die Situation zu erläutern, verspricht er jedem Kind das Spiel·zeug, das es sich gerade am meisten wünscht, wenn es nur den Palast verlässt. Als am Ende alle Kinder gerettet sind, erhalten sie viel prächtigere Geschenke, als ihnen versprochen wurden.

Der reiche Kauf·mann und Vater steht für den Buddha, der bau·fällige Palast für die hiesige Welt, das eine Tor für den Weg des Buddha und die herr·lichen Geschenke außerhalb des Palastes für die Freuden des

Nirvāṇa निर्वाण (skt., n.)

„Erloschen, ausgelöscht“, Ort der Erlösung von allem Leid, absolutes Jenseits (jap. Nehan 涅槃)

Pantheon, Konzept

Der Begriff „Nirvana“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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. Die Kinder, also die gewöhnlichen Sterb·lichen, sind weder in der Lage, sich der Gefahr bewusst zu werden, in der sie sich befinden, noch können sie sich die Schätze vorstellen, die außerhalb des Palastes auf sie warten. Daher muss der Vater sie mit dem locken, was ihnen lieb und vertraut ist.

Das Gleichnis zeigt somit, dass der

Buddha बुद्ध (skt., m.)

„Der Erleuchtete“ (jap. butsu, hotoke 仏 oder Budda 仏陀)

Buddha

Der Begriff „Buddha“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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selbst so·zu·sagen legitime Täusch·ungen an seiner An·hänger·schaft vor·nimmt, um sie — gleich Kinder aus einem brennenden Haus — aus dem Stadium der Ver·blendung in das Stadium der Erleuch·tung zu führen. Der Fach·aus·druck für diese legitimen Täuschungs·manöver lautet auf Sanskrit

upāya उपाय (skt., m.)

„[geschicktes] Mittel“ (jap. hōben 方便)

Konzept

Der Begriff „upaya“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

, jap.

hōben 方便 (jap.)

geschicktes Mittel; skt. upāya

Konzept

Der Begriff „hōben“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

, wtl. „ge·schickte“ oder „an·ge·messene Mittel“. Die Vor·stellung von der Not·wendig·keit ange·messener Mittel wurde in der späteren Heian-Zeit da·durch ver·stärkt, dass man glaubte, be·reits in eine Phase des spirituellen Nieder·gangs, in die „Endzeit des Gesetzes“ (

mappō 末法 (jap.)

Endzeit des Dharma

Kalender, Konzept

Der Begriff „mappō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

) einge·treten zu sein, in der die ur·sprüng·liche Lehre des Buddha nicht mehr ver·ständ·lich sei.

Endzeit-Denken (mappō)

Das für den Bud·dhis·mus der Heian-Zeit typische Endzeit Denken beruhte auf dem Dogma der stufen·weisen Ver·wässerung der bud·dhis·tischen Lehre, die mit natur·gesetzlicher Konsequenz vor·an·schreiten würde. Es gab in diesem Zusammen·hang ein sehr konkretes Dreistufen-Modell:

  1. das „Wahre Gesetz“ (
shōbō 正法 (jap.)

Zeit des wahren Dharma

Kalender, Konzept

Der Begriff „shōbō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

), die Zeit, in der die Lehre Buddhas noch ganz in seinem Sinne ver·standen wird. Sie dauert 500 Jahre, nach manchen Vor·stellungen auch 1000 Jahre lang an.

  1. das „Imitierte Gesetz“ (
zōbō 像法 (jap.)

Zeit des imitierten Dharma; buddhistisches Konzept

Kalender, Konzept

Der Begriff „zōbō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

), weitere 500 oder 1000 Jahre, in denen die Lehre Buddhas nur dem Wort·laut nach, aber nicht in ihrer Essenz ver·standen wird.

  1. die „End·zeit des Gesetzes“ (
mappō 末法 (jap.)

Endzeit des Dharma

Kalender, Konzept

Der Begriff „mappō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

), die folgenden 10.000 Jahre, in denen die Lehre des Buddha nicht mehr ver·standen wird.

Viele Heian-zeitliche Bud·dhis·ten fühlten sich bereits in der End·zeit, die selbst opti·mistischen Ein·schätzungen zu Folge mit dem Jahr 1052 erreicht war.

Der mappō-Gedanke brachte aber nicht nur Pessi·mismus und depressive Lethargie mit sich, wie es manch·mal in der Sekundär·literatur dar·ge·stellt wird. Er wurde von vielen Mönchen auch als Legi·timation und Anreiz an·ge·sehen, um neue Strategien (= angemessene Mittel) zur Er·langung des Seelen·heils zu pro·pa·gieren, die zu Zeiten des historischen Buddha noch nicht adäquat ge·wesen waren. Das Argument dabei: Wie kann das, was Buddha einst predigte, heute noch gültig sein, wenn nie·mand mehr sein lebendiges Beispiel vor Augen hat, und wenn seine Lehre von nie·mandem mehr ver·standen wird? Der mappō-Gedanke war somit in erster Linie eine Recht·fertigung, um den historischen Wandel des Bud·dhis·mus und die Abkehr von orthodoxen Tradi·tionen zu legitimieren, ohne den Bud·dhis·mus als Ganzes abzulehnen.

Die wichtigste Neuerung, die mit der Be·tonung der End-Zeit einherging, war der Glaube an die Errettung in Amidas Paradies (

gokuraku 極楽 (jap.)

wtl. höchstes Glück; Paradies; identisch mit dem Reinen Land (jōdo)

Pantheon, Konzept

Der Begriff „gokuraku“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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Bilder

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) bzw. Reines Land (

jōdo 浄土 (jap.)

Reines Land, buddhistisches Paradies; auch gokuraku, Sukhavati

Pantheon, Konzept

Der Begriff „jōdo“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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). Diese Vor·stellung wurde zu·nächst vor allem vom

Tendai-shū 天台宗 (jap.)

Tendai-Schule, chin. Tiantai

Schulrichtung

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-Buddhismus pro·pagiert, bevor sie — ab dem Mittel·alter — die Form einer eigenen Sekte/Schule annahm (s. Amidismus). Das Haupt·argument dieser Richtung war, dass man in der End·zeit nicht mehr aus eigener Kraft (

jiriki 自力 (jap.)

wtl. eigene Kraft; buddhistisches Konzept

Konzept

Der Begriff „jiriki“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

) zur Er·leuchtung ge·langen könne, sondern nur durch gläubiges Ver·trauen in Amidas „andere Kraft“ (

tariki 他力 (jap.)

andere Kraft (helfende Kraft Amidas)

Konzept

Der Begriff „tariki“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

).

Ein weiteres Beispiel, was man sich unter den ange·messenen Mitteln vorstellte, ist die Auf·fassung, dass sich Buddhas in Japan in Form von ein·heimischen Gott·heiten offen·baren, um so besser und un·mittel·barer ver·standen zu werden. Auf diese Konzep·tion wird unter dem Stich·wort honji suijaku [honji suijaku (jap.) 本地垂迹 wtl. Grundform und herabgelassene Spur; Theorie der Identität von kami und Buddhas] noch genauer eingegangen.

„Schule“ oder „Sekte“?

Im Japanischen gibt es den Begriff

shūha 宗派 (jap.)

rel. Schule oder Sekte, Glaubensgemeinschaft

Schulrichtung

Der Begriff „shūha“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

(nach Eigen·namen meist zu

-shū 宗 (jap.)

rel. Schule, Richtung, Sekte

Schulrichtung

Der Begriff „-shū“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

verkürzt: Tendai-shū, Shingon-shū, Jōdo-shū, ...), der in der west·lichen Fach·literatur unter·schiedlich, entweder mit „Sekte“ (sect) oder „Schule“ (school) über·setzt wird. Der Begriff „Sekte“ ver·schwindet aller·dings lang·sam aus der Fach·literatur, nach·dem berechtigt darauf hin·ge·wiesen wurde, dass „Sekte“ im christlich-euro·päischen Kontext einen aus·ge·sprochen pejo·rativen Bei·ge·schmack hat (nämlich als Be·zeich·nung für un·ortho·doxe Ab·spal·tungen von der offiziellen Amts·kirche). Auf Japan über·tragen hieße das, dass der ge·samte japanische Bud·dhis·mus lediglich eine An·sammlung un·ortho·doxer Abspal·tungen dar·stellt, was mit dem Begriff shūha zweifel·los nicht ge·meint ist. Anderer·seits lässt „Schule“ eher an theo·retische theo·logische Unter·schiede denken, weniger an institu·tionelle Trennungen. Es fragt sich also, was für Unter·schiede eigent·lich zwischen den einzelnen japanischen shūha bestehen.

Der Bud·dhis·mus der

Nara 奈良 (jap.)

Hauptstadt und Sitz des Tennō, 710–784 (= Nara-Zeit); auch: Heijō-kyō

Ort, Geschichte

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Geographische Lage

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Geographische Lage von Nara; s.a. Geo-Glossar

-Zeit wird oft durch die Schlag·worte „Sechs Schulen“ und „Sieben Große Tempeln“ um·rissen. Es bildeten sich näm·lich Sechs Richtungen her·aus, die ihre Zentren in sieben Tempeln hatten, wobei keines·falls nur jeweils eine Richtung in einem Tempel ver·treten war. Der Begriff

-shū 宗 (jap.)

rel. Schule, Richtung, Sekte

Schulrichtung

Der Begriff „-shū“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

wurde damals im übrigen oft mit dem gleich·lauten·den Zeichen 衆 geschrieben, was soviel wie „Gruppe“ bedeutet. Die Sechs Schulen waren also Experten-Runden oder Studien-Gruppen, die sich je·weils be·sonders mit einem be·stimmten Text oder einer Gruppe von Texten be·fassten. In jedem der großen Tempel wurden mehrere der von den Sechs Schulen diskutierten Themen an·ge·schnitten. Es herr·schte also nicht — wie in der späteren Ent·wicklung — das Prinzip, dass jeder Tempel einer be·stimmten Richtung zuzu·ordnen war. In·so·fern sind die Sechs Nara-Schulen orga·nisa·torisch ge·sehen eher als eine einzige Richtung auf·zu·fassen und werden daher zu·meist auch als Einheit an·ge·sehen. 

In der

Heian 平安 (jap.)

auch Heian-kyō 平安京, „Stadt des Friedens“; politisches Zentrum 794–1185 (= Heian-Zeit)

Ort, Epoche

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Geographische Lage von Heian; s.a. Geo-Glossar

-Zeit ent·wickelte sich vor allem die Tendai-shū zu einer institutionell völlig vom Nara-Bud·dhis·mus un·ab·hängigen religiösen Körper·schaft und trat mit diesem immer mehr in Konkurrenz. Sie spaltete sich also vom Haupt·strom des damaligen Bud·dhis·mus ab und kann zu·mindest in ihrer Früh·zeit sehr wohl als „Sekte“ im engeren Wort·sinn an·ge·sehen werden. Gegen Ende der Heian-Zeit war der Tendai-Bud·dhis·mus aller·dings bereits so ein·fluss·reich, dass der Begriff „Sekte“ (im Sinn von Abspaltung) nicht mehr wirklich passend erscheint.

In der folgenden

Kamakura 鎌倉 (jap.)

Stadt im Süden der Kantō Ebene, Sitz des Minamoto Shōgunats 1185–1333 (= Kamakura-Zeit)

Ort, Epoche

Der Begriff „Kamakura“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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Geographische Lage

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Geographische Lage von Kamakura; s.a. Geo-Glossar

-Zeit kam es inner·halb des Tendai-Bud·dhis·mus wiederum zu Ab·spal·tungen, die einen signifikant „sektier·erischen“ Charakter hatten. Aber auch diese Rich·tungen, bei·spiels·weise

Jōdo-shū 浄土宗 (jap.)

Schule des Amida-Buddhismus

Schulrichtung

Der Begriff „Jōdo-shū“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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, ent·wickelten sich mit der Zeit zum Main·stream Bud·dhis·mus und haben ihre ein·sti·gen radikalen Züge längst ab·gelegt. Ob also „Sekte“, „Schule“, „Richtung“ oder ein anderes Wort als adäquate Über·setzung von shūha er·scheint oder nicht, ändert sich mit dem historischen Kontext. Eine historisch und sprach·lich konsistente Über·setzung von shūha ist daher meines Erachtens kaum mög·lich und wird daher auf diesen Seiten gar nicht ver·sucht.

Wichtig ist jedoch, sich vor Augen zu halten, dass es sehr wohl markante Unter·schiede zwischen den einzelnen Sekten oder Schulen gab, die heute aller·dings weit·gehend ver·loren ge·gangen sind. Das ver·hältnis·mäßig homogene Er·scheinungs·bild des japanischen Bud·dhis·mus ist ein Phänomen der frühen Neuzeit (1600-1868, siehe terauke System). In der Heian-Zeit und im ja·pa·nischen Mittel·alter existierten aber nicht nur aus·ge·prägte Unter·schiede zwischen den einzelnen Richtungen, es gab auch Inte·ressens·gegen·sätze zwischen ver·schiedenen Klöstern, die zu hand·festen, mitunter kriegerischen Aus·einander·setzungen führten. Diese Kämpfe, die an Aggres·sivität den euro·päischen Glaubens·kriegen kaum nach·standen, voll·zogen sich daher nicht not·wendig entlang kon·fessioneller Grenzen sondern zwischen Netz·werken von Klöstern, die wiederum unter·schied·lichen Richtungen angehören konnten.

Klerikale Verweltlichung und ihre Kritik

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Wie in anderen Religionen führte der Erfolg des Bud·dhis·mus auch in China und Japan zu einer Vermischung von Politik und Religion, die — ähnlich wie im Chris·ten·tum — theoretisch im Wider·spruch zu den bud·dhis·tischen Idealen der Besitz·losigkeit und Welt·abkehr stand. Mächtige Adels·familien schickten jüngere Söhne und Töchter in die Klöster, vermochten es, ihnen dort die höchsten Ämter zu verschaffen, und trieben so mit Hilfe der Klöster Familien·politik. Klöster entwickelten sich zu eigen·ständigen Groß·grund·besitzern, die ihre Besitz·tümer mit Waffen·gewalt verteidigten, während sie aufgrund ihres religiösen Status von der all·gemeinen Steuer·pflicht aus·genom·men waren. In China führten diese Ent·wicklungen zu einer plötzlichen Wende in der bud·dhis·mus-freundlichen Politik der

Tang 唐 (chin.)

chin. Herrschaftsdynastie, 618–907

Epoche

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-Zeit: 845 kam es zu einer groß·angelegten Verfolgung von Bud·dhisten durch den Staat, der für viele Tradi·tionen, etwa den esoterischen Bud·dhis·mus, das Ende bedeutete.

In Japan kam es trotz gelegent·licher Kritik am Klerus nie zu derartigen politischen Repres·sionen. Ähnlich wie im Chris·ten·tum formierten sich hier die Gegen·bewegungen innerhalb des Bud·dhis·mus selbst.

Ins·besondere der Buddhismus vom Reinen Land, der sich im Mittel·alter zu voller Blüte entfalten sollte, war zumindest anfangs von einer Rückkehr zum bud·dhis·tischen Armuts·ideal beseelt. In der Heian-Zeit finden sich außerdem indivi·duelle Asketen, die den klerikalen Luxus, der in der Heian-Zeit sowohl für die Nara-Schulen als auch für Tendai und Shingon charakteristisch war, aggressiv an·prangerten. Zu diesen zählt unter anderem der Tendai-Mönch

Zōga 増賀 (jap.)

917–1003; Mönch der Tendai-Schule

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. Seine kom·promis·lose Strenge vereint sich mit schranken·loser Provo·kation, die auch vor Obszö·nitäten nicht Halt macht. Damit erscheint Zōga als eine Art Pionier mancher späterer

Zen 禅 (jap.)

chin. Chan, wtl. Meditation; Zen Buddhismus

Schulrichtung

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-Mönche (mehr dazu auf der Sidepage Zōga). Auch in der Kunst entsteht mit der Figur des Arhats ein Vorbild für ein Asketen·tum, das aggressiv-gesellschafts·kritische Züge nicht ausschließt.

Religion in JapanGeschichte
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„Die Reformen der Heian-Zeit.“ In: Bernhard Scheid, Religion-in-Japan: Ein digitales Handbuch. Universität Wien, seit 2001