Religion und Reichseinigung
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Die sogenannte Frühe Neuzeit beginnt in Japan, mit der politischen Wieder·ver·einigung des Landes unter der Herr·schaft der Tokugawa-Dynastie. Deren Be·gründer
Der Begriff „Tokugawa Ieyasu“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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(1543–1616) er·lang·te durch seinen Sieg in der Schlacht von Sekigahara (1600) end·gültig die militärische Vor·herrschaft über Japan und ließ sich im Jahr 1603 zum
Der Begriff „Shōgun“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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er·nennen. Damit sicherte er sich und seinen Nach·kommen das politische Führungs·amt des Landes, das von nun an von seiner Residenz·stadt
Hauptstadt der Tokugawa-Shōgune, heute: Tōkyō; auch: Zeit der Tokugawa-Dynastie, 1600–1867 (= Edo-Zeit);
Der Begriff „Edo“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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Geographische Lage
(dem heutigen Tōkyō) aus regiert wurde. Man nennt die folgende Periode der Tokugawa-Herr·schaft, daher Tokugawa- oder Edo-Zeit (1600–1867). Die histori·schen Um·stände der Reichs·einigung hatten auf die japanische Religions·geschichte zahl·reiche Aus·wirkun·gen und sind zu·gleich durch religions·ge·schicht·liche Ereig·nisse mit·ver·ursacht worden. Um diese Ent·wicklung zu ver·stehen, ist es not·wendig, etwa fünfzig Jahre vor die Reichs·einigung, also in die Mitte des sech·zehnten Jahr·hunderts zurück·zugehen.
Die Zeit der kämpfenden Länder
In der japanischen „Zeit der kämp·fenden Länder“ (
Zeit der kämpfenden Länder, 1467–1568; beginnt mit dem Ōnin-Krieg und endet nach dieser Definition mit dem Beginn der nationalen Einigung unter Oda Nobunaga; nach anderen Definitionen mit der Ausrottung der Toyotomi durch Tokugawa Ieyasu im Jahr 1615
Der Begriff „Sengoku Jidai“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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, 1467–1568) ringen mindestens ein Dutzend großer und zahl·lose kleinere Ter·rito·rial·fürsten (
Territorialfürst, Titel des Kriegeradels
Der Begriff „Daimyō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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) um militärische und politische Vor·macht. Die Periode beginnt mit dem Ōnin-Krieg [Ōnin no Ran (jap.) 応仁の乱 Aufruhr der Ōnin-Zeit; Bürgerkrieg 1467–1477, der insbesondere in Kyōto große Zerstörungen verursachte] (1467-1477), im Zuge dessen die komplizierten Besitz·verhält·nisse der alten Eliten endgültig über den Haufen geworfen werden. Auch die Hauptstadt Kyōto wird erstmals von maro·die·renden Heeren dem Erd·boden gleichgemacht. Von da an zählt nur noch die militärische Stärke der Daimyō, die immer wieder auf dem Schlacht·feld unter Beweis gestellt werden muss.
Der Bud·dhis·mus ist in dieser Zeit nicht nur als Religion all·gegen·wärtig, er be·teiligt sich auch aktiv an mili·tärischen und poli·tischen Aus·ein·ander·setzungen. Das größte und mächtigste Einzel·kloster mit aus·ge·dehnten Lände·reien und einer eigenen Armee ist nach wie vor der Tempel·berg Hiei, ein Kloster·komplex mit dem Haupt·tempel
Der Begriff „Enryaku-ji“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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Geographische Lage
, im Nord·osten Kyōtos, der sich in den ver·gangenen Jahr·hunderten als Schutz·macht des Kaiser·hauses und der Kaiser·stadt etabliert hat. Berg Hiei ist seit der Tempel·grüdung durch
767–822; Gründer des Tendai-Buddhismus; auch bekannt als Dengyō Daishi
Der Begriff „Saichō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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das geistige und organi·sato·rische Zentrum des japanischen
Der Begriff „Tendai-shū“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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-Bud·dhis·mus und gebietet über ein landesweites Netz von Klöstern und Schreinen, die auch anders·wo als lokale Macht·zentren agieren. Da·neben sind weite Land·striche sowohl religiös, als auch mili·tärisch-poli·tisch vom
Buddha Amitabha; Hauptbuddha der Schulen des Reinen Landes (Jōdo-shū bzw. Jōdo Shinshū)
Der Begriff „Amida“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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-Buddhismus dominiert (s. Amidismus). Einzelne Amida-Sekten haben ganze Provinzen unter ihre Kontrolle ge·bracht und dort eine Art gottes·staat·liches Regime er·richtet. Es kämpfen also nicht nur die Samurai unter·einander um die Füh·rung des Landes, auch reli·giöse Par·teien sind in die Kämpfe mit ein·ge·bunden.
In diese Zeit der Bürger·kriege fällt die An·kunft der ersten christ·lichen Mis·sio·nare in Japan. 1549 er·reichte der spa·nische Jesuit Francisco de Xavier [Francisco de Xavier (west.) 1506–1552; spanischer Mönch und Missionar, Mitbegründer des Jesuitenordens, zuständig für die Missionierung Ostasiens; auch als der Heilige Franz Xaver bekannt], der Heilige Franz Xaver, das Land und er·richtete erste Mis·sions·schulen. Von ihm ist über·liefert, dass er „unter den Heiden“ kein Volk gefunden habe, welches dem Chris·ten·tum zu·gäng·licher sei als die Japaner. Wie in anderen Erd·teilen, die im Zeit·alter der Ent·deckungen von Euro·päern er·schlossen wurden, ging die An·kunft der Mis·sio·nare auch in Japan Hand in Hand mit der Auf·nahme von Handels·beziehung nach Europa. Der rasche Missions·erfolg, der aus Franz Xavers Worten spricht, dürfte nicht zu·letzt mit diesem Handel in Ver·bindung stehen. Einige japanische Territorial·herren er·kannten sehr schnell, dass die „südlichen Barbaren“ (
Der Begriff „nanban“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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), wie die Euro·päer damals in Japan hießen, über Techno·logien verfügten, die im Kampf um die Landes·herr·schaft von Vor·teil waren. Dazu zählten in erster Linie Feuer·waffen. Es spricht daher einiges dafür, dass die mili·tärische Eini·gung des Landes, die sich bald nach der An·kunft der christ·lichen Missio·nare abzuzeichnen begann, vor allem dieser neuen Kriegs·techno·logie zu·zu·schreiben ist, welche die exis·tierende mili·tärische Patt·stellung zum Kippen brachte. (s. dazu auch den berühmten Kurosawa-Film Kagemusha.)
Oda Nobunaga
1534–1582, Kriegsfürst, Reichseiniger
Der Begriff „Oda Nobunaga“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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(1534-1582) war der erste der so·ge·nannten „Drei Reichs·einiger“, der mit Hilfe der neuen Waf·fen eine hege·mo·niale Stellung inner·halb der kämpf·enden Par·teien er·rin·gen konnte. Seine guten Kon·takte zu den jesui·tischen Missio·naren, die zwischen ihm und anderen Europäern ver·mittelten, spielten in diesem Zu·sammen·hang keine geringe Rolle. Das Chris·ten·tum er·freute sich unter Nobunaga daher in Japan einer all·ge·meinen Duldung, wenn nicht gar För·derung. Gleich·zeitig zählten die oben erwähnten bud·dhis·tischen Institu·tionen, die aktiv im Kriegs·ge·schehen mit·mischten, zu Nobunagas er·bittertsten Feinden.
1571 richtete Nobunaga in dem Bestreben, Kyōto und seine Um·gebung end·gültig seinem Herr·schafts·bereich ein·zu·gliedern, seine gesamte Streit·macht gegen Berg Hiei und äscherte den Kloster·komplex voll·kommen ein. Nach den Berichten euro·päischer Missio·nare wurden etwa 1500 Mönche und Mönchs·soldaten er·barmungs·los nieder·ge·metzelt und sämtliche der etwa 400 Kloster·gebäude zer·stört. Obwohl bud·dhis·tische Tempel bereits in früherer Zeit Ziel mili·tärischer Opera·tionen gewesen waren, konnte sich insbesondere Berg Hiei doch einer gewissen reli·giösen Scheu aller kriegs·führenden Parteien sicher sein. Wenn man viel·leicht auch das Leben der Mönche ge·ring achtete, so ver·sprachen doch die vielen reli·giösen Heilig·tümer Schutz vor krieger·ischen Aggres·sionen. Dem·nach rechnete man im
Der Begriff „Tendai-shū“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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-Kloster wohl damit, dass Nobunaga gegen die eigenen Mönchs·heere vor·gehen könnte, aber ein direkter Angriff, der die Zer·störung des Klosters be·zweckte, wurde offen·sicht·lich nicht für möglich ge·halten. Nobunaga aber fühlte sich an die jahr·hunderte·alten Tabus gegen·über religiösen Institu·tionen nicht mehr ge·bunden. Mit einem einzigen mili·tärischen Schlag be·reitete er somit der Hege·monie der japanischen Tendai-Schule ein Ende und fügte dem Nimbus des ja·pa·nischen Bud·dhis·mus wohl auch ins·gesamt bleibenden Schaden zu.
Wie unter anderem Neil McMullin (1984) hervorhebt, änderte Nobunagas un·ge·schminkte Macht·politik das Ver·hältnis zwischen welt·licher Regierung und bud·dhis·tischer Macht grund·legend. Anstatt sich von der Religion effektive spirituelle Unter·stützung der eigenen poli·tischen Ziele zu erwarten, wie dies ganz besonders im Zu·sammen·hang mit der Einführung des Buddhismus der Fall war, sahen die neuen Macht·haber im Bud·dhis·mus von nun an ledig·lich ein poli·tisches Instrument, dessen sie sich ge·schickt zu be·dienen suchten. Die Figur Oda Nobunagas stellt ein para·dig·matisches Bei·spiel dieses neuen Herrscher·typs dar. Nicht umsonst wurde er letzt·lich selbst von den Christen, die ihm im Grunde viel zu ver·danken hatten, mit den schlimmsten Ty·rannen des Alten Testaments wie Nebukadnezar verglichen. Dies soll natür·lich nicht be·deuten, dass alle folgenden Herrscher Nobunagas religiösen Zy·nis·mus teilten und nicht auch einige aufrichtigen bud·dhis·tischen Glaubens waren. Doch waren poli·tische Führer von nun an nicht länger bereit, den vom Bud·dhis·mus selbst auf·ge·stellten Regeln zu folgen, wenn dies in irgend·einer Weise ihren eigenen Herrschafts·interessen zu·wider lief. Dieser a-religiöse Pragma·tismus, der (bei aller Vor·liebe für religiösen Pomp und sakrales Zere·moniell) von nun an das Ver·hältnis zwischen politischen Herr·schern und bud·dhis·tischen Institu·tionen prägte, scheint ein wesent·licher Unter·schied zwischen der religions·ge·schicht·lichen Situation des japanischen Mittel·alters und der frühen Neuzeit zu sein.
Literatur
- ^ Darstellung der berühmten Schlacht von Sekigahara (1600), durch deren Gewinn Tokugawa Ieyasu die Vorherrschaft über Japan sichern konnte. Kopie eines Wandschirm-Gemäldes von Kanō Sadanobu (1597–1623), angefertigt für die Daimyō-Familie Ii in Hikone.
Späte Edo-Zeit, 1854. Wikimedia Commons. - ^ Idealisierte Darstellung des Oda Nobunaga aus der frühen Edo-Zeit. Aufbewahrt im Daiun-ji, einem Tempel, der zum Gedenken an den 1582 ermordeten Feldherrn errichtet wurde.
Edo-Zeit, 17. Jh. Japaaan Magazine. - ^ Portrait des Toyotomi Hideyoshi in Staatsrobe aus den Beständen des Daimyō-Hauses Date. Das Bild stammt von Kanō Mitsunobu, der als eine Art Hofmaler Hideyoshis fungierte und wurde im Jahr nach Hideyoshis Tod angefertigt. Es ist das größte erhaltene Portrait des Reicheinigers.
Werk von Kanō Mitsunobu (1565–1608). Azuchi-Momoyama-Zeit, 1599. Date Museum, Ehime-ken. - ^ Die drei Reichseiniger beim mochitsuki, der Herstellung von Reisklößen für das Neujahrsfest. Oda Nobunaga schlägt den Reis zu Brei, Toyotomi Hideyoshi formt daraus Klöße, Tokugawa Ieyasu isst sie auf. Hideyoshi ist hier als Affe gezeichnet. Dies entspricht seiner Physiognomie und seinem Spitznamen, saru (Affe), den er angeblich von Nobunaga bekam. Dem Bild ist ein satirisches Gedicht eingeschrieben, das in etwa besagt: „Die Herrschaft des Tennō zu Brei geschlagen wie mochi zu Frühlingsbeginn“ (kimigayo o tsukikatametari haru no mochi) .
Utagawa Yoshitora, ein Schüler Kuniyoshis, musste diese unverhohlene Kritik an der Herrschaft der Shogune mit 50 Tagen Arrest bezahlen.
Werk von Utagawa Yoshitora. Edo-Zeit, 1849. Museum of Fine Arts, Boston. - ^ Offizielles Portrait von Tokugawa Ieyasu in schwarzer Hofbeamtenrobe (sokutai). Im Hintergrund sind Schreinbauten angedeutet, die möglicherweise den Tōshō-gū darstellen und auf die Deifizierung des Shōguns hinweisen sollen.
Edo-Zeit, Anfang 17. Jh. Sakai City Museum.
Religion in Japan, Inhalt
- 一 Grundbegriffe
- 二 Bauten
- 五 Mythen
- Einleitung
- Mythologie:
- Götter des Himmels
- Götter der Erde
- Jenseits:
- Jenseits
- Geister:
- Totengeister
- Dämonen
- Tiere:
- Imaginäre Tiere
- Verwandlungskünstler
- Symboltiere
- 六 Geschichte
- Einleitung
- Altertum:
- Prähistorie
- Frühzeit
- Nara-Zeit
- Frühe kami-Kulte
- Heian-Zeit
- Saichō
- Kūkai
- Honji suijaku
- Mittelalter:
- Kamakura-Zeit
- Amidismus
- Zen Buddhismus
- Nichiren Buddhismus
- Mittelalterl. Shintō
- Frühe Neuzeit:
- Reichseinigung
- Christentum
- Terauke-System
- Neo-Konfuzianismus
- Kokugaku
- Moderne und Gegenwart:
- Bakumatsu-Zeit
- Staatsshintō
- Neue Religionen
- 七 Essays
- Überblick
- Buddhismus, Asien:
- Arhats in China und Japan
- Vajrapani: Der Feldherr des esoterischen Buddhismus
- Bishamon-ten: Wächter und Glücksgott
- Riesen-Buddhas: Im Kampf gegen die Unbeständigkeit des irdischen Daseins
- Lokale Vorstellungen, Japan:
- Jindō und shintō: Zum Begriffsinhalt des ‚Weges der kami‘
- Ōkuninushi als heimlicher Gegenspieler der Himmlischen Götter
- Religiöse Gewalt in Japan: Blutopfer, Selbstopfer, Menschenopfer
- Unterhändler des Imaginären: Regenmachen im vormodernen Japan
- Lieber das Herz in der Hand als die Taube über dem Heer
- Feuer mit Feuer bekämpfen: Der Gehörnte Meister und sein Kult
- Hundert Geschichten: Horrorklassiker aus der Edo-Zeit
- Religion und Politik:
- Die Tenshō-Mission: Beginn einer schwierigen transnationalen Beziehung
- Yasukuni: Der Schrein des ‚friedlichen Landes‘
- Herrigels Zen und das Bogenschießen
- Anhang
- Metalog
- Konzept
- Autor
- Impressum
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- Bilder-Glossar
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„Religion und Reichseinigung.“ In: Bernhard Scheid, Religion-in-Japan: Ein digitales Handbuch. Universität Wien, seit 2001