Geschichte/Staatsshinto: Unterschied zwischen den Versionen

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{{fl|D}}ie Errichtung des japanischen Nationalstaats nach westlichem Muster begann mit der so·ge·nannten Meiji-Restau·ration ({{glossar:meijiishin}}). Diese hatte jedoch zunächst ganz andere Ziele als die „Verwest·lichung“ Japans. Der poli·tische Um·bruch zwischen 1867 und 68 wird genau des·halb als „Restauration“ be·zeichnet, weil er von dem Ideal ge·tragen war, zu den poli·tischen Ver·hältnis·sen des alten Japan, also zu einer zentra·listi·schen Monarchie rund um den {{Glossar:Tennou}} zurück·zu·kehren. Nach Jahr·hunder·ten der Be·deutungs·losig·keit sollte der kaiserliche Hof, angeführt vom jungen {{glossar:meijitennou}}, wieder ins Zentrum der poli·tischen Macht gerückt werden. Dieses poli·tische Ziel sollte durch eine (Wieder-)Ver·eini·gung von Shinto-Ritus und poli·tischer Gewalt ({{glossar:saiseiitchi}}) erfolgen. Das ideo·logi·sche System, das sich um diese poli·tische Ziel·set·zung heraus·bildete,  bezeich·net man heute als Staats·shinto,  jap. {{glossar:kokkashintou}}.  
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{{fl|D}}ie Errichtung des japanischen National·staats nach westlichem Muster begann mit der so·ge·nannten Meiji-Restau·ration ({{glossar:meijiishin}}). Diese hatte jedoch zunächst ganz andere Ziele als die „Verwest·lichung“ Japans. Der poli·tische Um·bruch zwischen 1867 und 68 wird genau des·halb als „Restauration“ be·zeichnet, weil er von dem Ideal ge·tragen war, zu den poli·tischen Ver·hältnis·sen des alten Japan, also zu einer zentra·listi·schen Monarchie rund um den {{Glossar:Tennou}} zurück·zu·kehren. Nach Jahr·hunder·ten der Be·deutungs·losig·keit sollte der kaiserliche Hof, angeführt vom jungen {{glossar:meijitennou}}, wieder ins Zentrum der poli·tischen Macht gerückt werden. Dieses poli·tische Ziel sollte durch eine (Wieder-)Ver·eini·gung von Shintō-Ritus und poli·tischer Gewalt ({{glossar:saiseiitchi}}) erfolgen. Das ideo·logi·sche System, das sich um diese poli·tische Ziel·set·zung heraus·bildete,  bezeich·net man heute als Staats·shintō,  jap. {{glossar:kokkashintou}}.  
  
Im Hintergrund der Forderung nach einer neuen politischen Auto·rität stand u.a. die Bedro·hung durch west·liche Mächte, die  spätestens im Jahr 1853 in Gestalt der „Schwarzen Schiffe“ ({{glossar:kurobune}}) des ameri·kani·schen Admirals {{g|Perrymatthew |Matthew Perry}} für die gesamte japa·nische Öffent·lich·keit sichtbar wurde (s. [[Geschichte/Bakumatsu| Bakumatsu-Zeit]]). Eine effek·tive Maß·nahme gegen diese Bedro·hung wurde immer weniger vom Shōgun und immer mehr vom Tennō erwartet. Ein bekann·ter Slogan aus den letzten Jahren der {{glossar:Edo}}-Zeit, der diese Erwar·tungs·hal·tung charak·terisiert, lautete: „Ehre dem Tennō, fort mit den Barbaren“ ({{glossar:sonnoujoui}}).  
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Im Hinter·grund der Forderung nach einer neuen politischen Auto·rität stand u.a. die Bedro·hung durch west·liche Mächte, die  spätestens im Jahr 1853 in Gestalt der „Schwarzen Schiffe“ ({{glossar:kurobune}}) des ameri·kani·schen Admirals {{g|Perrymatthew |Matthew Perry}} für die gesamte japa·nische Öffent·lich·keit sichtbar wurde (s. [[Geschichte/Bakumatsu| Bakumatsu-Zeit]]). Eine effek·tive Maß·nahme gegen diese Bedro·hung wurde immer weniger vom Shōgun und immer mehr vom Tennō erwartet. Ein bekann·ter Slogan aus den letzten Jahren der {{glossar:Edo}}-Zeit, der diese Erwar·tungs·hal·tung charak·terisiert, lautete: „Ehre dem Tennō, fort mit den Barbaren“ ({{glossar:sonnoujoui}}).  
  
 
== Tradition und Moderne ==
 
== Tradition und Moderne ==
  
Die Ideen des Staatsshinto wurden u.a. von der {{Glossar:kokugaku}} („Nationale Schule“) und der Mito Schule ({{glossar:mitogaku}}) formuliert, die sich im Laufe des neun·zehnten Jahr·hun·derts zu·neh·mend politi·siert hatten und den Umsturz der feudalen Ver·hält·nisse unter dem Toku·gawa Shōgunat ideo·logisch vor·berei·teten. Die Gelehrten dieser Schulen er·achte·ten das klassi·sche Alter·tum als eine Art gol·denes Zeit·alter, in dem sowohl der Tennō als auch die {{glossar:kami|Kami}} von allen Japa·nern als natur·gege·bene Auto·ritä·ten an·er·kannt wurden, ohne dass explizite Gesetze oder Glau·bens·lehren von Nöten gewe·sen wären. Diese selbst·ver·ständ·liche An·erken·nung einer religiös-politi·schen Ordnung wurde als die Essenz des {{Glossar:Shintou|Shinto}}, des Weges der Kami, ange·sehen. Aus Sicht der ''kokugaku'' impli·zierte Shinto somit die Idee eines sakra·len König·tums. Auch diese Idee wurde durch das erwähnte Schlagwort ''saisei itchi'', die Einheit von Religion/Ritus und Staat/Verwaltung, ausgedrückt.  
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Die Ideen des Staats·shintō wurden u.a. von der {{Glossar:kokugaku}} („Nationale Schule“) und der Mito-Schule ({{glossar:mitogaku}}) formuliert, die sich im Laufe des neun·zehnten Jahr·hun·derts zu·neh·mend politi·siert hatten und den Umsturz der feudalen Ver·hält·nisse unter dem Toku·gawa Shōgunat ideo·logisch vor·berei·teten. Die Gelehrten dieser Schulen er·achte·ten das klassi·sche Alter·tum als eine Art gol·denes Zeit·alter, in dem sowohl der Tennō als auch die {{g|kami}} von allen Japa·nern als natur·gege·bene Auto·ritä·ten an·er·kannt wurden, ohne dass explizite Gesetze oder Glau·bens·lehren von Nöten gewe·sen wären. Diese selbst·ver·ständ·liche An·erken·nung einer religiös-politi·schen Ordnung wurde als die Essenz des {{Glossar:Shintou|Shintō}}, des Weges der ''kami'', ange·sehen. Aus Sicht der ''kokugaku'' impli·zierte Shintō somit die Idee eines sakra·len König·tums. Auch diese Idee wurde durch das erwähnte Schlag·wort ''saisei itchi'', die Einheit von Religion/Ritus und Staat/Verwaltung, ausgedrückt.  
  
Die Utopien, die Japan Mitte des neunzehnten Jahrhunderts veränderten, waren also primär auf die Ver·gangen·heit gerichtet. Auch die sieg·reichen Refor·mer der Meiji-Zeit standen zu·nächst in dieser Tradition. Die Meiji Restau·ration unter·schied sich in diesem Punkt von den bürger·lichen Revolu·tionen, die Europa zu dieser Zeit bewegten, wurden diese doch im Namen einer wie immer gear·teten „Freiheit“ durch·geführt. In Japan, wo eine äußere Bedro·hung den Anlass zur Verän·derung lieferte, stand anstelle dieser Freiheit Nostalgie.  
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Die Utopien, die Japan Mitte des neun·zehnten Jahr·hunderts veränderten, waren also primär auf die Ver·gangen·heit gerichtet. Auch die sieg·reichen Refor·mer der Meiji-Zeit standen zu·nächst in dieser Tradition. Die Meiji Restau·ration unter·schied sich in diesem Punkt von den bürger·lichen Revolu·tionen, die Europa zu dieser Zeit bewegten, wurden diese doch im Namen einer wie immer gear·teten „Freiheit“ durch·geführt. In Japan, wo eine äußere Bedro·hung den Anlass zur Verän·derung lieferte, stand anstelle dieser Freiheit Nostalgie.  
  
 
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Trotz dieser unterschiedlichen Ausgangsbedingungen führten die politischen Veränderungen in Europa und Japan gleicher·maßen zur Besin·nung auf nationale Werte. Obwohl dies eigentlich nationale Divergenzen begünstigen sollte, bewegten sich Japan und die westlichen Staaten hinsichtlich ihrer gesellschaftlichen Entwicklung weiter auf einander zu. Dies wird auch aus dem „[[{{FULLPAGENAME}}/5-Artikel-Eid|Fünf-Artikel-Eid]]“ von 1868 deutlich, der den Minimal-Konsens des neuen Regimes im Jahr 1868 formulierte und besiegelte. Aus diesem Dokument spricht einerseits das Vorhaben, neue Bevölkerungsschichten an politischen Entscheidungsprozessen teilhaben zu lassen, andererseits sollen „die Unsitten der Vergangenheit“ überwunden und Wissen aus aller Welt nutzbar gemacht werden. Dies markiert die ideologische Umkehr von einer rein traditionalistischen Verteidigung „alter Werte“ zu einem pragmatischen Umgang mit globalen Trends.  
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Trotz dieser unter·schiedlichen Aus·gangs·bedingungen führten die politischen Ver·änderungen in Europa und Japan gleicher·maßen zur Besin·nung auf nationale Werte. Obwohl dies eigentlich nationale Diver·genzen begünstigen sollte, bewegten sich Japan und die westlichen Staaten hinsichtlich ihrer gesellschaftlichen Entwicklung weiter auf einander zu. Dies wird auch aus dem „[[{{FULLPAGENAME}}/5-Artikel-Eid|Fünf-Artikel-Eid]]“ von 1868 deutlich, der den Minimal-Konsens des neuen Regimes im Jahr 1868 formulierte und besiegelte. Aus diesem Dokument spricht einerseits das Vor·haben, neue Be·völkerungs·schichten an politischen Entscheidungs·prozessen teilhaben zu lassen, andererseits sollen „die Unsitten der Vergangenheit“ überwunden und Wissen aus aller Welt nutzbar gemacht werden. Dies markiert die ideologische Umkehr von einer rein tradi·tionalistischen Verteidigung „alter Werte“ zu einem prag·matischen Umgang mit globalen Trends.  
  
Ein wichtiger Motor dieser konvergenten Veränderungen war die sogenannte „industrielle Revolution“. Diese entstand zwar in Europa, wurde aber von Japan mit nur geringfügiger Verspätung aufgenommen und mitgetragen. Nach dem erwähnten Kontakt mit den Schwarzen Schiffen (1853/54) bildete sich langsam ein allgemeiner Konsens, dass ein zu großer technischer Rückstand gegenüber den westlichen Mächten früher oder später zur Kolonia·lisierung führen würde. Daher begann die tech·nische Aufrüstung des Militärs mit westlichen Waffen (v.a. mit Kriegs·schiffen) bereits vor 1868, was schließ·lich die ent·sprechende Umge·staltung der politisch-gesell·schaft·lichen Struktur des Landes unum·gänglich machte. Ab der Meiji-Zeit beob·achtete die politische Elite auch alle anderen Innova·tionen der west·lichen Staaten sehr genau, ließ sich von west·lichen Experten beraten und führte sie – zumeist mit leichten Modifikationen – auch im eigenen Lande ein. Dies führte notgedrungen zu einem Wider·spruch zwischen den Idealen der „Restauration“ und der gesell·schaft·lichen Wirklichkeit.  
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Ein wichtiger Motor dieser konvergenten Ver·änderungen war die sogenannte „industrielle Revolution“. Diese entstand zwar in Europa, wurde aber von Japan mit nur geringfügiger Verspätung auf·genommen und mitgetragen. Nach dem erwähnten Kontakt mit den Schwarzen Schiffen (1853/54) bildete sich langsam ein allgemeiner Konsens, dass ein zu großer technischer Rück·stand gegenüber den westlichen Mächten früher oder später zur Kolonia·lisierung führen würde. Daher begann die tech·nische Aufrüstung des Militärs mit westlichen Waffen (v.a. mit Kriegs·schiffen) bereits vor 1868, was schließ·lich die ent·sprechende Umge·staltung der politisch-gesell·schaft·lichen Struktur des Landes unum·gänglich machte. Ab der Meiji-Zeit beob·achtete die politische Elite auch alle anderen Innova·tionen der west·lichen Staaten sehr genau, ließ sich von west·lichen Experten beraten und führte sie – zumeist mit leichten Modifikationen – auch im eigenen Lande ein. Dies führte notgedrungen zu einem Wider·spruch zwischen den Idealen der „Restauration“ und der gesell·schaft·lichen Wirklichkeit.  
  
 
=== Das doppelte Gesicht des Tennō ===
 
=== Das doppelte Gesicht des Tennō ===
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Der junge {{glossar:meijitennou}}, der eher zufällig zugleich mit der Sieg der Tennō-Loyalisten an die Macht kam,<!--
 
Der junge {{glossar:meijitennou}}, der eher zufällig zugleich mit der Sieg der Tennō-Loyalisten an die Macht kam,<!--
 
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Schon Meiji's Vater, {{glossar: koumeitennou}} hatte sich aktiv am Niedergang des Shogunats beteiligt, indem er ohne Rücksprache weitreichende Befehle erteilte, die wieder zurück genommen werden mussten. Er starb allerdings aus nicht ganz geklärten Umständen im Jahr 1867, im Alter von 36 Jahren.
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Schon Meiji's Vater, {{glossar: koumeitennou}} hatte sich aktiv am Nieder·gang des Shōgunats beteiligt, indem er ohne Rück·sprache weitreichende Befehle erteilte, die wieder zurück genommen werden mussten. Er starb allerdings aus nicht ganz geklärten Umständen im Jahr 1867, im Alter von 36 Jahren.
 
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wurde nicht nur zum wichtig·ste Emblem der Meiji-zeitlichen Erneue·rung, sondern erhielt auch den  unterschiedlichen Triebkräften der Restauration entsprechend ein doppeltes Gesicht: Neben seinen sakral anmu·tenden tradi·tionellen Amts·roben trat er in einer voll·kommen neuen Gestalt auf, nämlich in Militär·uniform nach westlichem Muster.  
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wurde nicht nur zum wichtig·ste Emblem der Meiji-zeitlichen Erneue·rung, sondern erhielt auch den  unterschiedlichen Trieb·kräften der Restauration entsprechend ein doppeltes Gesicht: Neben seinen sakral anmu·tenden tradi·tionellen Amts·roben trat er in einer voll·kommen neuen Gestalt auf, nämlich in Militär·uniform nach westlichem Muster.  
  
Dieses doppelte Erschei·nungs·bild des Meiji Tennō spiegelt nicht nur die Zer·rissen·heit des dama·ligen Japan zwischen Traditio·nalis·mus und Moderne, es trägt auch die Para·doxe in sich, die sich in der Idee eines staats·tragen·den Shinto offen·baren. Dieser sollte die Ideo·logie für eine Ent·wick·lung bereit stellen, die eben nicht in erster Linie die Ver·gangen·heit wach rief, sondern von politi·scher Zentra·lisie·rung, verwal·tungs·techni·scher und militäri·scher Rationa·lisierung, sowie von tech·nologi·scher Er·neue·rung, kurz von der Moderni·sierung nach westlichem Muster geprägt war. Dennoch bediente sich diese Moderni·sierung, wo es möglich war, eines rituellen Gepräges, das der japani·schen Antike entnom·men war. Diesen Zwie·spalt ver·suchte man mit dem Schlag·wort „Japani·scher Geist — west·liche Technik“ ({{glossar:wakonyousai}}) zu über·brücken.<ref>
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Dieses doppelte Erschei·nungs·bild des Meiji Tennō spiegelt nicht nur die Zer·rissen·heit des dama·ligen Japan zwischen Traditio·nalis·mus und Moderne, es trägt auch die Para·doxe in sich, die sich in der Idee eines staats·tragen·den Shintō offen·baren. Dieser sollte die Ideo·logie für eine Ent·wick·lung bereit stellen, die eben nicht in erster Linie die Ver·gangen·heit wach rief, sondern von politi·scher Zentra·lisie·rung, verwal·tungs·techni·scher und militäri·scher Rationa·lisierung, sowie von tech·nologi·scher Er·neue·rung, kurz von der Moderni·sierung nach westlichem Muster geprägt war. Dennoch bediente sich diese Moderni·sierung, wo es möglich war, eines rituellen Gepräges, das der japani·schen Antike entnom·men war. Diesen Zwie·spalt ver·suchte man mit dem Schlag·wort „Japani·scher Geist — west·liche Technik“ ({{glossar:wakonyousai}}) zu über·brücken.<ref>
Interessanterweise handelt es sich dabei um die Abwandlung eines Schlagwortes, das auf den Heian-zeitlichen Gelehrten {{glossar:sugawaranomichizane}} zurückgehen soll: ''wakon kansai'' 和魂漢才, „japanischer Geist, '''chinesische''' Technik“ (Wachutka 2013, S. 48).  
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Interessanter·weise handelt es sich dabei um die Ab·wandlung eines Schlag·wortes, das auf den Heian-zeitlichen Gelehrten {{glossar:sugawaranomichizane}} zurückgehen soll: ''wakon kansai'' 和魂漢才, „japanischer Geist, '''chinesische''' Technik“ (Wachutka 2013, S. 48).  
 
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Man meinte also, zwar äußerlich dem west·lichen Vorbild zu folgen, inner·lich aber sich selbst treu zu bleiben. Tat·sächlich regierte in der Meiji-Zeit jedoch ein schranken·loser Pragma·tismus, der im Grunde nur von einem Ziel bestimmt war: in macht·politi·scher Hinsicht mit den euro·päi·schen Mächten und Amerika gleich·zu·ziehen. Ob dies nun durch Rück·besin·nung auf alte Werte oder durch Über·nahme neuer Institu·tionen und Techniken zu erreichen wäre, unter·lag den momen·tanen Schwan·kungen der tages·poli·tischen Situation.
 
Man meinte also, zwar äußerlich dem west·lichen Vorbild zu folgen, inner·lich aber sich selbst treu zu bleiben. Tat·sächlich regierte in der Meiji-Zeit jedoch ein schranken·loser Pragma·tismus, der im Grunde nur von einem Ziel bestimmt war: in macht·politi·scher Hinsicht mit den euro·päi·schen Mächten und Amerika gleich·zu·ziehen. Ob dies nun durch Rück·besin·nung auf alte Werte oder durch Über·nahme neuer Institu·tionen und Techniken zu erreichen wäre, unter·lag den momen·tanen Schwan·kungen der tages·poli·tischen Situation.
  
 
{{h2+3| Shinto als Staatsreligion?}}
 
{{h2+3| Shinto als Staatsreligion?}}
=== Trennung von Shinto und Buddhismus ===
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=== Trennung von Shintō und Buddhismus ===
 
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| ''Shinbutsu bunri''
 
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Eine Staatsreligion zu haben erschien zunächst gerade aus der pragma·tischen Orientierung an Europa un·ab·ding·bar. Die meisten japani·schen Be·ob·achter der europäi·schen Ver·hältnisse machten nämlich das Christen·tum dafür ver·ant·wortlich, dass der Staat hier das Volk besser im Griff habe als in Japan. Die Meiji Reformer suchten also nach einer ver·gleich·baren ideologi·schen Macht im eigenen Land. Da der Buddhismus durch seine Verbindung mit dem über·kom·menen Tokugawa Regime dafür nicht in Betracht kam ({{glossar:teraukeseido| ''terauke''}} System), ent·schied man sich für Shinto und Tennō-Kult. Es war jedoch un·über·sehbar, dass der Shinto erst einmal neu gestaltet —  um nicht zu sagen neu erfunden  —  werden musste, damit er eine dem Christen·tum ver·gleich·bare Rolle über·nehmen konnte. Er musste z.B. erst einmal säuberlich vom Buddhis·mus ge·trennt werden. Einer der ersten Erlasse der neuen Meiji-Regierung im Jahr 1868 ordnete daher die „Trennung von Kami und Buddhas“ ({{glossar:shinbutsubunri}}) an. Dies markierte einen Bruch mit der seit dem Alter·tum all·ge·mein·gül·tigen Auf·fassung, dass japani·sche Kami im Grunde nur beson·dere Erschei·nungs·formen buddhis·tischer Wesen seien (s. [[Geschichte/Honji_suijaku | ''honji suijaku'']]). Dieser Bruch reali·sierte sich in der Praxis durch Maß·nahmen wie die Ab·schaf·fung buddhis·tischer Titel für die Kami, die Um·benen·nung und Umwidmung von Shinto-Schreinen sowie die Zer·störung buddhistischer Statuen, vor allem wenn diese in Shinto Schreinen verehrt worden waren.  Es kam überdies landes·weit zu anti-buddhis·tischen Aus·schrei·tungen, bei·spiels·weise Tempel·plün·de·rungen, die von be·stehen·den Ressenti·ments gegenüber den Privilegien des buddhis·tischen Klerus in der Edo-Zeit (s. [[Geschichte/Terauke | ''terauke'' System]]) angeheizt wurden.
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Eine Staats·religion zu haben erschien zunächst gerade aus der pragma·tischen Orientierung an Europa un·ab·ding·bar. Die meisten japani·schen Be·ob·achter der europäi·schen Ver·hältnisse machten nämlich das Christen·tum dafür ver·ant·wortlich, dass der Staat hier das Volk besser im Griff habe als in Japan. Die Meiji-Reformer suchten also nach einer ver·gleich·baren ideologi·schen Macht im eigenen Land. Da der Bud·dhis·mus durch seine Verbindung mit dem über·kom·menen Tokugawa Regime dafür nicht in Betracht kam ({{glossar:teraukeseido| ''terauke''}} System), ent·schied man sich für Shintō und Tennō-Kult. Es war jedoch un·über·sehbar, dass der Shintō erst einmal neu gestaltet —  um nicht zu sagen neu erfunden  —  werden musste, damit er eine dem Christen·tum ver·gleich·bare Rolle über·nehmen konnte. Er musste z.B. erst einmal säuberlich vom Bud·dhis·mus ge·trennt werden. Einer der ersten Erlasse der neuen Meiji-Regierung im Jahr 1868 ordnete daher die „Trennung von ''kami'' und Buddhas“ ({{glossar:shinbutsubunri}}) an. Dies markierte einen Bruch mit der seit dem Alter·tum all·ge·mein·gül·tigen Auf·fassung, dass japani·sche ''kami'' im Grunde nur beson·dere Erschei·nungs·formen buddhis·tischer Wesen seien (s. [[Geschichte/Honji_suijaku | ''honji suijaku'']]). Dieser Bruch reali·sierte sich in der Praxis durch Maß·nahmen wie die Ab·schaf·fung bud·dhis·tischer Titel für die ''kami'', die Um·benen·nung und Umwidmung von Shintō-Schreinen sowie die Zer·störung bud·dhis·tischer Statuen, vor allem wenn diese in Shintō-Schreinen verehrt worden waren.  Es kam überdies landes·weit zu anti-buddhis·tischen Aus·schrei·tungen, bei·spiels·weise Tempel·plün·de·rungen, die von be·stehen·den Ressenti·ments gegenüber den Privilegien des bud·dhis·tischen Klerus in der Edo-Zeit (s. [[Geschichte/Terauke | ''terauke'' System]]) angeheizt wurden.
  
Die neuen Maßnahmen trafen aber nicht nur [[Alltag/Mönche | buddhistische Mönche]], sondern auch viele [[Alltag/Schreinpriester | Schrein·priester]], da die meisten von ihnen ja gemein·sam mit den Mönchen in „Tempel-Schrein-Komplexen“ tätig gewe·sen waren. Ohne den institu·tionellen Schutz und das litur·gische Knowhow buddhis·tischer Tempel fehlte vielen Schrein·priestern schlicht die Existenz·grund·lage. Am härtesten traf die ver·ord·nete Trennung von Buddhis·mus und Shinto allerdings religiöse Misch·formen wie den Kult der {{Glossar:Yamabushi}}, der keiner der beiden Religionen ein·deutig zu·ge·ordnet werden konnte und daher zu Gänze verboten wurde.
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Die neuen Maß·nahmen trafen aber nicht nur [[Alltag/Mönche | buddhistische Mönche]], sondern auch viele [[Alltag/Schreinpriester | Schrein·priester]], da die meisten von ihnen ja gemein·sam mit den Mönchen in „Tempel-Schrein-Komplexen“ tätig gewe·sen waren. Ohne den institu·tionellen Schutz und das litur·gische Knowhow bud·dhis·tischer Tempel fehlte vielen Schrein·priestern schlicht die Existenz·grund·lage. Am härtesten traf die ver·ord·nete Trennung von Bud·dhis·mus und Shintō allerdings religiöse Misch·formen wie den Kult der {{Glossar:Yamabushi}}, der keiner der beiden Religionen ein·deutig zu·ge·ordnet werden konnte und daher zu Gänze verboten wurde.
  
 
=== Die „Verbreitung der Großen Lehre“ ===
 
=== Die „Verbreitung der Großen Lehre“ ===
  
Während das Kräfteverhältnis von Tempeln und Schreinen ungewiss blieb, übten westliche Mächte Druck auf die Meiji-Regie·rung aus, den Edo-zeitlichen Bann gegen das Christentum aufzuheben und der christlichen Missionierung neue Ent·faltungs·möglich·keiten zu geben. Diesen Forderungen wurde bereits 1873 statt gegeben, doch nährte diese Liberalisierung Ängste vor einer Überfremdung, die vom Shinto allein nicht aufgehalten werden konnte. Die meisten Führer der Restau·ration waren im übrigen keines·wegs gläubige Shintoisten. Sie neigten vor allem dem Kon·fuzianis·mus zu und sahen im Shinto lediglich ein dema·go·gisches Instru·ment zur Stär·kung des Tennoismus.  
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Während das Kräfte·verhältnis von Tempeln und Schreinen ungewiss blieb, übten westliche Mächte Druck auf die Meiji-Regie·rung aus, den Edo-zeitlichen Bann gegen das Christen·tum aufzuheben und der christlichen Missionierung neue Ent·faltungs·möglich·keiten zu geben. Diesen Forderungen wurde bereits 1873 statt gegeben, doch nährte diese Liberalisierung Ängste vor einer Über·fremdung, die vom Shintō allein nicht auf·gehalten werden konnte. Die meisten Führer der Restau·ration waren im übrigen keines·wegs gläubige Shintōisten. Sie neigten vor allem dem Kon·fuzianis·mus zu und sahen im Shintō lediglich ein dema·go·gisches Instru·ment zur Stär·kung des Tennōismus.  
  
In dieser Situation entstand die Idee, alle traditionellen Religionen Japans in einer  breiten Kampagne zur Ver·breitung von patrio·tischen Grund·sätzen zu bündeln.  Zu diesem Zweck entstand eine anfangs staatlich koordinierte Initiative, die vor der fast unlösbaren Aufgabe stand, eine neue Staatsreligion gleichzeitig zu formulieren und zu verbreiten. Diese Staatsreligion wurde schlicht die „Große Lehre“ genannt. Sie sollte zwar ihre Basis in den Schreinen des Landes haben und vom 1869 revitali·sier·ten „Götteramt“ ({{glossar:jingikan}}) koordiniert werden, doch sollten auch Buddhisten und andere an ihrer Verbreitung teilhaben können. Wahrscheinlich war man sich bewusst, dass man ganz ohne Buddhis·mus nicht über die nötige Masse von qualifiziertem pädagogischen Personal verfügte. Die sogenannten Drei Prinzipien der Großen Lehre wurden daher bewusst sehr offen und allgemein gehalten. Sie lauteten:
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In dieser Situation entstand die Idee, alle traditionellen Religionen Japans in einer  breiten Kampagne zur Ver·breitung von patrio·tischen Grund·sätzen zu bündeln.  Zu diesem Zweck entstand eine anfangs staatlich koordinierte Initiative, die vor der fast unlösbaren Aufgabe stand, eine neue Staats·religion gleichzeitig zu formulieren und zu verbreiten. Diese Staats·religion wurde schlicht die „Große Lehre“ genannt. Sie sollte zwar ihre Basis in den Schreinen des Landes haben und vom 1869 revitali·sier·ten „Götteramt“ ({{glossar:jingikan}}) koordiniert werden, doch sollten auch Bud·dhisten und andere an ihrer Verbreitung teilhaben können. Wahrscheinlich war man sich bewusst, dass man ganz ohne Bud·dhis·mus nicht über die nötige Masse von qualifiziertem päda·gogischen Personal verfügte. Die sogenannten „Drei Prinzipien der Großen Lehre“ wurden daher bewusst sehr offen und allgemein gehalten. Sie lauteten:
  
 
# Ehre die Götter, liebe dein Land  
 
# Ehre die Götter, liebe dein Land  
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# Ehre den Kaiser und gehorche dem kaiserlichen Hof (= Regierung)
 
# Ehre den Kaiser und gehorche dem kaiserlichen Hof (= Regierung)
  
Diese Prinzipien wurden um immer detailliertere Zusätze ergänzt, die u.a. die Steuerpflicht, die Schulpflicht, den Militärdienst und die Umstellung auf den westlichen Kalender erklärten.<ref>Hardacre 1989, S. 45.</ref> Es ging also kaum um transzendente „religiöse“ Inhalte, sondern um die Erziehung der Bevölkerung zu modernen Staatsbürgern.  
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Diese Prinzipien wurden um immer detail·liertere Zusätze ergänzt, die u.a. die Steuer·pflicht, die Schul·pflicht, den Militär·dienst und die Umstellung auf den westlichen Kalender erklärten.<ref>Hardacre 1989, S. 45.</ref> Es ging also kaum um transzendente „religiöse“ Inhalte, sondern um die Erziehung der Bevölkerung zu modernen Staats·bürgern.  
  
Die offizielle Gründung der  „Bewegung zur Verbreitung der Großen Lehre“ ({{glossar:taikyousenpuundou}}) erfolgte bereits 1870, doch erst 1872, nach Rückkehr der Iwakura Mission, begann die Bewegung ihre Arbeit ernsthaft aufzunehmen. Die verantwortliche staatliche Institution, das Götteramt, wurde aus diesem Anlass in {{glossar:kyoubushou}}, Ministerium für doktrinäre Angelegenheiten, unbenannt. Die Basis der Kampagne bildeten offizielle Instruktoren ({{glossar:kyoudoushoku}}), deren Zahl Mitte der 70er Jahre bereits auf über 10.000 angestiegen war. Sie setzten sich aus Shinto-Priestern, buddhistischen Mönchen, aber auch weltlichen Pädagogen zusammen.<!--
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Die offizielle Gründung der  „Bewegung zur Verbreitung der Großen Lehre“ ({{glossar:taikyousenpuundou}}) erfolgte bereits 1870, doch erst 1872, nach Rückkehr der Iwakura Mission, begann die Bewegung ihre Arbeit ernsthaft aufzunehmen. Die verantwortliche staatliche Institution, das Götter·amt, wurde aus diesem Anlass in {{glossar:kyoubushou}}, Ministerium für doktrinäre Angelegen·heiten, unbenannt. Die Basis der Kampagne bildeten offizielle Instruktoren ({{glossar:kyoudoushoku}}), deren Zahl Mitte der 70er Jahre bereits auf über 10.000 angestiegen war. Sie setzten sich aus Shintō-Priestern, bud·dhis·tischen Mönchen, aber auch weltlichen Pädagogen zusammen.<!--
 
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Hardacre 1989, S. 45.
 
Hardacre 1989, S. 45.
 
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In der Führungsebene standen sich jedoch gegnerische Fraktionen gegenüber, die zunächst in Buddhisten und Anti-Buddhisten zerfielen. 1875 verlagerte sich das Zentrum der Bewegung immer stärker nach {{glossar:ise}}, was zu einer Betonung der shintoistischen Aspekte und schließlich zu einem demonstrativen Austritt der Buddhisten führte. Die „Shintoisten“ spalteten sich aber bald erneut in in verschiedenen Gruppierungen der {{glossar:kokugaku}}-Schule auf, während sich der Staat zunehmend aus der Kampagne zurückzog.   
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In der Führungs·ebene standen sich jedoch gegnerische Fraktionen gegenüber, die zunächst in Bud·dhisten und Anti-Bud·dhisten zerfielen. 1875 verlagerte sich das Zentrum der Bewegung immer stärker nach {{glossar:ise}}, was zu einer Betonung der shintōistischen Aspekte und schließlich zu einem demonstrativen Austritt der Bud·dhisten führte. Die „Shintōisten“ spalteten sich aber bald erneut in in verschiedenen Grup·pierungen der {{glossar:kokugaku}}-Schule auf, während sich der Staat zunehmend aus der Kampagne zurückzog.   
 
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Das anfängliche Scheitern des Staatsshinto ist auch am Schicksal der Insti·tutionen ab·zu·lesen, die zu seiner Verwirk·lichung vor·ge·sehen waren. In rascher Folge wurde aus dem ein „Götter Ministerium“ ({{Glossar:Jingishou}}), das sich 1872 im „Ministerium für religiöse An·gelegen·heiten“ ({{Glossar:Kyoubushou}}) auflöste. Zu diesem Zeitpunkt überwog in der Regierung die Ansicht, eine Mischform aus Shinto, Konfu·zianis·mus und Buddhis·mus wäre wohl eher als Staats·religion geeignet denn Shinto allein. Im Gegen·satz zur tradi·tionellen ''kokugaku'' vertraute man nun nicht mehr auf eine spontane, intuitive Bejahung des Tennō, sondern be·mühte sich um eine ent·wickelte Moral·lehre in der Art des Konfu·zianis·mus. Es folgte eine staatlich unter·stützte Kampagne(), die dem Tennō zu größerer Be·deutung verhelfen und der „Moral des Volkes“ förderlich sein sollten. Doch auch diese Kam·pagne scheiterte bald an der Tatsache, dass man sich über ein paar banale mora·lische Grund·regeln hinaus auf keine nennens·werten Inhalte einigen konnte.
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Das anfängliche Scheitern des Staats·shintō ist auch am Schicksal der Insti·tutionen ab·zu·lesen, die zu seiner Verwirk·lichung vor·ge·sehen waren. In rascher Folge wurde aus dem ein „Götter Ministerium“ ({{Glossar:Jingishou}}), das sich 1872 im „Ministerium für religiöse An·gelegen·heiten“ ({{Glossar:Kyoubushou}}) auflöste. Zu diesem Zeit·punkt überwog in der Regierung die Ansicht, eine Misch·form aus Shintō, Konfu·zianis·mus und Bud·dhis·mus wäre wohl eher als Staats·religion geeignet denn Shintō allein. Im Gegen·satz zur tradi·tionellen ''kokugaku'' vertraute man nun nicht mehr auf eine spontane, intuitive Bejahung des Tennō, sondern be·mühte sich um eine ent·wickelte Moral·lehre in der Art des Konfu·zianis·mus. Es folgte eine staatlich unter·stützte Kampagne(), die dem Tennō zu größerer Be·deutung verhelfen und der „Moral des Volkes“ förderlich sein sollten. Doch auch diese Kam·pagne scheiterte bald an der Tatsache, dass man sich über ein paar banale mora·lische Grund·regeln hinaus auf keine nennens·werten Inhalte einigen konnte.
 
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===  Religiöse Freiheit in der Verfassung ===
 
===  Religiöse Freiheit in der Verfassung ===
  
Wie man aus den obigen Abschnitten erkennt,  wurde der Staatsshinto während der Meiji Zeit keines·wegs immer konsequent voran·ge·trieben, sondern trat im Gegen·teil bald gegen·über anderen politischen Zielen in den Hinter·grund: Zunächst wurde das Militär·wesen und dann ein Rechts·system nach west·lichem Muster eingeführt. Dieses Rechts·system nahm mit der Verfas·sung von 1889 Gestalt an. Es orientierte sich im wesentlichen am Deutschen Kaiser·reich, welches ja in der Tat fast zeitgleich (1871) mit dem modernen japani·schen Staat entstanden war. Die japanische Ver·fassung sah eine konsti·tutio·nelle Monarchie vor und garan·tierte darüber hinaus —  mit einigen Ein·schrän·kungen —  „religiöse Freiheit“ (Artikel 28). Von den Ideen des Staats·shinto blieben in der Verfas·sung kaum mehr als zwei Sätze über: „Der japanische Staat wird für alle Zeiten un·unter·brochen vom Tennō regiert und be·herrscht“ (Artikel 1); und: „Die Person des Tennō ist heilig und un·ver·letzlich“ (Artikel 3). Die Verfas·sung ließ jedoch sowohl die gött·liche Her·kunft des Tennō als auch seine priester·lichen Auf·gaben uner·wähnt. Auch von einer Staats·religion ist in diesem grund·legenden juristi·schen Dokument nicht die Rede.
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Wie man aus den obigen Abschnitten erkennt,  wurde der Staats·shintō während der Meiji-Zeit keines·wegs immer konsequent voran·ge·trieben, sondern trat im Gegen·teil bald gegen·über anderen politischen Zielen in den Hinter·grund: Zunächst wurde das Militär·wesen und dann ein Rechts·system nach west·lichem Muster eingeführt. Dieses Rechts·system nahm mit der Verfas·sung von 1889 Gestalt an. Es orientierte sich im wesentlichen am Deutschen Kaiser·reich, welches ja in der Tat fast zeitgleich (1871) mit dem modernen japani·schen Staat entstanden war. Die japanische Ver·fassung sah eine konsti·tutio·nelle Monarchie vor und garan·tierte darüber hinaus —  mit einigen Ein·schrän·kungen —  „religiöse Freiheit“ (Artikel 28). Von den Ideen des Staats·shintō blieben in der Verfas·sung kaum mehr als zwei Sätze über: „Der japanische Staat wird für alle Zeiten un·unter·brochen vom Tennō regiert und be·herrscht“ (Artikel 1); und: „Die Person des Tennō ist heilig und un·ver·letzlich“ (Artikel 3). Die Verfas·sung ließ jedoch sowohl die gött·liche Her·kunft des Tennō als auch seine priester·lichen Auf·gaben uner·wähnt. Auch von einer Staats·religion ist in diesem grund·legenden juristi·schen Dokument nicht die Rede.
  
 
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=== Tennozentrismus ===
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=== Tennōzentrismus ===
  
 
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Dennoch herrschte innerhalb der maßgeblichen politischen und intellektu·ellen Kreise der Meiji Zeit ein Grund·konsens, dass an der Institution des Tennō nicht zu rütteln sei. Der Tennō diente quasi als letzte Bastion, an der eine eigene, sowohl von China als auch vom Westen ver·schiedene Identität fest·zu·machen war. Der breiten Mehrheit der Be·völke·rung war der Tennō dagegen zumindest am Anfang der Meiji-Zeit weitgehend unbekannt, da er während des gesam·ten japanischen Mittel·alters und der frühen Neuzeit kaum politisch in Er·scheinung getreten war. Es galt also zunächst, den Tennō zu einer all·ge·meinen Identifikations·figur zu machen. Diese Aufgabe wurde über zwei Schienen bewerkstelligt: einerseits über das all·ge·meine Erziehungs·wesen, andererseits über die Shinto Schreine im ganzen Land. Dabei bediente man sich – von ein paar allge·meinen Phrasen abgesehen – eher ritueller als dogma·tischer Mittel:
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Dennoch herrschte innerhalb der maß·geblichen politischen und intellektu·ellen Kreise der Meiji-Zeit ein Grund·konsens, dass an der Institution des Tennō nicht zu rütteln sei. Der Tennō diente quasi als letzte Bastion, an der eine eigene, sowohl von China als auch vom Westen ver·schiedene, Identität fest·zu·machen war. Der breiten Mehrheit der Be·völke·rung war der Tennō dagegen zumindest am Anfang der Meiji-Zeit weitgehend unbekannt, da er während des gesam·ten japanischen Mittel·alters und der frühen Neuzeit kaum politisch in Er·scheinung getreten war. Es galt also zunächst, den Tennō zu einer all·ge·meinen Identifikations·figur zu machen. Diese Aufgabe wurde über zwei Schienen bewerkstelligt: einerseits über das all·ge·meine Erziehungs·wesen, andererseits über die Shintō-Schreine im ganzen Land. Dabei bediente man sich – von ein paar allge·meinen Phrasen abgesehen – eher ritueller als dogma·tischer Mittel:
* In den Schulhöfen wurden kleine Schreine ({{glossar:houanden}}) errichtet, die die Portraits des Tennō und seiner Gemahlin sowie eine Abschrift des Kaiserlichen Erziehungserlasses aufbewahrten. Schulische Versammlungen, bei denen der Erlass verlesen wurde, fanden vor diesen Schreinen statt. Lehrer wie Schüler hatten sich täglich tief vor diesen Schreinen zu ver·neigen, als ob sie es mit einer Gottheit zu tun hätten. Taten sie das nicht, so wurden sie im Allge·meinen der Schule verwiesen.
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* In den Schul·höfen wurden kleine Schreine ({{glossar:houanden}}) errichtet, die die Portraits des Tennō und seiner Gemahlin sowie eine Abschrift des Kaiserlichen Erziehungs·erlasses aufbewahrten. Schulische Versammlungen, bei denen der Erlass verlesen wurde, fanden vor diesen Schreinen statt. Lehrer wie Schüler hatten sich täglich tief vor diesen Schreinen zu ver·neigen, als ob sie es mit einer Gott·heit zu tun hätten. Taten sie das nicht, so wurden sie im Allge·meinen der Schule verwiesen.
 
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*Die allgemeinen Feiertage wurden landes·weit neu geregelt. Höfische Riten, die einst·mals nur vom Tennō selbst voll·zogen wurden, sollten nun in allen Schreinen statt·finden. Dazu kamen neue Feier·tage wie etwa der Jahres·tag der Reichs·grün·dung durch {{glossar:jinmutennou}}, welcher getreu den mytho·logischen Chroniken auf den 11. Februar 660 v.u.Z. datiert wurde.
 
*Die allgemeinen Feiertage wurden landes·weit neu geregelt. Höfische Riten, die einst·mals nur vom Tennō selbst voll·zogen wurden, sollten nun in allen Schreinen statt·finden. Dazu kamen neue Feier·tage wie etwa der Jahres·tag der Reichs·grün·dung durch {{glossar:jinmutennou}}, welcher getreu den mytho·logischen Chroniken auf den 11. Februar 660 v.u.Z. datiert wurde.
* Jeder Staatsbürger war dazu ange·halten, an solchen Feiertagen einen Schrein auf·zu·suchen und dort dem Tennō seine Reverenz zu erwei·sen (auch wenn der Schrein selbst viel·leicht keiner Ahnen·gott·heit des Tennō geweiht war). Die Schrein·priester wurden ihrer·seits nur am Rande in die Vereh·rung des Tennō ein·ge·bunden und führten groß·teils ihre tradi·tionel·len Riten weiter fort. Sie waren interes·santer·weise explizit dazu auf·ge·fordert, sich aus theo·logischen und missio·narischen An·ge·legen·heiten heraus zu halten.
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* Jeder Staats·bürger war dazu ange·halten, an solchen Feier·tagen einen Schrein auf·zu·suchen und dort dem Tennō seine Reverenz zu erwei·sen (auch wenn der Schrein selbst viel·leicht keiner Ahnen·gott·heit des Tennō geweiht war). Die Schrein·priester wurden ihrer·seits nur am Rande in die Vereh·rung des Tennō ein·ge·bunden und führten groß·teils ihre tradi·tionel·len Riten weiter fort. Sie waren interes·santer·weise explizit dazu auf·ge·fordert, sich aus theo·logischen und missio·narischen An·ge·legen·heiten heraus zu halten.
 
* Die Schreine wurden nach antikem Vorbild in ein landes·weites hier·archi·sches Rang·system ein·ge·gliedert, dem der [[Bauten/Ise_Izumo | Ise Schrein]] vor·stand. Schrein·priester wurden nach und nach als Beamte an·ge·sehen, erbliches Priester·tum wurde gesetz·lich untersagt.
 
* Die Schreine wurden nach antikem Vorbild in ein landes·weites hier·archi·sches Rang·system ein·ge·gliedert, dem der [[Bauten/Ise_Izumo | Ise Schrein]] vor·stand. Schrein·priester wurden nach und nach als Beamte an·ge·sehen, erbliches Priester·tum wurde gesetz·lich untersagt.
  
In dieser Form erlangte der Staatshinto im zwanzigsten Jahr·hundert — zu·nächst nach dem Russo-Japanischen Krieg (1904–05) und dann in der frühen Shōwa Zeit (ab 1925) — seine volle Entfaltung: Ein diffuser religiös-historisch legitimierter Nationalismus machte sich in der öffent·lichen Erziehung und im japani·schen Alltag breit und wurde zu einer Massen·be·we·gung ähn·lich dem Faschis·mus in den mit Japan ver·bün·deten Nationen Deutsch·land und Italien. Es gab jedoch für diese Ideologie keine dem Faschismus analoge Selbstbezeichnung. Der Begriff „Staatsshinto“ war in dieser Zeit bestenfalls ein akademischer Terminus.<ref>In den Schriften von Religionswissenschaftlern wie Inoue Tetsujirō und Katō Genchi findet sich vereinzelt die Bezeichnung  ''kokkateki shintō'' („staatlicher Shinto“, erst nach dem Zeiten Weltkrieg bürgerte sich ''kokka shintō'' („Staatsshinto“) ein. S. dazu Scheid 2013.</ref>
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In dieser Form erlangte der Staats·shintō im zwanzigsten Jahr·hundert — zu·nächst nach dem Russo-Japanischen Krieg (1904–05) und dann in der frühen Shōwa-Zeit (ab 1925) — seine volle Entfaltung: Ein diffuser religiös-historisch legitimierter Nationalismus machte sich in der öffent·lichen Erziehung und im japani·schen Alltag breit und wurde zu einer Massen·be·we·gung, ähn·lich dem Faschis·mus in den mit Japan ver·bün·deten Nationen Deutsch·land und Italien. Es gab jedoch für diese Ideo·logie keine dem Faschismus analoge Selbst·bezeichnung. Der Begriff „Staats·shintō“ war in dieser Zeit bestenfalls ein akademischer Terminus.<ref>In den Schriften von Religions·wissen·schaftlern wie Inoue Tetsujirō und Katō Genchi findet sich vereinzelt die Bezeichnung  ''kokkateki shintō'' („staatlicher Shintō“, erst nach dem Zeiten Weltkrieg bürgerte sich ''kokka shintō'' („Staats·shintō“) ein. s. dazu Scheid 2013.</ref>
 
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===Die „nicht-religiöse Natur“ des Shinto===
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===Die „nicht-religiöse Natur“ des Shintō===
  
Während der Tennō mehr und mehr in den Vordergrund trat, verblasste die ursprüngliche Idee, Shinto zur Staats·religion zu erheben. Nicht nur die Schrein·priester, auch der Begriff „Shinto“ wurde ab dem In·kraft·treten der „Kaiser·lichen Ver·fas·sung“ (1889)  in den Hinter·grund gedrängt. Dies hängt zweifel·los damit zusam·men, dass die Ver·fassung selbst aus·drücklich „Freiheit des Glaubens“ garan·tierte. Hätte man nun offiziell von einem Staats·shinto, bzw. einer shinto·istischen Staats·religion gesprochen, so wäre diese un·weiger·lich mit der Verfas·sung in Konflikt ge·raten. Aus diesem Grund wurden alle staat·lich ver·ordneten Formen der Tennō-Verehrung nicht als „religiöse Hand·lungen“, sondern als „staats·bürgerl·iche Pflichten“ be·zeich·net, auch wenn sie im Rahmen von Schrein·riten statt·fanden. Inner·halb des vor·herr·schen·den poli·ti·schen Diskurses wurde die Tennō Vereh·rung als eine Art erwei·terter Familien·kult inter·pretiert, da beide, Tennō und Unter·tanen gött·lichen Ursprungs seien, der Tennō also eine Art Vater des ge·samten Volkes darstellte. Dieser Kult war der „nicht-religiöse“ Shinto, den jeder Japaner zu be·folgen hatte und dem auch alle Schreine neben ihren sonstigen traditio·nellen Zere·monien zu huldigen hatten. Damit war es möglich, einen Staats·kult mit religiösen Ver·ehrungs·mustern zu fördern, ohne dass dies im Wider·spruch zur ver·fas·sungs·mäßig garantierten Religions·freiheit stand.
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Während der Tennō mehr und mehr in den Vorder·grund trat, verblasste die ursprüngliche Idee, Shintō zur Staats·religion zu erheben. Nicht nur die Schrein·priester, auch der Begriff „Shintō“ wurde ab dem In·kraft·treten der „Kaiser·lichen Ver·fas·sung“ (1889)  in den Hinter·grund gedrängt. Dies hängt zweifel·los damit zusam·men, dass die Ver·fassung selbst aus·drücklich „Freiheit des Glaubens“ garan·tierte. Hätte man nun offiziell von einem Staats·shintō, bzw. einer shintō·istischen Staats·religion gesprochen, so wäre diese un·weiger·lich mit der Verfas·sung in Konflikt ge·raten. Aus diesem Grund wurden alle staat·lich ver·ordneten Formen der Tennō-Verehrung nicht als „religiöse Hand·lungen“, sondern als „staats·bürgerl·iche Pflichten“ be·zeich·net, auch wenn sie im Rahmen von Schrein·riten statt·fanden. Inner·halb des vor·herr·schen·den poli·ti·schen Diskurses wurde die Tennō Vereh·rung als eine Art erwei·terter Familien·kult inter·pretiert, da beide, Tennō und Unter·tanen gött·lichen Ursprungs seien, der Tennō also eine Art Vater des ge·samten Volkes darstellte. Dieser Kult war der „nicht-religiöse“ Shintō, den jeder Japaner zu be·folgen hatte und dem auch alle Schreine neben ihren sonstigen traditio·nellen Zere·monien zu huldigen hatten. Damit war es möglich, einen Staats·kult mit religiösen Ver·ehrungs·mustern zu fördern, ohne dass dies im Wider·spruch zur ver·fas·sungs·mäßig garantierten Religions·freiheit stand.
  
Dem entsprechend war von offizieller Seite ab Mitte der Meiji Zeit weder von einer Staats·religion noch von einem Staats·shinto die Rede. Wenn Shinto explizit an·ge·sprochen wurde, dann als „Schrein Shinto“ ({{glossar:jinjashintou}}). Dieser Schrein Shinto wurde in Regie·rungs·texten als nicht-religiöser Staatskult definiert und als solcher einem religiösen „Sekten Shinto“ ({{glossar:shuuhashintou}}) gegen·über gestellt (s. dazu auch [[Grundbegriffe/Shinto | Einführung: Shinto]]). Somit steht „Schrein Shinto“ im Kontext der Vor·kriegs·zeit für das, was später als „Staatsshinto“ be·zeichnet wurde. „Staats·shinto“ als Begriff setzte sich erst durch, nachdem das staats·shintoisti·sche System durch die ameri·kanische ''Shinto Direktive'' (1945, s.u.) offiziell ab·ge·schafft worden war. Der Begriff „Staatsshinto“ wurde also erst rückwirkend auf die Reli·gions·politik vor dem Zweiten Weltkrieg angewendet.
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Dem entsprechend war von offizieller Seite ab Mitte der Meiji-Zeit weder von einer Staats·religion noch von einem Staats·shintō die Rede. Wenn Shintō explizit an·ge·sprochen wurde, dann als „Schrein Shintō“ ({{glossar:jinjashintou}}). Dieser Schrein Shintō wurde in Regie·rungs·texten als nicht-religiöser Staatskult definiert und als solcher einem religiösen „Sekten Shintō“ ({{glossar:shuuhashintou}}) gegen·über gestellt (s. dazu auch [[Grundbegriffe/Shinto | Einführung: Shintō]]). Somit steht „Schrein Shintō“ im Kontext der Vor·kriegs·zeit für das, was später als „Staats·shintō“ be·zeichnet wurde. „Staats·shintō“ als Begriff setzte sich erst durch, nachdem das staats·shintōisti·sche System durch die ameri·kanische ''Shintō Direktive'' (1945, s.u.) offiziell ab·ge·schafft worden war. Der Begriff „Staats·shintō“ wurde also erst rück·wirkend auf die Reli·gions·politik vor dem Zweiten Weltkrieg angewendet.
  
 
===''Kokutai''===
 
===''Kokutai''===
  
Aus dem bisher Gesagten lässt sich bereits erkennen, dass der Begriff „Shinto“ im System des Staatsshinto weit seltener zu finden ist, als man a priori ver·muten würde. Die Schlag·worte, unter denen sich der Kult um Staat und Tennō festigte, laute·ten eher „Nationale Moral“, bzw. „Volksmoral“ ({{Glossar:Kokumindoutoku}}) und „Nationaler Geist“/„Volksgeist“ ({{Glossar:Kokuminseishin}}). Der vielleicht wichtigste Begriff inner·halb der Ideologie des Staats·shinto ist jedoch das ominöse {{glossar:kokutai}}.
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Aus dem bisher Gesagten lässt sich bereits erkennen, dass der Begriff „Shintō“ im System des Staats·shintō weit seltener zu finden ist, als man a priori ver·muten würde. Die Schlag·worte, unter denen sich der Kult um Staat und Tennō festigte, laute·ten eher „Nationale Moral“, bzw. „Volksmoral“ ({{Glossar:Kokumindoutoku}}) und „Nationaler Geist“/„Volksgeist“ ({{Glossar:Kokuminseishin}}). Der vielleicht wichtigste Begriff inner·halb der Ideologie des Staats·shintō ist jedoch das ominöse {{glossar:kokutai}}.
  
 
''Kokutai'', wtl. „Landeskörper“, könnte man un·vor·ein·ge·nommen mit „Staat“ oder „Staats·wesen“ über·setzen. Im Deutschen ruft eine derartige Über·setzung aber nicht den emotionalen Gehalt wach, der dem ''kokutai'' im Laufe der Zeit zu·ge·sprochen wurde. Insofern scheint Klaus Antonis Über·setzung „National·wesen“ treffender. Tat·säch·lich entzieht sich der Begriff aber einer Über·setzung, weil er in den ver·schie·densten Schriften der Vorkriegs·zeit eine Aura des Heiligen, Unan·tast·baren zu·ge·sprochen bekam, ohne dass je eine präzise Definition des Begriffs vor·ge·nommen worden wäre. Selbst juri·dische Texte sprachen von der Ver·letzung der Würde des ''kokutai'', ohne zu klären, was ''kokutai'' sei. Ähn·liches gilt auch für Texte, die sich explizit mit ''kokutai ''be·schäftigen, wie das berüchtigte ''Kokutai no hongi'' („Grund·prinzipien [unseres] National·wesens“) aus dem Jahr 1937. Ein ge·meinsames Motiv aller ''kokutai'' Diskurse liegt jedoch darin, dass die Heiligkeit des Tennō, die zu·gleich die Heilig·keit des Staates ist, aus dem ''kokutai ''ab·ge·leitet wurde, welches selbst nicht mehr hinter·fragt werden konnte. Das einzige Motiv, das sich in vielen (wenn auch nicht in allen) ''kokutai''-Beschreibungen immer wieder finden lässt, ist der Hinweis auf Japans „ungebrochene Folge dynastischer Herrschaft“, also die angeblich 2600 Jahre zurückreichende Dynastie des Tennō.
 
''Kokutai'', wtl. „Landeskörper“, könnte man un·vor·ein·ge·nommen mit „Staat“ oder „Staats·wesen“ über·setzen. Im Deutschen ruft eine derartige Über·setzung aber nicht den emotionalen Gehalt wach, der dem ''kokutai'' im Laufe der Zeit zu·ge·sprochen wurde. Insofern scheint Klaus Antonis Über·setzung „National·wesen“ treffender. Tat·säch·lich entzieht sich der Begriff aber einer Über·setzung, weil er in den ver·schie·densten Schriften der Vorkriegs·zeit eine Aura des Heiligen, Unan·tast·baren zu·ge·sprochen bekam, ohne dass je eine präzise Definition des Begriffs vor·ge·nommen worden wäre. Selbst juri·dische Texte sprachen von der Ver·letzung der Würde des ''kokutai'', ohne zu klären, was ''kokutai'' sei. Ähn·liches gilt auch für Texte, die sich explizit mit ''kokutai ''be·schäftigen, wie das berüchtigte ''Kokutai no hongi'' („Grund·prinzipien [unseres] National·wesens“) aus dem Jahr 1937. Ein ge·meinsames Motiv aller ''kokutai'' Diskurse liegt jedoch darin, dass die Heiligkeit des Tennō, die zu·gleich die Heilig·keit des Staates ist, aus dem ''kokutai ''ab·ge·leitet wurde, welches selbst nicht mehr hinter·fragt werden konnte. Das einzige Motiv, das sich in vielen (wenn auch nicht in allen) ''kokutai''-Beschreibungen immer wieder finden lässt, ist der Hinweis auf Japans „ungebrochene Folge dynastischer Herrschaft“, also die angeblich 2600 Jahre zurückreichende Dynastie des Tennō.
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Wo aber findet sich nun das berühmte Dogma, dass der Tennō selbst eine Gottheit in Menschen·gestalt ({{glossar:arahitogami}}) und seine Ab·stammung von der Sonnen·gott·heit ein histo·risches Faktum sei? Auch hier wird man in amtlichen oder halb-amtlichen Dokumenten kaum fündig. Eine wichtige Rolle spielte aber der [[Geschichte/Staatsshinto/Kyoiku_chokugo | „Kaiserliche Erziehungserlass“]] aus dem Jahr 1890. Dieser kurze Text, in dem der Tennō persönlich zu seinen Unter·tanen spricht,<!--
 
Wo aber findet sich nun das berühmte Dogma, dass der Tennō selbst eine Gottheit in Menschen·gestalt ({{glossar:arahitogami}}) und seine Ab·stammung von der Sonnen·gott·heit ein histo·risches Faktum sei? Auch hier wird man in amtlichen oder halb-amtlichen Dokumenten kaum fündig. Eine wichtige Rolle spielte aber der [[Geschichte/Staatsshinto/Kyoiku_chokugo | „Kaiserliche Erziehungserlass“]] aus dem Jahr 1890. Dieser kurze Text, in dem der Tennō persönlich zu seinen Unter·tanen spricht,<!--
 
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Tatsächlich wurde der Erlass von einer Reihe von Intellektuellen unter Anleitung des Juristen Inoue Kowashi (1843–1895), einem der „Architekten“ der Meiji-Verfassung, formuliert (Doak 2012, S. 95–96).  
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Tatsächlich wurde der Erlass von einer Reihe von Intel·lektuellen unter Anleitung des Juristen Inoue Kowashi (1843–1895), einem der „Architekten“ der Meiji-Verfassung, formuliert (Doak 2012, S. 95–96).  
 
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enthält neben einem all·ge·mein ge·haltenen Aufruf zu Tugend und Patrio·tismus („unver·brüch·liche Treue gegen den Herrscher und Liebe zu den Eltern“) mehr·mals den Hinweis auf die „kaiser·lichen Vorfahren“ sowie auf das „Gedeihen Unserer wie Himmel und Erde ewig dauernden Dynastie“ (eine Paraphrase des mytho·logi·schen [[Texte/Jinno_shotoki#Herrschaftsauftrag|Herr·schafts·auf·trags]] durch {{glossar:amaterasu}}). Der Text ver·weist damit indirekt auf die [[Mythen]] und die dort ge·schilderte göttliche Ab·stam·mung des Tennō Hauses, lässt es aber dahin·ge·stellt, in wie weit den dort ge·schil·derten Be·geb·nissen wörtlich Glauben zu schenken sei.
 
enthält neben einem all·ge·mein ge·haltenen Aufruf zu Tugend und Patrio·tismus („unver·brüch·liche Treue gegen den Herrscher und Liebe zu den Eltern“) mehr·mals den Hinweis auf die „kaiser·lichen Vorfahren“ sowie auf das „Gedeihen Unserer wie Himmel und Erde ewig dauernden Dynastie“ (eine Paraphrase des mytho·logi·schen [[Texte/Jinno_shotoki#Herrschaftsauftrag|Herr·schafts·auf·trags]] durch {{glossar:amaterasu}}). Der Text ver·weist damit indirekt auf die [[Mythen]] und die dort ge·schilderte göttliche Ab·stam·mung des Tennō Hauses, lässt es aber dahin·ge·stellt, in wie weit den dort ge·schil·derten Be·geb·nissen wörtlich Glauben zu schenken sei.
  
Nun wurde aber dieser Erziehungserlass in den Schulen zusammen mit den Portraits des kaiserlichen Paares gleich·sam religiös ver·ehrt und bei diversen An·lässen kollektiv rezitiert. Diese Ver·ehrung allein machte den Text gegen·über kritischen Ein·wänden immun und bot statt·dessen einen treff·lichen Anlass, die mytho·logi·schen Er·zäh·lungen vom Herrschafts·auftrag der Sonnen·gott·heit an ihren Enkel und die Er·oberung des ganzen Landes durch {{glossar:jinmutennou}} in den Schul·unterricht ein·fließen zu lassen. Es ist sicher kein Zufall, dass dieser Text gleich·zeitig mit dem Inkraft·treten der Ver·fas·sung und des Par·lamen·taris·mus (1890) ver·laut·bart wurde. Er stellte sozu·sagen das Gegen·gewicht zum neuen rechts·staat·lichen System dar, das hiermit in Kraft trat. Den Bürgern wurde mit dem Erzie·hung·serlass bewusst gemacht, dass sie sich gegen·über dem Tennō in einer sub·alter·nen Position befan·den, auf seine Gnade ange·wiesen waren, und dass diese Hierar·chie auch durch den Rechts·staat nicht in Zweifel gezogen werden konnte.<!--
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Nun wurde aber dieser Erziehungs·erlass in den Schulen zusammen mit den Portraits des kaiserlichen Paares gleich·sam religiös ver·ehrt und bei diversen An·lässen kollektiv rezitiert. Diese Ver·ehrung allein machte den Text gegen·über kritischen Ein·wänden immun und bot statt·dessen einen treff·lichen Anlass, die mytho·logi·schen Er·zäh·lungen vom Herrschafts·auftrag der Sonnen·gott·heit an ihren Enkel und die Er·oberung des ganzen Landes durch {{glossar:jinmutennou}} in den Schul·unterricht ein·fließen zu lassen. Es ist sicher kein Zufall, dass dieser Text gleich·zeitig mit dem Inkraft·treten der Ver·fas·sung und des Par·lamen·taris·mus (1890) ver·laut·bart wurde. Er stellte sozu·sagen das Gegen·gewicht zum neuen rechts·staat·lichen System dar, das hiermit in Kraft trat. Den Bürgern wurde mit dem Erzie·hung·serlass bewusst gemacht, dass sie sich gegen·über dem Tennō in einer sub·alter·nen Position befan·den, auf seine Gnade ange·wiesen waren, und dass diese Hierar·chie auch durch den Rechts·staat nicht in Zweifel gezogen werden konnte.<!--
 
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Dazu äußerte sich etwa der Rechtsexperte Ariga Nagao (1860–1921) folgendermaßen: „When the Constitution was granted in 1889, it was feared by some that the idea of 'the rights of the people' would destroy the idea of loyalty and patriotism, and the famous Rescript of Education was the result, which looked at humanity entirely from the standpoint of intellect, and excluded all element of faith and mystery.“ (Ariga Nagao, 1908, nach Holtom 1922, S. 78.)  
 
Dazu äußerte sich etwa der Rechtsexperte Ariga Nagao (1860–1921) folgendermaßen: „When the Constitution was granted in 1889, it was feared by some that the idea of 'the rights of the people' would destroy the idea of loyalty and patriotism, and the famous Rescript of Education was the result, which looked at humanity entirely from the standpoint of intellect, and excluded all element of faith and mystery.“ (Ariga Nagao, 1908, nach Holtom 1922, S. 78.)  
 
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All dies schloss aber keines·wegs aus, dass während der Meiji Zeit eifrig an einem modernen Uni·versi·täts·system gear·beitet wurde, wo u.a. ernst·zu·neh·mende histo·rische Forschung  zur Histori·zität der Mythen betrieben wurde. Selbst zum Shinto waren mit gewissen Einschränkungen unter·schied·liche Mei·nungen ge·stattet.<!--
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All dies schloss aber keines·wegs aus, dass während der Meiji-Zeit eifrig an einem modernen Uni·versi·täts·system gear·beitet wurde, wo u.a. ernst·zu·neh·mende histo·rische Forschung  zur Histori·zität der Mythen betrieben wurde. Selbst zum Shintō waren mit gewissen Einschränkungen unter·schied·liche Mei·nungen ge·stattet.<!--
 
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Ein berühmter Fall staats·shintois·tischer Zensur ist der Fall des Historikers {{glossar:Kumekunitake}} (1839–1931). Als er 1891 einen Artikel mit dem Titel „Shinto, ein alter Brauch der Himmels·verehrung“ veröffentlichte, in dem er Shinto als historisches Relikt bezeichnete, wurde ihm im folgenden Jahr aufgrund von Protesten aus dem Lager der Shinto-Ideologen seine Professur an der Universität Tokyo entzogen.
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Ein berühmter Fall staats·shintōis·tischer Zensur ist der Fall des Historikers {{glossar:Kumekunitake}} (1839–1931). Als er 1891 einen Artikel mit dem Titel „Shintō, ein alter Brauch der Himmels·verehrung“ veröffentlichte, in dem er Shintō als historisches Relikt bezeichnete, wurde ihm im folgenden Jahr aufgrund von Protesten aus dem Lager der Shintō-Ideologen seine Professur an der Universität Tokyo entzogen.
 
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Un·antast·bar blieb einzig und allein der Tennō selbst, so·dass auch die Frage, was man sich unter der Gött·lich·keit des Tennō vor·zu·stellen habe, kaum gestellt wurde.
 
Un·antast·bar blieb einzig und allein der Tennō selbst, so·dass auch die Frage, was man sich unter der Gött·lich·keit des Tennō vor·zu·stellen habe, kaum gestellt wurde.
  
== Shintopolitik nach dem Zweiten Weltkrieg ==
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== Shintōpolitik nach dem Zweiten Weltkrieg ==
  
 
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Nach der japanischen Niederlage im Zweiten Weltkrieg wurde der Staatsshinto unter ameri·kani·scher Besatzung bereits 1945 offiziell ab·ge·schafft. In der soge·nannten ''Shinto-Direktive'' der Amerikaner vom 15. Dezember 1945 heißt es:
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Nach der japanischen Nieder·lage im Zweiten Weltkrieg wurde der Staats·shintō unter ameri·kani·scher Besatzung bereits 1945 offiziell ab·ge·schafft. In der soge·nannten ''Shintō-Direktive'' der Amerikaner vom 15. Dezember 1945 heißt es:
 
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Jede [Maßnahme zur] Trägerschaft, Förderung, Fortsetzung, Kontrolle oder Ver·breitung des Shinto ist Personen im öffentlichen Dienst [...] untersagt und mit sofortiger Wirkung einzustellen.  <ref>Ü. nach Hardacre 1989: 167</ref>
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Jede [Maßnahme zur] Trägerschaft, Förderung, Fortsetzung, Kontrolle oder Ver·breitung des Shintō ist Personen im öffentlichen Dienst [...] untersagt und mit sofortiger Wirkung einzustellen.  <ref>Ü. nach Hardacre 1989: 167</ref>
 
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Am 1. Januar 1946 wandte sich der Tennō schließlich selbst —  zweifellos auf Druck der Besat·zungs·mächte —  an die Bevöl·kerung. In einer Rund·funk·an·sprache, die als „Proklamation des Menschseins“ (''Ningen sengen'') in die Geschichte einging, verkündete er:
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Am 1. Januar 1946 wandte sich der Tennō schließlich selbst —  zweifellos auf Druck der Besat·zungs·mächte —  an die Bevöl·kerung. In einer Rund·funk·an·sprache, die als „Proklamation des Mensch·seins“ (''Ningen sengen'') in die Geschichte einging, verkündete er:
 
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Die Bande zwischen Uns und Euch, dem Volk, sind seit jeher aus gegen·seiti·gem Vertrauen und liebe·vollem Respekt ge·flochten. Sie ent·standen nicht bloß aus Mythen und Legenden. Sie be·ruhen nicht auf dem Wahn, der Tennō sei ein Gott in Menschen·gestalt und das japanische Volk sei eine höher·wertige Rasse, vom Schicksal be·stimmt die Welt zu beherr·schen. <ref>Ü. nach Antoni 1998: 333. Dieser Ansprache war am 15. August 1945 die Kapitulationserklärung des Tennō via Radio vorangegangen. Es war das erste Mal gewesen, dass die Stimme des Tennō in der Öffentlichkeit zu hören war.</ref>
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Die Bande zwischen Uns und Euch, dem Volk, sind seit jeher aus gegen·seiti·gem Vertrauen und liebe·vollem Respekt ge·flochten. Sie ent·standen nicht bloß aus Mythen und Legenden. Sie be·ruhen nicht auf dem Wahn, der Tennō sei ein Gott in Menschen·gestalt und das japanische Volk sei eine höher·wertige Rasse, vom Schicksal be·stimmt die Welt zu beherr·schen. <ref>Ü. nach Antoni 1998: 333. Dieser Ansprache war am 15. August 1945 die Kapitulations·erklärung des Tennō via Radio vorangegangen. Es war das erste Mal gewesen, dass die Stimme des Tennō in der Öffentlichkeit zu hören war.</ref>
 
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Damit widerrief also der Tennō einerseits seine mythologisch begründete Göttlich·keit, nicht aber die grund·sätzliche Autorität, die ihm unter dem Staats·shinto zu·ge·sprochen wurde. Zweifellos ent·sprach auch dies dem Kalkül der Ameri·kaner, die sich ent·schlos·sen hatten, Japan mit Hilfe des Tennō zu reformieren.
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Damit wider·rief also der Tennō einerseits seine mythologisch begründete Göttlich·keit, nicht aber die grund·sätzliche Autorität, die ihm unter dem Staats·shintō zu·ge·sprochen wurde. Zweifellos ent·sprach auch dies dem Kalkül der Ameri·kaner, die sich ent·schlos·sen hatten, Japan mit Hilfe des Tennō zu reformieren.
  
Unter amerikanischer Besatzung wurde in der Folge die Trennung von Staat und Religion in der Ver·fassung ver·ankert, sämtliche Shinto Schreine, inklusive des {{Glossar:Isejinguu | Ise Schreins}}, wurden als religiöse Körper·schaften definiert und jeglicher staat·lichen Förderung ent·zogen. Auch der Religions·unterricht in öffent·lichen Schulen wurde untersagt. Religion (und darunter fällt seit 1945 auch der Shinto) gilt seither in Japan als reine Privatsache.
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Unter amerikanischer Besatzung wurde in der Folge die Trennung von Staat und Religion in der Ver·fassung ver·ankert, sämtliche Shintō-Schreine, inklusive des {{Glossar:Isejinguu | Ise Schreins}}, wurden als religiöse Körper·schaften definiert und jeglicher staat·lichen Förderung ent·zogen. Auch der Religions·unterricht in öffent·lichen Schulen wurde untersagt. Religion (und darunter fällt seit 1945 auch der Shintō) gilt seither in Japan als reine Privatsache.
  
Dennoch, oder vielleicht gerade deshalb, blieb die Ideologie des Staats·shinto un·auf·ge·arbeitet. Einzelne Religions·historiker wie etwa Shimazono Susumu argu·men·tieren sogar, dass der Staatshinto in der Person des Tennō, der ja nach wie vor auch religiöse Zere·monien voll·zieht, bis heute fort·besteht. Des weiteren ist nicht zu über·sehen, dass sich einzelne symbol·träch·tige Embleme des Staats·shinto, wie etwa der {{Glossar:Meijijinguu|Meiji Schrein}}  oder der {{Glossar:Yasukunijinja | Yasukuni Schrein}}, nach wie vor großer Beliebt·heit erfreuen. Auch wenn kritische Intellek·tuelle immer wieder Diskus·sionen über die Ab·schaffung aller Überbleibsel des Staats·shinto entfachen, bleibt die Grund·frage in der japani·schen Öffent·lichkeit un·ent·schieden: Muss man den Staats·shinto zur Gänze als Produkt eines über·wundenen oder zu über·windenden Ultra-Nationa·lismus ansehen oder ist er ein Ausdruck japa·nischer kultureller Identität, der zu einer gewissen Zeit lediglich ideo·logisch miss·braucht wurde?
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Dennoch, oder vielleicht gerade deshalb, blieb die Ideologie des Staats·shintō un·auf·ge·arbeitet. Einzelne Religions·historiker wie etwa Shimazono Susumu argu·men·tieren sogar, dass der Staats·shintō in der Person des Tennō, der ja nach wie vor auch religiöse Zere·monien voll·zieht, bis heute fort·besteht. Des weiteren ist nicht zu über·sehen, dass sich einzelne symbol·träch·tige Embleme des Staats·shintō, wie etwa der {{Glossar:Meijijinguu|Meiji Schrein}}  oder der {{Glossar:Yasukunijinja | Yasukuni Schrein}}, nach wie vor großer Beliebt·heit erfreuen. Auch wenn kritische Intellek·tuelle immer wieder Diskus·sionen über die Ab·schaffung aller Überbleibsel des Staats·shintō entfachen, bleibt die Grund·frage in der japani·schen Öffent·lichkeit un·ent·schieden: Muss man den Staats·shintō zur Gänze als Produkt eines über·wundenen oder zu über·windenden Ultra-Nationa·lismus ansehen oder ist er ein Ausdruck japa·nischer kultureller Identität, der zu einer gewissen Zeit lediglich ideo·logisch miss·braucht wurde?
  
 
==Diskussionspunkte==
 
==Diskussionspunkte==
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| Yasukuni Schrein
 
| Yasukuni Schrein
 
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Abschließend sind im folgenden einige Schlagworte genannt, die bis heute zu regel·mäßigen Aus·ein·ander·setzungen rund um den Staats·shinto führen:
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Abschließend sind im folgenden einige Schlagworte genannt, die bis heute zu regel·mäßigen Aus·ein·ander·setzungen rund um den Staats·shintō führen:
  
* {{glossar:yasukunijinja}}, Tokyo. Sicherlich das umstrittenste Reizthema. Der Yasukuni Schrein, wtl. „Schrein des friedlichen Landes“, ist eine Art Helden·tempel, in dem die Seelen der für Japan ge·fallenen Soldaten als Kami ver·ehrt werden. Er wurde Anfang der Meiji-Zeit errichtet und vom Staatsshinto be·sonders ge·fördert. Nach dem Krieg wurde er in den Status einer ge·wöhlichen staats·un·ab·hängigen Religions·ge·meinschaft ver·setzt, doch gibt es Be·strebungen, ihn wieder als Ort nationaler Feier·lich·keiten zu reaktivieren. Einige populistische Politiker statten dem Yasukuni Schrein daher immer wieder halb-offizielle Besuche ab, die kalkulierte Empörung seitens Chinas und Koreas und Applaus bei national gesinnten Wähler·schaften hervorrufen. (Mehr dazu auf der Sidepage [[Geschichte/Staatsshinto/Yasukuni | Yasukuni]].)
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* {{glossar:yasukunijinja}}, Tokyo. Sicherlich das umstrittenste Reiz·thema. Der Yasukuni Schrein, wtl. „Schrein des friedlichen Landes“, ist eine Art Helden·tempel, in dem die Seelen der für Japan ge·fallenen Soldaten als ''kami'' ver·ehrt werden. Er wurde Anfang der Meiji-Zeit errichtet und vom Staats·shintō be·sonders ge·fördert. Nach dem Krieg wurde er in den Status einer ge·wöhlichen staats·un·ab·hängigen Religions·ge·meinschaft ver·setzt, doch gibt es Be·strebungen, ihn wieder als Ort nationaler Feier·lich·keiten zu reaktivieren. Einige populistische Politiker statten dem Yasukuni Schrein daher immer wieder halb-offizielle Besuche ab, die kalkulierte Empörung seitens Chinas und Koreas und Applaus bei national gesinnten Wähler·schaften hervorrufen. (Mehr dazu auf der Sidepage [[Geschichte/Staatsshinto/Yasukuni | Yasukuni]].)
* {{glossar:kokutai}}, wtl. „Landeskörper“, „Nationalwesen“. Ein Begriff, durch den die nüchterne politische Struktur des Staates eine sakrale Aura erhalten sollte. Der bekannte Politologe Maruyama Masao wies darauf hin, dass die ''kokutai''-Ideologie in Japan ihre magische Bannkraft gerade des·halb ent·faltete und noch immer be·sitzt, weil sie den Japanern kaum je bewusst ge·macht wurde: „Ein scharfes Be·wusst·sein davon, welche magische Macht diese mit dem Wort ''kokutai'' be·zeichnete nicht·religiöse Religion besaß, fehlt der Nach·kriegs·generation bereits, während es der älteren Generation, welche dieser Magie völlig verfallen war [...], von Anbeginn abging.“ (Maruyama 1988, S. 45)
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* {{glossar:kokutai}}, wtl. „Landeskörper“, „Nationalwesen“. Ein Begriff, durch den die nüchterne politische Struktur des Staates eine sakrale Aura erhalten sollte. Der bekannte Politologe Maruyama Masao wies darauf hin, dass die ''kokutai''-Ideologie in Japan ihre magische Bann·kraft gerade des·halb ent·faltete und noch immer be·sitzt, weil sie den Japanern kaum je bewusst ge·macht wurde: „Ein scharfes Be·wusst·sein davon, welche magische Macht diese mit dem Wort ''kokutai'' be·zeichnete nicht·religiöse Religion besaß, fehlt der Nach·kriegs·generation bereits, während es der älteren Generation, welche dieser Magie völlig verfallen war [...], von Anbeginn abging.“ (Maruyama 1988, S. 45)
* {{glossar:shinkoku}} („Götterland“): Ein mit ''kokutai'' verwandter Begriff, der die Einzig·artig·keit Japans auf die die Tat·sache zurück·führt, dass es das „Land der Kami“ sei. Dieser Begriff hat eine lange Tradition, die sich bis zu den An·griffen der Mongolen (13. Jh.) und darüber hinaus zurück ver·folgen lässt (s. [[Geschichte/Shinto_Mittelalter | Shinto im Mittelalter]]). Unter dem Staats·shinto hatte der Begriff große Konjunktur, ver·schwand in der Folge weit·gehend aus dem politischen Diskurs, tauchte aber in einer Parlaments·rede von Premier·minister Mori Yoshiro im Jahr 2000 wieder auf und ent·fachte eine neue Welle von Argu·menten gegen bzw. für die Wieder·erstarkung nationa·listischen Denkens in Japan.
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* {{glossar:shinkoku}} („Götterland“): Ein mit ''kokutai'' verwandter Begriff, der die Einzig·artig·keit Japans auf die die Tat·sache zurück·führt, dass es das „Land der ''kami''“ sei. Dieser Begriff hat eine lange Tradition, die sich bis zu den An·griffen der Mongolen (13. Jh.) und darüber hinaus zurück ver·folgen lässt (s. [[Geschichte/Shinto_Mittelalter | Shintō im Mittelalter]]). Unter dem Staats·shintō hatte der Begriff große Konjunktur, ver·schwand in der Folge weit·gehend aus dem politischen Diskurs, tauchte aber in einer Parlaments·rede von Premier·minister Mori Yoshiro im Jahr 2000 wieder auf und ent·fachte eine neue Welle von Argu·menten gegen bzw. für die Wieder·erstarkung nationa·listischen Denkens in Japan.
 
* {{glossar:kannagaranomichi}} (wtl. „Weg des Gottseins“). ''Kannagara'' bedeutet ungefähr „eine Gottheit seiend“ und wird in einigen alten Texten auf den Tennō angewandt. Teil·weise taucht der Begriff auch als Lesung der Kanji-Zeichen von {{glossar:shintou}} auf.<ref>
 
* {{glossar:kannagaranomichi}} (wtl. „Weg des Gottseins“). ''Kannagara'' bedeutet ungefähr „eine Gottheit seiend“ und wird in einigen alten Texten auf den Tennō angewandt. Teil·weise taucht der Begriff auch als Lesung der Kanji-Zeichen von {{glossar:shintou}} auf.<ref>
Die klassische Textstelle stammt aus dem {{glossar:Nihonshoki}} (720), welches wiederum ein kaiserliches Edikt aus dem Jahr 647 zitiert. Dieses Edikt enthält die der Sonnengottheit {{glossar:amaterasu}} in den Mund gelegte Worte: „Meine Kinder sollen in ihrer Eigenschaft als Götter (''kannagara'') [die Welt] regieren.“ In einer Glosse bemerkt das ''Nihon shoki'' dazu: „''Kanngara'' bedeutet dem Weg der Götter ({{glossar:Shintou|''shintō''}}) zu folgen oder den Weg der Götter in sich zu tragen“ (Aston 1972, II, S. 226).
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Die klassische Text·stelle stammt aus dem {{glossar:Nihonshoki}} (720), welches wiederum ein kaiserliches Edikt aus dem Jahr 647 zitiert. Dieses Edikt enthält die der Sonnen·gottheit {{glossar:amaterasu}} in den Mund gelegte Worte: „Meine Kinder sollen in ihrer Eigenschaft als Götter (''kannagara'') [die Welt] regieren.“ In einer Glosse bemerkt das ''Nihon shoki'' dazu: „''Kanngara'' bedeutet dem Weg der Götter ({{glossar:Shintou|''shintō''}}) zu folgen oder den Weg der Götter in sich zu tragen“ (Aston 1972, II, S. 226).
 
</ref> In der Moderne bot der Be·griff reichlich Platz für alle möglichen mysti·fizie·renden Inter·pre·tationen, was „der Weg des Gottseins“ denn eigent·lich zu bedeuten habe.
 
</ref> In der Moderne bot der Be·griff reichlich Platz für alle möglichen mysti·fizie·renden Inter·pre·tationen, was „der Weg des Gottseins“ denn eigent·lich zu bedeuten habe.
 
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Schließlich gibt es eine fortdauernde Diskussion über die Kriegs·ver·antwortung des Tennō sowie seine Rolle im modernen Staat. Im Gegen·satz zum Staats·shinto wurde das Kaisertum ja nicht voll·kommen abgeschafft, es wurde ihm lediglich jede politische Ent·scheidungs·gewalt entzogen. Im religiösen Bereich, etwa im Zu·sammen·hang mit dem {{glossar:isejinguu|Ise Schrein}}, hält der Tennō aber bis heute gewisse rituelle Aufgaben inne. Darüber hinaus hat er selbst in der inter·natio·nalen Politik nach wie vor eine keines·wegs unbe·deu·tende reprä·sen·tative Funktion als „Symbol des Staates“, die sogar in der Verfassung ver·ankert ist. Daher erregte die Tatsache, dass Kaiser Hirohito ({{Glossar:Shouwatennou}}) un·ge·achtet seiner Rolle als Staats·ober·haupt vor dem Zweiten Weltkrieg sein Tennō-Amt auch nach dem Krieg bis zu seinem Tod be·kleidete, sowohl außer·halb Japans als auch bei einigen japani·schen Intel·lektuellen heftige Kritik.
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Schließlich gibt es eine fort·dauernde Diskussion über die Kriegs·ver·antwortung des Tennō, sowie seine Rolle im modernen Staat. Im Gegen·satz zum Staats·shintō wurde das Kaisertum ja nicht voll·kommen abgeschafft, es wurde ihm lediglich jede politische Ent·scheidungs·gewalt entzogen. Im religiösen Bereich, etwa im Zu·sammen·hang mit dem {{glossar:isejinguu|Ise Schrein}}, hält der Tennō aber bis heute gewisse rituelle Aufgaben inne. Darüber hinaus hat er selbst in der inter·natio·nalen Politik nach wie vor eine keines·wegs unbe·deu·tende reprä·sen·tative Funktion als „Symbol des Staates“, die sogar in der Verfassung ver·ankert ist. Daher erregte die Tatsache, dass Kaiser Hirohito ({{Glossar:Shouwatennou}}) un·ge·achtet seiner Rolle als Staats·ober·haupt vor dem Zweiten Weltkrieg sein Tennō-Amt auch nach dem Krieg bis zu seinem Tod be·kleidete, sowohl außer·halb Japans als auch bei einigen japani·schen Intel·lektuellen heftige Kritik.
  
 
{{Verweise
 
{{Verweise

Version vom 22. Juli 2015, 10:43 Uhr

Staatsshintō

Achtung: Sie sehen eine veraltete Version von https://religion-in-japan.univie.ac.at/Handbuch/Geschichte/Staatsshinto.

Die Errichtung des japanischen National·staats nach westlichem Muster begann mit der so·ge·nannten Meiji-Restau·ration (

Meiji Ishin 明治維新 (jap.)

Meiji Restauration, wtl. Meiji-Erneuerung, umfasst den politischen Umsturz 1867–68 und die nachfolgende Konsolidierung Japans als moderner Nationalstaat

Epoche

Der Begriff „Meiji Ishin“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Bilder

  • Namazue ise pferd 1855.jpg
  • Kayo fujin.jpg

). Diese hatte jedoch zunächst ganz andere Ziele als die „Verwest·lichung“ Japans. Der poli·tische Um·bruch zwischen 1867 und 68 wird genau des·halb als „Restauration“ be·zeichnet, weil er von dem Ideal ge·tragen war, zu den poli·tischen Ver·hältnis·sen des alten Japan, also zu einer zentra·listi·schen Monarchie rund um den

Tennō 天皇 (jap.)

jap. „Kaiser“-Titel, wtl. Herrscher des Himmels

Der Begriff „Tennō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Glossarseiten

Bilder

  • Heiseitenno.jpg
  • 3jingi.jpg
  • Tengu no ran.jpg

zurück·zu·kehren. Nach Jahr·hunder·ten der Be·deutungs·losig·keit sollte der kaiserliche Hof, angeführt vom jungen

Meiji Tennō 明治天皇 (jap.)

1852–1912; 122. japanischer Kaiser (r. 1867–1912); Namensgeber und politische Symbolfigur der Meiji-Zeit; Eigenname: Mutsuhito

Der Begriff „Meiji Tennō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Glossarseiten

Bilder

  • Meiji kenpo happu.jpg
  • Yasukuni meiji tenno.jpg
  • Meiji tenno2.jpg
  • Jinmu yoshitoshi.jpg
  • Meiji constitution 1889.jpg
  • Meijitenno1872.jpg
  • Meiji chiossone.jpg
  • Tenno chikanobu1878 gr.jpg

, wieder ins Zentrum der poli·tischen Macht gerückt werden. Dieses poli·tische Ziel sollte durch eine (Wieder-)Ver·eini·gung von Shintō-Ritus und poli·tischer Gewalt (

saisei itchi 祭政一致 (jap.)

Einheit von Ritus und Verwaltung bzw. von Religion und Staat

Konzept

Der Begriff „saisei itchi“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

) erfolgen. Das ideo·logi·sche System, das sich um diese poli·tische Ziel·set·zung heraus·bildete, bezeich·net man heute als Staats·shintō, jap.

kokka shintō 国家神道 (jap.)

Staatsshintō, staatliche Ideologie der Moderne vor dem 2. WK

Der Begriff „kokka shintō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

.

Im Hinter·grund der Forderung nach einer neuen politischen Auto·rität stand u.a. die Bedro·hung durch west·liche Mächte, die spätestens im Jahr 1853 in Gestalt der „Schwarzen Schiffe“ (

kurobune 黒舟 (jap.)

„Schwarze Schiffe“; volkstümliche Bezeichnung für die amerikanischen Kanonenboote, die 1853 die Öffnung Japans erzwangen

Geschichte

Der Begriff „kurobune“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Bilder

  • Kurobune.jpg

) des ameri·kani·schen Admirals Matthew Perry [Perry, Matthew (west.) 1794–1858; amerikanischer Admiral (Commodore), der 1853–1854 die Öffnung der japanischen Häfen für amerikanische Schiffe erwirkte] für die gesamte japa·nische Öffent·lich·keit sichtbar wurde (s. Bakumatsu-Zeit). Eine effek·tive Maß·nahme gegen diese Bedro·hung wurde immer weniger vom Shōgun und immer mehr vom Tennō erwartet. Ein bekann·ter Slogan aus den letzten Jahren der

Edo 江戸 (jap.)

Hauptstadt der Tokugawa-Shōgune, heute: Tōkyō; auch: Zeit der Tokugawa-Dynastie, 1600–1867 (= Edo-Zeit);

Ort, Epoche

Der Begriff „Edo“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Glossarseiten

Bilder

  • Oda Nobunaga.jpg
  • Namazu ken.jpg
  • Morokoshi kinmozui ziege.jpg
  • Morokoshi kinmozui drache.jpg
  • Morokoshi kinmozui pferd.jpg
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  • Onna daruma.jpg
  • Morokoshi kinmozui hahn.jpg
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  • Morokoshi kinmozui ochse.jpg
  • Kitsune ojiinari hiroshige.jpg
  • Junigu butsuzozui.jpg
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  • Morokoshi kinmozui ratte.jpg
  • Nikko karamon.jpg
  • Drachen hakozaki engi.jpg
  • Dainihonshi.jpg
  • Tokugawa koyasan.jpg
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  • Mito komon.jpg
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  • Morokoshi kinmozui schlange.jpg
  • Daruma togetsu.jpg
  • Emaden3.jpg

Geographische Lage

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Geographische Lage von Edo; s.a. Geo-Glossar

-Zeit, der diese Erwar·tungs·hal·tung charak·terisiert, lautete: „Ehre dem Tennō, fort mit den Barbaren“ (

sonnō jōi 尊王攘夷 (jap.)

„Ehrt den Kaiser, verjagt die Barbaren“; anti-westlicher Slogan des 19. Jh.s (Zitat aus den Frühling- und Herbstannalen des Konfuzius)

Konzept

Der Begriff „sonnō jōi“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Glossarseiten

Bilder

  • Tengu no ran.jpg
  • Ii naosuke.jpg

).

Tradition und Moderne

Die Ideen des Staats·shintō wurden u.a. von der

kokugaku 国学 (jap.)

„Lehre des Landes“, Nationale Schule, Nativismus; in der Edo-Zeit entstandene Gelehrtentradition, die ihren Fokus auf das nationale Erbe Japans richtete

Schulrichtung

Der Begriff „kokugaku“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Glossarseiten

Bilder

  • Azumamaro hokusai.jpg
  • Keichu hokusai.jpg
  • Taimenzu2.jpg
  • Atsutane.jpg

(„Nationale Schule“) und der Mito-Schule (

Mito-gaku 水戸学 (jap.)

Mito-Schule; konfuzianisch und Tennō-loyalistisch ausgerichtete Gelehrtentradition der Edo-Zeit mit Zentrum in Mito (heute Teil von Ibaraki-ken, nw. von Tōkyō)

Schulrichtung

Der Begriff „Mito-gaku“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Bilder

  • Aisawa seishisai.jpg

) formuliert, die sich im Laufe des neun·zehnten Jahr·hun·derts zu·neh·mend politi·siert hatten und den Umsturz der feudalen Ver·hält·nisse unter dem Toku·gawa Shōgunat ideo·logisch vor·berei·teten. Die Gelehrten dieser Schulen er·achte·ten das klassi·sche Alter·tum als eine Art gol·denes Zeit·alter, in dem sowohl der Tennō als auch die kami [kami (jap.) Gottheit; im engeren Sinne einheimische oder lokale japanische Gottheit, Schreingottheit (s. jinja), Gottheit des Shintō] von allen Japa·nern als natur·gege·bene Auto·ritä·ten an·er·kannt wurden, ohne dass explizite Gesetze oder Glau·bens·lehren von Nöten gewe·sen wären. Diese selbst·ver·ständ·liche An·erken·nung einer religiös-politi·schen Ordnung wurde als die Essenz des

Shintō 神道 (jap.)

Shintō; wtl. Weg der Götter, Weg der kami

Schulrichtung

Der Begriff „Shintō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Glossarseiten

, des Weges der kami, ange·sehen. Aus Sicht der kokugaku impli·zierte Shintō somit die Idee eines sakra·len König·tums. Auch diese Idee wurde durch das erwähnte Schlag·wort saisei itchi, die Einheit von Religion/Ritus und Staat/Verwaltung, ausgedrückt.

Die Utopien, die Japan Mitte des neun·zehnten Jahr·hunderts veränderten, waren also primär auf die Ver·gangen·heit gerichtet. Auch die sieg·reichen Refor·mer der Meiji-Zeit standen zu·nächst in dieser Tradition. Die Meiji Restau·ration unter·schied sich in diesem Punkt von den bürger·lichen Revolu·tionen, die Europa zu dieser Zeit bewegten, wurden diese doch im Namen einer wie immer gear·teten „Freiheit“ durch·geführt. In Japan, wo eine äußere Bedro·hung den Anlass zur Verän·derung lieferte, stand anstelle dieser Freiheit Nostalgie.

Achtung: Sie sehen eine veraltete Version von https://religion-in-japan.univie.ac.at/Handbuch/Geschichte/Staatsshinto. Trotz dieser unter·schiedlichen Aus·gangs·bedingungen führten die politischen Ver·änderungen in Europa und Japan gleicher·maßen zur Besin·nung auf nationale Werte. Obwohl dies eigentlich nationale Diver·genzen begünstigen sollte, bewegten sich Japan und die westlichen Staaten hinsichtlich ihrer gesellschaftlichen Entwicklung weiter auf einander zu. Dies wird auch aus dem „Fünf-Artikel-Eid“ von 1868 deutlich, der den Minimal-Konsens des neuen Regimes im Jahr 1868 formulierte und besiegelte. Aus diesem Dokument spricht einerseits das Vor·haben, neue Be·völkerungs·schichten an politischen Entscheidungs·prozessen teilhaben zu lassen, andererseits sollen „die Unsitten der Vergangenheit“ überwunden und Wissen aus aller Welt nutzbar gemacht werden. Dies markiert die ideologische Umkehr von einer rein tradi·tionalistischen Verteidigung „alter Werte“ zu einem prag·matischen Umgang mit globalen Trends.

Ein wichtiger Motor dieser konvergenten Ver·änderungen war die sogenannte „industrielle Revolution“. Diese entstand zwar in Europa, wurde aber von Japan mit nur geringfügiger Verspätung auf·genommen und mitgetragen. Nach dem erwähnten Kontakt mit den Schwarzen Schiffen (1853/54) bildete sich langsam ein allgemeiner Konsens, dass ein zu großer technischer Rück·stand gegenüber den westlichen Mächten früher oder später zur Kolonia·lisierung führen würde. Daher begann die tech·nische Aufrüstung des Militärs mit westlichen Waffen (v.a. mit Kriegs·schiffen) bereits vor 1868, was schließ·lich die ent·sprechende Umge·staltung der politisch-gesell·schaft·lichen Struktur des Landes unum·gänglich machte. Ab der Meiji-Zeit beob·achtete die politische Elite auch alle anderen Innova·tionen der west·lichen Staaten sehr genau, ließ sich von west·lichen Experten beraten und führte sie – zumeist mit leichten Modifikationen – auch im eigenen Lande ein. Dies führte notgedrungen zu einem Wider·spruch zwischen den Idealen der „Restauration“ und der gesell·schaft·lichen Wirklichkeit.

Das doppelte Gesicht des Tennō

Meiji tenno2.jpg
1
Kaiser Meiji (1852–1912) im 5. Jahr seiner Regierung mit eben erst 20 Jahren.
Werk von Uchida Kuichi. Meiji-Zeit, 1872. Bildquelle: Flickr, Claude Estébe.
Meijitenno1872.jpg
2
Die neuartige Militäruniform und der westlichen Stuhl scheinen für den jungen Kaiser Meiji noch ungewohnt gewesen zu sein.
Werk von Uchida Kuichi (1844–1875). 1873. Bildquelle: T Flickr, Claude Estèbe.
Meiji Tennō, 1872 und 1873

Der junge

Meiji Tennō 明治天皇 (jap.)

1852–1912; 122. japanischer Kaiser (r. 1867–1912); Namensgeber und politische Symbolfigur der Meiji-Zeit; Eigenname: Mutsuhito

Der Begriff „Meiji Tennō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Glossarseiten

Bilder

  • Tenno chikanobu1878 gr.jpg
  • Yasukuni meiji tenno.jpg
  • Meiji chiossone.jpg
  • Meiji kenpo happu.jpg
  • Jinmu yoshitoshi.jpg
  • Meiji tenno2.jpg
  • Meijitenno1872.jpg
  • Meiji constitution 1889.jpg

, der eher zufällig zugleich mit der Sieg der Tennō-Loyalisten an die Macht kam,1 wurde nicht nur zum wichtig·ste Emblem der Meiji-zeitlichen Erneue·rung, sondern erhielt auch — den unterschiedlichen Trieb·kräften der Restauration entsprechend — ein doppeltes Gesicht: Neben seinen sakral anmu·tenden tradi·tionellen Amts·roben trat er in einer voll·kommen neuen Gestalt auf, nämlich in Militär·uniform nach westlichem Muster.

Dieses doppelte Erschei·nungs·bild des Meiji Tennō spiegelt nicht nur die Zer·rissen·heit des dama·ligen Japan zwischen Traditio·nalis·mus und Moderne, es trägt auch die Para·doxe in sich, die sich in der Idee eines staats·tragen·den Shintō offen·baren. Dieser sollte die Ideo·logie für eine Ent·wick·lung bereit stellen, die eben nicht in erster Linie die Ver·gangen·heit wach rief, sondern von politi·scher Zentra·lisie·rung, verwal·tungs·techni·scher und militäri·scher Rationa·lisierung, sowie von tech·nologi·scher Er·neue·rung, kurz von der Moderni·sierung nach westlichem Muster geprägt war. Dennoch bediente sich diese Moderni·sierung, wo es möglich war, eines rituellen Gepräges, das der japani·schen Antike entnom·men war. Diesen Zwie·spalt ver·suchte man mit dem Schlag·wort „Japani·scher Geist — west·liche Technik“ (

wakon yōsai 和魂洋才 (jap.)

„Japanischer Geist, westliche Technik“; politischer Slogan der bakumatsu- und Meiji-Zeit

Konzept

Der Begriff „wakon yōsai“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

) zu über·brücken.2 Man meinte also, zwar äußerlich dem west·lichen Vorbild zu folgen, inner·lich aber sich selbst treu zu bleiben. Tat·sächlich regierte in der Meiji-Zeit jedoch ein schranken·loser Pragma·tismus, der im Grunde nur von einem Ziel bestimmt war: in macht·politi·scher Hinsicht mit den euro·päi·schen Mächten und Amerika gleich·zu·ziehen. Ob dies nun durch Rück·besin·nung auf alte Werte oder durch Über·nahme neuer Institu·tionen und Techniken zu erreichen wäre, unter·lag den momen·tanen Schwan·kungen der tages·poli·tischen Situation.

Shinto als Staatsreligion?

Trennung von Shintō und Buddhismus

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Eine Staats·religion zu haben erschien zunächst gerade aus der pragma·tischen Orientierung an Europa un·ab·ding·bar. Die meisten japani·schen Be·ob·achter der europäi·schen Ver·hältnisse machten nämlich das Christen·tum dafür ver·ant·wortlich, dass der Staat hier das Volk besser im Griff habe als in Japan. Die Meiji-Reformer suchten also nach einer ver·gleich·baren ideologi·schen Macht im eigenen Land. Da der Bud·dhis·mus durch seine Verbindung mit dem über·kom·menen Tokugawa Regime dafür nicht in Betracht kam (

terauke seido 寺請制度 (jap.)

System der buddhistischen Zertifikation der Rechtgläubigkeit

Institution

Der Begriff „terauke seido“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Glossarseiten

System), ent·schied man sich für Shintō und Tennō-Kult. Es war jedoch un·über·sehbar, dass der Shintō erst einmal neu gestaltet — um nicht zu sagen neu erfunden — werden musste, damit er eine dem Christen·tum ver·gleich·bare Rolle über·nehmen konnte. Er musste z.B. erst einmal säuberlich vom Bud·dhis·mus ge·trennt werden. Einer der ersten Erlasse der neuen Meiji-Regierung im Jahr 1868 ordnete daher die „Trennung von kami und Buddhas“ (

shinbutsu bunri 神仏分離 (jap.)

Trennung von kami und Buddhas; religionspolitische Maßnahme zur Entflechtung von buddh. Tempeln und Shintō-Schreinen; vereinzelt in der Edo-Zeit, vor allem aber für die frühe Meiji-Zeit (1868–1873) charakteristisch

Konzept

Der Begriff „shinbutsu bunri“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Bilder

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) an. Dies markierte einen Bruch mit der seit dem Alter·tum all·ge·mein·gül·tigen Auf·fassung, dass japani·sche kami im Grunde nur beson·dere Erschei·nungs·formen buddhis·tischer Wesen seien (s. honji suijaku). Dieser Bruch reali·sierte sich in der Praxis durch Maß·nahmen wie die Ab·schaf·fung bud·dhis·tischer Titel für die kami, die Um·benen·nung und Umwidmung von Shintō-Schreinen sowie die Zer·störung bud·dhis·tischer Statuen, vor allem wenn diese in Shintō-Schreinen verehrt worden waren. Es kam überdies landes·weit zu anti-buddhis·tischen Aus·schrei·tungen, bei·spiels·weise Tempel·plün·de·rungen, die von be·stehen·den Ressenti·ments gegenüber den Privilegien des bud·dhis·tischen Klerus in der Edo-Zeit (s. terauke System) angeheizt wurden.

Die neuen Maß·nahmen trafen aber nicht nur buddhistische Mönche, sondern auch viele Schrein·priester, da die meisten von ihnen ja gemein·sam mit den Mönchen in „Tempel-Schrein-Komplexen“ tätig gewe·sen waren. Ohne den institu·tionellen Schutz und das litur·gische Knowhow bud·dhis·tischer Tempel fehlte vielen Schrein·priestern schlicht die Existenz·grund·lage. Am härtesten traf die ver·ord·nete Trennung von Bud·dhis·mus und Shintō allerdings religiöse Misch·formen wie den Kult der

yamabushi 山伏 (jap.)

Bergasket, wtl. der in den Bergen schläft; Praktikant des Shugendō

Der Begriff „yamabushi“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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, der keiner der beiden Religionen ein·deutig zu·ge·ordnet werden konnte und daher zu Gänze verboten wurde.

Die „Verbreitung der Großen Lehre“

Während das Kräfte·verhältnis von Tempeln und Schreinen ungewiss blieb, übten westliche Mächte Druck auf die Meiji-Regie·rung aus, den Edo-zeitlichen Bann gegen das Christen·tum aufzuheben und der christlichen Missionierung neue Ent·faltungs·möglich·keiten zu geben. Diesen Forderungen wurde bereits 1873 statt gegeben, doch nährte diese Liberalisierung Ängste vor einer Über·fremdung, die vom Shintō allein nicht auf·gehalten werden konnte. Die meisten Führer der Restau·ration waren im übrigen keines·wegs gläubige Shintōisten. Sie neigten vor allem dem Kon·fuzianis·mus zu und sahen im Shintō lediglich ein dema·go·gisches Instru·ment zur Stär·kung des Tennōismus.

In dieser Situation entstand die Idee, alle traditionellen Religionen Japans in einer breiten Kampagne zur Ver·breitung von patrio·tischen Grund·sätzen zu bündeln. Zu diesem Zweck entstand eine anfangs staatlich koordinierte Initiative, die vor der fast unlösbaren Aufgabe stand, eine neue Staats·religion gleichzeitig zu formulieren und zu verbreiten. Diese Staats·religion wurde schlicht die „Große Lehre“ genannt. Sie sollte zwar ihre Basis in den Schreinen des Landes haben und vom 1869 revitali·sier·ten „Götteramt“ (

Jingi-kan 神祇官 (jap.)

Götteramt, wtl. Amt für Götter des Himmels und der Erde

Institution

Der Begriff „Jingi-kan“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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) koordiniert werden, doch sollten auch Bud·dhisten und andere an ihrer Verbreitung teilhaben können. Wahrscheinlich war man sich bewusst, dass man ganz ohne Bud·dhis·mus nicht über die nötige Masse von qualifiziertem päda·gogischen Personal verfügte. Die sogenannten „Drei Prinzipien der Großen Lehre“ wurden daher bewusst sehr offen und allgemein gehalten. Sie lauteten:

  1. Ehre die Götter, liebe dein Land
  2. Wisse um die Prinzipien des Himmels und den Weg des Menschen
  3. Ehre den Kaiser und gehorche dem kaiserlichen Hof (= Regierung)

Diese Prinzipien wurden um immer detail·liertere Zusätze ergänzt, die u.a. die Steuer·pflicht, die Schul·pflicht, den Militär·dienst und die Umstellung auf den westlichen Kalender erklärten.3 Es ging also kaum um transzendente „religiöse“ Inhalte, sondern um die Erziehung der Bevölkerung zu modernen Staats·bürgern.

Die offizielle Gründung der „Bewegung zur Verbreitung der Großen Lehre“ (

taikyō senpu undō 大教宣布運動 (jap.)

Kampagne des Großen Lernens oder auch Große Indoktrinierungs-Kampagne, 1870–1884; staatl. Initiative der frühen Meiji-Zeit zur Verbreitung der Ideale des Tennō-Loyalismus

Konzept, Geschichte

Der Begriff „taikyō senpu undō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

) erfolgte bereits 1870, doch erst 1872, nach Rückkehr der Iwakura Mission, begann die Bewegung ihre Arbeit ernsthaft aufzunehmen. Die verantwortliche staatliche Institution, das Götter·amt, wurde aus diesem Anlass in

Kyōbu-shō 教部省 (jap.)

Ministerium für religiöse Angelegenheiten, 1872–1877

Institution

Der Begriff „Kyōbu-shō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

, Ministerium für doktrinäre Angelegen·heiten, unbenannt. Die Basis der Kampagne bildeten offizielle Instruktoren (

kyōdōshoku 教導職 (jap.)

„nationale Evangelisten“; Missionare oder Instruktoren der Verbreitung der Großen Lehre

Der Begriff „kyōdōshoku“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

), deren Zahl Mitte der 70er Jahre bereits auf über 10.000 angestiegen war. Sie setzten sich aus Shintō-Priestern, bud·dhis·tischen Mönchen, aber auch weltlichen Pädagogen zusammen.4

In der Führungs·ebene standen sich jedoch gegnerische Fraktionen gegenüber, die zunächst in Bud·dhisten und Anti-Bud·dhisten zerfielen. 1875 verlagerte sich das Zentrum der Bewegung immer stärker nach

Ise 伊勢 (jap.)

vormoderne Provinz Ise (heute Präfektur Mie); Stadt Ise; Kurzbezeichnung für die Schreinanlage von Ise Ise Jingū

Ort, Schrein

Der Begriff „Ise“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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Geographische Lage

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Geographische Lage von Ise; s.a. Geo-Glossar

, was zu einer Betonung der shintōistischen Aspekte und schließlich zu einem demonstrativen Austritt der Bud·dhisten führte. Die „Shintōisten“ spalteten sich aber bald erneut in in verschiedenen Grup·pierungen der

kokugaku 国学 (jap.)

„Lehre des Landes“, Nationale Schule, Nativismus; in der Edo-Zeit entstandene Gelehrtentradition, die ihren Fokus auf das nationale Erbe Japans richtete

Schulrichtung

Der Begriff „kokugaku“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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Bilder

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-Schule auf, während sich der Staat zunehmend aus der Kampagne zurückzog.

Religiöse Freiheit in der Verfassung

Wie man aus den obigen Abschnitten erkennt, wurde der Staats·shintō während der Meiji-Zeit keines·wegs immer konsequent voran·ge·trieben, sondern trat im Gegen·teil bald gegen·über anderen politischen Zielen in den Hinter·grund: Zunächst wurde das Militär·wesen und dann ein Rechts·system nach west·lichem Muster eingeführt. Dieses Rechts·system nahm mit der Verfas·sung von 1889 Gestalt an. Es orientierte sich im wesentlichen am Deutschen Kaiser·reich, welches ja in der Tat fast zeitgleich (1871) mit dem modernen japani·schen Staat entstanden war. Die japanische Ver·fassung sah eine konsti·tutio·nelle Monarchie vor und garan·tierte darüber hinaus — mit einigen Ein·schrän·kungen — „religiöse Freiheit“ (Artikel 28). Von den Ideen des Staats·shintō blieben in der Verfas·sung kaum mehr als zwei Sätze über: „Der japanische Staat wird für alle Zeiten un·unter·brochen vom Tennō regiert und be·herrscht“ (Artikel 1); und: „Die Person des Tennō ist heilig und un·ver·letzlich“ (Artikel 3). Die Verfas·sung ließ jedoch sowohl die gött·liche Her·kunft des Tennō als auch seine priester·lichen Auf·gaben uner·wähnt. Auch von einer Staats·religion ist in diesem grund·legenden juristi·schen Dokument nicht die Rede.

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3 Meiji Tennō verkündet die neue Verfassung, 1889
Kaiser Meiji (re.) verkündet die Verfassung, 1889. (S.a. Bild:meiji_constitution_1889.jpg.)
Werk von Hashimoto Chikanobu (1838–1912). Meiji-Zeit, 1889. Museum of Fine Arts, Boston.

Tennōzentrismus

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4 Offizielles Portrait des Tennō ab 1888
Im Gegensatz zu früheren Portraits handelt es sich um keine Photographie, sondern um eine sogenannte Conté-Zeichnung des Meiji Tennō. Edoardo Chiossone war auch für das Design Meiji-zeitlicher Banknoten und anderer offizieller Bildmedien verantwortlich.
Werk von Edoardo Chiossone. Meiji-Zeit, 1888. Wikimedia Commons.

Dennoch herrschte innerhalb der maß·geblichen politischen und intellektu·ellen Kreise der Meiji-Zeit ein Grund·konsens, dass an der Institution des Tennō nicht zu rütteln sei. Der Tennō diente quasi als letzte Bastion, an der eine eigene, sowohl von China als auch vom Westen ver·schiedene, Identität fest·zu·machen war. Der breiten Mehrheit der Be·völke·rung war der Tennō dagegen zumindest am Anfang der Meiji-Zeit weitgehend unbekannt, da er während des gesam·ten japanischen Mittel·alters und der frühen Neuzeit kaum politisch in Er·scheinung getreten war. Es galt also zunächst, den Tennō zu einer all·ge·meinen Identifikations·figur zu machen. Diese Aufgabe wurde über zwei Schienen bewerkstelligt: einerseits über das all·ge·meine Erziehungs·wesen, andererseits über die Shintō-Schreine im ganzen Land. Dabei bediente man sich – von ein paar allge·meinen Phrasen abgesehen – eher ritueller als dogma·tischer Mittel:

  • In den Schul·höfen wurden kleine Schreine (
hōanden 奉安殿 (jap.)

Schreine zur Aufbewahrung des kaiserlichen Portraits (1880er Jahre bis 1945); meist in Schulhöfen

Schrein

Der Begriff „hōanden“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

) errichtet, die die Portraits des Tennō und seiner Gemahlin sowie eine Abschrift des Kaiserlichen Erziehungs·erlasses aufbewahrten. Schulische Versammlungen, bei denen der Erlass verlesen wurde, fanden vor diesen Schreinen statt. Lehrer wie Schüler hatten sich täglich tief vor diesen Schreinen zu ver·neigen, als ob sie es mit einer Gott·heit zu tun hätten. Taten sie das nicht, so wurden sie im Allge·meinen der Schule verwiesen. Achtung: Sie sehen eine veraltete Version von https://religion-in-japan.univie.ac.at/Handbuch/Geschichte/Staatsshinto.

  • Die allgemeinen Feiertage wurden landes·weit neu geregelt. Höfische Riten, die einst·mals nur vom Tennō selbst voll·zogen wurden, sollten nun in allen Schreinen statt·finden. Dazu kamen neue Feier·tage wie etwa der Jahres·tag der Reichs·grün·dung durch
Jinmu Tennō 神武天皇 (jap.)

wtl. „göttlicher Krieger“; gemäß den japanischen Mythen der erste menschliche Herrscher (Tennō) Japans; eigentlicher Name: Kami Yamato Iware-hiko no Sumera Mikoto 神日本磐余彦天皇 (Nihon shoki)

Fiktive Person

Der Begriff „Jinmu Tennō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Glossarseiten

Bilder

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, welcher getreu den mytho·logischen Chroniken auf den 11. Februar 660 v.u.Z. datiert wurde.

  • Jeder Staats·bürger war dazu ange·halten, an solchen Feier·tagen einen Schrein auf·zu·suchen und dort dem Tennō seine Reverenz zu erwei·sen (auch wenn der Schrein selbst viel·leicht keiner Ahnen·gott·heit des Tennō geweiht war). Die Schrein·priester wurden ihrer·seits nur am Rande in die Vereh·rung des Tennō ein·ge·bunden und führten groß·teils ihre tradi·tionel·len Riten weiter fort. Sie waren interes·santer·weise explizit dazu auf·ge·fordert, sich aus theo·logischen und missio·narischen An·ge·legen·heiten heraus zu halten.
  • Die Schreine wurden nach antikem Vorbild in ein landes·weites hier·archi·sches Rang·system ein·ge·gliedert, dem der Ise Schrein vor·stand. Schrein·priester wurden nach und nach als Beamte an·ge·sehen, erbliches Priester·tum wurde gesetz·lich untersagt.

In dieser Form erlangte der Staats·shintō im zwanzigsten Jahr·hundert — zu·nächst nach dem Russo-Japanischen Krieg (1904–05) und dann in der frühen Shōwa-Zeit (ab 1925) — seine volle Entfaltung: Ein diffuser religiös-historisch legitimierter Nationalismus machte sich in der öffent·lichen Erziehung und im japani·schen Alltag breit und wurde zu einer Massen·be·we·gung, ähn·lich dem Faschis·mus in den mit Japan ver·bün·deten Nationen Deutsch·land und Italien. Es gab jedoch für diese Ideo·logie keine dem Faschismus analoge Selbst·bezeichnung. Der Begriff „Staats·shintō“ war in dieser Zeit bestenfalls ein akademischer Terminus.5

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5 Meiji Tennō und seine Gemahlin umgeben von ihren kaiserlichen Ahnen
Meiji Tennō und seine Gemahlin umgeben von ihren kaiserlichen Ahnen:
Mitte: Die Urgötter Kuni no Tokotachi, Izanami und Izanagi, davor Kaiser Meiji und Kaiserin Shōken;
Rechts: Die Ahnengötter Amaterasu, Ninigi und Jinmu Tennō sowie die nahen Vorfahren Meijis, Kōmei (Tennō 121, r. 1846–1867) und Go-Sakuramachi (Tennō 117, r. 1762–1771, eigentlich eine Kaiserin!)
Links: Die mythologischen Ahnengötter Hiko Hohodemi und Hikonagisa Takeugaya Fukiaezu, sowie Go-Momozono (Tennō 118, r. 1771–1779), Kōkaku (Tennō 119, r. 1780–1817) und Ninkō (Tennō 120, r. 1817–1846).
Werk von Toyohara Chikanobu (1838–1912). Meiji-Zeit, 1878. Artelino.

Die „nicht-religiöse Natur“ des Shintō

Während der Tennō mehr und mehr in den Vorder·grund trat, verblasste die ursprüngliche Idee, Shintō zur Staats·religion zu erheben. Nicht nur die Schrein·priester, auch der Begriff „Shintō“ wurde ab dem In·kraft·treten der „Kaiser·lichen Ver·fas·sung“ (1889) in den Hinter·grund gedrängt. Dies hängt zweifel·los damit zusam·men, dass die Ver·fassung selbst aus·drücklich „Freiheit des Glaubens“ garan·tierte. Hätte man nun offiziell von einem Staats·shintō, bzw. einer shintō·istischen Staats·religion gesprochen, so wäre diese un·weiger·lich mit der Verfas·sung in Konflikt ge·raten. Aus diesem Grund wurden alle staat·lich ver·ordneten Formen der Tennō-Verehrung nicht als „religiöse Hand·lungen“, sondern als „staats·bürgerl·iche Pflichten“ be·zeich·net, auch wenn sie im Rahmen von Schrein·riten statt·fanden. Inner·halb des vor·herr·schen·den poli·ti·schen Diskurses wurde die Tennō Vereh·rung als eine Art erwei·terter Familien·kult inter·pretiert, da beide, Tennō und Unter·tanen gött·lichen Ursprungs seien, der Tennō also eine Art Vater des ge·samten Volkes darstellte. Dieser Kult war der „nicht-religiöse“ Shintō, den jeder Japaner zu be·folgen hatte und dem auch alle Schreine neben ihren sonstigen traditio·nellen Zere·monien zu huldigen hatten. Damit war es möglich, einen Staats·kult mit religiösen Ver·ehrungs·mustern zu fördern, ohne dass dies im Wider·spruch zur ver·fas·sungs·mäßig garantierten Religions·freiheit stand.

Dem entsprechend war von offizieller Seite ab Mitte der Meiji-Zeit weder von einer Staats·religion noch von einem Staats·shintō die Rede. Wenn Shintō explizit an·ge·sprochen wurde, dann als „Schrein Shintō“ (

jinja shintō 神社神道 (jap.)

Schreinshintō; im Ggs. zu „Sektenshintō“ (kyōha shintō), ...

Schulrichtung

Der Begriff „jinja shintō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Glossarseiten

). Dieser Schrein Shintō wurde in Regie·rungs·texten als nicht-religiöser Staatskult definiert und als solcher einem religiösen „Sekten Shintō“ (

shūha shintō 宗派神道 (jap.)

Sektenshintō, s.a. kyōha shintō

Schulrichtung

Der Begriff „shūha shintō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

) gegen·über gestellt (s. dazu auch Einführung: Shintō). Somit steht „Schrein Shintō“ im Kontext der Vor·kriegs·zeit für das, was später als „Staats·shintō“ be·zeichnet wurde. „Staats·shintō“ als Begriff setzte sich erst durch, nachdem das staats·shintōisti·sche System durch die ameri·kanische Shintō Direktive (1945, s.u.) offiziell ab·ge·schafft worden war. Der Begriff „Staats·shintō“ wurde also erst rück·wirkend auf die Reli·gions·politik vor dem Zweiten Weltkrieg angewendet.

Kokutai

Aus dem bisher Gesagten lässt sich bereits erkennen, dass der Begriff „Shintō“ im System des Staats·shintō weit seltener zu finden ist, als man a priori ver·muten würde. Die Schlag·worte, unter denen sich der Kult um Staat und Tennō festigte, laute·ten eher „Nationale Moral“, bzw. „Volksmoral“ (

kokumin dōtoku 国民道徳 (jap.)

„Nationale Moral“, „Volksmoral“; Schlagwort der nationalistischen Propaganda der Zwischenkriegszeit

Konzept

Der Begriff „kokumin dōtoku“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

) und „Nationaler Geist“/„Volksgeist“ (

kokumin seishin 国民精神 (jap.)

„Nationaler Geist“, „Volksgeist“; Schlagwort der nationalistischen Propaganda der Zwischenkriegszeit

Konzept

Der Begriff „kokumin seishin“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

). Der vielleicht wichtigste Begriff inner·halb der Ideologie des Staats·shintō ist jedoch das ominöse

kokutai 国体 (jap.)

Nationalwesen, wtl. „Landeskörper“

Konzept

Der Begriff „kokutai“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Glossarseiten

.

Kokutai, wtl. „Landeskörper“, könnte man un·vor·ein·ge·nommen mit „Staat“ oder „Staats·wesen“ über·setzen. Im Deutschen ruft eine derartige Über·setzung aber nicht den emotionalen Gehalt wach, der dem kokutai im Laufe der Zeit zu·ge·sprochen wurde. Insofern scheint Klaus Antonis Über·setzung „National·wesen“ treffender. Tat·säch·lich entzieht sich der Begriff aber einer Über·setzung, weil er in den ver·schie·densten Schriften der Vorkriegs·zeit eine Aura des Heiligen, Unan·tast·baren zu·ge·sprochen bekam, ohne dass je eine präzise Definition des Begriffs vor·ge·nommen worden wäre. Selbst juri·dische Texte sprachen von der Ver·letzung der Würde des kokutai, ohne zu klären, was kokutai sei. Ähn·liches gilt auch für Texte, die sich explizit mit kokutai be·schäftigen, wie das berüchtigte Kokutai no hongi („Grund·prinzipien [unseres] National·wesens“) aus dem Jahr 1937. Ein ge·meinsames Motiv aller kokutai Diskurse liegt jedoch darin, dass die Heiligkeit des Tennō, die zu·gleich die Heilig·keit des Staates ist, aus dem kokutai ab·ge·leitet wurde, welches selbst nicht mehr hinter·fragt werden konnte. Das einzige Motiv, das sich in vielen (wenn auch nicht in allen) kokutai-Beschreibungen immer wieder finden lässt, ist der Hinweis auf Japans „ungebrochene Folge dynastischer Herrschaft“, also die angeblich 2600 Jahre zurückreichende Dynastie des Tennō.

Die Göttlichkeit des Tennō

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Wo aber findet sich nun das berühmte Dogma, dass der Tennō selbst eine Gottheit in Menschen·gestalt (

arahitogami 現人神 (jap.)

(der Tennō als) Gottheit in menschlicher Gestalt

Der Begriff „arahitogami“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

) und seine Ab·stammung von der Sonnen·gott·heit ein histo·risches Faktum sei? Auch hier wird man in amtlichen oder halb-amtlichen Dokumenten kaum fündig. Eine wichtige Rolle spielte aber der „Kaiserliche Erziehungserlass“ aus dem Jahr 1890. Dieser kurze Text, in dem der Tennō persönlich zu seinen Unter·tanen spricht,6

enthält neben einem all·ge·mein ge·haltenen Aufruf zu Tugend und Patrio·tismus („unver·brüch·liche Treue gegen den Herrscher und Liebe zu den Eltern“) mehr·mals den Hinweis auf die „kaiser·lichen Vorfahren“ sowie auf das „Gedeihen Unserer wie Himmel und Erde ewig dauernden Dynastie“ (eine Paraphrase des mytho·logi·schen Herr·schafts·auf·trags durch

Amaterasu 天照 (jap.)

Sonnengottheit; Ahnherrin des Tennō-Geschlechts; Hauptgottheit von Ise

Der Begriff „Amaterasu“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Glossarseiten

Bilder

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  • Iwado kagura shunsai 1889.jpg
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  • Iwado toyokuni 1844.jpg
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). Der Text ver·weist damit indirekt auf die Mythen und die dort ge·schilderte göttliche Ab·stam·mung des Tennō Hauses, lässt es aber dahin·ge·stellt, in wie weit den dort ge·schil·derten Be·geb·nissen wörtlich Glauben zu schenken sei.

Nun wurde aber dieser Erziehungs·erlass in den Schulen zusammen mit den Portraits des kaiserlichen Paares gleich·sam religiös ver·ehrt und bei diversen An·lässen kollektiv rezitiert. Diese Ver·ehrung allein machte den Text gegen·über kritischen Ein·wänden immun und bot statt·dessen einen treff·lichen Anlass, die mytho·logi·schen Er·zäh·lungen vom Herrschafts·auftrag der Sonnen·gott·heit an ihren Enkel und die Er·oberung des ganzen Landes durch

Jinmu Tennō 神武天皇 (jap.)

wtl. „göttlicher Krieger“; gemäß den japanischen Mythen der erste menschliche Herrscher (Tennō) Japans; eigentlicher Name: Kami Yamato Iware-hiko no Sumera Mikoto 神日本磐余彦天皇 (Nihon shoki)

Fiktive Person

Der Begriff „Jinmu Tennō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Glossarseiten

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in den Schul·unterricht ein·fließen zu lassen. Es ist sicher kein Zufall, dass dieser Text gleich·zeitig mit dem Inkraft·treten der Ver·fas·sung und des Par·lamen·taris·mus (1890) ver·laut·bart wurde. Er stellte sozu·sagen das Gegen·gewicht zum neuen rechts·staat·lichen System dar, das hiermit in Kraft trat. Den Bürgern wurde mit dem Erzie·hung·serlass bewusst gemacht, dass sie sich gegen·über dem Tennō in einer sub·alter·nen Position befan·den, auf seine Gnade ange·wiesen waren, und dass diese Hierar·chie auch durch den Rechts·staat nicht in Zweifel gezogen werden konnte.7

All dies schloss aber keines·wegs aus, dass während der Meiji-Zeit eifrig an einem modernen Uni·versi·täts·system gear·beitet wurde, wo u.a. ernst·zu·neh·mende histo·rische Forschung zur Histori·zität der Mythen betrieben wurde. Selbst zum Shintō waren mit gewissen Einschränkungen unter·schied·liche Mei·nungen ge·stattet.8 Un·antast·bar blieb einzig und allein der Tennō selbst, so·dass auch die Frage, was man sich unter der Gött·lich·keit des Tennō vor·zu·stellen habe, kaum gestellt wurde.

Shintōpolitik nach dem Zweiten Weltkrieg

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6 Amerikanische Propaganda gegen den Staatsshinto
Plakat mit den wichtigsten Reformen zur Abschaffung des Staatsshintō im Sinne der Shintō Direktive (1946) durch die (amerikanische) Führung der Alliierten Kräfte (SCAP). Das Bild kontrastiert einen Shintō Priester, der als Marionette von Militär und Kapital dargestellt wird, mit einer friedlichen Menschenmenge in einem Schrein (Nikkō). Hinter einem zerbombten Haus ist als Symbol der Toleranz gegen fremde Religionen ein Kreuz zu sehen.
Nach 1945. Bildquelle: The Objective Standard, über Internet Archive.

Nach der japanischen Nieder·lage im Zweiten Weltkrieg wurde der Staats·shintō unter ameri·kani·scher Besatzung bereits 1945 offiziell ab·ge·schafft. In der soge·nannten Shintō-Direktive der Amerikaner vom 15. Dezember 1945 heißt es:

Jede [Maßnahme zur] Trägerschaft, Förderung, Fortsetzung, Kontrolle oder Ver·breitung des Shintō ist Personen im öffentlichen Dienst [...] untersagt und mit sofortiger Wirkung einzustellen. 9

Am 1. Januar 1946 wandte sich der Tennō schließlich selbst — zweifellos auf Druck der Besat·zungs·mächte — an die Bevöl·kerung. In einer Rund·funk·an·sprache, die als „Proklamation des Mensch·seins“ (Ningen sengen) in die Geschichte einging, verkündete er:

Die Bande zwischen Uns und Euch, dem Volk, sind seit jeher aus gegen·seiti·gem Vertrauen und liebe·vollem Respekt ge·flochten. Sie ent·standen nicht bloß aus Mythen und Legenden. Sie be·ruhen nicht auf dem Wahn, der Tennō sei ein Gott in Menschen·gestalt und das japanische Volk sei eine höher·wertige Rasse, vom Schicksal be·stimmt die Welt zu beherr·schen. 10

Damit wider·rief also der Tennō einerseits seine mythologisch begründete Göttlich·keit, nicht aber die grund·sätzliche Autorität, die ihm unter dem Staats·shintō zu·ge·sprochen wurde. Zweifellos ent·sprach auch dies dem Kalkül der Ameri·kaner, die sich ent·schlos·sen hatten, Japan mit Hilfe des Tennō zu reformieren.

Unter amerikanischer Besatzung wurde in der Folge die Trennung von Staat und Religion in der Ver·fassung ver·ankert, sämtliche Shintō-Schreine, inklusive des

Ise Jingū 伊勢神宮 (jap.)

kaiserlicher Ahnenschrein (wtl. Götterpalast) von Ise, Präfektur Mie, bestehend aus den Anlagen Gekū und Naikū

Schrein

Der Begriff „Ise Jingū“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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, wurden als religiöse Körper·schaften definiert und jeglicher staat·lichen Förderung ent·zogen. Auch der Religions·unterricht in öffent·lichen Schulen wurde untersagt. Religion (und darunter fällt seit 1945 auch der Shintō) gilt seither in Japan als reine Privatsache.

Dennoch, oder vielleicht gerade deshalb, blieb die Ideologie des Staats·shintō un·auf·ge·arbeitet. Einzelne Religions·historiker wie etwa Shimazono Susumu argu·men·tieren sogar, dass der Staats·shintō in der Person des Tennō, der ja nach wie vor auch religiöse Zere·monien voll·zieht, bis heute fort·besteht. Des weiteren ist nicht zu über·sehen, dass sich einzelne symbol·träch·tige Embleme des Staats·shintō, wie etwa der

Meiji Jingū 明治神宮 (jap.)

Schrein des Meiji Tennō in Tōkyō, err. 1920

Schrein

Der Begriff „Meiji Jingū“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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oder der

Yasukuni Jinja 靖国神社 (jap.)

Yasukuni Schrein, Tōkyō; Schrein zum Gedenken an Kriegsgefallene

Schrein

Der Begriff „Yasukuni Jinja“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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, nach wie vor großer Beliebt·heit erfreuen. Auch wenn kritische Intellek·tuelle immer wieder Diskus·sionen über die Ab·schaffung aller Überbleibsel des Staats·shintō entfachen, bleibt die Grund·frage in der japani·schen Öffent·lichkeit un·ent·schieden: Muss man den Staats·shintō zur Gänze als Produkt eines über·wundenen oder zu über·windenden Ultra-Nationa·lismus ansehen oder ist er ein Ausdruck japa·nischer kultureller Identität, der zu einer gewissen Zeit lediglich ideo·logisch miss·braucht wurde?

Diskussionspunkte

Achtung: Sie sehen eine veraltete Version von https://religion-in-japan.univie.ac.at/Handbuch/Geschichte/Staatsshinto. Abschließend sind im folgenden einige Schlagworte genannt, die bis heute zu regel·mäßigen Aus·ein·ander·setzungen rund um den Staats·shintō führen:

Yasukuni Jinja 靖国神社 (jap.)

Yasukuni Schrein, Tōkyō; Schrein zum Gedenken an Kriegsgefallene

Schrein

Der Begriff „Yasukuni Jinja“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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, Tokyo. Sicherlich das umstrittenste Reiz·thema. Der Yasukuni Schrein, wtl. „Schrein des friedlichen Landes“, ist eine Art Helden·tempel, in dem die Seelen der für Japan ge·fallenen Soldaten als kami ver·ehrt werden. Er wurde Anfang der Meiji-Zeit errichtet und vom Staats·shintō be·sonders ge·fördert. Nach dem Krieg wurde er in den Status einer ge·wöhlichen staats·un·ab·hängigen Religions·ge·meinschaft ver·setzt, doch gibt es Be·strebungen, ihn wieder als Ort nationaler Feier·lich·keiten zu reaktivieren. Einige populistische Politiker statten dem Yasukuni Schrein daher immer wieder halb-offizielle Besuche ab, die kalkulierte Empörung seitens Chinas und Koreas und Applaus bei national gesinnten Wähler·schaften hervorrufen. (Mehr dazu auf der Sidepage Yasukuni.)

kokutai 国体 (jap.)

Nationalwesen, wtl. „Landeskörper“

Konzept

Der Begriff „kokutai“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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, wtl. „Landeskörper“, „Nationalwesen“. Ein Begriff, durch den die nüchterne politische Struktur des Staates eine sakrale Aura erhalten sollte. Der bekannte Politologe Maruyama Masao wies darauf hin, dass die kokutai-Ideologie in Japan ihre magische Bann·kraft gerade des·halb ent·faltete und noch immer be·sitzt, weil sie den Japanern kaum je bewusst ge·macht wurde: „Ein scharfes Be·wusst·sein davon, welche magische Macht diese mit dem Wort kokutai be·zeichnete nicht·religiöse Religion besaß, fehlt der Nach·kriegs·generation bereits, während es der älteren Generation, welche dieser Magie völlig verfallen war [...], von Anbeginn abging.“ (Maruyama 1988, S. 45)

shinkoku 神国 (jap.)

wtl. „Götterland“

Konzept

Der Begriff „shinkoku“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

(„Götterland“): Ein mit kokutai verwandter Begriff, der die Einzig·artig·keit Japans auf die die Tat·sache zurück·führt, dass es das „Land der kami“ sei. Dieser Begriff hat eine lange Tradition, die sich bis zu den An·griffen der Mongolen (13. Jh.) und darüber hinaus zurück ver·folgen lässt (s.  Shintō im Mittelalter). Unter dem Staats·shintō hatte der Begriff große Konjunktur, ver·schwand in der Folge weit·gehend aus dem politischen Diskurs, tauchte aber in einer Parlaments·rede von Premier·minister Mori Yoshiro im Jahr 2000 wieder auf und ent·fachte eine neue Welle von Argu·menten gegen bzw. für die Wieder·erstarkung nationa·listischen Denkens in Japan.
kannagara no michi 随神の道 (jap.)

Alternativer Ausdruck für Shintō

Schulrichtung

Der Begriff „kannagara no michi“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

(wtl. „Weg des Gottseins“). Kannagara bedeutet ungefähr „eine Gottheit seiend“ und wird in einigen alten Texten auf den Tennō angewandt. Teil·weise taucht der Begriff auch als Lesung der Kanji-Zeichen von

Shintō 神道 (jap.)

Shintō; wtl. Weg der Götter, Weg der kami

Schulrichtung

Der Begriff „Shintō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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auf.11 In der Moderne bot der Be·griff reichlich Platz für alle möglichen mysti·fizie·renden Inter·pre·tationen, was „der Weg des Gottseins“ denn eigent·lich zu bedeuten habe.
Heiseitenno.jpg
7 Inthronisierungsfeier des Heisei Tennō
Das daijōsai, eigentlich eine Erntedankfeier anlässlich seiner Inthronisierung, ist die wichtigste Feier nach altem religiösem Muster, die ein Tennō begeht. Daneben vollzieht der Tennō aber noch einige Dutzend weitere shintoistische Riten pro Jahr.
Heisei-Zeit, 1990. Shintō Online Network Association, über Internet Archive.

Schließlich gibt es eine fort·dauernde Diskussion über die Kriegs·ver·antwortung des Tennō, sowie seine Rolle im modernen Staat. Im Gegen·satz zum Staats·shintō wurde das Kaisertum ja nicht voll·kommen abgeschafft, es wurde ihm lediglich jede politische Ent·scheidungs·gewalt entzogen. Im religiösen Bereich, etwa im Zu·sammen·hang mit dem

Ise Jingū 伊勢神宮 (jap.)

kaiserlicher Ahnenschrein (wtl. Götterpalast) von Ise, Präfektur Mie, bestehend aus den Anlagen Gekū und Naikū

Schrein

Der Begriff „Ise Jingū“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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, hält der Tennō aber bis heute gewisse rituelle Aufgaben inne. Darüber hinaus hat er selbst in der inter·natio·nalen Politik nach wie vor eine keines·wegs unbe·deu·tende reprä·sen·tative Funktion als „Symbol des Staates“, die sogar in der Verfassung ver·ankert ist. Daher erregte die Tatsache, dass Kaiser Hirohito (

Shōwa Tennō 昭和天皇 (jap.)

1901–1989; 124. Kaiser Japans; (r. 1926–1989); Eigenname: Hirohito.

Der Begriff „Shōwa Tennō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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) un·ge·achtet seiner Rolle als Staats·ober·haupt vor dem Zweiten Weltkrieg sein Tennō-Amt auch nach dem Krieg bis zu seinem Tod be·kleidete, sowohl außer·halb Japans als auch bei einigen japani·schen Intel·lektuellen heftige Kritik.

Verweise

Verwandte Themen

Fußnoten

  1. Schon Meiji's Vater,
    Kōmei Tennō 孝明天皇 (jap.)

    1831–1867; 121. Tennō Japans; (r. 1846–1867); letzter Tennō der Edo-Zeit, Vorgänger und Vater des Meiji Tennō

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    hatte sich aktiv am Nieder·gang des Shōgunats beteiligt, indem er ohne Rück·sprache weitreichende Befehle erteilte, die wieder zurück genommen werden mussten. Er starb allerdings aus nicht ganz geklärten Umständen im Jahr 1867, im Alter von 36 Jahren.
    
  2. Interessanter·weise handelt es sich dabei um die Ab·wandlung eines Schlag·wortes, das auf den Heian-zeitlichen Gelehrten
    Sugawara no Michizane 菅原道真 (jap.)

    845–903, Heian-zeitl. Staatsmann und Gelehrter; posthum als Tenman Tenjin vergöttlicht, heute Gott der Gelehrsamkeit

    Der Begriff „Sugawara no Michizane“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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    • Kitanotenjin engi metny.jpg
    • Kitanotenjin engi metny2.jpg
    • Gozu.jpg
    • Tobiume.jpg
    zurückgehen soll: wakon kansai 和魂漢才, „japanischer Geist, chinesische Technik“ (Wachutka 2013, S. 48). 
    
  3. Hardacre 1989, S. 45.
  4. Hardacre 1989, S. 45.
  5. In den Schriften von Religions·wissen·schaftlern wie Inoue Tetsujirō und Katō Genchi findet sich vereinzelt die Bezeichnung kokkateki shintō („staatlicher Shintō“, erst nach dem Zeiten Weltkrieg bürgerte sich kokka shintō („Staats·shintō“) ein. s. dazu Scheid 2013.
  6. Tatsächlich wurde der Erlass von einer Reihe von Intel·lektuellen unter Anleitung des Juristen Inoue Kowashi (1843–1895), einem der „Architekten“ der Meiji-Verfassung, formuliert (Doak 2012, S. 95–96).
  7. Dazu äußerte sich etwa der Rechtsexperte Ariga Nagao (1860–1921) folgendermaßen: „When the Constitution was granted in 1889, it was feared by some that the idea of 'the rights of the people' would destroy the idea of loyalty and patriotism, and the famous Rescript of Education was the result, which looked at humanity entirely from the standpoint of intellect, and excluded all element of faith and mystery.“ (Ariga Nagao, 1908, nach Holtom 1922, S. 78.)
  8. Ein berühmter Fall staats·shintōis·tischer Zensur ist der Fall des Historikers
    Kume Kunitake 久米邦武 (jap.)

    1839–1931, japanischer Gelehrter der Meiji-Zeit; als junger Mann Sekretär der Iwakura Mission (1871–73), später Professor für Geschichte an der Kaiserlichen Universität Tōkyō

    Gelehrte Person

    Der Begriff „Kume Kunitake“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

    (1839–1931). Als er 1891 einen Artikel mit dem Titel „Shintō, ein alter Brauch der Himmels·verehrung“ veröffentlichte, in dem er Shintō als historisches Relikt bezeichnete, wurde ihm im folgenden Jahr aufgrund von Protesten aus dem Lager der Shintō-Ideologen seine Professur an der Universität Tokyo entzogen.
    
  9. Ü. nach Hardacre 1989: 167
  10. Ü. nach Antoni 1998: 333. Dieser Ansprache war am 15. August 1945 die Kapitulations·erklärung des Tennō via Radio vorangegangen. Es war das erste Mal gewesen, dass die Stimme des Tennō in der Öffentlichkeit zu hören war.
  11. Die klassische Text·stelle stammt aus dem
    Nihon shoki 日本書紀 (jap.)

    Zweitältestes Schriftwerk und erste offizielle Reichschronik Japans (720)

    Text

    Der Begriff „Nihon shoki“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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    (720), welches wiederum ein kaiserliches Edikt aus dem Jahr 647 zitiert. Dieses Edikt enthält die der Sonnen·gottheit
    Amaterasu 天照 (jap.)

    Sonnengottheit; Ahnherrin des Tennō-Geschlechts; Hauptgottheit von Ise

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    • Uzume toyokuni.jpg
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    in den Mund gelegte Worte: „Meine Kinder sollen in ihrer Eigenschaft als Götter (kannagara) [die Welt] regieren.“ In einer Glosse bemerkt das Nihon shoki dazu: „Kanngara bedeutet dem Weg der Götter (
    Shintō 神道 (jap.)

    Shintō; wtl. Weg der Götter, Weg der kami

    Schulrichtung

    Der Begriff „Shintō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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    ) zu folgen oder den Weg der Götter in sich zu tragen“ (Aston 1972, II, S. 226).

Internetquellen

Siehe auch Internetquellen


Letzte Überprüfung der Linkadressen: Aug. 2010

Literatur

Siehe auch Literaturliste

Klaus Antoni, Shintō und die Konzeption des japanischen Staatswesens (kokutai). Leiden: Brill, 1998.
William George Aston (Ü.), Nihongi: Chronicles of Japan from the Earliest Times to A.D. 697. Rutland, Vt: Tuttle, 1972. (Online.) [Erste Ausgabe: London 1896.]
Kevin Doak, A History of Nationalism in Modern Japan: Placing the People. Leiden, Boston: Brill, 2012.
Peter Fischer, „Versuche einer Wiederbelebung von Staatsreligion im heutigen Japan unter besonderer Berücksichtigung der Entwicklungsgeschichte des Staats-Shintō“. In: Peter Schalk (Hg.), Zwischen Säkularismus und Hierokratie. Uppsala: Acta Universitatis Upsaliensis, 2001, 209–247.
Helen Hardacre, Shinto and the State, 1868–1988. Princeton: Princeton University Press, 1991.
Daniel Clarence Holtom, The Political Philosophy of Modern Shintō: A Study of the State Religion of Japan.
Dissertation, University of Chicago, 1922. [Transactions of the Asiatic Society of Japan 49: part 2 (1922).]
Daniel Clarence Holtom, Modern Japan and Shinto Nationalism: A Study of Present-Day Trends in Japanese Religions. New York: Paragon Book Reprint, 1963. [3. erw. Auflage; 1. Auflage 1943.]
Peter Kleinen, „Shinto und Christentum: Streiflichter des Aufeinandertreffens zweier Religionen in der Meiji-Zeit“. In: Beiträge zur Japanforschung. Festgabe für Peter Pantzer zu seinem sechzigsten Geburtstag. Bonn: Bier'sche Verlagsanstalt, 2002.
Ernst Lokowandt, Die rechtliche Entwicklung des Staats-Shintō in der ersten Hälfte der Meiji-Zeit, 1868–1890. Wiesbaden: Harrassowitz, 1978.
Maruyama Masao, Denken in Japan. Frankfurt/Main: Suhrkamp, 1988. [Herausgegeben und aus dem Japanischen von Wolfgang Schamoni und Wolfgang Seifert. Jap. Originalausgabe Nihon no shisō, 1957.]
Bernhard Scheid, „Introduction: Shinto Studies and the Nonreligious-Shrine Doctrine“. In: Bernhard Scheid, Kate Wildman Nakai (Hg.), Kami Ways in Nationalist Territory: Shinto Studies in Prewar Japan and the West. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 2013, 1–21.
Shimazono Susumu 島薗進, Kokka shintō to Nihonjin 国家神道と日本人. Tōkyō: Iwanami Shoten, 2010.
Michael Wachutka, Kokugaku in Meiji-period Japan: The Modern Transformation of ‘National Learning’ and the Formation of Scholarly Societies. Leiden, Boston: Global Oriental, 2013.
Yijiang Zhong, The Origin of Modern Shinto in Japan: The Vanquished Gods of Izumo. London: Bloomsbury, 2016. [Bloomsbury Shinto Studies.]
Klaus Antoni, Shintō und die Konzeption des japanischen Staatswesens (kokutai). Leiden: Brill, 1998.
Klaus Antoni, e.a. (Hg.), Religion and National Identity in the Japanese Context. Hamburg: Lit Verlag, 2002.
Kevin Doak, A History of Nationalism in Modern Japan: Placing the People. Leiden, Boston: Brill, 2012.
Helen Hardacre, Shinto and the State, 1868–1988. Princeton: Princeton University Press, 1991.
Peter Fischer, „Versuche einer Wiederbelebung von Staatsreligion im heutigen Japan unter besonderer Berücksichtigung der Entwicklungsgeschichte des Staats-Shintō“. In: Peter Schalk (Hg.), Zwischen Säkularismus und Hierokratie. Uppsala: Acta Universitatis Upsaliensis, 2001, 209–247.
Michael Wachutka, Kokugaku in Meiji-period Japan: The Modern Transformation of ‘National Learning’ and the Formation of Scholarly Societies. Leiden, Boston: Global Oriental, 2013.

Ältere Werke:

Daniel Clarence Holtom, The Political Philosophy of Modern Shintō: A Study of the State Religion of Japan.
Dissertation, University of Chicago, 1922. [Transactions of the Asiatic Society of Japan 49: part 2 (1922).]
(sehr informativ!)
Daniel Clarence Holtom, Modern Japan and Shinto Nationalism: A Study of Present-Day Trends in Japanese Religions. New York: Paragon Book Reprint, 1963. [3. erw. Auflage; 1. Auflage 1943.]
Maruyama Masao, Denken in Japan. Frankfurt/Main: Suhrkamp, 1988. [Herausgegeben und aus dem Japanischen von Wolfgang Schamoni und Wolfgang Seifert. Jap. Originalausgabe Nihon no shisō, 1957.]

Primärquellen:

William George Aston (Ü.), Nihongi: Chronicles of Japan from the Earliest Times to A.D. 697. Rutland, Vt: Tuttle, 1972. (Online.) [Erste Ausgabe: London 1896.]

Bilder

Quellen und Erläuterungen zu den Bildern auf dieser Seite

  1. ^ 
    Meiji tenno2.jpg
    Kaiser Meiji (1852–1912) im 5. Jahr seiner Regierung mit eben erst 20 Jahren.
    Werk von Uchida Kuichi. Meiji-Zeit, 1872. Bildquelle: Flickr, Claude Estébe.
  2. ^ 
    Meijitenno1872.jpg
    Die neuartige Militäruniform und der westlichen Stuhl scheinen für den jungen Kaiser Meiji noch ungewohnt gewesen zu sein.
    Werk von Uchida Kuichi (1844–1875). 1873. Bildquelle: T Flickr, Claude Estèbe.
  3. ^ 
    Meiji kenpo happu.jpg
    Kaiser Meiji (re.) verkündet die Verfassung, 1889. (S.a. Bild:meiji_constitution_1889.jpg.)
    Werk von Hashimoto Chikanobu (1838–1912). Meiji-Zeit, 1889. Museum of Fine Arts, Boston.
  4. ^ 
    Meiji chiossone.jpg
    Im Gegensatz zu früheren Portraits handelt es sich um keine Photographie, sondern um eine sogenannte Conté-Zeichnung des Meiji Tennō. Edoardo Chiossone war auch für das Design Meiji-zeitlicher Banknoten und anderer offizieller Bildmedien verantwortlich.
    Werk von Edoardo Chiossone. Meiji-Zeit, 1888. Wikimedia Commons.
  1. ^ 
    Tenno chikanobu1878 gr.jpg
    Meiji Tennō und seine Gemahlin umgeben von ihren kaiserlichen Ahnen:
    Mitte: Die Urgötter Kuni no Tokotachi, Izanami und Izanagi, davor Kaiser Meiji und Kaiserin Shōken;
    Rechts: Die Ahnengötter Amaterasu, Ninigi und Jinmu Tennō sowie die nahen Vorfahren Meijis, Kōmei (Tennō 121, r. 1846–1867) und Go-Sakuramachi (Tennō 117, r. 1762–1771, eigentlich eine Kaiserin!)
    Links: Die mythologischen Ahnengötter Hiko Hohodemi und Hikonagisa Takeugaya Fukiaezu, sowie Go-Momozono (Tennō 118, r. 1771–1779), Kōkaku (Tennō 119, r. 1780–1817) und Ninkō (Tennō 120, r. 1817–1846).
    Werk von Toyohara Chikanobu (1838–1912). Meiji-Zeit, 1878. Artelino.
  2. ^ 
    Scap shinto.jpg
    Plakat mit den wichtigsten Reformen zur Abschaffung des Staatsshintō im Sinne der Shintō Direktive (1946) durch die (amerikanische) Führung der Alliierten Kräfte (SCAP). Das Bild kontrastiert einen Shintō Priester, der als Marionette von Militär und Kapital dargestellt wird, mit einer friedlichen Menschenmenge in einem Schrein (Nikkō). Hinter einem zerbombten Haus ist als Symbol der Toleranz gegen fremde Religionen ein Kreuz zu sehen.
    Nach 1945. Bildquelle: The Objective Standard, über Internet Archive.
  3. ^ 
    Heiseitenno.jpg
    Das daijōsai, eigentlich eine Erntedankfeier anlässlich seiner Inthronisierung, ist die wichtigste Feier nach altem religiösem Muster, die ein Tennō begeht. Daneben vollzieht der Tennō aber noch einige Dutzend weitere shintoistische Riten pro Jahr.
    Heisei-Zeit, 1990. Shintō Online Network Association, über Internet Archive.

Glossar

Namen und Fachbegriffe auf dieser Seite

  • Amaterasu 天照 ^ Sonnengottheit; Ahnherrin des Tennō-Geschlechts; Hauptgottheit von Ise
  • arahitogami 現人神 ^ (der Tennō als) Gottheit in menschlicher Gestalt
  • Edo 江戸 ^ Hauptstadt der Tokugawa-Shōgune, heute: Tōkyō; auch: Zeit der Tokugawa-Dynastie, 1600–1867 (= Edo-Zeit);
  • fukko shintō 復古神道 ^ „Restauration des antiken Shintō“; Restaurations-Shintō
  • Holtom, Daniel Clarence (west.) ^ 1884–1962; christlicher Missionar, Theologe und Japanologe mit besonderem Schwerpunkt auf Shintō
  • hōanden 奉安殿 ^ Schreine zur Aufbewahrung des kaiserlichen Portraits (1880er Jahre bis 1945); meist in Schulhöfen
  • Ise 伊勢 ^ vormoderne Provinz Ise (heute Präfektur Mie); Stadt Ise; Kurzbezeichnung für die Schreinanlage von Ise Ise Jingū
  • Ise Jingū 伊勢神宮 ^ kaiserlicher Ahnenschrein (wtl. Götterpalast) von Ise, Präfektur Mie, bestehend aus den Anlagen Gekū und Naikū
  • Iwakura Shisetsudan 岩倉使節団 ^ Iwakura-Mission; diplomatische Delegation unter Führung von Iwakura Tomomi, die im Rahmen einer Weltreise von 1871 bis 1873 Amerika sowie mehrere Länder Europas besuchte
  • Iwakura Tomomi 岩倉具視 ^ 1825–1883; Staatsmann der Meiji-Zeit; Leiter der Iwakura Mission Iwakura Shisetsudan, 1871–1873)
  • Jingi-kan 神祇官 ^ Götteramt, wtl. Amt für Götter des Himmels und der Erde
  • jingūji 神宮寺 ^ an einen Schrein angeschlossener Tempel, Tempel-Schrein Komplex
  • jinja shintō 神社神道 ^ Schreinshintō; im Ggs. zu „Sektenshintō“ (kyōha shintō), ...
  • Jinmu Tennō 神武天皇 ^ wtl. „göttlicher Krieger“; gemäß den japanischen Mythen der erste menschliche Herrscher (Tennō) Japans; eigentlicher Name: Kami Yamato Iware-hiko no Sumera Mikoto 神日本磐余彦天皇 (Nihon shoki)
  • kami^ Gottheit; im engeren Sinne einheimische oder lokale japanische Gottheit, Schreingottheit (s. jinja), Gottheit des Shintō
  • kannagara no michi 随神の道 ^ Alternativer Ausdruck für Shintō
  • kokka shintō 国家神道 ^ Staatsshintō, staatliche Ideologie der Moderne vor dem 2. WK
  • kokugaku 国学 ^ „Lehre des Landes“, Nationale Schule, Nativismus; in der Edo-Zeit entstandene Gelehrtentradition, die ihren Fokus auf das nationale Erbe Japans richtete
  • kokumin dōtoku 国民道徳 ^ „Nationale Moral“, „Volksmoral“; Schlagwort der nationalistischen Propaganda der Zwischenkriegszeit
  • kokumin seishin 国民精神 ^ „Nationaler Geist“, „Volksgeist“; Schlagwort der nationalistischen Propaganda der Zwischenkriegszeit
  • kokutai 国体 ^ Nationalwesen, wtl. „Landeskörper“
  • Kokutai no hongi 国体の本義 ^ Ein Lehrbuch, welches 1937 vom japanischen Bildungsministerium veröffentlicht wurde; wtl. „Grundsätzliche Prinzipien des Japanischen kokutai
  • kurobune 黒舟 ^ „Schwarze Schiffe“; volkstümliche Bezeichnung für die amerikanischen Kanonenboote, die 1853 die Öffnung Japans erzwangen
  • Kyōbu-shō 教部省 ^ Ministerium für religiöse Angelegenheiten, 1872–1877
  • kyōdōshoku 教導職 ^ „nationale Evangelisten“; Missionare oder Instruktoren der Verbreitung der Großen Lehre
  • Kyōiku chokugo 教育勅語 ^ Kaiserlicher Erziehungserlass; erlassen am 30. Oktober 1890 durch Meiji Tennō
  • Maruyama Masao 丸山眞男 ^ 1914–1996; jap. Politikwissenschaftler und Historiker
  • Meiji Ishin 明治維新 ^ Meiji Restauration, wtl. Meiji-Erneuerung, umfasst den politischen Umsturz 1867–68 und die nachfolgende Konsolidierung Japans als moderner Nationalstaat
  • Meiji Jingū 明治神宮 ^ Schrein des Meiji Tennō in Tōkyō, err. 1920
  • Meiji Tennō 明治天皇 ^ 1852–1912; 122. japanischer Kaiser (r. 1867–1912); Namensgeber und politische Symbolfigur der Meiji-Zeit; Eigenname: Mutsuhito
  • Mito-gaku 水戸学 ^ Mito-Schule; konfuzianisch und Tennō-loyalistisch ausgerichtete Gelehrtentradition der Edo-Zeit mit Zentrum in Mito (heute Teil von Ibaraki-ken, nw. von Tōkyō)
  • Mori Yoshirō 森喜朗 ^ 1937–; konservativer japanischer Politiker und Premierminister, 2000–2001
  • Ningen sengen 人間宣言 ^ wtl. Proklamation des Menschseins; Bezeichnung für die erste Rundfunkrede des Shōwa Tennō nach dem 2. Weltkrieg, am 1. 1. 1946, in der dieser bekräftigte, kein Gott, sondern ein normaler Mensch zu sein.
  • Perry, Matthew (west.) ^ 1794–1858; amerikanischer Admiral (Commodore), der 1853–1854 die Öffnung der japanischen Häfen für amerikanische Schiffe erwirkte
  • saisei itchi 祭政一致 ^ Einheit von Ritus und Verwaltung bzw. von Religion und Staat
  • sanjō no kyōsoku 三条の教則 ^ die drei elementaren Prinzipien oder Lehrsätze der „Großen Lehre“ (taikyō), also der Staatsideologie der frühen Meiji-Zeit, die 1872 erlassen wurden; auch sanjō no kyōken
  • Shimazono Susumu 島薗進 ^ 1948–; japanischer Religionshistoriker, lehrte an der Universität Tōkyō
  • shinbutsu bunri 神仏分離 ^ Trennung von kami und Buddhas; religionspolitische Maßnahme zur Entflechtung von buddh. Tempeln und Shintō-Schreinen; vereinzelt in der Edo-Zeit, vor allem aber für die frühe Meiji-Zeit (1868–1873) charakteristisch
  • shinkoku 神国 ^ wtl. „Götterland“
  • Shintō 神道 ^ Shintō; wtl. Weg der Götter, Weg der kami
  • Shōgun 将軍 ^ Shōgun; Titel der Militärherrscher aus dem Kriegeradel (bushi, Samurai)
  • Shōwa 昭和 ^ Regierungszeit des Tennō Hirohito (1926–1989)
  • Shōwa Tennō 昭和天皇 ^ 1901–1989; 124. Kaiser Japans; (r. 1926–1989); Eigenname: Hirohito.
  • shūha shintō 宗派神道 ^ Sektenshintō, s.a. kyōha shintō
  • sonnō jōi 尊王攘夷 ^ „Ehrt den Kaiser, verjagt die Barbaren“; anti-westlicher Slogan des 19. Jh.s (Zitat aus den Frühling- und Herbstannalen des Konfuzius)
  • taikyō 大教 ^ wtl. große Lehre; Staatsideologie der frühen Meiji-Zeit
  • taikyō senpu undō 大教宣布運動 ^ Kampagne des Großen Lernens oder auch Große Indoktrinierungs-Kampagne, 1870–1884; staatl. Initiative der frühen Meiji-Zeit zur Verbreitung der Ideale des Tennō-Loyalismus
  • Tennō 天皇 ^ jap. „Kaiser“-Titel, wtl. Herrscher des Himmels
  • Tokugawa 徳川 ^ Kriegerdynastie, die während der Edo- oder Tokugawa-Zeit (1603–1867) das Amt des Militärmachthabers (Shōgun) inne hatte.
  • wakon yōsai 和魂洋才 ^ „Japanischer Geist, westliche Technik“; politischer Slogan der bakumatsu- und Meiji-Zeit
  • yamabushi 山伏 ^ Bergasket, wtl. der in den Bergen schläft; Praktikant des Shugendō
  • Yasukuni Jinja 靖国神社 ^ Yasukuni Schrein, Tōkyō; Schrein zum Gedenken an Kriegsgefallene

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