Bekannte Pagoden und Stupas außerhalb Japans
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Die charakteristischen Holztürme japanischer Tempel leiten sich von einem indischen Grab·monument ab, dem stupa [stūpa (skt.) स्तूप „Hügel“, Grabmonument (jap. tō 塔 oder sotoba 卒塔婆)]. Der Stupa hat in den ver·schie·denen bud·dhis·tischen Kulturen höchst unter·schiedliche ar·chi·tek·to·ni·sche Aus·formungen er·halten und wird aus diesem Grund im ost·asiatischen Kontext mit dem Namen „Pagode“ (tō [tō (jap.) 塔 Pagode; Turm; abgeleitet von skt. stupa; auch sotoba]) be·zeichnet. Der Aus·druck leitet sich mö·glich·er·weise von chinesisch pakota [pakota (chin.) 八角塔 wtl. Achteck-stupa; möglicherweise der Ausdruck, von dem sich „Pagode“ herleitet] ab, was „Achteck-Stupa“ bedeutet. Die Funktion als Grabmonument blieb al·ler·dings insofern erhalten, als Pagoden (zumindest in der Theorie) zur Aufbewahrung von Reliquien bud·dhis·tischer Heiliger dienen. Im Folgenden einige berühmte Bei·spiele.
Die Grabstupas von Sanchi
Indien, 3. Jh. v.u.Z. Bildquelle: unbekannt.
Die bud·dhis·tischen Mo·nu·mente von Sanchi [Sāñcī (skt.) सांची Ortschaft im indischen Bundesstaat Madhya Pradesh, bekannt für ihre buddhistischen Grabmonumente (stupa)], nahe der Stadt Vidisha [Vidiśā (skt.) विदिशा Stadt im Herzen Indiens, 10 km von Sanchi entfernt] in Indien, gehen auf den legendären Förderer des Bud·dhis·mus, König Ashoka [Aśoka (skt.) अशोक „Der Unbesorgte“, 304?–232 v.u.Z., König von Nord-Indien (jap. Muu 無憂 oder Aikuō 阿育王)] (273–236 v.u.Z.) zurück. Dieser soll sieben der acht ersten Stupas errichtet haben, darunter auch den Haupt·stupa von Sanchi. Die heutige Form der großen Grab·stupas, in denen auch Re·liquien der Buddha [Buddha (skt.) बुद्ध „Der Erleuchtete“ (jap. butsu, hotoke 仏 oder Budda 仏陀)]-Schüler Shariputra [Śāriputra (skt.) शारिपुत्र Hauptschüler des Buddha (jap. Sharihotsu 舎利佛)] und Maudgalyayana [Maudgalyāyana (skt.) मौद्गल्यायन Schüler des Buddha; mit übersinnlichen Fähigkeiten begabt, war es ihm möglich, die Unterwelt zu besuchen; in ostasiatischen Versionen seiner Legende errettet er dort seine Mutter (jap. Mokuren 目連)] bei·gesetzt worden sein sollen, stammt wahr·scheinlich aus dem zweiten Jahr·hun·dert vor unserer Zeit·rechnung. Während der folgenden tausend Jahre befand sich hier ein großes Zentrum des bud·dhis·tischen Glaubens mit zahl·reichen Tempeln. Im drei·zehnten und vier·zehnten Jahr·hun·dert er·fasste der all·ge·meine Nieder·gang des indischen Bud·dhis·mus aber auch die Tempel·anlagen von Sanchi, die verlassen und dem na·tür·lichen Ver·fall prei·gegeben wurden. Auß·erdem erfuhren die Stupas im Zuge ihrer Wieder·ent·deckung im frühen neun·zehnten Jahr·hun·dert zahl·reiche Schäden durch Plün·derungen und unsach·gemäße archä·olo·gische Behandlung. Erst in den Jahren 1912–1919 wurden sie in den heute sichtbaren Zustand gebracht.
Scott Weatherson, flickr 2009.
Sanchi re·prä·sen·tiert wahr·schein·lich die älteste Form der Stupas, bestehend aus einer halb·kugel·förmigen Kammer und einer dünnen Spitze, die einen oder mehrere Schirme als Zeichen könig·licher Macht dar·stellt. Aus diesen Schirmen entwickeln sich mit der Zeit eine Anzahl von Ringen (in Japan meist neun plus zu·sätz·liche Elemente), die man auch auf der Spitze japa·nischer Pagoden [tō (jap.) 塔 Pagode; Turm; abgeleitet von skt. stupa; auch sotoba] erkennen kann. Die konkrete Aus·gestaltung ist starken regionalen Unter·schieden aus·gesetzt, aber immer ist die Spitze eines Stupas Gegen·stand eines aus·ge·feilten Symbol·ismus. Zu den klas·sischen Stupas gehört außerdem ein Rund·gang, denn das rituelle Um·schreiten des Stupa (im Uhr·zeiger·sinn) ist ein es·sen·tiel·les Mittel, um gutes Karma [Karma (skt.) कर्म „Tat“, auch „konsequente Folge“; moralische Bilanz der gesetzten Handlungen (jap. gō 業)] zu er·langen. Diese Rund·gänge sind oft, wie z.B. in Sanchi, von einer Mauer ein·gefasst und durch Ein·gangs·tore zu be·treten. Im Fall von Sanchi gab es ursprünglich bei jedem Stupa vier Tore, die in alle vier Himmels·richtungen wiesen. Viele sind noch er·halten und ge·statten dank ihrer reichen Aus·gestaltung mit Mosaiken einen guten Ein·blick in die frühe bud·dhis·tische Kunst. Frühere euro·päische Be·obachter waren außer·dem der Meinung, dass die Tore bauliche Ähnlich·keiten mit ja·pa·nischen torii [torii (jap.) 鳥居 Torii, Schreintor; wtl. „Vogelsitz“; s. dazu Torii: Markenzeichen der kami] aufweisen und möglicher·weise ihre Ur·form darstellen. Heutige Religions·historiker sind dies·bezüglich al·ler·dings eher skeptisch (s. dazu die Sidepage torii).
Dhamek Stupa
Gupta-Zeit, 4.Jh. u.Z. Sarnath M., flickr, 2014.
Der Dhamek [Dhāmek (skt.) धामेक् Stupa in Sarnath bei Benares, wo Buddha seine erste Rede hielt; Fundamente stammen aus der Zeit König Ashokas (3. Jh. v.u.Z.)] Stupa befindet sich un·weit von Benares in Sarnath [Sārnāth (skt.) सार्नाथ् Stadt im indischen Bundesstaat Uttar Pradesh, 10 km nördlich von Benares (Varanasi), bekannt für den Dhamek Stupa, eines der ältesten buddhistischen Grabmonumente]. Er markiert die Stelle im „Hirsch·park“, wo Buddha Shakyamuni [Śākyamuni (skt.) शाक्यमुनि „Der Weise des Shakya-Klans“, buddhistischer Name des historischen Buddha (Gautama Siddhartha) (jap. Shaka 釈迦 oder Shakamuni 釈迦牟尼)] an·geblich seine erste Predigt hielt. Der Stupa gilt eben·falls als eine Gründ·ung Ashokas, doch schon vor Ashoka scheint sich hier ein bud·dhis·tisches Kloster be·funden zu haben. Heute existiert nur noch die Basis des Bau·werks, auf der sich ·früher noch eine turm·artige Spitze befunden haben muss.
Der Swayambhunatha Stupa in Kathmandu, Nepal
14. Jh., im 17. Jh. ausgebaut. Qinglin Zhang, flickr, 2012 (mit freundlicher Genehmigung).
Der Swayambhunatha [Svayambhūnātha (skt.) स्वयम्भूनाथ Tempel in Kathmandu, Nepal, mit einem der ältesten buddhistischen stupas; auch als „Affentempel“ bekannt] Stupa ist der älteste und be·kannteste Stupa Nepals, angeblich eben·falls eine Gründ·ung König Ashokas. Die heu·tige Form stammt aus dem vier·zehn·ten Jahr·hun·dert und wurde im sieb·zehn·ten Jahr·hun·dert weiter aus·gebaut. Be·sonders auf·fallend sind die nach allen Rich·tungen blicken·den Augen·paare, Symbol für die all·um·fas·sende Wahr·neh·mungs·fähig·keit des Buddha.
Der Stupa-Berg von Borobudur, Java
Vorlage:W504 Borobudur [Borobudur (skt.) größtes buddhistisches Monument in Java, Indonesien, in Gestalt eines dreidimensionalen Mandala] ist das größte bud·dhis·tische Monument weltweit. Es ist ei·gen·tlich eine Kombi·nation von Stupa und Mandala, also eine symbol·ische Reprä·sen·tation des Kosmos in geo·metrischer, hier drei·dimen·sionaler Form. Während die einzelnen Stationen eines mandala [maṇḍala (skt.) मण्डल „Kreis“, schematische Darstellung der kosmischen Ordnung (jap. mandara 曼荼羅)] üblicher·weise von einer Buddha·figur einge·nommen werden, sind es hier, zumindest im zen·tralen Be·reich ein·zelne Stupas. Gleich·zeitig ist die gesamte An·lage von zahlreichen Stein·reliefs ge·schmückt, die das Leben des historischen Buddha oder Episoden einzelner Bodhisattvas [Bodhisattva (skt.) बोधिसत्त्व „Erleuchtetes Wesen“, Vorstufe zur vollkommenen Buddhaschaft (jap. bosatsu 菩薩)] dar·stellen. Die zentrale Position, ebenfalls durch einen Stupa re·präsentiert, nimmt aber der „kosmische Buddha“ Vairocana [Vairocana (skt.) वैरोचन „Sonne, sonnenhaft“, Buddha-Name (jap. Birushana/Rushana 毘盧舎那/盧舎那 oder Dainichi 大日)] (in Japan Dainichi [Dainichi (jap.) 大日 Buddha Vairocana, der „kosmische Buddha“; wtl. „Großes Licht“ oder „Große Sonne“]) ein.
Borobudur wurde unter der bud·dhis·tischen Sailendra Dynastie zwischen 750 und 850 errichtet. Etwa zur selben Zeit goss man in Japan den Großen Buddha von Nara. Im zwölften Jahr·hun·dert verfiel die Anlage und geriet vollkommen in Ver·gessen·heit, bis sie im neun·zehnten Jahr·hun·dert wieder entdeckt wurde. Erst 1971–1984 wurde die Anlage unter der Patronanz der UNESCO original·getreu restauriert.
Wildgans Pagode
652 als fünfgeschossige Pagode errichtet, heutige Form aus dem 16. Jh. travel.dahangzhou.com.
Dayanta [Dayanta (chin.) 大雁塔 „Große Wildgans Pagode“ in Xian, China, err. 652], die „Große Wild·gans Pa·go·de“ der al·ten chi·ne·si·schen Haupt·stadt Changan [Changan (chin.) 長安 chin. Hauptstadt, u.a. in der Tang-Dynastie; wtl. „Langer Friede“; heute Xian] (heute Xian), ist eine der be·kann·te·sten Pa·go·den Chi·nas. Sie be·steht aus sie·ben Stock·wer·ken und ist 64m hoch. Sie wurde im Jahr 652 als fünf·stöckige Pa·gode er·rich·tet, und spä·ter wei·ter aus·ge·baut. Wie deut·lich zu er·ken·nen ist, voll·zog sich im Über·gang des in·di·schen Stupa zur chi·nesi·schen Pa·go·de ein Stil·wech·sel, der auch mit den sich wan·deln·den Funk·tio·nen die·ses Bau·werks zu tun hat. Ob·wohl auch chi·ne·si·sche und ja·pa·ni·sche Pa·go·den be·haup·ten, im Be·sitz von Re·li·quien zu sein, die·nen sie eher als all·ge·mei·ner Schatz·spei·cher, wäh·rend ihre Funk·tion als Grab·mo·nu·ment in den Hin·ter·grund tritt. Die Große Wild·gans Pa·go·de bei·spiels·wei·se wur·de er·rich·tet, um die zahl·rei·chen Sutren und Wert·ge·gen·stände auf·zu·be·wah·ren, die der be·rühmte Pilger Xuanzang [Xuanzang (chin.) 玄奘 602–664; berühmter chin. Pilgermönch und buddh. Gelehrter; Autor eines einflussreichen Reiseberichts über das buddhistische Indien, der später als „Reise nach dem Westen“ in einen Roman gefasst wurde] auf sei·ner sieb·zehn·jähri·gen Reise (629–645) durch In·dien und Zen·tral·asien mit·ge·bracht hatte.
Verweise
Fußnoten
Internetquellen
- A Visit to the Stupa Borobudur Jacques Edouard Berger, 1988
- Borobudur Temple, Yogyakarta, Indonesia Asian Historical Architecture.
Bilder
- ^ Die stupa-Anlage von Sanchi nahe der Stadt Vidisha in Zentralindien gilt als UNESCO Welterbe. Der größte Stupa soll Reliquien des Buddha bergen und auf Befehl König Ashokas (ca. 273–236 v.u.Z.) errichtet worden sein. Ein kleinerer Stupa enthält angeblich Reliquien von Schülern des Buddha. Die Anlage wurde bis ins 12. Jh. immer weiter ausgebaut.
Indien, 3. Jh. v.u.Z. Bildquelle: unbekannt. - ^ An den vier Seiten des ältesten buddhistischen Grabstupas (gorintō) in Sanchi befinden sich markante Eingänge, die wie ein reich verziertes torii mit einem dritten Querbalken aussehen. Man nennt diese Tore auf Sanskrit torana. Aufgrund ihrer Ähnlichkeiten in Form und Namen wurden sie von frühen Japanologen als Vorläufer der torii angesehen.
Scott Weatherson, flickr 2009. - ^ Die detailreichen Skulpturen auf diesem torana-Tor vor einem stupa in Sanchi stammen wahrscheinlich aus dem 1. Jh. u.Z.; dieser Dekor spricht dagegen, dass die indischen torana als Vorläufer der japanischen torii anzusehen sind.
Scott Weatherson, flickr 2009.
- ^ Dhamek Stupa in Sarnath, Indien, Tempelgründung unter König Ashoka.
Gupta-Zeit, 4.Jh. u.Z. Sarnath M., flickr, 2014. - ^ Der Swayambhunatha Stupa ist das bekannteste buddhistische Bauwerk Nepals. Die Anlage ist angeblich eine Gründung König Ashokas. Die heutige Form stammt aus dem 14. Jahrhundert und wurde im 17. Jahrhundert weiter ausgebaut.
14. Jh., im 17. Jh. ausgebaut. Qinglin Zhang, flickr, 2012 (mit freundlicher Genehmigung). - ^ Dayanta, die “Große Wildgans-Pagode” der alten Hauptstadt Changan (Xian).
652 als fünfgeschossige Pagode errichtet, heutige Form aus dem 16. Jh. travel.dahangzhou.com.
Glossar
- Bodhisattva (skt.) बोधिसत्त्व ^ „Erleuchtetes Wesen“, Vorstufe zur vollkommenen Buddhaschaft (jap. bosatsu 菩薩)
- Maudgalyāyana (skt.) मौद्गल्यायन ^ Schüler des Buddha; mit übersinnlichen Fähigkeiten begabt, war es ihm möglich, die Unterwelt zu besuchen; in ostasiatischen Versionen seiner Legende errettet er dort seine Mutter (jap. Mokuren 目連)
- Śākyamuni (skt.) शाक्यमुनि ^ „Der Weise des Shakya-Klans“, buddhistischer Name des historischen Buddha (Gautama Siddhartha) (jap. Shaka 釈迦 oder Shakamuni 釈迦牟尼)
- Svayambhūnātha (skt.) स्वयम्भूनाथ ^ Tempel in Kathmandu, Nepal, mit einem der ältesten buddhistischen stupas; auch als „Affentempel“ bekannt
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„Bekannte Pagoden und Stupas außerhalb Japans.“ In: Bernhard Scheid, Religion-in-Japan: Ein digitales Handbuch. Universität Wien, seit 2001