Geschichte/Nara
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Der Buddhismus der Nara-Zeit
Seine erste große Blüte erlebte der Buddhismus im achten Jahr·hundert, als Japan von
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(damals Heijō-kyō) aus regiert wurde. Die För·de·rung des Bud·dhis·mus wurde vor allem durch
701–56; 45. japanischer Kaiser; (r. 724–49); Förderer des Buddhismus
Der Begriff „Shōmu Tennō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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voran·ge·trieben, der zu·sammen mit seinen Vor·gängern Tenchi und
631?–686; 40. japanischer Kaiser; (r. 673–686)
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zu den ener·gischsten Kaisern zählt, die Japan je besaß. Seine Regierung war zu·nächst von Hungers·nöten und Rivali·täten inner·halb des Hof·adels ge·kenn·zeichnet, die Shōmu durch die Ver·legung seiner Resi·denz in den Griff zu bekommen ver·suchte: Zwischen 741 und 44 siedelte er dreimal um, bis er schließlich 745 end·gültig nach Nara zurück·kehrte. Während dieser Zeit setzte er auch religions·poli·tische Maßnahmen, die rück·blickend gesehen kon·sequenter und plan·mäßiger wirken als seine Hauptstadtpolitik.
Staats-buddhistische Reformen
741 erging ein kaiserlicher Erlass, der die Errichtung eines landes·weiten Netzes von „Provinz·tempeln“ (
Provinztempel, Provinzialhaupttempel; in der Nara-Zeit Teil eines landesweiten Tempel-Netzwerks
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) befahl. Als Zentrum dieser Provinz·tempel sollte ein neuer Tempel von unge·heuren Aus·maßen, der Große Tempel des Ostens (
Tempel des Großen Buddha von Nara; wtl. Großer Ost-Tempel
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) in Nara errichtet werden. Das ganze System sollte offenbar ein Gegen·ge·wicht zu den Familien-Tempeln (
Klan- oder Familientempel
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) der verschiedenen Adels·häuser bilden und den Bud·dhis·mus stärker in den Dienst der öffent·lichen Ver·waltung einbinden.
Die Errichtung des Tōdaiji (745) und seines Großen Buddhas (752) waren der sichtbare Ausdruck von Shōmus ambitionierter Religions·politik. Besonders die Her·stellung der damals wie heute welt·weit größten Bronze·statue war ein Ereignis, das weit über die Landes·grenzen hinaus Bedeutung erlangte. Die gesamte bud·dhis·tische Welt schickte Ab·gesandte zur „Augen·öffnungs·zere·monie“ des Großen Buddhas, die Ein·weihung wurde von einem indischen Mönch vor·ge·nommen. Aller·dings trieben die Her·stellungs·kosten von Statue und Tempel den antiken Staat an den Rand des Ruins und waren nur dank groß an·gelegter Spenden·kampagnen zu bewältigen. Dass der Bud·dhis·mus in Japan gerade damals zu der·artigen Leis·tungen fähig war, ist zweifel·los ein Zeichen für die besonderen Hoffnungen, die sich Staat und Gesellschaft von der fremd·ländischen Religion machten.
Weniger spektakulär, aber womöglich wirkungsvoller waren die „Provinz·tempel“, als deren Zentrum der Tōdaiji errichtet worden war. Sie befanden sich im allgemeinen nahe der neu eingerichteten Verwaltungs·zentren in den Provinzen und waren auch als Maßnahme zur Stärkung einer landes·weiten zentra·lis·tischen Verwaltung im Sinne der
wtl. Strafen und Verordnungen; Gesetzessammlung des Altertums nach dem Vorbild der chin. Tang-Dynastie
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-Gesetz·gebung gedacht. Noch heute zeugen Orte mit dem Namen Kokubunji davon, dass es sich wohl um bedeutende regionale Zentren gehandelt haben muss. Aller·dings verloren diese offiziellen „Staats·tempel“ in dem Maß an Bedeutung, in dem die zentrale Ver·waltung ingesamt durch private Ländereien (shōen) unter·wandert, bzw. ersetzt wurde. Im Zuge der
auch Heian-kyō 平安京, „Stadt des Friedens“; politisches Zentrum 794–1185 (= Heian-Zeit)
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-Zeit wurde außerdem der Tōdaiji vom benach·barten
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an Bedeutung überflügelt und mehr oder weniger absorbiert. Der Kōfuku-ji war aber letztlich nichts anderes als der Ahnen·tempel des mächtigsten Adels·geschlechts, der
mächtigste Adelsfamilie im jap. Altertum
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. Nach und nach verwandelte sich der frühe japanische Bud·dhis·mus somit von einem Instrument der staatlichen Zentra·lisierung zu einem Ver·bündeten der alten Klan-Strukturen, die allen äußerlichen Sini·sierungs·maßnah·men zum Trotz all·mählich wieder die Herr·schaft des Landes bestimmten. Der Bud·dhis·mus war somit eng mit den Fragen Ver·staat·lichung vs. Privati·sierung verbunden, die bereits in den unter·schied·lichen Gesell·schafts·modellen des japanischen Altertums eine Rolle spielten.
Die Sechs Nara-Schulen
In der Nara Zeit wurde der Buddhismus von Strömungen dominiert, die man zusammen·fassend als die „Sechs Nara-Schulen“ (Hossō, Kegon, Ritsu, Sanron, Kusha, Jōjitsu) bezeichnet. Im Unter·schied zu späteren Rich·tungen, ver·standen sich diese Schulen weniger als kon·kurrierende Aus·le·gungen des bud·dhis·tischen Dharma denn als kom·plementäre Disziplinen inner·halb eines gemeinsamen religiös-philo·sophischen Systems. So widmet sich etwa die „Schule der Ordens·regeln“ (
„Schule der Ordensregeln“ (skt. Vinaya); Schulrichtung des frühen jap. Buddhismus, eine der Sechs Nara-Schulen;
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) in erster Linie den Mönchs·geboten, bzw. den Regeln des Zusammen·lebens im Kloster. Die vielleicht ein·fluss·reichste Richtung war die
Schulrichtung des frühen jap. Buddhismus, eine der Sechs Nara-Schulen
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, die auch noch in der Heian Zeit ein be·stimmender Faktor in der alten Haupt·stadt Nara blieb. Die Sechs Schulen verteilten sich auf sieben Tempel (
Tempel des Großen Buddha von Nara; wtl. Großer Ost-Tempel
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,
Tempel des Yakushi Nyorai in Nara
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,
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,
Tempel in Ikaruga bei Nara, gegr. 607; wtl. „Tempel des prosperierenden [Buddha]-Gesetzes“
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, Saidai-ji, Gangō-ji und Daian-ji), die wiederum die geistigen Zentren des Nara-zeit·lichen Bud·dhis·mus dar·stellten und alle innerhalb oder in der Nähe der Haupt·stadt angesiedelt waren.
Der Dōkyō Zwischenfall
Auch für die Nachfolger Shōmu Tennōs, insbesondere für seine Tochter, Prinzessin Abe (718–770), die ihm als
718–770; japanische Kaiserin; r. 749–758 und 764–770 unter dem Namen Shōtoku 称徳
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nachfolgte, war die För·de·rung des Bud·dhis·mus ein zentrales Anliegen. Unter ihrer Herr·schaft geriet das Ver·hältnis zwischen Hof und bud·dhis·tischem Klerus jedoch in eine Krise, die von einem allzu ehr·geizigen Mönch,
700?–772; Nara-zeitl. Mönch; buddhistischer Staatsmann
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, ausgelöst wurde. Dōkyō betrat die politische Bühne des Landes 761. Kōken hatte kurz zuvor ihr Amt abge·geben, um sich in ein bud·dhis·tisches Kloster zurück·zu·ziehen und wurde dort von einer schweren Krank·heit geplagt. Dōkyō gelang es „mit magischen Riten“ die Ex-Kaiserin von ihrer Krank·heit zu heilen und offenbar auch zu er·mutigen, neuer·lich die Geschicke des Landes selbst in die Hand zu nehmen. Es bedurfte dazu aller·dings hand·fester dynastischer Kämpfe mit ihrem Onkel mütter·licher·seits, Fujiwara no Nakamaro, die Kōken 764 zu ihren Gunsten entschied, worauf sie unter dem Namen Shōtoku (r. 764–770) neuerlich das Amt des Tennō übernahm. Achtung: Sie sehen eine veraltete Version von https://religion-in-japan.univie.ac.at/Handbuch/Geschichte/Nara.
Ein erstes Anzeichen für die teilweise bizarre Förderung des Bud·dhis·mus unter der Kaiserin wurde bereits kurz nach ihrer zweiten Macht·er·greifung deutlich. Zur Feier ihres militä·rischen Sieges ordnete sie die Her·stellung von einer Million winziger Stupas (
Miniatur-Stupas, wtl. Millionen-Stupas
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) an und ließ sie in den Klöstern des Landes verteilen. Offenbar meinte sie, ihre Macht·über·nahme dem Bei·stand Buddhas zu ver·danken und wollte sich auf diese Weise erkennt·lich zeigen. In der Folge übertrug sie Dōkyō das höchste Minister·amt und ernannte ihn schließlich sogar zum kaiser·lichen Thron·folger. Damit ent·stand erst·mals in der ja·pa·nischen Geschichte die Aus·sicht, dass dem genea·logischen Prinzip der Tenno-Erb·folge ein Ende gesetzt und Japan von einer Art bud·dhis·tischer Theo·kratie regiert werden könnte.
Dōkyō und die Kaiserin versuchten sogar, ihren Nach·folge·plan durch ein Orakel der einheimi·schen Gottheit
Shintō-Gottheit, Ahnengottheit des Tennō und des Kriegeradels; auch „Yawata“ ausgesprochen
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im weit entfernten
Usa Hachiman Schrein (Usa, Kyūshū)
Der Begriff „Usa Hachiman-gū“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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in Kyushu zu legitimieren. Der Bote, den sie zu Hachimans Schrein schickten, Glossar:Wakenokiyomaru, kehrte jedoch mit einem ab·schlägigen Orakel·spruch zurück, was ihm zunächst grausame Bestrafung, später aber großen geschicht·lichen Ruhm einbrachte. Vielleicht war dieser gescheiterte Mani·pulations·versuch einer Gottheit tatsächlich der Grund, warum nach dem Tod der Kaiserin im Jahre 770 ihre Gegner bei Hof wieder die Ober·hand gewannen. Dōkyō jedenfalls wurde nicht Kaiser, sondern entmachtet und in die Verbannung geschickt.
Anti-buddhistische Reflexe
Nachfolgende Kaiser waren nun bestrebt, die Verflechtungen von Bud·dhismus und Staat zu lockern. So soll die Ver·legung der Haupt·stadt unter
737–806; 50. japanischer Tennō; (r. 781–806); verantwortlich für Verlegung der Hauptstadt nach Heian (Kyōto)
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(zunächst 784 nach Nagaoka, dann 794 nach Heian [= Kyōto]) aus dem Bedürfnis entstanden sein, dem Einfluss der Nara-Klöster zu ent·kommen. Manche Religions·historiker meinen zudem, dass die Existenz von gegen den Bud·dhis·mus gerichteten Tabu-Be·stim·mungen inner·halb des
kaiserlicher Ahnenschrein (wtl. Götterpalast) von Ise, Präfektur Mie, bestehend aus den Anlagen Gekū und Naikū
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und in vielen Bereichen des höfischen Ritual·wesens direkt mit der Dōkyō Affäre in Verbindung steht. Diese Affäre könnte somit Anlass für ein bewusst nicht-bud·dhis·tisches höfisches Ritual·wesen und damit der Beginn einer Art „shintoistischen Bewusstseins“ innerhalb der Hof·aristo·kratie gewesen sein. Aller·dings tritt dieser „höfische Shinto“ nach außen hin nicht als konkurrierendes religiöses System gegen den Bud·dhis·mus auf und ist weder unter der Bezeichnung „Shinto“ noch unter einem anderen Namen als eigenständige Religion fassbar. Mehr dazu auf der nächsten Seite.
Religion in Japan, Inhalt
- 一 Grundbegriffe
- 二 Bauten
- 五 Mythen
- Einleitung
- Mythologie:
- Götter des Himmels
- Götter der Erde
- Jenseits:
- Jenseits
- Geister:
- Totengeister
- Dämonen
- Tiere:
- Imaginäre Tiere
- Verwandlungskünstler
- Symboltiere
- 六 Geschichte
- Einleitung
- Altertum:
- Prähistorie
- Frühzeit
- Nara-Zeit
- Frühe kami-Kulte
- Heian-Zeit
- Saichō
- Kūkai
- Honji suijaku
- Mittelalter:
- Kamakura-Zeit
- Amidismus
- Zen Buddhismus
- Nichiren Buddhismus
- Mittelalterl. Shintō
- Frühe Neuzeit:
- Reichseinigung
- Christentum
- Terauke-System
- Neo-Konfuzianismus
- Kokugaku
- Moderne und Gegenwart:
- Bakumatsu-Zeit
- Staatsshintō
- Neue Religionen
- 七 Essays
- Überblick
- Buddhismus, Asien:
- Arhats in China und Japan
- Vajrapani: Der Feldherr des esoterischen Buddhismus
- Bishamon-ten: Wächter und Glücksgott
- Riesen-Buddhas: Im Kampf gegen die Unbeständigkeit des irdischen Daseins
- Lokale Vorstellungen, Japan:
- Jindō und shintō: Zum Begriffsinhalt des ‚Weges der kami‘
- Ōkuninushi als heimlicher Gegenspieler der Himmlischen Götter
- Religiöse Gewalt in Japan: Blutopfer, Selbstopfer, Menschenopfer
- Unterhändler des Imaginären: Regenmachen im vormodernen Japan
- Lieber das Herz in der Hand als die Taube über dem Heer
- Feuer mit Feuer bekämpfen: Der Gehörnte Meister und sein Kult
- Hundert Geschichten: Horrorklassiker aus der Edo-Zeit
- Religion und Politik:
- Die Tenshō-Mission: Beginn einer schwierigen transnationalen Beziehung
- Yasukuni: Der Schrein des ‚friedlichen Landes‘
- Herrigels Zen und das Bogenschießen
- Anhang
- Metalog
- Konzept
- Autor
- Impressum
- Glossare
- Fachbegriffe-Glossar
- Bilder-Glossar
- Künstler-Glossar
- Geo-Glossar
- Ressourcen
- Literatur
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„Der Buddhismus der Nara-Zeit.“ In: Bernhard Scheid, Religion-in-Japan: Ein digitales Handbuch. Universität Wien, seit 2001