Ikonographie/Kannon: Unterschied zwischen den Versionen

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| Kannon Bosatsu: Der Bodhisattva des Mitgefühls
 
 
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{{fl|K}}{{glossar:Kannon|annon}} (skt. {{skt:Avalokiteshvara}}) ist die im gesamten {{skt:Mahayana}} Bud·dhis·mus be·kann·teste {{skt:Bodhisattva}}-Figur. Bodhi·sattvas (jap. {{glossar:bosatsu|''bosatsu''}}) sind Mittler·gestalten, ähnlich den christlichen Heiligen, die ganz besonders daran interessiert sind, den Menschen und allen anderen fühlenden Wesen zur Erleuchtung zu verhelfen.  
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B{{s|Bodhisattva|oddhisattvas}} (jap. {{g|bosatsu|''bosatsu''}}) sind Mittlergestalten, ähnlich den christlichen Heiligen, die ganz besonders daran interessiert sind, den Menschen und allen anderen fühlenden Wesen zur Erleuchtung zu verhelfen. In der Ikonographie äußert sich das Mitgefühl der Bodhisattvas interessanterweise nicht nur darin, dass sie viel bewegter abgebildet werden als die {{s|buddha|Buddhas}}; sie verfügen darüber hinaus auch über diverse übermenschliche Attribute, nämlich bis zu tausend Arme, mehrere Köpfe, diverse Gegenstände und Waffen und allerlei Schmuck — alles Zeichen ihrer übernatürlichen Fähigkeiten, in den Lauf des Schicksals einzugreifen und die Gläubigen vor der [[Grundbegriffe/Buddhismus_Lehre|karmischen Vergeltung]] ihrer schlechten Taten zu retten. Diese Charakteristika äußern sich exemplarisch in der Figur des {{g|Kannon}} (skt. {{s|Avalokiteshvara}}), dem bekanntesten Bodhisattva des {{s|Mahayana}}-Buddhismus.
In der Ikono·graphie äußert sich das Mit·gefühl der Bodhi·sattvas interessanter·weise nicht nur darin, dass sie viel bewegter ab·ge·bildet werden als die {{skt:buddha|Buddhas}}; sie verfügen darüber hinaus auch über diverse über·mensch·liche Attribute, nämlich bis zu tausend Arme, mehrere Köpfe, diverse Gegen·stände und Waffen und allerlei Schmuck — alles Zeichen ihrer über·natür·lichen Fähig·keiten, in den Lauf des Schicksals einzu·greifen und die Gläubigen vor der [[Grundbegriffe/Buddhismus_Lehre|karmischen Vergeltung]] ihrer schlechten Taten zu retten. Diese Charak·teristika äußern sich exemp·larisch in der Figur des Kannon Bosatsu.
 
  
 
==Kannons Vielgestaltigkeit==
 
==Kannons Vielgestaltigkeit==
  
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|Tausendarmiger Kannon
 
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Kannon tritt den Gläubigen in ver·schie·denen Gestalten entgegen, je nach dem, wie es die Situation erfordert. Diese ver·schie·denen Er·schei·nungs·formen werden in der Fach·literatur als Mani·festa·tionen, Emana·tionen oder Inkarna·tionen bezeichnet. Wichtig ist, dass es sich im Kern jeweils um den gleichen Bodhi·sattva handelt, der bloß dem Auge des Uner·leuch·teten als viel·gestaltig erscheint. Auch andere Bodhi·sattvas besitzen unter·schied·liche Erschei·nungs·formen, von keinem sind allerdings so viele bekannt wie von Kannon. Einige der häufigsten bild·lichen Dar·stellungen sind:
 
* {{glossar:shoukannon}} (Heilige(r) Kannon): Einfache Figur, zumeist stehend, mit einer Lotosblüte in der Hand. Die Lotosblüte ist auch in anderen Mani·festa·tionen ein beson·deres Charak·teristi·kum Kannons.
 
* {{glossar:juuichimenkannon}} (Kannon mit den Elf Gesichtern): Elf Gesichter als Kopf·putz, drei davon mit zorni·gem Gesichts·aus·druck.
 
* {{glossar:nyoirinkannon}} (Kannon mit der Wunscherfüllungsperle): Figur mit sechs Armen, meist sitzend, in der „Haltung könig·licher Gelas·senheit“.
 
* {{glossar:senjukannon}} (Kannon mit den Tausend Händen): Zumeist nicht mit tausend, sondern mit 42 Armen dargestellt; manchmal erscheint auf den Hand·flächen jeweils ein Auge.
 
* {{glossar:suigetsukannon}} oder {{glossar:byakuekannon}} (Kannon beim Betrachten des Mondes): Kannon in weißem Gewand, am Meer sitzend, in Betrach·tung der Mond·spiege·lung im Wasser. In China ent·standene Figur, dort meist weiblich.
 
* {{glossar:batoukannon}} (Kannon mit Pferdekopf): Zorn·volle Erschei·nungs·form ([[#Zornvolle Erscheinungen|s.u.]]).
 
 
 
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Darüber hinaus gibt es noch zahllose andere Kannon-Motive, die sich allerdings oft nur gering·fügig von einander unter·scheiden. Die buddhis·tische Ikono·graphie hat diese Erschei·nungs·formen wiede·rum in unter·schied·lichen Reihen zusam·men·gefasst. Dazu zählen:
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Kannon tritt den Gläubigen in verschiedenen Gestalten entgegen, je nach dem, wie es die Situation erfordert. Diese verschiedenen Erscheinungsformen werden in der Fachliteratur als Manifestationen, Emanationen oder Inkarnationen bezeichnet. Wichtig ist, dass es sich im Kern jeweils um den gleichen Bodhisattva handelt, der bloß dem Auge des Unerleuchteten als vielgestaltig erscheint. Auch andere Bodhisattvas besitzen unterschiedliche Erscheinungsformen, von keinem sind allerdings so viele bekannt wie von Kannon. Einige der häufigsten bildlichen Darstellungen sind:
  
* Die Sechs Kannon ({{glossar:rokukannon}}). Sie entsprechen den [[Mythen/Jenseits | Sechs Bereichen der Wiedergeburt]]. Jeweils eine Kannon-Inkarnation ist dafür zuständig, den Wesen in diesen Bereichen zum Austritt aus dem Geburten·kreis·lauf zu verhelfen.
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* Die 33 Kannon ({{glossar:sanjuusanshinkannon}}). Diese gehen auf das {{g|hokekyou|Lotos Sutra}} zurück, das diesem Bodhi·sattva ein eigenes Kapitel  widmet und darin von seinen 33 Erscheinungs·formen berichtet. Ausgehend von der Zahl 33 entstand bereits in der {{glossar:Heian}}-Zeit eine Kannon-Pilger·route in den Provinzen rund um Kyōto mit 33 Stationen. Später kam noch eine zweite im Kantō-Gebiet (Raum um das heutige Tōkyō) dazu und schließlich komplet·tierte eine dritte Route mit 34 Tempeln die Gesamt·zahl der Kannon-Pilger·stätten auf 100.  
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* {{g|shoukannon}} (Heilige(r) Kannon): Einfache Figur, zumeist stehend, mit einer Lotosblüte in der Hand. Die Lotosblüte ist auch in anderen Manifestationen ein besonderes Charakteristikum Kannons.
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* {{g|juuichimenkannon}} (Kannon mit den Elf Gesichtern): Elf Gesichter als Kopfputz, drei davon mit zornigem Gesichtsausdruck.
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* {{g|nyoirinkannon}} (Kannon mit der Wunscherfüllungsperle): Figur mit sechs Armen, meist sitzend, in der „Haltung königlicher Gelassenheit“.
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* {{g|senjukannon}} (Kannon mit den Tausend Händen): Zumeist nicht mit tausend, sondern mit 42 Armen dargestellt; manchmal erscheint auf den Handflächen jeweils ein Auge.
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* {{g|suigetsukannon}} oder {{g|byakuekannon}} (Kannon beim Betrachten des Mondes): Kannon in weißem Gewand, am Meer sitzend, in Betrachtung der Mondspiegelung im Wasser. In China entstandene Figur, dort meist weiblich.
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* {{g|batoukannon}} (Kannon mit Pferdekopf): Zornvolle Erscheinungsform ([[#Zornvolle Erscheinungen|s.u.]]).
  
Kannon findet sich öfter als irgend ein anderer Bodhi·sattva als Haupt·verehrungs·gegen·stand eines japa·nischen Tempels. Die  berühmte „33-Klafter-Halle“ ({{glossar:sanjuusangendou}}) ist das vielleicht beein·druckend·ste Kannon-Gesamt·kunst·werk Japans. In ihr thront eine über·dimen·sionale Kannon-Statue, umgeben von tausend und einem lebens·großen Tausend·armigen Kannons.
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Kannon kann aber auch als Begleiter eines Buddhas auftreten. In der Amida-Trias wird {{g|Amidanyorai}} von den Bodhisattvas Kannon und {{g|seishibosatsu}} flankiert. Ein berühmtes frühes Beispiel, dem auch das Kannon-Portrait der Abb. Rechts entstammt, befindet sich auf einem Wandfresco im Tempel {{g|houryuuji}} (Abb. re.). Bei genauer Betrachtung erkennt man, dass in der Krone Kannons wiederum eine Buddhafigur sitzt. Diese stellt Amida, sozusagen als „Chef“ dieses Bodhisattvas, dar. Diese Ikonographie findet sich auch in anderen Kannon-Sujets.
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Darüber hinaus gibt es noch zahllose andere Kannon-Motive, die sich allerdings oft nur geringfügig von einander unterscheiden. Die buddhistische Ikonographie hat diese Erscheinungsformen wiederum in unterschiedlichen Reihen zusammengefasst. Dazu zählen:
  
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* Die Sechs Kannon ({{g|rokukannon}}). Sie entsprechen den [[Mythen/Jenseits | Sechs Bereichen der Wiedergeburt]]. Jeweils eine Kannon-Inkarnation ist dafür zuständig, den Wesen in diesen Bereichen zum Austritt aus dem Geburtenkreislauf zu verhelfen.
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* Die 33 Kannon ({{g|sanjuusanshinkannon}}). Diese gehen auf das {{g|hokekyou|Lotos Sutra}} zurück, das diesem Bodhisattva ein eigenes Kapitel  widmet und darin von seinen 33 Erscheinungsformen berichtet. Ausgehend von der Zahl 33 entstand bereits in der {{g|Heian}}-Zeit eine Kannon-Pilgerroute  mit 33 Stationen in den Provinzen rund um Kyōto. Später kam noch eine zweite im Kantō-Gebiet (Raum um das heutige Tōkyō) dazu und schließlich komplettierte eine dritte Route mit 34 Tempeln die Gesamtzahl der Kannon-Pilgerstätten auf 100.
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== Sanjūsangen-dō ==
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Kannon findet sich öfter als irgendein anderer Bodhisattva als Hauptverehrungsgegenstand eines japanischen Tempels. So sind z.B. der {{g|Kiyomizudera}} in Kyōto oder der {{g|Asakusadera|Asakusa}} Tempel in Tōkyō  diesem Bodhisattva geweiht. Das  beeindruckendste Kannon-Gesamtkunstwerk Japans ist aber wohl die  berühmte „33-Klafter-Halle“ ({{g|sanjuusangendou}}), wiederum in Kyōto. In ihr befindet sich ein Heer von tausend und eins lebensgroßen stehenden Kannon-Statuen, die eine überdimensionale sitzende Kannon-Statue (s. Abb. oben) gleichsam beschützen. Alle Statuen stellen Kannon mit den tausend Armen dar.
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| Kannon Statuen in der Sanjūsangen-dō  
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Der Name der „33-Klafter-Halle“ erklärt sich natürlich aus den erwähnten 33 Erschei·nungs·formen des Avalokiteshvara im Lotos Sutra.
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Auch der {{glossar:Kiyomizudera}} in Kyōto oder der {{glossar:Asakusadera|Asakusa}} Tempel in Tōkyō sind diesem Bodhi·sattva geweiht.  
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Der Name der „33-Klafter-Halle“ bezieht sich auf die Tatsache, dass das Gebäude aus 33 Nischen besteht,<!--
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--><ref>Das alte japanische Längenmaß ''ken'' 間 war sechs Fuß (''shaku'') oder eine Armspanne und entspricht daher dem alten deutschen Längenmaß „Klafter“. Im Fall der Sanjūsangen-dō bezeichnet dasselbe Zeichen zwar den Zwischenraum zwischen den Säulen („Nischen“), der etwas länger ist, mir erscheint die Übersetzung „Klafter“ aber dennoch angemessen.</ref><!--
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--> diese Besonderheit resultiert aber natürlich aus den erwähnten 33 Erscheinungsformen des Avalokiteshvara im Lotos Sutra ({{s|saddharmapundarikasutra}}).
  
Kannon kann aber auch als Begleiter eines Buddhas auftreten. In der Amida Trias wird {{glossar:Amidanyorai}} von den Bodhi·sattvas Kannon und {{glossar:seishibosatsu}} flankiert. Ein berühmtes frühes Beispiel der Amida Trias befindet sich auf einem Wand·fresco im Tempel {{glossar:houryuuji}}. Von dort stammt auch das Portrait Kannons (Bild oben rechts). Bei genauer Betrach·tung (Bild anklicken) erkennt man, dass in der Krone Kannons wiederum eine Buddha·figur sitzt. Diese stellt Amida, sozusagen als „Chef“ dieses Bodhi·sattvas, dar.
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==Mildtätigkeit==
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Die häufige Verbindung von Kannon und Amida kommt nicht von ungefähr, stellt doch Amida selbst das Urbild eines Bodhi·sattvas dar. Der Legende des Amida zufolge war er zunächst ein Prinz, der der Welt ent·sagte und ein Bodhi·sattva wurde. In dieser Gestalt, unter dem Namen {{glossar:houzoubosatsu}}  (skt. {{skt:Dharmakara}}), leistete er seine berühmten 48 Schwüre. Der Theorie nach haben auch alle anderen Bodhi·sattvas diese oder ähnliche Schwüre ge·leistet und durch·laufen dann eine lange Reihe von Übungen, an deren Ende die höchste Stufe der Buddha·schaft steht. Auch der historische Buddha selbst muss wohl das Stadium eines Bodhi·sattvas absolviert haben. Für die buddhis·tische Kunst ist das Bodhi·sattva-Stadium eines Buddhas aller·dings nur von geringem Interesse. Bosatsu-Figuren wie Kannon scheinen da·gegen auf immer im Bodhi·sattva Stadium zu ver·harren, Hinweise auf ihre zukünftige Buddha·schaft sind in der Ikono·graphie nicht zu erkennen.  
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Die häufige Verbindung von Kannon und Amida kommt nicht von ungefähr, stellt doch Amida selbst das Urbild eines Bodhisattvas dar. Der Legende des Amida zufolge war er zunächst ein Prinz, der der Welt entsagte und ein Bodhisattva wurde. In dieser Gestalt, unter dem Namen {{g|houzoubosatsu}}  (skt. {{s|Dharmakara}}), leistete er seine berühmten 48 Schwüre. Der Theorie nach haben auch alle anderen Bodhisattvas diese oder ähnliche Schwüre geleistet und durchlaufen dann eine lange Reihe von Übungen, an deren Ende die höchste Stufe der Buddhaschaft steht. Auch der historische Buddha selbst muss wohl das Stadium eines Bodhisattvas absolviert haben. Für die buddhistische Kunst ist das Bodhisattva-Stadium eines Buddhas allerdings nur von geringem Interesse. Bosatsu-Figuren wie Kannon scheinen dagegen auf immer im Bodhisattva Stadium zu verharren, Hinweise auf ihre zukünftige Buddhaschaft sind in der Ikonographie nicht zu erkennen.  
  
Im klas·sischen Sanskrit wird Kannon meist {{skt:Avalokiteshvara}} genannt. Es gibt unter·schied·liche Deutungen des Namens, doch geht es in jedem Fall um das „Wahr·nehmen“. In Ostasien lautet der volle Name {{glossar:kanzeon}}, wtl. „Der, der den Klang der Welt erhört“, wobei der Klang als die Anrufung Kannons durch die Gläu·bigen inter·pretiert wird. Der Name impliziert somit, dass Kannon derjenige ist, der unmit·telbar auf die Anrufung seines Namens (in Form von mild·tätiger Unter·stützung) reagiert.  
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Im klassischen Sanskrit wird Kannon meist {{s|Avalokiteshvara}} genannt. Es gibt unterschiedliche Deutungen des Namens, doch geht es in jedem Fall um das „Wahrnehmen“. In Ostasien lautet der volle Name {{g|kanzeon}}, wtl. „Der, der den Klang der Welt erhört“, wobei der Klang als die Anrufung Kannons durch die Gläubigen interpretiert wird. Der Name impliziert somit, dass Kannon derjenige ist, der unmittelbar auf die Anrufung seines Namens (in Form von mildtätiger Unterstützung) reagiert.  
Kannon/Avalo·kitesh·vara wird aufgrund dieser besonderen Bereitschaft, sich um „die Welt“ zu kümmern, auch als „Gottheit des Mitleids“ bezeichnet. Die starke Betonung seiner Barm·herzig·keit macht diesen Bodhisattva nicht nur in Japan, sondern auch in allen anderen bud·dhis·tischen Kulturen Asiens zu einer der re·prä·sen·ta·tivsten Gestalten des Buddhismus über·haupt. In Tibet wird etwa der Dalai Lama als Inkarnation des Avalo·kitesh·vara an·ge·sehen. In China, wo Kannon als {{glossar:Guanyin}} bekannt ist, und im Anschluss daran in Korea und Japan, zieht er weit mehr Gläubige an als die meisten anderen Buddhas und Bodhi·sattvas. Dies hat wie bereits erwähnt u.a. damit zu tun, dass bereits das ''Lotos Sutra'', der viel·leicht wichtigste {{s|mahayana}}-Text über·haupt, diesem Bodhi·sattva ein ganzes Kapitel (Kap. 25) gewidmet hat, das manch·mal auch als eigenes Sutra (Avalo·kitesh·vara Sutra) angesehen wird.
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Kannon/Avalokiteshvara wird aufgrund dieser besonderen Bereitschaft, sich um „die Welt“ zu kümmern, auch als „Gottheit des Mitleids“ bezeichnet. Die starke Betonung seiner Barmherzigkeit macht diesen Bodhisattva nicht nur in Japan, sondern auch in allen anderen buddhistischen Kulturen Asiens zu einer der repräsentativsten Gestalten des Buddhismus überhaupt. In Tibet wird etwa der Dalai Lama als Inkarnation des Avalokiteshvara angesehen. In China, wo Kannon als {{g|Guanyin}} bekannt ist, und im Anschluss daran in Korea und Japan, zieht er weit mehr Gläubige an als die meisten anderen Buddhas und Bodhisattvas. Wie bereits erwähnt, trägt das Lotos Sutra, der vielleicht wichtigste {{s|mahayana}}-Text überhaupt, insofern zur Beliebtheit Kannons bei, als es  diesem Bodhisattva ein ganzes Kapitel (Kap. 25) gewidmet hat, welches manchmal als eigenes Avalokiteshvara Sutra behandelt wird. Aber auch im einflussreichen [[Herz Sutra]] ({{g|hannyashingyou}}) tritt Kannon als Hauptprotagonist auf.  
  
Alles in allem tendiert die Kannon-Verehrung dazu, sich zu ver·selbstän·digen und die Buddha-Ver·ehrung in den Hinter·grund zu drängen. Kannon verfügt sogar über ein eigenes [[Paradies]], die Insel {{glossar:fudaraku}} (von skt. Potalaka), die im Süden Indiens gelegen sein soll. Dar·stellun·gen des medi·tieren·den Kannon (Nyoirin Kannon oder Suigetsu Kannon) ima·ginieren den Bodhi·sattva meist auf dieser Insel der Glück·selig·keit und einzelne Episoden aus diversen Sutren berichten von frommen Gläu·bigen, die Kannon dorthin gefolgt sind. Kannons Popu·larität scheint somit auf der unaus·gespro·chenen Er·war·tung zu gründen, dass es über diese Instanz des buddhisti·schen Pantheons verhält·nismäßig einfach sei, dem uner·bitt·lichen Gesetz der karmi·schen Vergel·tung zu ent·kommen.
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Alles in allem tendiert die Kannon-Verehrung dazu, sich zu verselbständigen und die Buddha-Verehrung in den Hintergrund zu drängen. Kannon verfügt sogar über ein eigenes [[Paradies]], die Insel {{g|fudaraku}} (von skt. {{s|Potalaka}}), die im Süden Indiens gelegen sein soll. Darstellungen des meditierenden Kannon (Nyoirin Kannon oder Suigetsu Kannon) imaginieren den Bodhisattva meist auf dieser Insel der Glückseligkeit und einzelne Episoden aus diversen Sutren berichten von frommen Gläubigen, die Kannon dorthin gefolgt sind. Kannons Popularität scheint somit auf der unausgesprochenen Erwartung zu gründen, dass es über diese Instanz des buddhistischen Pantheons verhältnismäßig einfach sei, dem unerbittlichen Gesetz der karmischen Vergeltung zu entkommen.
  
 
==Er oder sie?==
 
==Er oder sie?==
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|Guanyin/Kannon als göttlicher Androgyn
 
|Guanyin/Kannon als göttlicher Androgyn
 
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Im Zu·sam·men·hang mit dieser Mild·tätig·keit fällt bereits in den frühen chine·sischen und japa·nischen Skulp·turen ein beson·derer Hang zu andro·gynen Dar·stel·lungen auf. Darüber hinaus tritt Guanyin/Kannon vor allem in chinesi·schen Legenden als weib·liche Gestalt auf, die auch zum Thema der bilden·den Kunst wurden, zum Beispiel ''die'' Mond be·trach·tende Kannon, oder ''die''  Kannon mit einem Säugling an der Brust ({{glossar:koyasukannon}}). Diese ikono·graphi·schen Formen sind außer·halb Ost·asiens un·bekannt, wie über·haupt die explizite Ver·weib·lichung dieses Bodhi·sattvas eine chinesi·sche Innovation sein dürfte. Die weib·liche Guanyin erlebte in der Ming-Zeit (1368–1644) ihre große Blüte. Es entstanden damals sogar apo·kryphe Sutren, die Guanyin eine Bio·graphie als chinesi·sche Prinzessin beifügten.  
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Im Zusammenhang mit dieser Mildtätigkeit fällt bereits in den frühen chinesischen und japanischen Skulpturen ein besonderer Hang zu androgynen Darstellungen auf. Darüber hinaus tritt Guanyin/Kannon vor allem in chinesischen Legenden als weibliche Gestalt auf, die auch zum Thema der bildenden Kunst wurden, zum Beispiel ''die'' Mond betrachtende Kannon, oder ''die''  Kannon mit einem Säugling an der Brust ({{g|koyasukannon}}). Diese ikonographischen Formen sind außerhalb Ostasiens unbekannt, wie überhaupt die explizite Verweiblichung dieses Bodhisattvas eine chinesische Innovation sein dürfte. Die weibliche Guanyin erlebte in der {{g|Ming}}-Zeit (1368–1644) ihre große Blüte. Es entstanden damals sogar apokryphe Sutren, die Guanyin eine Biographie als chinesische Prinzessin beifügten.  
  
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Als die Jesuiten im sech·zehnten und sieb·zehnten Jahr·hundert in China ihre Missions·tätig·keit entfalteten, bauten sie den Kult für die Gottes·mutter Maria nach dem Vorbild der Guanyin Verehrung auf. Sie waren damit sehr erfolg·reich. Dass dabei die Figur Jesu in den Hinter·grund trat, wurde allerdings vom Vatikan heftig kritisiert. Auch in Japan wurden Maria und Kannon einander an·ge·glichen. Vor allem während der [[Geschichte/Christentum | Christen·ver·fol·gun·gen]] in der Edo-Zeit beteten japanische Christen zu Statuen, die äußerlich wie Kannon aussahen, jedoch Maria darstellen sollten.  
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Als die Jesuiten im sechzehnten und siebzehnten Jahrhundert in China ihre Missionstätigkeit entfalteten, bauten sie den Kult für die Gottesmutter Maria nach dem Vorbild der Guanyin Verehrung auf. Sie waren damit sehr erfolgreich. Dass dabei die Figur Jesu in den Hintergrund trat, wurde allerdings vom Vatikan heftig kritisiert. Auch in Japan wurden Maria und Kannon einander angeglichen. Vor allem während der [[Geschichte/Christentum | Christenverfolgungen]] in der {{g|Edo}}-Zeit beteten japanische Christen zu Statuen, die äußerlich wie Kannon aussahen, jedoch Maria darstellen sollten.  
  
Der Glaube an Kannon in weib·licher Form ist in Japan nicht in gleichem Um·fang verbreitet wie in China. Die meisten tradi·tionellen Kannon·skulp·turen sind in Japan männlich. Sofern sie bemalt sind, erkennt man häufig, dass wie bei anderen Buddhas und Bodhi·sattvas ein feiner Bart den Mund umspielt. In jüngerer Zeit sind in Japan allerdings vermehrt Varianten der Weiß·gewan·deten Kannon, ins·be·sondere die Kollosal·statuen aus dem 20. Jahr·hundert, zu bemerken, die eher weiblich als männlich konnotiert sind.  
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Der Glaube an Kannon in weiblicher Form ist in Japan nicht in gleichem Umfang verbreitet wie in China. Die meisten traditionellen Kannonskulpturen sind in Japan männlich. Sofern sie bemalt sind, erkennt man häufig, dass wie bei anderen Buddhas und Bodhisattvas ein feiner Bart den Mund umspielt. In jüngerer Zeit sind in Japan allerdings vermehrt Varianten der Weißgewandeten Kannon, insbesondere die Kollosalstatuen aus dem 20. Jahrhundert, zu bemerken, die eher weiblich als männlich konnotiert sind.  
  
 
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|caption = Moderne, weiblich konnotierte Riesen-Kannon-Statuen
 
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Kannons fließende, weibliche Körper·formen und -bewe·gungen sind im übrigen auch bei anderen Bodhi·sattva-Figuren an·zu·treffen. Ulrich Pauly spricht in diesem Zu·sammen·hang vom Typus des „Göttlichen Androgyns“, der in vielen Religionen, nicht zuletzt in den christlichen Engeln zu erkennen ist. Daher ist es zweifel·haft, ob man von ''' ''der''''' oder '''''dem''''' Kannon sprechen soll. Es kommt wohl auf den jeweiligen Kontext an.
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Kannons fließende, weibliche Körperformen und -bewegungen sind im übrigen auch bei anderen Bodhisattva-Figuren anzutreffen. {{g|Paulyulrich|Ulrich Pauly}} spricht in diesem Zusammenhang vom Typus des „Göttlichen Androgyns“, der in vielen Religionen, nicht zuletzt in den christlichen Engeln zu erkennen ist. Daher ist es zweifelhaft, ob man von ''' ''der''''' oder '''''dem''''' Kannon sprechen soll. Es kommt wohl auf den jeweiligen Kontext an.
  
 
== Zornvolle Erscheinungen ==
 
== Zornvolle Erscheinungen ==
  
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}}
Im Buddhismus gibt es bekanntlich keinen Teufel und auch nicht das absolute Böse, eben·so·wenig wie es einen Schöpfer·gott gibt. Dennoch haben sich auch im Bud·dhis·mus [[Mythen/Hoellen |Höllen·vor·stellun·gen]] entwickelt, die frap·pante Ähn·lich·keiten mit der christ·lichen Hölle haben. Auch außer·halb der Hölle begegnet man zahl·reichen furcht·ein·flößen·den Gestalten. Diese quälen oder strafen die mensch·lichen Sünder jedoch nicht aus eigenem Antrieb, sondern im Auf·trag Buddhas bzw. des {{skt:Karma}}-Gesetzes.
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Im Buddhismus gibt es bekanntlich keinen Teufel und auch nicht das absolute Böse, ebensowenig wie es einen Schöpfergott gibt. Dennoch haben sich auch im Buddhismus [[Mythen/Hoellen |Höllenvorstellungen]] entwickelt, die frappante Ähnlichkeiten mit der christlichen Hölle haben. Auch außerhalb der Hölle begegnet man zahlreichen furchteinflößenden Gestalten. Diese quälen oder strafen die menschlichen Sünder jedoch nicht aus eigenem Antrieb, sondern im Auftrag Buddhas bzw. des {{s|Karma}}-Gesetzes.
 
 
Im All·gemei·nen sind die strafenden Instanzen des Buddhis·mus den mild·tätigen unter·geordnet. Es gehört jedoch zu den Be·sonder·heiten des buddhis·tischen Glaubens, dass auch diese mitfüh·lenden Figuren über zorn·volle Er·scheinungs·formen verfügen können. Besonders im {{s|vajrayana}}-Buddhismus, der seinen Höhe·punkt im japa·nischen Mittel·alter erreichte, wandte man diesen zorn·vollen Er·schei·nungs·formen große Auf·merk·samkeit zu. Im Fall Kannons gibt es unter den Zusatz·gesichtern des Elf·gesich·tigen Kannon drei zornige. Noch deut·licher erkennt man die Ambi·valenz der Bodhi·sattva Ikono·graphie in der Figur „Kannon mit Pferde·kopf“ ({{glossar:batoukannon}}), der ganz ähnlich aussieht wie {{glossar:myouou}} oder {{glossar:tenbu}} Gott·heiten. Mehr dazu auf der Sidepage [[Ikonographie/Kannon/Bato_Kannon | Batō Kannon]] ...
 
  
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Im Allgemeinen sind die strafenden Instanzen des Buddhismus den mildtätigen untergeordnet. Es gehört jedoch zu den Besonderheiten des buddhistischen Glaubens, dass auch diese mitfühlenden Figuren über zornvolle Erscheinungsformen verfügen können. Besonders im {{s|vajrayana}}-Buddhismus, der seinen Höhepunkt im japanischen Mittelalter erreichte, wandte man diesen zornvollen Erscheinungsformen große Aufmerksamkeit zu. Im Fall Kannons gibt es unter den Zusatzgesichtern des Elfgesichtigen Kannon drei zornige. Noch deutlicher erkennt man die Ambivalenz der Bodhisattva Ikonographie in der Figur „Kannon mit Pferdekopf“ ({{g|batoukannon}}), der ganz ähnlich aussieht wie {{g|myouou}} oder {{g|tenbu}} Gottheiten. Mehr dazu auf der Sidepage [[Ikonographie/Kannon/Bato_Kannon | Batō Kannon]] ...
 
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* [http://www.onmarkproductions.com/html/kannon.shtml Kannon Notebook], Mark Schumacher (en.)<br/>Der Eintrag zu Kannon in Schumachers ''[http://www.onmarkproductions.com/html/buddhism.shtml A-Z Dictionary of Japanese Buddhist Statuary]'' ist besonders reichhaltig.
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* [http://www.onmarkproductions.com/html/kannon.shtml Kannon Notebook], Mark Schumacher (en.) Eintrag zu Kannon in Schumachers ''A-Z Dictionary of Japanese Buddhist Statuary''
* [http://www.aisf.or.jp/~jaanus/deta/k/kannon.htm Kannon]<br/>Ausführlicher Beitrag aus Japanese Architecture and Art Net Users System (''[http://www.aisf.or.jp/~jaanus/ JAANUS]'').
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* [http://www.aisf.or.jp/~jaanus/deta/k/kannon.htm Kannon], ''JAANUS''.
 
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| In dieser umfangreichen historischen Studie wird u.a. die Frage erörtert, wann und wie es zum Geschlechterwandel des Bodhisattva in China kam.
 
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Aktuelle Version vom 14. November 2023, 11:49 Uhr

Kannon Bosatsu Der Bodhisattva des Mitgefühls

Boddhisattvas [Bodhisattva (skt.) बोधिसत्त्व „Erleuchtetes Wesen“, Vorstufe zur vollkommenen Buddhaschaft (jap. bosatsu 菩薩)] (jap. bosatsu [bosatsu (jap.) 菩薩 Bodhisattva, buddhistische Heilsgestalt]) sind Mittlergestalten, ähnlich den christlichen Heiligen, die ganz besonders daran interessiert sind, den Menschen und allen anderen fühlenden Wesen zur Erleuchtung zu verhelfen. In der Ikonographie äußert sich das Mitgefühl der Bodhisattvas interessanterweise nicht nur darin, dass sie viel bewegter abgebildet werden als die Buddhas [Buddha (skt.) बुद्ध „Der Erleuchtete“ (jap. butsu, hotoke 仏 oder Budda 仏陀)]; sie verfügen darüber hinaus auch über diverse übermenschliche Attribute, nämlich bis zu tausend Arme, mehrere Köpfe, diverse Gegenstände und Waffen und allerlei Schmuck — alles Zeichen ihrer übernatürlichen Fähigkeiten, in den Lauf des Schicksals einzugreifen und die Gläubigen vor der karmischen Vergeltung ihrer schlechten Taten zu retten. Diese Charakteristika äußern sich exemplarisch in der Figur des Kannon [Kannon (jap.) 観音 auch Kanzeon 観世音, wtl. der den Klang der Welt erhört; skt. Avalokiteśvara; chin. Guanyin; als Bodhisattva des Mitleids bekannt] (skt. Avalokiteshvara [Avalokiteśvara (skt.) अवलोकितेश्वर „Herr, der [die Welt] unten wahrnimmt“, Bodhisattva (jap. Kannon 観音 oder Kanzeon 観世音)]), dem bekanntesten Bodhisattva des Mahayana [Mahāyāna (skt.) महायान „Großes Fahrzeug“, buddhistische Richtung (jap. daijō bukkyō 大乗)]-Buddhismus.

Kannons Vielgestaltigkeit

Senju kannon.jpg
1 Tausendarmiger Kannon
Hauptstatue des Kannon (skt. Avalokiteshvara; chin. Guanyin) des Tempels Sanjūsangen-dō. Die tausend Arme erklären sich dem Shingon-Mönch Ono Nigai (951–1046) zufolge daraus, dass diese Kannon-Manifestation für alle jene Wesen zuständig ist, die im Reich der Hungergeister wiedergeboren wurden. Diese Wiedergeburt droht jedem, der sich in früheren Leben der Gier schuldig gemacht hat. Ganz offensichtlich gibt es in diesem Bereich für Kannon besonders viel zu tun.
Werk von Tankei (1173–1256). 1254. Bildquelle: unbekannt.
Nyoirin kannon.jpg
2 Kannon mit Wunschjuwel
Sechsarmiger Kannon (auch Kanzeon; skt. Avalokiteshvara; chin. Guanyin) in der Haltung „königlicher Gelassenheit“ (d.h. mit aufgestelltem Knie), mit dem Juwel oder der Perle der Wunscherfüllung (nyoi no tama), einem magischen Gegenstand, an seiner Brust und dem „Rad der Lehre“ (hōrin, skt. Dharmachakra) in erhobener Position. Diese beiden Attribute geben der Figur den Namen Nyoirin Kannon. Daneben ist auch eine Lotosblüte zu erkennen. Dieser Kannon sitzt außerdem auf einer Lotosblüte, auf anderen Abbildungen aber auf einem Felsen im Meer. Dieser Felsen symbolisiert Kannons Reines Land, also quasi das Zuhause des Bodhisattvas.
Die Nyoirin-Statue des Kanshin-ji ist die früheste bekannte japanische Statue dieses Typs. Ihr ausgezeichneter Erhaltungszustand erklärt sich daraus, dass die Statue auch heute noch als „geheimer Buddha“ (hibutsu) gilt und nur einmal im Jahr öffentlich gezeigt wird.
Heian-Zeit, Mitte 9. Jh. Huntington Archive.
Juichimen kannon.jpg
3 Elfköpfiger Kannon
Die Ausgestaltung der elf Köpfe, die Kannon (auch Kanzeon; skt. Avalokiteshvara; chin. Guanyin) hier auf dem eigenen Kopf trägt, ist einem Sutra entnommen, das sich ausschließlich mit dieser Erscheinungsform des Bodhisattvas befasst (jap. Jūichimen jinjushin-gyō) und 656 vom Pilgermönch Xuanzang ins Chinesische übertragen wurde. Hierin heißt es, dass drei der Köpfe mild, drei weitere streng blicken, drei hätten nach oben stehende Zähne, einer ein wildes Grinsen und einer das Aussehen eines Buddhas (Kajitani Ryōji in Epprecht 2007, S. 133-134). Niels Gülberg beschreibt die Köpfe folgendermaßen:

... am Scheitel ein Kopf des Tathâgata; zur Stirnseite drei milde lächelnde Bodhisattvamasken; zur linken Seite die drei sog. "Zornesaugenmasken", die Übel abwehren sollen; zur rechten Seite drei gestrenge Gesichter mit nach oben weisenden Eckzähnen, die den Menschen zum Praktizieren des Guten anhalten sollen; und auf der Rückseite ein in Gelächter ausbrechendes Gesicht, das die schlechten Taten der Menschen tadeln soll. (Niels Gülberg, „Michizane und die Kannon von Hase: Ergänzende Anmerkungen zum mittelalterlichen Tenjin-Kult.“ Asiatische Studien 48 (1994), S. 207.)

In der vorliegenden Darstellung tragen alle Zusatzköpfe bis auf den obersten Buddha-Kopf wiederum eine Art Kopfputz, der einen Buddha (wahrscheinlich Amida) darstellt. In der linken Hand hält Kannon das für ihn typischste Attribut: eine Vase mit Lotosblüte.
Heian-Zeit, 12. Jh. Nara National Museum.

Kannon tritt den Gläubigen in verschiedenen Gestalten entgegen, je nach dem, wie es die Situation erfordert. Diese verschiedenen Erscheinungsformen werden in der Fachliteratur als Manifestationen, Emanationen oder Inkarnationen bezeichnet. Wichtig ist, dass es sich im Kern jeweils um den gleichen Bodhisattva handelt, der bloß dem Auge des Unerleuchteten als vielgestaltig erscheint. Auch andere Bodhisattvas besitzen unterschiedliche Erscheinungsformen, von keinem sind allerdings so viele bekannt wie von Kannon. Einige der häufigsten bildlichen Darstellungen sind:

  • Shō Kannon [Shō Kannon (jap.) 聖観音 Heilige(r) Kannon] (Heilige(r) Kannon): Einfache Figur, zumeist stehend, mit einer Lotosblüte in der Hand. Die Lotosblüte ist auch in anderen Manifestationen ein besonderes Charakteristikum Kannons.
  • Jūichimen Kannon [Jūichimen Kannon (jap.) 十一面観音 „Kannon mit den Elf Gesichtern“; geläufige Erscheinungsform von Kannon Bosatsu] (Kannon mit den Elf Gesichtern): Elf Gesichter als Kopfputz, drei davon mit zornigem Gesichtsausdruck.
  • Nyoirin Kannon [Nyoirin Kannon (jap.) 如意輪観音 Kannon mit Wunscherfüllungs-Perle (nyoi no tama)] (Kannon mit der Wunscherfüllungsperle): Figur mit sechs Armen, meist sitzend, in der „Haltung königlicher Gelassenheit“.
  • Senju Kannon [Senju Kannon (jap.) 千手観音 Kannon mit den Tausend Händen; typische Darstellung des Bodhisattva Avalokiteshvara] (Kannon mit den Tausend Händen): Zumeist nicht mit tausend, sondern mit 42 Armen dargestellt; manchmal erscheint auf den Handflächen jeweils ein Auge.
  • Suigetsu Kannon [Suigetsu Kannon (jap.) 水月観音 Wassermond Kannon; Motiv Kannons an mondbeleuchtetem Meer] oder Byakue Kannon [Byakue Kannon (jap.) 白衣観音 Kannon im weißen Gewand] (Kannon beim Betrachten des Mondes): Kannon in weißem Gewand, am Meer sitzend, in Betrachtung der Mondspiegelung im Wasser. In China entstandene Figur, dort meist weiblich.
  • Batō Kannon [Batō Kannon (jap.) 馬頭観音 Kannon mit dem Pferdekopf, eine zornvolle Manifestation Kannons] (Kannon mit Pferdekopf): Zornvolle Erscheinungsform (s.u.).

Kannon kann aber auch als Begleiter eines Buddhas auftreten. In der Amida-Trias wird Amida Nyorai [Amida Nyorai (jap.) 阿弥陀如来 Amida Buddha; skt. Buddha Amitabha] von den Bodhisattvas Kannon und Seishi Bosatsu [Seishi Bosatsu (jap.) 勢至菩薩 Bodhisattva Mahasthamaprapta; Begleiter Amidas] flankiert. Ein berühmtes frühes Beispiel, dem auch das Kannon-Portrait der Abb. Rechts entstammt, befindet sich auf einem Wandfresco im Tempel Hōryū-ji [Hōryū-ji (jap.) 法隆寺 Tempel in Ikaruga bei Nara, gegr. 607; wtl. „Tempel des prosperierenden [Buddha]-Gesetzes“] (Abb. re.). Bei genauer Betrachtung erkennt man, dass in der Krone Kannons wiederum eine Buddhafigur sitzt. Diese stellt Amida, sozusagen als „Chef“ dieses Bodhisattvas, dar. Diese Ikonographie findet sich auch in anderen Kannon-Sujets.

Darüber hinaus gibt es noch zahllose andere Kannon-Motive, die sich allerdings oft nur geringfügig von einander unterscheiden. Die buddhistische Ikonographie hat diese Erscheinungsformen wiederum in unterschiedlichen Reihen zusammengefasst. Dazu zählen:

  • Die Sechs Kannon (Roku Kannon [Roku Kannon (jap.) 六観音 Sechs (Erscheinungsformen von) Kannon, entsprechend den Sechs Wegen]). Sie entsprechen den Sechs Bereichen der Wiedergeburt. Jeweils eine Kannon-Inkarnation ist dafür zuständig, den Wesen in diesen Bereichen zum Austritt aus dem Geburtenkreislauf zu verhelfen.
  • Die 33 Kannon (Sanjūsanshin Kannon [Sanjūsanshin Kannon (jap.) 三十三身観音 33 (Erscheinungsformen von) Kannon]). Diese gehen auf das Lotos Sutra [Hoke-kyō (jap.) 法華経 Lotos Sutra; skt. Saddharma pundarika sutra; jap. auch Hokkekyō oder Myōhō renge kyō; zählt zu den einflussreichsten Texten des Mahayana-Buddhismus, älteste Fassungen dürften im ersten Jh. v.u.Z. entstanden sein.] zurück, das diesem Bodhisattva ein eigenes Kapitel widmet und darin von seinen 33 Erscheinungsformen berichtet. Ausgehend von der Zahl 33 entstand bereits in der Heian [Heian (jap.) 平安 auch Heian-kyō 平安京, „Stadt des Friedens“; politisches Zentrum 794–1185 (= Heian-Zeit)]-Zeit eine Kannon-Pilgerroute mit 33 Stationen in den Provinzen rund um Kyōto. Später kam noch eine zweite im Kantō-Gebiet (Raum um das heutige Tōkyō) dazu und schließlich komplettierte eine dritte Route mit 34 Tempeln die Gesamtzahl der Kannon-Pilgerstätten auf 100.

Sanjūsangen-dō

Kannon findet sich öfter als irgendein anderer Bodhisattva als Hauptverehrungsgegenstand eines japanischen Tempels. So sind z.B. der Kiyomizu-dera [Kiyomizu-dera (jap.) 清水寺 Tempel in Kyōto; der Name des Tempels leitet sich vom wunderwirkenden Wasserfall her (kiyomizu 清水 = „Reines Wasser“)] in Kyōto oder der Asakusa [Asakusa-dera (jap.) 浅草寺 Tempel in Tōkyō; offizielle (sino-jap.) Lesung: Sensō-ji] Tempel in Tōkyō diesem Bodhisattva geweiht. Das beeindruckendste Kannon-Gesamtkunstwerk Japans ist aber wohl die berühmte „33-Klafter-Halle“ (Sanjūsangen-dō [Sanjūsangen-dō (jap.) 三十三間堂 33 Klafter Halle; Kannon-Tempelhalle in Kyōto; offizieller buddhistischer Tempelname: Rengeō-in]), wiederum in Kyōto. In ihr befindet sich ein Heer von tausend und eins lebensgroßen stehenden Kannon-Statuen, die eine überdimensionale sitzende Kannon-Statue (s. Abb. oben) gleichsam beschützen. Alle Statuen stellen Kannon mit den tausend Armen dar.

Sanjusangendo2.jpg
6 Sanjūsangen-dō
In der Sanjūsangen-dō, dem längsten Tempelbau Japans, sind rund um eine Riesenstatue des tausendarmigen Kannon weitere 1001 lebensgroße Kannonstatuen, sowie 30 Schutzgötter, aufgestellt.
Heian-Zeit, 1165. Bernhard Scheid, Flickr, 2016.
Sanjusangendo.jpg
7 Kannon Statuen in der Sanjūsangen-dō
Die 1.000 Kannon-Figuren beiderseits der großen Kannon-Statue.
Bildquelle: unbekannt.

Der Name der „33-Klafter-Halle“ bezieht sich auf die Tatsache, dass das Gebäude aus 33 Nischen besteht,1 diese Besonderheit resultiert aber natürlich aus den erwähnten 33 Erscheinungsformen des Avalokiteshvara im Lotos Sutra (Saddharma pundarika sutra [Saddharma puṇḍarīka sūtra (skt.) सद्धर्मपुण्डरीकसूत्र „Sutra vom weißen Lotos des wunderbaren Dharma“, Lotos Sutra (jap. Myōhō renge kyō 妙法蓮華経 oder Hoke-kyō 法華経)]).

Mildtätigkeit

Nyoirin kannon 14c.jpg
8 Kannon im Reinen Land Fudaraku
Kannon (skt. Avalokiteshvara; chin. Guanyin) mit der Wunscherfüllungsperle (nyoi no tama) in meditativer Haltung, in seinem Reinen Land, Fudaraku. Die Darstellung mit sechs Armen entspricht der geläufigsten Form dieses Motivs.
Späte Heian-Zeit. www.emuseum.jp.

Die häufige Verbindung von Kannon und Amida kommt nicht von ungefähr, stellt doch Amida selbst das Urbild eines Bodhisattvas dar. Der Legende des Amida zufolge war er zunächst ein Prinz, der der Welt entsagte und ein Bodhisattva wurde. In dieser Gestalt, unter dem Namen Hōzō Bosatsu [Hōzō Bosatsu (jap.) 宝蔵菩薩 skt. Dharmākara; Bodhisattva-Namen des Buddha Amida] (skt. Dharmakara [Dharmakāra (skt.) धर्मकार „Gesetzesmacher“, Bodhisattva-Namen des Amida (jap. Hōzō Bosatsu 宝蔵菩薩)]), leistete er seine berühmten 48 Schwüre. Der Theorie nach haben auch alle anderen Bodhisattvas diese oder ähnliche Schwüre geleistet und durchlaufen dann eine lange Reihe von Übungen, an deren Ende die höchste Stufe der Buddhaschaft steht. Auch der historische Buddha selbst muss wohl das Stadium eines Bodhisattvas absolviert haben. Für die buddhistische Kunst ist das Bodhisattva-Stadium eines Buddhas allerdings nur von geringem Interesse. Bosatsu-Figuren wie Kannon scheinen dagegen auf immer im Bodhisattva Stadium zu verharren, Hinweise auf ihre zukünftige Buddhaschaft sind in der Ikonographie nicht zu erkennen.

Im klassischen Sanskrit wird Kannon meist Avalokiteshvara [Avalokiteśvara (skt.) अवलोकितेश्वर „Herr, der [die Welt] unten wahrnimmt“, Bodhisattva (jap. Kannon 観音 oder Kanzeon 観世音)] genannt. Es gibt unterschiedliche Deutungen des Namens, doch geht es in jedem Fall um das „Wahrnehmen“. In Ostasien lautet der volle Name Kanzeon [Kanzeon (jap.) 観世音 voller Name von Kannon], wtl. „Der, der den Klang der Welt erhört“, wobei der Klang als die Anrufung Kannons durch die Gläubigen interpretiert wird. Der Name impliziert somit, dass Kannon derjenige ist, der unmittelbar auf die Anrufung seines Namens (in Form von mildtätiger Unterstützung) reagiert. Kannon/Avalokiteshvara wird aufgrund dieser besonderen Bereitschaft, sich um „die Welt“ zu kümmern, auch als „Gottheit des Mitleids“ bezeichnet. Die starke Betonung seiner Barmherzigkeit macht diesen Bodhisattva nicht nur in Japan, sondern auch in allen anderen buddhistischen Kulturen Asiens zu einer der repräsentativsten Gestalten des Buddhismus überhaupt. In Tibet wird etwa der Dalai Lama als Inkarnation des Avalokiteshvara angesehen. In China, wo Kannon als Guanyin [Guanyin (chin.) 観音 chin. Namen von Avalokiteśvara; jap. Kannon] bekannt ist, und im Anschluss daran in Korea und Japan, zieht er weit mehr Gläubige an als die meisten anderen Buddhas und Bodhisattvas. Wie bereits erwähnt, trägt das Lotos Sutra, der vielleicht wichtigste Mahayana [Mahāyāna (skt.) महायान „Großes Fahrzeug“, buddhistische Richtung (jap. daijō bukkyō 大乗)]-Text überhaupt, insofern zur Beliebtheit Kannons bei, als es diesem Bodhisattva ein ganzes Kapitel (Kap. 25) gewidmet hat, welches manchmal als eigenes Avalokiteshvara Sutra behandelt wird. Aber auch im einflussreichen Herz Sutra (Hannya shingyō [Hannya shingyō (jap.) 般若心経 „Herz Sutra der vollkommenen Weisheit“]) tritt Kannon als Hauptprotagonist auf.

Alles in allem tendiert die Kannon-Verehrung dazu, sich zu verselbständigen und die Buddha-Verehrung in den Hintergrund zu drängen. Kannon verfügt sogar über ein eigenes Paradies, die Insel Fudaraku [Fudaraku (jap.) 補陀落 paradisische Insel des Kannon (Avalokiteshvara), abgeleitet von skt. Potalaka] (von skt. Potalaka [Poṭalaka (skt.) पोटलक imaginärer Berg bzw. Insel, Wohnort des Avalokiteshvara (jap. Fudaraku 補陀落)]), die im Süden Indiens gelegen sein soll. Darstellungen des meditierenden Kannon (Nyoirin Kannon oder Suigetsu Kannon) imaginieren den Bodhisattva meist auf dieser Insel der Glückseligkeit und einzelne Episoden aus diversen Sutren berichten von frommen Gläubigen, die Kannon dorthin gefolgt sind. Kannons Popularität scheint somit auf der unausgesprochenen Erwartung zu gründen, dass es über diese Instanz des buddhistischen Pantheons verhältnismäßig einfach sei, dem unerbittlichen Gesetz der karmischen Vergeltung zu entkommen.

Er oder sie?

Guanyin 12c.jpg
9 Guanyin/Kannon als göttlicher Androgyn
Sung-zeitliche Darstellung der Guanyin (jap. Kannon; skt. Avalokiteshvara).
China,Shanxi, 12. Jh. Rijksmuseum Amsterdam.

Im Zusammenhang mit dieser Mildtätigkeit fällt bereits in den frühen chinesischen und japanischen Skulpturen ein besonderer Hang zu androgynen Darstellungen auf. Darüber hinaus tritt Guanyin/Kannon vor allem in chinesischen Legenden als weibliche Gestalt auf, die auch zum Thema der bildenden Kunst wurden, zum Beispiel die Mond betrachtende Kannon, oder die Kannon mit einem Säugling an der Brust (Koyasu Kannon [Koyasu Kannon (jap.) 子安観音 Kannon als Beschützer der Kinder]). Diese ikonographischen Formen sind außerhalb Ostasiens unbekannt, wie überhaupt die explizite Verweiblichung dieses Bodhisattvas eine chinesische Innovation sein dürfte. Die weibliche Guanyin erlebte in der Ming [Ming (chin.) chin. Herrschaftsdynastie, 1368–1644]-Zeit (1368–1644) ihre große Blüte. Es entstanden damals sogar apokryphe Sutren, die Guanyin eine Biographie als chinesische Prinzessin beifügten.

Byakue kannon.jpg
10 Weißgewandete(r) Kannon
Frühes Beispiel eines monochromen Tuschebilds, wie es vor allem im Zen gepflegt wurde. Die dargestellte Szene zeigt Kannon (skt. Avalokiteshvara; chin. Guanyin) in meditativer Haltung, im Hintergrund deutet der Nimbus (Heiligenschein) des Bodhisattvas zugleich den Mond an. Der Felsen, auf dem Kannon auch auf anderen Darstellungen in meditativer Haltung thront, ist ein Zeichen, dass sich Kannon in seinem Reinen Land, Fudaraku (skt. Potalaka), befindet. Die feminine weiße Gewandung entspricht dem damaligen chinesischen Zeitgeschmack, der zusammen mit dem Zen Buddhismus auch in Japan Eingang fand.
Kamakura-Zeit. Nara National Museum.
Maria kannon.jpg
11 Maria Kannon
Marienbild aus China, an Bodhisattva Kannon (chin. Guanyin; skt. Avalokiteshvara) angeglichen, auch von japanischen Krypto-Christen verwendet.
China. Tōkyō National Museum.

Als die Jesuiten im sechzehnten und siebzehnten Jahrhundert in China ihre Missionstätigkeit entfalteten, bauten sie den Kult für die Gottesmutter Maria nach dem Vorbild der Guanyin Verehrung auf. Sie waren damit sehr erfolgreich. Dass dabei die Figur Jesu in den Hintergrund trat, wurde allerdings vom Vatikan heftig kritisiert. Auch in Japan wurden Maria und Kannon einander angeglichen. Vor allem während der Christenverfolgungen in der Edo [Edo (jap.) 江戸 Hauptstadt der Tokugawa-Shōgune, heute: Tōkyō; auch: Zeit der Tokugawa-Dynastie, 1600–1867 (= Edo-Zeit);]-Zeit beteten japanische Christen zu Statuen, die äußerlich wie Kannon aussahen, jedoch Maria darstellen sollten.

Der Glaube an Kannon in weiblicher Form ist in Japan nicht in gleichem Umfang verbreitet wie in China. Die meisten traditionellen Kannonskulpturen sind in Japan männlich. Sofern sie bemalt sind, erkennt man häufig, dass wie bei anderen Buddhas und Bodhisattvas ein feiner Bart den Mund umspielt. In jüngerer Zeit sind in Japan allerdings vermehrt Varianten der Weißgewandeten Kannon, insbesondere die Kollosalstatuen aus dem 20. Jahrhundert, zu bemerken, die eher weiblich als männlich konnotiert sind.

Koyasu kannon.jpg
12 Koyasu Kannon: Kannon als Babysitter
Koyasu Kannon, eine Statue, die von den Christen zur Marienverehrung verwendet wurde. Zu finden im Tempel #71 der Shikoku-Pilgerroute.
Shikoku henro shashinshu.
Ofuna kannon.jpg
13
Daibutsu-Statue von Kannon (skt. Avalokiteshvara; chin. Guanyin) im weißen Gewand (Byakue Kannon). Was hier nicht zu sehen ist: Die Statue beschränkt sich auf ein Brustbild.
Errichtet 1929–1960. Ron Reznick, 2004 (mit freundlicher Genehmigung).
Sendai kannon.jpg
14
daibutsu-Statue des Bodhisattvas Kannon in Sendai (Sendai Daikannon).
1991. Bildquelle: unbekannt.
Moderne, weiblich konnotierte Riesen-Kannon-Statuen

Kannons fließende, weibliche Körperformen und -bewegungen sind im übrigen auch bei anderen Bodhisattva-Figuren anzutreffen. Ulrich Pauly [Pauly, Ulrich (west.) geb. 1948; Japanologe und Publizist] spricht in diesem Zusammenhang vom Typus des „Göttlichen Androgyns“, der in vielen Religionen, nicht zuletzt in den christlichen Engeln zu erkennen ist. Daher ist es zweifelhaft, ob man von der oder dem Kannon sprechen soll. Es kommt wohl auf den jeweiligen Kontext an.

Zornvolle Erscheinungen

Im Buddhismus gibt es bekanntlich keinen Teufel und auch nicht das absolute Böse, ebensowenig wie es einen Schöpfergott gibt. Dennoch haben sich auch im Buddhismus Höllenvorstellungen entwickelt, die frappante Ähnlichkeiten mit der christlichen Hölle haben. Auch außerhalb der Hölle begegnet man zahlreichen furchteinflößenden Gestalten. Diese quälen oder strafen die menschlichen Sünder jedoch nicht aus eigenem Antrieb, sondern im Auftrag Buddhas bzw. des Karma [Karma (skt.) कर्म „Tat“, auch „konsequente Folge“; moralische Bilanz der gesetzten Handlungen (jap. 業)]-Gesetzes.

Im Allgemeinen sind die strafenden Instanzen des Buddhismus den mildtätigen untergeordnet. Es gehört jedoch zu den Besonderheiten des buddhistischen Glaubens, dass auch diese mitfühlenden Figuren über zornvolle Erscheinungsformen verfügen können. Besonders im Vajrayana [Vajrayāna (skt.) वज्रयन „Vajra-Fahrzeug“, Tantrismus, esoterischer Buddhismus (jap. mikkyō 密教 oder Kongō-jō 金剛乗)]-Buddhismus, der seinen Höhepunkt im japanischen Mittelalter erreichte, wandte man diesen zornvollen Erscheinungsformen große Aufmerksamkeit zu. Im Fall Kannons gibt es unter den Zusatzgesichtern des Elfgesichtigen Kannon drei zornige. Noch deutlicher erkennt man die Ambivalenz der Bodhisattva Ikonographie in der Figur „Kannon mit Pferdekopf“ (Batō Kannon [Batō Kannon (jap.) 馬頭観音 Kannon mit dem Pferdekopf, eine zornvolle Manifestation Kannons]), der ganz ähnlich aussieht wie myōō [myōō (jap.) 明王 wtl. Licht-König, auch „Mantra-König“ oder „Weisheits-König“; meist zornvoll dargestellte Schutzgottheit; skt. vidyaraja] oder tenbu [tenbu (jap.) 天部 Gruppe der indischen bzw. aus Indien übernommene Gottheiten im japanischen Buddhismus (skt. deva)] Gottheiten. Mehr dazu auf der Sidepage Batō Kannon ...

Verweise

Fußnoten

  1. Das alte japanische Längenmaß ken 間 war sechs Fuß (shaku) oder eine Armspanne und entspricht daher dem alten deutschen Längenmaß „Klafter“. Im Fall der Sanjūsangen-dō bezeichnet dasselbe Zeichen zwar den Zwischenraum zwischen den Säulen („Nischen“), der etwas länger ist, mir erscheint die Übersetzung „Klafter“ aber dennoch angemessen.

Internetquellen

Siehe auch Internetquellen

  • Kannon Notebook, Mark Schumacher (en.) Eintrag zu Kannon in Schumachers A-Z Dictionary of Japanese Buddhist Statuary
  • Kannon, JAANUS.


Letzte Überprüfung der Linkadressen: 2022/11/12

Literatur

Siehe auch Literaturliste

Katharina Epprecht (Hg.), Kannon: Göttliches Mitgefühl. Frühe buddhistische Kunst aus Japan. Zürich: Museum Rietberg, 2007. [Ausstellungskatalog.]
Ulrich Pauly, Kannon: Wandel einer Mittlergestalt. München: Iudicium, 2003.
Prägnante Einführung in die Ikonographie und Ikonologie des Bodhisattva im gesamten asiatischen Raum.
Chün-Fang, Kuan-yin: The Chinese Transformation of Avalokitesvara. New York: Columbia University Press, 2001.
In dieser umfangreichen historischen Studie wird u.a. die Frage erörtert, wann und wie es zum Geschlechterwandel des Bodhisattva in China kam.

Bilder

Quellen und Erläuterungen zu den Bildern auf dieser Seite

  1. ^ 
    Senju kannon.jpg
    Hauptstatue des Kannon (skt. Avalokiteshvara; chin. Guanyin) des Tempels Sanjūsangen-dō. Die tausend Arme erklären sich dem Shingon-Mönch Ono Nigai (951–1046) zufolge daraus, dass diese Kannon-Manifestation für alle jene Wesen zuständig ist, die im Reich der Hungergeister wiedergeboren wurden. Diese Wiedergeburt droht jedem, der sich in früheren Leben der Gier schuldig gemacht hat. Ganz offensichtlich gibt es in diesem Bereich für Kannon besonders viel zu tun.
    Werk von Tankei (1173–1256). 1254. Bildquelle: unbekannt.
  2. ^ 
    Nyoirin kannon.jpg
    Sechsarmiger Kannon (auch Kanzeon; skt. Avalokiteshvara; chin. Guanyin) in der Haltung „königlicher Gelassenheit“ (d.h. mit aufgestelltem Knie), mit dem Juwel oder der Perle der Wunscherfüllung (nyoi no tama), einem magischen Gegenstand, an seiner Brust und dem „Rad der Lehre“ (hōrin, skt. Dharmachakra) in erhobener Position. Diese beiden Attribute geben der Figur den Namen Nyoirin Kannon. Daneben ist auch eine Lotosblüte zu erkennen. Dieser Kannon sitzt außerdem auf einer Lotosblüte, auf anderen Abbildungen aber auf einem Felsen im Meer. Dieser Felsen symbolisiert Kannons Reines Land, also quasi das Zuhause des Bodhisattvas.
    Die Nyoirin-Statue des Kanshin-ji ist die früheste bekannte japanische Statue dieses Typs. Ihr ausgezeichneter Erhaltungszustand erklärt sich daraus, dass die Statue auch heute noch als „geheimer Buddha“ (hibutsu) gilt und nur einmal im Jahr öffentlich gezeigt wird.
    Heian-Zeit, Mitte 9. Jh. Huntington Archive.
  3. ^ 
    Juichimen kannon.jpg
    Die Ausgestaltung der elf Köpfe, die Kannon (auch Kanzeon; skt. Avalokiteshvara; chin. Guanyin) hier auf dem eigenen Kopf trägt, ist einem Sutra entnommen, das sich ausschließlich mit dieser Erscheinungsform des Bodhisattvas befasst (jap. Jūichimen jinjushin-gyō) und 656 vom Pilgermönch Xuanzang ins Chinesische übertragen wurde. Hierin heißt es, dass drei der Köpfe mild, drei weitere streng blicken, drei hätten nach oben stehende Zähne, einer ein wildes Grinsen und einer das Aussehen eines Buddhas (Kajitani Ryōji in Epprecht 2007, S. 133-134). Niels Gülberg beschreibt die Köpfe folgendermaßen:

    ... am Scheitel ein Kopf des Tathâgata; zur Stirnseite drei milde lächelnde Bodhisattvamasken; zur linken Seite die drei sog. "Zornesaugenmasken", die Übel abwehren sollen; zur rechten Seite drei gestrenge Gesichter mit nach oben weisenden Eckzähnen, die den Menschen zum Praktizieren des Guten anhalten sollen; und auf der Rückseite ein in Gelächter ausbrechendes Gesicht, das die schlechten Taten der Menschen tadeln soll. (Niels Gülberg, „Michizane und die Kannon von Hase: Ergänzende Anmerkungen zum mittelalterlichen Tenjin-Kult.“ Asiatische Studien 48 (1994), S. 207.)

    In der vorliegenden Darstellung tragen alle Zusatzköpfe bis auf den obersten Buddha-Kopf wiederum eine Art Kopfputz, der einen Buddha (wahrscheinlich Amida) darstellt. In der linken Hand hält Kannon das für ihn typischste Attribut: eine Vase mit Lotosblüte.
    Heian-Zeit, 12. Jh. Nara National Museum.

  4. ^ 
    Shokannon 13.jpg
    Als ich diese Statue erstmals in das Projekt aufnahm, galt sie als Shō Kannon (auch Kanzeon; skt. Avalokiteshvara chin. Guanyin); in der linken Hand wurde eine ehemals vorhandene Lotosblüte vermutet, das Kennzeichen dieses Bodhisattva. Mittlerweile scheinen Experten in der Figur eher Miroku (Maitreya) zu erkennen. Im Kontext dieses Handbuchs soll die Figur dennoch als Beispiel für Kannon fungieren und zugleich ausdrücken, dass die Unterschiede zwischen gleichrangigen buddhistischen Heilsfiguren so subtil sind, dass man sie in vielen Fällen vernachlässigen kann.
    Werk von Zen'en (zugeschrieben) (1197–1258). Kamakura-Zeit. Bildquelle: ColBase (Tokyo National Museum), bildbearbeitet.
  5. ^ 
    Kannon fresco horyuji.jpg
    Bodhisattva Kannon (auch Kanzeon; skt. Avalokiteshvara; chin. Guanyin) als Begleiter von Amida in Fresco-Technik. Die photographische Aufnahme entstand vor dem Brand des Hōryū-ji im Jahr 1949.
    Nara-Zeit, 1949 durch Brand zerstört. Bildquelle: Yamashina Reiji, aus Haruyama Takematsu, Hōryūji no hekiga 法隆寺壁画 (1947).
  6. ^ 
    Sanjusangendo2.jpg
    In der Sanjūsangen-dō, dem längsten Tempelbau Japans, sind rund um eine Riesenstatue des tausendarmigen Kannon weitere 1001 lebensgroße Kannonstatuen, sowie 30 Schutzgötter, aufgestellt.
    Heian-Zeit, 1165. Bernhard Scheid, Flickr, 2016.
  7. ^ 
    Sanjusangendo.jpg
    Die 1.000 Kannon-Figuren beiderseits der großen Kannon-Statue.
    Bildquelle: unbekannt.
  1. ^ 
    Nyoirin kannon 14c.jpg
    Kannon (skt. Avalokiteshvara; chin. Guanyin) mit der Wunscherfüllungsperle (nyoi no tama) in meditativer Haltung, in seinem Reinen Land, Fudaraku. Die Darstellung mit sechs Armen entspricht der geläufigsten Form dieses Motivs.
    Späte Heian-Zeit. www.emuseum.jp.
  2. ^ 
    Guanyin 12c.jpg
    Sung-zeitliche Darstellung der Guanyin (jap. Kannon; skt. Avalokiteshvara).
    China,Shanxi, 12. Jh. Rijksmuseum Amsterdam.
  3. ^ 
    Byakue kannon.jpg
    Frühes Beispiel eines monochromen Tuschebilds, wie es vor allem im Zen gepflegt wurde.

    Die dargestellte Szene zeigt Kannon (skt. Avalokiteshvara; chin. Guanyin) in meditativer Haltung, im Hintergrund deutet der Nimbus (Heiligenschein) des Bodhisattvas zugleich den Mond an. Der Felsen, auf dem Kannon auch auf anderen Darstellungen in meditativer Haltung thront, ist ein Zeichen, dass sich Kannon in seinem Reinen Land, Fudaraku (skt. Potalaka), befindet. Die feminine weiße Gewandung entspricht dem damaligen chinesischen Zeitgeschmack, der zusammen mit dem Zen Buddhismus auch in Japan Eingang fand.
    Kamakura-Zeit. Nara National Museum.

  4. ^ 
    Maria kannon.jpg
    Marienbild aus China, an Bodhisattva Kannon (chin. Guanyin; skt. Avalokiteshvara) angeglichen, auch von japanischen Krypto-Christen verwendet.
    China. Tōkyō National Museum.
  5. ^ 
    Koyasu kannon.jpg
    Koyasu Kannon, eine Statue, die von den Christen zur Marienverehrung verwendet wurde. Zu finden im Tempel #71 der Shikoku-Pilgerroute.
    Shikoku henro shashinshu.
  6. ^ 
    Ofuna kannon.jpg
    Daibutsu-Statue von Kannon (skt. Avalokiteshvara; chin. Guanyin) im weißen Gewand (Byakue Kannon). Was hier nicht zu sehen ist: Die Statue beschränkt sich auf ein Brustbild.
    Errichtet 1929–1960. Ron Reznick, 2004 (mit freundlicher Genehmigung).
  7. ^ 
    Sendai kannon.jpg
    daibutsu-Statue des Bodhisattvas Kannon in Sendai (Sendai Daikannon).
    1991. Bildquelle: unbekannt.

Glossar

Namen und Fachbegriffe auf dieser Seite

  • Amida Nyorai 阿弥陀如来 ^ Amida Buddha; skt. Buddha Amitabha
  • Asakusa-dera 浅草寺 ^ Tempel in Tōkyō; offizielle (sino-jap.) Lesung: Sensō-ji
  • Avalokiteśvara (skt.) अवलोकितेश्वर ^ „Herr, der [die Welt] unten wahrnimmt“, Bodhisattva (jap. Kannon 観音 oder Kanzeon 観世音)
  • Batō Kannon 馬頭観音 ^ Kannon mit dem Pferdekopf, eine zornvolle Manifestation Kannons
  • Bodhisattva (skt.) बोधिसत्त्व ^ „Erleuchtetes Wesen“, Vorstufe zur vollkommenen Buddhaschaft (jap. bosatsu 菩薩)
  • bosatsu 菩薩 ^ Bodhisattva, buddhistische Heilsgestalt
  • Buddha (skt.) बुद्ध ^ „Der Erleuchtete“ (jap. butsu, hotoke 仏 oder Budda 仏陀)
  • Byakue Kannon 白衣観音 ^ Kannon im weißen Gewand
  • Dharmakāra (skt.) धर्मकार ^ „Gesetzesmacher“, Bodhisattva-Namen des Amida (jap. Hōzō Bosatsu 宝蔵菩薩)
  • Edo 江戸 ^ Hauptstadt der Tokugawa-Shōgune, heute: Tōkyō; auch: Zeit der Tokugawa-Dynastie, 1600–1867 (= Edo-Zeit);
  • Fudaraku 補陀落 ^ paradisische Insel des Kannon (Avalokiteshvara), abgeleitet von skt. Potalaka
  • Guanyin (chin.) 観音 ^ chin. Namen von Avalokiteśvara; jap. Kannon
  • Hannya shingyō 般若心経 ^ „Herz Sutra der vollkommenen Weisheit“
  • Heian 平安 ^ auch Heian-kyō 平安京, „Stadt des Friedens“; politisches Zentrum 794–1185 (= Heian-Zeit)
  • Hoke-kyō 法華経 ^ Lotos Sutra; skt. Saddharma pundarika sutra; jap. auch Hokkekyō oder Myōhō renge kyō; zählt zu den einflussreichsten Texten des Mahayana-Buddhismus, älteste Fassungen dürften im ersten Jh. v.u.Z. entstanden sein.
  • Hōryū-ji 法隆寺 ^ Tempel in Ikaruga bei Nara, gegr. 607; wtl. „Tempel des prosperierenden [Buddha]-Gesetzes“
  • Hōzō Bosatsu 宝蔵菩薩 ^ skt. Dharmākara; Bodhisattva-Namen des Buddha Amida
  • Jūichimen Kannon 十一面観音 ^ „Kannon mit den Elf Gesichtern“; geläufige Erscheinungsform von Kannon Bosatsu
  • Kannon 観音 ^ auch Kanzeon 観世音, wtl. der den Klang der Welt erhört; skt. Avalokiteśvara; chin. Guanyin; als Bodhisattva des Mitleids bekannt
  • Kanzeon 観世音 ^ voller Name von Kannon
  • Karma (skt.) कर्म ^ „Tat“, auch „konsequente Folge“; moralische Bilanz der gesetzten Handlungen (jap. 業)
  • Kiyomizu-dera 清水寺 ^ Tempel in Kyōto; der Name des Tempels leitet sich vom wunderwirkenden Wasserfall her (kiyomizu 清水 = „Reines Wasser“)
  • Koyasu Kannon 子安観音 ^ Kannon als Beschützer der Kinder
  • Mahāyāna (skt.) महायान ^ „Großes Fahrzeug“, buddhistische Richtung (jap. daijō bukkyō 大乗)
  • Ming (chin.) 明 ^ chin. Herrschaftsdynastie, 1368–1644
  • myōō 明王 ^ wtl. Licht-König, auch „Mantra-König“ oder „Weisheits-König“; meist zornvoll dargestellte Schutzgottheit; skt. vidyaraja
  • Nyoirin Kannon 如意輪観音 ^ Kannon mit Wunscherfüllungs-Perle (nyoi no tama)
  • Pauly, Ulrich (west.) ^ geb. 1948; Japanologe und Publizist
  • Poṭalaka (skt.) पोटलक ^ imaginärer Berg bzw. Insel, Wohnort des Avalokiteshvara (jap. Fudaraku 補陀落)
  • Roku Kannon 六観音 ^ Sechs (Erscheinungsformen von) Kannon, entsprechend den Sechs Wegen
  • Saddharma puṇḍarīka sūtra (skt.) सद्धर्मपुण्डरीकसूत्र ^ „Sutra vom weißen Lotos des wunderbaren Dharma“, Lotos Sutra (jap. Myōhō renge kyō 妙法蓮華経 oder Hoke-kyō 法華経)
  • Sanjūsangen-dō 三十三間堂 ^ 33 Klafter Halle; Kannon-Tempelhalle in Kyōto; offizieller buddhistischer Tempelname: Rengeō-in
  • Sanjūsanshin Kannon 三十三身観音 ^ 33 (Erscheinungsformen von) Kannon
  • Seishi Bosatsu 勢至菩薩 ^ Bodhisattva Mahasthamaprapta; Begleiter Amidas
  • Senju Kannon 千手観音 ^ Kannon mit den Tausend Händen; typische Darstellung des Bodhisattva Avalokiteshvara
  • Shō Kannon 聖観音 ^ Heilige(r) Kannon
  • Suigetsu Kannon 水月観音 ^ Wassermond Kannon; Motiv Kannons an mondbeleuchtetem Meer
  • tenbu 天部 ^ Gruppe der indischen bzw. aus Indien übernommene Gottheiten im japanischen Buddhismus (skt. deva)
  • Vajrayāna (skt.) वज्रयन ^ „Vajra-Fahrzeug“, Tantrismus, esoterischer Buddhismus (jap. mikkyō 密教 oder Kongō-jō 金剛乗)