Kalenderwesen und Horoskope
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Ostasien kennt — ähn·lich wie Europa und der Vordere Orient — zwölf Tier·keis·zeichen, die zur Ein·tei·lung des Raums, der Zeit und schließ·lich auch zur horosko·pi·schen Vor·her·sage von mensch·lichen Schick·salen ver·wen·det wur·den und wer·den. Es handelt sich dabei in Ost·asien um folgende Tiere:
Ratte (Maus), Büffel (Rind), Tiger, Hase, Drache, Schlange,
Pferd, Ziege (Schaf), Affe, Hahn, Hund, Eber (Schwein)
Ursprungslegenden
Inte·res·santer·weise handelt es sich bei den Zwölf Tier·keis·zeichen nicht um Sagen·ge·stal·ten oder Fabel·wesen wie in Europa, son·dern um ziem·lich „nor·male“ Tiere, die im bäuer·lichen All·tag einer agra·rischen Gesell·schaft, sei als Haus- oder Nutztiere, sei es als Gefahr oder Bedro·hung, die wichtigste Rolle spiel·ten. Das gilt auch für die Drachen, die als real exis·tierende Wesen auf·gefasst wur·den. (Sie be·herrsch·ten vor allem den Regen und fun·gieren dank dieser Macht auch heute noch als Glücks·symbol.)
Zur Entstehung der Tierkreis·zeichen beziehungsweise zur Begrün·dung, wie es zu ihrer Reihen·folge kam, gibt es ver·schiedene Legen·den, die die Ein·tei·lung als Ergeb·nis eines Wett·kampfes deuten, der entweder vom legendären „Gelben Kaiser“ (dem Begrün·der des chinesi·schen Kalen·ders) oder von Buddha veranstal·tet wurde. Es ging dabei darum, einen großen Fluss zu durch·queren, was (Was·ser-) Büffel am besten gelang. Dank seiner Gut·mütig·keit hatte er aber die Ratte mit·genom·men, die im letzten Augenblick vor ihm ans Ufer sprang und so den Wettlauf gewann. Die Ratte soll außerdem die Katze, die auch auf dem Rücken des Ochsen saß, ins Wasser gestoßen haben, wes·halb die Katze nicht in den Tier·kreis·zyklus auf·genom·men wurde und der Ratte ewige Feind·schaft schwor. Mög·lich ist aller·dings auch, dass die Katze zum Zeit·punkt, als sich der Tierkreis·zyklus etab·lierte, in China noch gar nicht domes·tiziert war. Die Viet·namesen schufen diesem Umstand Abhilfe, indem sie in ihrem Tierkreis·zyklus den Hasen durch die Katze ersetzten.
Einteilung von Zeit und Raum
Die Tierkreiszeichen wurden sowohl in der traditionel·len Zeit·mes·sung als auch zur Eintei·lung der Him·mels·rich·tun·gen ein·gesetzt. Ent·spre·chend den Himmels·rich·tungen war auch der Tag in zwölf Stunden ge·gliedert, die im Durchschnitt nicht 60, son·dern 120 Minuten an·dauer·ten, was jedoch je nach Jahres·zeit variierte.1 Die Stunde der Ratte, die ja auch den Norden repräsen·tiert, entsprach der Mitter·nacht, die Stunde des Hasen (Osten) dem Sonnen·auf·gang, das Pferd (Süden) stand für den Mittag, usw. Die heute noch gebräuch·lichen japani·schen Aus·drücke gozen (Vor·mittag) und gogo (Nach·mittag) bedeuten wört·lich „vor dem Pferd“ und „nach dem Pferd“.
Außerdem verwendete man die Tier·kreis·zeichen um Jahre, Monate und Tage in Serien von jeweils zwölf Ein·heiten zu ar·rangieren.
Im Fall der Jahre kombinierte man die Tier·kreis·zeichen außer·dem mit einem anderen tradi·tionel·len Zyklus, dem Zyklus der Fünf Elemente oder Wand·lungs·phasen (
Fünf Wandlungsphasen; Prinzip der chin. Naturphilosophie
Der Begriff „gogyō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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):
Holz, Feuer, Metall, Erde, Wasser
Die Kombi·nation von Wand·lungs·phasen und Tier·kreis·zeichen er·gibt den Sechzigerzyklus, der allerdings durch die Ein·beziehung eines spezi·fischen
Dualistisches Prinzip der chin. Naturphilosophie
Der Begriff „Yin Yang“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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-Schemas weiter verkompliziert wurde. (Siehe unten, tabellarische Übersicht.)
So kom·plex und verwirrend all dies auf den ersten Blick erscheinen mag, fest steht, dass der Sechzigerzyklus in China bereits in der Han [Han (chin.) 漢 chin. Han-Dynastie (207 v.u.Z.–220 u.Z.)]-Zeit das geläufigste Kalen·der·sys·tem darstellte.
Horoskopische Deutung
Das chinesische Horoskop, das auch in allen von China beein·flussten Nach·bar·ländern bekannt ist, basiert auf dem Sechzigerzyklus. Es fragt in erster Linie nicht nach dem Geburts·monat, son·dern nach dem Geburts·jahr und ordnet allen, die im gleichen Jahr geboren sind, gewisse gemein·same Eigen·schaf·ten zu. Obwohl es etwa als vor·teil·haft gilt, im Jahr des Drachen geboren zu werden, haben letzt·lich alle Tier·kreis·zeichen sowohl positive als auch negative, bzw. neutrale Eigen·schaf·ten. Viele dieser Eigen·schaf·ten sind auch für Laien durchaus nach·zu·voll·zie·hen. Die Ratte gilt bei·spiels·weise als intelli·gent, aber auf·grund ihres Sam·mel·triebes auch als geizig, der Ochse als gut·mütig, aber stur, usw... Darüber hinaus gibt es wie in der europäi·schen Astrologie auch Theorien, zwischen welchen Tier·zeichen grund·sätz·lich eher Har·monie bzw. Dis·har·monie besteht.
Quelle: Online-Handbuch Demographie [2010/9]
Horoskope, die aufgrund des Sechzigerzyklus getrof·fen werden, beein·flus·sen teil·weise heute noch die Heirats- und Fami·lien·pla·nung. In Japan gilt es bei·spiels·weise als un·vor·teil·haft, eine Frau zu heira·ten, die in einem Feuer+Pferd-Jahr (hinoe-uma) gebo·ren wurde, da Pferd und Feuer besonders starke Yang-Eigen·schaften reprä·sen·tieren (Pferd = Süden = Feuer = Yang) und daher „männ·lich“ kon·notiert sind. 1966, im letz·ten Feuer·pferd-Jahr kam es aus diesem Grunde zu einem deut·lichen Ein·bruch in der Ge·burten·rate, da man ver·meiden wollte, eine Tochter in die Welt zu setzen, die dann unter dem nega·tiven Feuer·pferd-Zeichen zu leiden hätte. Tat·säch·lich sind Frauen dieses Jahr·gangs Dis·krimi·nie·rungen ver·schie·denster Art aus·gesetzt. Es gibt sogar Selbst·hilfe·grup·pen von 1966er Frauen, die sich da·gegen zur Wehr setzen. Für Frauen des vor·letzten Feuer·pferd-Jahr·gangs 1906 sollen die Folgen im übrigen noch weit·aus schlim·mer gewesen sein. Trotz fort·schrei·tender Moderni·sie·rung sind diese auf dem tradi·tionel·len Kalen·der be·grün·deten Vor·stel·lun·gen also nach wie vor wir·ksam.
Westliche Tierkreiszeichen und die entsprechende Astrologie sind im Zuge der Orientie·rung am Westen auch in Japan populär gewor·den, werden aber weniger ernst genom·men. Ein weiterer Unter·schied zu den chinesi·schen besteht darin, dass die chine·sischen nichts mit den Stern·bildern am Himmel zu tun haben. Im übrigen waren die west·lichen zwölf Tier·kreis·zeichen den Spezialis·ten der ost·asiatischen Himmels·kunde bereits in vor·moderner Zeit bekannt. Siehe dazu die Sidepage Westliche Astrologie im vor·moder·nen Japan.
Tabellarische Übersicht
Die Zwölf Tierkreiszeichen (Erdzweige)
Tier | On2 | Kun3 | Zeichen | Yin/Yang | Tier | On | Kun | Zeichen | Yin/Yang | ||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
1 | Ratte/Maus | SHI | ne | 子 | Yang | 7 | Pferd | GO | uma | 午 | Yang |
2 | Büffel/Rind | CHŪ | ushi | 丑 | Yin | 8 | Ziege/Schaf | BI | hitsuji | 未 | Yin |
3 | Tiger | IN | tora | 寅 | Yang | 9 | Affe | SHIN | saru | 申 | Yang |
4 | Hase | BŌ | u | 卯 | Yin | 10 | Hahn | YŪ | tori | 酉 | Yin |
5 | Drache | SHIN | tatsu | 辰 | Yang | 11 | Hund | JUTSU | inu | 戌 | Yang |
6 | Schlange | SHI | mi | 巳 | Yin | 12 | Wildschwein | GAI | i | 亥 | Yin |
Die Schrei·bung der Tier·kreis·zeichen variiert von Land zu Land ein wenig und ist hier auf Japa·nisch wieder·gegeben. Die ent·sprechen·den Kanji sind Spezial·zeichen der Kalen·der·kunde. Sie bezeichnen im Grunde die sogenannten „Zwölf Erdzweige“ (
Zwölf Erdzweige (chin. Tierkreiszeichen)
Der Begriff „jūni shi“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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), die wohl ursprünglich nichts mit Tieren zu tun hatten, im Lauf der Zeit aber mit den entsprechenden Tieren zu einer Einheit verschmolzen. In japa·nischer Aus·sprache kürzt man bei manchen Tieren den Namen ab, wenn man das Tier·kreis·zeichen meint: Ratte = nezumi, Hase = usagi, Schlange = hebi>mi, Wildschwein = inoshishi.
Die Acht Richtungen
Trig. | Kanji | On2 | Tier | Kun3 | Richtung | Element |
---|---|---|---|---|---|---|
☵ | 坎 | KAN | Ratte | (ne) | Norden | Wasser |
☶ | 艮 | GON | Rind Tiger |
ushitora | Nordost | Berg |
☳ | 震 | SHIN | Hase | (u) | Osten | Donner |
☴ | 巽 | SON | Drache Schlange |
tatsumi | Südost | Wind |
☲ | 離 | RI | Pferd | (uma) | Süden | Feuer |
☷ | 坤 | KON | Ziege Affe |
hitsujisaru | Südwest | Erde |
☱ | 兌 | DA | Hahn | (tori) | Westen | Sumpf |
☰ | 乾 | KEN | Hund Schwein |
inui | Nordwest | Himmel |
Im Fall der Himmels·rich·tun·gen gibt es zwar wie im Westen ein Vierer- bzw. Achterschema, doch kommen auch hier die Tierkreiszeichen zum Einsatz. Dabei entspricht die Ratte (ne) dem Norden, der Hase (u) dem Osten, das Pferd (uma) dem Süden und der Hahn (tori) dem Westen. Die Neben·himmels·rich·tungen werden mit der jewei·ligen Kom·bination von Tier·namen bezeich·net: „Ochse-Tiger“ (ushitora) = Nordost; „Drache-Schlange“ (tatsumi) = Südost; „Ziege-Affe“ (hitsujisaru) = Südwest; „Hund-Schwein“ (inui) = Nordwest. Um die Ver·wir·rung kom·plett zu machen, wird für diesen Kreis von acht Him·melsrich·tungen ein eigenes Set von acht Spezial·kanji ver·wen·det, welche dem „Buch der Wand·lungen“ (
„Buch/Leitfaden der Wandlungen“ (chin. Klassiker); jap. Ekikyō
Der Begriff „Yijing“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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) entstammen.
Die Zehn Himmelsstämme
Um im System der Fünf Elemente auch noch den Yin-Yang Aspekt zu berück·sich·tigen, multi·pliziert man die Elemente mit zwei und erhält so die sog. „Zehn Himmels·stämme“.
Kanji | On2 | Kun3 | Yang/Yin | Element | |
---|---|---|---|---|---|
1 | 甲 | KŌ | kinoe 木の兄 | Yang | Holz (ki 木) |
2 | 乙 | OTSU | kinoto 木の弟 | Yin | |
3 | 丙 | HEI | hinoe 火の兄 | Yang | Feuer (hi 火) |
4 | 丁 | TEI | hinoto 火の弟 | Yin | |
5 | 戊 | BO | tsuchinoe 土の兄 | Yang | Erde (tsuchi 土) |
6 | 己 | KI | tsuchinoto 土の弟 | Yin | |
7 | 庚 | KŌ | kanoe 金の兄 | Yang | Metall (kane 金) |
8 | 辛 | SHIN | kanoto 金の弟 | Yin | |
9 | 壬 | JIN | mizunoe 水の兄 | Yang | Wasser (mizu 水) |
10 | 癸 | KI | mizunoto 水の弟 | Yin |
Der Sechzigerzyklus
Die Kom·bi·nation der Zwölf Erdzweige und der Zehn Himmelsstämme ergibt den Sechziger·zyklus. Er enthält 60 und nicht 120 Elemente, da ein Erdzweig-Tier mit Yang-Aspekt nur einem Yang-Himmelsstamm, und ein Yin-Tier nur einem Yin-Stamm zuge·ordnet wird.
Ratte | Büffel | Tiger | Hase | Drache | Schlange | Pferd | Ziege | Affe | Hahn | Hund | Schwein | |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Holz + | 1甲子 | 51甲寅 | 41甲辰 | 31甲午 | 21甲申 | 11甲戌 | ||||||
Holz – | 2乙丑 | 52乙卯 | 42乙巳 | 32乙未 | 22乙酉 | 12乙亥 | ||||||
Feuer + | 13丙子 | 3丙寅 | 53丙辰 | 43丙午 | 33丙申 | 23丙戌 | ||||||
Feuer – | 14丁丑 | 4丁卯 | 54丁巳 | 44丁未 | 34丁酉 | 24丁亥 | ||||||
Erde + | 25戊子 | 15戊寅 | 5戊辰 | 55戊午 | 45戊申 | 35戊戌 | ||||||
Erde – | 26己丑 | 16己卯 | 6己巳 | 56己未 | 46己酉 | 36己亥 | ||||||
Metall + | 37庚子 | 27庚寅 | 17庚辰 | 7庚午 | 57庚申 | 47庚戌 | ||||||
Metall – | 38辛丑 | 28辛卯 | 18辛巳 | 8辛未 | 58辛酉 | 48辛亥 | ||||||
Wasser + | 49壬子 | 39壬寅 | 29壬辰 | 19壬午 | 9壬申 | 59壬戌 | ||||||
Wasser – | 50癸丑 | 40癸卯 | 30癸巳 | 20癸未 | 10癸酉 | 60癸亥 | ||||||
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Verweise
Verwandte Themen
Fußnoten
- ↑ Es wurde nämlich die Zeit zwischen Son·nen·auf- und -unter·gang in jeweils sechs Stunden unter·teilt, unabhän·gig von der Jahres·zeit, sodass die Winter·stunden bei Tageslicht kurz und in der Nacht lang waren und umgekehrt.
- ↑ abc onyomi, sinojap. Lesung eines Zeichens
- ↑ abc kunyomi, jap. Lesung eines Zeichens
Internetquellen
- Kalender und Zeitrechnung, Bernhard Peter
Mit sehr genauen Erläuterungen des traditionellen chinesischen und japanischen Kalendersystems. - Einführung in die japanische Chronologie, Matthias Schemm
Der Auto programmierte auch das das probate Umrechnungstool NengoCalc auf dieser Website. [Über Internet Archive, 2010/8] - Erdzweige, bzw. Chinesischer Kalender
Deutsche Wikipedia - Einträge.
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Religion in Japan, Inhalt
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