Mythen/Jenseits/Hungergeister

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Gaki zōshi, Bildrollen der Hungergeister

Ende der

Heian 平安 (jap.)

auch Heian-kyō 平安京, „Stadt des Friedens“; politisches Zentrum 794–1185 (= Heian-Zeit)

Ort, Epoche

Der Begriff „Heian“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Glossarseiten

Bilder

  • Komainu toji.jpg
  • Froesche.jpg
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  • Amaterasu gakutei.jpg
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Geographische Lage

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Geographische Lage von Heian; s.a. Geo-Glossar

-Zeit (11.-12. Jh.) scheint das Interesse am Jenseits und an den Hungergeistern (

gaki 餓鬼 (jap.)

Hungergeist; skt. preta

Geist

Der Begriff „gaki“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Glossarseiten

Bilder

  • Gakizoshi notdurft.jpg
  • Gakizoshi friedhof.jpg
  • Gakizoshi mokuren.jpg
  • Zehn welten.jpg
  • Gakizoshi geburt.jpg
  • Gakizoshi ausspeisung.jpg

) — zumindest in der höfischen Gesellschaft — besonders groß gewesen zu sein. Davon zeugen illustrierte Bildrollen (

Gaki zōshi 餓鬼草紙 (jap.)

Illustrierte Querbildrollen der Hungergeister

Bild

Der Begriff „Gaki zōshi“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

), die von

Go-Shirakawa Tennō 後白河天皇 (jap.)

1127–1192; 77. Kaiser von Japan (r. 1155–1158); stellte vor allem als Exkaiser im Mönchsstand ein wichtiges politisches Gegengewicht zu den Diktatoren Taira no Kiyomori und Minamoto no Yoritomo dar

Der Begriff „Go-Shirakawa Tennō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Bilder

  • Bishamonten hoshoin.jpg
  • Shoki heian.jpg
persönlich in Auftrag gegeben worden sein sollen. Sie offenbaren nicht nur eine fast liebevolle Detailtreue bei der Darstellung der Hungergeister sondern gewähren auch einen ungewöhnlich lebendigen Einblick in das damalige Leben.

Trank- und Speiseopfer

Okuninushi hokusai.jpg
Ōkuninushi heilt den Hasen von Inaba, dem Meeresungeheuer (wani) das Fell abgezogen haben. Hokusai interpretiert Ōkuninushi als Daikoku und die wani als Krokodile.
Werk von Katsushika Hokusai (1760–1849). Edo-Zeit. Museum of Fine Arts, Boston.

Gaki zōshi (Kyoto Nat. Museum), Bildquelle: e-kokuhō (2010/7)

Ausspeisung der Hungergeister durch buddhistische Mönche. Die Mönche folgen dabei dem Beispiel des Buddha-Schülers Ananda, der die Hungergeister auf diese Weise von ihrer leidvollen Existenzform erlöste. Durch die Erlösung eines Hungergeists, kann man auch für sich selbst gutes Karma erwirken.

Okuninushi hokusai.jpg
Ōkuninushi heilt den Hasen von Inaba, dem Meeresungeheuer (wani) das Fell abgezogen haben. Hokusai interpretiert Ōkuninushi als Daikoku und die wani als Krokodile.
Werk von Katsushika Hokusai (1760–1849). Edo-Zeit. Museum of Fine Arts, Boston.

Gaki zōshi (Kyoto Nat. Museum), Bildquelle: e-kokuhō (2010/7)

Das

urabon 盂蘭盆 (jap.)

Ursprünglicher (buddhistischer) Name des Bon-Fests, abgeleitet von ullambana

Ritus

Der Begriff „urabon“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

-Fest in der späten Heian-Zeit: Einige Menschen beten am Friedhof (zu sehen ist links ein Grab-Stupa) und opfern den gaki Wasser, das diese gierig auflecken. Währenddessen halten andere eine fröhliche Feier ab.

Die obigen Abbildungen entstammen einer Gaki zōshi Bildrolle, die heute dem Nationalmuseum Kyoto gehört. Sie befand sich möglicherweise ursprünglich im Besitz von Kaiser Go-Shirakawa (1127-92; r.1155-58). Andere Bilder dieser Bildrolle illustrieren buddhistische Legenden wie etwa die Geschichte

Mokuren 目連 (jap.)

Schüler des Buddha; skt. Maudgalyayana; errettet seine Mutter aus der Hölle

Der Begriff „Mokuren“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Bilder

  • Gakizoshi mokuren.jpg

, die sich auf die Hungergeister beziehen. Es handelt sich also um Material, das die Relevanz des Urabon-Festes in leicht fasslicher Form illustrieren sollte.

Verbindung mit dem Unreinen

Eine andere Bildrolle, die heute im Tokyo National Museum aufbewahrt wird, hebt mehr den unheimlichen, bzw. ungustiösen Aspekt der Hungergeister hervor. Zugleich spricht aus der Art der Darstellung auch so etwas wie Sympathie für die Geister. In der Tat könnte es sich ja ohne weiteres um verstorbene Anverwandte der damaligen Zeitgenossen handeln, wenn diese sich im irdischen Leben durch besondere Gier ausgezeichnet hatten.

Okuninushi hokusai.jpg
Ōkuninushi heilt den Hasen von Inaba, dem Meeresungeheuer (wani) das Fell abgezogen haben. Hokusai interpretiert Ōkuninushi als Daikoku und die wani als Krokodile.
Werk von Katsushika Hokusai (1760–1849). Edo-Zeit. Museum of Fine Arts, Boston.

Gaki zōshi (Tokyo Nat. Museum), Bildquelle:e-kokuhō (2010/7)
Hungergeister warten geduldig, bis die Menschen ihre Notdurft verrichtet haben, um sich selbst daran zu laben.

Okuninushi hokusai.jpg
Ōkuninushi heilt den Hasen von Inaba, dem Meeresungeheuer (wani) das Fell abgezogen haben. Hokusai interpretiert Ōkuninushi als Daikoku und die wani als Krokodile.
Werk von Katsushika Hokusai (1760–1849). Edo-Zeit. Museum of Fine Arts, Boston.

Gaki zōshi (Tokyo Nat. Museum), Bildquelle:e-kokuhō (2010/7)
Ein Hungergeist beobachtet eine Geburt - zweifellos in der Hoffnung auf Nahrung.

Okuninushi hokusai.jpg
Ōkuninushi heilt den Hasen von Inaba, dem Meeresungeheuer (wani) das Fell abgezogen haben. Hokusai interpretiert Ōkuninushi als Daikoku und die wani als Krokodile.
Werk von Katsushika Hokusai (1760–1849). Edo-Zeit. Museum of Fine Arts, Boston.

Gaki zōshi (Tokyo Nat. Museum), Bildquelle:e-kokuhō (2010/7)
Gaki streunen um die Gräber und teilen sich das Aas mit den Hunden.

Das im ersten Bild erkennbare „Gemeinschaftsklo“, das die Menschen ohne große Hemmungen kollektiv nutzen, wirft einen interessanten Aspekt auf die Geschichte der Schamhaftigkeit in Japan. Die bildliche Darstellungen einer Geburt ist, nicht nur in Japan, ähnlich selten und ungewöhnlich. Gebären an sich galt damals als etwas Unreines (und lockt daher den Hungergeist an). Schließlich offenbart die Friedhofszene die damalige Praxis, Leichen einfach den Tieren zum Fraß zu überlassen. In den Gräbern befanden sich wahrscheinlich nur höher gestellte Persönlichkeiten und buddhistische Mönche.

Die Bildrolle, aus der diese Beispiele stammen, zählte einst zum Besitz von Kaiser Go-Shirakawa und wurde zusammen mit ähnlichen illustrierten Werken im

Kannon Bosatsu 観音菩薩 (jap.)

Bodhisattva Avalokiteshvara, wtl. „der den Klang der Welt erhört“; „Bodhisattva des Mitleids“; s.a. Kannon, Guanyin;

Buddha

Der Begriff „Kannon Bosatsu“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Glossarseiten

Bilder

  • Baozhi heian.jpg
  • Kumano nachi mandara.jpg
  • Taima narahaku.jpg

Tempel Rengeō-in (besser bekannt als

Sanjūsangen-dō 三十三間堂 (jap.)

33 Klafter Halle; Kannon-Tempelhalle in Kyōto; offizieller buddhistischer Tempelname: Rengeō-in

Tempel

Der Begriff „Sanjūsangen-dō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Bilder

  • Sanjusangendo2.jpg
  • Senju kannon.jpg

Geographische Lage

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Geographische Lage von Sanjūsangen-dō; s.a. Geo-Glossar

) aufbewahrt. Der Glaube an die Hungergeister war also keineswegs ein obskurer Aberglaube, sondern wurde in der späten Heian-Zeit von der Elite der Hofkultur hochgehalten.

Die Gaki zōshi werden in Japan zu den offiziellen „Nationalen Kulturschätzen“ gezählt und sind daher auch ausführlich auf der sehr empfehlenswerten Website e-kokuhō dokumentiert.

  1. ^  
    Gakizoshi ausspeisung.jpg
    Ausspeisung der Hungergeister (gaki) durch buddhistische Mönche.
    Kamakura-Zeit, 12. Jh. e-kokuhō.
  2. ^  
    Gakizoshi urabon.jpg
    Das Bild zeigt einen Stupa (sotoba), der von verschiedenen Leuten, wohl während des O-bon-Festes, mit Opfergaben bedacht wird, sowie geschäftiges Treiben vor den Toren eines Tempels. Ein begleitender Text erklärt, dass sich gewisse Hungergeister von dem Opferwasser ernähren, das Hinterbliebene ihren verstorbenen Angehörigen darbringen. Dieser Text ist ein Zitat aus einem chinesischen Sutra. Das Bild zeigt, dass sich davon ausgehend bereits ein Kult etabliert hat, um Hungergeister (möglicherweise die verstorbenen Eltern in ihrer folgenden Existenzform) mit Wasser zu laben. Der Ort dafür ist eine Art kollektiver Grab-Stupa, dessen Existenz auch in anderen Quellen der späten Heian-Zeit belegt ist (Wakabayashi 2020, S. 215).
    Heian-Zeit, 12. Jh. e-kokuhō.
  3. ^  
    Gakizoshi notdurft.jpg
    Die Hungergeister (gaki) warten geduldig, bis die Menschen ihre Notdurft verrichtet haben, um sich selbst daran zu laben. Das Bild ist auch für die Alltagsgeschichte der Heian-Zeit interessant, da es einerseits den Abort als öffentliche Fläche (wahrscheinlich in einer Hintergasse) darstellt und zugleich die Verwendung von sogenannten shit sticks (jap. chūgi 籌木) dokumentiert, also kleine Hölzchen, die ähnlich wie das heutige Klopapier verwendet wurden. Auch Stoff oder Papier ist im übrigen zu sehen.
    Kamakura-Zeit, 12.–13. Jh. Tōkyō National Museum.
  4. ^  
    Gakizoshi geburt.jpg
    Ein Hungergeist (gaki) beobachtet eine Geburt — zweifellos in der Hoffnung auf Nahrung.
    Kamakura-Zeit, 12.–13. Jh. Tōkyō National Museum.
  5. ^  
    Gakizoshi friedhof.jpg
    Hungergeister (gaki) streunen um die Gräber und teilen sich das Aas mit den Hunden.
    Kamakura-Zeit, 12.–13. Jh. e-Museum, National Treasures & Important Cultural Propertiesof National Institutes for Cultural Heritage, Japan.

Religion in JapanMythen
Diese Seite:

„Hungergeister.“ In: Bernhard Scheid, Religion-in-Japan: Ein digitales Handbuch. Universität Wien, seit 2001