Bauten/Bekannte Schreine/Inari
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Fushimi Inari Taisha Der Schrein der hunderttausend torii
Der
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Geographische Lage
im Süden Kyotos bietet mit seinen tausenden
Torii, Schreintor; wtl. „Vogelsitz“; s. dazu Torii: Markenzeichen der kami
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, die oft zu rot leuch·tenden Gängen verbunden sind, die lohnendsten Foto·motive in der an an Sehens·würdig·keiten keines·wegs armen ehe·mali·gen Haupt·stadt. Die entlang der Wege aufge·stellten torii sind Opfer·gaben von Gläubigen, die sich von der Gott·heit Inari einen beson·deren Dienst (meist geschäft·lichen Erfolg) erhoffen. Die meisten sind von Firmen gespendet.
Wie in anderen ähnlichen Fällen auch, wachsen die einzelnen Spenden zu einem Gesamt·kunst·werk zusammen. (S. z.B. die Laternen des Kasuga Schreins.) Neben den torii bietet der Fushimi Schrein auch eine Menge pitoresker Fuchs·wäch·ter, die für alle Inari Schreine kenn·zeichnend sind. Ausgang·spunkt für diese Spenden·flut scheinen aber die
Steinaltäre, oder Gedenksteine zur Verehrung der Gottheit Inari; wtl. „Hügel“
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gewesen zu sein, indivi·duelle Stein·altäre, die sich auch heute noch in großer Zahl über den Berg verstreut finden.
O-tsuka
O-tsuka (wtl. „Hügel“) haben eine gewisse Ähn·lich·keit mit japani·schen Grab·stätten, es handelt sich aber um An·dachts·stätten oder Altäre für die Gott·heit
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. Im Zentrum einer solchen Anlage befinden sich ein oder mehrere natürliche Steine mit einer Inschrift. Diese Inschrift ist als indivi·dueller Name der Inari Gott·heit zu verstehen, mit dem Inari an diesem Altar ange·spro·chen wird. (Verwir·ren·der Weise sind unter diesen „Spitz·namen“ auch die Namen anderer bekannter Gott·heiten.) Das Auf·stellen solcher otsuka-Steine geht auf eine volks·reli·giöse Bewegung zurück, die sich in den Jahren unmittelbar vor der Meiji Restau·ration (1868) spontan heraus·bildete. Gläubige er·richte·ten ihre eigene Ver·ehrungs·stätte für Inari auf dem Berg, indem sie große Steine her·bei·schafften und darauf indivi·duelle Götter·namen schrieben. Dieser indivi·duelle Zugang, den man auch watakushi no Inari-sama („meine per·sönliche Inari-Gottheit“) bezeichnet, wurde von den Schrein·prie·stern zunächst einmal ver·boten. Als es aber nicht gelang, diese Form der Laien·fröm·mig·keit abzu·schaffen, gingen die Inari Priester dazu über sie zu kon·trol·lieren. Man schuf bestimmte Areale, in denen die Errichtung von o-tsuka gestattet war, und förderte die Bildung von Laien·orga·nisa·tionen, die die Zuteilung der noch freien Plätze über·nahmen. Heute ist es zwar kaum mehr möglich, einen neuen Altar zu errichten, man kann aber über diese Organi·sationen einen Altar zugeteilt bekommen.1 Dieser wird dann von den jeweiligen Gläubigen mit torii und Fuchs·sta·tuen ausgestattet, die wiederum vom Inari Schrein hergestellt werden. Dank der großen Zahl der o-tsuka (ca. 10.000) ist dies zweifel·los ein ein·träg·liches Geschäft.
Wer ist Inari?
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Der Fushimi Inari Schrein taucht in den Quellen bereits im Jahr 711 erstmals auf. Er war zu dieser Zeit ein Ahnen·schrein des Klans der Hata, die wiederum einige Gene·rationen zuvor aus Korea eingewandert waren. Offenbar verehrten die Hata auf den drei Gipfeln des Inari Berges drei Gott·heiten, die später kollek·tiv als „Inari“ bezeichnet wurden. Unter diesen Gott·heiten soll sich auch die weib·liche Nahrungs·gott·heit
Weibliche Nahrungsgottheit, die v.a. im Fushimi Inari Schrein verehrt wird.
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befunden haben. Mög·licher·weise ist diese Nah·rungs·gott·heit dafür ver·ant·wort·lich, dass Inari stets als Reis·gott·heit charak·terisiert wird.
Als im Jahr 794 in der unmittelbaren Nachbarschaft des Schreins die neue Hauptstadt
auch Heian-kyō 平安京, „Stadt des Friedens“; politisches Zentrum 794–1185 (= Heian-Zeit)
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errichtet wurde, erlangte der Schrein rasch über·regionale Bedeutung. Er diente nun nicht mehr als Klan-Schrein der Hata, sondern wurde von
774–835, Gründer des Shingon Buddhismus; Eigennamen Saeki Mao, Ehrennamen Kōbō Daishi
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(774–835), dem vielleicht be·deu·tendesten Mönch des japanischen Bud·dhis·mus, zum Schutz·schrein des neu gegründeten „Ost-Tempels“ (
Ost-Tempel in Kyōto, eig. Kyōō Gokoku-ji (Tempel des Königs der Lehre zum Schutz des Landes)
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) der neuen Haupt·stadt umfunktioniert. In einer Gründungs·legende des Schreins wird davon erzählt, dass die Gottheit von Inari Kūkai in der Gestalt eines alten Mannes, der Reis auf dem Rücken trug, erschien:
Auf seinen Wanderungen traf Kūkai in Tanabe in der Provinz Kii [heute Waka·yama, südlich von Nara] auf einen seltsamen alten Mann. Obwohl sich die beiden zum ersten Mal sahen, er·kann·ten sie sofort, dass sie sich in einem früheren Leben bei der Rede des Buddha auf dem Geier·berg (Grdhrakuta) in Indien getroffen hatten. Hoch erfreut über das Wieder·sehen lud Kūkai den Greis ein, ihn in der Haupt·stadt zu besuchen, wo er einen Tempel er·richten wollte. Einige Jahre später, als der Tōji bereits erbaut war, erschien der Greis am Südtor des Tempels mit einigen Reis·garben auf dem Rücken 2 und Zypres·sen·zweigen in den Händen in Be·gleitung zweier Mädchen und zweier Kinder. Kūkai war über·glück·lich und hielt ihm zu Ehren eine Predigt und alle seine Schüler, weltliche wie geist·liche, boten ihm zu essen an. Die Greis blieb eine Zeit lang im Hause des Laien·schülers Shibamori nahe dem Tōji 3 und richtete sich schließlich auf dem Berg Inari ein, wo das Holz für den Bau des Tōji gerodet worden war. 4
In dieser buddhistischen Version der Schrein·le·gende ist also von einem Inari Schrein vor der Zeit Kūkais gar keine Rede. Der rätsel·hafte Greis scheint durch den Reis auf seinem Rücken den Schrein·namen zu be·grün·den — tat·sächlich wird der Name Inari meist mit den Zeichen „Reis·ähre tragen“ (稲荷) geschrie·ben. Doch hat der Berg, auf dem er sich letztlich ein·quartiert, ebenfalls den Namen Inari. Es sind also zirkuläre (karmische) Ver·bin·dungen, die die Gottheit in Gestalt eines Reis-tragenden alten Mannes zu ihrem Bestim·mungs·ort, dem Reistrage-Berg (Inari-yama), führen.
Die Legende könnte natürlich auch so gedeutet werden, dass sich hier bereits ein Schrein befand, der unter Kūkai einer neuen Gott·heit zuge·schrieben wurde. In jedem Fall deutet die Legende an, dass die Ver·bindung zum Reis essentiell für die Iden·tität des Fushimi Inari Schreins war. Fraglich bleibt, wieso die Reis·gott·heit auch als Frau bzw. als Fuchs dar·gestellt wird.
Inari, Fuchs und Dakini
Die Verbindung Inaris mit dem Fuchs wird manchmal durch die Tatsache erklärt, dass sich Füchse gern in der Nähe von Feldern auf·halten, als Mäuse·fän·ger sogar nützlich für die Land·wirt·schaft sein können und sich daher als Götter·boten einer Reisgott·heit besonders anboten. Anderer·seits finden sich Text·belege für die Ver·bindung zwischen Fuchs und Inari erst ab dem elften Jahr·hundert. Es ist daher wahr·schein·lich, dass die Ver·bindung Inari-Fuchs nicht aus land·wirt·schaft·lichen Asso·ziationen zu erklären ist, sondern aus der Tatsache, dass Inari neben der Gestalt des alten Mannes auch als junge, auf einem Fuchs reitende Frauen·ge·stalt imaginiert wurde.
Die weibliche Gottheit Inari ist eine Erscheinungs·form der indisch-stämmigen Gott·heit
weibl. buddhist. Schutzgottheit, identifiziert mit Inari; skt. Dākinī; auch: menschenfressende Dämonin
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. Diese wiederum ist eine charak·teristi·sche Gestalt des tantri·schen oder eso·terischen Buddhis·mus. In Indien bezeichnet dākinī eigentlich eine Spezies von dämoni·schen Menschen·fres·serin·nen, die gemäß den Legenden des indischen Buddhis·mus bekehrt wurden und sich darauf hin in eine buddhistische Schutz·gottheit ver·wandelten. Auf indo-tibeti·schen Dar·stel·lungen ist Dakini nach wie vor mit furcht·ein·flößenden und zugleich erotischen Zügen dargestellt, die sie in die Nähe der esoterischen Wächtergötter rückt. Viele dieser ikonographischen Eigenheiten gingen Dakini bei ihrer Trans·forma·tion nach Japan verloren, dafür aber bekam sie den Fuchs als Reittier. Ob diese Assoziation japanischen Ursprungs ist und welche Logik dahinter steckt, ist derzeit noch nicht restlos geklärt.
Die Einbeziehung der fuchs·reitenden Dakini in den Inari-Kult ist ebenfalls rätsel·haft, doch dürfte sie unter der Regie des Shingon Buddhismus erfolgt sein, der ja, wie aus der oben er·wähn·ten Legende ersichtlich, eine besondere Beziehung zu Inari entwickelte. Die Ass·oziation Inari-Dakini lässt sich bei·spiel·haft an einem der größten Inari Heilig·tümer erkennen:
Inari Kultstätte in Toyokawa, Aichi-ken; eig. ein buddh. Tempel, Myōgon-ji
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in der Präfektur Aichi wird gerne zu den „Drei Großen Inari [Schreinen]“ Japans gezählt, doch im Grunde handelt es sich um eine buddhisti·sche Tempelanlage. Zudem stellt
auch Kanzeon 観世音, wtl. der den Klang der Welt erhört; skt. Avalokiteśvara; chin. Guanyin; als Bodhisattva des Mitleids bekannt
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das Haupt·heilig·tum (
Hauptheiligtum eines Tempels
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) des Tempels dar, während in den Grün·dungs·legen·den Dakini die wichtigste Rolle spielt.5 Es handelt sich also um einen Kannon-Tempel, in dem Dakini als beson·dere Schutz·gott·heit verehrt wird. Dies führte wiederum dazu, dass in Toyokawa ein besonderer Inari Kult entstand, da man Dakini als identisch mit Inari ansah. In der Ikono·graphie dieses Tempels erscheint Dakini als schöne Frau, die auf einem weißen Fuchs reitet und Reis·ballen trägt. Die gleichen Attri·bute besitzt auch die weibliche Inari. Die spezielle ikono·graphi·sche Gestalt der Dakini/ Inari von Toyokawa soll im übrigen auf den Zen Mönch
(1217–1300) zurückgehen.
Es deutet also vieles darauf hin, dass die komplexe Natur der Inari Gott·heit(en) mit einst·mals populären Kulten und Figuren des eso·teri·schen Buddhis·mus in Ver·bindung steht. Viel·leicht ist es sogar der Unter·stützung durch den eso·terischen Buddhis·mus zu ver·danken, dass sich die Schreine für Inari in größerer Zahl ver·breite·ten, als für irgend eine andere Schrein·gott·heit in Japan. Heute hin·gegen ist offen·sichtlich, dass die Ver·bindung Inari–Fuchs–Frau–Reis eine sehr enge ist, während die buddhisti·schen Ele·mente (Kūkai, Dakini), die mög·licher·weise zu ihrem Zu·stande·kommen beitrugen, weit·gehend in Ver·gessen·heit geraten sind.
Anmerkungen
- ↑ Smyers 1999, S. 160–64
- ↑ Ine o ninai 稻を荷い, „Reis·garben tragend“, eine Anspielung auf den Schrein·namen Inari 稻荷
- ↑ Laut Iyanaga handelt es sich um den tabisho 旅所 (jap.)
wtl. „Reiseort“; Ziel einer Prozession mit tragbarem Schrein (mikoshi) bei Schreinfesten
Schrein • •Der Begriff „tabisho“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
von Fushimi Inari, also jenen Ort, wohin die Gott·heit Inari während der Schrein·feste gebracht wird.
- ↑ Auszug aus Inari Daimyōjin ryū no ki 稻荷大明神流記. Angeblich ein Text des Kūkai Schülers Shinga (801-879), wahrscheinlich jedoch aus der Kamakura-Zeit. Übersetzung B. Scheid nach Iyanaga Nobumi: Ḍākinī et l’Empereur.
- ↑ S. Gründungs·legende des Toyokawa Inari Tempels (jap.).
Literatur und Links
- Dance of the Yogini: Images of Aggression in Tantric Buddhism, Nitin Kumar (en.)
Online Artikel auf Indian Art: Exotic India. - Fushimi-Inari Taisha shrine, Asano Noboru (en.)
Ausführliche Foto-Dokumentation, Teil der Website My Kind of Kyoto. - Toyokawa Inari (jap.)
Homepage des Toyokawa Inari Tempels.Letzte Überprüfung der Linkadressen: Aug. 2010
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„Fushimi Inari Taisha: Ein Fuchsschrein und sein Netzwerk.“ In: Bernhard Scheid, Religion-in-Japan: Ein digitales Handbuch. Universität Wien, seit 2001