Essays/Yasukuni
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Yasukuni Der „Schrein des friedlichen Landes“
Der
Yasukuni Schrein, Tōkyō; Schrein zum Gedenken an Kriegsgefallene
Der Begriff „Yasukuni Jinja“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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Geographische Lage
in unmittelbaren Nähe des Kaiserpalastes in Tokyo ist trotz seines pazifistischen Namens — „Schrein des friedlichen Landes“ oder freier: „Schrein zur Erhaltung des Friedens im Land“ — das bekannteste Kriegerdenkmal Japans. Vielen gilt er außerdem als Inbegriff des japanischen Ultranationalismus/ Faschismus. Der Schrein wurde 1869 gegründet, also unmittelbar nach der
posthumer Name von Kaiser Mutsuhito; nach ihm wird auch die Meiji-Zeit (1868–1912) benannt
Der Begriff „Meiji“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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-Restauration, am heutigen Ort und in seiner heutigen Gestalt existiert er aber erst seit 1879. Er beherbergte von Anfang an keine allgemein bekannte Gottheit, sondern sollte die Seelen derjenigen ehren, die für die Restauration der
jap. „Kaiser“-Titel, wtl. Herrscher des Himmels
Der Begriff „Tennō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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-Herrschaft im Jahr 1868 ihr Leben gelassen hatten. Später wurden dann die Seelen der für den Tenno gefallenen Soldaten, angefangen vom ersten chinesisch-japanischen Krieg bis zum Zweiten Weltkrieg, zu
Gottheit; im engeren Sinne einheimische oder lokale japanische Gottheit, Schreingottheit (s. jinja), Gottheit des Shintō
Der Begriff „kami“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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des Yasukuni Schreins erhoben. Ihre Gesamtzahl beläuft sich derzeit auf ca. 2,3 Millionen.
Seit seiner Gründung entwickelte sich der Schrein mehr und mehr zu einem Kultplatz moderner Kriegshelden- und Tenno-Verehrung. Seine besondere Nähe zum Tenno wird nicht nur durch das kaiserliche Chrysanthemen-Wappen symbolisiert, das auch heute noch auf den Tüchern über dem Eingang zum Schrein und an vielen anderen Stellen zu sehen ist; der Tenno selbst besuchte den Schrein bis zum Ende des 2. Weltkriegs regelmäßig und auch danach noch gelegentlich. Dies war der einzige religiöse Akt, bei dem der Tenno Angehörige der allgemeinen Bevölkerung ehrte.
Der Schrein unterstand bis 1945 dem Militär. Nach 1945 wurde er einer unabhängige Religionsgemeinschaft überantwortet, die sich um ihn bildete, ähnlich einer gewöhnlichen shintoistischen Institution. Allerdings beherbergt das Schreingelände nach wie vor ein heeresgeschichtliches Museum, vornehmlich mit Exponaten aus dem Zweiten Weltkrieg, in dem die japanische Eroberungpolitik unkritisch verherrlicht wird. Wirtschaftlich werden die Schreinaktivitäten von „unabhängigen Sponsoren“ unterstützt, meist privaten Vereinen, denen namhafte Vertreter des öffentlichen Lebens und der Politik angehören, bzw. vorstehen.
Zu einem wirklich heißen politischen Thema wurde der Schrein jedoch erst im Jahr 1978, als die sogenannten „Showa Märtyrer“ in den Kreis der verehrten Gottheiten des Schreins aufgenommen wurden. Viele dieser „Märtyrer“ waren als Kriegsverbrecher der obersten Klasse hingerichtet worden, unter ihnen auch Tōjō Hideki (1884-1948), der als Oberbefehlshaber und Premierminister während des Zweiten Weltkriegs die Spitze sowohl der politischen als auch der militärischen Macht Japans darstellte.
Bilder von im Schrein vergöttlichten Soldaten.
Im Vordergrund rechts der „japanische Hitler“ Tōjō Hideki.
Bild: Yamamoto Munesuke, 2005 [2010/8].
In den 70er Jahren begannen einzelne Premierminister mit der Praxis, dem Schrein am 15. August, dem Jahrestag der japanischen Kapitulationserklärung, einen informellen Besuch abzustatten. Zwar hat bisher jeder Premierminister betont, dass dies ein rein privater Besuch sei, aber solche Besuche rufen doch jedes Mal ebensoviel Empörung wie Zustimmung hervor, polarisieren also die japanische Wählerschaft. Regelmäßig wird diskutiert, in wie weit ein solcher Schreinbesuch nicht doch gegen Artikel 20 der Verfassung verstößt, in dem die Trennung von Religion und Staat festgeschrieben ist, bzw. in wie weit in einem solchen Akt die Kriegsvergangenheit Japans nicht doch im Nachhinein gerechtfertigt werden soll. Vor allem China und Korea reagieren sehr empfindlich auf Besuche von offiziellen Amtsträgern beim Yasukuni Schrein. Aus diesem Grund tendierten die meisten Premierminister dazu, den Yasukuni Schrein unbesucht zu lassen, aber die, die ihn doch besuchten, versprachen sich davon ganz offensichtlich einen populistischen Prestigegewinn, vor allem im rechten politischen Lager. Umfragen haben ergeben, dass nur etwa 20% der Japaner für einen Besuch ihres Premiers beim Yasukuni Schrein sind, die überwiegende Mehrheit ist eher dagegen. Aber offensichtlich stört der Yasukuni Schrein die Mehrheit der Wählerschaft nicht so sehr, dass sich ein Besuch des Premiers negativ bei Wahlen auswirken würde.
Andererseits ist es der regierenden Liberal-Demokratischen Partei trotz mehrmaliger entsprechender Versuche nicht gelungen, einen Gesetzesantrag im Parlament durchzusetzen, der den Yasukuni Schrein als nicht-religiöse Institution einstuft und daher neuerlich einer staatlichen Unterstützung zugänglich macht. Hingegen wurde die Frage, ob der Besuch eines Premierministers im Yasukuni Schrein verfassungskonform sei oder nicht, bereits mehrmals vom Obersten Gerichtshof abschlägig beantwortet: Der Besuch eines Premiers, in der Form wie er etwa durch
1942–; japanischer Premierminister; (r. 2001–2006)
Der Begriff „Koizumi Jun'ichirō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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unternommen wurde, stellt demnach auch nach japanischem Recht eine Übertretung der verfassungsmäßig festgelegten Trennung von Religion und Politik dar.
Literatur und Links
- John Breen, 2005
"Yasukuni Shrine: Ritual and Memory."
Artikel der Online Zeitschrift The Asia-Pacific Journal: Japan Focus (Autor oder Artikeltitel eingeben)
Sonstige Links:
- Yasukuni Jinja, offizielle Homepage (en.)Letzte Überprüfung der Linkadressen: Aug. 2010
- ^ Postkarte aus der Zwischenkriegszeit mit patriotischer Propaganda. Der Yasukuni Schrein ist vor allem anhand seines überdimensionalen torii identifizierbar. Die Inschrift auf der Postkarte besagt:
„Yukiko hat heute mit einer Freundin wieder den Yasukuni Schrein in Kudan besucht. Auf dem Rückweg denkt sie voll inniger Dankbarkeit an die Heldenseelen, die das Land beschützen, und an den großen Sieg der kaiserlichen Truppen, während die Strahlen der Neujahrssonne auf dem Weg vor den beiden Mädchen glitzern.“
Werk von Fukiya Kōji. Frühe Shōwa-Zeit, 1930er Jahre?. East Asia Image Collection, Digital Image Collections at Lafayette. - ^ Monumentales torii im shinmei-Stil am Eingang der Schreinanlage des Yasukuni Jinja. Zur Zeit seiner Errichtung (1921) das größte torii Japans; 1943 zur Kriegsmaterialgewinnung eingeschmolzen; 1974 neu errichtet. Mit 25m Höhe nach wie vor das größte torii Japans.
20. Jh. Bernhard Scheid, flickr, 2012. - ^ Ein Löwenhund (komainu) am Eingang des Yasukuni Schreins, stilistisch den sog. Chinesischen Löwen des Tōdaiji in Nara nachempfunden (siehe Sidepage Komainu), allerdings noch triumphaler gestaltet. Die Statue wurde von der Industriellenfamilie Katakura gestiftet und stammt aus der Zeit, als der Schrein unter dem Architekten Itō Chūta (1867–1954) erweitert wurde.
Werk von Itō Chūta (Entwurf). 1933. Bernhard Scheid, flickr, 2012. - ^ Ōmura Masujirō (1824–1869) gilt als der Architekt des japanischen Militärwesens nach westlichem Muster, fiel aber in den politischen Wirren der frühen Meiji-Zeit einem Attentat zum Opfer. Der Yasukuni Schrein ist laut Angaben des Schreins ebenfalls sein Geisteskind. Die 1893 zu seinen Ehren im Yasukuni Schrein errichtete Statue ist das erste in westlichem Stil gestaltete Monument Japans. Der Bildhauer absolvierte eigens ein Auslandsstudium in mehreren europäischen Ländern, um sie anfertigen zu können.
Werk von Ōkuma Ujihiro (1856–1934). Meiji-Zeit, 1893. Bernhard Scheid, flickr, 2012. - ^ Die Hauptgebäude des Yasukuni Schreins durch das Tor zur inneren Anlage (shinmon) betrachtet. An den geöffneten Türflügeln ist undeutlich das kaiserliche Chrysanthemenwappen erkennbar, das sich auch auf den Tüchern am Eingang der Gebetshalle wiederfindet.
Werk von Itō Chūta. 1934. Bernhard Scheid, flickr, 2012. - ^ Die Gebetshalle (haiden) des Yasukuni Schreins. Dahinter befindet sich, den Blicken der Öffentlichkeit entzogen die eigentliche Haupthalle (honden) sowie ein weiterer Schrein, in dem die Listen der gefallenen, im Schrein verehrten Helden aufbewahrt sind.
20. Jh. Bernhard Scheid, flickr, 2012. - ^ Bei den Feiern im Yasukuni Schrein sammeln sich regelmäßig seltsame Cos-Player, die in antiquierten Uniformen an die Heldentaten der gefallenen Soldaten erinnern. Manche von ihnen mögen den Zweiten Weltkrieg tatsächlich mitgemacht haben.
Heisei-Zeit, 15. 8. 2007. Bildquelle: Quirky Japan Blog, 2008. - ^ Bei den Feiern am 15. August im Yasukuni Schrein sammeln sich alljährlich seltsame Cos-Player, die in antiquierten Uniformen an die Heldentaten der gefallenen Soldaten erinnern.
Heisei-Zeit, 15. 8. 2007. Bildquelle: News Sohu, 2008. - ^ Bilder von im Schrein vergöttlichten Soldaten. Im Vordergrund rechts Tōjō Hideki, der während der meisten Zeit des Pazifischen Krieges (1941–44) Heerführer und Premierminister in Personalunion war und nach dem Krieg als Kriegsverbrecher der Obersten Klasse hingerichtet wurde.
Yamamoto Munesuke, 2005. - ^ Kaiser Hirohito (Shōwa Tennō) besuchte den Yasukuni Schrein sowohl vor als auch nach dem Krieg (zwischen 1952 und 1975 insgesamt acht mal). Kaiserliche Besuche wurden allerdings 1978, nach der Aufnahme von 14 der höchsten Kriegsverbrecher unter die verehrten Heldenseelen, offenbar aufgrund einer persönlichen Entscheidung des Tennō (Breen 2007, S. 4.) eingestellt.
30. Okt. 1969. Bildquelle: ysf009, 2012 (Chin. Blog). - ^ Premier Nakasone Yasuhiro bei seinem skandalumwitterten Besuch des Yasukuni Schreins, 1985
1985. Bildquelle: Bloomberg Quint, 2019. - ^ Koizumi Jun'ichirō (Ministerpräsident von 2001–2006) — hier in Begleitung eines Priesters und anderer Politiker — war der japanische Staatschef, der den Yasukuni Schrein bislang in offizieller oder halboffizieller Form am häufigsten besuchte und damit ernsthafte diplomatische Konflikte mit China und Korea provozierte.
21. Apr. 2002. Bildquelle: ysf009, 2012 (Chin. Blog). - ^ Besuch des Langzeit-Premiers Abe Shinzō (2006–2007 und 2012–2020) im Yasukuni Jinja, ein Jahr nach seinem zweiten Amtsantritt. Der Besuche löste, wie erwartet, große Empörung in China und Korea aus.
Bildquelle: Tagesspiegel, 26.12.2013 (Reuters). - ^ Das Seelen-Fest (Mitama Matsuri) ist eine Shintō-Variante des buddhistischen Bon-Festes, das seit 1947 jährlich im Sommer am Yasukuni Jinja abgehalten wird. Der Zugangsweg zum Schrein wird von angeblich 30.000 Papierlaternen gesäumt, die von privaten Spendern stammen. Im Hintergrund des Bildes erkennt man außerdem die aus Nord-Japan stammenden, von innen beleuchteten Nabuta-Figuren, deren Parade eine der Hauptattraktionen des Festivals darstellt.
16. Juli 2023. The Straits Times/ AFP, 2023. - ^ Postkarte aus der Zwischenkriegszeit. Im Vordergrund die Statue Ōmuras, damals mit Kanonen „verziert“. Im Hintergrund das zweite torii und das shinmon des Yasukuni Schreins.
Frühe Shōwa-Zeit, vor 1945. East Asia Image Collection, Digital Image Collections at Lafayette. - ^ Trotz anders lautender Signatur soll es sich bei dem Original dieser Buchillustration um ein posthumes Portrait Ōmuras handeln, das der italienische Lithograph Edoardo Chiossone, der auch mehrere bekannte Geldscheinmotive für die Meiji-Regierung entwarf, anfertigte.
Werk von Edoardo Chiossone (1833–1898). Meiji-Zeit. National Diet Library, Tōkyō. - ^ Besuch des Meiji Tennō (im Vordergrund zu Pferd) im Yasukuni Schrein. Im Hintergrund ist die Haupthalle des Schreins zu sehen, die heute noch existiert, allerdings durch eine später errichtete Gebetshalle kaum mehr sichtbar ist.
Werk von Shinohara Kiyooki. Meiji-Zeit, 1895. Museum of Fine Arts, Boston. - ^ Geldschein aus Japans Kriegszeit (1942–45) mit dem Motiv des Yasukuni Schreins.
Frühe Shōwa-Zeit, 1944. Wikimedia Commons. - ^ Yasukuni Schreinanlage aus der Vogelperspektive, von Norden aus gesehen. Der Park im Hintergrund zählt bereits zur weitläufigen Anlage des kaiserlichen Palastes in Tōkyō. Im Vordergrund links das Yūshū-kan, ein modernes Kriegsmuseum. Was heute kaum mehr auffällt, ist die Hügellage des Schreins, die einstmals einen grandiosen Blick auf Tōkyō bot.
Bernhard Scheid, flickr, 2012.
Religion in Japan, Inhalt
- 一 Grundbegriffe
- 二 Bauten
- 五 Mythen
- Einleitung
- Mythologie:
- Götter des Himmels
- Götter der Erde
- Jenseits:
- Jenseits
- Geister:
- Totengeister
- Dämonen
- Tiere:
- Imaginäre Tiere
- Verwandlungskünstler
- Symboltiere
- 六 Geschichte
- Einleitung
- Altertum:
- Prähistorie
- Frühzeit
- Nara-Zeit
- Frühe kami-Kulte
- Heian-Zeit
- Saichō
- Kūkai
- Honji suijaku
- Mittelalter:
- Kamakura-Zeit
- Amidismus
- Zen Buddhismus
- Nichiren Buddhismus
- Mittelalterl. Shintō
- Frühe Neuzeit:
- Reichseinigung
- Christentum
- Terauke-System
- Neo-Konfuzianismus
- Kokugaku
- Moderne und Gegenwart:
- Bakumatsu-Zeit
- Staatsshintō
- Neue Religionen
- 七 Essays
- Überblick
- Buddhismus, Asien:
- Arhats in China und Japan
- Vajrapani: Der Feldherr des esoterischen Buddhismus
- Bishamon-ten: Wächter und Glücksgott
- Riesen-Buddhas: Im Kampf gegen die Unbeständigkeit des irdischen Daseins
- Lokale Vorstellungen, Japan:
- Jindō und shintō: Zum Begriffsinhalt des ‚Weges der kami‘
- Ōkuninushi als heimlicher Gegenspieler der Himmlischen Götter
- Religiöse Gewalt in Japan: Blutopfer, Selbstopfer, Menschenopfer
- Unterhändler des Imaginären: Regenmachen im vormodernen Japan
- Lieber das Herz in der Hand als die Taube über dem Heer
- Feuer mit Feuer bekämpfen: Der Gehörnte Meister und sein Kult
- Hundert Geschichten: Horrorklassiker aus der Edo-Zeit
- Religion und Politik:
- Die Tenshō-Mission: Beginn einer schwierigen transnationalen Beziehung
- Yasukuni: Der Schrein des ‚friedlichen Landes‘
- Herrigels Zen und das Bogenschießen
- Anhang
- Metalog
- Konzept
- Autor
- Impressum
- Glossare
- Fachbegriffe-Glossar
- Bilder-Glossar
- Künstler-Glossar
- Geo-Glossar
- Ressourcen
- Literatur
- Links
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„Yasukuni: Der Schrein des ‚friedlichen Landes‘.“ In: Bernhard Scheid, Religion-in-Japan: Ein digitales Handbuch. Universität Wien, seit 2001