Feuer mit Feuer bekämpfen: Der ‚Gehörnte Meister‘ und sein Kult

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Feuer mit Feuer bekämpfen Der ‚Gehörnte Meister‘ und sein Kult

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In den komplex verwobenen Glaubensvorstellungen des japanischen Buddhismus und des Shintō finden sich viele Beispiele für verehrte Figuren, die im Laufe ihrer Geschichte „die Seiten wechseln“, sowohl hinsichtlich ihrer religiöse Zugehörigkeit als ihrer moralischen Bewertung. Dazu lassen sich auch Dämonen zählen, welche nach ihrer Bezwingung und Unterwerfung (meist durch die Hand von mächtigen Mönchen) zu Wächtern der buddhistischen Lehre (dharma) und/oder zu Beschützern der Menschen vor Krankheit und Unheil werden. Als ein in ganz Japan prominenter Vertreter der letzteren Gruppe soll im folgenden Aufsatz der „Gehörnte Meister“ (Tsuno Daishi) und sein Glaubenskult vorgestellt werden. Seine komplexe Gestalt stellt ein einzigartiges Beispiel für die Symbiose von Mensch und Dämon dar, und zeichnet sich u.a. dadurch aus, dass sie eigene Glaubensbewegungen hervorrief, die einst weite Verbreitung in Japan fanden und auch heute noch Spuren im religiösen Alltag hinterlassen. Ausgangspunkt war die Legende eines gewissen Tendai-Mönchs namens Ryōgen 良源, der einen seuchenbringenden Dämon erfolgreich schlagen und vertreiben konnte, indem er zuvor selbst die Gestalt eines Dämons angenommen hatte. Es ist diese Gestalt, die als „Gehörnter Meister“ schließlich vergöttlicht wurde. Wie in diesem Artikel gezeigt wird, ist dieser Kult aber nicht zu erklären, wenn man nicht auch die historische Figur des Ryōgen, einschließlich seines politischen Einflusses und seines Charismas bei Klerus, Adel und Volk mit berücksichtigt.

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    Tsunodaishi.jpg
    Der Mönch Ryōgen, (aka. Ganzan Daishi, 912–985) in zwei unterschiedlichen Erscheinungsformen: Als Mönch und als Dämon (mit dem hier nicht angeführten Namen) Tsuno Daishi.

    Das Bild ist eine Art Glückslos (o-mikuji). Der beigefügte Text lautet:

    Ganzan Daishi war eigentlich eine Manifestation von Kannon mit dem Wunschjuwel. Daher müssen alle, die dieses Los ziehen, aus ganzem Herzen folgenden Spruch rezitieren.
    Mantra von Kannon mit dem Wunschjuwel: on harada handomei un / on handoma jindamani jinhara un
    (OM VARADA PADME HUM / OM PADMA CINTAMANI DŻWALA HUM)
    Edo-Zeit. Wikimedia Commons.
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    Ryogen.jpg
    Portrait-Statue des Tendai Mönchs Ryōgen.
    1286. Bildquelle: Bernhard Scheid, flickr, 2024.
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    Ryogen debatte.jpg
    Ryōgen offenbart sich im Laufe einer Debatte als glänzend strahlender Buddha. Detail aus einer illustrierten Biographie Ryōgens (Ganzan Daishi engi emaki).
    Werk von Sumiyoshi Gukei (1631–1705). Edo-Zeit. Kan'ei-ji Archives.
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    Ganzandaishido.jpg
    Waldweg zur Tempelhalle des Ganzan Daishi, Bezirk Yokawa auf dem Berg Hiei
    Josko Kozic, 14. Juli 2019, mit freundlicher Genehmigung.
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    Yokawa tsunodaishi.jpg
    Steintafel in Yokawa mit dem „Gehörnten Meister“ (Tsuno Daishi) und seiner Legende.
    Josko Kozic, 14. Juli 2019 (mit freundlicher Genehmigung).
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    Yokawa kannon.jpg
    Kannon-Statue auf dem Weg zur Tempelhalle des Ganzan Daishi, Bezirk Yokawa auf dem Berg Hiei
    Josko Kozic, 14. Juli 2019 (mit freundlicher Genehmigung).
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    Yokawa mausoleum.jpg
    Mausoleum des Ganzan Daishi (Ryōgen), Bezirk Yokawa auf dem Berg Hiei
    Josko Kozic, 14. Juli 2019 (mit freundlicher Genehmigung).
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    Daishi-varianten.jpg
    Papiertalismane (o-fuda) aus Yokawa am Berg Hiei mit Abbildungen von Mame Daishi, Tsuno Daishi und Gōma Daishi.
    Kyōto ikō, 2020 (Blog).
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    Tsuno corona.jpg
    Tsuno Daishi Plakat mit der Aufforderung, zu Corona-Zeiten beim Neujahrsbesuch des Tempels Abstand zu wahren.
    AnnieK, 2021/1/3 (J-Blog).
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    Tsuno daishi.jpg
    Seltene Darstellung des „Gehörnten Großmeisters“ (Tsuno Daishi) als „realistischer“ oni. Die Wunschperle auf seinem Kopf identifiziert ihn als menschenfreundliche Schutzgottheit.
    19. Jh. Tomoe Steineck, Martina Wernsdörfer, Raji Steineck, WegZeichen: Japanische Kult- und Pilgerbilder. Die Sammlung Wilfried Spinner (1854–1918). Zürich: VMZ (Ausstellungskatalog), Abb. 9 (mit freundlicher Genehmigung).
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    Mamedaishi.jpg
    Ganzan Daishi (Ryōgen) als Mame Daishi, „Bohnen Meister“ oder „Dämonenbezwinger“, in 33facher Ausfertigung.
    Warakuweb, 2020.
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    Ryodaishi.jpg
    Der Tendai-Abt Tenkai zelebriert enen Ritus vor dem Bild seines Vorgängers aus der Heian-Zeit, Ryōgen.
    Edo-Zeit. Tōkyō National Museum.
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    Ryodaishi senza.jpg
    Detail eines Farbholzschnitts, in dessen Hintergrund die Parade der „Beiden Meister“, Ryōgen und Tenkai zu sehen ist. Die Szene findet auf dem Gebiet des Kan’ei-ji in Edo, dem heutigen Ueno-Park statt.
    Werk von Utagawa Toyokuni. Edo-Zeit. Bunka dejitaru raiburari.

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Josko Kozic, „Feuer mit Feuer bekämpfen: Der Gehörnte Meister und sein Kult.“ In: Bernhard Scheid, Religion-in-Japan: Ein digitales Handbuch. Universität Wien, seit 2001