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Version vom 11. Juli 2020, 11:43 Uhr
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Was die gegen·wärtige japanische Ge·sell·schaft betrifft, ist es kaum möglich, ver·bindliche, von der gesamten Be·völkerung geteilte Auf·fassungen über das Jenseits in Kürze zusammenzufassen: Neben buddhis·tischen und volks·reli·giösen Vor·stellungen mischen sich sowohl christliche Ideen als auch science fiction-Motive in die Jenseits·bilder der modernen Japaner. So wie die Religion als Ganzes haben sich auch die Bilder des Jenseits privatisiert: Jeder hat seine eigene Vorstellung vom Jenseits.
Edo-Zeit. Emakimono database, Nichibunken.
Es gibt jedoch altein·gesessene traditio·nelle Vorstellungen, die noch heute wirksam sind. Sie stellen ein un·er·schöpf·liches Reservoir für die soge·nannten Neuen Religionen dar und erhalten darüber hinaus in der Welt der Manga und Anime immer wieder neue Aktualität. Diese traditionellen Jenseitsbilder sind überwiegend vom Bud·dhis·mus geprägt. Das hängt u.a. mit dem bereits er·wähnten „arbeits·teiligen“ Ver·hältnis von Buddhismus [bukkyō (jap.) 仏教 Lehre des Buddha, Buddhismus] und Shintō [Shintō (jap.) 神道 Shintō; wtl. Weg der Götter, Weg der kami] zu·sam·men, nach dem die Götter des Shintō vor·rangig für den Bereich des Dies·seits und das unmit·telbare Wohler·gehen, die buddhis·tischen Heils·gestal·ten dagegen eher für den Tod und das Jen·seits zuständig sind (s. Grundbegriffe, Shintō).
Topographie des Jenseits
Philosophisch gesehen gibt es im Buddhismus nur ein ab·solutes Jenseits — das Nirvana [Nirvāṇa (skt.) निर्वाण „Erloschen, ausgelöscht“, Ort der Erlösung von allem Leid, absolutes Jenseits (jap. Nehan 涅槃)], das in der voll·ständigen Aus·löschung alles Dies·seitigen besteht. Alles andere, auch die Wege der Toten·seelen von einer Wieder·geburt zur nächsten, gehört zum Dies·seits (Samsara [Saṃsāra (skt.) संसार „Beständiger Fluss“, Kreislauf der Wiedergeburten, Diesseits (jap. Rinne 輪廻)] = Kreislauf der Wiedergeburten) und führt letzt·lich zu neuen, leid·vollen Existenzen (s. Grundbegriffe, Buddhismus). In der Praxis kennt jedoch auch der Bud·dhis·mus ein sichtbares, unmittelbar erfahrbares Diesseits und ein unsichtbares Jenseits, in dem sich Geister und Totenseelen aufhalten. Es gibt darüber hinaus ein Paradies (gokuraku [gokuraku (jap.) 極楽 wtl. höchstes Glück; Paradies; identisch mit dem Reinen Land (jōdo)]), das die Vorstufe zum Nirvana darstellt, und es gibt eine Hölle (jigoku [jigoku (jap.) 地獄 wtl. „[unter]irdischer Kerker“, buddhistische Hölle]).
Die Sechs Bereiche der Wiedergeburt
Das Gesetz des Karma [Karma (skt.) कर्म „Tat“, auch „konsequente Folge“; moralische Bilanz der gesetzten Handlungen (jap. gō 業)] regelt genau genommen nur jenen Bereich des Samsara, den man die Welt der Begierden (skt. Kamadhatu) nennt. Dieser Bereich unterteilt sich weiter in die so·ge·nannten Sechs Wege (rokudō [rokudō (jap.) 六道 wtl. die Sechs Wege = Bereiche der Wiedergeburt]). Das sind sechs Existenz·formen, in die man hin·ein·geboren werden kann, je nachdem, ob man in ver·gangenen Leben gutes oder schlechtes Karma angehäuft hat. Diese Existenz·formen sind:
- Götter (devas [deva (skt.) देव „Gottheit“, oberste Klasse indischer Götter (jap. -ten 天 oder tenbu 天部)]), die im Buddhismus sterblich sind
- Kriegergeister (jap. (a)shura [ashura (jap.) 阿修羅 kämpfende Geister, eine von sechs Formen der Wiedergeburt; skt. asura; auch shura] von skt. asura)
- Menschen
- Tiere
- Hungergeister (jap. gaki [gaki (jap.) 餓鬼 Hungergeist; skt. preta], skt. preta)
- Hölle, die sich wiederum in acht Einzelhöllen unterteilt
Vorlage:Sidebox3 Wie anhand der Sanskrit·termini zu erkennen, stammen die Bereiche der Wieder·geburt aus dem indischen Bud·dhis·mus und reflek·tieren dort gängige reli·giöse Vor·stel·lungen. Diese haben sich in China und Japan unter·schied·lich stark ein·ge·heimatet. Von den Krieger·geistern ist relativ wenig zu hören und zu sehen. Auch die Mög·lich·keit, als (hinduistischer) Gott wieder·geboren zu werden, exis·tiert in erster Linie in der Theo·rie. Die Menschen erleben das Leid, das im Grunde alle sechs Existenz·formen prägt, zwar inten·siver als Götter und Krie·ger·geister, doch ist das Poten·tial, aus dem Gebur·ten·kreis·lauf aus·zu·treten, in der Welt der Menschen höher. Insofern ist die Hierarchie zwischen den oberen drei Berei·chen der Wieder·geburt auch nicht ein·deutig zu be·stimmen.
Tiere, Hunger·geister und Höllen·wesen sind hingegen als direkte Konse·quenz der karmi·schen Bestra·fung anzu·sehen und zwar in zuneh·mend nega·tiver Form. (Imaginäre Tiere, die den Menschen ja grund·sätzlich über·legen sind, scheinen im übri·gen eher dem Weg der Gott·heiten anzugehören.) Obwohl Hunger·geis·ter und Höllen·we·sen den Menschen nicht sichtbar sind, machte man sich in China und Japan sehr kon·krete Vor·stel·lungen von ihnen und wid·mete ihnen sowohl rituell als auch ikono·graphisch große Auf·merk·sam·keit. Ähn·lich wie in den christ·lichen Höllen·darstel·lungen galt dabei den Schrecken der Hölle das Haupt·augenmerk.
Die Zehn Welten
Über den Sechs Wegen gibt es noch Vier Stufen der Buddha·schaft, sodass man das bud·dhis·tische Universum auch in Zehn Welten (jap. jukkai [jukkai (jap.) 十界 Zehn Welten des buddhistischen Jenseits; auch jikkai ausgesprochen]) unterteilt findet. Das folgende Bild, das dieses Universum zur Gänze repräsentiert, nennt sich daher auch Mandala der Zehn Welten (jukkai mandara).
Hängerollbild, Edo-Zeit, 17. Jh.
Auf diesem Bild sind die positiveren Bereiche der Wiedergeburt, einschließ·lich Amidas [Amida (jap.) 阿弥陀 Buddha Amitabha; Hauptbuddha der Schulen des Reinen Landes (Jōdo-shū bzw. Jōdo Shinshū)] Paradies, in der oberen Bild·hälfte zu sehen, während die nega·ti·ven Be·reiche im unteren Teil zu finden sind. Die Welt der Menschen ist durch eine Lebens·treppe ver·sinn·bild·licht, die von der Geburt bis zum Tod reicht. In der Mitte des Bildes ist ein Toten·ritual dar·ge·stellt. Das Bild ver·deut·licht somit den Einfluss, den bud·dhis·tische Rituale auf das Schick·sal der Ver·stor·benen im Jen·seits haben können.
In der unteren Bildhälfte mischen sich die Welt der Krie·ger·geis·ter (ashura), der Gerichts·hof Enmas (s.u.), die Welt der Tiere und der Hun·ger·geister. Die Be·reiche der Hölle (jigoku) nehmen einen be·son·ders pro·minen·ten Platz ein. Als klei·nen Hoff·nungs·schim·mer er·kennt man unter allen grauen·vollen Mons·tern aber auch den Bodhi·sattva Jizō [Jizō (jap.) 地蔵 wtl. Schatzhaus/Mutterleib der Erde; skr. Kṣitigarbha; populäre Bodhisattva Figur] in der Vor·hölle der Kinder (Sai no Kawara [Sai no Kawara (jap.) 賽の河原 Ufer des Flusses der Unterwelt]), denn zu Kin·dern hat dieser Bodhi·sattva ein be·son·deres Nahe·ver·hält·nis (s. Jizō im Kapitel „Ikono·graphie“). Links unten kann man ihn ein zweites Mal erken·nen, wie er zwei Ver·stor·bene aus der Hölle hinaus ge·leitet. Ein interes·san·tes Detail am Rande: Die ein·zel·nen Wel·ten in der obigen Ab·bil·dung sind mit torii [torii (jap.) 鳥居 Torii, Schreintor; wtl. „Vogelsitz“; s. dazu Torii: Markenzeichen der kami] mar·kiert, wie sie heute nur vor Shintō-Schrei·nen zu finden sind. Die torii stellen gleichsam die Ein·gänge zu den je·wei·ligen Welten dar.
Auf dem Bild unten sind die gleichen Zehn Welten etwas schema·tischer dar·ge·stellt. Ein·zel·ne ikono·graphi·sche Details, wie etwa der Mönch Mokuren [Mokuren (jap.) 目連 Schüler des Buddha; skt. Maudgalyayana; errettet seine Mutter aus der Hölle] bei sei·nem Besuch der Toten·welt, sind aber hier wie dort zu finden. Auch hier steht im Zent·rum das Schrift·zei·chen für „Herz“ 心 (auch „Seele“ oder „Bewusst·sein“), von dem die Zehn Welten aus·zu·gehen scheinen.
Die Entstehung der Zehn Welten
Die Zehn Welten repräsentieren die Hierarchie aller fühlenden Wesen auf dem Weg zur vollkommenen Buddhaschaft. Gemäß der Abbildung, die die Terminologie des Tendai-Buddhismus wiedergibt, sind dies von unten nach oben:
- Hölle (jigoku [jigoku (jap.) 地獄 wtl. „[unter]irdischer Kerker“, buddhistische Hölle])
- Hungergeister (gaki [gaki (jap.) 餓鬼 Hungergeist; skt. preta])
- Tiere (chikushō)
- Kriegergeister (shūra)
- Menschen (ninkai)
- [Deva]-Götter (tenkai; hier: tenjo, „Himmelsfrauen“)
- [Buddha]-Schüler (shōmon, skt. shravaka)
- Pratyeka-Buddhas (enkaku)
- Bodhisattvas
- Buddhas
Die ersten sechs werden als die sechs Bereiche der Wiedergeburt (rokudō) bezeichnet, die weiteren vier sind die erstrebenswerten Bereiche, außerhalb des Kreislaufs der Wiedergeburten. Bereiche 7 und 8 entsprechen den in China und Japan marginalisierten Vorstellungen des „Kleinen Fahrzeugs“ (Hinayana [Hīnayāna (skt.) हीनयान „Kleines Fahrzeug“, buddhistische Richtung (jap. Shōjō 小乗)]), Bereiche 9 und 10 denen des „Großen Fahrzeugs“ (Mahayana [Mahāyāna (skt.) महायान „Großes Fahrzeug“, buddhistische Richtung (jap. daijō bukkyō 大乗)]).
Die Zehn Welten sind kreisförmig um ein Zentrum mit dem Schriftzeichen für „Herz“ (auch „Seele“ oder „Bewusstsein“) angeordnet, aus dem sie, wie der Bildtitel besagt, „entstehen“.
Die buddhistische Totenwelt
Im Augen·blick des Todes gibt es nach gängigen buddhis·tischen Vor·stel·lungen zunächst zwei Möglich·keiten: Die erste besteht darin, direkt ins Nirvana oder in eine seiner Vorstufen, etwa das sogenannte Reine Land ein·zu·gehen und damit aus dem Zyklus der Wieder·geburten aus·zu·treten. Dieser Fall ist zwar eher un·wahr·schein·lich, die meisten Richtungen des japanischen Buddhismus erachten ihn aber prinzipiell für jeden, Mönch oder Laien, als möglich. (s. dazu Paradiese.)
Die Mehrheit der Verstorbenen wird jedoch „wiedergeboren“, d.h. sie muss sich erneut den Leiden der irdischen Existenz aus·setzen. Zu·nächst muss aber geprüft werden in welchen Bereich der Wieder·geburt der Ver·storbene nun kommen soll. Dies wird von einem eigenen Gerichts·hof entschieden, der sich in einer Art Zwischen·welt innerhalb der Sechs Wege der Wiedergeburt befindet. Oberster Richter bzw. König dieser Unterwelt ist Enma [Enma (jap.) 閻魔 skt. Yama; König oder Richter der Unterwelt; auch Enra; meist als Enma-ten oder Enma-ō angesprochen] (skt. Yama [Yama (skt.) यमराज Gottheit der Unterwelt und des Todes (jap. Enma 閻魔)]).
Enma, Richter der Unterwelt
Vorlage:Sidebox3 Enma, der zumeist von diversen furcht·ein·flößenden Schergen assistiert wird, repräsentiert, wenn man so will, den Gesetzes- und Polizei·apparat im buddhis·tischen Universum. Er besitzt einen Spiegel, der ihm über die Taten des „Angeklagten“ Aus·kunft gibt, oder er befragt zwei Geister, die jeden Sterblichen auf seinem Lebens·weg begleiten und Protokolle seiner guten und schlechten Taten an·legen. Enma ist nicht böse, aber er ist streng. Versucht man, ihn mit den buddhistischen Grund-Dogmen zu erklären, so könnte man in ihm die un·er·bittliche Konsequenz des Karma [Karma (skt.) कर्म „Tat“, auch „konsequente Folge“; moralische Bilanz der gesetzten Handlungen (jap. gō 業)] erblicken.
13. Jh. Kyōto National Museum.
Enmas Ikono·graphie stammt aus China, obwohl die Figur selbst indische Wurzeln hat. In Japan lässt sich über die Jahrhunderte eine gewisse Tendenz erkennen, Enma immer stärker zu dämonisieren. Sein strafender Aspekt wird dadurch ver·stärkt, dass er die Gesichtszüge indischer Wächtergötter bekommt, doch richtet sich sein Zorn nicht gegen äußere Feinde des Buddhismus, sondern gegen gewöhnliche Sterbliche, die vom Pfad buddhistischer Tugenden abgewichen sind.
Die Zehn Könige
China, 10. Jh. Intenational Dunhuang Project, (British Library).
Einer etwas anderen Vorstellung zufolge ist Enma lediglich einer von Zehn Königen bzw. Richtern, die jeweils über einen eigenen Gerichts·hof des Toten·reichs herrschen und vor denen die Ver·storbenen der Reihe nach Rede und Antwort stehen müssen. Die Einzel·heiten der Zehn Richter·könige sind in China ent·wickelt worden und auch auf japa·nischen Ab·bildungen tragen die Richter meist ein chine·sisches Gewand und eine cha·rak·teris·tische Kappe mit zwei seitwärts abste·henden „Ohren“, die sie als Ange·hörige des chine·sischen Beam·tenap·para·tes charak·terisiert. Die Ab·bildung links zeigt ein Detail aus dem chinesi·schen Sutra der Zehn Könige (jap. Jūō-kyō [Jūō-kyō (jap.) 十王経 „Sutra der Zehn Könige“; apokryphe chinesische Schrift aus China, 8. oder 9.Jh.]), in dem der Ge·richts·hof im bud·dhis·tischen Jen·seits in vielen Ein·zel·hei·ten gemäß der Tang [Tang (chin.) 唐 chin. Herrschaftsdynastie, 618–907]-zeit·lichen chine·si·schen Rechts·praxis dar·ge·stellt wird. Das Bild ent·stammt einer Schrift·rolle aus dem zehnten Jahr·hundert, die in den Höh·len·tem·peln von Dunhuang [Dunhuang (chin.) 敦煌 Oasenstadt an der Seidenstraße zwischen dem Tarim-Becken und China; zumeist von China, aber zeitweise auch von Tibet beherrschtes Handelszentrum; buddhistisches Zentrum mit ausgedehnten Höhlentempeln] ge·funden wurde.
Datsueba
Eine weitere Gestalt, die über das Schicksal der Totenseele ent·scheidet, ist die Datsueba [Datsueba (jap.) 奪衣婆 wtl. die Alte, die die Kleider wegnimmt; Dämonin des Totenreichs], die „Alte, die den Toten das Gewand aus·zieht“. Sie sitzt am Ufer der „Drei Furten“ (Sanzu), die auf dem Weg zur Totenwelt über·schritten werden müssen. Wenn die Toten diese Furten durch·schritten haben, zieht sie ihnen ihre nassen Kleider aus und hängt sie neben sich an einen Baum, der als eine Art Waage fungiert. Je tiefer die Äste durch das Gewand der Toten herab·gebogen werden, umso schwerer die Sünden und umso schreck·licher die Foltern, die den Verstorbenen erwarten.
Die Vorstellung der Datsueba dürfte in Japan entstanden sein. Sie findet sich jeden·falls nicht in chinesischen Unter·welt·dar·stel·lungen, während sie in Japan ab der Kamakura [Kamakura (jap.) 鎌倉 Stadt im Süden der Kantō Ebene, Sitz des Minamoto Shōgunats 1185–1333 (= Kamakura-Zeit)]-Zeit ein gängiges Motiv des Jenseits·glaubens darstellt.
Außerbuddhistische Vorstellungen
Neben buddhistischen Vorstellungen findet sich in japanischen Geschichten und Legenden auch die daoistische Insel der Un·sterb·lich·keit, die irgendwo weit draußen auf dem Meer zu finden sein soll. Dieser Glaube hat in vielen volks·religiösen Bräuchen Ein·gang gefunden. Auch das Schatz·schiff der Sieben Glücksgötter (Shichi Fukujin [Shichi Fukujin (jap.) 七福神 Sieben Glücksgötter; populäres Ensemble von Glücksgöttern verschiedener Herkunft]) und der Palast des Drachenkönigs stehen wohl irgendwie mit diesem über·seeischen Paradies in Verbindung.
In den alten Mythen begegnen wir vor allem dem Schattenreich Yomi [Yomi (jap.) 黄泉 mytholog. Unterwelt; geschrieben mit den Zeichen „Gelbe Quellen“, eine chinesische Bezeichnung für die Unterwelt], das Izanami [Izanami (jap.) 伊耶那美/伊奘冉 Göttermutter, Göttin der Unterwelt (mi hier weibliche Endung); Schwester und Frau des Izanagi] nach ihrem Tod be·herrscht. Ähnlich wie bei den Griechen und Römern gibt es im ja·pa·nischen Mythos zwar die strahlende Welt der Götter, doch ist diese den ge·wöhn·lichen Sterblichen un·zu·gäng·lich. Inwieweit im vorbuddhistischen Japan auch positive Jenseits·vor·stel·lungen vorhanden waren, wurde schon inner·halb der Kokugaku-Schule im ach·zehnten und neun·zehnten Jahr·hundert heftig diskutiert. Motoori Norinaga [Motoori Norinaga (jap.) 本居宣長 1730–1801; Shintō-Gelehrter der „nationalen Schule“ (kokugaku)] (1730–1801) wies darauf·hin, dass die Mythen nur ein pessimistisches Jenseits kennen. Dem·gegen·über suchte Hirata Atsutane [Hirata Atsutane (jap.) 平田篤胤 1776–1843; kokugaku-Gelehrter] (1776–1843) nach positiven Jenseits·bildern im Volks·glauben und vertrat die Ansicht, dass diese den ursprünglichen Shintō wider·spiegeln würden. Heute neigen viele Gelehrte eher zu Norinagas Auf·fassung und sehen in Atsutanes Position einen pro·pa·gan·dis·tischen Versuch, den Shinto gegenüber dem Buddhismus auf·zu·werten. Wahrscheinlich gab es aber auch hier, ebenso wie in anderen Bereichen, starke regionale Unter·schiede innerhalb der vor·bud·dhis·tischen Religion.
Verweise
Verwandte Themen
- Hundert Geschichten: Horrorklassiker aus der Edo-Zeit
- Honji suijaku: Die Angleichung von Buddhas und kami
- Shintō: Versuch einer Begriffsbestimmung
- Jizō Bosatsu
- Wächtergötter und andere gestrenge Herren
- Ashura, kriegerische Geister
- Höllen und Höllenbilder
- Hungergeister
- Mandala der Zehn Welten
- Paradiese und Reine Länder
- König Enma und sein Totengericht
Internetquellen
- Emakimono database, International Research Center for Japanese Studies (Nichibunken) - Kyoto (jap.)
Sehr attraktiv gestaltete Website, auf der mehrere Edo-zeitliche Bildrollen (emaki) zu Themen wie Jenseits oder Gespenster vollständig zu betrachten sind. Leider keine genauen bibliographischen Angaben.
Literatur
Siehe insbesondere die ikonographischen Beschreibungen der Hölle.
Bilder
- ^ Zwei Totenseelen auf dem Weg in Jenseits, am Kreuzungspunkt der Sechs Wege (rokudō).
Edo-Zeit. Emakimono database, Nichibunken. - ^ Im oberen Teil eine Lebenstreppe, die das menschliche Leben von der Geburt bis zum Tod darstellt. Darunter Amidas Reines Land (jōdo), der Gerichtshof Enmas, und schließlich, in der unteren Bildhälfte, die Hölle (jigoku).
Edo-Zeit, 17. Jh. Bildquelle: unbekannt. - ^ Gerichtshof des Königs der Totenwelt, Enma (chin. Yanlou).
Im Hintergrund Enma und zwei weitere Richter, im Vordergrund der Urteilsverkünder und der Schreiber.
13. Jh. Kyōto National Museum.
- ^ Hier wird der Gerichtshof im buddhistischen Jenseits in vielen Einzelheiten gemäß dem Tang-zeitlichen Sutra der Zehn Könige (Jūō-kyō) dargestellt. Hier die Szene vor dem Zweiten König. Die Totenseelen werden durch einen Fluss getrieben. Sie tragen hölzerne Joche, werden also als Delinquenten gemäß der vormodernen chinesischen Rechtspraxis dargestellt.
China, 10. Jh. Intenational Dunhuang Project, (British Library). - ^ Darstellung der „Alten, die die Kleider auszieht“ Datsueba.
Muromachi-Zeit. Gofuku-ji, via Web Archive.
Glossar
- Nihon ryōiki 日本霊異記 ^ „Wundersame Begebenheiten aus Japan“; buddhistische Legendensammlung von Kyōkai (Anfang 9. Jh.)
- pratyeka buddha (skt.) प्रत्येकबुद्ध ^ „Einzel-Buddha“, Buddha, der für sich selbst zur Erleuchtung gelangt, ohne zu lehren (jap. enkaku 縁覚)
- Sanzu no Kawa 三途の川 ^ wtl. Fluss der Drei Furten; Fluss zwischen den Welten der Lebenden und der Toten
- Shichi Fukujin 七福神 ^ Sieben Glücksgötter; populäres Ensemble von Glücksgöttern verschiedener Herkunft
- Taishaku-ten 帝釈天 ^ Skt. Indra, eine der wichtigsten Gottheiten (deva) der indischen Mythologie. In Japan meist mit Brahma (jap. Bonten) in einem Atemzug genannt