Dämonen und Kobolde

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Dämonen und Kobolde

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Geister sind in der japanischen Kultur allgegenwärtig. Heute bezeichnet man sie gern als yōkai [yōkai (jap.) 妖怪 Fabelwesen, Geisterwesen, Gespenster], doch gibt es auch ältere Sammelbezeichnungen wie etwa hyakki [hyakki (jap.) 百鬼 wtl. „hundert Geister“; Sammelbezeichnung für Geisterwesen], wtl. „hundert Geister“. Das Zeichen ki 鬼 steht hier, in seiner sino-japanischen Aussprache, für Geisterwesen aller Art.In der Lesung oni [oni (jap.) Dämon, „Teufel“; in sino-japanischer Aussprache (ki) ein allgemeiner Ausdruck für Geister] bezeichnet dasselbe Zeichen eine konkretere Figur, die ich am ehesten als „Dämon“ klassifizieren würde, die aber in manchen Fällen auch einem Kobold, also einem vergleichsweise harmlosen Geistwesen entspricht. Auf jeden Fall handelt es sich um Geister, die zwar menschenähnliche Züge besitzen, aber nicht, wie die Totengeister (yūrei [yūrei (jap.) 幽霊 Totengeist]), aus verwandelten Menschen hervorgegangen sind.1 Das trifft auch auf die Wassergeister kappa [kappa (jap.) 河童 Flussgeist, wtl. „Flussjunge“] zu, die auf dieser Seite ebenfalls genauer vorgestellt werden sollen.

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Oni, Gestalt und Herkunft

Oni sind von menschenähnlicher Gestalt, tragen jedoch Hörner, raubtierartige Zähne und Krallen. Ihre Haut ist manchmal feuerrot, manchmal aber auch grün oder blau. Der typische oni ist außerdem mit einem eisenbeschlagenen Knüppel (kanabō [kanabō (jap.) 金棒 mit Spitzen versehener Knüppel oder Schlagstock, der im feudalen Japan als Waffe von Samurai gebraucht wurde (in der Mythologie auch von oni)]) und einem Lendenschurz aus Tigerfell ausgestattet.

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1 Blauer oni
Darstellung der Legende des „Knaben vom Schneeberg“ (Sekizan dōji). Es handelt sich dabei um eine frühere Existenz des Buddhas Shakyamuni, der sich einem Dämon (oni) in den Bergen des Himalaya zum Fraß anbietet.
Werk von Soga Shōhaku (1730–1781). Edo-Zeit, 1764. Bildquelle: Muian, über Internet Archive.

Diese Ikonographie geht auf buddhistische Dämonen zurück, die sich bis zu den indischen rakshasa [rākṣasa (skt.) राक्षस indischer Dämon (jap. rasetsu 羅刹)] (jap. rasetsu [rasetsu (jap.) 羅刹 von skt. rakshasa; menschenfressende Dämonenrasse des indischen Pantheons]) zurückverfolgen lassen. Manche dieser Dämonen sind Gegenspieler des Buddhismus und haben z.B. die undankbare Aufgabe, den Vier Himmelswächtern (Shi-Tennō [Shi-Tennō (jap.) 四天王 wtl. Vier Himmelskönige, die aber eher als Himmelswächter auftreten und jeweils eine Himmelsrichtung beschützen; angeführt von Bishamon-ten, dem Wächter des Nordens; der Ausdruck wird auch für diverse Gruppen von vier Kriegern angewendet]) als Podest zu dienen (ama no jaku [ama no jaku (jap.) 天邪鬼 buddhistischer Dämon, wtl. „böser Himmelsgeist“]). Andere verdingen sich als Folterknechte (gokusotsu [gokusotsu (jap.) 獄卒 Folterknechte der buddhistischen Hölle]) in der buddhistischen Hölle (jigoku [jigoku (jap.) 地獄 wtl. „[unter]irdischer Kerker“, buddhistische Hölle]; s. dazu auch Höllen und Höllenbilder).

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2 Oni als Podest
Zōjō-ten, der Wächter des Südens aus der Gruppe der Vier Himmelskönige (Shi-Tennō). Als Podest dient ihm ein dämonisches Wesen aus der indischen Mythologie, das in Japan als rasetsu oder ama no jaku bezeichnet wird.
Nara-Zeit, 8. Jh. Bildquelle: unbekannt.

Das Dämonentor

Neben indisch-buddhistischen Geistervorstellungen hat die chinesische Naturphilosophie mindestens ebenso starke Einflüsse auf japanische oni-Vorstellungen ausgeübt, wobei sich beide Traditionen rasch vermischten. Der chinesischen Geomantik zufolge kommen böse Geister oder Dämonen üblicherweise aus dem Nordosten. Diese Himmelsrichtung wird daher auch als „Dämonentor“ (kimon [kimon (jap.) 鬼門 „Dämonentor“, Nord-Osten; nach alter Vorstellung die Richtung, aus der die Dämonen kommen]) bezeichnet. Im japanischen Altertum wurde diese Vorstellung so ernst genommen, dass man sich bemühte, den Nordosten von Städten und Palästen mit buddhistischen Institutionen zu besetzen. In Kyōto erhielt etwa der Klosterberg Hiei [Hiei-zan (jap.) 比叡山 Klosterberg Hiei bei Kyōto, traditionelles Zentrum des Tendai Buddhismus] im Nordosten der Stadt die Funktion zugesprochen, böse Geister abzuwehren.

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3 Toriyamas oni
Der beigefügte Text erklärt den Zusammenhang zwischen dem Aussehen des oni und der Himmelsrichtung ushi-tora (Rind-Tiger = NW = „Dämonentor“).
Werk von Toriyama Sekien. Edo-Zeit, 1779. British Museum.

Der Edo-zeitliche Maler und Gespensterforscher Toriyama Sekien [Toriyama Sekien (jap.) 鳥山石燕 1712–1788; Künstler und Gelehrter; vor allem bekannt für seine illustrierten Gespenster-Enzyklopädien] leitete aus dem geomantischen Glauben an das Dämonentor eine durchaus einleuchtende Begründung für das spezifische Aussehen der oni ab. Er wies darauf hin, dass die tierischen Elemente der oni vor allem dem Rind und dem Tiger entnommen sind. Zugleich bezeichnet man den Nordosten im System der Tierkreiszeichen, das auch in der traditionellen Kalenderkunde angewendet wird, als ushitora [ushitora (jap.) 丑寅 wtl. Rind-Tiger; bezeichnung für den Nord-Osten im System der Tierkreiszeichen], also wörtlich als „Rind-Tiger“. Insofern ist es nach Toriyama nur natürlich, dass die Dämonen, die aus der „Rind-Tiger“ Richtung kommen, auch das Aussehen von „Rind-Tigern“ haben.

Wie bereits erwähnt finden sich Rinderhörner und Tigerfell-Tangas auch bei hinduistischen und buddhistischen Dämonen. Doch enthält Toriyamas Begründung, unabhängig von ihrer historischen Stichhaltigkeit, einen indirekten Hinweis auf die Vermischung von buddhistischen und nicht-buddhistischen Traditionen. Man kann daher davon ausgehen, dass der charakteristische japanische oni nicht nur buddhistische, sondern auch chinesische Elemente in sich aufgenommen hat.

„Böse“ oni

Insbesondere die buddhistisch-stämmigen oni lassen sich leicht mit christlichen Teufeln vergleichen, da sie beide in der Hölle beheimatet sind. Die religiösen Ideologien unterscheiden sich jedoch: Während christliche Teufel „böse“ sind und dem Willen Gottes zuwiderhandeln, sind die buddhistischen Folterknechte ein „notwendiges Übel“ und tun nichts anderes als ihre Pflicht (zumindest solange sie ihren Dienst in der Hölle verrichten). Psychologisch macht das aber kaum einen Unterschied: Oni sind, wie Teufel, Gegenspieler der Menschen und werden dementsprechend als Menschen mit tierischen Deformationen (Hörner, Reißzähne, Klauen) dargestellt.

Der Menschfresser Shuten Dōji

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4 Shuten Dōji
Das Bild stammt aus einer Serie über die Heldentaten des Minamoto no Yorimitsu, deren berühmteste darin besteht, dass er mit seinen vier Getreuen den menschenfressenden Dämon (oni) Shuten Dōji zu Fall bringt.
Werk von Torii Kiyomasu. Edo-Zeit, um 1700. Museum of Fine Arts, Boston.

In der japanischen Sagenwelt begegnet man darüber hinaus existenziell „bösen“ oni. Sie treten bereits in den ältesten bekannten Märchen und Legenden Japans aus der Heian [Heian (jap.) 平安 auch Heian-kyō 平安京, „Stadt des Friedens“; politisches Zentrum 794–1185 (= Heian-Zeit)]-Zeit auf. Hierin ist immer wieder von menschfressenden Dämonen die Rede, die in erster Linie Frauen „mit einem Biss“ verschlingen. Die berühmteste dieser Menschenfresser-Geschichten handelt von einem oni namens Shuten Dōji [Shuten Dōji (jap.) 酒顛童子 wtl. etwa Sauf-Knabe; berüchtigter Dämon (oni) der Heian-Zeit]. Er haust in den Bergen und raubt vorzugsweise adelige Frauen, die er versklavt, missbraucht und schließlich auffrisst. Erst dem tapferen Krieger Minamoto no Yorimitsu [Minamoto no Yorimitsu (jap.) 源頼光 948–1021, auch Minamoto Raikō; Krieger aus der Dynastie der Minamoto; zusammen mit seinen vier Vasallen, die auch als Shi-Tennō bezeichnet werden, ist er Held zahlreicher Legenden] und seinen vier Vasallen gelingt es nach vielen Abenteuern, Shuten Dōji zur Strecke zu bringen. Diese Geschichte, die in manchen Details bemerkenswerte Ähnlichkeiten mit dem Kampf des griechischen Helden Odysseus [Odysseus (west.) Ὀδυσσεύς griechische Sagenfigur, bekannt durch seine Rolle im Kampf um Troja (Illias) und seine Irrfahrten (Odyssee)] und dem Zyklopen Polyphem aufweist,2 existiert in unzähligen Varianten. Sie präsentiert den oni als einen Dämon, der absolut böse und gefährlich, jedoch — im Gegensatz zum Teufel — nicht unsterblich ist.

Der Dämonen-Töter Shōki

Ein anderer Dämonen-Töter ist Shōki [Shōki (jap.) 鍾馗 legendärer chin. Dämonen-Töter; eigentlich ein Dämon (oni), der selbst Dämonen tötet; wird auf eine Figur aus der Tang-Zeit zurückgeführt; chin. Zhongkui], eine Figur, die direkt aus dem chinesischen Legendengut stammt und sich vor allem im Japan der Edo [Edo (jap.) 江戸 Hauptstadt der Tokugawa-Shōgune, heute: Tōkyō; auch: Zeit der Tokugawa-Dynastie, 1600–1867 (= Edo-Zeit);]-Zeit großer Beliebtheit erfreute. Seine Geschichte wird in verschiedenen Varianten erzählt, die bekannteste besagt jedoch, dass Shōki (chin. Zhongkui [Zhongkui (chin.) 鍾馗 legendärer chin. Dämonen-Töter in Gestalt eines chin. Beamten; eigentlich ein Dämon, der selbst Dämonen tötet; wird auf eine Figur aus der Tang-Zeit zurückgeführt; jap. Shōki]) selbst zu einer Art Geist wurde, nachdem er aus Verzweiflung über eine nicht anerkannte Beamtenprüfung Selbstmord begangen hatte. Allerdings blieb er dem kaiserlichen Regime treu und versuchte, den Kaiser als eine Art Leibwächter in der unsichtbaren Welt vor den Attacken anderer Geister zu bewahren. In dieser Funktion offenbarte er sich dem Tang [Tang (chin.) chin. Herrschaftsdynastie, 618–907]-Herrscher Xuanzong [Xuanzong (chin.) 玄宗 685–772; Tang-zeitl. Herrscher (r. 712–756); repräsentiert Glanzzeit und beginnenden Verfall der Tang-Dynastie], als dieser krank darniederlag. In einem Traum sah Xuanzong einen kleinen roten Kobold, der von einem großen dunklen Dämon gefangen und gefressen wurde. Der große Dämon gab sich danach als Shōki zu erkennen. Als der Kaiser erwachte, war er genesen. Zum Dank rehabilitierte er Shōki und verlieh ihm posthum den gebührenden Beamtenrang.3 Es ist diese kaiserliche Traumszene, in der Shōki üblicherweise in der japanischen Ikonographie präsent ist: Eine mächtige, dunkel gekleidete Figur mit wildem Bart, einer chinesischen Beamtenkappe und großen Stiefeln, mit einem oder mehreren kleinen oni in der einen und einem Schwert in der anderen Hand. Seine Bilder wurden u.a. als Talismane gegen Krankheiten eingesetzt.

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5
Shōki, der Dämonen-Töter mit rotem oni.
Werk von Utagawa Kuniyoshi. Edo-Zeit. Richard Kruml, London.
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Shōki, der Dämonen-Töter, in der ältesten bekannten Darstellung Japans. Die Abbildung hält sich sehr genau an die chin. Legende vom Traum des kranken Kaisers Xuanzong, in dem dieser sah, wie Shōki (chin. Zhongkui) einen kleinen roten oni, der im kaiserlichen Palast sein Unwesen trieb, zunächst packte, ihm dann die Augen ausriss und ihn schließlich verschlang. Nachdem der Kaiser erwachte, war er genesen. Shōki hatte ihn also von einem Krankheitsdämon befreit. Das Bild war einst Teil einer Querbildrolle mit dem Namen hekija-e, „Bilder von der Vernichtung des Übels“. Dargestellt sind Gottheiten, die Krankheiten effektvoll bekämpfen, darunter auch eine ungewöhnliche Darstellung von Bishamon-ten. Es wird angenommen, dass ein Zusammenhang zu den Höllenbildern und Krankheitsbildern aus der Zeit des Ex-Kaisers Go-Shirakawa besteht.
Heian-oder Kamakura-Zeit, 12. Jh. Wikimedia Commons.
Japanische Darstellungen des Shōki

Komische oni

Vorlage:Sidebox3 Abgesehen von den bösen und gefährlichen oni gibt es bereits im dreizehnten Jahrhundert Darstellungen von oni, die eher tölpelhaft als dämonisch wirken und in dieser Hinsicht stark an den Teufel in deutschen Märchen erinnern. So erzählt ein Märchen von einem alten Holzsammler mit einer entstellenden Beule, der zufällig Zeuge eines nächtlichen Festes der oni wird. Sie feiern, trinken und tanzen „ganz wie wir Menschen“. Nur ihr ästhetischer Geschmack ist ein anderer: Als die oni den Holzsammler entdecken, nehmen sie seine Beule als Pfand, damit er wieder zu ihnen zurückkommen muss. Auf diese Weise wird der Alte von seiner Entstellung befreit. (s. die Übersetzung der Geschichte.)

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7 Oni als Bettelmönch
Das Bild kombiniert zwei der beliebtesten Motive des ōtsu-e-Genres: Das Glyzinien-Mädchen und den oni als Bettelmönch (oni no nenbutsu). Während das erste Motiv wahrscheinlich örtlichen Schrein-Tänzen aus Ōtsu entstammt, beinhaltet das oni-Motiv eine Kritik an buddhistischen Bettelmönchen, die sich selbst bereichern. Utamaro gestaltet das Mädchen im gängigen ukiyo-e-Stil, während der Dämon strikt dem ōtsu-e Genre folgt. Wie bei damaligen Bettelmönchen üblich, hat er einen Gong umgeschnallt und hält in der linken Hand ein Büchlein, in das die Namen seiner Spender eingetragen werden können. Außerdem ist er mit einem Regenschirm ausgestattet. Schließlich hat Utamaro neben dem Oni auch noch eine für die ōstu-e charakteristische Signatur eingefügt: „Matabei, Schüler des Tosa Mitsunobu“.
Werk von Kitagawa Utamaro. Edo-Zeit. Museum of Fine Arts, Boston.
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8 Oni mit Shamisen
Japanischer Dämon (oni) mit Sake-Flasche und shamisen in der volkstümlichen Darstellung der ōtsu-e.
Edo-Zeit. Scan aus Otsue 2007, S. 115.

Wie sich in diesem Märchen bereits andeutet, haben sich die furchteinflößenden Züge der oni mit der Zeit immer mehr abgenützt, sie werden zunehmend eher als ruppige Barbaren denn als schreckliche Monster dargestellt. Ein typisches Beispiel dafür findet sich ab dem 17. Jahrhundert in den ōtsu-e [ōtsu-e (jap.) 大津絵 Souvenirbilder aus Ōtsu; populäres Bild-Genre der Edo-Zeit], einem Genre von einfachen Bildern, die sich ursprünglich aus Souvenirs der Stadt Ōtsu [Ōtsu (jap.) 大津 Stadt am Biwa-See; ehemals wichtige Station der Überlandroute Tōkaidō] am Biwa [Biwa-ko (jap.) 琵琶湖 Biwa-See; größter Süßwassersee Japans mit 3174 km², in der Präfektur Shiga gelegen; sein Name rührt der Legende nach von seiner Form her, die einer biwa — einer japanischen Laute — gleicht]-See entwickelten. Das bekannteste ōtsu-e-Motiv heißt oni no nenbutsu [oni no nenbutsu (jap.) 鬼の念仏 Bettelmönch in Gestalt eines oni; Motiv der ōtsu-e; wtl. Anrufung des Buddha [Amida] durch einen oni], also Anrufung des Buddha (nenbutsu [nenbutsu (jap.) 念仏 Anrufung des Namens von Buddha Amida, Gebetsformel der Amida-Anhänger]) durch einen oni, und zeigt einen oni im Gewand eines Bettelmönchs. Manchen Bildern ist auch ein Vers eingeschrieben, der besagt, dass ein oni zum Vorschein kommt, wenn ein Mönch nicht aufrichtigen Herzens ist. Das Motiv selbst wurde häufig von ukiyo-e [ukiyo-e (jap.) 浮世絵 „Bilder der fließenden Welt“, populäre Farbholzschnitte der Edo-Zeit]-Künstlern zitiert. Ein ähnliches ōtsu-e zeigt einen oni mit Sake-Flasche, der shamisen [shamisen (jap.) 三味線 dreisaitige Langhalslaute, die mit einem großen Plektron gezupft wird] spielt. Auch diesem Motiv liegt ein moralisierender Vers zugrunde, der besagt, dass man beim Trinken stets einem oni ausgeliefert ist. In beiden Fällen wirken die oni durch ihre karikaturhaften Züge eher komisch als dämonisch.

Oni wa soto

Noch heute findet man in Japan ländliche Volksfeste (matsuri [matsuri (jap.) religiöses (Volks-)Fest]), die erstaunlich stark an „Perchtenläufe“ und ähnliche Prozessionen teufelartiger Gestalten im alpinen Raum erinnern. Meist finden diese Feiern zu Beginn des Neuen Jahres statt. Im Schutz von oni-Masken richten Gruppen von Burschen Schabernack an, der in manchen Fällen ziemlich aufdringlich und unangenehm werden kann, aber nur auf den Festtag beschränkt ist. In Japan wie in Europa verkörpern diese Masken den Winter, der rituell vertrieben werden soll.

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9Oni wa soto, fuku wa uchi...“
Illustration des volkstümlichen Brauches, die oni zum setsubun-Fest mit Bohnen aus dem Haus zu treiben um das Glück einzuladen. Das Glück ist hier in Form der Göttin Otafuku dargestellt.
Werk von Shibata Zeshin (1807–1891). Hatena Fotolife, Etsuko and Joe Price Collection.

Während derartige archaisch wirkende Bräuche in Mitteleuropa auf den ländlichen Raum beschränkt sind, gibt es die Winter-Dämonen-Austreibung in abgeschwächter Form auch im modernen urbanen Leben Japans. So weiß in Japan jedes Kind, dass man die oni an einem bestimmten Tag mit getrockneten Sojabohnen aus dem Haus treiben muss. Dazu ruft man: „Oni wa soto, fuku wa uchi“ („Raus mit den oni, rein mit dem Glück“). Dieser Tag fällt nach dem modernen Kalender auf den 3. Februar und heißt setsubun [setsubun (jap.) 節分 „Trennung der Jahreszeiten“; trad. letzter Tag einer der vier Jahreszeiten; heute meist letzter Tag des Winters (3. Februar)], was nichts anderes als „Trennung der Jahreszeiten“ bedeutet. Nach dem traditionellen Kalender handelt es sich dabei um den letzten Tag des Winters. Im urbanen Raum hat diese „Teufelsaustreibung“ allerdings nur noch den Charakter eines lustigen Kinderfestes. Liebevolle Väter setzen dann eine selbstgebastelte oni-Maske auf und lassen sich von den bohnenwerfenden Kindern aus der Wohnung scheuchen (s. dazu Religion und Brauchtum im Jahreszyklus).

„Gute“ oni

Neben ihrer unfreiwilligen Komik gibt es auch das Phänomen, dass oni — wie im Übrigen fast alle japanischen Monster — zu echten Sympathieträgern werden können. Oder anders ausgedrückt: Es gibt Gestalten, die genauso wie oni aussehen, aber keineswegs böse oder feindselig sind. Dazu zählen zunächst einmal die Wind- und Donnergötter. Sie stehen für respekteinflößende Naturkräfte, die den Menschen ebenso Heil wie Unheil bringen können.

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10 Ryōgen als Dämon
Seltene Darstellung des „Gehörnten Großmeisters“ (Tsuno Daishi) als „realistischer“ oni. Die Wunschperle auf seinem Kopf identifiziert ihn als menschenfreundliche Schutzgottheit.
19. Jh. Tomoe Steineck, Martina Wernsdörfer, Raji Steineck, WegZeichen: Japanische Kult- und Pilgerbilder. Die Sammlung Wilfried Spinner (1854–1918). Zürich: VMZ (Ausstellungskatalog), Abb. 9 (mit freundlicher Genehmigung).

Vorlage:Sidebox3 Darüber hinaus gibt es einzelne oni-Gestalten, die es mit den Menschen eindeutig gut meinen. So erzählt man sich in Japan noch heute, dass der eminente Mönch Ryōgen [Ryōgen (jap.) 良源 912–985; 18. Abt (zasu) der Tendai-Schule; unter Namen wie Jie Daishi, Ganzan Daishi, Tsuno Daishi oder Mame Daishi auch als Schutzheiliger populär] (912–985) — einer der wichtigsten Patriarchen des Tendai Buddhismus [Tendai-shū (jap.) 天台宗 Tendai-Schule, chin. Tiantai] — die Hörner eines oni gehabt haben soll. Eine Legende berichtet weiter, dass Ryōgen einen Seuchengott in Gestalt eines oni bekämpfte, und dabei selbst das Aussehen eines Dämons annahm. Von da an diente die Abbildung dieses oni als Talisman (o-fuda [o-fuda (jap.) お札 Amulett oder Talisman in Gestalt eines symbolischen Zeichens, meist aus Papier; auch shinsatsu; das Zeichen 札 kann auch „Geldschein“ bedeuten, wird dann aber sinojap. satsu ausgesprochen;]), um Krankheiten und ähnliches zu verhindern — gleichsam eine homöopathische Bekämpfung von Seuchengöttern. Ryōgen wird daher im Volksmund auch als Tsuno Daishi [Tsuno Daishi (jap.) 角大師 wtl. „gehörnter Großmeister“; Beinamen des Mönchs Ryōgen in seiner Gestalt als Dämon], „Großmeister Horn“ oder „gehörnter Großmeister“ bezeichnet. Noch heute werden o-fuda mit dem Bild des Tsuno Daishi in diversen Tendai Tempeln verkauft. Man soll sie zu Neujahr an der Eingangstür oder im Flur seines Hauses aufkleben (mehr dazu ...).

In moderner Zeit hat sich ein religiöser Führer sogar selbst den seltsamen Vornamen „Dämonendiener“ (oni-saburō) zugelegt: Deguchi Onisaburō [Deguchi Onisaburō (jap.) 出口鬼三郎 1871–1948; Mitbegründer der neurel. Bewegung Ōmoto], 1871–1948, Mitbegründer der neureligiösen Richtung Ōmoto [Ōmoto (jap.) 大本 neurel. Bewegung (shinshūkyō), entstanden um 1900].

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11 oni-Dachdekor
Dachziegel des Kasuga Taisha in Form eines oni (onigawara)
Miguel Michán, flickr 2009.
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12 oni-Dachträger
Dämon (oni) als Träger des Firstbalkens eines Tempels auf Berg Kōya.
Eckehard Derschmidt, 2014 (mit freundlicher Genehmigung).

Auch auf den prächtig verzierten Dachschindeln buddhistischer Tempel grinst einem häufig eine oni-Maske entgegen (onigawara [onigawara (jap.) 鬼瓦 Dachdekorelement eines traditionellen Bauwerks in Form einer Dämonenmaske (oni)]). Oni werden auch gerne als Dachträger eingesetzt, ähnlich wie die hierzulande bekannten Atlanten. Diese Figuren verkörpern wohl keine böswillige Kraft, sondern dienen eher dem Schutz vor einer solchen. Wie schon bei den Wächtergöttern begegnet man hier dem Glauben, dass böse Geister am effektivsten von ebenso gestalteten Wächtern im eigenen Lager vertrieben werden können.

Das Aussehen allein sagt also noch nicht, ob es sich wirklich um einen böswilligen oni handelt oder nicht. Diese Ambivalenz im Auftreten der oni lässt es ratsam erscheinen, anstelle von „Teufel“ den neutraleren Begriff „Dämon“ für die Übersetzung von oni zu wählen.

Kappa, die Flussgeister

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13 Moderner kappa
Kappa-Figur aus dem Anime Kappa no Kū to natsuyasumi („Summer Days with Coo“).
Werk von Hara Keiichi. 2007. Bildquelle: unbekannt.

Kappa [kappa (jap.) 河童 Flussgeist, wtl. „Flussjunge“] werden in der modernen Manga [Manga (jap.) 漫画 wtl. „zehntausend Bilder“; ehemals eine Art von Infotainment, heute japanische Comics]-Kultur oft niedlich und putzig (jap. kawaii [kawaii (jap.) かわいい „süß“, „niedlich“; Kanji (nicht in Gebrauch): 可愛い (vgl. kawaii bunka)]) dargestellt. Es handelt sich um Kobolde, die aus einer Kombination von Affe und Schildkröte entstanden zu sein scheinen und an den Ufern von Gewässern hausen. Auf vielen Abbildungen tragen sie eine Art Schildkrötenpanzer auf dem Rücken. Ihr eigentümlichstes Merkmal ist jedoch eine Delle in ihrer Schädeldecke, die zugleich die größte Schwachstelle der kappa darstellt, denn sie muss stets mit Wasser gefüllt sein. Gelingt es also, einen kappa umzudrehen, verliert er seine Kraft. Auch soll man ihn übertölpeln können, indem man sich tief vor ihm verneigt. Erwidert er die Verbeugung, leert sich seine Delle ...

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Ein kappa steigt zwischen Lotosblüten und -blättern aus einem Teich.
Der Bildtext lautet: „Kappa, auch Kawatarō genannt.“ Kawatarō könnte man frei mit „Fluss-Hans“ oder „Fluss-Max“ ins Deutsche übersetzen.
Werk von Toriyama Sekien (1711–1788). Edo-Zeit. British Museum.
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Ein kappa fühlt sich vom blanken Hinterteil des Fischers sichtlich angezogen, vermutet er dort doch den magischen shirikodama (wtl. „Arschjuwel“). Der Fischer, der um diesen Effekt weiß, sitzt auf einer komplizierten Vorrichtung, um den kappa im richtigen Moment zu fangen.
Werk von Katsushika Hokusai (1760–1849). Edo-Zeit. Bildquelle: Muian, über Internet Archive.
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16
Ein versehentlich in einen Fluss gestürzter Donnergott (Raijin) flieht vor einem Flussgeist (kappa).
Werk von Utagawa Hirokage. Edo-Zeit, 1859. Nichibunken, Kyōto.
Kappas der Edo-Zeit

Auf älteren Darstellungen wirken kappa jedoch meist ziemlich grob und unheimlich. Man sagte ihnen nach, dass sie heimtückisch seien und insbesondere Kinder gerne ins Wasser zögen, um sie zu ertränken. Andere Quellen wissen zu berichten, dass es die kappa auf einen magischen Edelstein abgesehen haben, den sie im Anus ihrer Opfer vermuten, und diese daher nach Möglichkeit von hinten her aussaugen.

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17
Eine Perlentaucherin (ama) wird unter Wasser von zwei Flussgeistern (kappa) vergewaltigt, während eine andere halb erschreckt, halb neidisch zusieht. Vielleicht imaginiert sie sich aber auch nur selbst in sexuellem Kontakt mit den kappa. Perlentaucherinnen bzw. Fischerinnen sind ein beliebtes erotisches Sujet der Edo-Zeit, die Kombination mit kappa scheint jedoch Utamaros Idee gewesen zu sein. Der Band mit erotischen Bildern (shunga), dem diese Illustration angehört, erschien im übrigen anonym, doch sind sich Experten einig, dass die Illustrationen von Utamaro stammen.
Werk von Kitagawa Utamaro (1753–1806). Edo-Zeit. British Museum.
Utamaros kappa

Schließlich eigenen sich kappa — wie im Übrigen fast alle yōkai [yōkai (jap.) 妖怪 Fabelwesen, Geisterwesen, Gespenster] — gut für die Projektion sexueller Phantasien. Das obige „Frühlingsbild“ (shunga [shunga (jap.) 春画 wtl. „Frühlingsbilder“; Gemälde und Druckwerke mit expliziten sexuellen Darstellungen]) des berühmten Frauendarstellers Kitagawa Utamaro [Kitagawa Utamaro (jap.) 喜多川歌麿 1753–1806; ukiyo-e-Meister, vor allem für seine Frauenportraits berühmt] macht dies auf hinterhältige Weise explizit, indem bei genauerem Hinsehen unterhalb der lasziven Perlentaucherin (ama [ama (jap.) 海女 Traditionelle, japanische Fischersfrau bzw. Perlentaucherin; ursprünglich bezog sich der Ausdruck ama 海士 auf sämtliche Fischer, wobei Männer in Booten fischten, während Frauen tauchten; im Laufe der Zeit wurde ama auf Frauen eingegrenzt und dem entsprechend 海女 („Meerfrau“) geschrieben]) in der Bildmitte eine zweite im Wasser auftaucht, die von zwei kappas vergewaltigt wird.

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18 Kappa maki
Digitale Zeichnung von Sushi mit Gurken (kappa maki).
Bildquelle: Irasuto no sato.

Trotz ihres unheimlichen Charakters werden kappa auch in ländlichen Schreinen oder Volksfesten verehrt. Um sie günstig zu stimmen und die von ihnen ausgehenden Gefahren abzuwehren, werden den kappa gerne Gurken dargeboten, denn Gurken gelten als ihre Lieblingsspeise. Aus diesem Grund nennt man auch Sushi aus Reis und Gurken „kappa-Röllchen“ (kappa maki [kappa maki (jap.) かっぱ巻き mit Gurken gefüllte Sushi-Röllchen; Gurken gelten als die Lieblingsspeise der Flussgeister (kappa)]).

Verweise

Verwandte Themen

Fußnoten

  1. Nach einer etymologischen Erklärung soll sich das Zeichen 鬼 von einem Leichnam herleiten. Somit wären ki im Grunde Totengeister oder umgekehrt, alle Menschen würden nach dem Tod zu ki werden. Laut Kikuchi Noritaka entspricht dies tatsächlich der ursprünglichen chinesischen Auffassung (Kikuchi 2011, S. 19). In Japan lässt sich dennoch ein klarer ikonographischer Unterschied zwischen oni und yūrei festmachen.
  2. In Homers Odyssee landet Odysseus auf seinen Irrfahrten u.a. auf der Insel der riesenhaften Zyklopen, dringt mit einigen Gefährten in die Höhle des Polyphem ein und soll zur Strafe aufgegessen werden. Es gelingt Odysseus jedoch den Zyklopen betrunken zu machen und im Schlaf zu blenden. Auch Raikō schleicht sich bei Shuten Dōji ein, bringt Sake als Gastgeschenk und überwältigt den betrunkenen Dämon im Schlaf.
  3. S. dazu Kamigraphie, Zhong Kui.

Internetquellen

Siehe auch Internetquellen

  • Gazu hyakki yakō (jap.)
    Gespenster-Enzyklopädie von Toriyama Sekien auf Wikipedia. Über Wikipedia Japan sind die Illustrationen aller vier Bände zu betrachten.
  • The Obakemono Project (Web-Archive), S.H. Morgan (en.)
    Gut recherchierte japanische Gespensterkunde, teilweise im Manga-Stil illustriert.


Letzte Überprüfung der Linkadressen: Jul. 2020

Literatur

Siehe auch Literaturliste

Kikuchi Noritaka 菊地章太, Sōgi to Nihonjin: Ihai no hikaku shūkyō-shi 葬儀と日本人: 位牌の比較宗教史. Tokyo: Chikuma Shobō, 2011.
Noriko Reider, Japanese Demon Lore: Oni from Ancient Times to the Present. Logan: Utah State University Press, 2010.
Royall Tyler (Ü.), Japanese Tales. New York: Pantheon Books, 1987.

Bilder

Quellen und Erläuterungen zu den Bildern auf dieser Seite

  1. ^ 
    Oni shohaku.jpg
    Darstellung der Legende des „Knaben vom Schneeberg“ (Sekizan dōji). Es handelt sich dabei um eine frühere Existenz des Buddhas Shakyamuni, der sich einem Dämon (oni) in den Bergen des Himalaya zum Fraß anbietet.
    Werk von Soga Shōhaku (1730–1781). Edo-Zeit, 1764. Bildquelle: Muian, über Internet Archive.
  2. ^ 
    Zochoten.jpg
    Zōjō-ten, der Wächter des Südens aus der Gruppe der Vier Himmelskönige (Shi-Tennō). Als Podest dient ihm ein dämonisches Wesen aus der indischen Mythologie, das in Japan als rasetsu oder ama no jaku bezeichnet wird.
    Nara-Zeit, 8. Jh. Bildquelle: unbekannt.
  3. ^ 
    Oni sekien2.jpg
    Der beigefügte Text erklärt den Zusammenhang zwischen dem Aussehen des oni und der Himmelsrichtung ushi-tora (Rind-Tiger = NW = „Dämonentor“).
    Werk von Toriyama Sekien. Edo-Zeit, 1779. British Museum.
  4. ^ 
    Shuten doji kiyomasu.jpg
    Das Bild stammt aus einer Serie über die Heldentaten des Minamoto no Yorimitsu, deren berühmteste darin besteht, dass er mit seinen vier Getreuen den menschenfressenden Dämon (oni) Shuten Dōji zu Fall bringt.
    Werk von Torii Kiyomasu. Edo-Zeit, um 1700. Museum of Fine Arts, Boston.
  5. ^ 
    Shoki kuniyoshi.jpg
    Shōki, der Dämonen-Töter mit rotem oni.
    Werk von Utagawa Kuniyoshi. Edo-Zeit. Richard Kruml, London.
  6. ^ 
    Shoki heian.jpg
    Shōki, der Dämonen-Töter, in der ältesten bekannten Darstellung Japans. Die Abbildung hält sich sehr genau an die chin. Legende vom Traum des kranken Kaisers Xuanzong, in dem dieser sah, wie Shōki (chin. Zhongkui) einen kleinen roten oni, der im kaiserlichen Palast sein Unwesen trieb, zunächst packte, ihm dann die Augen ausriss und ihn schließlich verschlang. Nachdem der Kaiser erwachte, war er genesen. Shōki hatte ihn also von einem Krankheitsdämon befreit.

    Das Bild war einst Teil einer Querbildrolle mit dem Namen hekija-e, „Bilder von der Vernichtung des Übels“. Dargestellt sind Gottheiten, die Krankheiten effektvoll bekämpfen, darunter auch eine ungewöhnliche Darstellung von Bishamon-ten. Es wird angenommen, dass ein Zusammenhang zu den Höllenbildern und Krankheitsbildern aus der Zeit des Ex-Kaisers Go-Shirakawa besteht.
    Heian-oder Kamakura-Zeit, 12. Jh. Wikimedia Commons.

  7. ^ 
    Oni nenbutsu utamaro.jpg
    Das Bild kombiniert zwei der beliebtesten Motive des ōtsu-e-Genres: Das Glyzinien-Mädchen und den oni als Bettelmönch (oni no nenbutsu). Während das erste Motiv wahrscheinlich örtlichen Schrein-Tänzen aus Ōtsu entstammt, beinhaltet das oni-Motiv eine Kritik an buddhistischen Bettelmönchen, die sich selbst bereichern. Utamaro gestaltet das Mädchen im gängigen ukiyo-e-Stil, während der Dämon strikt dem ōtsu-e Genre folgt. Wie bei damaligen Bettelmönchen üblich, hat er einen Gong umgeschnallt und hält in der linken Hand ein Büchlein, in das die Namen seiner Spender eingetragen werden können. Außerdem ist er mit einem Regenschirm ausgestattet. Schließlich hat Utamaro neben dem Oni auch noch eine für die ōstu-e charakteristische Signatur eingefügt: „Matabei, Schüler des Tosa Mitsunobu“.
    Werk von Kitagawa Utamaro. Edo-Zeit. Museum of Fine Arts, Boston.
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    Oni no shamisen.jpg
    Japanischer Dämon (oni) mit Sake-Flasche und shamisen in der volkstümlichen Darstellung der ōtsu-e.
    Edo-Zeit. Scan aus Otsue 2007, S. 115.
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    Oni shibata.jpg
    Illustration des volkstümlichen Brauches, die oni zum setsubun-Fest mit Bohnen aus dem Haus zu treiben um das Glück einzuladen. Das Glück ist hier in Form der Göttin Otafuku dargestellt.
    Werk von Shibata Zeshin (1807–1891). Hatena Fotolife, Etsuko and Joe Price Collection.
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    Tsuno daishi.jpg
    Seltene Darstellung des „Gehörnten Großmeisters“ (Tsuno Daishi) als „realistischer“ oni. Die Wunschperle auf seinem Kopf identifiziert ihn als menschenfreundliche Schutzgottheit.
    19. Jh. Tomoe Steineck, Martina Wernsdörfer, Raji Steineck, WegZeichen: Japanische Kult- und Pilgerbilder. Die Sammlung Wilfried Spinner (1854–1918). Zürich: VMZ (Ausstellungskatalog), Abb. 9 (mit freundlicher Genehmigung).
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    Onigawara.jpg
    Dachziegel des Kasuga Taisha in Form eines oni (onigawara)
    Miguel Michán, flickr 2009.
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    Oni koyasan.jpg
    Dämon (oni) als Träger des Firstbalkens eines Tempels auf Berg Kōya.
    Eckehard Derschmidt, 2014 (mit freundlicher Genehmigung).
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    Kappa kawaii.jpg
    Kappa-Figur aus dem Anime Kappa no Kū to natsuyasumi („Summer Days with Coo“).
    Werk von Hara Keiichi. 2007. Bildquelle: unbekannt.
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    Kappa.jpg
    Ein kappa steigt zwischen Lotosblüten und -blättern aus einem Teich.

    Der Bildtext lautet: „Kappa, auch Kawatarō genannt.“ Kawatarō könnte man frei mit „Fluss-Hans“ oder „Fluss-Max“ ins Deutsche übersetzen.
    Werk von Toriyama Sekien (1711–1788). Edo-Zeit. British Museum.

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    Kappa hokusai.jpg
    Ein kappa fühlt sich vom blanken Hinterteil des Fischers sichtlich angezogen, vermutet er dort doch den magischen shirikodama (wtl. „Arschjuwel“). Der Fischer, der um diesen Effekt weiß, sitzt auf einer komplizierten Vorrichtung, um den kappa im richtigen Moment zu fangen.
    Werk von Katsushika Hokusai (1760–1849). Edo-Zeit. Bildquelle: Muian, über Internet Archive.
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    Kappa und Donner.jpg
    Ein versehentlich in einen Fluss gestürzter Donnergott (Raijin) flieht vor einem Flussgeist (kappa).
    Werk von Utagawa Hirokage. Edo-Zeit, 1859. Nichibunken, Kyōto.
  8. ^ 
    Kappa shunga.jpg
    Eine Perlentaucherin (ama) wird unter Wasser von zwei Flussgeistern (kappa) vergewaltigt, während eine andere halb erschreckt, halb neidisch zusieht. Vielleicht imaginiert sie sich aber auch nur selbst in sexuellem Kontakt mit den kappa. Perlentaucherinnen bzw. Fischerinnen sind ein beliebtes erotisches Sujet der Edo-Zeit, die Kombination mit kappa scheint jedoch Utamaros Idee gewesen zu sein. Der Band mit erotischen Bildern (shunga), dem diese Illustration angehört, erschien im übrigen anonym, doch sind sich Experten einig, dass die Illustrationen von Utamaro stammen.
    Werk von Kitagawa Utamaro (1753–1806). Edo-Zeit. British Museum.
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    Kappamaki.png
    Digitale Zeichnung von Sushi mit Gurken (kappa maki).
    Bildquelle: Irasuto no sato.

Glossar

Namen und Fachbegriffe auf dieser Seite

  • Edo 江戸 ^ Hauptstadt der Tokugawa-Shōgune, heute: Tōkyō; auch: Zeit der Tokugawa-Dynastie, 1600–1867 (= Edo-Zeit);
  • jigoku 地獄 ^ wtl. „[unter]irdischer Kerker“, buddhistische Hölle
  • kappa 河童 ^ Flussgeist, wtl. „Flussjunge“
  • kawaii かわいい ^ „süß“, „niedlich“; Kanji (nicht in Gebrauch): 可愛い (vgl. kawaii bunka)
  • Manga 漫画 ^ wtl. „zehntausend Bilder“; ehemals eine Art von Infotainment, heute japanische Comics
  • Minamoto no Yorimitsu 源頼光 ^ 948–1021, auch Minamoto Raikō; Krieger aus der Dynastie der Minamoto; zusammen mit seinen vier Vasallen, die auch als Shi-Tennō bezeichnet werden, ist er Held zahlreicher Legenden
  • o-fuda お札 ^ Amulett oder Talisman in Gestalt eines symbolischen Zeichens, meist aus Papier; auch shinsatsu; das Zeichen 札 kann auch „Geldschein“ bedeuten, wird dann aber sinojap. satsu ausgesprochen;
  • oni^ Dämon, „Teufel“; in sino-japanischer Aussprache (ki) ein allgemeiner Ausdruck für Geister
  • Ryōgen 良源 ^ 912–985; 18. Abt (zasu) der Tendai-Schule; unter Namen wie Jie Daishi, Ganzan Daishi, Tsuno Daishi oder Mame Daishi auch als Schutzheiliger populär
  • Shuten Dōji 酒顛童子 ^ wtl. etwa Sauf-Knabe; berüchtigter Dämon (oni) der Heian-Zeit
  • Tendai-shū 天台宗 ^ Tendai-Schule, chin. Tiantai
  • tengu 天狗 ^ wtl. Himmelshund; vogelartiger oder geflügelter Kobold, meist in den Bergen
  • Tsuno Daishi 角大師 ^ wtl. „gehörnter Großmeister“; Beinamen des Mönchs Ryōgen in seiner Gestalt als Dämon
  • yamabushi 山伏 ^ Bergasket, wtl. der in den Bergen schläft; Praktikant des Shugendō
  • yūrei 幽霊 ^ Totengeist
Religion in JapanMythen
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„Dämonen und Kobolde.“ In: Bernhard Scheid, Religion-in-Japan: Ein digitales Handbuch. Universität Wien, seit 2001