Grundbegriffe/Buddhismus Lehre

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Buddhistische Grundlehren

Wie bereits erwähnt machte der Buddhismus im Laufe seiner Verbreitung zahlreiche Ver·änderungen durch, was in einer großen Anzahl regionaler Aus·formungen resultierte. Unabhängig von diesen Unter·schieden gibt es allerdings gewisse Grund·annahmen, die in allen Richtungen Geltung haben. Auf dieser Seite werden zunächst die wichtigsten Lehrsätze kurz erläutert. Außerdem geht es um das Verhältnis des Buddhismus zu anderen Religionen. Ab·schließ·end werden die Unter·schiede innerhalb der buddhistischen Haupt·strömungen thematisiert.

Lehrsätze und Konzepte

Die Vier Wahrheiten

Der Kern der Lehre des Buddha lässt sich in etwa folgender·maßen zusammen·fassen: Alle irdische Existenz läuft auf Leiden hinaus und nur die Einsicht in die Wahr·heit des Buddha (= Erleuchtung) führt zur Be·frei·ung von Leid. Dieses bud·dhis·tische Grund·dogma wird traditionel·ler·weise in Form der Vier Edlen Wahr·heiten und des Acht·gliedrigen Pfads ausgedrückt. Aus diesem Kern·satz geht hervor, dass das Ziel des Bud·dhis·mus im Erreichen der „Er·leucht·ung“ liegt. Der Erleuchtung steht die „Un·wissen·heit“ gegenüber, die im Grunde das gesamte normale Alltags·bewusst·sein umfasst. (Den genauen Wort·laut dieser Lehr·sätze findet man auf der Side·page Vier Wahr·heiten.) Das Gegen·satz·paar Erleuchtung und Un·wissen·heit spiegelt sich auch auf anderen Ebenen, etwa im Gegen·satz Nirvana und Samsara (s.u.) wider.

Vergänglichkeit

Eng mit dem Dogma vom irdischen Leiden ver·bunden ist die Erkenntnis der End·lich·keit alles Irdischen. Endlich bedeutet vergänglich, nicht von Dauer. Da alles Irdische früher oder später zum Untergang verurteilt ist, ist es in gewisser Weise nicht real. Der flüchtigen Natur des Irdischen steht die ewige Existenz der bud·dhis·tischen Wahr·heit gegenüber. Wer hingegen an irdischen Dingen festhält (sie für das Maß aller Dinge hält, nicht über das diesseitige Leben hinaus denkt) unter·liegt einer Illusion. Der Glaube an die illusorische Qualität des Dies·seits führte innerhalb des Mahayana Bud·dhis·mus zur Idee von zwei Ebenen der Realität, einer sicht·baren, aber eben letztlich illusorischen, und einer absoluten, die sich hinter der sicht·baren Welt verbirgt.

Samsara und Nirvana

Sanskrit Vokabeln

Buddh. Hauptrichtungen:

  • Shravakayāna - Fahrzeug der Schüler
  • Theravāda - Weg der Alten
  • Mahāyāna - Großes Fahrzeug
  • Hinayāna - Kleines Fahrzeug
  • Vajrayāna - Vajra-Fahrzeug (Tantrismus, esoterischer Buddhismus)

Konzepte:

  • Dharma - Gesetz (des Universums), Lehre (des Buddha)
  • Karma - wtl. „Tat“; konsequente Folge
  • Samsāra - Kreislauf der Wiedergeburten, Diesseits
  • Nirvana - Auslöschung, Jenseits

Heilsgestalten:

  • Buddha - Erleuchteter;
  • Bodhisattva - Vorstufe zur letzen Stufe der Er·leucht·ung, noch nicht ins Nirvana ein·ge·gang·ener Buddha;

Technische Begriffe:

  • Sutra - wtl. „Kettfaden“; Lehr·rede des Buddha, kanonische Schrift
  • Tantra - wtl. „Schuss·faden“; Lehr·schrift
  • Mantra - Gebetsformel
  • Mudrā - Gebetsgeste
  • Sangha - (Mönchs-) Gemeinde

Unerleuchtete bzw. unwissende Existenzen, die sich den Illusionen des irdischen Da·seins hingeben, sind im Kreis·lauf der Wieder·geburten (Samsara) gefangen. Die Vor·stellung der Wieder·geburt existierte schon vor dem Bud·dhis·mus und besagt, dass jedes Wesen nach seinem physischen Tod in neuer Form wieder·geboren wird. Diese Idee hat im Bud·dhis·mus jedoch nichts Tröstliches, sondern läuft nur auf eine Fort·setzung von Leid hinaus. Daher strebt der gläubige Buddhist nach einem Austritt aus dem Kreis·lauf der Wieder·geburten. Dieser Aus·tritt beendet das Leid end·gültig. Er ist zu·gleich der Eintritt ins Nirvana, das dem Samsara als absolutes Jenseits gegenüber steht. Dies erklärt, warum Nirvana im Bud·dhis·mus als „Aus·löschung“ und zugleich als oberstes spirituelles Ziel verstanden wird.

Karma

Innerhalb des Samsara, der Wieder·geburten, regiert das Gesetz des Karma. Karma bezeichnet die schicksals·haften Konse·quenzen (Vergel·tungen), die aus den Handlungen aller Wesen, Menschen ebenso wie Tiere, Geister, Götter, etc., resultieren. Die Karma Lehre (die im übrigen nicht allein auf den Buddhis·mus beschränkt ist) geht hierbei von moralischen Wert·maß·stäben aus: Gute Taten führen über kurz oder lang zu karmischer Belohnung, schlechte Taten zu karmischer Bestrafung. Ähnlich den Zehn Geboten in den mono·theisti·schen Religionen, gibt es diverse Listen mit moralisch besonders hoch·stehenden bzw. ver·abscheuungs·würdigen Verhaltens·weisen. Am wichtigsten sind die fünf Laien·gebote (die natürlich auch von Mönchen zu befolgen sind):

  1. nicht töten;
  2. nicht stehlen;
  3. keine [unstatthaften] sexuellen Beziehungen;
  4. nicht lügen;
  5. keine berauschen·den Getränke (dieses generelle Alkohol·verbot wird heute in Japan selbst von buddhisti·schen Mönchen nicht eingehalten).

Besonders im Mahayana Buddhismus gilt darüber hinaus das „Mitleid mit allen Lebewesen“ als die zentrale ethische Maxime. Für Mönche gibt es je nach spezifischer Richtung eine mehr oder weniger große Zahl weiterer Gebote.

Konsequenzen aus moralischem oder unmoralischem Ver·halten können sich inner·halb eines Erden·lebens, oft aber erst im folgenden Leben aus·wirken (was scheinbare „Unge·rechtig·keiten“, also das Ausbleiben unmittelbarer karmischer Vergeltung erklärt). Das Karma eines einzelnen resultiert aus der Summe aller seiner moralischen und un·moralischen Verhaltens·weisen inner·halb einer langen Folge von Existenzen. Bud·dhis·tische Rituale können individuelles Karma beein·flussen, ersetzen also bis zu einem gewissen Grade individuelles moralisches Verhalten.

Dharma

Das Universum gehorcht keinem einzelnen Gott oder Buddha, sondern dem Dharma (jap.

(jap.)

buddhistischer Dharma, wtl. Gesetz

Konzept

Der Begriff „“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Glossarseiten

, „Gesetz“). Der Dharma nimmt im Bud·dhis·mus jene Stelle ein, die im Christen·tum „Gott·vater“ bzw. dem Schöpfer·gott zukommt. Der Dharma ist jedoch un·ver·änder·lich und ohne Intention, also nicht strafend oder belohnend wie eine Gott·heit. Er ist lediglich das Regel·werk, nach dem das Universum funk·tioniert. Insofern lässt sich der Bud·dhis·mus auch als „atheistische Religion“ bezeichnen. Er·leucht·ung wird auch mit der voll·kommenen Erkenntnis des Dharma gleich·gesetzt. Um·ge·kehrt kann „Dharma“ auch die Lehre des Buddha bezeichnen, die zur Er·leucht·ung führt.

Buddha

Buddhaschaft ist die höchsten Da·seins·form im Universum des Bud·dhis·mus. Sie wurde nicht nur vom historischen Buddha, sondern auch von zahlreichen Vor·gängern erreicht, die alle als Buddha bezeichnet werden. Im Mahayana Bud·dhis·mus gibt es außerdem die Bodhisattvas, die wie die Buddhas Er·leucht·ung erfahren haben, aber im Samsara verbleiben um andere Wesen zur Er·leucht·ung zu führen. Aus diesem Grunde erscheinen sie immer wieder in der Welt der Un·erleuchteten und voll·führen mitunter auch Wunder. Theoretisch sind weder der historische Buddha noch seine Vor·gänger oder Nach·folger mit einem mono·theistischen Gott zu vergleichen, denn sie sind keine Welten·schöpfer. Buddhas und Bodhisattvas sind jedoch über das Karma erhaben und daher ideale Adressaten, um eine karmische Ver·besser·ung zu erreichen. Insofern genießen sie in der Praxis häufig einen gott·ähnlichen Status (s.a. Ikonographie).

Drei Schätze

Die drei wichtigsten Elemente des Buddhismus werden als die Drei Schätze (manchmal auch als Drei Kleinodien) bezeichnet. Es sind der Buddha, der Dharma, und der Sangha = die buddhistische (Mönchs-) Gemein·schaft.

Drei Körbe

Die kanonischen Schriften des Bud·dhis·mus sind in drei Grund·disziplinen unterteilt, die als die Drei Körbe bezeichnet werden. Es sind (1) die Lehr·reden des Buddha, die Sutren; (2) die monastischen Ordens·regeln (vinaya); und (3) Kommentarwerke (abhidharma). Der Theorie nach ist alles, was in den Drei Körben fest·gelegt ist, für alle bud·dhis·tischen Richt·ungen gültig. In der Praxis unter·scheidet sich der Inhalt der Drei Körbe aber von Epoche zu Epoche, von Region zu Region und von Schule zu Schule.

Unterschiede zwischen buddhistischen Richtungen

Während etwa die Schulen des Theravada Bud·dhis·mus die Er·leucht·ung oder den Eintritt ins Nirvana erst nach vielen Wieder·geburten als Mönch für möglich erachten, zeichnen sich die Mahayana Schulen dadurch aus, dass sie die Buddha·werdung (= Erleuchtung) in diesem Leben anstreben. Die Methoden, dieses Ziel zu erreichen, sind aller·dings sehr verschieden und machen die Haupt·unter·schiede zwischen den einzelnen Mahayana Schulen aus. Meditation wird zwar allgemein geübt, steht aber vor allem im Zen Buddhismus im Vorder·grund (

Zen 禅 (jap.)

chin. Chan, wtl. Meditation; Zen Buddhismus

Schulrichtung

Der Begriff „Zen“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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bedeutet wörtlich „Meditation“). Daneben benutzt der Zen-Buddhismus die Irritation durch paradoxe Fragen (

kōan 公案 (jap.)

Koan, paradoxes Zen-Rätsel

Ritus

Der Begriff „kōan“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

), um konventionelles Wissen (Alltags·bewusstsein = „Unwissenheit“) zum Einsturz zu bringen. Andere Schulen erachten die Rezitation von Gebets·texten für entscheidend. Dabei kann es sich entweder um ganze Sutren handeln oder bloß um den Namen eines Sutra oder eines Buddha, etwa im Fall des Amida Buddhismus. Im esoterischen Bud·dhis·mus, der in Japan heute vor allem in Form der

Shingon-shū 真言宗 (jap.)

Shingon-Schule, wtl. Schule des Wahren Wortes; wichtigste Vertreterin des esoterischen Buddhismus (mikkyō) in Japan

Schulrichtung

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Schule präsent ist, wird der rituellen Praxis besonderes Gewicht beigemessen, wobei das Ziel ist, durch eine Kombination von Gebets·formeln (Mantra), Hand·zeichen und -gesten (Mudrā) sowie geistiger Konzentration zur Buddha·schaft zu gelangen. Die genauen Formen dieser verbalen, gestischen und imaginierten Zeichen sind „geheim“, das heißt, es bedarf eines Meisters, der eine rituelle Initiation vornimmt und den Schüler Schritt für Schritt in die Ge·heim·nisse dieser Lehre einführt. Daher die Bezeichnung „esoterisch“ bzw. auf Japanisch

mikkyō 密教 (jap.)

esoterischer Buddhismus, Tantrismus; wtl. geheime Lehre; Gegenstück zu kengyō; in Japan vor allem durch den Shingon, aber auch durch Teile des Tendai Buddhismus vertreten

Schulrichtung

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, wtl. „geheime Lehre“.

Buddhismus und andere Religionen

Andere Religionen führen nach buddhistischer Auf·fassung zwar nicht direkt zum Pfad der Erleuchtung, können aber unter Umständen mit dem Buddhismus vereinbare Werte verbreiten. Sie können sogar dem Plan eines Buddha ent·sprechen, um die Un·wissenden schritt·weise an seine Lehre heran·zuführen. Religionen, die den Bud·dhis·mus nicht ihrer·seits ablehnen (also z.B. der Shinto), werden daher als Umwege, aber nicht als Irr·wege auf·gefasst.

Ebenso wird die Existenz von Gott·heiten anderer Religionen nicht geleugnet. Allerdings sind auch die Götter im Geburten·kreislauf gefangen. Gott·sein ist also eine mögliche Form der Wieder·geburt. Vor allem indische Götter wurden in dieser Form konzipiert (sie erhalten oft die Funktion eines Beschützers des Buddhismus). Japanische Götter (

kami(jap.)

Gottheit; im engeren Sinne einheimische oder lokale japanische Gottheit, Schreingottheit (s. jinja), Gottheit des Shintō

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) gelten hingegen in vielen Richtungen des japanischen Bud·dhis·mus als Mani·festationen von Buddhas. Buddhas bedienen sich demnach der Form von kami, um die Menschen an sich heran zu führen.

In diesen Konzeptionen von nicht-buddhistischen Göttern spiegelt sich ein gemeinsames Grund·muster wider: Außerhalb des Bud·dhis·mus liegende Vor·stell·ungen werden von diesem nicht bekämpft oder negiert, sondern nach Möglichkeit integriert. Man hat diese Ver·fahrens·weise u.a. auch als „Inklusivismus“ bezeichnet. Mono·theistische Religionen wie Christen·tum oder Islam gehen hier meist einen anderen Weg (Diffamierung, Ver·folgung), den man in diesem Zusammen·hang als „exklusivistisch“ bezeichnen könnte. Solchen ex·klusivistischen Religionen oder Sekten gegenüber zeigte sich umgekehrt auch der Buddhismus von einer intorleranten Seite und zwar genau dann, wenn diese Religionen sich gegen die Verein·nahmung durch den Buddhismus zur Wehr setzten oder diese von vornherein ausschlossen. Christen und andere religiöse Gruppen mit exklusivem Absolut·heits·anspruch wurden daher in Japan auch im Namen des japanischen Buddhismus auf ähnliche Weise verfolgt wie „Ketzer“ und „Heiden“ in der euro·päischen Religions·geschichte (s. Kap. Geschichte, Das christliche Jahrhundert).

Religion in JapanGrundbegriffe
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„Buddhistische Grundlehren.“ In: Bernhard Scheid, Religion-in-Japan: Ein digitales Handbuch. Universität Wien, seit 2001