Grundbegriffe/Yin und Yang/Astrologie
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Westliche Astrologie im vormodernen Japan
In einer Edo-zeitlichen buddhistischen Bildenzyklopädie (Butsuzō zui) findet man neben zahlreichen anderen Darstellungen auch die oben abgebildeten zwölf Figuren, die hier als „Zwölf Paläste“ (jūni-kyū) bezeichnet werden. Abgesehen von den individuellen Bezeichnungen ist keine nähere Erläuterung dieser Figuren angebracht, sie finden sich allerdings in einem Abschnitt, der den Sternen gewidmet ist. Tatsächlich erkennt man ohne große Mühe Ähnlichkeiten dieser Figuren mit den im Westen bekannten astrologischen Tierkreiszeichen. Dies lässt darauf schließen, dass die Astrologie der klassischen europäischen Antike auch im japanischen Buddhismus nicht ganz unbekannt war.
Bildquelle: Tōji no mikkyō zuzō (Bildwerke des Tōji Tempels; Ausstellungskatalog)
Kyoto, Museum of Toji Temple, 1999, Abb. 12.
Obiges Beispiel stammt aus einem astrologischen Lehrbuch der späten
auch Heian-kyō 平安京, „Stadt des Friedens“; politisches Zentrum 794–1185 (= Heian-Zeit)
Der Begriff „Heian“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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Geographische Lage
-Zeit (12. Jh.). Die Zeichnung ist ähnlich einem Mandala in diverse konzentrische Bereiche gegliedert, die jeweils auf bestimmte Erscheinungen am Sternenhimmel Bezug nehmen. In einem schmalen Band, dem von außen gesehen zweiten Rahmen, lassen sich wieder die zwölf Sternzeichen erkennen. In der rechten unteren Ecke beginnend sind dies (gegen den Uhrzeiger):
Fisch, Widder, Stier, Zwillinge (hier ein Ehepaar), Krebs, Löwe, Jungfrau(en), Waage, Skorpion, Schütze (Bogen), Steinbock (Wassermonster), und Wassermann (Krug).
Die prominenteren Figuren, die jeweils mit Kreisen umgeben sind stellen die „Neun Planeten“ (jap.
Neun Planeten (Sonne, Mond, Mars, Merkur, Jupiter, Venus, Saturn und die sog. „Mondknoten“, also die astronomischen Punkte, an denen eine Mondfinsternis eintreten kann); skt. Navagraha
Der Begriff „kuyōsei“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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) dar, die kleinen Figuren im innersten Bereich repräsentieren die 28 „Stationen“ (shuku oder suku), also die chinesischen Sternbilder. In der Mitte ist Manjushri (jap.
Bodhisattva Manjushri; Schüler des historischen Buddha
Der Begriff „Monju Bosatsu“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
), Bodhisattva der Weisheit, auf seinem Löwen zu sehen, darunter der Planet Saturn (jap.
wtl. Erdplanet, Saturn
Der Begriff „Doyōsei“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
). Während die chinesischen Sternbilder jeweils durch eine mehr oder weniger bekannte buddhistische Gestalt repräsentiert sind (Saturn etwa hat die Gestalt des Königs der Unterwelt,
skt. Yama; König oder Richter der Unterwelt; auch Enra; meist als Enma-ten oder Enma-ō angesprochen
Der Begriff „Enma“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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), haben die „westlichen Sternzeichen“ ihre hierzulande bekannte Form zum Großteil behalten.
Edo-Zeit. Bild: Museum of Fine Arts, Boston [2010/8]
Diese Abbildung nennt sich Sternen Mandala und zeigt ein ähnliches Schema. In der Mitte sieht man den buddhistischen Weltenberg [Su]meru (jap.
Der Begriff „Shumisen“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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), auf dem Buddha mit dem Rad der Lehre in Händen trohnt. Den Sanduhr-förmigen Weltenberg umgibt ein Ozean (in dessen südlichem Teil die bekannte Welt einen eigenen Kontinent namens Jambudvipa, jap.
skt. Jambudvipa. Kontinent der irdischen Welt in der trad. indischen Kosmologie. Im Buddhismus Kontinent südlich des Weltenbergs Sumeru
Der Begriff „Enbudai“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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, bildet, der hier aber nicht abgebildet ist). Rund um den Weltenberg scharen sich die Neun Planeten sowie die sieben Sterne des Großen Wagens (
Sternbild des Großen Wagens (chin. Nördlicher Schöpflöffel)
Der Begriff „hokuto“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
). In einem weiteren Kreis finden sich wieder die Sternzeichen der westlichen Astrologie. Im äußersten Bereich sind schließlich die 28 chinesischen Sternbilder zu sehen.
Die obigen Darstellungen und die entsprechenden Methoden der buddhistischen Astrologie gehen auf einen Text zurück, der in Japan landläufig als
Sutra der Sternbilder
Der Begriff „Sukuyō-kyō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
bezeichnet wird. Der volle Titel lautet in etwa „Sutra der von guten und schlechten Tagen gemäß den Sternbildern wie sie von Bodhisattva Manjushri und diversen Weisen erklärt wurden.“ Manjushri ist also nicht zufällig auf dem Bild aus der Heian-Zeit abgebildet. Er wurde offenbar als der Entdecker astrologischer Geheimnisse angesehen.
Der Text selbst stammt von dem großen Übersetzer Amoghavajra (705—774), der v.a. Texte des esoterischen Buddhismus aus dem Sanskrit ins Chinesische übertrug. In manchen Fällen, so auch in diesem, ist allerdings unklar, ob tatsächlich ein entsprechendes Sanskrit-Original existierte oder ob es sich nicht um Amoghavajras eigene Schriften handelt. Zu Amoghavajras „Enkelschülern“ zählte auch
774–835, Gründer des Shingon Buddhismus; Eigennamen Saeki Mao, Ehrennamen Kōbō Daishi
Der Begriff „Kūkai“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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, der das Sutra der Sternbilder in Japan bekannt machte.
Siehe auch: Tierkreiszeichen.
Links
- Butsuzō zui, Ehime University Library
Digitalisierte Ausgabe einer Edo-zeitlichen Bildenzyklopädie buddhistischer (und tlw. nicht-buddhistischer) Gestalten, auf der auch die entsprechenden Darstellungen in Siebold's Japanbeschreibungen [über Internet Archive, 2010/8] beruhen. - Hotoke-sama no sekai (jap.)
Ähnliche Enzyklopädie in moderner Ausführung. Teil der buddhistischen Website Tobi Fudō. Siehe dort u.a. Nijū-kyū, Ku-yōsei und Nijūhachi-shuku. - 文殊師利菩薩及諸仙所説吉凶時日善惡宿曜經, University of Tokyo
Originaltext des Sutras der Sternbilder in der digitalisierten Version des Taishō Kanons.Letzte Überprüfung der Linkadressen: Aug. 2010
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„Westliche Astrologie im vormodernen Japan.“ In: Bernhard Scheid, Religion-in-Japan: Ein digitales Handbuch. Universität Wien, seit 2001