Bauten/Bekannte Schreine/Tenjin
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Gottheit und Schreine des Tenjin-Glaubens
Holzschnitt von Kawanabe Kyōsai, um 1860.
Die Hauptgottheit der
Shintō-Gott, Apotheose des Sugawara no Michizane
Der Begriff „Tenman Tenjin“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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Schreine zählt zu den wechselvollsten Persönlichkeiten im shintoistischen Pantheon. Sie geht auf den
auch Heian-kyō 平安京, „Stadt des Friedens“; politisches Zentrum 794–1185 (= Heian-Zeit)
Der Begriff „Heian“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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Geographische Lage
-zeitlichen Gelehrten
845–903, Heian-zeitl. Staatsmann und Gelehrter; posthum als Tenman Tenjin vergöttlicht, heute Gott der Gelehrsamkeit
Der Begriff „Sugawara no Michizane“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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(845—903) zurück. Michizane stammte aus einer höfischen Gelehrtendynastie und machte auch als Dichter auf sich aufmerksam. Andererseits engagierte er sich als höfischen Beamter in der Politik des Kaiserhofs und zählte in seiner Doppelrolle als Gelehrter und Staatsmann zu den bekanntesten und einflussreichsten Figuren seiner Zeit.
Vorlage:Galerie2 Die obigen Bilder zeigen die Hauptschreine der in Japan weit verbreiteten Tenjin Schreine, in denen Michizane verehrt wird. Heute gilt er im allgemeinen als Gott der Bildung, die ursprüngliche Motivation, ihn als Gott zu verehren, rührte allerdings von der Furcht vor seiner schrecklichen Rache, nachdem er zu Unrecht in Ungnade gefallen war.
Michizanes Karriere bei Hof
Infolge seiner Talente war es Michizane möglich, den Posten des „Staatskanzlers zur Rechten“ zu erringen und er wäre vielleicht sogar „Großkanzler“ geworden, hätte der eifersüchtige
mächtigste Adelsfamilie im jap. Altertum
Der Begriff „Fujiwara“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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Clan dies nicht zu verhindern gewusst. Die führenden Ämter des Hofes wurden nämlich in der Heian Zeit von den Fujiwara monopolisiert. Michizane war seit Generationen der erste, der die politische Hegemonie dieser Adelsfamilie, deren Töchter gewohnheitsmäßig mit dem Tenno verheiratet wurden, gefährdete. Sein Gegenspieler, Fujiwara no Tokihira (871—909) bezichtigte ihn daher, ein Komplott gegen den regierenden
60. Kaiser Japans, 885–930, r. 897–930.
Der Begriff „Daigo Tennō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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(885—930, r. 897—930) angezettelt zu haben. Michizane wurde daraufhin aus der Hauptstadt entfernt, indem man ihn zum Vize-Gouverneur von Kyushu degradierte. Es war dies eine bewährte Art, hochrangige Hofbeamte in den vorzeitigen Ruhestand zu schicken, und bedeutete das Ende von Michizanes Absicht, das Monopol der Fujiwara zu brechen und den alten Prinzipien der Meritokratie (Amt aufgrund von Leistung, nicht aufgrund von Herkunft) wieder zum Durchbruch zu verhelfen. Er selbst starb kurze Zeit später im 58. Lebensjahr in Dazaifu, damals das politische Zentrum Kyushus (heute Teil der Stadt Fukuoka).
Michizanes Rache
Nach dem Tod Michizanes häuften sich in der Hauptstadt Naturkatstrophen und Unglücksfälle. Die Kinder des Tenno starben eines nach dem anderen und ein Blitz, der in den Kaiserpalast einschlug, tötete zahlreiche Höflinge. Schließlich starb auch Michizanes Gegenspieler nach einer nicht unerfolgreichen politischen Karriere vorzeitig im Alter von 39 Jahren. Man ahnte, dass dies dem zürnenden Totengeist Michizanes zuzuschreiben sei, brachte ihm Opfer dar und holte seine Söhne aus der Verbannung zurück. Tenno Daigo trat in den Mönchsstand ein. Als dies nichts half, beförderte man Michizane posthum zum Kanzler zur Linken vom Wirklichen Zweiten Rang (913). 947 errichtete man schließlich in Kitano, im Norden der Hauptstsadt einen Schrein, nachdem Michizane einen entsprechenden Wunsch durch ein Medium kundgetan hatte. Ein Neffe Fujiwara Tokihiras stiftete dabei sogar aus eigenen Mitteln die Schreingebäude. Noch immer kam es jedoch zu Katastrophen, die Michizane zugeschrieben wurden. 993 ( 90 Jahre nach seinem Tod) erhielt er schließlich den Wirklichen Ersten Rang und das Amt des Großkanzlers! Das scheint seinem Zorn schließlich ein Ende bereitet zu haben.
Werk von Katsushika Hokusai (1760–1849). Edo-Zeit. Museum of Fine Arts, Boston.
Tenjin-sama
Michizanes voller Götternname lautet Tenman Daijizai Tenjin (Himmelsfüllender, großer, nach Belieben waltender Himmelsgott), die geläufigste volktümliche Bezeichnung ist Tenjin-sama. Die Namen seiner Schreine sind meist aus Teilen dieser Namen abgeleitet. Dass zu Unrecht zu Tode gekommene Personen als zürnende Totengeister (
„erhabener“ [Rache]Geist
Der Begriff „goryō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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oder
Rachegeist
Der Begriff „onryō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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) die Lebenden heimsuchen würden, war eine weit verbreitete Vorstellung in der Heian Zeit. Im Falle Michizanes stellte man sich die Gottheit Tenjin spätestens seit dem Blitzschlag im Kaiserpalast als Donnergott vor. Trotz oder gerade wegen der allgemeinen Furcht vor Tenjin schuf man aufwendige Riten und bunte Schreinfeste (Kitano Matsuri, ab 987), um den Zorn dieses Gottes zu besänftigen. Erst viel später erinnerte man sich der Talente des Michizane und funktionierte ihn zum Gott der Gelehrsamkeit und der Bildung um, als der er noch heute allgemein verehrt wird. Ein Zweig der Familie Sugawara war von der Gründung des Schreins an bis in die Meiji Zeit als Schreinpriester tätig, unterstand dabei allerdings immer der Oberhoheit des Tendai Buddhismus.
Der Kitano Schrein wurde ab dem 11. Jh. in die Riege der vom Tenno persönlich verehrten Schreine und schließlich in die Liste der 22 Staatsschreine aufgenommen (die Ende der Heian Zeit obsolet wurde). Die Legende Michizanes wurde 1194 aufgeschrieben, kurze Zeit später illustriert und in Form des Kitano Tenjin engi emaki (Illustrierte Legenden des Kitano Tenjin Schreins) mehrfach kopiert. Im Gegensatz zu anderen kaiserlichen Schreinen blieb die Erinnerung an Michizane also auch im japanischen Mittelalter lebendig. Im Jahr 1578 veranstaltete
1537–1598, Feldherr, militärischer Machthaber; bekannt als der zweite von drei Reichseinigern am Ende der „Zeit der kämpfenden Länder“ (Sengoku Jidai)
Der Begriff „Toyotomi Hideyoshi“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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im Kitano Schrein seine berühmte Massen-Teezeremonie, für die er sich eigens ein goldenes Teehaus errichten ließ. Sein Nachfolger Hideyori errichtete die heutige Schreinanlage. Auch unter den Tokugawa wurde der Schrein gefördert.
Michizanes Ochse
Der zweite Hauptschrein des Tenjin Glaubens, der
Dazaifu Tenman Schrein (Kyūshū), einer der beiden Hauptschreine für Sugawara no Michizane, gegr. 919
Der Begriff „Dazaifu Tenman-gū“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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Geographische Lage
in Kyushu, leitet sich auf eine Legende im Zusammenhang mit Michizanes Ableben zurück. Als er im Jahr 903 starb, sollte sein Leichnam zunächst in die Hauptstadt zurückgebracht werden. Kaum hatte sich der Trauerzug aber in Bewegung gesetzt, blieb der Ochse, der den Sarg transportierte, unversehens stehen und rührte sich nicht mehr von der Stelle. Man nahm dies als Zeichen Michizanes und errichtete an dieser Stelle ein Grab, das 905 zum Mausoleum und 919 schließlich zum Schrein ausgebaut wurde.
Bildquelle: The Kitano Tenjin Engi (Metropolitain Museum) [2010/8]
Der Schrein in Dazaifu/Kyushu ist somit der eigentliche Ahnenschrein des Michizane, ohne das schlechte Gewissen der Höflinge in Kyoto und den daraus resultierenden Kitano Schrein wäre er aber wohl nicht zu landesweiter Bedeutung aufgestiegen.
Michizanes Pflaumenblüten
Michizanes Schmerz über den erzwungenen Abschied von der Hauptstadt ist der Nachwelt in einem berühmten Gedicht erhalten geblieben, das er an die Pflaumenblüten in seinem Garten richtete:
Wenn der Ostwind weht, gebt ihm euren Duft mit, ihr Pflaumenblüten
Auch wenn der Hausherr fort ist, vergesst nicht auf den Frühling
kochi fukaba/ nioi okoseyo/ ume no hana 東風吹かば にほひおこせよ 梅の花
aruji nashi tote/ haru na wasure zo 主なしとて 春な忘れそ
Einer der Pflaumenbäume im heutigen Dazaifu Tenmangū Schrein, soll dem Hausherren tatsächlich nach Kyushu nachgeflogen sein. In allen großen Tenman/Tenjin Schreinen sind heute Pflaumenbäume (Ume) zu finden, die etwas früher blühen als die berühmten Sakura. Die einfache, fünfblättrige Grundstruktur der Blüte ziert auch das Pflaumen-Emblem, das von vielen Tenjin Schreinen als eine Art Logo verwendet wird.
Links
- The Kitano Tenjin Engi Emaki, Metropolitan Museum of Art - New York
- Kitano Tenmangū, offizielle Homepage (en.)
- Dazaifu Tenmangū , offizielle Homepage (en.)
- Kitano Tenmangū, Kamon WorldLetzte Überprüfung der Linkadressen: Aug. 2010
Siehe auch: Gespenster und Totengeister
- ^ Äußerlich gleicht diese Darstellung des Tenjin dem konventionellen Bild eines höfischen Staatsmannes, die extrem strengen Gesichtszüge deuten jedoch göttliche Autorität an.
Kamakura-Zeit, 1259. Bildquelle: Cleveland Museum of Art/Nara National Museum. - ^ Zeremonienhalle (und Hauptfront) des Kitano Tenman-gū mit blühendem Pflaumenbaum im Vordergrund.
Edo-Zeit, 1607. Chris Gladis, Flickr, 2007 (mit freundlicher Genehmigung). - ^ Zeremonienhalle (haiden) des Kitano Tenman-gū. Die eigentliche Haupthalle (honden) ist baulich mit der Zeremonienhalle verschmolzen und befindet sich, für normale Besucher unzugänglich, in deren hinterem Teil. Der Schrein wurde zwar bereits 947 errichtet, die ursprüngliche Form ist allerdings nicht genau bekannt. Die heutige Form erhielt der Schrein unter Toyotomi Hideyori, einem Sohn des Toyotomi Hideyoshi.
Azuchi-Momoyama-Zeit, 1587. Kitaoka A., 2004. - ^ Eingang des Kitano Tenman-gū zur Zeit der Pflaumenblüte. Auch auf einem der Lampions neben dem Eingang ist das fünfblättrige Pflaumenemblem, das Wappenzeichen des Schreins, zu sehen.
Edo-Zeit, 1607. Apricot Cafe, flickr 2007. - ^ Auf der rechten Seite der Haupthalle (honden) des Dazaifu Tenman-gū ist der legendenumwobene Pflaumenbaum zu sehen.
Bildquelle: carstay. - ^ Haupteingang des Dazaifu Tenman-gū
Bildquelle: hisgo. - ^ Verkauf von Glücksbringern (o-mamori, o-fuda) im Dazaifu Tenman-gū. Die zweite Abteilung von rechts trägt die Aufschrift „Examen bestehen, schulischer Erfolg“ (juken gōkaku, gakugyō jōtatsu) und richtet sich speziell an Schüler und Studierende. Ihnen gewährt Tenjin-sama besonderen Schutz.
Charity, flickr 2007. - ^ Sugawara no Michizane als führender Hofbeamter, dargestellt im Kitano tenjin engi.
Kamakura-Zeit, 13. Jh. Metropolitan Museum of Art, New York. - ^ Sugawara no Michizanes Geist in Gestalt eines zürnenden Donnergottes (Raijin) in einer der schönsten Ausführungen des Kitano tenjin engi.
Kamakura-Zeit, 13. Jh. Metropolitan Museum of Art, New York. - ^ Ein Ochs entscheidet die Stelle, wo Michizane begraben werden soll.
Kamakura-Zeit, 15. Jh. Metropolitan Museum of Art. - ^ Dachschmuck im aufwendigen Momoyama-Stil des Kitano Tenman-gū. Mehrfach ist das Symbol der Pflaumenblüte (ume) mit fünf kreisrunden Bütenblättern zu erkennen.
Edo-Zeit, 1607. Bildquelle: Jeffrey Friedl, 2014. - ^ Diese Laterne des Kitano Tenman-gū trägt das Zeichen oni (Dämon) und erinnert damit an die Figur des Tenjin als dämonischer Donnergott.
Chris Gladis, flickr 2007 (mit freundlicher Genehmigung). - ^ Einer der zahlreichen Ochsen des Dazaifu Tenman-gū.
Chris Gladis, flickr 2006 (mit freundlicher Genehmigung). - ^ Die Pflaumenblüte (ume) soll vom Dichter und Gelehrten Sugawara no Michizane besonders geschätzt worden sein.
Chris Gladis, flickr 2007 (mit freundlicher Genehmigung). - ^ Dies ist der Pflaumenbaum (ume), der Michizane aus Kyōto nachgeflogen sein soll.
Wikimedia Commons, David Chart, 2004.
Religion in Japan, Inhalt
- 一 Grundbegriffe
- 二 Bauten
- 五 Mythen
- Einleitung
- Mythologie:
- Götter des Himmels
- Götter der Erde
- Jenseits:
- Jenseits
- Geister:
- Totengeister
- Dämonen
- Tiere:
- Imaginäre Tiere
- Verwandlungskünstler
- Symboltiere
- 六 Geschichte
- Einleitung
- Altertum:
- Prähistorie
- Frühzeit
- Nara-Zeit
- Frühe kami-Kulte
- Heian-Zeit
- Saichō
- Kūkai
- Honji suijaku
- Mittelalter:
- Kamakura-Zeit
- Amidismus
- Zen Buddhismus
- Nichiren Buddhismus
- Mittelalterl. Shintō
- Frühe Neuzeit:
- Reichseinigung
- Christentum
- Terauke-System
- Neo-Konfuzianismus
- Kokugaku
- Moderne und Gegenwart:
- Bakumatsu-Zeit
- Staatsshintō
- Neue Religionen
- 七 Essays
- Überblick
- Buddhismus, Asien:
- Arhats in China und Japan
- Vajrapani: Der Feldherr des esoterischen Buddhismus
- Bishamon-ten: Wächter und Glücksgott
- Riesen-Buddhas: Im Kampf gegen die Unbeständigkeit des irdischen Daseins
- Lokale Vorstellungen, Japan:
- Jindō und shintō: Zum Begriffsinhalt des ‚Weges der kami‘
- Ōkuninushi als heimlicher Gegenspieler der Himmlischen Götter
- Religiöse Gewalt in Japan: Blutopfer, Selbstopfer, Menschenopfer
- Unterhändler des Imaginären: Regenmachen im vormodernen Japan
- Lieber das Herz in der Hand als die Taube über dem Heer
- Feuer mit Feuer bekämpfen: Der Gehörnte Meister und sein Kult
- Hundert Geschichten: Horrorklassiker aus der Edo-Zeit
- Religion und Politik:
- Die Tenshō-Mission: Beginn einer schwierigen transnationalen Beziehung
- Yasukuni: Der Schrein des ‚friedlichen Landes‘
- Herrigels Zen und das Bogenschießen
- Anhang
- Metalog
- Konzept
- Autor
- Impressum
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„Gottheit und Schreine des Tenjin-Glaubens.“ In: Bernhard Scheid, Religion-in-Japan: Ein digitales Handbuch. Universität Wien, seit 2001