Rituelle Verwünschungen

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Rituelle Verwünschungen

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Legenden des japanischen Mittel·alters belegen, dass die magische Macht des Bud·dhis·mus in der damaligen Vor·stellungs·welt ein wert·freies Mittel war, das auch für Zwecke ein·gesetzt werden konnte, die aus heutiger Sicht der reinen Lehre des Bud·dhis·mus wider·sprechen. Ein ein·drucks·volles Beispiel findet sich in der Le·gen·de des

Heian 平安 (jap.)

auch Heian-kyō 平安京, „Stadt des Friedens“; politisches Zentrum 794–1185 (= Heian-Zeit)

Ort, Epoche

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Geographische Lage

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Geographische Lage von Heian; s.a. Geo-Glossar

-zeitlichen

Tendai-shū 天台宗 (jap.)

Tendai-Schule, chin. Tiantai

Schulrichtung

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-Mönchs

Raigō 頼豪 (jap.)

1002–1084; Tendai-Mönch des Mii-dera; Protagonist einer schaurigen Legende

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Raigōs Rache

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Raigō bereitet seine Rache vor
Vor einem esoterischen goma-Altar, eine vajra-Glocke in der Hand, bereitet Raigō seine Rache vor.
Werk von Adachi Ginko. Meiji-Zeit, 1896. Bildquelle: ukiyo-e, (Artelino).
Raigō vor einem esoterischen goma [goma (jap.) 護摩 buddh. Feuerritus, skt. Homa]-Altar, eine vajra [vajra (skt.) वज्र „Donnerkeil“, Ritualinstrument und Symbol des tantristischen/esoterischen Buddhismus (jap. kongō 金剛)]-Glocke in der Hand. Holzblockdruck von Adachi Ginko, 1896.

Raigō war ein Mönch aus den höchsten Adels·kreisen, der dem Kaiser (Shirakawa Tennō [Shirakawa Tennō (jap.) 白河天皇 1053–1129; 72. Kaiser von Japan; (r. 1073–1087); übte ab 1087 als Ex-Kaiser im geistlichen Stand (daijō hōō) reale Macht aus und begründete damit die Regierung der Klosterkaiser (insei)]) mit magischen Zeremonien und Gebeten zu Diensten war, als es darum ging, einen Thron·folger in die Welt zu setzen. Im Gegen·zug sollte sein eigener Tempel (der Mii-dera [Mii-dera (jap.) 三井寺 Tendai-Tempel am Biwa-See in Shiga-ken; wtl. Drei-Quellen-Tempel]), der stets unter dem Diktat des mächtigen

Enryaku-ji 延暦寺 (jap.)

Haupttempel des Hiei Klosterbergs

Tempel

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Geographische Lage

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Geographische Lage von Enryaku-ji; s.a. Geo-Glossar
auf Berg Hiei [Hiei-zan  (jap.) 比叡山 Klosterberg Hiei bei Kyōto, traditionelles Zentrum des Tendai Buddhismus] zu leiden hatte, eine eigene Ordinations·platt·form (gleich·bedeu·tend mit religions·politischer Un·ab·hängig·keit) erhalten.

Die Magie zeitigte den ge·wünsch·ten Erfolg und dem Kaiser wurde tatsächlich ein Sohn geboren. Rivali·sierenden Mönche des Enryaku-ji wussten aller·dings zu ver·hindern, dass Raigō seine ver·sprochene Be·loh·nung erhielt. Aus Rache hungerte sich dieser zu Tode und voll·zog dabei ein weiteres Mal magische Riten, um sich nach seinem Tod in einen Rache·geist (

goryō 御霊 (jap.)

„erhabener“ [Rache]Geist

Geist

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  • Goryo hirotsugu.jpg

) zu verwandeln. Als solcher nahm er die Form eine riesigen Ratte an und führte ein Heer von Art·genossen auf Berg Hiei, wo sie die Statuen und heiligen Schrif·ten des Enryaku-ji auf·fraßen. Auch der Thron·folger starb noch im kindlichen Alter — für die Zeit·genossen ohne Zweifel das Resultat von Raigōs Fluch.

Kuniyoshi raigo.jpg
Raigo.jpg
Raigō widersetzt sich allen Versuchen der Beschwichtigung und verwandelt sich schließlich in eine riesige Ratte.

Die Geschichte des Raigō wird in den mittel·alter·lichen Krieger·epen

Heike monogatari 平家物語 (jap.)

„Geschichte der Heike [= Taira]“; mittelalterliches Kriegerepos

Text

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und

Taiheiki 太平記 (jap.)

Historisches Epos aus dem späten 14. Jh., behandelt den Konflikt zwischen Nördlichem und Südlichem Kaiserhof

Text

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erzählt, sie stellte aber auch den Stoff für Dramen des  [  (jap.)  traditionelles jap. Theater mit charakterstischem Tanz, Gesang und Masken; entwickelte sich im 14. Jh. aus dem volkstümlichen dengaku (Feld- oder Bauern-Theater) und avancierte zur repräsentativen Theaterform der Kriegerelite (bushi)]- und Kabuki [Kabuki  (jap.) 歌舞伎 „Gesang- und Tanzkunst“; Anfang des 17. Jh. aus Musik, Schauspiel und Tanz entwickeltes Theater-Genre]-Theaters dar und wurde schließ·lich ein beliebtes Motiv der ukiyo-e [ukiyo-e  (jap.) 浮世絵 „Bilder der fließenden Welt“, populäre Farbholzschnitte der Edo-Zeit]-Künstler.

Rituale im Krieg

Auch weniger litera·rische Texte belegen, dass bud·dhis·tische Magie keines·wegs auf fromme Zwecke be·schränkt war. Ein mittel·alter·licher Ritual·text der

Shingon-shū 真言宗 (jap.)

Shingon-Schule, wtl. Schule des Wahren Wortes; wichtigste Vertreterin des esoterischen Buddhismus (mikkyō) in Japan

Schulrichtung

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-Schule erklärt, wie die Form eines Altars mit dem Anlass des Ritus in Ver·bin·dung steht, und verrät dabei, dass unter anderem auch Ver·wün·schungen (von Feinden, gegen die man Krieg führte oder gegen die man einen Krieg plante) den Zweck von Ritualen darstellten:

Ein ring·förmiger Altar wird ge·braucht um Kata·stro·phen zu ver·hindern; ein läng·liches Recht·eck um Wohl·stand und Langes Leben zu erhöhen; ein lotos-förmiger Altar dient für Liebe und Respekt; ein dreieckiger Altar dient für Verwünschungen [...]

Wenn Verwünschungen durch·geführt werden, muss der dreieckige Altar auf jeder Seite mit dem Bild einer Rüstung bemalt werden.

Nach Conlan 2003: 170.

Religion in JapanGeschichte
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„Rituelle Verwünschungen.“ In: Bernhard Scheid, Religion-in-Japan: Ein digitales Handbuch. Universität Wien, seit 2001