Grundbegriffe/Yin und Yang/Himmelskunde/Kalender

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Die zwölf chinesischen Tierkreiszeichen

Ähn·lich wie in Europa und dem Vorderen Orient existieren auch in Ostasien zwölf Tier·keis·zeichen, die zur Ein·tei·lung des Raums, der Zeit und schließ·lich auch zur horosko·pischen Vor·her·sage von mensch·lichen Schick·salen ver·wendet wurden und werden. Es handelt sich dabei in Ost·asien um folgende Tiere:

Tier On Kun Zeichen Tier On Kun Zeichen
1 Ratte/Maus SHI ne 7 Pferd GO uma
2 Ochs/Büffel CHŪ ushi 8 Schaf/Ziege BI hitsuji
3 Tiger IN tora 9 Affe SHIN saru
4 Hase u 10 Hahn tori
5 Drache SHIN tatsu 11 Hund JUTSU inu
6 Schlange SHI mi 12 Wildschwein GAI i

Die Tiere sind in ganz Ostasien mehr oder weniger diesel·ben. (Nur der Hase wird manchmal zur Katze.) Die Schrei·bung der Tier·kreis·zeichen variiert aller·dings von Land zu Land ein wenig und ist hier auf Japa·nisch wieder·gegeben. Die ent·sprechen·den Kanji sind Spezial·zeichen der Kalen·der·kunde. In japa·nischer Aus·sprache kürzt man außer·dem bei manchen Tieren den Namen ab, wenn man das Tier·kreis·zeichen meint: Ratte = nezumi, Hase = usagi, Schlange = hebi>mi, Wildschwein = inoshishi.

Junishi meiji.jpg
Die Zwölf Tiere des chinesischen Kalenders in einer Darstel·lung aus der Meiji-Zeit (1875)
Die Tierkreiszeichen des chinesischen Kalenderwesens.
Meiji-Zeit, 1875. Waseda University Library.

Einteilung von Zeit und Raum

Die Tierkreiszeichen wurden sowohl in der traditionel·len Zeit·mes·sung als auch zur Eintei·lung der Him·mels·rich·tun·gen ein·gesetzt. Im Fall der Himmels·rich·tun·gen entspricht die Ratte (ne) dem Norden, der Hase (u) dem Osten, das Pferd (uma) dem Süden und der Hahn (tori) dem Westen. Die Neben·himmels·rich·tungen werden mit der jewei·ligen Kom·bination von Tier·namen bezeich·net: „Ochse-Tiger“ (ushitora) = Nordost; „Drache-Schlange“ (tatsumi) = Südost; „Ziege-Affe“ (hitsujisaru) = Südwest; „Hund-Schwein“ (inui) = Nordwest. Um die Ver·wir·rung kom·plett zu machen, wird für diesen Kreis von acht Him·melsrich·tungen ein eigenes Set von acht Spezial·kanji ver·wen·det, welche dem „Buch der Wand·lungen“ (

Yijing 易経 (chin.)

„Buch/Leitfaden der Wandlungen“ (chin. Klassiker); jap. Ekikyō

Text

Der Begriff „Yijing“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Bilder

  • Raijin kuniyoshi.jpg
  • Fujin kuniyoshi.jpg

) entstammen.

Entsprechend den Himmelsrichtungen war auch der Tag in zwölf Stunden ge·gliedert, die nicht 60, son·dern 120 Minuten an·dauer·ten (im Schnitt, denn genau genom·men wurde die Zeit zwischen Son·nen·auf- und -unter·gang in jeweils sechs Stunden unter·teilt, unabhän·gig von der Jahres·zeit). Die Stunde der Ratte, die ja auch den Norden repräsen·tiert, entsprach der Mitter·nacht, die Stunde des Hasen (Osten) dem Sonnen·auf·gang, das Pferd (Süden) stand für den Mittag, usw. Die heute noch gebräuch·lichen japanischen Aus·drücke gozen (Vor·mittag) und gogo (Nach·mittag) bedeuten wört·lich „vor dem Pferd“ und „nach dem Pferd“.

Außerdem verwendete man die Tier·kreis·zeichen um Jahre, Monate und Tage in Serien von jeweils zwölf Ein·heiten zu ar·rangieren.

Der 60er Zyklus

Im Fall der Jahre kombinierte man die Tier·kreis·zeichen außer·dem mit einem anderen tradi·tionel·len Zyklus, dem Zyklus der Fünf Elemente oder Wand·lungs·phasen (

gogyō 五行 (jap.)

Fünf Wandlungsphasen; Prinzip der chin. Naturphilosophie

Konzept

Der Begriff „gogyō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Bilder

  • Kachikachiyama.jpg

):

Holz, Feuer, Metall, Erde, Wasser

Die Kombi·nation von Wand·lungs·phasen und Tier·kreis·zeichen er·gibt den 60er Zyklus. Um hier·bei auch noch den Yin-Yang Aspekt zu berück·sich·tigen, multi·pliziert man die Fünf Elemente mit zwei und erhält so die sog. „Zehn Himmels·stämme“. Diesen stehen die Tier·kreis·zeichen als die „Zwölf Erd·zweige“ gegenüber. Die Kom·bi·nation der beiden „Stämme“ ergibt den·noch nur 60 Elemente, da jedes Tier nur entweder einem Yin- oder Yang-Stamm zuge·ordnet werden kann. So kom·pliziert dies auf den ersten Blick erscheinen mag, fest steht, dass der 60er Zyklus in ganz Ostasien ein inte·graler Bestand·teil des traditionel·len Kalen·der·sys·tems ist.

60er Zyklus, schematisch
Ratte Ochse Tiger Hase Drache Schlange Pferd Schaf Affe Hahn Hund Schwein
Holz + 1 甲子 51 甲寅 41 甲辰 31 甲午 21 甲申 11 甲戌
Holz – 2 乙丑 52 乙卯 42 乙巳 32 乙未 22 乙酉 12 乙亥
Feuer + 13 丙子 3 丙寅 53 丙辰 43 丙午 33 丙申 23 丙戌
Feuer – 14 丁丑 4 丁卯 54 丁巳 44 丁未 34 丁酉 24 丁亥
Erde + 25 戊子 15 戊寅 5 龙辰 55 戊午 45 戊申 35 戊戌
Erde – 26 己丑 16 己卯 6 己巳 56 己未 46 己酉 36 己亥
Metall + 37 庚子 27 庚寅 17 庚辰 7 庚午 57 庚申 47 庚戌
Metall – 38 辛丑 28 辛卯 18 辛巳 8 辛未 58 辛酉 48 辛亥
Wasser + 49 壬子 39 壬寅 29 壬辰 19 壬午 9 壬申 59 壬戌
Wasser – 50 癸丑 40 癸卯 30 癸巳 20 癸未 10 癸酉 60 癸亥
  • Plus (+) und Minus (–) steht für Yang und Yin
  • Die Ziffern stehen für die zeitliche Abfolge innerhalb des 60er Zyklus

Horoskopische Deutung

Das chinesische Horoskop, das auch in allen von China beein·flussten Nach·bar·ländern bekannt ist, basiert auf dem 60er Zyklus. Es fragt in erster Linie nicht nach dem Geburts·monat, son·dern nach dem Geburts·jahr und ordnet allen, die im gleichen Jahr geboren sind, gewisse gemein·same Eigen·schaf·ten zu. Obwohl es etwa als vor·teil·haft gilt, im Jahr des Drachen geboren zu werden, haben letzt·lich alle Tier·kreis·zeichen sowohl positive als auch negative, bzw. neutrale Eigen·schaf·ten. Viele dieser Eigen·schaf·ten sind auch für Laien durchaus nach·zu·voll·zie·hen. Die Ratte gilt bei·spiels·weise als intelli·gent, aber auf·grund ihres Sam·mel·triebes auch als geizig, der Ochse als gut·mütig, aber stur, usw... Darüber hinaus gibt es wie in der europäi·schen Astrologie auch Theorien, zwischen welchen Tier·zeichen grund·sätz·lich eher Har·monie bzw. Dis·har·monie besteht.

Vogt Geburtenrate neu.gif
Japanische Gebur·tenrate, Einbruch im Jahr 1966.
Quelle: Online-Handbuch Demographie [2010/9]

Horoskope, die aufgrund des 60er Zyklus getrof·fen werden, beein·flus·sen teil·weise heute noch die Heirats- und Fami·lien·pla·nung. In Japan gilt es bei·spiels·weise als un·vor·teil·haft, eine Frau zu heira·ten, die in einem Feuer+Pferd-Jahr (hinoe-uma) gebo·ren wurde, da Pferd und Feuer besonders starke Yang-Eigen·schaften reprä·sen·tieren (Pferd = Süden = Feuer = Yang) und daher „männ·lich“ kon·notiert sind. 1966, im letz·ten Feuer·pferd-Jahr kam es aus diesem Grunde zu einem deut·lichen Ein·bruch in der Ge·burten·rate, da man ver·meiden wollte, eine Tochter in die Welt zu setzen, die dann unter dem nega·tiven Feuer·pferd-Zeichen zu leiden hätte. Tat·säch·lich sind Frauen dieses Jahr·gangs Dis·krimi·nie·rungen ver·schie·denster Art aus·gesetzt. Es gibt sogar Selbst·hilfe·grup·pen von 1966er Frauen, die sich da·gegen zur Wehr setzen. Für Frauen des vor·letzten Feuer·pferd-Jahr·gangs 1906 sollen die Folgen im übrigen noch weit·aus schlim·mer gewesen sein. Trotz fort·schrei·tender Moderni·sie·rung sind diese auf dem tradi·tionel·len Kalen·der be·grün·deten Vor·stel·lun·gen also nach wie vor wir·ksam.

Westliche Tierkreiszeichen und die entsprechende Astrologie sind im Zuge der Orientie·rung am Westen auch in Japan populär gewor·den, werden aber weniger ernst genom·men. Ein weiterer Unter·schied zu den chinesi·schen besteht darin, dass die chine·sischen nichts mit den Stern·bildern am Himmel zu tun haben. Im übrigen waren die west·lichen zwölf Tier·kreis·zeichen den Spezialis·ten der ost·asiatischen Himmels·kunde wohl auch in vor·moderner Zeit bekannt. Siehe dazu die Sidepage Westliche Astrologie im vor·moder·nen Japan.

Ursprungslegenden

Die Jahresein·tei·lung nach dem 60er Zyklus war bereits in der Han-Zeit bekannt, die zwölf Tier·kreis·zeichen sind wahr·schein·lich noch um vieles älter. Inte·res·santer·weise handelt es sich nicht um Sagen·ge·stal·ten oder Fabel·wesen wie in Europa, son·dern um ziem·lich „nor·male“ Tiere, die im bäuer·lichen All·tag einer agra·rischen Gesell·schaft, sei als Haus- oder Nutztiere, sei es als Gefahr oder Bedro·hung, die wichtigste Rolle spiel·ten. Das gilt auch für die Drachen, die als real exis·tierende Wesen auf·gefasst wur·den. (Sie be·herrsch·ten vor allem den Regen und fun·gieren dank dieser Macht auch heute noch als Glücks·symbol.)

Zur Entstehung der Tierkreis·zeichen beziehungsweise zur Begrün·dung, wie es zu ihrer Reihen·folge kam, gibt es ver·schiedene Legen·den, die die Ein·tei·lung als Ergeb·nis eines Wett·kampfes deuten, der entweder vom legendären „Gelben Kaiser“ (dem Begrün·der des chinesi·schen Kalen·ders) oder von Buddha veranstal·tet wurde. Es ging dabei darum, einen großen Fluss zu durch·queren, was dem Ochsen (oder Was·ser·büffel) am besten gelang. Dank seiner Gut·mütig·keit hatte er aber die Ratte mit·genom·men, die im letzten Augenblick vor ihm ans Ufer sprang und so den Wettlauf gewann. Die Ratte soll außerdem die Katze, die auch auf dem Rücken des Ochsen saß, ins Wasser gestoßen haben, wes·halb die Katze nicht in den Tier·kreis·zyklus auf·genom·men wurde und der Ratte ewige Feind·schaft schwor. Mög·lich ist aller·dings auch, dass die Katze zum Zeit·punkt, als sich der Tierkreis·zyklus etab·lierte, in China noch gar nicht domes·tiziert war. Die Viet·namesen schufen diesem Umstand Abhilfe, indem sie in ihrem Tierkreis·zyklus den Hasen durch die Katze ersetzten.

Religion in JapanGrundbegriffe
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„Kalender.“ In: Bernhard Scheid, Religion-in-Japan: Ein digitales Handbuch. Universität Wien, seit 2001