Die rätselhafte Karriere des Daikoku

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Relativ frühes Beispiel eines „typischen“ Daikoku mit Sack und Glückshammer, Barrett und den für die meisten Glücksgötter typischen riesigen Ohrläppchen. Die Statue befindet sich im Kojima-dera, einem sehr alten Tempel der Shingon-shū.
Muromachi Zeit. teravist.

Der Glücksgott

Daikoku 大黒 (jap.)

Gott des Reichtums und Stellvertreter der Sieben Glücksgötter (Shichi Fukujin); skt. Mahakala = „Großer Schwarzer“; auch Daikoku-ten

Glücksgottheit

Der Begriff „Daikoku“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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ist wahrscheinlich die am häufigsten dargestellte Gottheit innerhalb des weitläufigen buddhistisch-shintoistischen Pantheons in Japan. Das Geheimnis seines Erfolges ist auf den ersten Blick einfach: Er gilt als Gott des Wohl·stands und des Reich·tums. Einer seiner Beinamen, unter denen er vor allem in der

Edo 江戸 (jap.)

Hauptstadt der Tokugawa-Shōgune, heute: Tōkyō; auch: Zeit der Tokugawa-Dynastie, 1600–1867 (= Edo-Zeit);

Ort, Epoche

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-Zeit, bekannt war, lautet Shusse Daikoku, wtl. Karriere- oder Erfolgs-Daikoku.1 Selbst die beginnende Modernisierung Japans in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts konnte Daikokus Popularität keinen Abbruch tun, im Gegenteil: Als in dieser Zeit Geldscheine nach westlichem Muster eingeführt wurden, zierte Daikokus Abbild die Ein-Yen-Note. Papiergeld wurde auf diese Weise als natürliches Medium des Glücksgottes dargestellt.

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Shusse Daikoku ("Karriere Daikoku")
Kiyomizu Tempel, Kyoto

Der links abgebildete Daikoku stammt aus dem

Kiyomizu-dera 清水寺 (jap.)

Tempel in Kyōto; der Name des Tempels leitet sich vom wunderwirkenden Wasserfall her (kiyomizu 清水 = „Reines Wasser“)

Tempel

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Geographische Lage von Kiyomizu-dera; s.a. Geo-Glossar

in Kyoto und dürfte in der Edo-Zeit an·ge·fer·tigt worden sein. Hammer, Sack und Reis·ballen ent·spre·chen den gän·gigen ikono·graphi·schen Charak·teris·tika dieses Gottes. Er ver·fügt zudem über das typi·sche Lächeln und den typi·schen Leibes·um·fang eines Glücks·got·tes. Ledig·lich seine schwarze Haut·farbe un·ter·schei·det diesen Daikoku von den heute üb·li·chen Ab·bil·dun·gen. Sie erin·nert daran, dass „Daikoku“ wörtlich über·setzt „der Große Schwarze“ bedeutet. Forscht man ein wenig in den ikono·gra·phi·schen Er·schei·nungs·for·men dieses Glücks·gottes nach, kommt in der Tat eine dunkle, ge·heim·nis·volle Dimen·sion zum Vor·schein, die diesem Namen ge·recht wird. Den „Großen Schwar·zen“ gibt es näm·lich auch im eso·teri·schen Bud·dhis·mus Indiens und Tibets, wo eine Gott·heit mit furcht·er·regen·den Zügen namens

Mahākāla महाकाल (skt., m.)

„Großer Schwarzer“, esoterische Gottheit (jap. Makakara 摩訶迦羅 oder Daikoku 大黒)

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verehrt wird.

Manches spricht dafür, dass dieser klas·sische „zornvolle“ Schutz·gott des Bud·dhis·mus die Urform des heu·tigen Glücks·gottes Daikoku dar·stellt. Abge·sehen von den Namens·ele·menten „groß“ (dai 大, skt. maha) und „schwarz“ (koku 黒, skt. kala)2 besitzt Daikoku auch den Götter·titel

-ten(jap.)

wtl. Himmel; Göttertitel für eine eine aus Indien übernommene Gottheit (skt. deva)

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, der auf eine sogenannte Deva Gottheit indi·schen Ur·sprungs hindeutet.

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Man stößt aber auch auf die Erklärung, dass Daikoku eine Erschei·nungs·form des ein·heimischen Gottes

Ōkuninushi 大国主 (jap.)

mythol. Gottheit; wtl. Großer Meister des Landes

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sei. Der Zu·sammen·hang wird dabei meist über den Gleich·klang der beiden Namen her·ge·stellt: die beiden ersten Zeichen des Namens Ō-kuni-nushi (大国主, wtl. „Groß-Land-Herr“) lassen sich sino-japanisch ebenfalls als dai-koku lesen. Diese ein wenig überzogen wirkende etymologische Erklärung wird durch eine mittel·alter·liche Legende gestützt, die den Ur·sprung der Daikoku Ver·ehrung auf

Saichō 最澄 (jap.)

767–822; Gründer des Tendai-Buddhismus; auch bekannt als Dengyō Daishi

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, den Be·gründer des

Tendai-shū 天台宗 (jap.)

Tendai-Schule, chin. Tiantai

Schulrichtung

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-Buddhismus, zurück·führt: Saichō habe im altehr·würdigen

Miwa Jinja 三輪神社 (jap.)

Miwa (auch Ōmiwa) Schrein, nahe Nara

Schrein

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, der Ōkuni·nushi geweiht ist, ge·betet, worauf Ōkuni·nushi sich ihm „in Gestalt des Daikoku Tenshin“ offen·bart hätte. Saichō hätte nach diesem Vor·bild selbst eine Statue des Daikoku geschnitzt und diesen als Schutz·gott des Tendai Bud·dhis·mus verehrt.3

Wie passen diese beiden Erklärungen zusammen? Welche ist richtig? Oder stimmen beide?

Frühe Darstellungen des Daikoku
als einheimische Gottheit

Betrachtet man die ältesten Daikoku-Figuren aus der späteren

Heian 平安 (jap.)

auch Heian-kyō 平安京, „Stadt des Friedens“; politisches Zentrum 794–1185 (= Heian-Zeit)

Ort, Epoche

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-Zeit, so findet man eher einfache Darstellungen, die keine der beiden Theorien klar stützen oder widerlegen. Weder handelt es sich eindeutig um einen Bodhisattva oder einen zornvollen Schutzgott des Buddhismus, noch ähneln die Figuren — wie sonst bei frühen Kami-Darstellungen üblich — den Adeligen des Altertums. Die Figuren wirken in erster Linie bäuer·lich.

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Daikoku des Kongorin-ji (Shiga-ken), Heian-Zeit Die Abbildung oben zeigt die angeblich älteste Darstellung des Daikoku aus einem Tendai-Tempel in der Um·gebung von Saichōs Kloster·berg Hiei. Rüstung, Stab und vor allem die langen Ohren offen·baren einen starken Ein·fluss der bud·dhis·tischen Ikono·graphie. Dennoch ver·leihen die Mütze und die ge·drun·gene Statur diesem Daikoku eine gewisse Boden·ständig·keit.
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Daikoku, Heian-Zeit

Die obigen Beispiele der Daikoku Ikonographie stammen aus dem Umfeld des Tendai Bud·dhis·mus. Sie wirken ver·hält·nis·mäßig realis·tisch und tragen (noch?) nicht die paranor·malen Attribute des Mahakala. Während der älteste bekannte Daikoku die Rüstung eines buddhistsischen Schutzgottes trägt, besitzt der etwas jüngere Daikoku (re.) bereits eine ähnliche Tracht wie auf moder·neren Darstel·lungen. Man beachte auch den Sack, der noch heute auf fast allen Darstel·lungen ein Er·kennungs·merkmal des Daikoku dar·stellt. Dies hängt mög·licher·weise mit Daikokus ursprünglicher Haupt·auf·gabe zu·sammen: er soll zunächst die Schutzgottheit der buddhis·tischen Tempelküche und der darin gehor·teten Nahrungsmittel gewesen sein.

Daikoku koya.jpg
Daikoku des Hōju-in, Berg Kōya, späte Kamakura-Zeit
Daikoku saidaiji2.jpg
Daikoku des Saidai-ji, Nara
Kamakura Zeit

Der gemalte Daikoku (li.) aus der

Kamakura 鎌倉 (jap.)

Stadt im Süden der Kantō Ebene, Sitz des Minamoto Shōgunats 1185–1333 (= Kamakura-Zeit)

Ort, Epoche

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Geographische Lage von Kamakura; s.a. Geo-Glossar

-Zeit (die älteste ge·malte Version) erinnert nur durch ihre her·vor·quel·lenden Augen an die Wächter·gott·heiten des esoterischen Bud·dhis·mus, während sich in der Skulptur rechts bereits die humor·volle Aus·strah·lung des späteren Glücks·gottes andeutet. Beide Bei·spiele stammen aus dem Umfeld des

Shingon-shū 真言宗 (jap.)

Shingon-Schule, wtl. Schule des Wahren Wortes; wichtigste Vertreterin des esoterischen Buddhismus (mikkyō) in Japan

Schulrichtung

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Buddhismus. Die Figur rechts ist im Besitz des

Saidai-ji 西大寺 (jap.)

Buddhistischer Tempel in Nara, err. 765, Haupttempel der Shingon Risshū Schule

Tempel

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in

Nara 奈良 (jap.)

Hauptstadt und Sitz des Tennō, 710–784 (= Nara-Zeit); auch: Heijō-kyō

Ort, Geschichte

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Geographische Lage von Nara; s.a. Geo-Glossar

, wo ein beson·derer Daikoku-Kult durch den berühmten Mönch Eizon (1201–1290) belegt ist. Ähn·lich wie (der Legende nach) Saichō unter·hielt auch Eizon gute Beziehungen zum erwähnten Miwa Schrein (südlich von Nara), wo die Gottheit Ōkuninushi verehrt wird.

Dass sowohl im Tendai als auch im Shingon Buddhismus reges Interesse an der Gott·heit des Miwa Schreins bestand, lässt sich auch aus anderen historischen Zusammenhängen erschließen.4 Wie die Ver·bindung Ōkuninushis mit dem Küchen·gott Daikoku aber genau zu·stande kam, ist trotz der Homophonie ihrer Namen nicht leicht nach·voll·zieh·bar. Es scheint aber auf jeden Fall plausibel, dass die Be·deutung Daikokus ab dem Zeit·punkt, als er mit der wichtigen alten Gottheit Ōkuninushi iden·tifiziert wurde, über seine Funktion als Wächter der Tempel·küche hinaus ging. Möglicher·weise erklärt dies auch die Tat·sache, dass einer zunächst nieder·rangigen Gottheit wie Daikoku bereits in früher Zeit bildliche Denk·mäler ge·setzt wurden. Um aber zu einer wirklich be·deutenden Gestalt zu werden, waren in der Blüte·zeit des esoterischen Buddhismus zusätzliche Eigen·schaften, wie sie der Namens·vetter aus Indien bereit hielt, von Nöten.

Mahakala in Indien, Tibet und Japan

In Tibet zählt der bereits erwähnte „Große Schwarze“ (Nag po chen po, skt. Mahakala) zu den popu·lärs·ten Gott·heiten (s. z.B. Kumar 2005). In erster Linie gilt er als Schutzgott buddhistischer Klöster, was sicherlich im Zusammenhang mit Daikoku als Beschützer der Tempelküche zu sehen ist. Trotzdem — oder gerade deshalb — wird Mahakala zumeist als furcht·ein·flößen·der, krie·ge·ri·scher Dämon dargestellt. Genau genommen gibt es im tantrischen Buddhismus mehrere Gottheiten oder Bodhisattvas, die sich der Form des Mahakala bedienen, wenn sie eine zornvolle Erscheinung annehmen. Es gibt daher mehrere Mahakalas, die sich beispielsweise durch die Anzahl ihrer Gesichter und Arme unterscheiden. Ikonographisch lassen sie sich aber auf die gleiche Grundform, nämlich die eines menschenfressenden indischen Dämonen zurückführen.5 Um die Sache noch verwirrender zu machen, wird die gleiche dämonenartige Grundform nicht nur von verschiedenen Mahakalas, sondern auch von verschiedenen Vajrapanis und anderen esoterischen Gestalten angenommen.

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Mahakala, tibetische Darstellung, 17.Jh.
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Mahakala, tibetische Darstellung, 19. Jh.Vorlage:Credits2

Die beiden Dar·stel·lun·gen rechts stam·men aus dem Tibet des sieb·zehn·ten bzw. neun·zehn·ten Jahr·hun·derts, gehen aber auf ältere ikono·graphi·sche Vor·bilder zurück. Das untere Bei·spiel ist der aus·ge·zeich·ne·ten online Kol·lek·tion tibe·tischer Kunst Himalayan Art ent·nom·men, wo noch jede Menge ähnlicher Dar·stel·lungen zu finden sind. Auf dieser Seite findet sich zum dar·ge·stell·ten Motiv fol·gende ikono·gra·phische Be·schreibung aus dem 16. Jahrhundert:

The great Vajra Mahakala blazes, with one face, two hands, holding in the right a curved knife and in the left a skullcup filled with blood held above and below the heart. Held across the middle of the two forearms is the 'Gandhi of Emanation.' With three eyes, bared fangs, yellow hair flowing upward, [he has] a crown of five dry human skulls and a necklace of fifty wet - blood dripping. Adorned with six bone ornaments and snakes, having a lower garment of tiger skin, flowing with pendants and streamers of various silks, in a posture dwarfish and thick [he] stands above a corpse.

Konchog Lhundrup (1497-1557)6

Diese Mahakala Ikonographie ist auch im eso·teri·schen Buddhis·mus Japans bekannt. Man findet sie vor allem auf Mandalas des

Makakara 摩訶迦羅 (jap.)

skt. Mahakala, „Großer Schwarzer“; alternativer Name des Glücksgotts Daikoku

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(jap. Aus·sprache von Maha·kala), also Ab·bil·dun·gen einer eige·nen spiritu·elllen Welt, in der Maka·kara/Daikoku im Mittel·punkt steht. Auch in der ältes·ten Samm·lung iko·no·gra·phi·scher Grund·typen, dem Zuzōshō aus der späten Heian Zeit, ist eine solche Dar·stel·lung des Daikoku zu finden (Abb. unten). Die hier ab·ge·bildete Gott·heit geht ganz offen·sicht·lich auf den·sel·ben ikono·graphi·schen Grund·typus zurück wie der indo-tibetische Mahakala. Toten·schädel im Haar, Schlangen·ketten und die Leichen von Menschen und Tieren in Maha·kalas Händen finden sich hier wie da. Auch die mehr·fachen Gesich·ter und die Ele·fanten·haut sind im tantrischen Buddhismus Tibets bekannt.
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Daikoku Tenshin, Heian Zeit
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Makakara-ten, Edo Zeit

Spätestens im japanischen Mittelalter begann man, eine Verbindungen zwischen dem ein·heimischen „Daikoku“ und „Makakara“ her·zustellen. Beide Namen wurden abwechselnd für die gleiche Gottheit verwendet, Daikoku bekam explizit die Eigenschaften des Makakara zugesprochen. So heißt es im Keiran shūyōshū (1317), einer Schrift des mittel·alter·lichen Tendai Bud·dhis·mus, dass Daikoku-ten eine Gottheit sei, die „das Fleisch und das Blut der Menschen frisst“. 7

Dass gerade eine so grausame Gottheit wie Mahakala im esoterischen Buddhismus Bedeutung erlangte, entspricht einer paradoxen esoterischen Logik, die gerade in den schreck·lichsten Gestalten einen Weg zur Er·leuch·tung sucht. Diese Logik war im übrigen nicht auf Maha·kala allein be·schränkt, sondern findet sich in allen mög·lichen Figuren des eso·teri·schen Buddhis·mus, z.B. den „Mantra-Königen“ (

myōō 明王 (jap.)

wtl. Licht-König, auch „Mantra-König“ oder „Weisheits-König“; meist zornvoll dargestellte Schutzgottheit; skt. vidyaraja

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). Die all·ge·meine historische Entwick·lung dieser Ikono·graphie wird auch in meinem Essay über die Figur des Vajrapani genauer besprochen.

Kombinationen

Die obigen esoterischen Darstellungen des Daikoku/Makakara als zornvolle Beschützergottheit sind in Japan sehr selten. Ihre Kenntnis war wohl immer auf eng begrenzte Mönchskreise beschränkt. Gleichzeitig scheinen die bäuer·lichen, auf Nahrung und Wohl·stand bezogenen Aspekte des Daikoku immer den Hauptstrang seiner Erscheinungsformen gebildet zu haben. Allerdings kam es zu zahlreichen Vermischungen beider Typen.

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Daikoku und Ebisu, 1551
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Sanmen Daikoku (Hokusai, 1849)

Die Abbildung oben links zeigt eine frühe Version des klassischen Glücksgottes Daikoku mit seinem Kollegen

Ebisu 恵比寿 (jap.)

Glücksgott der Händler und Fischer; andere Schreibung: 夷 oder 戎; Grundbedeutung wahrscheinlich „Fremder“ oder „Barbar“

Glücksgottheit

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von Kanō Motonobu. Die verspielte Darstellung der beiden Götter existierte also schon Ende des japanischen Mittelalters. Die Abbildung rechts stammt hingegen aus der späten Edo-Zeit und beweist, dass die Formensprache des esoterischen Buddhismus damals noch durchaus präsent war. 

Ähnlich wie manche Formen des indischen Mahakala ist auch dieser Dakoku mit drei Gesichtern ausgestattet.

Doch auch die heute geläufige Ikonographie der Glücksgötter ist mit im Spiel: Bei genauem Hinsehen erkennt man in einem der Gesichter den Glückgott

Bishamon-ten 毘沙門天 (jap.)

Himmelswächter des Nordens, Glücksgott; abgeleitet von einem indischen Gott des Reichtums, Vaishravana

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(li.) im anderen

Benzaiten 弁才天/弁財天 (jap.)

Glücksgöttin im Ensemble der Sieben Glücksgötter (Shichi Fukujin); Gottheit des Wassers, der Musik und der Beredsamkeit; skt. Sarasvati; auch: Benten

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(re). Dies ist nicht etwa eine Erfindung des genialen

Katsushika Hokusai 葛飾北斎 (jap.)

1760–1849; Maler und Zeichner. Bekanntester Verteter des ukiyo-e-Farbholzschnitts

Künstler

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, sondern entspricht dem gängigen Schema des dreigesichtigen Daikoku (Sanmen Daikoku) der Edo-Zeit. Auch die ironischen Züge des Glücksgottes, die in Hokusais Darstellung deutlich hervorblitzen, sind an anderen dreigesichtigen Daikokus der Edo-Zeit feststellbar. Vorlage:Galerie2

Obwohl die Bedeutung des esoterischen Buddhismus in der

Edo 江戸 (jap.)

Hauptstadt der Tokugawa-Shōgune, heute: Tōkyō; auch: Zeit der Tokugawa-Dynastie, 1600–1867 (= Edo-Zeit);

Ort, Epoche

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Geographische Lage

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Geographische Lage von Edo; s.a. Geo-Glossar

-Zeit ins·ge·samt zurück ging, hielten sich die esoterischen Attribute des Mahakala, be·sonders die schwarze Haut und die drei Ge·sichter, also noch lange. Zu·gleich verlor Daikoku mit steigender Popularität als Glücks·gott seine furcht·ein·flößenden Züge und be·hielt ledig·lich den Hammer (in frühen Dar·stel·lungen eher ein Stab oder ein Schwert) als eine Art magisches Instrument.

Die Ikonographie des modernen Glücksgottes hat sich mittler·weile sogar von der schwarzen Haut des Daikoku weg·ent·wickelt und ent·spricht weit·gehend dem ur·sprüng·lichen, bäuer·lichen Typ. Vom esoterischen Mahakala ist in erster Linie der gedrungene, zwergenhafte Körper geblieben (den Daikoku im übrigen auch an andere Glücksgötter vererbt hat).

Mahakala scheint somit im historischen Rückblick als eine Art Katalysator gewirkt zu haben, damit aus dem Gott der Tempel·küche ein all·ge·mein bekannter und populärer Glücks·gott werden konnte. Erst durch diese Ver·bindung wurde Daikoku mit den nötigen Kräften aus·ge·stattet, um als Anführer der Sieben Glücksgötter beinahe jeden Wunsch nach einem guten, materiell abgesicherten Leben erfüllen zu können. Vorlage:Galerie2

Epilog: Daikokus Mauswächter

Vieles an der Figur des Daikoku bleibt nach wie vor rätselhaft. Woher rührt bei·spiels·weise die Tatsache, dass Daikoku stets von Mäusen begleitet wird?

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Daikoku ver·anstaltet ein Wagen·rennen mit Mäusen.
Auch ein weiteres Attribut Daikokus ist dar·gestellt, der Rettich (Daikon), der hier als Wagen dient.
Neujahrsbild von Kawanabe Kyōsai, 19. Jh.
Auch ein weiteres Attribut des Daikoku ist dargestellt, der Rettich (daikon), der hier als Wagen dient.
Werk von Kawanabe Kyōsai (1831–1889). Meiji-Zeit. National Museums for Asian Art, Freer Gallery of Art.

Die Maus dient Daikoku heute ganz „offiziell“ als Tiergefährte, sie hat aber auch einen Bezug zu Ōkuninushi, der, wie wir gesehen haben, oft mit Daikoku identfiziert wurde. Im

Kojiki 古事記 (jap.)

„Aufzeichnung alter Begebenheiten“; älteste jap. Chronik (712)

Text

Der Begriff „Kojiki“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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wird er·zählt, dass dieser Gott von seinem Vater

Susanoo 須佐之男/素戔男 (jap.)

mytholog. Gottheit; Trickster-Gott, Sturmgott, Mondgott; Bruder der Amaterasu

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ver·stoßen wurde und es erst nach zahl·reichen Prüfungen und Aben·teuern schaffte, das Erbe Susanoos an·zu·treten. Eines dieser Aben·teuer be·stand darin, dass Ōkuninushi einem Steppen·brand ent·kommen musste, den sein Vater gelegt hatte. In·mitten der Flammen erschien eine Maus und zeigte Ōkuninushi ein Erd·loch, in das er sich verkroch und überlebte.

Im Südosten Kyotos befindet sich ein alter Schrein namens Ōtoyo Jinja, der für seine zahl·reichen Tier·wächter bekannt ist. Zu diesen zählen auch zwei Mäuse. Sie be·wachen jedoch keinen Daikoku Schrein, sondern einen Zweigschrein, der dem Ōkuninushi geweiht ist.

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Schrein des Ōkuninushi // Schrein (Stein); Ōkuninushi Schrein, Kyoto // Bild © Craig Fryer, 2007 (letzter Zugriff: 2020/8/4) // Schrein des Ōkuninushi mit einem torii im Vordergrund, bewacht von zwei Mäusestatuen.
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Ōkuninushi Schrein in Kyoto, bewacht von zwei Mäusen

Ist nun Daikokus Maus ein Hinweis auf seine Verwandtschaft mit Ōkuninushi? Oder erklärt sich ihre Bedeutung doch eher aus Daikokus Funktion in der Tempelküche: Etwa, dass eine Gott·heit, die die Nahrung schützt, einen Ein·fluss auf Mäuse haben muss, die die Nahrung vernichten? Oder ist die Maus auf den verschlungenen Wegen des Mahakala an die Seite Daikokus gelangt?


Anmerkungen

  1. Shusse suru (wtl. „in die Welt treten“) ist heute im Sinne von „aufsteigen“, „Karriere machen“ gebräuchlich. Ursprünglich bezog sich der Ausruck aber auf das In-die-Welt-treten eines Buddhas. Somit könnte Shusse Daikoku ursprünglich die Gestalt bedeutet haben, die Daikoku in der sichtbaren Welt annimmt (im Unterschied zu seiner eigentlichen Buddhagestalt). Die geläufigere Auslegung des Namens Shusse Daikoku besagt jedoch, dass ein solcher Daikoku hilfreich sein kann, selbst in der Welt Karriere zu machen.
  2. Kala kann sowohl „schwarz“ als „Zeit“ heißen und es besteht Un·einig·keit, was im origi·nalen Sanskrit·namen gemeint ist. In Ostasien entschied man sich jedenfalls bei der Über·setzung für „schwarz“.
  3. Iyanaga 2002, S. 547–48.
  4. Mönche beider Richtungen trugen entscheidend zur Entstehung des sogenannten Miwa-ryū Shinto bei. Es handelt sich dabei um eine nach Modellen des esoterischen Buddhismus geformte Shinto-Schule, die in gewissen elitären Zirkeln des Mittelalters und der frühen Neuzeit kursierte.
  5. Im speziellen handelt es sich um sogenannte Yakshas oder Rakshas. Himalayan Art erklärt dazu:

    Mahakala is a category of Tantric Buddhist deity. His primary function is as a protector (Dharmapala) and specifically the primary Wisdom Protector of Himalayan and Tibetan Buddhism. There are dozens of different variations and forms of Mahakala. He is typically in wrathful appearance following the Indian model of a Raksha demon. In most occurrences and uses of Mahakala, he is paired with a meditational deity [...]. In most cases Mahakala is an emanation, or wrathful aspect, of the principal meditational deity that he is associated with.

    Mahakala Main Page [2011/4]

    Rakshas oder
    rākṣasa राक्षस (skt., m.)

    indischer Dämon (jap. rasetsu 羅刹)

    Geist

    Der Begriff „rakshasa“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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    sind in den ältesten indischen Texten, den Veden, menschenfressende Dämonen, die in den komplizierten Kämpfen innerhalb des indischen Pantheons einen Teil des Fußvolks darstellen. Sie werden oft in einem Atemzug mit den
    yakṣa यक्ष (skt., n.)

    übernatürliches Wesen, Geist, Dämon (jap. yasha 夜叉)

    Geist

    Der Begriff „yaksha“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

    genannt, die ebenfalls eine niedere kriegerische Kaste darstellen (beide sollen aus Brahmas Fuß entstanden sein). Schon in den Veden werden Rakshas mitunter „zum Guten“ bekehrt und bewähren sich dann als tüchtige Kämpfer. Sie werden auch als ehemalige indische Lokalgottheiten interpretiert. Beide Dämonenrassen können auch weiblich sein. Der japanische Buddhismus kennt die Rakshas unter der Bezeichnung
    rasetsu 羅刹 (jap.)

    von skt. rakshasa; menschenfressende Dämonenrasse des indischen Pantheons

    Geist

    Der Begriff „rasetsu“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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    , eine Frühform der japanischen
    oni(jap.)

    Dämon, „Teufel“; in sino-japanischer Aussprache (ki) ein allgemeiner Ausdruck für Geister

    Geist

    Der Begriff „oni“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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    Bilder

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    . Yakshas kommen im Buddhismus besser weg: Als ihr oberster Chef gilt
    Bishamon-ten 毘沙門天 (jap.)

    Himmelswächter des Nordens, Glücksgott; abgeleitet von einem indischen Gott des Reichtums, Vaishravana

    Der Begriff „Bishamon-ten“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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    , der Wächter des Nordens.

  6. Zitiert nach Himalayan Art [2011/4]
  7. Yamamoto 1998, S. 126
Religion in JapanIkonographie
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„Die rätselhafte Karriere des Daikoku.“ In: Bernhard Scheid, Religion-in-Japan: Ein digitales Handbuch. Universität Wien, seit 2001