Einführung des Buddhismus in Japan

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Einführung des Buddhismus in Japan
Bodhisattva korea.jpg
Bodhisattva Maitreya
Koreanische Statue (um 600)

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Als ge·schicht·liches Datum der Ein·führung des Bud·dhis·mus in Japan wird land·läufig die Jahres·zahl 552 an·ge·geben. Sie ent·stammt dem

Nihon shoki 日本書紀 (jap.)

Zweitältestes Schriftwerk und erste offizielle Reichschronik Japans (720)

Text

Der Begriff „Nihon shoki“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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und be·zieht sich dort auf den Besuch einer Ge·sandt·schaft aus dem korea·nischen Reich Baekje [Baekje (kor.) 百濟/백제 Ehemaliges Königreich in Korea, das sich zu seiner Blütezeit im 5. Jh. über die gesamte Westküste Südkoreas erstreckte; 660 vom benachbarten Silla erobert], die dem ja·pa·nischen Herr·scher

Kinmei Tennō 欽明天皇 (jap.)

509–571; 29. Tennō Japans; r. 540?–571; Kinmei Tennō ist ein posthumer Name; sein eig. Herrschername lautete Amekuni-oshihiraki-hironiwa 天国排開広庭

Der Begriff „Kinmei Tennō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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bud·dhis·tische Statuen und Ritual·gegen·stände über·brachte. Es existieren allerdings neben dem Nihon shoki noch andere Quellen zur offiziellen Übernahme des Buddhismus in Japan, die die Geschichte etwas anders darstellen. Am bekanntesten ist das Gangō-ji engi [Gangō-ji engi  (jap.) 元興寺縁起 Kurzbezeichnung für Gangō-ji garan engi narabini ruki shizaichō 元興寺伽藍縁起幷流記資財帳 (Gründung des Tempels Gangō-ji und Verzeichnis seiner Schätze); Tempelchronik des ersten japanischen Tempels Gangō-ji bzw. Asuka-dera] (Gründungsgeschichte des Tempels Gangō-ji [Gangō-ji  (jap.) 元興寺 Nachfolgetempel des Hōkō-ji (Asuka-dera), des ältesten japanischen Tempels (gegr. 593). Der Tempel wurde unter dem Namen Gangō-ji 718 nach Nara verlegt.]), das sein eigenes Entstehungsdatum mit dem Jahr 747 angibt. Im Folgenden werden die Berichte der beiden Quellen kurz dargestellt und verglichen. 

Nihon shoki

Im 8. Monat 552 unterrichten Boten aus dem befreundeten koreanischen Reich Baekje den japanischen Herrscher (Kinmei Tennō [Kinmei Tennō (jap.) 欽明天皇 509–571; 29. Tennō Japans; r. 540?–571; Kinmei Tennō ist ein posthumer Name; sein eig. Herrschername lautete Amekuni-oshihiraki-hironiwa 天国排開広庭]) von einer feindlichen Aktion der beiden anderen koreanischen Reiche Goryeo und Silla und bitten um die Entsendung von japanischen Hilfstruppen. Im 10. Monat folgt eine weitere Delegation aus Baekje mit diversen buddhistischen Geschenken, nämlich einer goldenen Statue des Shaka [Shaka (jap.) 釈迦 Buddha Shakyamuni, der historische Buddha; auch Shaka Nyorai], buddhistischen Bannern und mehreren Sutra-Rollen.

Be·gleitend schreibt König

Seong Wang 聖王/성왕 (kor.)

?–554; König Seong von Baekje (heute Teil Koreas), r. 523–554; auch Seongmyeong Wang 聖明王/성명왕

Der Begriff „Seong Wang“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

an Kinmei Tennō:

Die Lehre [des Buddha] ist die er·ha·benste unter allen Lehren. Doch sie ist schwer zu ver·stehen und kaum zu·gäng·lich. Selbst der Fürst von Zhou [Zhou (chin.) chin. Zhou-Dynastie (1122?–256 v.u.Z.); eingeteilt in Westliche Zhou-Dynastie, Zongzhou 西周 (770–256 v.u.Z.) und Östliche Zhou-Dynastie, Dongzhou 東周 (770 v. Chr. bis 256 v.u.Z.)] und Konfuzius [Kong Zi (chin.) 孔子 verm. 551–479 v.u.Z.; chin. Philosoph zur Zeit der Östlichen Zhou-Dynastie; der latinisierte Name „Konfuzius“ (eine Kreation der Jesuiten des 16. Jh.s) leitet sich ab von Kong Fu Zi 孔夫子 (wtl. Lehrmeister Kong); auch bekannt unter seinem Geburtsnamen Kong Qiu 孔丘] wussten nichts davon. Diese Lehre be·lohnt uns mit Wohl·stand und Tugend in un·vorstell·barem, grenzen·losem Ausmaß, sie führt uns zur höchsten Er·leuch·tung. Wenn etwa jemand einen Schatz be·säße, durch den sich alles, was er be·nötigt, nach dem Willen seines Herzens fügt, so wäre das gerade so wie der Schatz dieser wunder·baren Lehre. Alles, worum er betet und bittet, geht in Er·füllung, an nichts fehlt es ihm mehr.1

Kinmei befragt daraufhin seine Ratgeber. Kanzler Soga no Iname [Soga no Iname (jap.) 蘇我稲目 506–570; japanischer Staatsmann unter Kinmei Tennō; festigte durch die Verheiratung seiner Töchter mit dem Kaiserhaus die dominierende Stellung seiner Familie im 6. und 7. Jh.] (zugleich Schwiegervater des Tennō) spricht sich zwar für den Buddhismus aus, doch Hofritualisten aus den Familien Nakatomi [Nakatomi (jap.) 中臣 Adelsgeschlecht der Antike] und Mononobe [Mononobe (jap.) 物部 wtl. „Sippe der Dinge“; altjap. Klan, der gegen den Buddhismus eingestellt war] mahnen, dass dies den Zorn der einheimischen kami [kami (jap.) Gottheit; im engeren Sinne einheimische oder lokale japanische Gottheit, Schreingottheit (s. jinja), Gottheit des Shintō] erregen werde. Soga no Iname soll daraufhin die Pflege der Buddha-Statue privat übernehmen. Bald darauf geht eine Epidemie durchs Land, die der Reaktion der Götter auf die buddhistische Konkurrenz zugeschrieben wird. Die Statue aus Baekje wird in den Kanal von Naniwa (heute Osaka) geworfen und Inames provisorischer Tempel wird abgefackelt.2 Die weitere Chronik der Herrschaft Kinmeis beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Korea und dem Verlust der japanischen „Kolonie“ Imana in dieser Zeit.

Zu einer größeren pro-buddhistischen Aktion kommt es erst wieder im Jahr 578 unter Bidatsu Tennō [Bidatsu Tennō (jap.) 敏達天皇 538–585; 30. Tennō Japans (r. 572–585); eig. Herrschername Nunakura-futotama-shiki 渟中倉太珠敷], als weitere buddhistische Schätze aus Korea in Begleitung von sechs Klerikern eintreffen. 579 folgt eine buddhistische Statue aus Silla. 3

584 stößt Soga no Umako [Soga no Umako (jap.) 蘇我馬子 551?–626; Staatsmann; Sohn des Soga no Iname] auf einen koreanischen Buddhisten in der Provinz Harima (heute Hyōgo-ken). Er lässt drei junge Japanerinnen unter Führung dieses Laienmönchs zu Nonnen ausbilden. Der Fund einer buddhistischen Reliquie bestärkt Umako in seinen buddhistischen Bemühungen und er lässt in der Gegend des damaligen Regierungszentrums in Naniwa [Naniwa (jap.) 難波 antike Hafenstadt und kaiserliche Residenz auf dem Gebiet des heutigen Ōsaka (Nanba)] Tempelbauten errichten. Dies wird an dieser Stelle des Nihon shoki als Beginn des Buddhismus ausgewiesen.4

Wieder treten Epidemien auf und wieder werden diese von Nakatomi und Mononobe als Reaktion der einheimischen Götter auf den Kult des Buddhismus gedeutet. Mit kaiserlicher Duldung zerstört Mononobe no Moriya [Mononobe no Moriya (jap.) 物部守屋 ?–587; Staatsmann und Oberhaupt des Mononobe-Clans] eigenhändig die Tempel Umakos, wirft die Statue des Buddha in den Kanal von Naniwa und lässt die drei Nonnen gefangen nehmen und foltern. Es folgen jedoch nur weitere, noch schlimmere Epidemien. Der Tennō gesteht Umako schließlich zu, seinen buddhistischen Kult privat weiter zu führen, stirbt aber im selben Jahr (585) selbst an der grassierenden Krankheit. (S. die Fortsetzung des Konflikts zwischen Soga und Mononobe auf der Seite zu Shōtoku Taishi.)

Gangō-ji engi

Auch die Chronik des Gangō-ji (im Folgenden Engi) enthält einen Bericht über die Einführung des Buddhismus, der in einigen Punkten mit den verstreuten Einträgen des Nihon shoki übereinstimmt, in entscheidenden Punkten aber auch davon abweicht.

Königliche Botschaft

Das Engi führt die Einführung des Buddhismus ebenfalls auf eine Gesandtschaft des Königs Seong zurück, die allerdings nach dieser Version bereits 538 am Hofe Kinmeis eintraf. Das Begleitschreiben ist hier simpler gehalten: „As the Buddhist Law is supreme among all the laws of the world, your country should also put it into practice.“5 An beigefügten Schätzen erwähnt das Engi eine Statue des „Prinzen Siddhartha [Siddhārtha (skt.) सिद्धार्थ Eigennamen des historischen Buddha, Shakyamuni (jap. Shiddatta 悉達多)]“, also des jugendlichen Buddha, Utensilien für den Baderitus (des neugeborenen Buddha) und ein Sutra, in dem das Leben des Buddha beschrieben wird.

Erste Reaktion des japanischen Adels

Die Reaktionen des Adels werden im Engi ähnlich wie im Nihon shoki als überwiegend ablehnend geschildert. Lediglich der Kanzler Soga no Iname [Soga no Iname (jap.) 蘇我稲目 506–570; japanischer Staatsmann unter Kinmei Tennō; festigte durch die Verheiratung seiner Töchter mit dem Kaiserhaus die dominierende Stellung seiner Familie im 6. und 7. Jh.] setzt sich massiv für den neuen Kult ein und erreicht, dass der Palast der kaiserlichen Gemahlinnen in einen buddhistischen Tempel umgewidmet wird. Immigranten aus Korea und China übernehmen religiöse Aufgaben. Als in der Folge diverse Krankheiten und Katastrophen auftreten, sehen sich die Adeligen in ihren Befürchtungen bestätigt, dass die einheimischen Kami das Eindringen fremder Götter nicht gutheißen würden. Herrscher und Kanzler geben schließlich nach und gestatten die Zerstörung des Tempels im Kaiserpalast. Soga no Iname bewahrt jedoch die Schale zur Waschung des Buddha aus Korea mit kaiserlicher Genehmigung weiter auf. Nach dem Tod Inames im Jahr 569 wird das Objekt vom späteren Yōmei Tennō [Yōmei Tennō (jap.) 用明天皇 540–587; 31. Kaiser Japans (r. 585–587); Vater von Shōtoku Taishi] und seiner Schwester, der späteren Suiko Tennō [Suiko Tennō (jap.) 推古天皇 554–628; Kaiserin(!) Suiko; 33. Tennō Japans (r. 593–628)], in Obhut genommen. Letztlich geht es in den Besitz des Gangō-ji über.

Zorn des Buddha-Kami

571 kommt es erneut zu Krankheiten und Naturkatastrophen, die Kinmei Tennō (und mit ihm das Engi) als Rache des gedemütigten Buddha interpretiert. Kinmei selbst stirbt in diesem Jahr, beauftragt aber auf dem Totenbett seine Tochter (die spätere Herrscherin Suiko), ihren Palast zur Gänze in einen buddhistischen Tempel umzuwidmen. Diese folgt Kinmeis Wunsch im Jahr 582, indem sie ihren Palast offiziell nach Sakurai in der Asuka Region verlegen lässt, dort allerdings „im Geheimen“ den Buddhismus praktiziert. Der neue Kanzler, Soga no Umako [Soga no Umako (jap.) 蘇我馬子 551?–626; Staatsmann; Sohn des Soga no Iname], hat inzwischen durch einen „Shamanen“ erfahren, dass die Katastrophen der letzten Jahre in der Tat dem Willen des fremden Buddha-kami entspringen, und möchte nun seinerseits den Buddhismus fördern. Er macht in der Provinz Harima einen koreanischen Mönch und eine koreanische Nonne ausfindig, die zwar offiziell ihre buddhistischen Roben abgelegt haben, aber zugleich drei junge Frauen aus adeligen Familien im Buddhismus unterweisen. Soga no Umako gestattet ihre offizielle Nonnenweihe und bringt sie in den Tempel von Sakurai. Aus Korea wird schließlich eine Statue des Maitreya [Maitreya (skt.) मैत्रेय „Der Freundliche, der Liebevolle“, Buddha der Zukunft (jap. Miroku 弥勒)] importiert. Auch eine Buddha-Reliquie (shari [shari (jap.) 舎利 Reliquie eines Buddhas oder buddh. Heiligen; oft wichtiges Heiligtum eines buddh. Tempels; von skt. śarīra]) findet sich. Als man schließlich 785 in Sakurai eine Pagode errichten möchte, führen anti-buddhistische Reaktionen erneut zur Zerstörung der Statue und die jungen Nonnen müssen auf kaiserlichen Befehl zurück in den Laienstand. Lediglich die offiziellen Gemächer der kaiserlichen Prinzessin (die eigentlich als Tempel fungieren) bleiben unangetastet. Erneut kommt es zu einer heftigen Epidemie, der schließlich auch Bidatsu Tennō [Bidatsu Tennō (jap.) 敏達天皇 538–585; 30. Tennō Japans (r. 572–585); eig. Herrschername Nunakura-futotama-shiki 渟中倉太珠敷] zum Opfer fällt.

Der endgültige Durchbruch des Buddhismus

Unter Bidatsus Nachfolger Yōmei Tennō [Yōmei Tennō (jap.) 用明天皇 540–587; 31. Kaiser Japans (r. 585–587); Vater von Shōtoku Taishi], der ja bereits im väterlichen Testament (s.o.) zum Hüter des Buddhismus bestimmt wurde, ändert sich die Stimmung erneut zugunsten des Buddhismus. Die drei Nonnen dürfen nicht nur erneut in Sakurai Dienst tun, Yōmei beauftragt außerdem seine Schwester (die spätere Suiko Tennō) und seinen Sohn Umayado (Shōtoku Taishi [Shōtoku Taishi (jap.) 聖徳太子 574–622; Prinz Shōtoku; kaiserlicher Regent]) mit den Vorbereitungen zur Errichtung eines größeren Tempels, in den Mönche aus Baekje eingeladen werden sollen, denn nur diese besitzen die spirituelle Autorität in Japan vollwertige Mönchs- und Nonnenweihen vorzunehmen. 588, also bereits unter dem nächsten Tennō Sushun [Sushun Tennō (jap.) 崇峻天皇 553?–592; 32. Tennō, r. 587–592; Bruder von Yōmei Tennō und Suiko Tennō], erreichen sechs koreanische Mönche in Begleitung von vier Bildhauern Japan. Doch da für eine vollständige Nonnenweihe nach buddhistischer Regel (Vinaya [Vinaya (skt.) विनय „Disziplin“, die monastischen Ordensregeln (jap. Ritsu 律)]) zwanzig Mönche nötig sind, erhalten die japanischen Nonnen schließlich die kaiserliche Genehmigung, nach Baekje zu reisen, von wo sie 590 als vollwertige Nonnen zurückkehren. Unter der Herrschaft Suikos (592–628) wird die Anlage in Sakurai schließlich zu einem prächtigen Nonnen-Kloster ausgebaut und erhält den Namen Hōkō-ji [Hōkō-ji (jap.) 方広寺 Tempel in Kyōto, erbaut 1586-95 als Ahnentempel des Toyotomi Hideyoshi. Einstmals im Besitz der größten Buddha Statue Japans], „Tempel des Dharma-Gedeihens“ (später Gangō-ji [Gangō-ji (jap.) 元興寺 Nachfolgetempel des Hōkō-ji (Asuka-dera), des ältesten japanischen Tempels (gegr. 593). Der Tempel wurde unter dem Namen Gangō-ji 718 nach Nara verlegt.]). Ein zweiter Tempel namens Kentsū-ji wird für die Mönche aus Baekje errichtet.

Das Engi schließt mit einem feierlichen Eid, es niemals wieder zu buddhistischen Verfolgungen kommen zu lassen, den Suiko in Gegenwart von Shōtoku Taishi und den versammelten Ministern leistet. Angesichts der Entschlossenheit der Monarchin beschließen selbst einstige Gegner des Buddhismus aus den Familien Nakatomi und Mononobe, die Drei Juwelen (= der Buddhismus) zu beschützen und zwar mit der interessanten Formulierung:

From now on, with the Three Jewels resting at our left shoulder and our native divinities (kami) resting at our right shoulder, we will worship them together, treasure them and make offerings to them.6

Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Quellen

Der wichtigste Unterschied zwischen den beiden Quellen liegt wohl im Zeitpunkt, an dem erstmals ein buddhistisches Geschenk aus Korea den japanischen Hof erreichte: 538 (Engi) oder 552 (Nihon shoki). Obwohl spätere Datierungen grundsätzlich als vorsichtiger und daher vertrauenswürdiger erscheinen, neigen viele Historiker dem früheren Datum zu.

Das Jahr 552 ist nämlich kein zu·fälliger his·to·rischer Zeit·punkt, sondern galt im Bud·dhis·mus des sechsten Jahr·hunderts höchst wahr·scheinlich als be·deutungs·volles Jubiläums·jahr: Laut einer traditio·nellen (heute ver·worfenen) Datierung von Buddhas Sterbe·datum (im Jahr 949 v.u.Z.) wäre 552 das Jahr 1501 nach Buddhas Tod und damit zu·gleich der Anbruch des dritten und letzten der „Drei Zeitalter der buddhistischen Lehre“ (siehe mappō-Gedanke).

Dies lässt nun entweder vermuten, dass der koreanische König Seong das Datum be·wusst ge·wählt hatte, um seinen japanischen Kollegen mit einer bud·dhis·tischen Statue zu be·schenken (wenn man an 552 fest·hält), oder dass dieses Ereignis von den Autoren des Nihon shoki auf ein möglichst sym·bol·trächtiges Jahr umdatiert wurde.

Während die allgemeine Tendenz unter japanischen Historikern seit Mitte des 20. Jahrhunderts dem Engi folgte, hat der namhafte Religionshistoriker Yoshida Kazuhiko in jüngerer Zeit gravierende Zweifel an der Echtheit des Gangō-ji engi geäußert. Yoshida zufolge lässt sich allenfalls behaupten, dass der Buddhismus Mitte des sechsten Jahrhunderts nach Japan fand, das genaue Datum ist aber alles andere als sicher. Das Gangō-ji engi ist seiner wohl begründeten Meinung nach ein Text aus der späten Heian-Zeit, der im Interesse von Besitzstreitigkeiten zwischen einzelnen Tempeln die Rolle Suikos in der Gründung der ersten Tempel über Gebühr hervorstreicht, tatsächlich aber mit zahlreichen Anachronismen gespickt ist.

Dennoch spricht vieles dafür, dass es den religiösen Aus·tausch zwischen Seong und Kinmei tatsächlich gab. Seong war nämlich auch in seinem eigenen Reich Baekje der erste Herrscher, der den Bud·dhis·mus offiziell förderte, während Kinmei unter dem Einfluss der Soga [Soga no uji (jap.) 蘇我氏 Soga-Klan, die ersten Förderer des jap. Buddhismus] stand, die über Generationen als Förderer des Bud·dhis·mus hervortraten. Auch die Argu·men·tation in Seongs Schreiben, dass „alle Wünsche in Erfüllung“ gehen, also der Glaube an die magische Macht dieser Religion, scheint mir persönlich sehr plausibel für die Frühzeit der bud·dhis·tischen Aus·brei·tung, auch wenn die genaue Formulierung des koreanischen Königsbriefes höchst wahrscheinlich einer Version des Goldglanz-Sutras (Konkōmyō-kyō [Konkōmyō-kyō (jap.) 金光明経 Goldglanz Sutra; skt. Suvarṇaprabhāsasottama sūtra; eines von drei „Staatsschutz-Sutren“ des frühen japanischen Staats]) entnommen ist, die erst 703, also lange nach Kinmei, aber noch vor Abfassung des Nihon shoki, erstmals ins Chinesische übersetzt wurde.7

Auffällig am Nihon shoki Bericht ist, dass sich die anti-buddhistischen Reaktionen auf den Kult der Soga unter den Regierungen von Kinmei und Bidatsu fast deckungsgleich wiederholen, sogar das Detail, dass Buddha-Statuen in den Kanal von Naniwa geworfen werden. Dies legt nahe, dass das spätere Ereignis auf das frühere projiziert wurde. Auch im Engi findet sich dieses Detail. Überhaupt stimmt die Chronologie in beiden Berichten ab der Ordinierung der drei Nonnen zur Zeit Bidatsus weitgehend überein, doch in vielen regionalen Details weicht das Engi vom Nihon shoki ab. Insgesamt kommt der Herrscherin Suiko im Engi eine wesentlich bedeutsamere Rolle zu als im Nihon shoki. Sie wird als die eigentlich treibende Kraft hinter der Einführung des Buddhismus hingestellt und stellt dabei nicht nur Soga no Umako, sondern selbst Shōtoku Taishi in den Schatten. Es ist ihr Palast in Sakurai, der schließlich in den ersten permanenten buddhistischen Tempel umgewandelt wird und später unter der Bezeichnung Asuka-dera [Asuka-dera (jap.) 飛鳥寺 erster historisch fassbarer Tempel Japans, gegr. 593 (Nihon shoki) von Soga no Umako; wurde unter anderem als Hōkō-ji (Tempel des beginnenden Dharmas) bezeichnet, später aber unter dem Namen Gangō-ji (Tempel des ursprünglichen Beginns) nach Nara verlegt; unter Asuka-dera versteht man heute den ursprünglichen Standort in der Asuka Region] bekannt bleiben sollte.8

Suikos Autorität wird im Engi im Übrigen durch die Erwähnung ihres hundertsten Geburtstags im Jahr 613 herausgestellt. Da sie demnach nur vier Jahre nach ihrem Vater Kinmei zur Welt gekommen sein müsste, ist die Datierung des Nihon shoki, die Suiko um 43 Jahre jünger macht, glaubhafter. Dennoch wird die tragende Rolle der Frauen in der frühen japanischen Religionsgeschichte und auch im frühen japanischen Buddhismus, die sich ja auch aus der übereinstimmenden Erwähnung der drei Nonnen ergibt, in der Engi-Version schlüssiger zum Ausdruck gebracht.

Beide Quellen machen im übrigen auf die tragende Rolle des Soga-Klans sowie eingewanderter Koreaner und Chinesen bei der Einführung des Buddhismus aufmerksam. Die Soga stammten entweder selbst aus Korea oder arbeiteten zumindest eng mit Einwanderern vom Festland zusammen. Dies ergibt sich unter anderem aus der Lage ihres Einflussgebiets, der Asuka [Asuka (jap.) 飛鳥 Asuka Region im Süden des Yamato-Beckens (Nara), wo sich in der Frühzeit die Residenzen der Soga no uji befanden; Asuka-Zeit (587–645 oder auch 587–710)] Region im Süden von Nara, in der sich auch Einwanderer aus China (damals Go genannt) angesiedelt hatten. Eine spätere historische Quelle, das Fusō ryakki, behauptet sogar, dass diese Einwanderer bereits vor der Zeit Kinmeis buddhistische Tempel in der Asuka-Region errichteten, was aus heutiger archäologischer Sicht durchaus plausibel ist.9 Das würde bedeuten, dass man sich im Japan des sechsten Jahrhunderts der Existenz des Buddhismus viel stärker bewusst war, als es die Berichte des Nihon shoki und des Gangōji engi nahe legen. In diesen Berichten zählt allerdings nur die offizielle Anerkennung und Förderung durch das japanische Herrscherhaus und diese dürfte tatsächlich unter Suiko Tennō, einer Enkelin des Soga no Iname, erfolgt sein.

Ein interessantes Detail, in dem beide Quellen übereinstimmen, besteht darin, dass die Sicht der Mononobe und Nakatomi, die einheimischen kami würden mit der Sendung von Katastrophen auf die Einführung des Buddhismus reagieren, nirgends explizit zurückgewiesen wird. Eher stellen sich die Naturkatastrophen als Powercontest im Pantheon dar, in dem einheimische und buddhistische Gottheiten ihre Rechte quasi gewaltsam durchzusetzen versuchen. Schließlich regeln sich die Verhältnisse sowohl im Pantheon wie auf Erden zugunsten des Buddhismus, ohne dass dies das Ende der kami-Verehrung bedeuten würde.

Anmerkungen

  1. Nihon shoki, Kinmei Tennō, 13. Jahr (552), 10. Monat; Ü. nach Aston, Nihongi, Vol. II, S. 66.
  2. Ibid., S. 67.
  3. Ibid., S. 96
  4. Ibid., S. 102.
  5. Stevenson 1999, 305.
  6. Stevenson 1999, 313
  7. Yoshida 2003, S. 3.
  8. Genau dieses Detail hält Yoshidas Überprüfung allerdings nicht stand.
  9. Piggott 1997, S. 93.

Literatur

Miwa Stevenson (Ü.), „The Founding of the Monastery Gangōji and a List of Its Terasures“. In: George Tanabe Jr. (Hg.), Religions of Japan in Practice. Princeton: Princeton University Press, 1999, 299–315.
Yoshida Kazuhiko, „Revisioning Religion in Ancient Japan“. Japanese Journal of Religious Studies 30/1–2 (2003), 1–26. (Online.)
Yoshida Kazuhiko, „The Credibility of the Gangōji engi“. Japanese Journal of Religious Studies 42/1 (2015), 89–107. (Online.) [Ü. Paul Swanson, jap. Original 2003.]

Achtung: Sie sehen eine veraltete Version von https://religion-in-japan.univie.ac.at/Handbuch/Geschichte/Fruehzeit/Einfuehrung_des_Buddhismus.

  1. ^  
    Bodhisattva korea.jpg
    Koreanische Statue eines Bodhisattvas, möglicherweise Bodhisattva Maitreya, im Stil der Nördlichen Wei-Dynastie (385–535).
    Korea, um 600. National Museum of Korea.
  2. ^  
    Maitreya koryuji.jpg
    Darstellungen eines „nachdenklichen“ Bodhisattvas, möglicherweise Maitreya (jap. Miroku), aus dem 7. Jh., der Frühzeit der japanisch-buddhistischen Skulptur. Besitzt starke Ähnlichkeiten mit zeitgleichen Statuen aus Korea, die ihrerseits dem Stil der Nördlichen Wei-Dynastie (385–535) zugeordnet werden. Im Unterschied zu den kontinentalen Vorbildern wurde diese Statue nicht aus Bronze, sondern aus Holz angefertigt.
    Asuka-Zeiteian-Zeit, 7. Jh. Frypan, Blog.
  3. ^  
    Nonnenordination.jpg
    Drei junge Mädchen werden in der Zeit des Bidatsu Tennō (585) durch eingewanderte koreanische Buddhisten zu Nonnen geweiht. Illustration einer Kopie des Gangō-ji engi aus der frühen Edo-Zeit.
    Edo-Zeit, 1661. Staatsbibliothek zu Berlin.
  4. ^  
    Gangoji engi 2.jpg
    Die ersten japanischen Tempel in der Zeit des Bidatsu Tennō (685) werden aus Furcht vor der Bestrafung durch die kami wieder zerstört. Illustration einer Kopie des Gangō-ji engi aus der frühen Edo-Zeit.
    Edo-Zeit, 1661. Staatsbibliothek zu Berlin.

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„Die Einführung des Buddhismus in Japan.“ In: Bernhard Scheid, Religion-in-Japan: Ein digitales Handbuch. Universität Wien, seit 2001