Friedhof und Grab
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Wie im Zusammenhang mit den Totenriten besprochen, wird der Körper eines Ver·storbenen meist ver·brannt. Seine Asche wird in einer Urne auf·bewahrt und schließ·lich in einem Familien·grab (haka [haka (jap.) 墓 Grab]) bei·gesetzt. Auf dem Grab·stein ist der Name der Familie deutlich ein·graviert, die übliche Auf·schrift auf Gräbern lautet: „Grab mehrer Gene·ra·tionen der Familie XY“. Die individuellen Fa·mi·lien·mitglieder sind hin·ge·gen entweder gar nicht, oder nur an der Rück·sei·te des Grab·steins ein·ge·tra·gen. Darin liegt einer der Unter·schiede zwischen Grab·stein und ihai [ihai (jap.) 位牌 Ahnentäfelchen] („Totentäfelchen“). Während ihai einem in·di·vi·duellen Ver·storbenen zugeordnet sind, re·prä·sen·tieren Grab·steine in der Regel eine ganze Familie. Die Fa·mi·lien·zu·ge·hörig·keit folgt der männ·lichen Linie. Frauen werden daher meist im Fa·mi·lien·grab ihres Mannes bei·ge·setzt.
Vorlage:Sidebox3 In Tōkyō sind derartige Fa·mi·lien·gräber meist etwas kleiner als ein durch·schnitt·liches euro·päisches Grab, ihre An·schaf·fung und Auf·recht·erhaltung bedeutet aber den·noch einen erheb·lichen Kosten·aufwand. Es gehört zu den tra·di·tionellen Pflichten des ältesten Sohnes, diese Kosten zu über·nehmen. Dem ältesten Sohn (ev. Tochter) kommt auch die Leitung der familiären Trauer·feiern beim Tod der Eltern zu.
Grabbesuch
Ähnlich wie in Europa dienen Gräber dem Gedenken an die Toten in Form von Fried·hofs·besuchen. Beim Grab·besuch (o-haka mairi [(o)haka mairi (jap.) (お)墓参り Grab- oder Friedhofsbesuch]) schmückt man das Grab mit Blumen und entzündet Räucher·stäbchen. Zuvor wird der Grab·stein rituell gereinigt, indem man ihn mit Wasser übergießt. Wieder sind es vor allem ältere Menschen, die die Pflege eines Familien·grabs übernehmen. Viele besuchen ihr Grab einmal pro Monat an einem be·stimm·ten Tag, bei·spiels·weise dem Sterbe·tag ihres Vaters oder ihrer Mutter. Zumindest einmal im Jahr, nämlich zum Bon-Fest [O-bon (jap.) お盆 Fest der Ahnen; Bon-Fest], dem Fest der Ahnen, sollte allerdings jeder sein Familien·grab aufsuchen.
Grabformen
Die Geschichte des ja·panischen Bestattungs·wesens ist äußerst wechselvoll. Auf alten Fried·höfen, beispiels·weise dem Oku-no-in auf Berg Kōya [Kōya-san (jap.) 高野山 Klosterberg südl. von Nara; sprituelles Zentrum des Shingon Buddhismus], sieht man noch die ehemals ver·brei·teten Grab·steine in gorintō [gorintō (jap.) 五輪塔 Grabsteinform; „Stupa der Fünf Elemente“]-Form, die sich als Ab·bilder von bud·dhis·tischen Stupas [stūpa (skt.) स्तूप „Hügel“, Grabmonument (jap. tō 塔 oder sotoba 卒塔婆)] verstehen, also eigen·tlich nichts anderes sind als ver·kleinerte Grab·denk·mäler des Buddha [Buddha (skt.) बुद्ध „Der Erleuchtete“ (jap. butsu, hotoke 仏 oder Budda 仏陀)] (s. Sidepage Gorintō).
An·de·rer·seits bezeichnet man auch die hölzernen Latten, die sich bisweilen als Grab·bei·gaben neben den Gräbern befinden, als sotoba [sotoba (jap.) 卒塔婆 hölzerne Grabbeigabe; abgeleitet von skt. stupa, aus dem sich auch die sino-japanische „Pagode“ (tō) entwickelte] oder tōba, was wiederum von skt. stupa ab·geleitet ist. Diese Latten tragen eine hand·ge·schrie·bene Inschrift, die u.a. den Toten·namen des Ver·stor·benen oder den Namen eines Buddhas, etc. ent·hal·ten kann. Je nach bud·dhis·tischer Richtung können auch Sanskrit·zeichen auf dem Holz ein·ge·tragen sein. Diese Grab·bei·gaben haben im Grunde dieselbe Funktion wie der Grab·stein, aller·dings sind sie natürlich nicht von so langer Dauer wie Stein·grab·mäler. Zu·meist werden sie daher am Ende der Trauer·zeit vom Grab ent·fernt und ggf. anlässlich späterer Ge·denk·feiern noch einmal auf·gestellt. Der technische Fort·schritt hat im übrigen auch vor sotobas nicht Halt gemacht: Wie die Ab·bil·dung rechts zeigt, können sie heute bereits mit Hilfe eines Computers ausgedruckt werden.
Näheres zu den Jenseits·vor·stellungen, die natürlich bei der Gestaltung der Toten- und Be·gräb·nis·riten eine wichtige Rolle spielen, findet man im Kapitel „Mythologie“.
Verweise
Verwandte Themen
Internetquellen
- Nihon no haka (jap.)
Bebilderte Da·ten·bank von Gräbern bekannter Per·sön·lichkeiten, nach ver·schie·de·nen Kriterien aufgelistet.
Bilder
- ^ Grab yanaka.jpg
- ^ Grabbeigaben aus Holz (sotoba). Der Begriff leitet sich von stupa, also dem indischen Wort für Grabmahl ab. Die Schriftzeichen in stilisiertem Sanskrit symbolisieren die Fünf Elemente: Raum, Wind, Feuer, Wasser, Erde, die auch bei anderen Stupas eine Rolle spielen.
Bildquelle: unbekannt.
Glossar
- Dainichi Nyorai 大日如来 ^ Buddha Vairocana, der „kosmische Buddha“; wtl. „Großes Licht“ oder „Große Sonne“
- (o)haka mairi (お)墓参り ^ Grab- oder Friedhofsbesuch
- Jōdo Shinshū 浄土真宗 ^ Shin-Buddhismus, bzw. Jōdo Shin-Buddhismus; wtl. „Wahre Schule des Reinen Landes“
- Shingon-shū 真言宗 ^ Shingon-Schule, wtl. Schule des Wahren Wortes; wichtigste Vertreterin des esoterischen Buddhismus (mikkyō) in Japan
Religion in Japan, Inhalt
- 一 Grundbegriffe
- 二 Bauten
- 五 Mythen
- Einleitung
- Mythologie:
- Götter des Himmels
- Götter der Erde
- Jenseits:
- Jenseits
- Geister:
- Totengeister
- Dämonen
- Tiere:
- Imaginäre Tiere
- Verwandlungskünstler
- Symboltiere
- 六 Geschichte
- Einleitung
- Altertum:
- Prähistorie
- Frühzeit
- Nara-Zeit
- Frühe kami-Kulte
- Heian-Zeit
- Saichō
- Kūkai
- Honji suijaku
- Mittelalter:
- Kamakura-Zeit
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- Nichiren Buddhismus
- Mittelalterl. Shintō
- Frühe Neuzeit:
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- 七 Essays
- Überblick
- Buddhismus, Asien:
- Arhats in China und Japan
- Vajrapani: Der Feldherr des esoterischen Buddhismus
- Bishamon-ten: Wächter und Glücksgott
- Riesen-Buddhas: Im Kampf gegen die Unbeständigkeit des irdischen Daseins
- Lokale Vorstellungen, Japan:
- Jindō und shintō: Zum Begriffsinhalt des ‚Weges der kami‘
- Ōkuninushi als heimlicher Gegenspieler der Himmlischen Götter
- Religiöse Gewalt in Japan: Blutopfer, Selbstopfer, Menschenopfer
- Unterhändler des Imaginären: Regenmachen im vormodernen Japan
- Lieber das Herz in der Hand als die Taube über dem Heer
- Feuer mit Feuer bekämpfen: Der Gehörnte Meister und sein Kult
- Hundert Geschichten: Horrorklassiker aus der Edo-Zeit
- Religion und Politik:
- Die Tenshō-Mission: Beginn einer schwierigen transnationalen Beziehung
- Yasukuni: Der Schrein des ‚friedlichen Landes‘
- Herrigels Zen und das Bogenschießen
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„Friedhof und Grab.“ In: Bernhard Scheid, Religion-in-Japan: Ein digitales Handbuch. Universität Wien, seit 2001