Mythen/Daemonen/Tengu: Unterschied zwischen den Versionen

Zur Navigation springen Zur Suche springen
Zeile 3: Zeile 3:
 
}}
 
}}
  
{{fl|A}}uf dieser Seite werden {{g|Tengu}} als die viel·leicht prominen·testen Ver·treter der {{g|youkai}} vor·ge·stellt. Der Begriff ''yōkai'' entspricht in etwa dem deutschen  „Fabel·wesen“, doch werden manch·mal auch real existie·rende Tier·arten, denen magische Fähig·keiten zuge·sprochen werden  — etwa die [[Mythen/Verwandlungskuenstler|Füchse]] oder die {{g|tanuki}} —  zu den ''yōkai'' gezählt. Während die tieri·schen ''yōkai'' auf anderen Seiten dieses Kapitels bespro·chen werden, geht es auf dieser Seite um den ''tengu'' als ein Fabel·wesen mit sehr men·schen·ähn·lichen Zügen, das die gesamte Band·breite dieser Geister·kategorie ver·an·schau·licht: Vom gefürch·teten Monster bis zum Ver·ehrungs·gegen·stand von [[Tempel]]n und [[Schreine]]n.
+
{{fl|A}}uf dieser Seite werden {{g|Tengu}} als die vielleicht prominentesten Vertreter der {{g|youkai}} vorgestellt. Der Begriff ''yōkai'' kann mit „Fabelwesen“ oder „Monster“ übersetzt werden, doch existiert keine klare Abgrenzung zu real existierende Tierarten, denen magische Fähigkeiten zugesprochen werden  — etwa Füchse oder {{g|tanuki}}. Während die tierischen ''yōkai'' auf anderen Seiten dieses Kapitels besprochen werden, geht es auf dieser Seite um den ''tengu'' als ein Fabelwesen mit sehr menschenähnlichen Zügen, das die gesamte Bandbreite dieser Geisterkategorie veranschaulicht: Vom gefürchteten Monster bis zum Verehrungsgegenstand von [[Tempel]]n und [[Schreine]]n.
  
 
{{w500
 
{{w500
Zeile 14: Zeile 14:
 
== Wortbedeutung ==
 
== Wortbedeutung ==
  
''Tengu'' bedeutet wtl. „Him·mels·hund“, doch mit Hunden haben diese geflügel·ten Wesen wenig zu tun. Die Be·zeich·nung leitet sich vom Chine·si·schen {{g|tiangou}} ab und bezog sich ur·sprüng·lich auf uner·klär·liche Him·mels·er·schei·nun·gen wie z.B. Kometen oder Sonnen·fin·ster·nisse, die einem schwar·zen „Him·melshund“ zu·ge·schrieben wur·den. In dieser Bedeu·tung findet sich der Begriff ''tengu'' auch schon im japa·nischen {{g|nihonshoki}} (720). ''Tengu'' mit den heute be·kannten Charak·teris·tika treten aller·dings erst Ende der {{g|heian}}-Zeit in Er·schei·nung. Wie sich die Transfor·mation des chinesi·schen Him·melshun·des in diese spezi·fisch ja·pa·nische Gestalt vollzog, ist weit·gehend un·klar. Zweifel·los haben auch Mythen- und Sagen·motive, die ur·sprüng·lich nichts mit dem chine·si·schen ''tiangou'' zu tun hatten, zu seiner Ent·stehung bei·getragen.
+
''Tengu'' bedeutet wtl. „Himmelshund“, doch mit Hunden haben diese geflügelten Wesen wenig zu tun. Die Bezeichnung leitet sich vom Chinesischen {{g|tiangou}} ab und bezog sich ursprünglich auf unerklärliche Himmelserscheinungen wie z.B. Kometen oder Sonnenfinsternisse, die einem schwarzen „Himmelshund“ zugeschrieben wurden. In dieser Bedeutung findet sich der Begriff ''tengu'' auch schon im japanischen {{g|nihonshoki}} (720). ''Tengu'' mit den heute bekannten Charakteristika treten allerdings erst Ende der {{g|heian}}-Zeit in Erscheinung. Wie sich die Transformation des chinesischen Himmelshundes in diese spezifisch japanische Gestalt vollzog, ist weitgehend unklar. Zweifellos haben auch Mythen- und Sagenmotive, die ursprünglich nichts mit dem chinesischen ''tiangou'' zu tun hatten, zu seiner Entstehung beigetragen.
  
 
==Äußerliche Merkmale==
 
==Äußerliche Merkmale==
Zeile 25: Zeile 25:
 
| Tengu Motive
 
| Tengu Motive
 
}}
 
}}
Japanische ''tengu'' treten in zwei Haupt·varian·ten auf: Lang·nasen-''tengu'' und Krähen-''tengu''. Beide besit·zen einen men·schlichen Körper und können fliegen bzw. sich augen·blick·lich von einem Ort zum anderen „beamen“. Für ge·wöhn·lich tragen auch beide Arten von ''tengu'' die traditio·nelle Tracht der Berg·as·keten ({{g|yamabushi}}), mit denen sie eine ge·mein·same Begabung für magische Künste ver·bin·det. Ähnlich wie die ''yamabushi'' sind ''tengu'' immer eher un·heim·lich, dabei aber nicht not·wen·diger·weise böse oder arglistig.
+
Japanische ''tengu'' treten in zwei Hauptvarianten auf: Langnasen-''tengu'' und Krähen-''tengu''. Beide besitzen einen menschlichen Körper und können fliegen bzw. sich augenblicklich von einem Ort zum anderen „beamen“. Für gewöhnlich tragen auch beide Arten von ''tengu'' die traditionelle Tracht der Bergasketen ({{g|yamabushi}}), mit denen sie eine gemeinsame Begabung für magische Künste verbindet. Ähnlich wie die ''yamabushi'' sind ''tengu'' immer eher unheimlich, dabei aber nicht notwendigerweise böse oder arglistig.
  
 
===Langnasen ''tengu''===
 
===Langnasen ''tengu''===
Zeile 36: Zeile 36:
 
| ref= 1
 
| ref= 1
 
}}
 
}}
Langnasen-''tengu'' werden auf Japanisch oft als Groß-''tengu'', Krähen-''tengu'' da·gegen als Klein-''tengu'' be·zeich·net. Lang·nasen-''tengu'' scheinen dem·nach eine höhere Kaste inner·halb der ''tengu''-Ge·sell·schaft zu bilden. Was als erstes an ihnen auf·fällt, ist die phal·lische Form ihrer Nase. Dass diese in der Tat sexu·elle Asso·zia·tionen weckte, lässt sich u.a. an {{g|Shunga}}-Bildern (siehe [[Mythen/Tengu/Tengu Motive|''tengu'' Motive]]) der Edo-Zeit erken·nen, doch wird diese Asso·zia·tion im ja·pa·nischen Kontext nicht als obszön empfun·den. Ähnlich wie im Fall des Glücks·got·tes {{g|fukurokuju}} wird der Phallus eher als Symbol der Frucht·bar·keit oder all·gemein des Glücks ver·stan·den. Auf·grund dieser Logik waren [[Alltag/Matsuri/Phalluskulte| Phallus-Kulte]] und phal·lische reli·giöse Sym·bolis·men im vor·moder·nen Japan weit verbreitet.
+
Langnasen-''tengu'' werden auf Japanisch oft als Groß-''tengu'', Krähen-''tengu'' dagegen als Klein-''tengu'' bezeichnet. Langnasen-''tengu'' scheinen demnach eine höhere Kaste innerhalb der ''tengu''-Gesellschaft zu bilden. Was als erstes an ihnen auffällt, ist die phallische Form ihrer Nase. Dass diese in der Tat sexuelle Assoziationen weckte, lässt sich u.a. an {{g|Shunga}}-Bildern (siehe [[Mythen/Tengu/Tengu Motive|''tengu'' Motive]]) der Edo-Zeit erkennen, doch wird diese Assoziation im japanischen Kontext nicht als obszön empfunden. Ähnlich wie im Fall des Glücksgottes {{g|fukurokuju}} wird der Phallus eher als Symbol der Fruchtbarkeit oder allgemein des Glücks verstanden. Aufgrund dieser Logik waren [[Alltag/Matsuri/Phalluskulte| Phallus-Kulte]] und phallische religiöse Symbolismen im vormodernen Japan weit verbreitet.
  
 
{{Sidebox3
 
{{Sidebox3
Zeile 45: Zeile 45:
 
| ref= 1
 
| ref= 1
 
}}
 
}}
Die lange Nase und das rote Gesicht des ''tengu'' legen weiter die Ver·mu·tung nahe, dass sich seine Ge·stalt auf das Bild der Europäer in Japan zurück·füh·ren lässt. Doch gab es den lang·nasigen ''tengu'' bereits vor dem 16. Jahr·hun·dert, als es in Japan zur inten·siven Kon·takt·nahme mit europä·ischen Händlern und Mis·sionaren kam. Mög·licher·weise wurden die Lang·nasen-''tengu'' aber dem Er·schei·nungs·bild der „südlichen Barbaren“ (wie die Europäer in der {{g|edo}}-Zeit genannt wurden) angepasst.
+
Die lange Nase und das rote Gesicht des ''tengu'' legen weiter die Vermutung nahe, dass sich seine Gestalt auf das Bild der Europäer in Japan zurückführen lässt. Doch gab es den langnasigen ''tengu'' bereits vor dem 16. Jahrhundert, als es in Japan zur intensiven Kontaktnahme mit europäischen Händlern und Missionaren kam. Möglicherweise wurden die Langnasen-''tengu'' aber dem Erscheinungsbild der „südlichen Barbaren“ (wie die Europäer in der {{g|edo}}-Zeit genannt wurden) angepasst.
  
Schließ·lich könnte die Nase der ''tengu'' auch einfach aus dem Schnabel ent·stan·den sein, mit dem die frühes·ten ''tengu''-Ge·stal·ten aus·gestat·tet sind und der wiede·rum mit ihren Flug·kün·sten in Ver·bin·dung steht.
+
Schließlich könnte die Nase der ''tengu'' auch einfach aus dem Schnabel entstanden sein, mit dem die frühesten ''tengu''-Gestalten ausgestattet sind und der wiederum mit ihren Flugkünsten in Verbindung steht.
  
 
===Krähen-''tengu''===
 
===Krähen-''tengu''===
Zeile 66: Zeile 66:
 
| ref= 1
 
| ref= 1
 
}}
 
}}
In Indien gibt es die Gestalt des Vogel·menschen {{s|Garuda}}, die mit dem Bud·dhis·mus auch in Japan bekannt wurde. Garudas sind halb gött·liche, halb tierische Wesen mit großen Zauber·kräf·ten, ähnlich den [[Mythen/Imaginaere Tiere | Schlan·gen]] (in Indien als {{s|Naga}}-Gott·heiten verehrt), mit denen sie eine er·bit·terte Feindschaft ver·bin·det.
+
In Indien gibt es die Gestalt des Vogelmenschen {{s|Garuda}}, die mit dem Buddhismus auch in Japan bekannt wurde. Garudas sind halb göttliche, halb tierische Wesen mit großen Zauberkräften, ähnlich den [[Mythen/Imaginaere Tiere | Schlangen]] (in Indien als {{s|Naga}}-Gottheiten verehrt), mit denen sie eine erbitterte Feindschaft verbindet.
  
In der ältesten Theater·kunst Japans, dem höfischen {{g|Gigaku}}, werden u.a. Garuda Masken (jap. {{g|karura}}) ver·wen·det. Nach·dem diese durch·aus Ähn·lich·keiten mit späteren ''tengu''-Dar·stel·lun·gen haben, ist es denkbar, dass zwischen diesen Fabel·wesen ein Zu·sam·men·hang besteht. Frühe bildliche ''tengu''-Dar·stel·lun·gen (etwa die des diabolischen Zegai-bō, s.u.) zeigen jeden·falls einen Krähen-''tengu''. Erst später setzte sich die Auf·fas·sung durch, dass nur die min·deren ''tengu'' vogel·gestal·tig seien. Gleich·zeitig sollen alle ''tengu'' aus Eiern schlüp·fen.
+
In der ältesten Theaterkunst Japans, dem höfischen {{g|Gigaku}}, werden u.a. Garuda Masken (jap. {{g|karura}}) verwendet. Nachdem diese durchaus Ähnlichkeiten mit späteren ''tengu''-Darstellungen haben, ist es denkbar, dass zwischen diesen Fabelwesen ein Zusammenhang besteht. Frühe bildliche ''tengu''-Darstellungen (etwa die des diabolischen Zegai-bō, s.u.) zeigen jedenfalls einen Krähen-''tengu''. Erst später setzte sich die Auffassung durch, dass nur die minderen ''tengu'' vogelgestaltig seien. Gleichzeitig sollen alle ''tengu'' aus Eiern schlüpfen.
  
 
==''Tengu'' und Mönche==
 
==''Tengu'' und Mönche==
Zeile 81: Zeile 81:
 
| ref= 1
 
| ref= 1
 
}}
 
}}
''Tengu'' gehören nicht allein ins Reich der Märchen und Sagen, son·dern spielen auch in religiösen Legen·den eine wich·tige Rolle. Die frühes·ten ''tengu''-Legen·den aus dem {{g|konjakumonogatarishuu}} han·deln zumeist von bud·dhis·tischen Mönchen, die vom rechten Weg ab·kom·men um schließ·lich zu ''tengu'' zu werden, oder von ''tengu'', die ver·suchen Mönche vom rich·tigen Weg ab·zu·brin·gen. In anderen Quel·len, etwa dem ''Tengu zōshi'' (1296), er·scheint die Exis·tenz eines ''tengu'' als kar·mische Kon·sequenz über·mäßiger klerikaler Arroganz.<!--
+
''Tengu'' gehören nicht allein ins Reich der Märchen und Sagen, sondern spielen auch in religiösen Legenden eine wichtige Rolle. Die frühesten ''tengu''-Legenden aus dem {{g|konjakumonogatarishuu}} handeln zumeist von buddhistischen Mönchen, die vom rechten Weg abkommen um schließlich zu ''tengu'' zu werden, oder von ''tengu'', die versuchen Mönche vom richtigen Weg abzubringen. In anderen Quellen, etwa dem ''Tengu zōshi'' (1296), erscheint die Existenz eines ''tengu'' als karmische Konsequenz übermäßiger klerikaler Arroganz.<!--
--><ref> Die Kritik scheint sich an einem Konflikt zwischen dem mächtigen Ex·kaiser {{gb|Goshirakawa| Goshirakawa}} und den Mönchen des Tempelberges {{gb|Hieizan}} entzündet zu haben. Goshirakawa hatte nämlich vor, sich im Kon·kurrenz·tempel {{gb|Miidera}} einer eso·te·rischen Weihe zu unterziehen. Berg Hiei drohte daraufhin, in diesem Fall den Miidera militärisch zu erobern und zu zerstören. Goshirakawa verzichtete daher auf eine Weihe im Miidera. Spätere Quellen berichten im Anschluss an diese Be·ge·ben·heiten von einer mystischen Zu·sam·men·kunft zwischen dem Exkaiser und einer Gott·heit der Dichtung, Sumiyoshi Daimyōjin. Laut diesen Geschichten setzte Sumiyoshi dem Exkaiser auseinander, dass alle Ober·häupter der führenden Schulen im Grunde „Himmelsdämonen“ seien, die man geläufig als {{gb|tengu}} bezeichnet. Grund dafür seien Arroganz und Hoch·mut der Kleriker. Auch er selbst, der Exkaiser, hätte sich dieses Hochmuts schuldig gemacht und stehe daher unter dem Einfluss von Dämonen. Goshirakawa soll sich daraufhin dem schlichten Glauben an {{gb|Amida}} zugewandt haben (Abe 2002, S. 215). Diese Geschichte fand in diverse mittel·alter·liche Werke Eingang, u.a. ins ''Tengu zōshi'' und in eine Version des {{gb|heikemonogatari}}. Frühere Autoren assozieren amidistische Mönche wie {{gb|Hounen}} mit jenen Tengu, die Go-Shirakawa umgaben (Abe 2002, S. 220).  
+
--><ref> Die Kritik scheint sich an einem Konflikt zwischen dem mächtigen Exkaiser {{gb|Goshirakawa| Goshirakawa}} und den Mönchen des Tempelberges {{gb|Hieizan}} entzündet zu haben. Goshirakawa hatte nämlich vor, sich im Konkurrenztempel {{gb|Miidera}} einer esoterischen Weihe zu unterziehen. Berg Hiei drohte daraufhin, in diesem Fall den Miidera militärisch zu erobern und zu zerstören. Goshirakawa verzichtete daher auf eine Weihe im Miidera. Spätere Quellen berichten im Anschluss an diese Begebenheiten von einer mystischen Zusammenkunft zwischen dem Exkaiser und einer Gottheit der Dichtung, Sumiyoshi Daimyōjin. Laut diesen Geschichten setzte Sumiyoshi dem Exkaiser auseinander, dass alle Oberhäupter der führenden Schulen im Grunde „Himmelsdämonen“ seien, die man geläufig als {{gb|tengu}} bezeichnet. Grund dafür seien Arroganz und Hochmut der Kleriker. Auch er selbst, der Exkaiser, hätte sich dieses Hochmuts schuldig gemacht und stehe daher unter dem Einfluss von Dämonen. Goshirakawa soll sich daraufhin dem schlichten Glauben an {{gb|Amida}} zugewandt haben (Abe 2002, S. 215). Diese Geschichte fand in diverse mittelalterliche Werke Eingang, u.a. ins ''Tengu zōshi'' und in eine Version des {{gb|heikemonogatari}}. Frühere Autoren assozieren amidistische Mönche wie {{gb|Hounen}} mit jenen Tengu, die Go-Shirakawa umgaben (Abe 2002, S. 220).  
 
</ref>
 
</ref>
''Tengu'' reflek·tieren somit ein ambivalen·tes Bild des bud·dhis·tischen Klerus und bilden beson·ders in der Blüte·zeit des ja·pa·nischen Bud·dhis·mus, im Mit·telal·ter, eine Projek·tions·fläche für die Kritik am bud·dhis·tischen Mönchs·stand. Es gibt aber auch Legen·den von Adeligen und Kaisern, die auf·grund ihres Hoch·muts als ''tengu'' enden. Vor allem das Krieger·epos {{g|taiheiki}} weiß zahl·reiche Episoden zu be·richten, laut denen ins·besondere der ambitionierte, aber letztlich erfolglose Tennō {{g|Godaigo}} und viele Krieger und Mönche um ihn zu ''tengu'' wurden und in dieser Form nach ihrem Tod für Unruhe im Land sorgten.  
+
''Tengu'' reflektieren somit ein ambivalentes Bild des buddhistischen Klerus und bilden besonders in der Blütezeit des japanischen Buddhismus, im Mittelalter, eine Projektionsfläche für die Kritik am buddhistischen Mönchsstand. Es gibt aber auch Legenden von Adeligen und Kaisern, die aufgrund ihres Hochmuts als ''tengu'' enden. Vor allem das Kriegerepos {{g|taiheiki}} weiß zahlreiche Episoden zu berichten, laut denen insbesondere der ambitionierte, aber letztlich erfolglose Tennō {{g|Godaigo}} und viele Krieger und Mönche um ihn zu ''tengu'' wurden und in dieser Form nach ihrem Tod für Unruhe im Land sorgten.  
  
 
{{w500|rh= 240
 
{{w500|rh= 240
Zeile 90: Zeile 90:
 
|Yoshitsunes Schaukampf vor ''tengu''-Meister Sōjōbō
 
|Yoshitsunes Schaukampf vor ''tengu''-Meister Sōjōbō
 
| ref= 1}}
 
| ref= 1}}
Im Lauf der Zeit festigte sich die Assozia·tiation der ''tengu'' mit den be·reits erwähn·ten {{g|yamabushi}}. In vielen Legen·den ist die Trenn·linie zwischen diesen stets ein wenig un·heim·lichen Bergas·keten und den ''tengu'' kaum zu ziehen. Seit der Edo-Zeit werden die ''tengu'' üb·licher·weise auch in der Tracht der ''yamabushi'', er·kenn·bar an der charak·teris·tischen Kopf·be·deckung, dar·ge·stellt. Durch die Assoziation mit den ''yamabushi'' rückte offen·bar die Iden·tifikation von ''tengu'' und hoch·ran·gigen Klerikern in den Hin·ter·grund. Dagegen können ''yamabushi''-artige ''tengu'' auch positive Züge an·neh·men, vor allem dann, wenn sie analog zu den Bergas·keten als tüch·tige Käm·pfer und Meister der Kriegs·künste auf·treten. So soll etwa einer der be·rühm·tes·ten japanischen Helden, {{g|Minamotonoyoshitsune}}, in seiner Jugend die Kunst des Schwertkam·pfes von einem ''tengu'' namens {{g|Soujoubou}} er·lernt haben. Der Namen bedeutet wörtlich nichts anderes als „Abt-Mönch“ und es mag sein, dass eine Art ''yamabushi'' den his·torischen Kern dieser Legende bildet.
+
Im Lauf der Zeit festigte sich die Assoziatiation der ''tengu'' mit den bereits erwähnten {{g|yamabushi}}. In vielen Legenden ist die Trennlinie zwischen diesen stets ein wenig unheimlichen Bergasketen und den ''tengu'' kaum zu ziehen. Seit der Edo-Zeit werden die ''tengu'' üblicherweise auch in der Tracht der ''yamabushi'', erkennbar an der charakteristischen Kopfbedeckung, dargestellt. Durch die Assoziation mit den ''yamabushi'' rückte offenbar die Identifikation von ''tengu'' und hochrangigen Klerikern in den Hintergrund. Dagegen können ''yamabushi''-artige ''tengu'' auch positive Züge annehmen, vor allem dann, wenn sie analog zu den Bergasketen als tüchtige Kämpfer und Meister der Kriegskünste auftreten. So soll etwa einer der berühmtesten japanischen Helden, {{g|Minamotonoyoshitsune}}, in seiner Jugend die Kunst des Schwertkampfes von einem ''tengu'' namens {{g|Soujoubou}} erlernt haben. Der Namen bedeutet wörtlich nichts anderes als „Abt-Mönch“ und es mag sein, dass eine Art ''yamabushi'' den historischen Kern dieser Legende bildet.
  
 
==''Tengu''-artige Gottheiten==
 
==''Tengu''-artige Gottheiten==
  
Immer wieder stößt man in Tempeln und Schreinen auf ''tengu''-Abbildungen. Im All·ge·meinen han·delt es sich bei der·artigen religiösen Gebäuden um Kult·stät·ten des {{g|shugendou}}, des spezifischen Kults der ''yamabushi''. Die ''yamabushi'' wurden also nicht nur mit ''tengu'' assoziiert, sie ver·ehrten ihrer·seits auch Gottheiten in ''tengu''-Gestalt.
+
Immer wieder stößt man in Tempeln und Schreinen auf ''tengu''-Abbildungen. Im Allgemeinen handelt es sich bei derartigen religiösen Gebäuden um Kultstätten des {{g|shugendou}}, des spezifischen Kults der ''yamabushi''. Die ''yamabushi'' wurden also nicht nur mit ''tengu'' assoziiert, sie verehrten ihrerseits auch Gottheiten in ''tengu''-Gestalt.
  
 
===Izuna Gongen===
 
===Izuna Gongen===
Zeile 104: Zeile 104:
 
| ref= 1}}
 
| ref= 1}}
  
Der {{g|takaosan}}, ein Berg am östlichen Stadtrand Tōkyōs, ist eines dieser tradi·tionel·len Zentren des Shugendō. Es gibt hier sowohl einen Tempel als auch einen Schrein, in dem die Gottheit {{g|izunagongen}} verehrt wird.
+
Der {{g|takaosan}}, ein Berg am östlichen Stadtrand Tōkyōs, ist eines dieser traditionellen Zentren des Shugendō. Es gibt hier sowohl einen Tempel als auch einen Schrein, in dem die Gottheit {{g|izunagongen}} verehrt wird.
  
<div class="bildtext bildbox ">[[Image:izuna2.gif|link=|izuna gongen]] [[Image:izuna3.gif|link=]]<div> Izuna Gongen, ''tengu'' Gottheit des Shugendō Heilig·tums Takao-san.<br /> Bildquelle: Informationsbroschüre des Takao-san </div></div>
+
<div class="bildtext bildbox ">[[Image:izuna2.gif|link=|izuna gongen]] [[Image:izuna3.gif|link=]]<div> Izuna Gongen, ''tengu'' Gottheit des Shugendō Heiligtums Takao-san.<br /> Bildquelle: Informationsbroschüre des Takao-san </div></div>
  
Izuna Gongen erscheint auf den Talismanen ({{g|ofuda}}) von Takao in Gestalt eines ''karasu tengu'', der auf einem weißen [[Mythen/Verwandlungskuenstler| Fuchs]] reitet. Schwert, Schild und Flam·men·nim·bus erin·nern an {{g|fudoumyouou}}, der ja tat·säch·lich auch im Shugendō eine zen·trale Rolle spielt. Zu·dem deutet das fuchs·artige Reit·tier (das in der japanischen Folklore übrigens auch unter dem Namen Izuna auf·taucht) auf eine Ver·bin·dung mit [[Bauten/Bekannte_Schreine/Fushimi| Inari/Dakini]] hin. Ver·schiedene eso·te·rische Gott·heiten wurden also mit der Ges·talt des ''tengu'' zu einer neuen Gottheit ver·schmol·zen. Ganz ähnliche kombi·nierte Gott·heiten finden sich im Shugendō auch unter anderen Namen, etwa unter der Be·zeich·nung Akiba Gongen (s. Abb. rechts). Viele dieser Shugen·dō-Götter standen im übrigen mit Schulen der Kriegs·künste und magischen Kampf·tech·niken in Ver·bin·dung, die wiederum von den ''yamabushi'' betrieben wurden.
+
Izuna Gongen erscheint auf den Talismanen ({{g|ofuda}}) von Takao in Gestalt eines ''karasu tengu'', der auf einem weißen [[Mythen/Verwandlungskuenstler| Fuchs]] reitet. Schwert, Schild und Flammennimbus erinnern an {{g|fudoumyouou}}, der ja tatsächlich auch im Shugendō eine zentrale Rolle spielt. Zudem deutet das fuchsartige Reittier (das in der japanischen Folklore übrigens auch unter dem Namen Izuna auftaucht) auf eine Verbindung mit [[Bauten/Bekannte_Schreine/Fushimi| Inari/Dakini]] hin. Verschiedene esoterische Gottheiten wurden also mit der Gestalt des ''tengu'' zu einer neuen Gottheit verschmolzen. Ganz ähnliche kombinierte Gottheiten finden sich im Shugendō auch unter anderen Namen, etwa unter der Bezeichnung Akiba Gongen (s. Abb. rechts). Viele dieser Shugendō-Götter standen im übrigen mit Schulen der Kriegskünste und magischen Kampftechniken in Verbindung, die wiederum von den ''yamabushi'' betrieben wurden.
  
 
===Sarutahiko===
 
===Sarutahiko===
Zeile 117: Zeile 117:
 
| ref= 1
 
| ref= 1
 
}}
 
}}
In den alten Mythen begegnen wir der Gott·heit {{g|sarutahiko}}, einem wilden Gesel·len, der dem Tross des vom Himmel herab·steigen·den Enkels der Son·nen·gottheit ({{g|ninigi}}) einigen Respekt einflößt, sich aber schließ·lich als Führer anbietet und dafür die Göt·tin {{g|Amenouzume}} zur Gattin erhält. Er ist laut Be·schrei·bung des ''Nihon shoki'' von hühnen·haf·ter Gestalt und hat eine sieben-Hand-lange Nase. Auf rezen·ten Ab·bil·dun·gen (z.B. Abb. rechts) wird er meist in ''tengu''-Gestalt dar·ge·stellt. Auch in Schrein·festen zu Ehren Sarutahikos wird er durch Tänzer mit ''tengu''-Masken repräsen·tiert. Durch seine mytho·logische Rolle als wege·kun·diger Führer bot sich Sarutahiko über·dies als Iden·tifikations·figur für die zahl·reichen lokalen „Wegegöt·ter“ ({{g|dousojin}}) an, die es vor allem in vor·moder·ner Zeit gab. Diese Wege·göt·ter stehen wiederum häufig im Zentrum von [[Alltag/Matsuri/Phalluskulte|Phalluskulten]], was viel·leicht wieder Sarutahikos lange Nase erklärt. Es gibt, mit einem Wort, ein Viel·zahl von mög·lichen Bezie·hun·gen zwischen Bergkul·ten, Wegegöt·tern und Frucht·bar·keits·riten und sogar Kriegskün·sten einer·seits sowie Saru·tahiko und den ''tengu'' anderer·seits. Dass all diese Figuren und Kulte im Laufe der Zeit mit·ein·ander assoziiert wurden, steht außer Zweifel. Es besteht jedoch keine Über·ein·stim·mung darüber, wie sich diese Asso·ziationen his·torisch ent·wickel·ten.
+
In den alten Mythen begegnen wir der Gottheit {{g|sarutahiko}}, einem wilden Gesellen, der dem Tross des vom Himmel herabsteigenden Enkels der Sonnengottheit ({{g|ninigi}}) einigen Respekt einflößt, sich aber schließlich als Führer anbietet und dafür die Göttin {{g|Amenouzume}} zur Gattin erhält. Er ist laut Beschreibung des ''Nihon shoki'' von hühnenhafter Gestalt und hat eine sieben-Hand-lange Nase. Auf rezenten Abbildungen (z.B. Abb. rechts) wird er meist in ''tengu''-Gestalt dargestellt. Auch in Schreinfesten zu Ehren Sarutahikos wird er durch Tänzer mit ''tengu''-Masken repräsentiert. Durch seine mythologische Rolle als wegekundiger Führer bot sich Sarutahiko überdies als Identifikationsfigur für die zahlreichen lokalen „Wegegötter“ ({{g|dousojin}}) an, die es vor allem in vormoderner Zeit gab. Diese Wegegötter stehen wiederum häufig im Zentrum von [[Alltag/Matsuri/Phalluskulte|Phalluskulten]], was vielleicht wieder Sarutahikos lange Nase erklärt. Es gibt, mit einem Wort, ein Vielzahl von möglichen Beziehungen zwischen Bergkulten, Wegegöttern und Fruchtbarkeitsriten und sogar Kriegskünsten einerseits sowie Sarutahiko und den ''tengu'' andererseits. Dass all diese Figuren und Kulte im Laufe der Zeit miteinander assoziiert wurden, steht außer Zweifel. Es besteht jedoch keine Übereinstimmung darüber, wie sich diese Assoziationen historisch entwickelten.
  
 
{{ThisWay|Mythen/Oni und Kappa}}
 
{{ThisWay|Mythen/Oni und Kappa}}

Version vom 24. April 2021, 17:25 Uhr

Tengu Japanische Vogelmenschen

Achtung: Sie sehen eine veraltete Version von https://religion-in-japan.univie.ac.at/Handbuch/Mythen/Daemonen/Tengu.

Auf dieser Seite werden tengu [tengu (jap.) 天狗 wtl. Himmelshund; vogelartiger oder geflügelter Kobold, meist in den Bergen] als die vielleicht prominentesten Vertreter der yōkai [yōkai (jap.) 妖怪 Fabelwesen, Geisterwesen, Gespenster] vorgestellt. Der Begriff yōkai kann mit „Fabelwesen“ oder „Monster“ übersetzt werden, doch existiert keine klare Abgrenzung zu real existierende Tierarten, denen magische Fähigkeiten zugesprochen werden — etwa Füchse oder tanuki [tanuki (jap.) Tanuki; Marderhund]. Während die tierischen yōkai auf anderen Seiten dieses Kapitels besprochen werden, geht es auf dieser Seite um den tengu als ein Fabelwesen mit sehr menschenähnlichen Zügen, das die gesamte Bandbreite dieser Geisterkategorie veranschaulicht: Vom gefürchteten Monster bis zum Verehrungsgegenstand von Tempeln und Schreinen.

Tengu kurama wada.jpg
1 Tengu-Kopf, Kurama-dera
Riesen-tengu am Eingang der Tempelanlage von Kurama im Norden Kyōtos, wo sich u.a. ein traditionelles Zentrum des tengu-Glaubens befindet.
Wada Yoshio, 2002 (mit freundlicher Genehmigung).

Wortbedeutung

Tengu bedeutet wtl. „Himmelshund“, doch mit Hunden haben diese geflügelten Wesen wenig zu tun. Die Bezeichnung leitet sich vom Chinesischen tiangou [tiangou (chin.) 天狗 wtl. Himmelshund; mythol. Gestalt der chin. Kosmologie, Namensgeber des japanischen tengu] ab und bezog sich ursprünglich auf unerklärliche Himmelserscheinungen wie z.B. Kometen oder Sonnenfinsternisse, die einem schwarzen „Himmelshund“ zugeschrieben wurden. In dieser Bedeutung findet sich der Begriff tengu auch schon im japanischen Nihon shoki [Nihon shoki (jap.) 日本書紀 Zweitältestes Schriftwerk und erste offizielle Reichschronik Japans (720)] (720). Tengu mit den heute bekannten Charakteristika treten allerdings erst Ende der Heian [Heian (jap.) 平安 auch Heian-kyō 平安京, „Stadt des Friedens“; politisches Zentrum 794–1185 (= Heian-Zeit)]-Zeit in Erscheinung. Wie sich die Transformation des chinesischen Himmelshundes in diese spezifisch japanische Gestalt vollzog, ist weitgehend unklar. Zweifellos haben auch Mythen- und Sagenmotive, die ursprünglich nichts mit dem chinesischen tiangou zu tun hatten, zu seiner Entstehung beigetragen.

Äußerliche Merkmale

Vorlage:Sidebox3 Japanische tengu treten in zwei Hauptvarianten auf: Langnasen-tengu und Krähen-tengu. Beide besitzen einen menschlichen Körper und können fliegen bzw. sich augenblicklich von einem Ort zum anderen „beamen“. Für gewöhnlich tragen auch beide Arten von tengu die traditionelle Tracht der Bergasketen (yamabushi [yamabushi (jap.) 山伏 Bergasket, wtl. der in den Bergen schläft; Praktikant des Shugendō]), mit denen sie eine gemeinsame Begabung für magische Künste verbindet. Ähnlich wie die yamabushi sind tengu immer eher unheimlich, dabei aber nicht notwendigerweise böse oder arglistig.

Langnasen tengu

Tengu33.jpg
2 Geflügelter tengu
Dieser tengu ist mit einem typischen Emblem ausgestattet: Ein magischer Fächer aus Federn. Außerdem trägt er das Gewand eines Bergasketen (yamabushi).
20. Jh. Bildquelle: unbekannt.
Sarutahiko takachiho.jpg
3 Sarutahiko-Maske
Maske des tengu-artigen Gottes Sarutahiko bei einer religiösen Tanzperformance (kagura).
kuusounomori.sakura, jp.

Langnasen-tengu werden auf Japanisch oft als Groß-tengu, Krähen-tengu dagegen als Klein-tengu bezeichnet. Langnasen-tengu scheinen demnach eine höhere Kaste innerhalb der tengu-Gesellschaft zu bilden. Was als erstes an ihnen auffällt, ist die phallische Form ihrer Nase. Dass diese in der Tat sexuelle Assoziationen weckte, lässt sich u.a. an shunga [shunga (jap.) 春画 wtl. „Frühlingsbilder“; Gemälde und Druckwerke mit expliziten sexuellen Darstellungen]-Bildern (siehe tengu Motive) der Edo-Zeit erkennen, doch wird diese Assoziation im japanischen Kontext nicht als obszön empfunden. Ähnlich wie im Fall des Glücksgottes Fukurokuju [Fukurokuju (jap.) 福禄寿 Glücksgott, Gott des Langen Lebens] wird der Phallus eher als Symbol der Fruchtbarkeit oder allgemein des Glücks verstanden. Aufgrund dieser Logik waren Phallus-Kulte und phallische religiöse Symbolismen im vormodernen Japan weit verbreitet.

Vorlage:Sidebox3 Die lange Nase und das rote Gesicht des tengu legen weiter die Vermutung nahe, dass sich seine Gestalt auf das Bild der Europäer in Japan zurückführen lässt. Doch gab es den langnasigen tengu bereits vor dem 16. Jahrhundert, als es in Japan zur intensiven Kontaktnahme mit europäischen Händlern und Missionaren kam. Möglicherweise wurden die Langnasen-tengu aber dem Erscheinungsbild der „südlichen Barbaren“ (wie die Europäer in der Edo [Edo (jap.) 江戸 Hauptstadt der Tokugawa-Shōgune, heute: Tōkyō; auch: Zeit der Tokugawa-Dynastie, 1600–1867 (= Edo-Zeit);]-Zeit genannt wurden) angepasst.

Schließlich könnte die Nase der tengu auch einfach aus dem Schnabel entstanden sein, mit dem die frühesten tengu-Gestalten ausgestattet sind und der wiederum mit ihren Flugkünsten in Verbindung steht.

Krähen-tengu

Tengu sairinji.jpg
4
Tengu in der Kleidung eines Kriegermönchs, auf einem Wildschwein reitend. Der dargestellte tengu ist wahrscheinlich Tarōbō, ein berühmter tengu, der auf dem Berg Asago im Westen Kyōtos wohnte und der Sage nach häufig die „tengu-Kiefer“ (tengu no matsu), die sich auf dem Tempelgelände befand, aufsuchte, um sich auszuruhen. Der Tempel Sairin-ji, von dem dieses Bild stammt, ist eng mit dem Shugendō, dem Glauben der yamabushi, verbunden.
Werk von Kaihō Yūtoku. Späte Edo-Zeit, 19. Jh. Saichō to Tendai kokuhō, 2006, Abb. 234.
Karasutengu3.jpg
5
Krähen-Tengu (karasu tengu) in modernem Design.
Bildquelle: thetengu.com, offline.
Alte und neue Krähen-Tengu

Vorlage:Sidebox3 In Indien gibt es die Gestalt des Vogelmenschen Garuda [Garuḍa (skt.) गरुड Vogelmensch (jap. karura 迦楼羅)], die mit dem Buddhismus auch in Japan bekannt wurde. Garudas sind halb göttliche, halb tierische Wesen mit großen Zauberkräften, ähnlich den Schlangen (in Indien als naga [nāga (skt.) नाग „Schlange, Kobra“, indische Schlangengottheit (jap. naka 那伽)]-Gottheiten verehrt), mit denen sie eine erbitterte Feindschaft verbindet.

In der ältesten Theaterkunst Japans, dem höfischen gigaku [gigaku (jap.) 伎楽 Masken/Tanz-Theater, das im 7. Jh. aus China über Korea nach Japan gelangte], werden u.a. Garuda Masken (jap. karura [karura (jap.) 迦楼羅 Vogelmensch; von skt. garuda]) verwendet. Nachdem diese durchaus Ähnlichkeiten mit späteren tengu-Darstellungen haben, ist es denkbar, dass zwischen diesen Fabelwesen ein Zusammenhang besteht. Frühe bildliche tengu-Darstellungen (etwa die des diabolischen Zegai-bō, s.u.) zeigen jedenfalls einen Krähen-tengu. Erst später setzte sich die Auffassung durch, dass nur die minderen tengu vogelgestaltig seien. Gleichzeitig sollen alle tengu aus Eiern schlüpfen.

Tengu und Mönche

Tenguzoshi.jpg
6 Versammlung hochrangiger Mönche, die zu tengu geworden sind
Die versammelten Mönche aus verschiedenen Schulen des mittelalterlichen Buddhismus sind durch ihre Schnäbel als Tengus zu erkennen. Das Tengu zōshi bringt in seinen Lehrerzählungen das Tenguwesen mit den typischen Verfehlungen des Mönchsstandes, vor allem Arroganz und Hochmut, in Zusammenhang.
Kamakura-Zeit, 1296. Cultural Heritage Online.
Zegaibo emaki.jpg
7 Zegaibō, ein chinesischer Krähen-tengu in Mönchsgewand
Gefangennahme und Züchtigung des Zegaibō, eines tengu aus China, durch Tempelknaben auf Berg Hiei. Illustration einer mittelalterlichen Legende, die von einem chinesischen tengu erzählt, der im Jahr 966 Japan besucht, um sich hier mit den wunderkräftigsten Mönchen auf Berg Hiei zu messen. Er erleidet dabei drei mal hintereinander herbe Demütigungen. Schließlich erbarmen sich japanische tengu ihres Kollegen, pflegen ihn gesund und schicken ihn zurück nach China.
Muromachi-Zeit, 1354. Saichō to Tendai kokuhō, 2006, Abb. 221.

Tengu gehören nicht allein ins Reich der Märchen und Sagen, sondern spielen auch in religiösen Legenden eine wichtige Rolle. Die frühesten tengu-Legenden aus dem Konjaku monogatari [Konjaku monogatari (jap.) 今昔物語 „Geschichten aus alter und neuer Zeit“ (12. Jh.); umfangreiche Sammlung von Geschichten und Anekdoten, meist aus einem buddhistischen Kontext] handeln zumeist von buddhistischen Mönchen, die vom rechten Weg abkommen um schließlich zu tengu zu werden, oder von tengu, die versuchen Mönche vom richtigen Weg abzubringen. In anderen Quellen, etwa dem Tengu zōshi (1296), erscheint die Existenz eines tengu als karmische Konsequenz übermäßiger klerikaler Arroganz.1 Tengu reflektieren somit ein ambivalentes Bild des buddhistischen Klerus und bilden besonders in der Blütezeit des japanischen Buddhismus, im Mittelalter, eine Projektionsfläche für die Kritik am buddhistischen Mönchsstand. Es gibt aber auch Legenden von Adeligen und Kaisern, die aufgrund ihres Hochmuts als tengu enden. Vor allem das Kriegerepos Taiheiki [Taiheiki (jap.) 太平記 Historisches Epos aus dem späten 14. Jh., behandelt den Konflikt zwischen Nördlichem und Südlichem Kaiserhof] weiß zahlreiche Episoden zu berichten, laut denen insbesondere der ambitionierte, aber letztlich erfolglose Tennō Go-Daigo [Go-Daigo (jap.) 後醍醐 1288–1339 (r. 1318–1339); Tennō der späten Kamakura-Zeit, der versuchte, die pol. Autorität des Kaiserhofes wieder herzustellen.] und viele Krieger und Mönche um ihn zu tengu wurden und in dieser Form nach ihrem Tod für Unruhe im Land sorgten.

Sojobo.jpg
8 Yoshitsunes Schaukampf vor tengu-Meister Sōjōbō
Tengu-Meister Sōjōbō beobachtet die Fortschritte seines Schützlings Ushiwakamaru (Minamoto no Yoshitsune), der sich in der Schwertkunst (Holzschwert) mit jungen Krähen-tengu misst.
Der berühmte Feldherr Minamoto no Yoshitsune (1159–1189) war Halbwaise und verbrachte seine Kindheit im Tempel Kurama nördlich von Kyōto, in dessen Nähe der tengu Sōjōbō gehaust haben und Yoshitsune (bzw. Ushiwakamaro, wie er als Kind hieß) in der Kunst des Schwertkampfs zur Perfektion gebracht haben soll. Yoshitsune ist einer der beliebtesten Helden Japans. Das Motiv seines Schwerttrainings bei den tengu wurde von den ukiyo-e-Künstlern der Edo Zeit häufig dargestellt.
Werk von Utagawa Kunitsuna (1805–1868). Edo-Zeit. Bildquelle: Karasu Tengu.

Im Lauf der Zeit festigte sich die Assoziatiation der tengu mit den bereits erwähnten yamabushi [yamabushi (jap.) 山伏 Bergasket, wtl. der in den Bergen schläft; Praktikant des Shugendō]. In vielen Legenden ist die Trennlinie zwischen diesen stets ein wenig unheimlichen Bergasketen und den tengu kaum zu ziehen. Seit der Edo-Zeit werden die tengu üblicherweise auch in der Tracht der yamabushi, erkennbar an der charakteristischen Kopfbedeckung, dargestellt. Durch die Assoziation mit den yamabushi rückte offenbar die Identifikation von tengu und hochrangigen Klerikern in den Hintergrund. Dagegen können yamabushi-artige tengu auch positive Züge annehmen, vor allem dann, wenn sie analog zu den Bergasketen als tüchtige Kämpfer und Meister der Kriegskünste auftreten. So soll etwa einer der berühmtesten japanischen Helden, Minamoto no Yoshitsune [Minamoto no Yoshitsune (jap.) 源義経 1159–1189; japanischer Feldherr und Halbbruder von Minamoto no Yoritomo], in seiner Jugend die Kunst des Schwertkampfes von einem tengu namens Sōjōbō [Sōjōbō (jap.) 僧正坊 wtl. in etwa „Erzabt“; der buddhistische Titel ist aber in erster Line als Eigennamen eines tengu-Königs bekannt; Minamoto no Yoshitsune soll von diesem tengu die Kunst des Schwertkampfes erlernt haben] erlernt haben. Der Namen bedeutet wörtlich nichts anderes als „Abt-Mönch“ und es mag sein, dass eine Art yamabushi den historischen Kern dieser Legende bildet.

Tengu-artige Gottheiten

Immer wieder stößt man in Tempeln und Schreinen auf tengu-Abbildungen. Im Allgemeinen handelt es sich bei derartigen religiösen Gebäuden um Kultstätten des Shugendō [Shugendō (jap.) 修験道 gemischt-rel. Bergkult, Orden der yamabushi], des spezifischen Kults der yamabushi. Die yamabushi wurden also nicht nur mit tengu assoziiert, sie verehrten ihrerseits auch Gottheiten in tengu-Gestalt.

Izuna Gongen

Vorlage:Sidebox3

Der Takao-san [Takao-san (jap.) 高尾山 Berg Takao, rel. Zentrum im Westen Tōkyōs], ein Berg am östlichen Stadtrand Tōkyōs, ist eines dieser traditionellen Zentren des Shugendō. Es gibt hier sowohl einen Tempel als auch einen Schrein, in dem die Gottheit Izuna Gongen [Izuna Gongen (jap.) 飯縄権現 Gottheit in tengu-Gestalt] verehrt wird.

izuna gongen Izuna3.gif
Izuna Gongen, tengu Gottheit des Shugendō Heiligtums Takao-san.
Bildquelle: Informationsbroschüre des Takao-san

Izuna Gongen erscheint auf den Talismanen (o-fuda [o-fuda (jap.) お札 Amulett oder Talisman in Gestalt eines symbolischen Zeichens, meist aus Papier; auch shinsatsu; das Zeichen 札 kann auch „Geldschein“ bedeuten, wird dann aber sinojap. satsu ausgesprochen;]) von Takao in Gestalt eines karasu tengu, der auf einem weißen Fuchs reitet. Schwert, Schild und Flammennimbus erinnern an Fudō Myōō [Fudō Myōō (jap.) 不動明王 prominentester japanischer myōō (Mantra-König), wtl. „der Unbewegliche“], der ja tatsächlich auch im Shugendō eine zentrale Rolle spielt. Zudem deutet das fuchsartige Reittier (das in der japanischen Folklore übrigens auch unter dem Namen Izuna auftaucht) auf eine Verbindung mit Inari/Dakini hin. Verschiedene esoterische Gottheiten wurden also mit der Gestalt des tengu zu einer neuen Gottheit verschmolzen. Ganz ähnliche kombinierte Gottheiten finden sich im Shugendō auch unter anderen Namen, etwa unter der Bezeichnung Akiba Gongen (s. Abb. rechts). Viele dieser Shugendō-Götter standen im übrigen mit Schulen der Kriegskünste und magischen Kampftechniken in Verbindung, die wiederum von den yamabushi betrieben wurden.

Sarutahiko

Sarutahiko hokkei.jpg
9 Sarutahiko
Der mythologische Gott Sarutahiko mit tengu-ähnlicher Nase und dem Gewand eines yamabushi. Das Bild erschien in einer Serie von Illustrationen zu Amaterasus Austritt aus der Höhle (daher auch Hahn und Henne), obwohl Sarutahiko im ursprünglichen Mythos damit gar nichts zu tun hat. Siehe auch Ame no Uzume.
Werk von Totoya Hokkei (1780–1850). Edo-Zeit, 1820er Jahre. Museum of Fine Arts, Boston.

In den alten Mythen begegnen wir der Gottheit Sarutahiko [Sarutahiko (jap.) 猿田彦 Mythologische Gottheit in tengu-ähnlicher Gestalt], einem wilden Gesellen, der dem Tross des vom Himmel herabsteigenden Enkels der Sonnengottheit (Ninigi [Ninigi (jap.) 瓊瓊杵 mytholog. Gottheit, Enkel Amaterasus]) einigen Respekt einflößt, sich aber schließlich als Führer anbietet und dafür die Göttin Ame no Uzume [Ame no Uzume (jap.) 天鈿女/天宇受賣 mythologische Gottheit, Ahnherrin des Theaters] zur Gattin erhält. Er ist laut Beschreibung des Nihon shoki von hühnenhafter Gestalt und hat eine sieben-Hand-lange Nase. Auf rezenten Abbildungen (z.B. Abb. rechts) wird er meist in tengu-Gestalt dargestellt. Auch in Schreinfesten zu Ehren Sarutahikos wird er durch Tänzer mit tengu-Masken repräsentiert. Durch seine mythologische Rolle als wegekundiger Führer bot sich Sarutahiko überdies als Identifikationsfigur für die zahlreichen lokalen „Wegegötter“ (dōsojin [dōsojin (jap.) 道祖神 Wegegott, auch sae no kami; volksrel. Figuren, manchmal in phallischer Form]) an, die es vor allem in vormoderner Zeit gab. Diese Wegegötter stehen wiederum häufig im Zentrum von Phalluskulten, was vielleicht wieder Sarutahikos lange Nase erklärt. Es gibt, mit einem Wort, ein Vielzahl von möglichen Beziehungen zwischen Bergkulten, Wegegöttern und Fruchtbarkeitsriten und sogar Kriegskünsten einerseits sowie Sarutahiko und den tengu andererseits. Dass all diese Figuren und Kulte im Laufe der Zeit miteinander assoziiert wurden, steht außer Zweifel. Es besteht jedoch keine Übereinstimmung darüber, wie sich diese Assoziationen historisch entwickelten.

Verweise

Verwandte Themen

Fußnoten

  1. Die Kritik scheint sich an einem Konflikt zwischen dem mächtigen Exkaiser Goshirakawa und den Mönchen des Tempelberges Hiei-zan entzündet zu haben. Goshirakawa hatte nämlich vor, sich im Konkurrenztempel Mii-dera einer esoterischen Weihe zu unterziehen. Berg Hiei drohte daraufhin, in diesem Fall den Miidera militärisch zu erobern und zu zerstören. Goshirakawa verzichtete daher auf eine Weihe im Miidera. Spätere Quellen berichten im Anschluss an diese Begebenheiten von einer mystischen Zusammenkunft zwischen dem Exkaiser und einer Gottheit der Dichtung, Sumiyoshi Daimyōjin. Laut diesen Geschichten setzte Sumiyoshi dem Exkaiser auseinander, dass alle Oberhäupter der führenden Schulen im Grunde „Himmelsdämonen“ seien, die man geläufig als tengu bezeichnet. Grund dafür seien Arroganz und Hochmut der Kleriker. Auch er selbst, der Exkaiser, hätte sich dieses Hochmuts schuldig gemacht und stehe daher unter dem Einfluss von Dämonen. Goshirakawa soll sich daraufhin dem schlichten Glauben an Amida zugewandt haben (Abe 2002, S. 215). Diese Geschichte fand in diverse mittelalterliche Werke Eingang, u.a. ins Tengu zōshi und in eine Version des Heike monogatari. Frühere Autoren assozieren amidistische Mönche wie Hōnen mit jenen Tengu, die Go-Shirakawa umgaben (Abe 2002, S. 220).

Internetquellen

Siehe auch Internetquellen


Letzte Überprüfung der Linkadressen: Jul. 2020

Literatur

Siehe auch Literaturliste

Yasurō Abe, „The Book of Tengu: Goblins, Devils, and Buddhas in Medieval Japan“. Cahiers d'Extrême-Asie 13 (2002), 211–26. (Online.) [Übersetzung ins Englische: Toyosawa Nobuko.]
Klaus Vollmer, „Der Kleriker als tengu: Notizen zu einem Motiv in der mittelalterlichen japanischen Literatur“. NOAG 154 (1993), 71–90. (Online.)

Bilder

Quellen und Erläuterungen zu den Bildern auf dieser Seite

  1. ^ 
    Tengu kurama wada.jpg
    Riesen-tengu am Eingang der Tempelanlage von Kurama im Norden Kyōtos, wo sich u.a. ein traditionelles Zentrum des tengu-Glaubens befindet.
    Wada Yoshio, 2002 (mit freundlicher Genehmigung).
  2. ^ 
    Tengu33.jpg
    Dieser tengu ist mit einem typischen Emblem ausgestattet: Ein magischer Fächer aus Federn. Außerdem trägt er das Gewand eines Bergasketen (yamabushi).
    20. Jh. Bildquelle: unbekannt.
  3. ^ 
    Sarutahiko takachiho.jpg
    Maske des tengu-artigen Gottes Sarutahiko bei einer religiösen Tanzperformance (kagura).
    kuusounomori.sakura, jp.
  4. ^ 
    Tengu sairinji.jpg
    Tengu in der Kleidung eines Kriegermönchs, auf einem Wildschwein reitend.

    Der dargestellte tengu ist wahrscheinlich Tarōbō, ein berühmter tengu, der auf dem Berg Asago im Westen Kyōtos wohnte und der Sage nach häufig die „tengu-Kiefer“ (tengu no matsu), die sich auf dem Tempelgelände befand, aufsuchte, um sich auszuruhen. Der Tempel Sairin-ji, von dem dieses Bild stammt, ist eng mit dem Shugendō, dem Glauben der yamabushi, verbunden.
    Werk von Kaihō Yūtoku. Späte Edo-Zeit, 19. Jh. Saichō to Tendai kokuhō, 2006, Abb. 234.

  5. ^ 
    Karasutengu3.jpg
    Krähen-Tengu (karasu tengu) in modernem Design.
    Bildquelle: thetengu.com, offline.
  1. ^ 
    Tenguzoshi.jpg
    Die versammelten Mönche aus verschiedenen Schulen des mittelalterlichen Buddhismus sind durch ihre Schnäbel als Tengus zu erkennen. Das Tengu zōshi bringt in seinen Lehrerzählungen das Tenguwesen mit den typischen Verfehlungen des Mönchsstandes, vor allem Arroganz und Hochmut, in Zusammenhang.
    Kamakura-Zeit, 1296. Cultural Heritage Online.
  2. ^ 
    Zegaibo emaki.jpg
    Gefangennahme und Züchtigung des Zegaibō, eines tengu aus China, durch Tempelknaben auf Berg Hiei. Illustration einer mittelalterlichen Legende, die von einem chinesischen tengu erzählt, der im Jahr 966 Japan besucht, um sich hier mit den wunderkräftigsten Mönchen auf Berg Hiei zu messen. Er erleidet dabei drei mal hintereinander herbe Demütigungen. Schließlich erbarmen sich japanische tengu ihres Kollegen, pflegen ihn gesund und schicken ihn zurück nach China.
    Muromachi-Zeit, 1354. Saichō to Tendai kokuhō, 2006, Abb. 221.
  3. ^ 
    Sojobo.jpg
    Tengu-Meister Sōjōbō beobachtet die Fortschritte seines Schützlings Ushiwakamaru (Minamoto no Yoshitsune), der sich in der Schwertkunst (Holzschwert) mit jungen Krähen-tengu misst.

    Der berühmte Feldherr Minamoto no Yoshitsune (1159–1189) war Halbwaise und verbrachte seine Kindheit im Tempel Kurama nördlich von Kyōto, in dessen Nähe der tengu Sōjōbō gehaust haben und Yoshitsune (bzw. Ushiwakamaro, wie er als Kind hieß) in der Kunst des Schwertkampfs zur Perfektion gebracht haben soll. Yoshitsune ist einer der beliebtesten Helden Japans. Das Motiv seines Schwerttrainings bei den tengu wurde von den ukiyo-e-Künstlern der Edo Zeit häufig dargestellt.
    Werk von Utagawa Kunitsuna (1805–1868). Edo-Zeit. Bildquelle: Karasu Tengu.

  4. ^ 
    Sarutahiko hokkei.jpg
    Der mythologische Gott Sarutahiko mit tengu-ähnlicher Nase und dem Gewand eines yamabushi. Das Bild erschien in einer Serie von Illustrationen zu Amaterasus Austritt aus der Höhle (daher auch Hahn und Henne), obwohl Sarutahiko im ursprünglichen Mythos damit gar nichts zu tun hat. Siehe auch Ame no Uzume.
    Werk von Totoya Hokkei (1780–1850). Edo-Zeit, 1820er Jahre. Museum of Fine Arts, Boston.

Glossar

Namen und Fachbegriffe auf dieser Seite

  • Akiba Gongen 秋葉権現 ^ Gottheit des Berges Akiha, ein Shugendō-Zentrum im heutigen Shizuoka; hat die Gestalt eines tengu
  • Ame no Uzume 天鈿女/天宇受賣 ^ mythologische Gottheit, Ahnherrin des Theaters
  • daitengu 大天狗 ^ wtl. Groß-tengu; tengu in Menschengestalt mit langer Nase
  • dōsojin 道祖神 ^ Wegegott, auch sae no kami; volksrel. Figuren, manchmal in phallischer Form
  • Edo 江戸 ^ Hauptstadt der Tokugawa-Shōgune, heute: Tōkyō; auch: Zeit der Tokugawa-Dynastie, 1600–1867 (= Edo-Zeit);
  • ema 絵馬 ^ Votivbild; wtl. Bild-Pferd
  • Fudō Myōō 不動明王 ^ prominentester japanischer myōō (Mantra-König), wtl. „der Unbewegliche“
  • Fukurokuju 福禄寿 ^ Glücksgott, Gott des Langen Lebens
  • Garuḍa (skt.) गरुड ^ Vogelmensch (jap. karura 迦楼羅)
  • gigaku 伎楽 ^ Masken/Tanz-Theater, das im 7. Jh. aus China über Korea nach Japan gelangte
  • Go-Daigo 後醍醐 ^ 1288–1339 (r. 1318–1339); Tennō der späten Kamakura-Zeit, der versuchte, die pol. Autorität des Kaiserhofes wieder herzustellen.
  • Go-Shirakawa Tennō 後白河天皇 ^ 1127–1192; 77. Kaiser von Japan (r. 1155–1158); stellte vor allem als Exkaiser im Mönchsstand ein wichtiges politisches Gegengewicht zu den Diktatoren Taira no Kiyomori und Minamoto no Yoritomo dar
  • Heian 平安 ^ auch Heian-kyō 平安京, „Stadt des Friedens“; politisches Zentrum 794–1185 (= Heian-Zeit)
  • Hiei-zan 比叡山 ^ Klosterberg Hiei bei Kyōto, traditionelles Zentrum des Tendai Buddhismus
  • Izuna Gongen 飯縄権現 ^ Gottheit in tengu-Gestalt
  • kappa 河童 ^ Flussgeist, wtl. „Flussjunge“
  • karasu tengu 烏天狗 ^ tengu in Krähen-(bzw. Vogel-)Gestalt
  • karura 迦楼羅 ^ Vogelmensch; von skt. garuda
  • Konjaku monogatari 今昔物語 ^ „Geschichten aus alter und neuer Zeit“ (12. Jh.); umfangreiche Sammlung von Geschichten und Anekdoten, meist aus einem buddhistischen Kontext
  • Mii-dera 三井寺 ^ Tendai-Tempel am Biwa-See in Shiga-ken; wtl. Drei-Quellen-Tempel
  • Minamoto no Yoshitsune 源義経 ^ 1159–1189; japanischer Feldherr und Halbbruder von Minamoto no Yoritomo
  • nāga (skt.) नाग ^ „Schlange, Kobra“, indische Schlangengottheit (jap. naka 那伽)
  • nanban 南蛮 ^ „südliche Barbaren“, Edo-zeitl. Ausdruck für Europäer
  • Nihon shoki 日本書紀 ^ Zweitältestes Schriftwerk und erste offizielle Reichschronik Japans (720)
  • Ninigi 瓊瓊杵 ^ mytholog. Gottheit, Enkel Amaterasus
  • oni^ Dämon, „Teufel“; in sino-japanischer Aussprache (ki) ein allgemeiner Ausdruck für Geister
  • Sarutahiko 猿田彦 ^ Mythologische Gottheit in tengu-ähnlicher Gestalt
  • Shugendō 修験道 ^ gemischt-rel. Bergkult, Orden der yamabushi
  • shunga 春画 ^ wtl. „Frühlingsbilder“; Gemälde und Druckwerke mit expliziten sexuellen Darstellungen
  • Sōjōbō 僧正坊 ^ wtl. in etwa „Erzabt“; der buddhistische Titel ist aber in erster Line als Eigennamen eines tengu-Königs bekannt; Minamoto no Yoshitsune soll von diesem tengu die Kunst des Schwertkampfes erlernt haben
  • Taiheiki 太平記 ^ Historisches Epos aus dem späten 14. Jh., behandelt den Konflikt zwischen Nördlichem und Südlichem Kaiserhof
  • Takao-san 高尾山 ^ Berg Takao, rel. Zentrum im Westen Tōkyōs
  • tengu 天狗 ^ wtl. Himmelshund; vogelartiger oder geflügelter Kobold, meist in den Bergen
  • Tengu zōshi 天狗草紙 ^ fragmentarisch erhaltene Bildrolle aus der Kamakura-Zeit (1296), in deren Mittelpunkt als tengu dargestellte, unmoralische Mönche stehen
  • tiangou (chin.) 天狗 ^ wtl. Himmelshund; mythol. Gestalt der chin. Kosmologie, Namensgeber des japanischen tengu
  • ukiyo-e 浮世絵 ^ „Bilder der fließenden Welt“, populäre Farbholzschnitte der Edo-Zeit
  • yamabushi 山伏 ^ Bergasket, wtl. der in den Bergen schläft; Praktikant des Shugendō
  • yōkai 妖怪 ^ Fabelwesen, Geisterwesen, Gespenster
  • Zegai-bō 是界坊 ^ diabolischer tengu