Die Tenshō-Mission, Beginn und Ende einer kulturellen Begegnung

< Essays
Version vom 27. Dezember 2021, 19:32 Uhr von Bescheid (Kommentar | Beiträge) (Die Seite wurde neu angelegt: „{{titel | Die Tenshō-Mission, Beginn und Ende einer kulturellen Begegnung }} == Wegbereiter und Ziele der Mission == Die endgültige Entscheidung, vier japa…“)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Die Tenshō-Mission, Beginn und Ende einer kulturellen Begegnung

Wegbereiter und Ziele der Mission

Die endgültige Entscheidung, vier japanische Burschen mit den Jesuiten nach Europa zu schicken wurde im Dezember 1581 getroffen. Entscheidungsträger waren der Jesuit Alessandro Valignano (1539-1606) und drei christliche Daimyō in Kyūshū: Ōtomo Yoshishige (1530−1587), Arima Harunobu [Arima Harunobu (jap.) 有馬晴信 1561?–1612; christlicher Daimyō in Kyūshū] und Ōmura Sumitada (1533−1587). Ōtomo und Ōmura standen bereits in Kontakt mit Rom und hatten von Papst Gregor XIII. (1502–1585; Pontifikat 1572–1585) persönlich eine Einladung erhalten [???], Delegierte nach Rom zu entsenden. [Auch Gregor VIII.??? hatte den Wunsch ausgedrückt, Japaner mögen doch nach Rom kommen.] [Noch ein Satz zur Beteiligung der Jesuiten, noch einer zu den generellen Zielen.]

Die vier Hauptprotagonisten

Itō Mancio wurde 1569 in Tonokoori (die heutige Stadt Saito in der Präfektur Miyazaki) geboren. Sein japanischer Name war Sukemasu. Mancio war ein entfernter Verwandter des christlichen Daimyō Ōtomo Yoshishige und fungierte auch als dessen Delegierter. 1 Er war der offizielle Leiter der Delegation.

Chijiwa Miguel, dessen japanischer Eigenname Seizaemon lautete, wurde um 1569/1570 in Chijiwa (Hizen, heute ...) geboren und war sowohl mit Ōmura Sumitada (sein Onkel) also auch Arima Harunobu (sein Cousin zweiten Grades) verwandt. Miguel erhielt 1580 (zwei Jahre vor der Reise nach Rom) die Taufe und trat in das Jesuitenseminar in Arima ein. Er fungierte als Vertreter Mancios, während die beiden folgenden Teilnehmer ihnen als Assistenten zur Seite gestellt wurden.

Hara Martinho wurde 1568 in Hasami (Hizen) geboren und war ebenfalls mit dem Haus Ōmura verwandt. Nakaura Julian, ebenfalls im Jahr 1568 geboren, war der Sohn eines christlichen Samurai im Dienste der Ōmura, sein Vater fiel jedoch in einem Kampf, als Julian zwei Jahre alt war. Die Familie übersiedelte daraufhin in die Stadt Ōmura.

Alle vier Teilnehmer erhielten ihre Ausbildung in einem Jesuitenseminar in Arima, das 1580 (möglicherweise bereits im Hinblick auf die Europa-Mission[???]) gegründet wurde. Miguel, Julian und Martinho gehörten sogar zu den ersten zweiundzwanzig Schülern. Arima Harunobu ließ die Jesuiten selbst die Stelle aussuchen, an der das Seminar gebaut werden sollte. Der Lehrplan umfasste wie in Europa Latein und Portugiesisch [???], aber auch die japanische Sprache und Literatur. Außerdem wurde viel Wert auf Musikerziehung gelegt. Begabte Schüler konnten ein Instrument lernen und alle wurden in gregorianischer Choralmusik unterrichtet. Die Architektur des Seminars entsprach ebenso wie die Gestaltung des Alltags durchaus einem japanischen Stil. Nichtsdestotrotz kann man davon ausgehen, dass die japanischen Studierenden am Seminar auch mit europäischen Sitten vertraut gemacht wurden. Dieses Wissen wiederum war für den erfolgreichen Ablauf der Tenshō-Gesandtschaft unterlässlich.

Reise nach Rom

Die Gesandtschaft verließ Nagasaki am 20. Februar 1582 [westliches Datum?] und erreichte Lissabon, nach diversen Zwischenaufenthalten in Makao und Goa, zweieinhalb Jahre später, am 11. August 1584. Die erste Audienz der jugendlichen Gesandten fand bei einem gebürtigen Österreicher — dem Habsburger Kardinal und Vizekönig Albert VII. (auch Albrecht, 1559–1621) — im ehemaligen portugiesischen Königspalast von Sintra statt. Als Geschenk erhielt der Kardinal einen Pokal aus Rhinozeroshorn, mit dem er sich besonders zufrieden zeigte.2 Pokale aus Rhinozeroshorn, die in diversen Werkstätten in Makao, Goa und Lissabon hergestellt wurden, waren zu dieser Zeit beliebte Exotika. Die Wiener Kunstkammer besitzt etliche Exemplare aus den Sammlungen des Hauses Habsburg, jedoch leider nicht jenen Pokal, den Albert VII. erhalten hatte.3

Vor ihrer Ankunft in Rom machte die Delegation noch weiteren weltlichen Würdenträgern ihre Aufwartung, allen voran dem spanischen Habsburger Philip II. (1527–1598). [Noch einen kurzen Absatz zum Empfang beim Papst.]

Kultureller Austausch

Während ihres zweijährigen Aufenthaltes in Europa priesen sämtliche europäische Kommentatoren die guten Sitten und Manieren der vier jungen japanischen Gesandten. So schrieb zum Beispiel ein italienischer Zeitzeuge:

Sie registrieren alles, was sie sehen, aber sie wundern sich nicht viel, worin sich ihr edler und großer Geist zeigt. Sie beherrschen das Portuguiesische gut und das Spanische mittelmäßig. Sie können viel Latein und verstehen fast alles auf Italienisch, auch wenn sie es nicht selbstbewusst sprechen. Wenn sie jedoch mit Fürsten verhandeln, dann sprechen sie in ihrer Muttersprache und arbeiten mit einem Dolmetscher. Sie können Cembalo spielen, Gitarre, die Lyra und sie haben diese Instrumente zu Hause. Sie spielen Trucco [ein Kartenspiel, PJ] und können tanzen.4

Nicht nur die Manieren ließen die vier Burschen wie Italiener erscheinen, sondern auch die europäische Kleidung, die sie im Alltag trugen (sie trugen ihre japanische Kleidung nur für formelle Audienzen), sowie die Tatsache, dass sie sehr gut in Lateinschrift schreiben konnten. Natürlich waren europäische Würdenträger aber auch an der bislang wenig bekannten japanischen Kultur interessiert. In Portugal bat Königin Katharina (1540–1614) die jungen Japaner ihr japanisches Gewand anzuziehen. Sie ließ darauf ähnliche Kleidung für ihren Sohn Duarte de Bragança (1569–1627) anfertigen. Die Japaner korrigierten den Kleiderstil des Portugiesen und zeigten Duate wie man ein japanisches Schwert trägt. Insbesondere ihre Schwerter stießen auch bei anderen europäischen Adeligen auf großes Interesse.

Die ehemalige habsburgische Kaiserin Maria von Spanien (1528-1603), die die vier jungen Gesandten am 15. November 1584 im Kloster der Descalzas Reales in Madrid empfing, bat die Jünglinge etwas Handgeschriebenes auf Latein und auf Japanisch zu hinterlassen. Ähnliche Bitten wurden auch im spanischen Königspalast El Escorial an die Gesandten gerichtet, die sich vom 16. bis 19. November dort aufhielten. Sie selbst gaben dazu Folgendes zu Protokoll (zitiert nach Luís Fróis [1532-1597]):

Wir brachten japanisches Papier und Tinte sowie ein Buch, das in unserer Schrift geschrieben war, um ihnen unsere Art zu Lesen und zu Schreiben zu zeigen. Und um ihnen irgendwie für ihre Güte und Nächstenliebe zu danken. Dies schätzen die Padres sehr. In der Bibliothek zeigte man uns ein Buch mit Schriftarten unterschiedlicher Nationen, darunter auch chinesische Schrift. Weil es jedoch keine japanische Schrift gab, bat man uns etwas Geschriebenes als memento für das Haus und die Bibliothek zu hinterlassen.5

Diese wiederholten Bitten um Schriftproben der jungen Japaner deuten auf ein reges intellektuelles Interesse an der japanischen Kultur hin. Während die Schriftproben aus Spanien zum Zeitpunkt des Verfassens dieses Beitrags (2021) noch nicht im Original geortet werden konnten,6 ist zumindest eine Handschrift erhalten, welche die Tenshō-Gesandtschaft am 18. Juni 1585 in der italienischen Stadt Imola hinterließ.

Tensho ms imola.jpg
1 Schriftprobe aus Imola, 1585
Schriftproben der vier Mitglieder der Tenshō-Gesandtschaft in japanischer und lateinischer Schrift.
1585. Mit freundlicher Genehmigung der Biblioteca communale di Imola, Archivio storico, Campioni, n. 23, f. 148 bis.

Anno Domini 1585, 18. Juni
Ito Don Mancio, Chijiwa Don Miguel, Hara Don Martinho, Nakaura Don Julian kamen durch dieses Imola. Die Freundlichkeit der Stadtbewohner muss gar nicht erst erwähnt werden [lässt sich nicht in Worte fassen?]. Möge es (auch) weiterhin so sein.7

御出世千五百八十五年六月十八日
伊藤鈍満所千々石鈍弥解瑠原之???鈍
丸知野中浦鈍寿理安此井村罷通候処
在所之諸人御懇不及申候為向後如此候

Das weitere Schicksal der vier Gesandten

  1. Eigentlich wollte Yoshishige seinen Großneffen Jerónimo Itō Yoshikatsu nach Europa senden. Dieser studierte jedoch am Jesuitenseminar in Azuchi, das in der Nähe von Kyoto lag. Für diesen war die Vorbereitungszeit jedoch zu kurz, da er nicht einfach nach Nagasaki kommen konnte. So wurde Mancio gebeten anstatt von Yoshikatsu nach Europa zu fahren.
  2. Guido Gualtieri, 1586, Relationi della uenuta degli ambasciatori giaponesi a Roma sino alla partita di Lisbona. Rom: Francesco Zannetti, 54.
  3. Ich danke Paulus Rainer, Kurator der Kunstkammer und Schatzkammer, für ein Gespräch und eine persönliche Führung durch die Rhinozeros-Pokal-Sammlung des Wiener Kunsthistorischen Museums am 20. August 2019. S.a. Wilfried Seipel (Hg) Exotica. Portugals Entdeckungen im Spiegel fürstlicher Kunst- und Wunderkammern der Renaissance, 2000, p. 197.
  4. Bericht von Urbani Monte in Compendio delle cose più notabili successe alla città di Milano e particolarmente alla famiglia dei Monti, dal 1585 al 1587, quarta parte, 90v. Übersetzung aus dem Italienischen von Pia Jolliffe.
  5. Luís Fróis. 1942. La premiere ambassade du Japon en Europe, 1582-1592. Première partie: le traité du Père Frois. Hg. J.A. Abranches Pinto, Yoshitomo Okamoto und Henri Bernard. Tokyo: Sophia University, 103-104. Übersetzt aus dem Portugiesischen von Pia Jolliffe.
  6. Es existiert jedoch eine spanische Übersetzung des japanischen Textes, den die Jünglinge für El Escorial geschrieben haben. Siehe Miguel Salvá und Pedro Sainz de Baranda. 1845. Colección de Documentos inéditos para la Historia de España. Bd. 7, 395-396.
  7. Transkription und Übersetzung aus dem Japanischen von Pia Jolliffe.

  1. ^  
    Tensho ms imola.jpg
    Schriftproben der vier Mitglieder der Tenshō-Gesandtschaft in japanischer und lateinischer Schrift.
    1585. Mit freundlicher Genehmigung der Biblioteca communale di Imola, Archivio storico, Campioni, n. 23, f. 148 bis.

Religion in JapanEssays
Diese Seite:

Pia Jolliffe, „Die Tenshō-Mission: Beginn einer schwierigen transnationalen Beziehung.“ In: Bernhard Scheid, Religion-in-Japan: Ein digitales Handbuch. Universität Wien, seit 2001