Tōshōgū Schrein, Nikkō

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Tōshōgū Schrein, Nikkō

Vorlage:Galerie2 Das Schreinareal von

Nikkō 日光 (jap.)

Tempel-Schreinanlage im Norden der Kantō-Ebene, Präf. Tochigi; beherbergt u.a. den Tōshō-gū Schrein

Schrein, Tempel

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im Norden der Kantō-Region wurde schon in der

Heian 平安 (jap.)

auch Heian-kyō 平安京, „Stadt des Friedens“; politisches Zentrum 794–1185 (= Heian-Zeit)

Ort, Epoche

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-Zeit (8.–10. Jh.) als heiliger Ort verehrt. Zu landes·weiter Bedeutung stieg der Ort aller·dings erst auf, als das Mausoleum des ersten Tokugawa Shoguns,

Tokugawa Ieyasu 徳川家康 (jap.)

1543–1616; Begründer des Tokugawa Shogunats; Reichseiniger

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, hierher verlegt wurde. Nikkō ist somit das repräsentativste architektonische Beispiel für den Herrscherkult der Shogune der Edo-Zeit.

Der vergöttlichte Shogun

Der offizielle Name des Schreins,

Tōshō-gū 東照宮 (jap.)

Tōshō Schrein, Mausoleum des Tokugawa Ieyasu in Nikkō, Präf. Tochigi

Schrein

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, bedeutet wörtlich „Palast des Er·leuchters des Ostens“. Damit ist Tokugawa Ieyasu oder genauer seine zum

kami(jap.)

Gottheit; im engeren Sinne einheimische oder lokale japanische Gottheit, Schreingottheit (s. jinja), Gottheit des Shintō

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erhobene posthume Existenz gemeint, die als „Gottheit, die den Osten erleuchtet“ (

Tōshō Daigongen 東照大権現 (jap.)

wtl. „Große göttl. Manifestation, die den Osten erleuchtet“; Götternamen des Tokugawa Ieyasu

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) in Nikkō verehrt wird.

Streng genommen beherbergt die Anlage zwei unter·schied·liche An·dachts·stätten für Tokugawa Ieyasu: Zum einen den Ieyasu geweihten Haupt·schrein, zum anderen das Grab·mal des Ieyasu, das der Form nach bud·dhis·tisch ist und dem An·denken seiner bud·dhis·tischen Toten·seele dient.

In un·mittel·barer Nach·bar·schaft entstand übrigens auch ein Tempel, der dem

Tendai-shū 天台宗 (jap.)

Tendai-Schule, chin. Tiantai

Schulrichtung

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Bud·dhis·mus zugehörige

Rinnō-ji 輪王寺 (jap.)

buddh. Tempel in der rel. Anlage von Nikkō

Tempel

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Geographische Lage von Rinnō-ji; s.a. Geo-Glossar

, der bis zur Meiji-Zeit die Schrein·an·gelegen·heiten über·wachte. Daher ist es auch nicht weiter verwunderlich, in der Schrein·architektur zahlreiche bud·dhis·tische Elemente wie eine fünf·stöckige Pagode, Tore mit bud·dhis·tischen Wächter·gott·heiten und anderes mehr zu finden.

Darüber hinaus ist die Anlage voll von chinesischen, oder genauer konfuzianischen Motiven. Der Tōshō-gū ist somit ein anschauliches Beispiel für das Ineinandergreifen religiöser Richtungen in Japan, wobei in diesem Fall zur üblichen Verbindung einheimischer und buddhistischer Gottheiten noch die als Heilige verehrten Weisen aus der chinesischen Mythologie hinzukommen.

Die Vielzahl an religiösen Bezügen findet ihre Entsprechung in einer besonders ornament·reichen, „barock·haften“ Schrein·architektur, die auch als Gongen-Stil (

gongen-zukuri 権現造 (jap.)

Architekturstil des Tōshō-gū in Nikkō, abgeleitet von Tōshō Daigongen, dem vergöttlichten Tokugawa Ieyasu; der Stil findet sich allerdings auch bei vielen anderen bedeutenden Schreinen der Edo-Zeit

Architektur

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) bezeichnet wird. Der Götter·titel

gongen 権現 (jap.)

wtl. „vorläufige Erscheinung“ (vgl. gon); buddh. Titel für kami

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bedeutet wtl. „verwandelte Erscheinung“. Die Be·zeich·nung stammt aus dem Bud·dhis·mus und impliziert, dass der betreffende Kami eigentlich ein

Buddha बुद्ध (skt., m.)

„Der Erleuchtete“ (jap. butsu, hotoke 仏 oder Budda 仏陀)

Buddha

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ist (s. honji suijaku Konzeption). Spricht man allerdings vom Gongen-Stil, bezieht sich „Gongen“ allein auf Tokugawa Ieyasu, der volks·tümlich auch als „

Gongen-sama 権現様 (jap.)

volkstüml. Bezeichnung für den 1. Tokugawa Shōgun, Ieyasu, der als Tōshō Dai-Gongen vergöttlicht wurde

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“ bezeichnet wurde. Der Architektur-Stil bezieht seinen Namen also von Ieyasus Mausoleum in Nikkō, obwohl auch andere, ältere Schreine diesem Stil zugeordnet werden.

Bauliche Merkmale

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Die wichtigsten Schreingebäude auf einem Plan der Anlage aus dem Jahr 1800,
der im Wesent·lichen der heutigen Anlage entspricht.
Das weitläufige Heiligtum von Nikkō auf einem Plan aus dem Jahr 1800, der die wichtigsten, auch heute noch bestehenden Teile der Anlage wiedergibt. Im rechten unteren Teil die „heilige Brücke“ (Shinkyō), der Haupteingang des Schreins. Der von Mauern eingefasste Hauptschrein Tōshō-gū befindet sich rechts der Bildmitte. Sein Eingang ist durch Pagode und torii gekennzeichnet, oberhalb davon Yōmei-mon und Haupthalle. Rechts davon der Tempel Rinnō-ji, links (ebenfalls ummauert) der Taiyū-in, das Mausoleum des dritten Shōguns Iemitsu. Die Gebäude im linken Bildteil repräsentieren weitere Schrein- und Tempelbauten, einschließlich der berühmten Kegon Wasserfälle und des Chūzen-ji Sees, die einen halben Tagesmarsch vom Hauptschrein entfernt liegen. Tatsächlich wird das ganze Ensemble jedoch seit alters her als ein einziger „Tempel-Schrein Komplex“ angesehen.
Werk von Ueyama Yahei (Verleger). Edo-Zeit, 1800. Japanese Historical Maps.

In ihrer heutigen Form entstand die Anlage erst 20 Jahre nach Ieyasus Tod, 1634–1635 unter seinem Enkel

Tokugawa Iemitsu 徳川家光 (jap.)

3. Tokugawa Shōgun (1604–1651), r. 1623–1651

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, der sich ebenfalls am gleichen Ort ein Mausoleum (

Taiyū-in 大猷院 (jap.)

Mausoleum des 3. Tokugawa Shōguns, Iemitsu, err. 1652–53

Architektur

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) errichten ließ.

Das Yōmei-mon und die Furcht vor der Perfektion

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Der Aufstieg zum Yōmei-mon, dem Eingang zur inneren Anlage
Aufgang zur Schreinanlage von Nikkō, welche man durch das Yōmei-mon betritt.
Werk von Yoshida Tōshi (1911–1995). Frühe Shōwa-Zeit, 1940. Calisphere, University of California, Merced.

Das Tor zum zentralen Teil der Anlage, das

Yōmei-mon 陽明門 (jap.)

„Tor der Sonnenklarheit“; ursprünglich Name des östlichen Tores im Kaiserpalast von Kyōto, später auch in Nikkō errichtet

Schrein, Architektur

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, durfte früher nur von hoch·ran·gigen Mit·glie·dern des Adels durch·schrit·ten werden. Doch selbst wenn man als gewöhn·licher Sterb·licher nur bis hier her ge·langte, bot das Tor mit seinen zahl·losen Schnit·ze·reien Anlass, einen ganzen Tag lang selbst·ver·ges·sen in Be·trach·tung seines über·schwäng·lichen Dekors vor ihm zu verweilen — so jedenfalls die Begründung für einen seiner Bei·na·men: Higurashi-mon („Den-ganzen-Tag-lang-Tor“). Die Grund·form dieses Tores erinnert stark an buddhis·tische Tempeltore, doch weichen viele Details von der buddhis·tischen Stan·dardiko·nographie ab.

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Yōmei-mon, einer der „Nationalschätze“ in der Anlage von Nikkō (vordere Ansicht)
Das Yōmei-mon, das bekannteste und am reichsten dekorierte Bauwerk in der Anlage in Nikkō (vordere Ansicht). Die Architektur folgt buddhistischen Vorbildern (sanmon), aber anstelle der buddhistischen Wächtergottheiten (niō) sind zwei naturalistische Bogenschützen (suijin) zu sehen; einer jung, einer alt.
Edo-Zeit, 1636. Matsui Fumio/TOKYO VIEWS, flickr 2010.

Zunächst fallen ungewöhnlich viele legendäre Tiere ins Auge: Drachen, Löwen (oder viel·leicht eher

komainu 狛犬 (jap.)

wtl. „Korea-Hund“, auch „Löwenhund“; Wächterfigur vor religiösen Gebäuden

Tier, Bild

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-artige Mischun·gen von Löwe und Hund), Kirin (Drachen·pferde, die in China all·ge·gen·wärtig sind, in Japan aber nur durch das gleich·namige Bier zu allge·mei·ner Be·kannt·heit gelangt sind) und Ele·fanten (oder genauer:

baku(jap.)

Baku, elefantenartiges legendäres Tier, das Träume frisst; auch: Tapir

Tier

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, die sowohl Rüssel als auch Klauen besit·zen und als Beschüt·zer vor bösen Träumen gelten). Diesen Tieren wird allge·mein eine Schutz·funk·tion vor bösen Geistern zuge·spro·chen und sie sind auch in in buddhistischen Tempeln allgegenwärtig, doch so viele Tiere wie im Yōmei-mon findet man anderswo nicht. Darüber hinaus gibt es aber auch mensch·liche Figu·ren, die einem eher welt·lichen, kon·fu·zianischen Kon·text entnom·men sind. Neben Kon·fuzius im Kreise seiner Schü·ler sind z.B. die vier ele·ganten Vergnü·gun·gen des Ge·lehr·ten (

kinkishoga 琴棋書画 (jap.)

die Vier Eleganten Zerstreuungen des klassischen chinesischen Gelehrten: Laute, Brettspiel (Go), Kalligraphie, Malerei.

Ritus

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) dar·gestellt: Lauten·spiel (Koto), Brett·spiel (Go), Kalli·graphie und Male·rei. Diese aus·geprägt kon·fu·zia·nische Motiv·wahl ist eines der neuar·tigen Ele·mente aus der Entste·hungs·zeit des Yōmei-mon, die man auf älte·ren religiö·sen Ge·bäu·den nicht findet. Zu dieser eher welt·lichen Orien·tie·rung passt es auch, dass die übli·chen Tor·wäch·ter buddhis·tischer Tempel (

niō 仁王 (jap.)

Wächterfigur, Torwächter

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), durch realis·tische Darstel·lungen von japa·nischen Bogen·schüt·zen ersetzt sind. Vorlage:Galerie2

Die umge·drehte Dämo·nen·abwehr-Säule

Abgesehen von diesen bis ins kleinste Detail aus·gear·bei·teten figu·rati·ven Moti·ven, an denen die be·rühm·tes·ten Bild·hauer ihrer Zeit mitar·bei·teten, enthält das Yōmei-mon noch eine wei·tere Be·son·der·heit, die nur Ein·ge·weih·ten ins Auge fällt: es han·delt sich um eine der zwölf weiß be·mal·ten Trä·ger·säu·len, die mit der glei·chen orna·men·talen Struk·tur (einem stili·sierten Affen·ge·sicht) wie alle ande·ren Säu·len ver·ziert ist, aber um 180 Grad verdreht; die Säule ist also quasi auf den Kopf gestellt. Dies ist nicht etwa ein Ver·se·hen, son·dern ver·dankt sich einem be·son·deren Tabu, von dem man schon in den mit·telal·ter·lichen „Auf·zeich·nun·gen aus Muße·stun·den“ (Tsure·zure·gusa, Abschnitt 82) erfährt: Dort heißt es, dass ein allzu per·fek·tes Eben·maß Unglück brächte. Und genau aus diesem Grund habe man in den kai·ser·lichen Paläs·ten stets darauf geach·tet, auf jeden Fall ein Detail unvoll·endet zu lassen. Der umgedrehte Pfeiler des Yōmei-mon ist also gemäß dieser Vor·stel·lung ein — zwei·fel·los per·fekt aus·gear·bei·tetes — Anti-Per·fek·tions·ele·ment. Im übrigen schei·nen umge·dreht auf·gestellte Baum·stämme auch im Volks·glau·ben der Geister·ab·wehr gedient zu haben. Die be·son·dere Säule des Yōmei-mon trägt daher auch die Be·zeich·nung „umge·drehte Dämo·nen·abwehr-Säule“ (

mayoke no sakabashira 魔除けの逆柱 (jap.)

„umgedrehte Dämonenabwehr-Säule“ des Yōmei-mon im Tōshō-gū Schrein, Nikkō

Schrein

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).

Religion in JapanBauten
Diese Seite:

„Nikkō: Das spirituelle Zentrum des Tokugawa Shōgunats.“ In: Bernhard Scheid, Religion-in-Japan: Ein digitales Handbuch. Universität Wien, seit 2001