Mythen/Goetter des Himmels

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Zeitalter der Götter, Teil 1Die Götter des Himmels

Das „Zeitalter der Götter“ erscheint in den Mythen als verhältnismäßig klar abgegrenzte Zeitspanne zwischen der Entstehung der Welt und dem Beginn der Herrschaft der

Tennō 天皇 (jap.)

jap. „Kaiser“-Titel, wtl. Herrscher des Himmels

Der Begriff „Tennō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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Dynastie. In dieser Zeit bevölkern Menschen, Götter und Fabelwesen eine gemeinsame Sphäre, ähnlich wie in den Mythen der griechischen Antike oder anderen mythologischen Traditionen. Mythen dieser Götterzeit lassen sich in verschiedene Episoden gliedern, die in den beiden staatlich sanktionierten Chroniken

Kojiki 古事記 (jap.)

„Aufzeichnung alter Begebenheiten“; älteste jap. Chronik (712)

Text

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und

Nihon shoki 日本書紀 (jap.)

Zweitältestes Schriftwerk und erste offizielle Reichschronik Japans (720)

Text

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zwar miteinander verbunden sind, deren Protagonisten und regionale Schwerpunkte aber verschieden sind. Dies deutet darauf hin, dass es sich ursprünglich um von einander unabhängige Erzählungen handelte. Aus meiner persönlichen Sicht lassen sich vier Hauptepisoden identifizieren, die möglicherweise aus jeweils eigenen Sagenkreisen stammen, nämlich: a) die Erschaffung der Welt, b) der Zwist zwischen

Amaterasu 天照 (jap.)

Sonnengottheit; Ahnherrin des Tennō-Geschlechts; Hauptgottheit von Ise

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und

Susanoo 須佐之男/素戔男 (jap.)

mytholog. Gottheit; Trickster-Gott, Sturmgott, Mondgott; Bruder der Amaterasu

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, c) die Herrschaft der Nachkommen des Susanoo auf der Erde, und d) die Eroberung der Erde durch die Nachkommen der Sonnengottheit — die spätere Tenno Dynastie. Auf dieser Seite werden die Episoden a) und b) behandelt, auf der nächsten Seite c) und d).

Izanagi und Izanami

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Sowohl das Kojiki als auch das Nihon shoki beginnen mit der Entstehung des Universums und greifen dabei auf chinesische Vorstellungen zurück. Sie erwähnen die Teilung der Urmaterie in Himmel und Erde (

Yin Yang 陰陽 (chin.)

Dualistisches Prinzip der chin. Naturphilosophie

Konzept

Der Begriff „Yin Yang“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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) und listen anschließend eine Reihe von Urgöttern auf, die den Fünf Wandlungsphasen entsprechen. Diese Gottheiten besitzen kaum eine narrative Funktion für die folgende mythische Erzählung und fanden daher vermutlich erst relativ spät und unter dem Einfluss Chinas Eingang in die japanische Mythologie.

Den eigentlichen Beginn des Mythos von der Erschaffung der Welt bildet die Erzählung von den Ur-Göttern

Izanagi 伊耶那岐/伊奘諾 (jap.)

Göttervater; auch Izanaki (ki hier männliche Endung); Bruder und Mann von Izanami

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und

Izanami 伊耶那美/伊奘冉 (jap.)

Göttermutter, Göttin der Unterwelt (mi hier weibliche Endung); Schwester und Frau des Izanagi

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, die sowohl als Geschwister als auch als Ehepaar auftreten. Izanagi und Izanami befinden sich zunächst in einem Raum, der bloß aus Wasser, Luft und einer frei schwebenden Brücke zu bestehen scheint. Auf dieser Brücke stehen sie jedenfalls, wobei der Mann, Izanagi, mit einem Speer unten im Wasser herumstochert. Als er den Speer aus dem Wasser zieht, bilden sich an seiner Spitze salzige Klumpen, die zurück ins Wasser fallen und dort die erste Insel (

Onogoroshima 淤能碁呂島 (jap.)

Mythologischer Ursprungsort Japans; die „von selbst geronnene Insel“

Pantheon

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, wtl. „die von selbst geronnene Insel“) bilden. Auf diese Insel steigen Izanagi und Izanami nun herab. Sie errichten auf der Insel einen „Himmelspfeiler“ (oder einen Palast) und umrunden ihn in einer Art Hochzeitsritus. Es folgt ihre geschlechtliche Vereinigung, aus der auf nicht näher beschriebene Weise „Kinder“ in Form der japanischen Inseln entstehen. Mit jeder Bewegung erzeugen sie zudem, fast wie nebenbei, eine Unmenge von Gottheiten, z.B. Windgötter, Nahrungsgötter und andere mehr.

Vokabel

Götternamen:

Izanagi 伊耶那岐/伊奘諾 (jap.)

Göttervater; auch Izanaki (ki hier männliche Endung); Bruder und Mann von Izanami

Der Begriff „Izanagi“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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- Göttervater
Izanami 伊耶那美/伊奘冉 (jap.)

Göttermutter, Göttin der Unterwelt (mi hier weibliche Endung); Schwester und Frau des Izanagi

Der Begriff „Izanami“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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- Göttermutter
Amaterasu 天照 (jap.)

Sonnengottheit; Ahnherrin des Tennō-Geschlechts; Hauptgottheit von Ise

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- Sonnengottheit
Susanoo 須佐之男/素戔男 (jap.)

mytholog. Gottheit; Trickster-Gott, Sturmgott, Mondgott; Bruder der Amaterasu

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- Sturmgott, „enfant terrible“, Trickster
Ōkuninushi 大国主 (jap.)

mythol. Gottheit; wtl. Großer Meister des Landes

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- Weltbeherrscher von Izumo
Ninigi 瓊瓊杵 (jap.)

mytholog. Gottheit, Enkel Amaterasus

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- Enkel der Sonnengottheit
Jinmu Tennō 神武天皇 (jap.)

wtl. „göttlicher Krieger“; gemäß den japanischen Mythen der erste menschliche Herrscher (Tennō) Japans; eigentlicher Name: Kami Yamato Iware-hiko no Sumera Mikoto 神日本磐余彦天皇 (Nihon shoki)

Fiktive Person

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- Erster „menschlicher“ Herrscher

Mythische Orte:

Onogoroshima 淤能碁呂島 (jap.)

Mythologischer Ursprungsort Japans; die „von selbst geronnene Insel“

Pantheon

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- die erste Insel
Takama-no-hara 高天原 (jap.)

wtl. „Die Hohen Himmelsgefilde“, mythol. Bez. für das Reich der Himmlischen Götter; auch Takama-ga-hara

Pantheon

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- Die himmlischen Gefilde, der Himmel
Yomi 黄泉 (jap.)

mytholog. Unterwelt; geschrieben mit den Zeichen „Gelbe Quellen“, eine chinesische Bezeichnung für die Unterwelt

Pantheon, Konzept

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- die Unterwelt

Der dramatische Höhepunkt: Izanami gebiert den Feuergott, der ihren Schoß verbrennt. Sie „stirbt“ an den Folgen dieser Geburt, d.h. sie wird in die Unterwelt (

Yomi 黄泉 (jap.)

mytholog. Unterwelt; geschrieben mit den Zeichen „Gelbe Quellen“, eine chinesische Bezeichnung für die Unterwelt

Pantheon, Konzept

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) versetzt. Der entsetzte Vater Izanagi hingegen schlägt das Feuer-Kind mit seinem Schwert in Stücke, aus denen wiederum neue „Schwert-Feuer-Gottheiten“ entstehen, die später noch eine Rolle spielen werden. Vorlage:Galerie1 Dann macht sich Izanagi in seinem Schmerz auf die Suche nach Izanami. Er findet sie schließlich in der Unterwelt, kann sie allerdings in der Dunkelheit nicht sehen. Gegen Izanami's ausdrückliche Bitte entzündet er ein Licht (wtl. einen Span aus seinem Kamm) und erkennt ihre Schrecken erregende Verwandlung in einen verwesten Leichnam. Izanami fühlt sich durch diese Zurschaustellung zutiefst entehrt und verwandelt sich in eine Furie. Zusammen mit einer Reihe von Gehilfen jagt sie Izanagi bis zum Tor der Unterwelt, wo dieser die Verfolger abschüttelt, indem er das Tor mit einem großen Fels verrammelt. Diese Geste besiegelt die endgültige Trennung der Welt der Lebenden und der Toten. Izanami, die Herrin der Unterwelt, tut einen schrecklichen Schwur, täglich eintausend Leben zu vernichten; Izanagi, der Gott des Lebens, schwört dagegen, täglich eintausend Gebärhütten zu errichten. Damit ist der ewige Zyklus von Geburt, Leben und Tod in Gang gesetzt.

Abschließend vollzieht Izanagi eine rituelle Waschung (

misogi(jap.)

Purifikation, Reinigungsritus, rituelle Waschung

Ritus

Der Begriff „misogi“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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) in einem Fluss, um sich von den Verunreinigungen (

kegare 穢れ (jap.)

rituelle Verunreinigung, Befleckung, Schande

Konzept

Der Begriff „kegare“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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) der Unterwelt (des Todes) zu befreien. Dabei entstehen wieder mehrere Gottheiten: Amaterasu, die Sonnengottheit (bei der Waschung des linken Auges), Tsukiyomi, der Mond (bei der Waschung des rechten Auges) und Susanoo, der etwas missratene Sohn (bei der Waschung der Nase). Vater Izanagi teilt sein Erbe unter diesen Kindern auf. Nachdem die Nachfolge endgültig geregelt ist, zieht er sich aus dem Weltgeschehen zurück und wird nicht mehr weiter erwähnt.

Amaterasu und Susanoo

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Amaterasu 天照 (jap.)

Sonnengottheit; Ahnherrin des Tennō-Geschlechts; Hauptgottheit von Ise

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besitzt als Nachfolgerin Izanagis die höchste Autorität in den Himmlischen Gefilden (

Takama-no-hara 高天原 (jap.)

wtl. „Die Hohen Himmelsgefilde“, mythol. Bez. für das Reich der Himmlischen Götter; auch Takama-ga-hara

Pantheon

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) und repräsentiert zugleich die Sonne. Amaterasus wichtigster Partner und zugleich Widersacher ist ihr jüngerer Bruder

Susanoo 須佐之男/素戔男 (jap.)

mytholog. Gottheit; Trickster-Gott, Sturmgott, Mondgott; Bruder der Amaterasu

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. Ihm wird nach manchen Varianten des Mythos zunächst die Herrschaft über die Erde oder das Meer zugeteilt, letztlich führt sein Weg aber in allen Mythenvarianten in die Unterwelt.

Susanoo benimmt sich zunächst sehr widersprüchlich, wie ein ungezogenes kleines Kind. Obwohl er als wild und ungestüm bezeichnet wird, streunt er die meiste Zeit weinend umher, stets auf der Suche nach seiner Mutter. (Eigentlich ein Widerspruch, denn er wurde ja von Izanagi allein gezeugt und geboren, doch der Mythos hält sich mit solchen Details nicht auf.) Als Izanagi ihn daraufhin in die Unterwelt schickt (verbannt), möchte Susanoo noch einmal von seiner Schwester Abschied nehmen und verschafft sich Eingang in den Himmel. Amaterasu ahnt zwar Böses, kann ihm aber den Zutritt nicht verwehren. Tatsächlich vollführt Susanoo im Himmel alle nur erdenklichen Missetaten, die ganz offensichtlich als Provokation der Sonnengottheit zu verstehen sind.

Die meisten dieser Missetaten erscheinen uns heute als archaisch-unverständliche Tabubrüche: Susanoo zerstört zum einen die Bewässerungskanäle von Reisfeldern (wohlgemerkt, Reisfelder der Götter) und sabotiert damit die landwirtschaftliche Produktion, zum anderen verunreinigt er Amaterasus Palast mit Exkrementen und wirft schließlich — völlig mysteriös — „ein rückwärts gehäutetes Pferd“ in Amaterasus Webehalle, wobei eine Dienerin (Schwester?) von Amaterasu zu Tode kommt. Amaterasu aber zieht sich, durch diese Untat ihres Bruders zutiefst verletzt, in die berühmte Felsenhöhle zurück, wodurch sich das Universum verdunkelt.

An dieser Stelle kommt plötzlich eine Unzahl weiterer Götter ins Spiel, die bislang unerwähnt geblieben waren. (Es sind zumeist die Ahnengötter der wichtigsten Familien am Hof der antiken Tenno.) Diese Götter versuchen mit den verschiedensten Mitteln, Amaterasu wieder aus der Höhle hervorzulocken: Sie lassen Hähne krähen um den Morgen anzukündigen, hängen einen Spiegel an einen heiligen Baum vor der Höhle und bedienen sich sogar verschiedener religiöser Rituale und Orakeltechniken. Achtung: Sie sehen eine veraltete Version von https://religion-in-japan.univie.ac.at/Handbuch/Mythen/Goetter_des_Himmels.

Schließlich veranstalten sie ein ausgelassenes Fest, bei dem die junge attraktive Göttin

Ame no Uzume 天鈿女/天宇受賣 (jap.)

mythologische Gottheit, Ahnherrin des Theaters

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(die Ahnherrin des japanischen Theaters) eine Art Striptease hinlegt (wtl. Brüste und Genitalien entblößt) und auf einem umgestürzten Zuber tanzt, bis daraus Stimmen zu hören sind wie bei einem Geisterbeschwörungsritual. Die versammelten Götter brechen daraufhin in schallendes Gelächter aus, das den gewünschten Erfolg zeitigt: Amaterasu ist neugierig geworden und öffnet die Höhle einen Spalt. Ihr eigener Anblick im Spiegel veranlasst sie aus der Höhle hervorzutreten, worauf die anderen Götter ihren neuerlichen Rückzug mittels eines Götterseils (

shimenawa 注連縄 (jap.)

shintōistisches „Götter-Seil“; geschlagene Taue aus Reisstroh.

Gegenstand

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) blockieren: Die Welt wird wieder hell. Susanoo aber wird aus dem Himmel verbannt.

Amaterasus „jungfräuliche Empfängnis“

Amaterasu erscheint in der gesamten Erzählung geheimnisvoll, priesterlich und unnahbar. Sie hat in dieser Hisicht durchaus Ähnlichkeit mit der altjapanischen Priesterkönigin

Himiko 卑弥呼 (jap.)

ca. 170–248; frühgeschichtliche Priesterkönigin; auch Pimiko (wahrscheinliche Bedeutung: „Kind der Sonne“); chin. Pei-mi-hu

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aus dem dritten Jahrhundert, von der eine chinesische Quelle berichtet, sie lebe in einem Palast, den Männer nicht betreten dürfen, und habe lediglich einen jüngeren Bruder, der für sie gewisse Regierungsaufgaben übernehme. Auch Amatersu bleibt unverheiratet. Ihre „Kinder“ entstehen aus einem seltsamen Wettstreit mit ihrem jüngeren Bruder Susanoo, als dieser Eingang in das von Amaterasu regierte Reich des Himmels begehrt: Beide Geschwister sind voll von gegenseitigem Misstrauen. Um dieses Misstrauen aus der Welt zu schaffen, übergeben sie einander ihre Waffen (ein Schwert im Fall Susanoos, magische Edelsteine,

magatama 勾玉 (jap.)

Krummjuwelen; archaischer Schmuck, Teil der Insignien des Tennō

Gegenstand

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, im Fall der Amaterasu). Jeder zerkaut nun die Waffen des anderen und spuckt die Überreste wieder aus. Daraus entstehen fünf männliche und drei weibliche Kinder. Einer dieser männlichen Nachkommen ist jene Gottheit, über den sich die Tenno-Linie von Amaterasu ableitet (es handelt sich dabei um Ame no Oshihomimi, den Vater des

Ninigi 瓊瓊杵 (jap.)

mytholog. Gottheit, Enkel Amaterasus

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). Er könnte aber genau so gut als Sohn des Susanoo angesehen werden, da er seine Geburt der Tatsache verdankt, dass Susanoo die Edelsteine seiner Schwester zerkaute. Obwohl das Nihon shoki gerade zu dieser Episode eine Vielzahl von Varianten anführt, die sehr unterschiedliche Interpretationen zulassen, wird die Abkunft der Tenno-Linie von Amaterasu (und zwar nur von Amaterasu) in der Folge nicht mehr weiter in Frage gestellt.

Mythenvergleichende Anmerkungen

In den japanischen Weltentstehungsmythen sind zahlreiche Motive enthalten, die auch aus anderen Mythologien auf der ganzen Welt bekannt sind. Izanamis Tod bei der Geburt des Feuergottes reflektiert das Motiv „Tod der Urmutter“, ein Sinnbild der Erde, die im Laufe eines Jahres erblüht und „stirbt“, dadurch aber erst das Leben ihrer „Kinder“ ermöglicht. In einer Variante des Mythos wird ausgeführt, dass aus Izanamis Leiche sämtliche Getreidesorten entstehen, die den Menschen als Nahrung dienen. Auch dies ist ein Motiv, das in vielen Kulturen mit dem Tod der Urmutter verknüpft ist.

Die Unterwelt-Episode, in der Izanagi Izanami verbotenerweise anblickt, erinnert wiederum an die Orpheus-Sage, die ihrerseits ein universelles Mythenmotiv darstellt.

Der Rückzug der Sonne ist ein weiteres mythologisches Motiv, das mit dem jahreszeitlich zu-, bzw. abnehmenden Sonnenstand in Verbindung steht und sich ebenfalls in zahlreichen Mythenkreisen findet. Die Tatsache, dass die Sonnengottheit Amaterasu in Japan als Frau dargestellt wird, erscheint dagegen rätselhaft, ist doch die Sonne in den meisten Mythologien männlich. Daher gibt es auch die Theorie, dass die Sonnengottheit erst in Anlehnung an Kaiserin

Jitō Tennō 持統天皇 (jap.)

645–703, r. 686–697; 41. japanische Kaiserin

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als Frau dargestellt wurde. Unter Kaiserin Jitō begann man nämlich mit den Aufzeichnungen der Mythen, die schließlich in Form von

Kojiki 古事記 (jap.)

„Aufzeichnung alter Begebenheiten“; älteste jap. Chronik (712)

Text

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(712) und

Nihon shoki 日本書紀 (jap.)

Zweitältestes Schriftwerk und erste offizielle Reichschronik Japans (720)

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(720) fertig gestellt wurden. (S.a.  Mythentexte.)

Gegen diese These spricht, dass die Rolle der Frau als Priesterin offenbar in prähistorischer Zeit besonders ausgeprägt war, wie dies auch die bereits erwähnte chinesische Chronik aus dem dritten Jahrhundert anhand der japanischen Priesterkönigin

Himiko 卑弥呼 (jap.)

ca. 170–248; frühgeschichtliche Priesterkönigin; auch Pimiko (wahrscheinliche Bedeutung: „Kind der Sonne“); chin. Pei-mi-hu

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berichtet. Diese prominente Rolle der Frau in der japanischen Frühzeit könnte ebenfalls erklären, warum die wichtigste Himmelsgottheit weiblich gedacht wurde. Amaterasus Gestalt inspiriert daher auch immer wieder Hypothesen über ein urgeschichtliches Matriarchat in Japan.

Andererseits darf man nicht übersehen, dass in der Izanagi/Izanami Episode ein patriarchalisches Rollenmodell vorherrscht, das mit dem Amaterasu/Susanoo Mythos geradezu spiegelbildlich verflochten ist: Im ersten Fall repräsentiert der Mann den Himmel, das Licht und das Leben, während die Frau die Erde, die Dunkelheit und den Tod verkörpert; im zweiten Fall ist das Geschlechterverhältnis genau umgekehrt. Diese Konstuktion wirkt nicht zufällig, sondern entspricht eher der Lehre von Yin und Yang, nach der aus einem Übermaß an Yang (Himmel, Sonne) letzlich wieder ein Yin (weibliche Göttin) entsteht und umgekehrt. In weiterer Folge produziert Amatersu einen männlichen (Yang) Nachfolger, der die Erde (Yin) beherrscht. Insofern wäre das Geschlecht der Amaterasu auch aus den „Gesetzen“ von Yin und Yang zu erklären, die irgendwann auf den japanischen Mythos übertragen wurden.

Dieses

Yin Yang 陰陽 (chin.)

Dualistisches Prinzip der chin. Naturphilosophie

Konzept

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Schema wird natürlich nicht immer konsequent durchgehalten, sondern mehrfach durch erzählerische Elemente konterkariert, die möglicherweise aus älteren mythologischen Schichten stammen. Diese bricolage, also das behelfsmäßige Zusammenstückeln augenscheinlich widersprüchlicher narrativer Elemente, zeigt sich auch deutlich anhand der Geschwister von Amaterasu, Tsukiyomi und Susanoo: Tsukiyomi, der Mondgott, hat überhaupt keine narrative Funktion und scheint wie eine Verlegenheitslösung — eingeschoben, damit der Mythos auch als Fundament der Astronomie und Astrologie herhalten kann. Der eigentliche Partner Amaterasus ist Susanoo, der wie diese Yin und Yang Elemente in seinem Wesen vereint. Der Mythenforscherin Nelly Naumann zufolge verschmilzt Tsukiyomi mit Susanoo, der seinerseits Züge eines archaischen Mondgottes innehat.

Achtung: Sie sehen eine veraltete Version von https://religion-in-japan.univie.ac.at/Handbuch/Mythen/Goetter_des_Himmels. Susanoo kann aber daneben (oder zugleich) auch als ein „Trickster-Gott“ charakterisiert werden. Trickster (engl. „Gauner, Schelm, Halunke“) wurden von der Ethnologie in nordamerikanischen Indianermärchen ausfindig gemacht, von der vergleichenden Mythenforschung werden sie aber auch mit Gestalten wie dem griechischen Prometheus gleichgesetzt. Zu den allgemeinen Merkmalen von Trickstern gehört, dass sie gegen die in der Welt der Götter herrschenden Gesetze verstoßen, mit den Menschen paktieren und sie in den Besitz aller möglichen kulturellen Errungenschaften, z.B. des Feuers, der Landwirtschaft, u.a.m. bringen. Wie im nächsten Abschnitt zu erkennen, entspricht dies durchaus der Rolle, die Susanoo im weiteren Verlauf der Erzählung annimmt.

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„Die Götter des Himmels (Zeitalter der Götter, Teil 1).“ In: Bernhard Scheid, Religion-in-Japan: Ein digitales Handbuch. Universität Wien, seit 2001