Kokugaku: Back to the roots

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Eine Folge des erwähnten Einflusses neo-konfuzianischer Gedanken in der

Edo 江戸 (jap.)

Hauptstadt der Tokugawa-Shōgune, heute: Tōkyō; auch: Zeit der Tokugawa-Dynastie, 1600–1867 (= Edo-Zeit);

Ort, Epoche

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Geographische Lage

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Geographische Lage von Edo; s.a. Geo-Glossar

-Zeit war ein ver·mehrtes Interesse an Geschichte und eine neue Lese·art ge·schicht·licher Quellen. Im esoterisch-buddhistischen Diskurs des japanischen Mittel·alters durchforstete man alte Texte be·ständig nach zahlen- und zeichenmystischen Über·ein·stim·mungen mit den eigenen religiösen Lehren. Man konnte auf diese Weise auch in solchen Texten religiöse Offenbarungen finden, die ideen·ge·schicht·lich nichts mit der eigenen Richtung zu tun hatten. Buddhistische

sūtra सूत्र (skt., n.)

„Faden“, Lehrrede des Buddha, kanonische Schrift (jap. kyō 経 oder kyōten 経典)

Text

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, chinesische Klassiker und ein·heimische Mythen wurden sowohl von den An·ge·hörigen ver·schiedener buddhistischer Richtungen als auch von den frühen Shintoisten auf diese Weise fast wahl·los zur Bestätigung des jeweiligen Standpunkts herangezogen. {{w500 taimenzu2.jpg|w=400|rahmen_w=400|rahmen_h=150|top=-80 |Gelehrtentreffen }}

Unter konfuzianischem Einfluss wurde diese Praxis schrittweise in den Hinter·grund ge·drängt (obwohl auch die Anhänger

Zhu Xi 朱熹 (chin.)

1130–1200; chin. Philosoph; Begründer des Neo-Konfuzianismus

Gelehrte Person

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nicht immer ganz frei davon waren). Gegen Ende des sieb·zehnten Jahr·hunderts trat mit der „Lehre vom Alten“ (

kogaku 古学 (jap.)

„Lehre vom Alten“, neo-konfuzianische Richtung der Edo-Zeit

Schulrichtung

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) eine Denk·schule auf, die eine Ent·mystifizierung der Ge·schichte und der klassischen Schriften forderte. Man be·mühte sich darum, den ur·sprüng·lichen Sinn der klassischen Schriften wieder zu ent·decken und die Fracht der mystifizierenden Inter·preta·tionen, die sich um diese Texte ge·bildet hatten, über Bord zu werfen. Das Interesse der kogaku war dabei auf das klassische China ge·richtet, doch be·reitete sie methodisch die spätere

kokugaku 国学 (jap.)

„Lehre des Landes“, Nationale Schule, Nativismus; in der Edo-Zeit entstandene Gelehrtentradition, die ihren Fokus auf das nationale Erbe Japans richtete

Schulrichtung

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„Lehre [unseres] Landes“ (also die Lehre Japans) vor. Beide Schulen wandten sich zu·nächst der kritisch-philologischen Analyse alter Texte zu. Im Gegen·satz zu kogaku lehnte jedoch die kokugaku chinesisches Denken und chinesische Texte als „fremd“ ab und konzentrierte sich ganz auf das, was als un·ver·fälscht Japanisch wahr·ge·nommen wurde.

Die wichtigsten Vertreter der Kokugaku

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Keichū 契沖 (jap.)

1640–1701; philologischer Gelehrter, Vorläufer der kokugaku

Gelehrte Person

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(1640–1701), ein

Shingon-shū 真言宗 (jap.)

Shingon-Schule, wtl. Schule des Wahren Wortes; wichtigste Vertreterin des esoterischen Buddhismus (mikkyō) in Japan

Schulrichtung

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Mönch, gilt als Vorläufer der kokugaku. Er studiert zu·nächst das Sanskrit und seine Grammatik, bevor er sich der japanischen Klassik zu·wendet, und ent·wickelt auf beiden Gebieten eine neue Her·an·gehens·weise, die für spätere kokugaku Gelehrte wichtige An·sätze ent·hält.
Kada Azumamaro 荷田春満 (jap.)

1669–1736; kokugaku-Gelehrter

Gelehrte Person

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(1669–1736) wurde rück·blickend als der eigent·liche Begründer der kokugaku angesehen, da er 1728 um eine Ge·nehmigung zur Er·richtung einer ent·sprechenden Schule an·ge·sucht haben soll. In Azumamaros Ansuchen an das Shogunat ist explizit von dem Ziel die Rede, den alten „Weg Japans“ zu studieren, der durch die Einflüsse von Buddhismus und Konfuzianismus in Ver·gessen·heit geraten sei. Neuere Forschungen er·achten dieses Dokument zwar für eine nach·trägliche Fälschung (McNally 2005), die Ziele der Kokugaku werden darin aber in jedem Fall klar um·rissen.
Kamo no Mabuchi 賀茂真淵 (jap.)

1697–1769; kokugaku-Gelehrter

Gelehrte Person

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(1697–1769) aus der Priester·familie des Kamo Schreins erschließt die älteste japanische Gedichte-Sammlung Manyōshū. Die meisten seiner Schüler, u.a. der Dichter Ueda Akinari, führen sein be·sonderes Interesse für die älteste japanische Poetik weiter fort.
Motoori Norinaga 本居宣長 (jap.)

1730–1801; Shintō-Gelehrter der „nationalen Schule“ (kokugaku)

Gelehrte Person

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(1730–1801), ein Schüler Mabuchis, der im Brotberuf Arzt ist, wendet sich dem japanischen Mythos zu. Seine philologische Ent·schlüsselung des

Kojiki 古事記 (jap.)

„Aufzeichnung alter Begebenheiten“; älteste jap. Chronik (712)

Text

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(Kojiki-den) gilt als sein Haupt·werk und zu·gleich als intellektueller Höhe·punkt der kokugaku. Mit seiner Forschung ver·sucht er, das Denken und die Religion der alten Vor·fahren wieder·zu·erwecken. Neben seinen un·leug·baren Er·rungen·schaften auf dem Gebiet der philologischen Rekonstruktion und Analyse sind seine Studien auch von einem diffusen religiösen Sendungs·be·wusst·sein getragen.
Hirata Atsutane 平田篤胤 (jap.)

1776–1843; kokugaku-Gelehrter

Gelehrte Person

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(1776–1843) rückt den politisch-religiösen Aspekt der kokugaku weiter in den Vor·der·grund. Unter ihm mutiert die Be·wegung von einer Gelehrten·gesell·schaft zu einer politischen Initiative, aus der die ersten konkreten Pläne zur Wieder·errichtung der Tenno Herr·schaft und damit zur

Meiji 明治 (jap.)

posthumer Name von Kaiser Mutsuhito; nach ihm wird auch die Meiji-Zeit (1868–1912) benannt

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-Restauration entstehen. Wie Norinaga bemüht auch er sich um eine Wiederfindung des vorbuddhistischen Shinto.

Kokugaku und Shinto

Unter dem Einfluss der kokugaku entwickelt sich die Idee, dass Shinto seit alters her un·ver·änderlich auf die japanische Religion und Mentalität wirkt und vom Bud·dhis·mus nur über·tüncht wurde, zum Credo. Shinto und Tenno-Kult werden zu einem System ver·schmolzen, das zum Wesen der japanischen Kultur erklärt wird. Besonders inner·halb der Hirata Schule erhält die an·fäng·lich rein akademische Richtung eine explizit nationalistische Aus·richtung. Aus der Ver·klärung der Ver·gangen·heit wird eine rückwärts·gewandte, Tenno-zentristische Ideologie, die im zwanzigsten Jahr·hundert die Aus·er·wählt·heit Japans recht·fertigen und zur Legitimation der Greuel·taten des japanischen Ultra·natio·nalis·mus dienen wird. Ideen·geschicht·lich lassen sich durchaus Parallelen zur Ent·wicklung von der deutschen Romantik zum deutschen Faschismus feststellen.

Andererseits führte die Beschäftigung der kokugaku mit alten Texten zu Er·kennt·nissen, die teil·weise bis heute Geltung haben. Die Maxime der kokugaku, alte Schriften nicht als göttliche Bot·schaften, sondern als Texte von Menschen für Menschen zu lesen, enthält ein aufklärerisches Potential, durch das uns die Ge·danken der kokugaku-Gelehrten näher stehen, als die Spekulationen früherer Gelehrten·generationen. Vielleicht ist dies mit ein Grund dafür, dass das Shinto-Bild der kokugaku bis heute die gängigen Vor·stellungen von japanischer Religion prägt.

Religion in JapanGeschichte
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Kokugaku: Back to the roots.“ In: Bernhard Scheid, Religion-in-Japan: Ein digitales Handbuch. Universität Wien, seit 2001