Gorintō: Stupa der Fünf Elemente
G orintō, wtl. „stupa der Fünf Ringe“, ist eine traditionelle Form japanischer Grabmonumente. Bis zur Meiji-Zeit waren die meisten Grabsteine im gorintō-Stil gestaltet. Ursprünglich leiten sich die gorintō ebenso wie die landläufigen japanischen Pagoden von den Stupas, also den Grabmonumenten des Buddha ab. Die fünf Abschnitte (gorin, wtl. „Fünf Ringe“) verkörpern die Fünf Elemente des Buddhismus.


Wikimedia Commons, Frank Gualtieri, 2006
Symbolik


- Raum (Juwel)
- Wind (Halbkreis)
- Feuer (Dreieck)
- Wasser (Kreis)
- Erde (Viereck)
Die Fünf Elemente repräsentieren die Bestandteile, aus denen sich das gesamte Universum zusammensetzt. Diese Konzeption weist zwar viele Parallelen zu den chinesisch-daoistischen Fünf Elementen bzw. den Fünf Wandlungsphasen auf, scheint aber unabhängig davon bereits in vor-buddhistischer Zeit von der indischen Naturphilosophie entwickelt worden zu sein. Rund um die Zahl Fünf hat sich eine reiche symbolische Bedeutungsvielfalt herausgebildet. So sind die fünf Elemente z.B. jeweils mit einer Himmelsrichtung verbunden. Sie können auch durch Sanskritzeichen (jap, shuji, wtl. „Samen-Zeichen“ oder bonji 梵字) repräsentiert werden, die auf der Grafik rechts in japanischer Aussprache und in Sanskrit-Aussprache (in Klammer) wiedergegeben sind.
Geschichte
Gorintō wurden wahrscheinlich in der späten Heian-Zeit vom esoterischen Buddhismus (Shingon-shū, Tendai-shū) entwickelt und sind eng mit dem Kosmos des Dainichi Nyorai verknüpft. Die ältesten bekanntesten Beispiele stammen aus der Mitte des 12. Jahrhunderts. Zu dieser Zeit hatten sie sich in den meisten Richtungen als Grabmonument etabliert, lediglich der Amida-Buddhismus (Jōdo-shū, Jōdo Shinshū) scheint nie davon Gebrauch gemacht zu haben.


© Bernhard Scheid, flickr, 2018


© Kyoto o kanjiru hibi, 2006


© Gregor Hohpe, flickr 2006
Verweise
Internetquellen
Eine Orientierung in der Verwendung von Sanskritzeichen im japanischen Buddhismus fand ich (leider nur auf Japanisch) bei:
- Bonji jiten (Tobifudō)
Sanskritzeichenlexikon einer empfehlenswerten Website des Tempels Shōbōin in Tōkyō. - Iida sekizai
Website eines Bestattungsunternehmens.
Bilder
Quellen und Erläuterungen zu den Bildern auf dieser Seite:
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Grabmonument im gorintō-Stil des Mönchs Eison (1201–1290), eines Reformers des Shingon-Buddhismus. Zählt mit dreieinhalb Metern zu den größten Exemplaren seiner Art. 1290
© J-Blog, 2010 - ^
Das Monument in Form eines gorintō-Grabsteins ist mit deutlich erkennbaren Sanskrit-Zeichen versehen, die die fünf Elemente der buddhistischen Naturlehre symbolisieren. Es befindet sich auf dem Mimizuka ("Ohrenhügel") in Kyōto, wo die Nasen und Ohren der koreanischen Kriegsgegner, die im Zuge von Toyotomi Hideyoshis Korea-Invasion (1592–98) getötet wurden, beigesetzt sind. Zugleich ein Zeichen des Triumphes und der Bitte um Vergebung. errichtet 1773
Wikimedia Commons, Frank Gualtieri, 2006 - ^
Grabanlage der Familie Kuroda, die in der Edo-Zeit über das Daimyat Fukuoka, heute Teil der Präfektur Fukuoka im Norden Kyushus herrschten. Die Grabsteine sind im klassischen gorintō-Stil gehalten. Die Anlage befindet sich auf dem Gelände des Tempels Tōchō-ji, des ältesten Shingon-Tempels auf Kyushu. Der zentrale Grabstein birgt die Urne des zweiten Kuroda Daimyo, Tadayuki (1602–1654), der ein großer Förderer dieses Tempels war. Edo-Zeit
© Bernhard Scheid, flickr, 2018
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Grab des Toyotomi Hideyoshi (1537-1598) im gorintō-Stil (Meiji-zeitliche Rekonstruktion). 1898
© Kyoto o kanjiru hibi, 2006 - ^
Bemooste Grabsteine im gorintō-Stil in der berühmten Grabanlage auf Berg Kōya.
© Gregor Hohpe, flickr 2006
Glossar
Namen und Fachbegriffe auf dieser Seite:
- Dainichi Nyorai 大日如来 ^ Buddha Vairocana, der „kosmische Buddha“; wtl. „Großes Licht“ oder „Große Sonne“
- Jōdo Shinshū 浄土真宗 ^ Shin-Buddhismus, bzw. Jōdo Shin-Buddhismus; wtl. „Wahre Schule des Reinen Landes“
- Shingon-shū 真言宗 ^ Shingon-Schule, wtl. Schule des Wahren Wortes; wichtigste Vertreterin des esoterischen Buddhismus (mikkyō) in Japan
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- Jindō und shintō: Zum Begriffsinhalt des ‚Weges der kami‘
- Ōkuninushi als heimlicher Gegenspieler der Himmlischen Götter
- Religiöse Gewalt in Japan: Blutopfer, Selbstopfer, Menschenopfer
- Unterhändler des Imaginären: Regenmachen im vormodernen Japan
- Lieber das Herz in der Hand als die Taube über dem Heer
- Feuer mit Feuer bekämpfen: Der Gehörnte Meister und sein Kult
- Hundert Geschichten: Horrorklassiker aus der Edo-Zeit
- Religion und Politik:
- Die Tenshō-Mission: Beginn einer schwierigen transnationalen Beziehung
- Yasukuni: Der Schrein des ‚friedlichen Landes‘
- Herrigels Zen und das Bogenschießen
- Bilder, Glossare
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„Gorintō: Stupa der Fünf Elemente.“ In: Bernhard Scheid, Religion-in-Japan: Ein digitales Handbuch. Universität Wien, seit 2001