Geschichte/Neo-Konfuzianismus

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{{titel | Neo-Konfuzianismus und konfuzianischer

Shintō 神道 (jap.)

Shintō; wtl. Weg der Götter, Weg der kami

Schulrichtung

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Während der Bud·dhis·mus der frühen

Edo 江戸 (jap.)

Hauptstadt der Tokugawa-Shōgune, heute: Tōkyō; auch: Zeit der Tokugawa-Dynastie, 1600–1867 (= Edo-Zeit);

Ort, Epoche

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Geographische Lage

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Geographische Lage von Edo; s.a. Geo-Glossar

-Zeit immer stärker zu einem Voll·zugs·organ der staat·lichen Ver·waltung wurde, erwachte inner·halb der intel·lektu·ellen Avant·garde ein neues Inter·esse am Kon·fuzia·nis·mus (jukyō [jukyō (jap.) 儒教 Konfuzianismus, Lehre des Konfuzius (Kong Zi oder Kong Fuzi); wtl. Lehre der Gelehrten]) einer·seits und an der Idee eines eigen·stän·digen japa·ni·schen Shintō ander·er·seits. China, das durch die Ab·schließungs·politik (

sakoku 鎖国 (jap.)

Abschließung des Landes in der Edo-Zeit, 1639–1853

Konzept, Epoche

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) der Toku·gawa in un·er·reich·bare Ferne gerückt war, wurde von vielen Gelehr·ten als zivi·lisa·tori·sches Leit·bild wieder·ent·deckt, wäh·rend andere in der mythi·schen Ver·gangen·heit Japans nach einem idealen Gesell·schafts·modell suchten. Gemein·sam war beiden Strö·mun·gen, dass sie dem Bud·dhis·mus grund·sätz·lich kri·tisch gegen·über standen, auch wenn viele Intel·lektu·elle ihre Kennt·nisse in bud·dhis·tischen Klös·tern er·worben hatten oder gar als bud·dhis·tische Mönche tätig waren.

Öffentlicher Nutzen

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Zhu Xi

Unter den Ein·flüssen aus China übte v.a. der soge·nannte Neo-Kon·fuzia·nis·mus in Ge·stalt der Lehren des chine·si·schen Philo·sophen

Zhu Xi 朱熹 (chin.)

1130–1200; chin. Philosoph; Begründer des Neo-Konfuzianismus

Gelehrte Person

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(auch Chu Hsi, 1130–1200, jap. Shushi) eine große An·ziehungs·kraft auf die intel·lektu·elle Avant·garde der frühen Edo-Zeit aus. Im Gegensatz zum klas·sischen Kon·fuzi·anis·mus, der ja im wesent·lichen eine Philo·sophie der staats·bürger·lichen Rechte und Pflich·ten dar·stellt und sich daher vor allem auf das Dies·seits be·zieht, be·schäftigte sich Zhu Xi auch mit Fra·gen des Über·natür·lichen und der Religion und ent·wickel·te ein Erklä·rungs·modell des Kos·mos, das viele Be·rüh·rungs·punkte mit dem Bud·dhis·mus auf·weist. Zu·gleich be·diente er sich aber auch klas·sischer kon·fuziani·scher Kon·zepte, vor allem der Kate·gorien „öffentlich“ (

(jap.)

„öffentlich“

Konzept

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) und „privat“ (

shi(jap.)

„privat“

Konzept

Der Begriff „shi“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

). Dieser Gegen·satz kann auch durch die Be·griffe „gemein·nützig“ und „eigen·nützig“ aus·ge·drückt werden und ent·hält eine ein·deuti·ge Wer·tung zu·guns·ten des „Öffent·lichen“. Unter kon·fuzia·nischen Gesichts·punk·ten ist nur das von Wert, was dem all·gemei·nen Wohl der Öffent·lich·keit dient, „öffent·lich“ ist somit gleich·be·deu·tend mit „gut“. Sämt·liche private Interes·sen werden da·ge·gen poten·tiell schäd·lich für Gesell·schaft und Staat auf·ge·fasst und werden ent·sprechend negativ be·wertet.

Für die Edo-zeit·lichen Ge·lehrten stellten die Kate·gorien öffent·lich und privat den Aus·gangs·punkt einer funda·men·talen Kritik an den her·ge·brachten Formen des Bud·dhis·mus dar, weil dieser sich zu wenig um das gesell·schaft·liche Gemein·wohl küm·mern würde. Eine un·mittel·bare Konse·quenz dieser Kritik war die zuneh·mende Ableh·nung eso·terisch-buddhis·tischer Wis·sens·vermitt·lung: Geheim·lehren, die nur münd·lich von Meister zu Schüler weiter·ge·geben werden durften, galten den Kon·fuzia·nern als etwas „Privates“ oder „Eigen·nütziges“, das ab·zu·lehnen war. Reli·giöse Wahr·heiten sollten der Öf·fent·lich·keit dienen und all·ge·mein zu·gäng·lich sein. Die da·mals weit ver·brei·teten For·men des eso·teri·schen Bud·dhis·mus wurden aus der Sicht der kon·fuzia·nischen Kritik zum In·begriff eigen·nütziger Ge·heim·nis·krämerei.

Die Entdeckung der Geschichte

Achtung: Sie sehen eine veraltete Version von https://religion-in-japan.univie.ac.at/Handbuch/Geschichte/Neo-Konfuzianismus. Ein weiterer Reiz lag für die Intel·lektu·ellen der Edo-Zeit in der konfu·ziani·schen Geschichts·philo·sophie. Schon Kon·fuzius hatte den Sinn von Geschichte darin gesehen, der Gegen·wart einen „Spiegel“ vorzu·halten. Einer·seits fand er in der Geschichte Vor·bilder einer guten Herr·schaft, anderer·seits aber auch ab·schrecken·de Bei·spiele. Kon·fuzius benützte Geschichte mit einem Wort als didak·tisches Mittel, um die gegen·wärtige Politik zu kriti·sieren oder zu loben. Spätere Kon·fuzianer folgten ihm darin. Manche kriti·sierten ihre Herr·scher, andere boten sich als Ideo·logen an, um deren Herr·schaft zu legitimieren.

In jedem Fall musste die Geschichte zunächst in einer Weise präsen·tiert werden, dass sich aus ihr Gutes und Schlechtes heraus·lesen ließ. Konfu·zianische Histori·ker sahen sich daher nicht als neutrale Be·richter·statter oder objek·tive Chronisten, sondern erach·teten es als ihre Aufgabe, die Prinzi·pien einer guten Politik aus der Geschichte heraus zu destil·lieren. Dieses Ziel ver·folgte u.a. auch

Sima Qian 司馬遷 (chin.)

145?–86? v.u.Z.; Han-zeitlicher Historiker, Begründer der chinesischen Historiographie

Gelehrte Person

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, der Anfang der Han-Zeit die erste umfas·sende Geschichte Chinas schrieb und damit stil·prägend wirkte.

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Hayashi Razan

Es ist daher kein Zufall, dass Anfang der Edo-Zeit eine Reihe monu·men·taler Ge·schichts·werke unter konfu·ziani·schem Ein·fluss ent·standen. So legte etwa der Hof-Kon·fu·zianer des Shōguns, Hayashi Gahō (1618–1680), im Jahr 1670 eine Ge·schich·te Japans (Honchō tsugan [Honchō tsugan (jap.) 本朝通鑑 Geschichte Japans von Hayashi Gahō und Hayashi Razan; 1670 fertiggestellt; 310 Bände]) in 310 Bänden (oder Fas·zikeln) vor, an der er und sein Vater,

Hayashi Razan 林羅山 (jap.)

1583–1657; neo-konfuzianischer Gelehrter

Gelehrte Person

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jahr·zehnte·lang im Auftrag des Shōgunats ge·arbei·tet hatten. Zur gleichen Zeit begann

Tokugawa Mitsukuni 徳川光圀 (jap.)

1628–1701; Daimyō von Mito, konfuzianischer Gelehrter und Historiker

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, der Daimyō von Mito, seine „Große Ge·schichte Japans“ (

Dai Nihon-shi 大日本史 (jap.)

Gesamtdarstellung der japanischen Geschichte bis 1392 in 397 Bänden, verfasst zw. 1657 und 1906

Text, Geschichte

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), ein noch um·fang·reiche·res Projekt, das 1720 in frag·men·tari·scher Form ver·öffent·licht, aber erst 1906, also nach etwa 250 Jahren, in Form von knapp 400 Bänden abge·schlos·sen wurde. In beiden Fällen folgten die Histo·riker chine·sischen Vor·bil·dern, indem sie sich strikt an den Re·gie·rungs·zeiten der Tennō und nicht etwa an den Herr·schafts·perio·den der Shōgune orien·tierten.

Das nationale Erbe

Mit der Be·tonung der eigenen Ver·gangen·heit kamen aber auch Ele·mente ins Spiel, die die japani·schen Kon·fuzia·nisten von China ent·frem·deten, da sie ja danach trach·teten, Japan als eine China zumin·dest eben·bürtige Zivili·sation darzu·stellen. Daher fühlten sich viele Intel·lektu·elle zum auf·kom·men·den Shintō hin·ge·zogen. Die durch den

Yoshida Shintō 吉田神道 (jap.)

mittelalterl. Shintō-Richtung, begründet von Yoshida Kanetomo

Schulrichtung

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bereits seit Ende des fünf·zehn·ten Jahr·hun·derts propa·gierte Idee eines „reinen Shintō“, der weder von chine·sischen noch von indi·schen Gedan·ken getrübt sei, fiel in der frühen Edo-Zeit auf frucht·baren Boden und be·gann auch außer·halb des Einfluss·be·reichs der Yoshida Priester Früchte zu treiben. Obwohl von der Grund·haltung her xeno·phob und daher auch gegen China gerichtet, sahen shintō·istische Er·neuerer der frühen Edo-Zeit im Bud·dhis·mus ihren Haupt·gegner und sym·pathi·sierten daher mit der Bud·dhis·mus·kritik der Konfu·zianer. Umgekehrt entwickel·ten die nam·haftes·ten Ver·treter des japanischen Neo-Kon·fuzia·nismus wie Hayashi Razan oder

Yamazaki Ansai 山崎闇斎 (jap.)

1618–1682; Neo-Konfuzianist und Shintō-Theologe

Gelehrte Person

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(1618–1682) jeweils auch ihre eigenen Visionen einer shintō·istischen Lehre.

Somit bildete sich also eine anti-bud·dhisti·sche Front aus neo-kon·fuziani·schen Intel·lektuel·len und Shintō-Priestern, die immer wieder von einzelnen Feudal·herren unter·stützt wurde. In einzelnen Dai·myaten wurde sogar das terauke System, also die Zwangs·mit·glied·schaft bei einem lokalen Tempel, durch eine Art jinja-uke, also die Zwangs·mit·glied·schaft bei einem lokalen Schrein ersetzt. Zu den promi·nentes·ten För·derern der shintō-kon·fuziani·schen Reform·ideen zählten

Hoshina Masayuki 保科正之 (jap.)

1611–1673; Daimyō von Aizu-han, Regent von Shōgun Tokugawa Ietsuna, konfuzianischer Gelehrter

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(1611–1672), Daimyō von Aizu und Regent des Shōgun Ietsuna, oder der bereits er·wähnte Toku·gawa Mitsu·kuni, der durch sein Geschichts·projekt zum Mäzen der neo-kon·fuzia·nischen Mito-Schule wurde.

Den·noch kann man meiner Ansicht nach nicht sagen, dass der Neo-Konfuzia·nismus die offizielle Staats·ideologie der Tokugawa dar·stellte, wie in der älteren Fach·literatur häufig an·ge·nommen. In reli·giösen Fragen machte sich das Shōgunat eine politi·sche Linie zu eigen, die einer·seits autoritär, anderer·seits aber prag·matisch und eklek·tizis·tisch war: Bud·dhis·mus ja, aber in „gezähmter Form“. Dazu wo immer brauch·bar auch Kon·fuzianis·mus und Shintō. In dieser ideo·logi·schen Un·be·stimmt·heit liegt wahr·schein·lich der größte Unter·schied der Toku·gawa Religions·politik zu den zeit·gleichen Ent·wick·lungen in Europa. Obwohl da wie dort ähn·liche, d.h. inquisi·torische Methoden der ideo·logi·schen Kon·trolle ein·gesetzt wurden, gründete diese Kon·trolle im Fall des Chris·ten·tums auf einer rigiden Dog·matik, im Fall Japan hin·gegen auf einem pragma·tisch er·stellten Katalog ver·bote·ner Lehren. Es gab natür·lich dogma·tische neo-kon·fuzia·nische Staats·denker, doch ihre Theorien waren ledig·lich so etwas wie ein intel·lektuel·les Experi·mentier·feld der frühen Edo-Zeit, das die tat·säch·liche reli·giöse und religions·politi·sche Praxis nur am Rande betraf.

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Gelehrter beim nächtlichen Studium.
Werk von Totoya Hokkei. Edo-Zeit, 1822–1830. The British Museum.

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„Neo-Konfuzianismus und konfuzianischer Shintō.“ In: Bernhard Scheid, Religion-in-Japan: Ein digitales Handbuch. Universität Wien, seit 2001