Essays/Horrorklassiker

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Tsukioka Yoshitoshi

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Der späte Ukiyoe-Künstler Tsukioka Yoshitoshi (1839–1892) verfasste gegen Ende seines Lebens eine Serie von Geisterbildern, die heute zu seinen bekanntesten Werken zählt. Während sich viele Ukiyoe Yoshitoshis durch besonders drastisch zur Schau gestellte „sex-and-crime“ Szenen auszeichnen, konzentriert er sich hier auf die Darstellung einzelner Figuren, die oft ruhig und gefasst wirken und meist gar nicht unmittelbar als Geister zu erkennen sind. Kennt man aber den Hintergrund ihrer Geschichten, prägen sich Yoshitoshis Geister um so nachhaltiger ein.

Auch Yoshitoshi illustriert Motive, die schon bei Hokusai und seinen Zeitgenossen zu finden sind. Alle vor·der·gründig-gespens·tischen Ele·mente fehlen hier allerdings: Okiku, das Tellergespenst (1.v.li.), steigt ohne Teller aus ihrem Brunnen und ist auf den ersten Blick mit·leid·er·re·gend, nicht un·heim·lich. Die Frau mit der Päonienlaterne wird mit den Augen ihres Liebhabers betrachtet, der nicht erkennt, dass sie ein Geist ist. Die Ver·wand·lung der Schlagen·frau Kiyohime (re.) deutet sich ledig·lich durch die merk·würdige Silhouette der Figur und durch das Muster des Kimonos an. Das Verhältnis zwischen Totengeist und Krieger (Mitte) scheint auf einer lang erprobten Routine zu beruhen. Einzig die Dämonin des Rashō-mon bringt Bewegung in Spiel. Sie hat eben ihren abgehackten Arm wieder erbeutet. Aber auch in ihrem Gesicht deuten sich die Züge der Hannya-Maske nur schwach an.

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    Kyosai hyakki gadan.jpg
    Eine bürgerliche Familie lauscht wohlig schaudernd einer Erzählung von „Hundert Geschichten“ (Hyaku monogatari)
    Werk von Kawanabe Kyōsai. Meiji-Zeit. Metropolitan Museum of Art, New York.
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    Hokusai okiku.jpg
    Der Geist der Okiku entsteigt jede Nacht einem Brunnen, in dem sie ertränkt wurde, nachdem sie ihrem Herrn die Liebe verweigerte. Auch als Geist ist Okiku beständig auf der Suche nach dem zehnten Teller, den ihr Herr in der bösen Absicht versteckt hat, sie bei der Herrin anzuschwärzen. Der Rauch, der ihrem Mund auf diesem Bild entweicht, soll wohl das Zählen der Teller symbolisieren.
    Werk von Katsushika Hokusai (1760–1849). Edo-Zeit. Minneapolis Institute of Art.
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    Hokusai oiwa.jpg
    Im zerschlissenen Lampion eines Friedhofs erscheint der Totengeist (yūrei) der ruchlos ermordeten Oiwa.
    Werk von Katsushika Hokusai (1760–1849). Edo-Zeit. Minneapolis Institute of Art.
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    Hokusai koheiji.jpg
    Das Gespenst des ermordeten Kohada Koheiji grinst über den Rand eines Moskitonetzes.
    Werk von Katsushika Hokusai (1760–1849). Edo-Zeit. Museum of Fine Art, Boston.
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    Asakura togo kuniyoshi.jpg
    Das Bild zeigt den Kabuki-Schauspieler Ichikawa Kodanji IV in der Rolle des Totengeist (yūrei) Asakura Tōgo, im Stück Higashiyama sakura zoshi. In dieser Darstellung ist die, für japanische Gespenster typische, schlaffe Handhaltung ganz besonders gut zu erkennen.
    Werk von Utagawa Kuniyoshi (1797–1861). Späte Edo-Zeit, 1851. The British Museum.
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    Hokusai hannya.jpg
    Portrait einer menschenfressenden Dämonin (hannya), die eben einen Säugling verspeist.
    Werk von Katsushika Hokusai (1760–1849). Edo-Zeit. Minneapolis Institute of Art.
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    Rashomon kuniyoshi.jpg
    Der wackere Watanabe Tsuna wird heimtückisch von hinten attackiert, kann der Dämonin (hannya) aber mit dem Schwert einen Arm abtrennen.
    Werk von Utagawa Kuniyoshi (1797–1861). Edo-Zeit, ca. 1825. National Museum of Asian Art, Arthur M. Sackler Gallery.
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    Schlange hokusai.jpg
    Eine Schlange (hebi) windet sich um ein Totentäfelchen (ihai). Die Stoffmuster wiederholen die Muster der Schlangenhaut.
    Werk von Katsushika Hokusai (1790–1849). Edo-Zeit. Minneapolis Institute of Art.
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    Dojojiengi.jpg
    Die in eine Schlange verwandelte Kiyohime bringt die Glocke, unter der sich ihr Liebhaber versteckt, zum Glühen.

    Es handelt sich um eine illustrierte Chronik des Tempels Dōjō-ji, wo sich die Geschichte im Jahr 928 abgespielt haben soll.
    Werk von Tosa Mitsushige. Wakayama Prefectural Museum.

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    Kuniyoshi kiyohime1.jpg
    Kiyohime, die sich zur Hälfte in eine Schlange verwandelt hat, windet sich um eine Tempelglocke, unter der ihr ehemaliger Geliebter Zuflucht vor ihrer Rache gesucht hat.
    Werk von Utagawa Kuniyoshi (1797–1861). Edo-Zeit, um 1845. The Kuniyoshi Project.
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    Okiku yoshitoshi.jpg
    Der Geist der Okiku wirkt hier im Gegensatz zu andern Totengeistern nicht furchteinflößend, sondern zart und traurig.
    Werk von Tsukioka Yoshitoshi. Meiji-Zeit. National Diet Library, Tokyo.
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    Botandoro.jpg
    In der hier dargestellten Geschichte geht es um eine verführerische Geisterfrau, die einen verwitweten Samurai in ein erotisches Liebesverhältnis verstrickt. Jede Nacht erscheint sie in Begleitung ihrer Dienerin mit einer Laterne in Form einer Pfingstrose (Päonie, jap. botan). Als der Samurai entdeckt, dass seine Geliebte ein Totengeist (yūrei) ist, beendet er die Beziehung mithilfe religiöser Spezialisten, wird aber rückfällig und endet selbst im Grab. Herkunft und Motivation der Geisterfrau bleiben in dieser Geschichte im Dunkeln.

    Die Erzählung stammt von Asai Ryōi (1612–1691) und erschien erstmals 1666. Sie basiert auf einer chinesischen Vorlage.
    Werk von Tsukioka Yoshitoshi. Meiji-Zeit. National Diet Library, Tōkyō.

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    Otani yoshitsugu.jpg
    Hideaki (1577–1602) kämpfte in der Schicksalsschlacht von Sekigahara (1600) anfangs gegen Tokugawa Ieyasu, lief aber zu ihm über. Sein Verrat trug entscheidend zum Sieg Ieyasus bei und wurde reich belohnt. Während der Schlacht fiel er seinem ehemaligen Verbündeten Ōtani Yoshitsugu (1559–1600) in den Rücken. Dieser fiel in der Schlacht. Später soll er Hideaki als Totengeist (yūrei) jede Nacht aufgesucht und so das frühe Ende des letzteren herbeigeführt haben.
    Werk von Tsukioka Yoshitoshi. Bildquelle: Antique Art Morimiya.
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    Rashomon yoshitoshi.jpg
    Die Dämonin (hannya) ist hocherfreut, denn es ist ihr gelungen, ihren abgehackten Arm wieder zu erbeuten. Die komplexe Legende dieser Dämonin, die im Südtor der Stadt Kyōto haust, findet sich bereits in der Heian-zeitlichen Sammlung Konjaku monogatari-shū.
    Werk von Tsukioka Yoshitoshi. Meiji-Zeit. Rijksmuseum, Amsterdam (RP-P-1983-393).
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    Obake kyosai muian.jpg
    Bild eines Totengeistes yūrei, der dem Bild eines Totengeistes entsteigt.
    Werk von Kawanabe Kyōsai. Meiji-Zeit, 1883. Bildquelle: Muian.
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    Kyosai yurei3.jpg
    Das Motiv des Rachegeists (onryō), der sich in den Haaren eines abgetrennten Kopfes festgebissen hat, findet sich auch im Zusammenhang mit Kohada Koheiji (s. Hokusai). Das Kabukistück Iroiri otogi zoshi erzählt, dass Koheiji schlussendlich seine Frau zu Tode brachte und ihren Kopf mit sich trug. Kyōsai gönnt seinem Totengeist (yūrei) allerdings keinen Triumph: in seiner Besessenheit ist der Geist nicht mehr im Stande zu erkennen, dass er das Ziel seiner Rache bereits erreicht hat.
    Werk von Kawanabe Kyōsai (1831–1889). Meiji-Zeit, 1870. Bildquelle: Keiyōdō, J-Blog, 2012.
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    Yurei kyosai1.jpg
    In manischer Verzweiflung fasst sich diese weibliche Rachefigur (yūrei) selbst ins Haar, während sie den Kopf ihres Opfers an den Haaren mit sich führt.
    Werk von Kawanabe Kyōsai (1831–1889). 1871. The British Museum.
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    Onibaba.jpg
    Die Titelheldin Onibaba (die dämonische Alte) mit einer hannya-Maske, von der sie sich nicht mehr befreien kann.
    Werk von Shindō Kaneto. Spätere Shōwa-Zeit, 1965. Cinema Strikes Back.
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    Kaidan.jpg
    Filmplakat des Films „Kaidan“
    Werk von Nakata Hideo. 2007. Bildquelle: unbekannt.
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    Sadako ringu.jpg
    Adaptierte amerikanische Fassung des Films Ringu von Nakata Hideo, 1998. Dieser wiederum orientiert sich an der Gestalt der Okiku, die in den Brunnen geworfen wurde.
    Bildquelle: unbekannt.
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    Kuchisake.jpg
    Kuchisake onna (die Frau mit dem Schlitzmund), eine moderne Version der hannya-Dämonin.
    Werk von Hashiguchi Takaaki. 2007.
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    Kayako juon.jpg
    Totengeist (yūrei) der Kayako, dargestellt von Fuji Takako. Die Handlung enthält gewisse Ähnlichkeiten mit der Geschichte der Oiwa, von deren Edo-zeitlicher Darstellung auch die Betonung des einen hervorquellenden Auges inspiriert sein dürfte.
    Werk von Shimizu Takashi. Bildquelle: Ju-on-the-grudge-Wikia, Wiki.

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„Hundert Geschichten: Horrorklassiker aus der Edo-Zeit.“ In: Bernhard Scheid, Religion-in-Japan: Ein digitales Handbuch. Universität Wien, seit 2001