Mythen/Imaginaere Tiere

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Tiergötter und Götterboten, Teil 1 Drachen und Schlangen

Vorlage:Wrapper Tiere spielen in allen asiatischen Religionen eine viel größere Rolle als in den mono·theistischen Traditionen Europas und Klein·asiens. In Japan können Tiere sowohl im Bud·dhis·mus als auch im Shinto religiös ver·ehrt werden. Sie werden einer·seits als Boten von Gott·heiten angesehen, anderer·seits gibt es auch Gottheiten in Tier·gestalt, bzw. Gottheiten, die sich be·vor·zugt in der Ge·stalt eines be·stimmten Tieres zeigen. Die „mächtigsten“ Tiere sind wohl die Drachen. Magisch be·gabt sind aber auch Füchse und Tanuki (die auf der nächsten Seite be·sprochen werden). Unter den göttlichen Botentieren ist neben dem Fuchs vor allem der Affe von besonderer Bedeutung.

Drachen

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Drachen kombinieren äußerlich die anatomischen Stärken aller möglichen Tiere: die Schuppen von Fischen und Schlangen, die Klauen und Flügel von Vögeln, die Zähne und Pranken von Tigern, außerdem Hörner, Fühler, usw. Manche Drachen können auch mensch·liche Gestalt annehmen. Auf dem Meeres·boden steht der Palast (

Ryūgū 龍宮 (jap.)

Drachenpalast; mythologischer Ort am Meeresgrund

Der Begriff „Ryūgū“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

) des Drachenkönigs. Ein gött·licher Vor·fahre des

Tennō 天皇 (jap.)

jap. „Kaiser“-Titel, wtl. Herrscher des Himmels

Der Begriff „Tennō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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suchte einst den Drachenpalast auf, verliebte sich in eine seiner Töchter, heiratete sie und nahm sie mit auf die Erde. Es kam aller·dings zur Trennung, als er sie während der Geburt des ge·mein·samen Kindes in Drachengestalt er·blickte. Die Drachentochter zog sich wieder ins Meer zurück, ihr Sohn blieb aber auf Erden, heiratete wieder eine Drachenprinzessin und zeugte schließ·lich

Jinmu Tennō 神武天皇 (jap.)

wtl. „göttlicher Krieger“; gemäß den japanischen Mythen der erste menschliche Herrscher (Tennō) Japans; eigentlicher Name: Kami Yamato Iware-hiko no Sumera Mikoto 神日本磐余彦天皇 (Nihon shoki)

Fiktive Person

Der Begriff „Jinmu Tennō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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, den ersten Tenno. Die Tenno-Familie zählt also auch den Drachengott zu ihren Ahnen (mehr dazu: Göttermythen, Teil 2).

In China stellt der Drache angeblich seit dem legendären Gelben Kaiser (Huang Di, leg.r. 2696–2598 v.u.Z.) das Symboltier der kaiser·lichen Herrschaft dar (ähnlich wie in Europa der Adler). Der Drache ist außer·dem das be·vor·zugte Tier der Zwölf Tierkreiszeichen des chinesischen Kalenders (der auch in Japan Geltung hat). Und auch die vier Himmels·richtungen werden nach einer chinesischen Auf·fas·sung von Drachen be·herrscht (nach einer anderen Auf·fas·sung wird allerdings nur der Osten von einem blauen Drachen repräsentiert). Die erwähnte Legende von den Drachen-artigen Vor·fahren des Tenno ent·stand also höchst·wahr·schein·lich aus dem Bedürfnis, dieses be·deu·tungs·volle Symbol·tier für das japanische Herrscher·haus zu instru·men·tali·sieren.

Auch im Buddhismus ist der Drache als Gottheit aner·kannt. Buddhis·tische Drachen lassen sich zumeist auf die indischen Nagas zurück·führen, schlangen·artige Gottheiten, die neben den Deva-Gottheiten eine eigene Kategorie von himmlischen Wesen dar·stellen. Der angebliche Begründer des Mahayana Buddhismus, Nāgārjuna (2. Jh. u.Z.), soll seine neu·artigen Sutren von den Nagas er·halten haben und trägt daher auch den Namen Nāga[a]rjuna, „Weißer Naga/Drache“. Auch in Indien sind die Nagas eng mit dem Wasser ver·bunden. Im Unter·schied zu den chinesischen Drachen sind sie jedoch eher niedrige, un·er·leuch·tete Kreaturen. In Japan lässt sich jedoch kaum ein Unter·schied zwischen buddhistischen Nagas und chinesischen Drachen feststellen.

Die Verbundenheit mit dem Wasser äußert sich bei manchen Drachen im Besitz eines Edelsteins, mit dem sie Ebbe und Flut be·herrschen. Dieser Edelstein hat eine enge Ver·wandt·schaft mit dem buddhistischen Wunsch·erfüllungs·juwel (

nyoi no tama 如意の玉 (jap.)

Wunschperle, Wunschjuwel; auch hōju

Gegenstand

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), das von manchen Bodhisattvas ge·tragen wird (Nyoirin Kannon). Schließ·lich werden Drachen auch für den Regen (oder das Ausbleiben des Regens) ver·ant·wort·lich gemacht und stehen daher in vielen asiatischen Ländern im Zentrum von rituellen Bitten und Zeremonien, um Regen herbeizuführen.

Wasser und Drachen bilden also eine assoziative Einheit, daher auch die häufigen Drachenfiguren bei Brunnen am Eingang von Tempeln oder Schreinen. Als Herrscher über das lebens·wichtige Element des Wassers können Drachen natürlich auch be·droh·lich sein, bzw. die Gefahr von Naturkatastrophen in sich bergen. Grund·sätz·lich besteht zu Drachen aber ein positives, von Respekt geprägtes Verhältnis.

Schlangen

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Die Grenzen zwischen Schlangen und Drachen sind fließend, aus ikonographischer Sicht zählen sie zweifellos zu selben Familie. In den klassischen japanischen Mythen taucht z.B. die acht·köpfige Schlange

Yamata no Orochi 八岐大蛇 (jap.)

Mythologische Schlange (Drache) mit acht Köpfen; wtl. „achtfach gegabelte Schlange“; wird von Susanoo besiegt

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auf, ein Ungeheuer von riesigen Aus·maßen, das nur mit List vom Kulturheroen

Susanoo 須佐之男/素戔男 (jap.)

mytholog. Gottheit; Trickster-Gott, Sturmgott, Mondgott; Bruder der Amaterasu

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be·siegt werden kann. Auf bildlichen Dar·stellungen aus der Edo-Zeit wird diese Schlange stets als Drache abgebildet. 

Obwohl dieser Mythos an das negative Bild europäischer Drachen·geschich·ten erinnert, werden Schlangen in Japan, ähnlich wie Drachen, zumeist mit positivem Respekt und Ehrer·bietung angesehen. Der Gott des uralten

Ōmiwa Jinja 大神神社 (jap.)

Ōmiwa Schrein, auch Miwa Schrein, nahe Nara; einer der ältesten Schreine Japans

Schrein

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Geographische Lage

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Geographische Lage von Ōmiwa Jinja; s.a. Geo-Glossar
taucht in den Mythen mehrfach einmal in mensch·licher, einmal in Schlangen·gestalt auf. Noch heute opfert man im Miwa Schrein rohe Eier, da diese für Schlangen eine besondere Delikatesse darstellen.

Das Hitachi fudoki, ein alte Chronik der heutigen Präfektur Ibaraki, be·richtet, dass sich in alter Zeit gehörnte Schlangen gegen die Urbar·machung des Landes zur Wehr setzten und die Menschen attackierten. Nach einem einigem Hin- und Her er·richtete man ihnen einen Schrein und brachte sie damit zur Ruhe. Man tauschte also Landrechte gegen religiöse Verehrung. Aus dieser Er·zählung wird ersichtlich, dass die Schlangen für Gott·heiten ge·halten wurden, denen das Land ursprünglich gehörte.

Spätere Schlangenlegenden erzählen davon, dass sich Schlangen — ähnlich wie Füchse — in Menschen verwandeln können und oft unerkannt an der Seite eines menschlichen Ehepartners leben. Solche Legenden offenbaren meist eine starke erotische Komponente. Umgekehrt führt enttäuschte Liebe, bzw. Eifersucht, zur Wiedergeburt als Schlange. Von diesem Schicksal sind, buddhistischen Legenden zufolge, vor allem Frauen betroffen. Eine von ihnen, Kiyomehime, die unglücklich in einen buddhistischen Mönch verliebt war, verwandelte sich bereits zu Lebzeiten in eine Schlange, verfolgte ihren Geliebten bis in seinen Tempel und brachte ihn dort zu Tode (s. Horrorklassiker).

Schlangen gelten außerdem als die Tiergefährten der Glücksgöttin

Benten 弁天 (jap.)

Glücksgöttin; Kurzform von Benzaiten

Glücksgottheit

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(s.a.  Sidepage Benzaiten), die wiederum mit zahl·reichen Drachen·mythen in Ver·bindung steht. Benzeiten war ur·sprüng·lich eine Fluss-, bzw. Wasser·göttin, daher ihre Assoziation mit Schlangen und Drachen.

Auch Benzaiten wird im übrigen für sehr eifer·süchtig gehalten, sodass es Männern und Frauen geraten ist, ihre Schreine nicht gemeinsam aufzusuchen.

In vielen Mythenkreisen der Welt steht der Schlange als Herrscherin des Wassers der Vogel, bzw. der Adler, als Be·herrscher des Himmels oder des Feuers gegen·über. In Indien ist dieser Gegensatz besonders stark aus·geprägt. Hier gibt es den Vogel·menschen Garuda, der den Nagas, also den Schlangen·wesen, in ewiger Feind·schaft gegen·über·steht. In China und Japan ist dieser Gegen·satz nicht besonders präsent, vielleicht weil die Figur des Drachens zu über·mächtig ist und auch viele Eigen·schaften mit den Vögeln teilt. Der indische Vogel·mensch Garuda scheint jedoch in der Sagenfigur des japanischen Tengu einen Verwandten zu haben.

Religion in JapanMythen
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„Imaginäre Tiere (Tiergötter und Götterboten, Teil 1).“ In: Bernhard Scheid, Religion-in-Japan: Ein digitales Handbuch. Universität Wien, seit 2001