Bauten/Bekannte Schreine/Ise: Unterschied zwischen den Versionen

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{{titel | Die Schreinanlage von Ise}}
 
{{titel | Die Schreinanlage von Ise}}
  
{{fl|D}}ie Bedeutung der Schreinanlage von  {{glossar:Isejinguu|Ise}} spiegelt sich weniger in einem einzelnen Gebäude als in der Ausdehnung und der schieren Anzahl von Schreingebäuden, die zu „Ise“ gezählt werden.  
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{{fl|D}}ie Bedeutung der Schreinanlage von  {{glossar:Isejinguu|Ise}} spiegelt sich nicht in einem einzelnen Gebäude, sondern in der Ausdehnung und der schieren Anzahl von Schreingebäuden, die zu „Ise“ gezählt werden. Auch ihr archaischer Baustil und ihr Bezug zur Mythologie der Sonnengottheit {{glossar:amaterasu}}  sind Teil des Charismas von Ise. Vor allem aber ist Ise der Ahnenschrein des Tennō, was sich bereits im Namen widerspiegelt: {{glossar:jinguu}}, wtl. „Götterpalast“ ist eine Bezeichnung, die nur Schreinen von kaiserlichen Ahnengottheiten zusteht. Obwohl dazu auch Schreine wie der {{glossar:Atsutajinguu}} oder der {{glossar:Meijijinguu}} zählen, ist klar, dass von Ise die Rede ist, wenn ''jingū'' ohne spezifischen Zusatz verwendet wird.
Neben der Ausdehnung der Anlage sind auch ihr archaischer Baustil und ihr Bezug zur Mythologie der Sonnengottheit {{glossar:amaterasu}}  Teil des Charismas von Ise. Die Hauptgebäude sind durch einen vierfachen Zaun von der Allgemeinheit getrennt, als normaler Besucher bekommt man lediglich die Spitzen der Dächer zu Gesicht. Abgesehen von den örtlichen Priestern dürfen nur Mitglieder der kaiserlichen Familie in die innersten Schrein·bereiche vordringen.  
 
  
 
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Dank der Beziehung zum Kaiserhaus zeichnet sich  Ise durch eine besondere Exklusivität aus. Die Hauptgebäude sind durch einen vierfachen Zaun von der Allgemeinheit getrennt, als normaler Besucher bekommt man lediglich die Spitzen der Dächer zu Gesicht. Abgesehen von den örtlichen Priestern dürfen nur Mitglieder der kaiserlichen Familie in die innersten Schrein·bereiche vordringen.
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== Schreinanlage und Neuerrichtung ==
 
== Schreinanlage und Neuerrichtung ==
  
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Die beiden etwa gleich großen Hauptschreine, der Innere Schrein ({{glossar:naikuu}}) und der Äußere Schrein ({{glossar:gekuu}}), bilden die Zentren der Anlage. Sie sind etwas mehr als 4 km Luftlinie von einander entfernt und lagen ehemals in zwei separaten Dörfern. Daneben  zählen noch 123 weitere Schreinkonstruktionen zur gesamten Anlage, die über die heutige Stadt Ise und ihre Umgebung verstreut sind. Alle Einzelschreine sind im Stil der Hauptgebäude gehalten und werden ebenso wie diese im Abstand von zwanzig Jahren abgerissen und neu errichtet. Auch {{glossar:torii}} und Brücken sowie die sogenannten Schreinschätze, die niemand zu Gesicht bekommt, sind Teil der rituellen Wieder·errichtung. Dabei dürfen nur traditionelle Materialien und Techniken zum Einsatz kommen, selbst der Gebrauch von maschinellen Sägen und Hobeln ist untersagt.  
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Die beiden etwa gleich großen Hauptschreine, der Innere Schrein ({{glossar:naikuu}}) und der Äußere Schrein ({{glossar:gekuu}}), bilden die Zentren der Anlage. Sie sind etwas mehr als 4 km Luftlinie von einander entfernt und lagen ehemals in zwei separaten Dörfern. Daneben  zählen noch 123 weitere Schreingebäude, die über die heutige Stadt Ise und ihre Umgebung verstreut sind, zur gesamten Anlage. Alle Einzelschreine sind im Stil der Haupt·gebäude gehalten, wenn auch kleiner, und werden ebenso wie diese im Abstand von zwanzig Jahren abgerissen und neu errichtet. Auch {{glossar:torii}} und Brücken sowie die sogenannten Schrein·schätze, die niemand zu Gesicht bekommt, sind Teil der rituellen Wieder·errichtung. Dabei dürfen nur traditionelle Materialien und Techniken zum Einsatz kommen, selbst der Gebrauch von maschinellen Sägen und Hobeln ist untersagt.  
  
Die genauen Gründe dieser Prozedur liegen im Dunkeln, man nimmt aber an, dass sie tatsächlich nach alten Mustern abläuft und damit die Struktur der Bauwerke besser bewahrt als hierzulande vertraute Methoden der Konservierung. Ähnliche Schrein·erneue·rungen kennt man im übrigen auch bei anderen traditionellen Schreinen, doch nirgends werden sie so umfassend durchgeführt wie in Ise. Dies erfordert klarerweise eine entspre·chende ökonomische Grundlage. Diese fehlte während des japanischen Mittelalters zeitweise, sodass die Tradition mehrfach unterbrochen war, sich ansonsten aber bis ins späte siebente Jahrhundert zurück verfolgen lässt.
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Die Erneuerung der gesamten Anlage zieht sich etwa über acht Jahre hin. Der Höhepunkt ist jedoch die Verlegung der Hauptgottheiten, nach der auch das Datum der Schreinerneuerung angegeben wird. In einer nächtlichen Zeremonie, die mit dem jährlichen Erntedankfest (Kanname-sai) im Oktober, dem wichtigsten Schreinfest in Ise, korreliert, werden die {{glossar:shintai}}  von Gekū und Naikū in das neue Gebäude überführt, das von da an als Hauptschrein angesehen wird.
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| Zeremonie der Schreinüberführung (''sengū'')
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Die genauen Gründe dieser Prozedur liegen im Dunkeln, man nimmt aber an, dass sie tatsächlich nach alten Mustern abläuft und damit die Struktur der Bauwerke tatsächlich in ihrer ursprünglichen Form bewahrt. Auch die traditionellen Handwerksmethoden werden durch die regelmäßigen Erneuerungen lebendig gehalten. Ähnliche Schrein·erneue·rungen kennt man im übrigen auch bei anderen traditionellen Schreinen, doch nirgends werden sie so umfassend durchgeführt wie in Ise. Dies erfordert klarer·weise eine entspre·chende ökono·mische Grundlage. Diese fehlte während des japanischen Mittelalters zeitweise, sodass die Tradition bisweilen unter·brochen war, sich ansonsten aber bis ins späte siebente Jahrhundert zurück verfolgen lässt.
  
 
== Baustil ==
 
== Baustil ==
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Die Grundform der Gebäude ähnelt einem Speicher, was auch den relativ großen Abstand vom Boden erklärt. Das Dach ist mit Schilf gedeckt. Der Dachfirst wird von einem eigenen, an die Außenwand gelehnten Pfeiler gestützt, ein Charakteristikum, das bei jüngeren, von China beeinflussten Bauformen fehlt.  
 
Die Grundform der Gebäude ähnelt einem Speicher, was auch den relativ großen Abstand vom Boden erklärt. Das Dach ist mit Schilf gedeckt. Der Dachfirst wird von einem eigenen, an die Außenwand gelehnten Pfeiler gestützt, ein Charakteristikum, das bei jüngeren, von China beeinflussten Bauformen fehlt.  
  
Der symbolisch wichtigste Pfeiler ist jedoch der „Herz-Pfeiler“ (''shin no mihashira'') in der Mitte des Gebäudes, der kaum über den Erdboden emporreicht,  keine statische Funktion besitzt und auch nicht sichtbar ist. Er existiert nur in den beiden Hauptgebäuden und ist dort das einzige Element, das nicht von der regelmäßigen Erneuerung betroffen ist. Statt dessen wird er nach dem Abbau eines Schreingebäudes wie ein Heiligtum selbst von einem Miniaturschrein umgeben, bis nach zwanzig Jahren wieder eine neue Konstruktion um ihn errichtet wird. Solche Herz-Pfeiler gibt es auch im Schrein von {{glossar:Izumo}}.
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Im Gegensatz zu fast allen anderen Schreinen, wird das Holz der Ise Schreine nicht lackiert oder sonst vor Verwitterung geschützt. Auch werden die Pfeiler der Gebäude einfach in den Boden versenkt, während sie bei anderen Gebäuden auf Steinen ruhen, um sie vor der Feuchtigkeit des Bodens zu schützen. Nach zwanzig Jahren sehen die Schreingebäude daher in der Tat bereits sehr „antik“ aus.
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=== Herz-Pfeiler ===
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Der symbolisch wichtigste Pfeiler ist der „Herz-Pfeiler“ (''shin no mihashira'') in der Mitte des Gebäudes, der kaum über den Erdboden emporreicht,  keine statische Funktion besitzt und auch nicht sichtbar ist. Er existiert nur in den beiden Hauptgebäuden und ist dort das einzige Element, das von der regelmäßigen Erneuerung zunächst nicht betroffen ist. Stattdessen wird er nach dem Abbau des ihn umgebenden Schreingebäudes wie ein Heiligtum von einem Miniaturschrein beschützt. Acht Jahre vor dem Neubau der Haupthalle beginnt der Zyklus der Erneuerung dann damit, dass ein neuer Herzpfeiler für den kommenden Schrein in einer nächtlichen Zeremonie in den Boden versenkt wird. In Ise selbst heißt es, dass dieser Pfeiler ein altes [[Alltag:Opfergaben|Menschenopfer]] ersetzen würde.<ref>Ellwood 1968, S. 188.</ref> Ähnliche Herz-Pfeiler gibt es auch im Schrein von {{glossar:Izumo}}.
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=== ''Katsuogi'' und ''chigi'' ===
  
Besonders charakteristisch ist außerdem der Dachschmuck des ''shinmei''-Stils:  Der First ist mit  {{glossar:katsuogi}} Querhölzern, die Giebel mit sogenannten {{glossar:chigi}} geschmückt. ''Katsuogi'' bedeutet wörtlich „Bonito-Holz“, abgeleitet von der Form dieses beliebten Speisefisches.
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Besonders charakteristisch ist außerdem der Dachschmuck des ''shinmei''-Stils:  Der First ist mit  {{glossar:katsuogi}}-Querhölzern, die Giebel mit sogenannten {{glossar:chigi}} geschmückt. ''Chigi'' und ''katsuogi'' gelten als Überbleibsel des altjapanischen Palast-Baustils, die sich nur noch in der Schreinarchitektur erhalten haben. Sie existieren in vielen Varianten, die jeweils für einen bestimmten traditionsreichen Schrein charakteristisch sind. Im Fall von Ise gibt es die Besonderheit, dass die ''chigi'' mit der Dachkonstruktion verschmolzen sind, während sie in den meisten anderen Fällen als  x-förmiges Dekorelement neben den ''katsuogi'' auf dem Dachfirst reiten.  
  
 
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''Chigi'' und ''katsuogi'' gelten als Überbleibsel des altjapanischen Palast-Baustils, die sich nur noch in der Schreinarchitektur erhalten haben. Sie existieren in vielen Varianten, die jeweils für einen traditionsreichen Schrein charakteristisch sind. Im Fall von Ise gibt es die Besonderheit, dass die ''chigi'' mit der Dachkonstruktion verschmolzen sind, während sie in den meisten anderen Fällen als  x-förmiges Dekorelement neben den ''katsuogi'' auf dem Dachfirst reiten.  
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Auf den Bildern oben sind ''chigi'' in zwei Varianten zu erkennen, einmal horizontal, einmal vertikal abgeschrägt. Dies findet sich auch bei anderen Schreinen, wobei horizontale ''chigi'' eine weibliche, vertikale dagegen eine männliche Schrein·gottheit symbolisieren. Auch auf die Anzahl der ''katsuogi'' wird Bedacht genommen: weibliche Gottheiten haben eine gerade Anzahl von ''katsuogi'' auf dem Dach, männliche eine ungerade. Dieser Symbolismus lässt einen  Einfluss der {{glossar:Yinyang|Yin Yang}} Philosophie erkennen (gerade = Yin = weiblich, ungerade = Yang = männlich), der möglicherweise jüngeren Datums ist als die eigentlichen architektonischen Grundelemente.
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In Ise dienen die ''chigi''-Formen jedoch zur Unterscheidung von Schreinen, die zum Äußeren (vertikal) bzw. zum Inneren Schrein (horizontal) gehören. Der Symbolismus wird also sowohl bei den Haupt- als auch bei den zahlreichen Nebenschreinen angewandt, unabhängig vom Geschlecht der spezifischen Gottheit. Zusammen mit der Tatsache, dass sich zwischen Äußerem und Innerem Schrein sonst kaum ein Unterschied erkennen lässt (auch kein größenmäßiger) wirft dies die Frage auf, ob die Anlage ursprünglich tatsächlich für eine weibliche Hauptgöttin und ihre Dienerin entworfen wurde, wie dies die Schreinchronik berichtet. Architektonisch gesehen haben wir es eher mit einem Paar von gleichrangigen Gottheiten unterschiedlichen Geschlechts zu tun, ein Muster, das sich in vielen alten Schreinen finden lässt. In jedem Fall ist festzuhalten, dass zwischen der Architektur und der Mythologie der Ise Schreine keine unmittelbare Verbindung besteht.
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== Schreinmythologie ==
  
Auf den Bildern oben sind ''chigi'' in zwei Varianten zu erkennen, einmal horizontal, einmal vertikal abgeschrägt. Dies findet sich auch bei anderen Schreinen, wobei horizontale ''chigi'' eine weibliche, vertikale dagegen eine männliche Schrein·gottheit symbolisieren. Auch auf die Anzahl der ''katsuogi'' wird Bedacht genommen: weibliche Gottheiten haben eine gerade Anzahl von ''katsuogi'' auf dem Dach, männliche eine ungerade. Dieser Symbolismus lässt einen  Einfluss der {{glossar:Yinyang|Yin Yang}} Philosophie erkennen (gerade = Yin = weiblich, ungerade = Yang = männlich), der möglicherweise jüngeren Datums ist als die eigentlichen architektonischen Grundelemente.  
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Im Inneren Schrein von Ise wird als wichtigster Schatz ein Spiegel aufbewahrt, welcher der Schreinmythologie zufolge von den Göttern selbst angefertigt wurde, um Amaterasu aus ihrer selbstauferlegten Isolation in der Felsenhöhle zu locken (s. [[Mythen:Goetter des Himmels| Göttermythen]]. Diesen Spiegel gab Amaterasu ihrem Enkel {{glossar:ninigi}} mit auf den Weg, als er die Herrschaft auf der Erde antrat. Er solle diesen Spiegel als ein Ebenbild seiner göttlichen Großmutter ansehen. Der Spiegel wurde laut den ältesten Chroniken Japans (den sogenannten {{glossar:kiki}}) von den Nachfolgern des Ninigi, den frühen Tennō, zusammen mit anderen Schätzen im kaiserlichen Palast aufbewahrt. Unter dem zehnten Tennō, {{glossar:Sujintennou|Sujin}}, kam es jedoch zu einer Entfremdung zwischen dem Herrscher und seinen Ahnengöttern, als eine furchtbare Epidemie das Land heimsuchte. Diese wurde von den Gottheiten {{glossar:oomononushi}} und Amaterasu hervorgerufen (man beachte, dass Amaterasu hier als missgünstige, gefährliche Gottheit auftritt). Erst durch eigene Schreine, die auch die göttlichen Schätze bargen, konnten die Gottheiten besänftigt werden.  
  
In Ise dienen die ''chigi''-Formen jedoch zur Unterscheidung von Schreinen, die zum Äußeren (vertikal) bzw. zum Inneren Schrein (horizontal) gehören. Der Symbolismus wird also sowohl bei den Haupt- als auch bei den zahlreichen Nebenschreinen angewandt, unabhängig vom Geschlecht der spezifischen  Gottheit. Zusammen mit der Tatsache, dass sich zwischen Äußerem und Innerem Schrein auch sonst kein Unterschied erkennen lässt (auch kein größenmäßiger) wirft dies die Frage auf, ob die Anlage ursprünglich tatsächlich für eine weibliche Hauptgöttin und ihre Dienerin entworfen wurde, wie dies die Schreinchronik berichtet. Architektonisch gesehen haben wir es eher mit einem Paar von gleichrangigen Gottheiten unterschiedlichen Geschlechts zu tun, ein Muster, das sich in vielen alten Schreinen finden lässt. In jedem Fall ist festzuhalten, dass zwischen der Architektur und der Mythologie der Ise Schreine keine unmittelbare Verbindung besteht.
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Amaterasus Schrein befand sich jedoch zunächst nicht in Ise, sondern im Nara-Becken nahe Berg Miwa. Erst unter dem nächsten Tennō, {{glossar:Suinintennou|Suinin}}, wurde die kaiserliche Prinzessin {{glossar:Yamatohime}} damit beauftragt, einen neuen Platz für die Sonnengottheit zu suchen, und fand ihn nach einer jahrelangen Wanderung in Ise, nachdem Amaterasu selbst ihr eine entsprechende Weisung gegeben hatte.<!--
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„The province of Ise, of the divine wind, is [...] a secluded and pleasant land. In this land I wish to dwell.“ (Aston 1972, Bd. 1, S. 176.) In diesem Ausspruch Amaterasu findet sich bereits der berühmte Ausdruck {{glossar:kamikaze}}, Götterwind, als Charakterisierung von Ise.  
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In einer späteren Episode wird deutlich, dass Yamato-hime auch zwei der drei kaiserlichen Thron·insignien mit sich führte, nämlich Spiegel und Schwert. Das Schwert übergab sie jedoch ihrem Neffen, {{glossar:yamatotakeru}}. Es landete schluss·endlich im Atsuta Schrein. Der Spiegel hingegen soll sich seit Yamato-hime in Ise befinden.
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Ise wird in den Episoden der folgenden Tennō lange nicht mehr erwähnt. Lediglich die tragische Geschichte einer kaiserlichen Kult-Prinzessin namens Takuhata-hime, einer Tochter des {{glossar:yuuryakutennou}}, fand Aufnahme in das ''Nihon shoki''. Von ihr erfahren wir, dass sie den Spiegel entwendete und Selbstmord beging, nachdem sie fälschlich der Unzucht bezichtigt worden war. Ihr Leichnam und der Spiegel wurden aber durch einen Regen·bogen offenbart.<ref>Regierungszeit des Yūryaku Tennō, Aston 1972, Bd. 1, S. 341.</ref>
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Der Äußere Schrein führt seine Gründung auf eine Legende zurück, die ebenfalls in der Zeit des Yūraku Tennō angesiedelt ist. In einer Traum·botschaft teilte Amaterasu dem Tennō mit, dass er den Schrein der Nahrungs·gottheit Toyouke aus der Provinz Tanba in die Nähe ihres Schreins verlegen lassen solle. Toyouke wurde demnach zunächst in einer Provinz nord·westlich von Kyoto verehrt. Toyouke wird als marginale Gestalt im ''Kojiki'' flüchtig erwähnt. Ihr Schrein in Tanba und seine Übersiedlung nach Ise finden sich jedoch nicht in den ''kiki'', sondern lediglich in der erwähnten Schrein·chronik aus dem Jahr 804.
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Schließlich bergen die ''kiki'' noch den Hinweis auf eine weitere Gottheit, die möglicherweise vor Amaterasu in Ise verehrt wurde und vielleicht sogar in der Rolle einer Sonnengottheit von ihr verdrängt wurde. Es handelt sich um {{glossar:sarutahiko}}, den etwas unheimlichen Bergführer des Ninigi, der mit {{glossar:amenouzume}} vermählt wird. Von diesem Paar heißt es im ''Nihon shoki'', dass sie sich – lange vor Yamato-hime – am Oberlauf des Isuzu-Flusses (der am Inneren Schrein vorbei fließt) niederließen.  
  
 
== Schreingeschichte ==
 
== Schreingeschichte ==
  
Die ältesten Chroniken Japans (die sogenannten {{glossar:kiki}}) berichten zwar von der Gründung von Ise unter dem mytho-historischen {{glossar:suinintennou}}, deuten aber zugleich auch an, dass die Zentren des {{glossar:Kami}}-Kults in vor- und frühgeschichtlicher Zeit woanders, nämlich in {{glossar:Izumo}} und {{glossar:oomiwajinja|Miwa}} gelegen haben müssen. Auch bietet die Mythologie, wie erwähnt,  keine befriedigende Erklärung für die Doppelstruktur der Anlage. Die meisten Experten gehen daher heute davon aus, dass die Verehrung einer weiblichen Sonnengottheit, die zugleich als wichtigste Ahnengottheit des Kaiserhauses gilt und ihren Hauptsitz in Ise hat, erst in historischer Zeit zustande kam. Man nimmt an, dass sich die schriftliche Niederlegung der kaiserlichen Mythologie Anfang des achten Jahrhunderts mit der Entstehung des Ise-Kults überschneidet und dass die Fokussierung des Kaiserkults auf Amaterasu und Ise möglicherweise sogar einen wesentlichen Grund für die Abfassung der ''kiki'' darstellte.   
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Die oben skizzierte Schreinmythologie ist zwar bereits in den ''kiki'' zu finden, doch deutet sich in diesen Chroniken zugleich an, dass die Zentren des {{glossar:Kami}}-Kults in vor- und frühgeschichtlicher Zeit woanders, nämlich in {{glossar:Izumo}} und {{glossar:oomiwajinja|Miwa}} gelegen haben müssen. Auch bietet die Mythologie, wie erwähnt,  keine befriedigende Erklärung für die Doppelstruktur der Anlage. Die meisten Experten gehen daher heute davon aus, dass die Verehrung einer weiblichen Sonnengottheit, die zugleich als wichtigste Ahnengottheit des Kaiserhauses gilt und ihren Hauptsitz in Ise hat, erst in historischer Zeit zustande kam. Man nimmt an, dass sich die schriftliche Niederlegung der kaiserlichen Mythologie Anfang des achten Jahrhunderts mit der Entstehung des Ise-Kults überschneidet.   
  
Sowohl die Abfassung der ''kiki'' als auch der Ausbau von Ise wären nach dieser Theorie ein Produkt der Tenmu Dynastie, einer bestimmten Linie des Kaiserhauses, die von {{glossar:tenmutennou}} und seiner Witwe und Nachfolgerin {{glossar:jitoutennou|Jitō}} begründet wurde. Seit dieser Zeit ist die Existenz von zwei Hauptschreinen, die von den Priesterfamilien Arakida (Innerer Schrein) und Watarai (Äußerer Schrein) geführt wurden, zuverlässig dokumentiert. Auch die 20-jährigen Schrein·erneuerungen dürften ab dieser Zeit durchgeführt worden sein, obwohl sie erst ab 785 zweifelsfrei dokumentiert sind.  
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Sowohl die Abfassung der ''kiki'' als auch der Ausbau von Ise wären nach dieser Theorie ein Produkt der Tenmu Dynastie, einer bestimmten Linie des Kaiserhauses, die von {{glossar:tenmutennou}} und seiner Witwe und Nachfolgerin {{glossar:jitoutennou|Jitō}} begründet wurde. Seit dieser Zeit ist auch die Existenz von zwei Hauptschreinen, die von den Priesterfamilien Arakida (Innerer Schrein) und Watarai (Äußerer Schrein) geführt wurden, zuverlässig dokumentiert. Auch die 20-jährigen Schrein·erneuerungen dürften ab dieser Zeit durchgeführt worden sein, obwohl sie erst ab 785 zweifelsfrei dokumentiert sind.  
  
Ab dem späten siebenten Jahrhundert erhielt Ise seine ökonomischen Grundlagen in Form von „Opfergaben“ durch das Tennō-Haus. Allen anderen Personen, ob adelig oder nicht, war es verboten, den Gottheiten von Ise zu opfern. Die Opfergaben waren materielle Güter, die den Unterhalt der Priester sicherten, und wurden von sogenannten Schrein·haushalten hergestellt, bäuerlichen Betrieben, die nominell dem Tenno unter·standen und von Abgesandten des Hofes überwacht wurden. Diese Abgesandten, die wiederum aus der höfischen Priester·familie Nakatomi stammten, hatten zunächst die eigentliche Autorität in Ise inne.<ref>Teeuwen 1996, Kap. 1.</ref> Daneben gab es auch die Institution der Kult-Prinzessin ({{glossar:saiou}}). Diese stammte aus der Familie des Tenno, musste Jungfrau sein und nahm in rituellen Belangen die höchste Stellung ein. Wahr·schein·lich hatte sie aber nur nominelle Autorität. Dennoch trug diese Konstellation zu einer Sonder·stellung Ises innerhalb der Schrein·land·schaft Japans bei. In allen bekannten Schreinlisten, die seit der Heian-Zeit geführt werden, steht Ise als kaiserlicher Ahnen·schrein unangefochten an erster Stelle, obwohl der Tenno selbst den Schrein nie besuchte und auch die Aristokratie sich eher an Schreine in Haupt·stadtnähe hielt.  
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Erst die Tenmu Dynastie war also dafür verantwortlich, dass Ise den Status des obersten kaiserlichen Ahnenschreins erhielt. Das bedeutete u.a., dass der Betrieb der Schreinanlage in Form von „Opfergaben“ durch das Tennō-Haus realisiert wurde. Die Opfergaben waren materielle Güter, die den Unterhalt der Priester sicherten, und wurden von sogenannten Schrein·haushalten hergestellt, bäuerlichen Betrieben, die nominell dem Tennō unter·standen. Umgekehrt durften andere Personen, egal ob adelig oder nicht,  den Gottheiten von Ise keine Unterstützungen oder Opfer zukommen lassen. Die Schreinhaushalte wurde jedoch von priesterlichen „Zeremonienmeistern“ (saishu) des Hofes überwacht.  
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Diese Zeremonienmeister, die wiederum aus der höfischen Priester·familie Nakatomi stammten, lebten zwar am Hof, hatten jedoch zunächst die eigentliche Autorität in Ise inne.<ref>Teeuwen 1996, Kap. 1.</ref> Daneben gab es auch die Institution der Kult-Prinzessin ({{glossar:saiou}}). Diese stammte aus der Familie des Tennō, musste Jungfrau sein und nahm in rituellen Belangen die höchste Stellung ein. Wahr·schein·lich hatte sie aber nur nominelle Autorität.  
  
 
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Mit dem Niedergang des Hofes zwischen dem 12. und 14. Jahrhundert verschwanden sowohl die Abgesandten des Hofes als auch die Kult-Prinzessinnen und die Schreine wurden nun wirklich von den dort ansässigen Priestern geführt. Zugleich mussten sie sich aber unter den neuen Kriegereliten nach Ersatz für die ökonomische Unterstützung durch den Hof umsehen.
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Die besondere Beziehung zum Tennō-Haus führte zu einer Sonder·stellung Ises innerhalb der Schrein·land·schaft Japans. In allen bekannten Schreinlisten, die seit der Heian-Zeit geführt werden, steht Ise als kaiserlicher Ahnen·schrein unangefochten an erster Stelle, obwohl der Tennō selbst den Schrein nie besuchte und auch die Aristokratie sich eher an Schreine in Haupt·stadtnähe hielt.  
Dies führte zu langen Konflikten zwischen den Watarai und den Arakida. Die Watarai bemühten sich, ihren Schrein, den Äußeren, als mindestens ebenso bedeutsam wie den Inneren darzustellen. Zu diesem Zweck identi·fizierten sie ihre Gottheit mit {{glossar:kuninotokotachi}}, der im ''Nihon shoki'' Gene·rationen vor Amaterasu als Urgottheit  in Erscheinung tritt. Die Watarai waren in ihrem Bemühen um eine neue Identität durchaus erfolgreich und begrün·deten den sogenannten {{glossar:wataraishintou}}, der zu einer Inspirations·quelle späterer Shinto-Theologien wurde. Amaterasu blieb zwar über lange Sicht die bekanntere Gottheit, wurde aber zeitweise auch als Mann dargestellt oder mit einer jugend·lichen Gottheit namens Utsuho Dōji identifiziert. Beide Schreine sandten im Mittelalter und in der frühen Neuzeit Priester durchs Land, die der allgemeinen Bevölkerung von den sagen·haften Kräften der Ise-Gottheiten kündeten und Ise zur wichtigsten shinto·istischen Pilger·stätte des Landes machten.
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=== Mittelalter und Frühe Neuzeit ===
  
Erst in der Meiji-Zeit wurden die Verbindungen zwischen Ise und Tenno wieder verstärkt. Der Watarai Shinto wurde endgültig als „Fälschung“ gebrandmarkt und die Gottheiten entsprechend den ältesten Chroniken in ihrer heutigen Gestalt festgelegt. Dass dies jedoch nicht unbedingt der Weisheit letzter Schluss sein muss, zeigen u.a. die erwähnten Widersprüche zwischen Architektur und Mythos.  
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Mit dem Niedergang des Hofes zwischen dem 12. und 14. Jahrhundert verschwanden sowohl die Zeremonienmeister des Hofes als auch die Kult-Prinzessinnen und die Schreine wurden nun wirklich von den dort ansässigen Priestern geführt. Zugleich mussten sie sich aber unter den neuen Kriegereliten nach Ersatz für die ökonomische Unterstützung durch den Hof umsehen.
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Dies führte zu einer erbitterten Konkurrenz zwischen den Watarai und den Arakida. Die Watarai bemühten sich, ihren Schrein, den Äußeren, als mindestens ebenso bedeutsam wie den Inneren darzustellen. Zu diesem Zweck identi·fizierten sie ihre Gottheit mit {{glossar:kuninotokotachi}}, der im ''Nihon shoki'' Gene·rationen vor Amaterasu als Urgottheit  in Erscheinung tritt. Die Watarai waren in ihrem Bemühen um eine neue Identität durchaus erfolgreich und begrün·deten den sogenannten {{glossar:wataraishintou}}, der zu einer Inspirations·quelle späterer Shinto-Theologien wurde. Amaterasu blieb zwar über lange Sicht die bekanntere Gottheit, wurde aber zeitweise auch als Mann dargestellt oder mit einer jugend·lichen Gottheit namens Utsuho Dōji identifiziert. Beide Schreine sandten im Mittelalter und in der frühen Neuzeit Priester durchs Land, die der allgemeinen Bevölkerung von den sagen·haften Kräften der Ise-Gottheiten kündeten und Ise zur populärsten shinto·istischen Pilger·stätte des Landes machten.  
  
Ein interessantes Detail am Rande: Die Institution der Kult-Prinzessin wurde nach dem Zweiten Weltkrieg in modi·fizierter Form erneut aufge·nommen. Allerdings lautet ihr Titel ''saishu'' (LeiterIn der Zeremonien). Das Kriterium der Jungfern·schaft fiel zwar weg und es muss sich nicht einmal unbedingt um eine Frau handeln. Doch pendelt sich langsam wieder der Brauch ein, weibliche Ange·hörige des Tenno-Hauses in leitender ritueller Funktion in Ise zu installieren.
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Gegen Ende der {{glossar:Edo}}-Zeit tauchten Gerüchte auf, dass die Ise-Pilger bisweilen mit einem Geldregen  überschüttet werden würden, was zu einem weiteren Anstieg der Popularität Ises führte. Man stellte sich Amaterasu auch als weißes Pferd vor, das bei Hungerkatastrophen und Erdbeben helfend in Erscheinung trat. Schließlich entstanden unter den Ise-Pilgern unmittelbar vor der Meiji-Restauration millienaristische Bewegungen, die eine Art Zeitenwende (''yonaoshi'') heraufbeschworen und ekstatische Tänze und Gesänge (die nach ihrem Refrain ee ja nai ka – etwa: „ist doch gut so“ – genannt wurden) praktizierten. Obwohl diese Bewegungen eher unpolitisch und nicht auf den Tennō bezogen waren, leisteten sie wahrscheinlich einen Beitrag zum politischen Umschwung von 1867 bis 68.  
  
== Schreinmythologie ==
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| eejanaika.jpg
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| Darstellung des ''ee ja nai ka'' Phänomens durch Kawanabe Kyosai, 1867
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=== Moderne ===
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Unter dem Regime der  Meiji-Zeit wurden die Verbindungen zwischen Ise und Tennō schließlich wieder systematisch verstärkt. Der Watarai Shinto wurde endgültig als „Fälschung“ gebrandmarkt und die Gottheiten entsprechend den ältesten Chroniken in ihrer heutigen Gestalt festgelegt. Dass dies jedoch nicht unbedingt der Weisheit letzter Schluss sein muss, zeigen u.a. die erwähnten Widersprüche zwischen Architektur und Mythos.
  
Im Inneren Schrein von Ise wird, der Schreinmythologie zufolge, als wichtigster Schatz ein Spiegel aufbewahrt, der von den Göttern selbst angefertigt wurde, um Amaterasu aus ihrer selbstauferlegten Isolation in der Felsenhöhle zu locken. Diesen Spiegel gab Amaterasu ihrem Enkel {{glossar:ninigi}} mit auf den Weg, als er die Herrschaft auf der Erde antreten sollte. Er solle diesen Spiegel als ein Ebenbild seiner göttlichen Großmutter ansehen. Der Spiegel wurde laut ''kiki'' von den Nachfolgern des Ninigi, den frühen Tenno, zusammen mit anderen Schätzen im kaiserlichen Palast aufbewahrt. Unter dem zehnten Tenno, {{glossar:Sujintennou|Suijin}}, kam es jedoch zu einer Entfremdung zwischen dem Tenno und den Kami, als eine furchtbare Epidemie das Land heimsuchte. Diese wurde von den Gottheiten {{glossar:oomononushi}} und Amaterasu hervorgerufen (man beachte, dass Amaterasu hier als missgünstige, gefährliche Gottheit auftritt). Erst durch eigene Schreine konnten die Gottheiten besänftigt werden.
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Ein interessantes Detail am Rande: Die Institution der Kult-Prinzessin wurde in der Moderne in modi·fizierter Form erneut aufge·nommen. Allerdings lautet ihr Titel ''saishu'' (Zeremonienmeisterin). Das Kriterium der Jungfern·schaft fiel zwar weg und es muss sich nicht einmal unbedingt um eine Frau handeln. Doch pendelt sich langsam wieder der Brauch ein, weibliche Ange·hörige des Tennō-Hauses in leitender ritueller Funktion in Ise zu installieren
  
Amaterasus Schrein befand sich jedoch zunächst nicht in Ise, sondern im Nara-Becken nahe Berg Miwa. Erst unter dem nächsten Tenno, {{glossar:Suinintennou|Suinin}}, wurde die kaiserliche Prinzessin {{glossar:Yamatohime}} damit beauftragt, einen neuen Platz für die Sonnengottheit zu suchen, und fand ihn nach einer jahrelangen Wanderung in Ise, nachdem Amaterasu selbst ihr eine entsprechende Weisung gegeben hatte.<!--
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== Ise als Inbegriff der japanischen Ästhetik ==
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„The province of Ise, of the divine wind, is [...] a secluded and pleasant land. In this land I wish to dwell.“ (Aston 1972, Bd. 1, S. 176.) In diesem Ausspruch Amaterasu findet sich bereits der berühmte Ausdruck {{glossar:kamikaze}}, Götterwind, als Charakterisierung von Ise.
 
</ref>
 
  
In einer späteren Episode wird deutlich, dass Yamato-hime auch zwei der drei kaiserlichen Thron·insignien mit sich führte, nämlich Spiegel und Schwert. Das Schwert übergibt sie jedoch ihrem Neffen, {{glossar:yamatotakeru}}. Es landet schluss·endlich im Atsuta Schrein. Der Spiegel hingegen soll sich dank Yamato-hime in Ise befinden.
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Ise wird auch in ästhetischer Hinsicht oft als Inbegriff des Shintō gedacht und gepriesen. Mit der Wiederaufwertung des Tennō Anfang der Meiji-Zeit wurden die monumental-archaischen Formen Ises auch für neu geschaffene Schreine verwendet. So verfügen etwa der {{glossar:yasukunijinja|Yasukuni}} Schrein, aber auch diverse neu geschaffene Kaisergräber, über die besonders schlichten ''torii'' im ''shinmei''-Stil. Interessanterweise wurde allerdings der Schrein für Kaiser {{glossar:meijitennou|Meiji}}, der 1920 fertig gestellt wurde, in einem Stil gehalten, der eher den buddhistisch beeinflussten Schreingebäuden der Edo-Zeit entspricht. Seine geschwungen Dächer und Balken wurden offenbar doch vertrauter empfunden als das kantige Erscheinungsbild Ises. Auch Europäer des 19. Jahrhunderts wie Ernest Satow (1843–1929), einer der Pioniere der britischen Japanologie, charakaterisierten Ise als „disappointing in its simplicity and perishable nature“.<ref> Ernest Satow, “The Shinto Temples of Ise.” ''Transactions of the Asiatic Society of Japan'' 1:2 (1874), S. 121.</ref>
  
Ise wird in den Episoden der folgenden Tenno lange nicht mehr erwähnt. Lediglich die tragische Geschichte einer kaiserlichen Kult-Prinzessin namens Takuhata-hime, einer Tochter des {{glossar:yuuryakutennou}}, fand Aufnahme in das ''Nihon shoki''. Von ihr erfahren wir, dass sie den Spiegel entwendete und Selbstmord beging, nachdem sie fälschlich der Unzucht bezichtigt worden war. Ihr Leichnam und der Spiegel wurden aber durch einen Regen·bogen offenbart.<ref>Regierungszeit des Yūryaku Tennō, Aston 1972, Bd. 1, S. 341.</ref>
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Offenbar spielte der deutsche Architekt und Stadtplaner Bruno Taut (1880–1938) eine nicht unwesentliche Rolle für die heute gängige Bewertung. Als Pionier einer funktionalistischen, auf das Notwendigste reduzierten Architektur genoss Taut in den 1920er Jahren internationale Bekanntheit, u.a. durch richtungsweisende Sozialbauten in Berlin. Als Sympathisant der russischen Revolution musste er Deutschland allerdings mit dem Machtantritt der Nazis verlassen und fand vorübergehend in Japan Exil. Dort begeisterte er sich u.a. für die Schlichtheit der Ise Architektur, die er positiv mit dem Dekor buddhistischer Tempel oder der Schreinanlage von {{glossar:Nikkou}} kontrastierte. Ise galt ihm neben dem Katsura Rikyū Palast in Kyoto als Vorwegnahme einer modernen Architektur. Taut bekam bereits 1936 die Gelegenheit, seine Sicht der japanischen Arichitektur und Kultur auf japanisch zu veröffentlichen und fand damit in Japan großen Anklang.<!--
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--><ref>
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Tauts deutschsprachiges Original erschien erst 2009 unter dem Titel ''Nippon, mit europäischen Augen gesehen.'' Herausgegeben, mit einem Nachwort und Erläuterungen versehen von Manfred Speidel. Gebrüder Mann Verlag, Berlin 2009.
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</ref>
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Es mag ihm dabei nicht völlig bewusst gewesen sein, dass sein Lob der archaischen Monumentalität Ises durchaus ins Konzept des aufkeimenden  japanischen Totalitarismus passte.
  
Der Äußere Schrein führt seine Gründung auf eine Legende zurück, die ebenfalls in der Zeit des Yūraku Tennō angesiedelt ist. In einer Traum·botschaft teilte Amaterasu dem Tenno mit, dass er den Schrein der Nahrungs·gottheit Toyouke aus der Provinz Tanba in die Nähe ihres Schreins verlegen lassen solle. Toyouke wurde demnach zunächst in einer Provinz nord·westlich von Kyoto verehrt. Toyouke wird als marginale Gestalt im ''Kojiki'' flüchtig erwähnt. Ihr Schrein in Tanba und seine Übersiedlung nach Ise finden sich jedoch nicht in den ''kiki'', sondern lediglich in späteren Schrein·chroniken.  
+
Im Kontext der Schreinerneuerung von 1953 sorgte dann Tange Kenzō (1913–2005), der Mitbegründer des sogenannten Metabolismus, für eine ähnliche Bewertung Ises. Zusammen mit dem Architekturkritiker Kawazoe Noboru veröffentlichte er eine Hommage an Ise, die unter dem Titel ''Ise: Prototype of Japanese Architecture'' auch im englischen Sprachraum weite Verbreitung fand. Noch zu Kriegszeiten machte Tange übrigens erstmals auf sich aufmerksam, als er mit nur 29 Jahren ein nationales Monument entwarf, das eindeutig von der Schreinarchitektur Ises inspiriert war und am Fuße des Berges Fuji errichtet werden sollte.<ref>
 +
Carlos Zeballos, „The Metabolist Movement“ (Blogartikel, 2011), in [http://architecturalmoleskine.blogspot.co.at/2011/10/metabolist-movement.html
 +
My Architectural Moleskine] (2014/10/24)</ref>
  
Schließlich bergen die ''kiki'' noch einen Hinweis auf eine weitere Gottheit, die möglicherweise vor Amaterasu in Ise verehrt wurde und vielleicht sogar in der Rolle einer Sonnengottheit von ihr verdrängt wurde. Es handelt sich um {{glossar:sarutahiko}}, den etwas unheimlichen Bergführer des Ninigi, der schließlich mit {{glossar:amenouzume}} vermählt wird. Von diesem Paar heißt es im ''Nihon shoki'', dass sie sich am Oberlauf des Izuzu-Flusses (der am Inneren Schrein vorbei fließt) niederließen.  
+
Ise stellte somit – wohl nicht nur für Tange – ein scheinbar über jede Ideologie erhabenes Bindeglied zwischen Tradition und Moderne sowie zwischen Kriegs- und Nachkriegszeit dar. Charakteristischerweise nahmen Tange und Kawazoe wenig Bedacht auf die erwähnten historischen Veränderungen der Schreinanlage und ließen Mythen wie die über zweitausendjährige Schreingeschichte unhinterfragt. Zu Tanges Ehrenrettung muss jedoch hinzugefügt werden, dass er sich ebenso von der buddhistischen Architektur Japans inspirieren ließ und insofern keinen puristischen Shinto-Essenzialismus praktizierte.  
  
 
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Version vom 26. Oktober 2014, 17:51 Uhr

Vorlage:Styles

Die Schreinanlage von Ise

Vorlage:Flie Bedeutung der Schreinanlage von

Ise Jingū 伊勢神宮 (jap.)

kaiserlicher Ahnenschrein (wtl. Götterpalast) von Ise, Präfektur Mie, bestehend aus den Anlagen Gekū und Naikū

Schrein

Der Begriff „Ise Jingū“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Glossarseiten

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Geographische Lage von Ise Jingū; s.a. Geo-Glossar

spiegelt sich nicht in einem einzelnen Gebäude, sondern in der Ausdehnung und der schieren Anzahl von Schreingebäuden, die zu „Ise“ gezählt werden. Auch ihr archaischer Baustil und ihr Bezug zur Mythologie der Sonnengottheit

Amaterasu 天照 (jap.)

Sonnengottheit; Ahnherrin des Tennō-Geschlechts; Hauptgottheit von Ise

Der Begriff „Amaterasu“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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sind Teil des Charismas von Ise. Vor allem aber ist Ise der Ahnenschrein des Tennō, was sich bereits im Namen widerspiegelt:

jingū 神宮 (jap.)

„Götterpalast“; Ahnenschrein des Kaiserhauses, meist Ise Jingū

Schrein

Der Begriff „jingū“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

, wtl. „Götterpalast“ ist eine Bezeichnung, die nur Schreinen von kaiserlichen Ahnengottheiten zusteht. Obwohl dazu auch Schreine wie der

Atsuta Jingū 熱田神宮 (jap.)

wichtigster und ältester Schrein in Nagoya

Schrein

Der Begriff „Atsuta Jingū“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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Geographische Lage

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Geographische Lage von Atsuta Jingū; s.a. Geo-Glossar

oder der

Meiji Jingū 明治神宮 (jap.)

Schrein des Meiji Tennō in Tōkyō, err. 1920

Schrein

Der Begriff „Meiji Jingū“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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Geographische Lage

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Geographische Lage von Meiji Jingū; s.a. Geo-Glossar
zählen, ist klar, dass von Ise die Rede ist, wenn jingū ohne spezifischen Zusatz verwendet wird.  
Shogu ise.jpg
1 Die neu errichtete Haupthalle des Äußeren Schreins, 2013
Das 2013 neu errichtete Hauptgebäude des Äußeren Schreins (Gekū) von Ise. Bis auf wenige Details ist dieses Gebäude mit der Haupthalle des fünf Kilometer entfernten Inneren Schreins identisch.
Minamikawa Sanjirō, 2013.

Dank der Beziehung zum Kaiserhaus zeichnet sich Ise durch eine besondere Exklusivität aus. Die Hauptgebäude sind durch einen vierfachen Zaun von der Allgemeinheit getrennt, als normaler Besucher bekommt man lediglich die Spitzen der Dächer zu Gesicht. Abgesehen von den örtlichen Priestern dürfen nur Mitglieder der kaiserlichen Familie in die innersten Schrein·bereiche vordringen.

Schreinanlage und Neuerrichtung

Ise map.jpg
2 Lage der Hauptschreine von Ise
Lage des Inneren Schreins (Naikū) und Äußeren Schreins (Gekū) von Ise, deren Hauptgebäude über 4km von einander entfernt sind. Ehemals waren beide Anlagen von eigenen Dörfern, Yamada und Uji, umgeben, die heute zur Stadt Ise zusammengewachsen sind.
Google Earth, 2014.
Geku google.jpg
3 Äußerer Schrein (Gekū)
Satellitenbild welches den Äußeren Schrein (Gekū) von Ise zeigt.
Google Earth, 2014.
Naiku google.jpg
4 Innerer Schrein (Naikū)
Satellitenbild, welches den Inneren Schrein (Naikū) von Ise zeigt.
Google Earth, 2014.
Die beiden Hauptschreine nach der Schreinverlegung von 2013,
aber noch vor dem Abbau der alten Gebäude.

Die beiden etwa gleich großen Hauptschreine, der Innere Schrein (

Naikū 内宮 (jap.)

Innerer Schrein von Ise, Amaterasu geweiht

Schrein

Der Begriff „Naikū“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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Geographische Lage von Naikū; s.a. Geo-Glossar

) und der Äußere Schrein (

Gekū 外宮 (jap.)

Äußerer Schrein von Ise, der Göttin Toyouke geweiht

Schrein

Der Begriff „Gekū“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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Geographische Lage

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Geographische Lage von Gekū; s.a. Geo-Glossar

), bilden die Zentren der Anlage. Sie sind etwas mehr als 4 km Luftlinie von einander entfernt und lagen ehemals in zwei separaten Dörfern. Daneben zählen noch 123 weitere Schreingebäude, die über die heutige Stadt Ise und ihre Umgebung verstreut sind, zur gesamten Anlage. Alle Einzelschreine sind im Stil der Haupt·gebäude gehalten, wenn auch kleiner, und werden ebenso wie diese im Abstand von zwanzig Jahren abgerissen und neu errichtet. Auch

torii 鳥居 (jap.)

Torii, Schreintor; wtl. „Vogelsitz“; s. dazu Torii: Markenzeichen der kami

Schrein

Der Begriff „torii“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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Weitere Bilder...
und Brücken sowie die sogenannten Schrein·schätze, die niemand zu Gesicht bekommt, sind Teil der rituellen Wieder·errichtung. Dabei dürfen nur traditionelle Materialien und Techniken zum Einsatz kommen, selbst der Gebrauch von maschinellen Sägen und Hobeln ist untersagt. 

Die Erneuerung der gesamten Anlage zieht sich etwa über acht Jahre hin. Der Höhepunkt ist jedoch die Verlegung der Hauptgottheiten, nach der auch das Datum der Schreinerneuerung angegeben wird. In einer nächtlichen Zeremonie, die mit dem jährlichen Erntedankfest (Kanname-sai) im Oktober, dem wichtigsten Schreinfest in Ise, korreliert, werden die

shintai 神体 (jap.)

heiliges Objekt eines Shintō-Schreins; wtl. „Gottkörper“

Schrein, Gegenstand

Der Begriff „shintai“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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 von Gekū und Naikū in das neue Gebäude überführt, das von da an als Hauptschrein angesehen wird. 
Shikinensengu.jpg
5 Zeremonie der Schreinüberführung (sengū)
Anlässlich der periodischen Neuerrichtung der Schreinanlage von Ise, die alle 20 Jahre stattfindet, wird das Hauptheiligtum (go-shintai) des Schreins in einer nächtlichen Prozession zu seinem neuen Bestimmungsort gebracht. Das heilige Objekt ist durch Tücher verhüllt.
Meiji-Zeit. Schreinamt von Ise (Jingū Shichō), 2006.

Die genauen Gründe dieser Prozedur liegen im Dunkeln, man nimmt aber an, dass sie tatsächlich nach alten Mustern abläuft und damit die Struktur der Bauwerke tatsächlich in ihrer ursprünglichen Form bewahrt. Auch die traditionellen Handwerksmethoden werden durch die regelmäßigen Erneuerungen lebendig gehalten. Ähnliche Schrein·erneue·rungen kennt man im übrigen auch bei anderen traditionellen Schreinen, doch nirgends werden sie so umfassend durchgeführt wie in Ise. Dies erfordert klarer·weise eine entspre·chende ökono·mische Grundlage. Diese fehlte während des japanischen Mittelalters zeitweise, sodass die Tradition bisweilen unter·brochen war, sich ansonsten aber bis ins späte siebente Jahrhundert zurück verfolgen lässt.

Baustil

Den charakteristischen Stil der Ise Schreine nennt man

shinmei-zukuri 神明造 (jap.)

Baustil der Schreine von Ise bzw. Stil der torii von Ise; auch shinmei torii

Schrein

Der Begriff „shinmei-zukuri“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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, „Stil der strahlenden Gottheit [= die in Ise verehrte Sonnengottheit

Amaterasu 天照 (jap.)

Sonnengottheit; Ahnherrin des Tennō-Geschlechts; Hauptgottheit von Ise

Der Begriff „Amaterasu“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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]“. Er entspricht der Bauweise in der Yayoi-Zeit, also der Zeit zwischen 300 vor und 300 nach unserer Zeitrechnung. Dies scheint das mythische Alter der Anlage (s.u.) zu bestätigen, doch geht man heute davon aus, dass sich das Ensemble der hier verehrten Gottheiten und ihr enger Bezug zum Kaiserhaus erst viel später festigte. Die Ise Schreine wurden daher wahrscheinlich von Beginn an in einem archa·isierenden Stil gehalten, der durch den regel·mäßigen Wieder·aufbau in Erinnerung gehalten wurde.

Vorlage:Galerie1 Die Grundform der Gebäude ähnelt einem Speicher, was auch den relativ großen Abstand vom Boden erklärt. Das Dach ist mit Schilf gedeckt. Der Dachfirst wird von einem eigenen, an die Außenwand gelehnten Pfeiler gestützt, ein Charakteristikum, das bei jüngeren, von China beeinflussten Bauformen fehlt.

Im Gegensatz zu fast allen anderen Schreinen, wird das Holz der Ise Schreine nicht lackiert oder sonst vor Verwitterung geschützt. Auch werden die Pfeiler der Gebäude einfach in den Boden versenkt, während sie bei anderen Gebäuden auf Steinen ruhen, um sie vor der Feuchtigkeit des Bodens zu schützen. Nach zwanzig Jahren sehen die Schreingebäude daher in der Tat bereits sehr „antik“ aus.

Herz-Pfeiler

Der symbolisch wichtigste Pfeiler ist der „Herz-Pfeiler“ (shin no mihashira) in der Mitte des Gebäudes, der kaum über den Erdboden emporreicht, keine statische Funktion besitzt und auch nicht sichtbar ist. Er existiert nur in den beiden Hauptgebäuden und ist dort das einzige Element, das von der regelmäßigen Erneuerung zunächst nicht betroffen ist. Stattdessen wird er nach dem Abbau des ihn umgebenden Schreingebäudes wie ein Heiligtum von einem Miniaturschrein beschützt. Acht Jahre vor dem Neubau der Haupthalle beginnt der Zyklus der Erneuerung dann damit, dass ein neuer Herzpfeiler für den kommenden Schrein in einer nächtlichen Zeremonie in den Boden versenkt wird. In Ise selbst heißt es, dass dieser Pfeiler ein altes Menschenopfer ersetzen würde.1 Ähnliche Herz-Pfeiler gibt es auch im Schrein von

Izumo 出雲 (jap.)

alter Namen der Präfektur Shimane in West-Japan; auch kurz für Izumo Taisha

Ort

Der Begriff „Izumo“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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Geographische Lage

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Geographische Lage von Izumo; s.a. Geo-Glossar

.

Katsuogi und chigi

Besonders charakteristisch ist außerdem der Dachschmuck des shinmei-Stils: Der First ist mit

katsuogi 鰹木 (jap.)

ornamentale Querhölzer auf dem Schreindach; wörtlich „Bonito-Holz“, abgeleitet von der Form eines beliebten Speisefisches (katsuo = Bonito-Fisch)

Schrein

Der Begriff „katsuogi“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Bilder

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-Querhölzern, die Giebel mit sogenannten

chigi 千木 (jap.)

ornamentale Dachsparren

Schrein

Der Begriff „chigi“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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  • Geku kokkayoho.jpg
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geschmückt. Chigi und katsuogi gelten als Überbleibsel des altjapanischen Palast-Baustils, die sich nur noch in der Schreinarchitektur erhalten haben. Sie existieren in vielen Varianten, die jeweils für einen bestimmten traditionsreichen Schrein charakteristisch sind. Im Fall von Ise gibt es die Besonderheit, dass die chigi mit der Dachkonstruktion verschmolzen sind, während sie in den meisten anderen Fällen als  x-förmiges Dekorelement neben den katsuogi auf dem Dachfirst reiten. 
Ise dach.jpg
6 Horizontal abgeschrägte Dachsparren (Innerer Schrein, „weibliche“ Form)
Schreindach der Ise Architektur (weibliche Form) // Schreindach; Ise, Naikū // Bildquelle: J-Blog, über Internet Archive (letzter Zugriff: 2022/8/4) // Die „weibliche“ Form des Dachornaments des Ise Schreins ist charakterisiert durch horizontal abgeschrägte Dachsparren (chigi) und eine gerade Anzahl von Querhölzern (katsuogi).
Geku dach.jpg
7 Vertikal abgeschrägte Dachsparren (Äußerer Schrein, „männliche“ Form)
Das Dach des Äußeren Schreins (Gekū) unterscheidet sich durch die Vertikale Abschrägung der Dachsparren (chigi) und die ungerade Zahl der Rundhölzer (9) vom Dach des Inneren Schreins.
Minamikawa Sanjirō, 2013.

Auf den Bildern oben sind chigi in zwei Varianten zu erkennen, einmal horizontal, einmal vertikal abgeschrägt. Dies findet sich auch bei anderen Schreinen, wobei horizontale chigi eine weibliche, vertikale dagegen eine männliche Schrein·gottheit symbolisieren. Auch auf die Anzahl der katsuogi wird Bedacht genommen: weibliche Gottheiten haben eine gerade Anzahl von katsuogi auf dem Dach, männliche eine ungerade. Dieser Symbolismus lässt einen Einfluss der

Yin Yang 陰陽 (chin.)

Dualistisches Prinzip der chin. Naturphilosophie

Konzept

Der Begriff „Yin Yang“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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Philosophie erkennen (gerade = Yin = weiblich, ungerade = Yang = männlich), der möglicherweise jüngeren Datums ist als die eigentlichen architektonischen Grundelemente.

In Ise dienen die chigi-Formen jedoch zur Unterscheidung von Schreinen, die zum Äußeren (vertikal) bzw. zum Inneren Schrein (horizontal) gehören. Der Symbolismus wird also sowohl bei den Haupt- als auch bei den zahlreichen Nebenschreinen angewandt, unabhängig vom Geschlecht der spezifischen Gottheit. Zusammen mit der Tatsache, dass sich zwischen Äußerem und Innerem Schrein sonst kaum ein Unterschied erkennen lässt (auch kein größenmäßiger) wirft dies die Frage auf, ob die Anlage ursprünglich tatsächlich für eine weibliche Hauptgöttin und ihre Dienerin entworfen wurde, wie dies die Schreinchronik berichtet. Architektonisch gesehen haben wir es eher mit einem Paar von gleichrangigen Gottheiten unterschiedlichen Geschlechts zu tun, ein Muster, das sich in vielen alten Schreinen finden lässt. In jedem Fall ist festzuhalten, dass zwischen der Architektur und der Mythologie der Ise Schreine keine unmittelbare Verbindung besteht.

Schreinmythologie

Im Inneren Schrein von Ise wird als wichtigster Schatz ein Spiegel aufbewahrt, welcher der Schreinmythologie zufolge von den Göttern selbst angefertigt wurde, um Amaterasu aus ihrer selbstauferlegten Isolation in der Felsenhöhle zu locken (s. Göttermythen. Diesen Spiegel gab Amaterasu ihrem Enkel

Ninigi 瓊瓊杵 (jap.)

mytholog. Gottheit, Enkel Amaterasus

Der Begriff „Ninigi“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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mit auf den Weg, als er die Herrschaft auf der Erde antrat. Er solle diesen Spiegel als ein Ebenbild seiner göttlichen Großmutter ansehen. Der Spiegel wurde laut den ältesten Chroniken Japans (den sogenannten

kiki 記紀 (jap.)

Sammelbezeichnung für KojiKI und Nihon shoKI (ki, Bericht, ist jeweils mit einem leicht abweichenden Zeichen geschrieben)

Text

Der Begriff „kiki“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

) von den Nachfolgern des Ninigi, den frühen Tennō, zusammen mit anderen Schätzen im kaiserlichen Palast aufbewahrt. Unter dem zehnten Tennō,

Sujin Tennō 崇神天皇 (jap.)

97–30 v.u.Z. (mythol. Regierungszeit); 10. japanischer Kaiser

Fiktive Person

Der Begriff „Sujin Tennō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

, kam es jedoch zu einer Entfremdung zwischen dem Herrscher und seinen Ahnengöttern, als eine furchtbare Epidemie das Land heimsuchte. Diese wurde von den Gottheiten

Ōmononushi 大物主 (jap.)

Gottheit des Schreins von [Ō]Miwa

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und Amaterasu hervorgerufen (man beachte, dass Amaterasu hier als missgünstige, gefährliche Gottheit auftritt). Erst durch eigene Schreine, die auch die göttlichen Schätze bargen, konnten die Gottheiten besänftigt werden. 

Amaterasus Schrein befand sich jedoch zunächst nicht in Ise, sondern im Nara-Becken nahe Berg Miwa. Erst unter dem nächsten Tennō,

Suinin Tennō 垂仁天皇 (jap.)

11. kaiserl. Herrscher Japans, leg. Regiergungszeit 29 v.–70 n.u.Z.

Fiktive Person

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, wurde die kaiserliche Prinzessin

Yamato-hime 倭姫(倭比売) (jap.)

Mytholog. Priesterin der Amaterasu, Tochter von Suinin Tennō

Der Begriff „Yamato-hime“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

damit beauftragt, einen neuen Platz für die Sonnengottheit zu suchen, und fand ihn nach einer jahrelangen Wanderung in Ise, nachdem Amaterasu selbst ihr eine entsprechende Weisung gegeben hatte.2

In einer späteren Episode wird deutlich, dass Yamato-hime auch zwei der drei kaiserlichen Thron·insignien mit sich führte, nämlich Spiegel und Schwert. Das Schwert übergab sie jedoch ihrem Neffen,

Yamato Takeru 倭建/日本武 (jap.)

Mythologischer Prinz, Sohn des Keikō Tennō; wtl. der Held/der Tapfere von Yamato

Fiktive Person

Der Begriff „Yamato Takeru“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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. Es landete schluss·endlich im Atsuta Schrein. Der Spiegel hingegen soll sich seit Yamato-hime in Ise befinden.

Ise wird in den Episoden der folgenden Tennō lange nicht mehr erwähnt. Lediglich die tragische Geschichte einer kaiserlichen Kult-Prinzessin namens Takuhata-hime, einer Tochter des

Yūryaku Tennō 雄略天皇 (jap.)

418–479; semi-historischer 21. Kaiser Japans; (r. 456–479); andere Namen: Ōhatsuse Wakatake; Wakatakeru no Ōkimi

Der Begriff „Yūryaku Tennō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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, fand Aufnahme in das Nihon shoki. Von ihr erfahren wir, dass sie den Spiegel entwendete und Selbstmord beging, nachdem sie fälschlich der Unzucht bezichtigt worden war. Ihr Leichnam und der Spiegel wurden aber durch einen Regen·bogen offenbart.3

Der Äußere Schrein führt seine Gründung auf eine Legende zurück, die ebenfalls in der Zeit des Yūraku Tennō angesiedelt ist. In einer Traum·botschaft teilte Amaterasu dem Tennō mit, dass er den Schrein der Nahrungs·gottheit Toyouke aus der Provinz Tanba in die Nähe ihres Schreins verlegen lassen solle. Toyouke wurde demnach zunächst in einer Provinz nord·westlich von Kyoto verehrt. Toyouke wird als marginale Gestalt im Kojiki flüchtig erwähnt. Ihr Schrein in Tanba und seine Übersiedlung nach Ise finden sich jedoch nicht in den kiki, sondern lediglich in der erwähnten Schrein·chronik aus dem Jahr 804.

Schließlich bergen die kiki noch den Hinweis auf eine weitere Gottheit, die möglicherweise vor Amaterasu in Ise verehrt wurde und vielleicht sogar in der Rolle einer Sonnengottheit von ihr verdrängt wurde. Es handelt sich um

Sarutahiko 猿田彦 (jap.)

Mythologische Gottheit in tengu-ähnlicher Gestalt

Der Begriff „Sarutahiko“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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, den etwas unheimlichen Bergführer des Ninigi, der mit

Ame no Uzume 天鈿女/天宇受賣 (jap.)

mythologische Gottheit, Ahnherrin des Theaters

Der Begriff „Ame no Uzume“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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vermählt wird. Von diesem Paar heißt es im Nihon shoki, dass sie sich – lange vor Yamato-hime – am Oberlauf des Isuzu-Flusses (der am Inneren Schrein vorbei fließt) niederließen. 

Schreingeschichte

Die oben skizzierte Schreinmythologie ist zwar bereits in den kiki zu finden, doch deutet sich in diesen Chroniken zugleich an, dass die Zentren des

kami(jap.)

Gottheit; im engeren Sinne einheimische oder lokale japanische Gottheit, Schreingottheit (s. jinja), Gottheit des Shintō

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-Kults in vor- und frühgeschichtlicher Zeit woanders, nämlich in

Izumo 出雲 (jap.)

alter Namen der Präfektur Shimane in West-Japan; auch kurz für Izumo Taisha

Ort

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Geographische Lage

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und

Ōmiwa Jinja 大神神社 (jap.)

Ōmiwa Schrein, auch Miwa Schrein, nahe Nara; einer der ältesten Schreine Japans

Schrein

Der Begriff „Ōmiwa Jinja“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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Geographische Lage

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Geographische Lage von Ōmiwa Jinja; s.a. Geo-Glossar
gelegen haben müssen. Auch bietet die Mythologie, wie erwähnt,  keine befriedigende Erklärung für die Doppelstruktur der Anlage. Die meisten Experten gehen daher heute davon aus, dass die Verehrung einer weiblichen Sonnengottheit, die zugleich als wichtigste Ahnengottheit des Kaiserhauses gilt und ihren Hauptsitz in Ise hat, erst in historischer Zeit zustande kam. Man nimmt an, dass sich die schriftliche Niederlegung der kaiserlichen Mythologie Anfang des achten Jahrhunderts mit der Entstehung des Ise-Kults überschneidet.  

Sowohl die Abfassung der kiki als auch der Ausbau von Ise wären nach dieser Theorie ein Produkt der Tenmu Dynastie, einer bestimmten Linie des Kaiserhauses, die von

Tenmu Tennō 天武天皇 (jap.)

631?–686; 40. japanischer Kaiser; (r. 673–686)

Der Begriff „Tenmu Tennō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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und seiner Witwe und Nachfolgerin

Jitō Tennō 持統天皇 (jap.)

645–703, r. 686–697; 41. japanische Kaiserin

Der Begriff „Jitō Tennō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

begründet wurde. Seit dieser Zeit ist auch die Existenz von zwei Hauptschreinen, die von den Priesterfamilien Arakida (Innerer Schrein) und Watarai (Äußerer Schrein) geführt wurden, zuverlässig dokumentiert. Auch die 20-jährigen Schrein·erneuerungen dürften ab dieser Zeit durchgeführt worden sein, obwohl sie erst ab 785 zweifelsfrei dokumentiert sind. 

Erst die Tenmu Dynastie war also dafür verantwortlich, dass Ise den Status des obersten kaiserlichen Ahnenschreins erhielt. Das bedeutete u.a., dass der Betrieb der Schreinanlage in Form von „Opfergaben“ durch das Tennō-Haus realisiert wurde. Die Opfergaben waren materielle Güter, die den Unterhalt der Priester sicherten, und wurden von sogenannten Schrein·haushalten hergestellt, bäuerlichen Betrieben, die nominell dem Tennō unter·standen. Umgekehrt durften andere Personen, egal ob adelig oder nicht, den Gottheiten von Ise keine Unterstützungen oder Opfer zukommen lassen. Die Schreinhaushalte wurde jedoch von priesterlichen „Zeremonienmeistern“ (saishu) des Hofes überwacht.

Diese Zeremonienmeister, die wiederum aus der höfischen Priester·familie Nakatomi stammten, lebten zwar am Hof, hatten jedoch zunächst die eigentliche Autorität in Ise inne.4 Daneben gab es auch die Institution der Kult-Prinzessin (

saiō 斎王 (jap.)

Kult-Priesterin aus dem Tennō-Haus in den Schreinen Ise und Kamo; auch saigū; in Ise bis 1334 existent

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  • Ise saishu.jpg

). Diese stammte aus der Familie des Tennō, musste Jungfrau sein und nahm in rituellen Belangen die höchste Stellung ein. Wahr·schein·lich hatte sie aber nur nominelle Autorität.

Ise saishu.jpg
8 Ise Priester mit Kult-Priinzessin Kuroda Sayako, 2013
Kuroda Sayako, derzeit stellvertretende Kult-Prinzessin (saiō) in Ise, ist eine Tochter des Heisei Tennō. Hier leitet sie das Tsukinami-sai, ein traditionelles halbjährliches Ritual in Ise. Rechts die 20 Jahre alte Anlage des Inneren Schreins (Naikū), die in Kürze durch die neuen Gebäude im Hintergrund ersetzt werden wird.
Werk von Minamikawa Sanjirō. 2013. Minamikawa Sanjirō, 2013/6/16.

Die besondere Beziehung zum Tennō-Haus führte zu einer Sonder·stellung Ises innerhalb der Schrein·land·schaft Japans. In allen bekannten Schreinlisten, die seit der Heian-Zeit geführt werden, steht Ise als kaiserlicher Ahnen·schrein unangefochten an erster Stelle, obwohl der Tennō selbst den Schrein nie besuchte und auch die Aristokratie sich eher an Schreine in Haupt·stadtnähe hielt.

Mittelalter und Frühe Neuzeit

Mit dem Niedergang des Hofes zwischen dem 12. und 14. Jahrhundert verschwanden sowohl die Zeremonienmeister des Hofes als auch die Kult-Prinzessinnen und die Schreine wurden nun wirklich von den dort ansässigen Priestern geführt. Zugleich mussten sie sich aber unter den neuen Kriegereliten nach Ersatz für die ökonomische Unterstützung durch den Hof umsehen.

Dies führte zu einer erbitterten Konkurrenz zwischen den Watarai und den Arakida. Die Watarai bemühten sich, ihren Schrein, den Äußeren, als mindestens ebenso bedeutsam wie den Inneren darzustellen. Zu diesem Zweck identi·fizierten sie ihre Gottheit mit

Kuni no Tokotachi 国常立 (jap.)

mythologische Urgottheit des Shintō

Der Begriff „Kuni no Tokotachi“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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  • Tenno chikanobu1878 gr.jpg

, der im Nihon shoki Gene·rationen vor Amaterasu als Urgottheit in Erscheinung tritt. Die Watarai waren in ihrem Bemühen um eine neue Identität durchaus erfolgreich und begrün·deten den sogenannten

Watarai Shintō 度会神道 (jap.)

Shintō-Lehre des Äußeren Schreins von Ise

Schulrichtung

Der Begriff „Watarai Shintō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

, der zu einer Inspirations·quelle späterer Shinto-Theologien wurde. Amaterasu blieb zwar über lange Sicht die bekanntere Gottheit, wurde aber zeitweise auch als Mann dargestellt oder mit einer jugend·lichen Gottheit namens Utsuho Dōji identifiziert. Beide Schreine sandten im Mittelalter und in der frühen Neuzeit Priester durchs Land, die der allgemeinen Bevölkerung von den sagen·haften Kräften der Ise-Gottheiten kündeten und Ise zur populärsten shinto·istischen Pilger·stätte des Landes machten.

Gegen Ende der

Edo 江戸 (jap.)

Hauptstadt der Tokugawa-Shōgune, heute: Tōkyō; auch: Zeit der Tokugawa-Dynastie, 1600–1867 (= Edo-Zeit);

Ort, Epoche

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Geographische Lage

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Geographische Lage von Edo; s.a. Geo-Glossar

-Zeit tauchten Gerüchte auf, dass die Ise-Pilger bisweilen mit einem Geldregen überschüttet werden würden, was zu einem weiteren Anstieg der Popularität Ises führte. Man stellte sich Amaterasu auch als weißes Pferd vor, das bei Hungerkatastrophen und Erdbeben helfend in Erscheinung trat. Schließlich entstanden unter den Ise-Pilgern unmittelbar vor der Meiji-Restauration millienaristische Bewegungen, die eine Art Zeitenwende (yonaoshi) heraufbeschworen und ekstatische Tänze und Gesänge (die nach ihrem Refrain ee ja nai ka – etwa: „ist doch gut so“ – genannt wurden) praktizierten. Obwohl diese Bewegungen eher unpolitisch und nicht auf den Tennō bezogen waren, leisteten sie wahrscheinlich einen Beitrag zum politischen Umschwung von 1867 bis 68.

Moderne

Unter dem Regime der Meiji-Zeit wurden die Verbindungen zwischen Ise und Tennō schließlich wieder systematisch verstärkt. Der Watarai Shinto wurde endgültig als „Fälschung“ gebrandmarkt und die Gottheiten entsprechend den ältesten Chroniken in ihrer heutigen Gestalt festgelegt. Dass dies jedoch nicht unbedingt der Weisheit letzter Schluss sein muss, zeigen u.a. die erwähnten Widersprüche zwischen Architektur und Mythos.

Ein interessantes Detail am Rande: Die Institution der Kult-Prinzessin wurde in der Moderne in modi·fizierter Form erneut aufge·nommen. Allerdings lautet ihr Titel saishu (Zeremonienmeisterin). Das Kriterium der Jungfern·schaft fiel zwar weg und es muss sich nicht einmal unbedingt um eine Frau handeln. Doch pendelt sich langsam wieder der Brauch ein, weibliche Ange·hörige des Tennō-Hauses in leitender ritueller Funktion in Ise zu installieren

Ise als Inbegriff der japanischen Ästhetik

Ise wird auch in ästhetischer Hinsicht oft als Inbegriff des Shintō gedacht und gepriesen. Mit der Wiederaufwertung des Tennō Anfang der Meiji-Zeit wurden die monumental-archaischen Formen Ises auch für neu geschaffene Schreine verwendet. So verfügen etwa der

Yasukuni Jinja 靖国神社 (jap.)

Yasukuni Schrein, Tōkyō; Schrein zum Gedenken an Kriegsgefallene

Schrein

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Geographische Lage von Yasukuni Jinja; s.a. Geo-Glossar

Schrein, aber auch diverse neu geschaffene Kaisergräber, über die besonders schlichten torii im shinmei-Stil. Interessanterweise wurde allerdings der Schrein für Kaiser

Meiji Tennō 明治天皇 (jap.)

1852–1912; 122. japanischer Kaiser (r. 1867–1912); Namensgeber und politische Symbolfigur der Meiji-Zeit; Eigenname: Mutsuhito

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, der 1920 fertig gestellt wurde, in einem Stil gehalten, der eher den buddhistisch beeinflussten Schreingebäuden der Edo-Zeit entspricht. Seine geschwungen Dächer und Balken wurden offenbar doch vertrauter empfunden als das kantige Erscheinungsbild Ises. Auch Europäer des 19. Jahrhunderts wie Ernest Satow (1843–1929), einer der Pioniere der britischen Japanologie, charakaterisierten Ise als „disappointing in its simplicity and perishable nature“.5

Offenbar spielte der deutsche Architekt und Stadtplaner Bruno Taut (1880–1938) eine nicht unwesentliche Rolle für die heute gängige Bewertung. Als Pionier einer funktionalistischen, auf das Notwendigste reduzierten Architektur genoss Taut in den 1920er Jahren internationale Bekanntheit, u.a. durch richtungsweisende Sozialbauten in Berlin. Als Sympathisant der russischen Revolution musste er Deutschland allerdings mit dem Machtantritt der Nazis verlassen und fand vorübergehend in Japan Exil. Dort begeisterte er sich u.a. für die Schlichtheit der Ise Architektur, die er positiv mit dem Dekor buddhistischer Tempel oder der Schreinanlage von

Nikkō 日光 (jap.)

Tempel-Schreinanlage im Norden der Kantō-Ebene, Präf. Tochigi; beherbergt u.a. den Tōshō-gū Schrein

Schrein, Tempel

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Geographische Lage

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kontrastierte. Ise galt ihm neben dem Katsura Rikyū Palast in Kyoto als Vorwegnahme einer modernen Architektur. Taut bekam bereits 1936 die Gelegenheit, seine Sicht der japanischen Arichitektur und Kultur auf japanisch zu veröffentlichen und fand damit in Japan großen Anklang.6

Es mag ihm dabei nicht völlig bewusst gewesen sein, dass sein Lob der archaischen Monumentalität Ises durchaus ins Konzept des aufkeimenden japanischen Totalitarismus passte.

Im Kontext der Schreinerneuerung von 1953 sorgte dann Tange Kenzō (1913–2005), der Mitbegründer des sogenannten Metabolismus, für eine ähnliche Bewertung Ises. Zusammen mit dem Architekturkritiker Kawazoe Noboru veröffentlichte er eine Hommage an Ise, die unter dem Titel Ise: Prototype of Japanese Architecture auch im englischen Sprachraum weite Verbreitung fand. Noch zu Kriegszeiten machte Tange übrigens erstmals auf sich aufmerksam, als er mit nur 29 Jahren ein nationales Monument entwarf, das eindeutig von der Schreinarchitektur Ises inspiriert war und am Fuße des Berges Fuji errichtet werden sollte.7

Ise stellte somit – wohl nicht nur für Tange – ein scheinbar über jede Ideologie erhabenes Bindeglied zwischen Tradition und Moderne sowie zwischen Kriegs- und Nachkriegszeit dar. Charakteristischerweise nahmen Tange und Kawazoe wenig Bedacht auf die erwähnten historischen Veränderungen der Schreinanlage und ließen Mythen wie die über zweitausendjährige Schreingeschichte unhinterfragt. Zu Tanges Ehrenrettung muss jedoch hinzugefügt werden, dass er sich ebenso von der buddhistischen Architektur Japans inspirieren ließ und insofern keinen puristischen Shinto-Essenzialismus praktizierte.

Verweise

Fußnoten

  1. Ellwood 1968, S. 188.
  2. „The province of Ise, of the divine wind, is [...] a secluded and pleasant land. In this land I wish to dwell.“ (Aston 1972, Bd. 1, S. 176.) In diesem Ausspruch Amaterasu findet sich bereits der berühmte Ausdruck
    kamikaze 神風 (jap.)

    Götterwind; urspr. ein poetischer Beinamen der Provinz Ise, wird der Begriff seit den Mongolenangriffen des 13. Jh.s mit göttlichem Schutz im Krieg assoziiert und daher auch mit den Selbstmord-Piloten des 2. Weltkriegs in Verbindung gebracht

    Konzept, Geschichte

    Der Begriff „kamikaze“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

    , Götterwind, als Charakterisierung von Ise.

  3. Regierungszeit des Yūryaku Tennō, Aston 1972, Bd. 1, S. 341.
  4. Teeuwen 1996, Kap. 1.
  5. Ernest Satow, “The Shinto Temples of Ise.” Transactions of the Asiatic Society of Japan 1:2 (1874), S. 121.
  6. Tauts deutschsprachiges Original erschien erst 2009 unter dem Titel Nippon, mit europäischen Augen gesehen. Herausgegeben, mit einem Nachwort und Erläuterungen versehen von Manfred Speidel. Gebrüder Mann Verlag, Berlin 2009.
  7. Carlos Zeballos, „The Metabolist Movement“ (Blogartikel, 2011), in [http://architecturalmoleskine.blogspot.co.at/2011/10/metabolist-movement.html My Architectural Moleskine] (2014/10/24)

Internetquellen

Siehe auch Internetquellen


Letzte Überprüfung der Linkadressen: Aug. 2010

Literatur

Siehe auch Literaturliste

Klaus Antoni (Ü.), Kojiki: Aufzeichnungen alter Begebenheiten. Berlin: Verlag der Weltreligionen (Insel Verlag), 2012. [Mit einer begleitenden Studie und ausführlichen Text-Anmerkungen.]
William George Aston (Ü.), Nihongi: Chronicles of Japan from the Earliest Times to A.D. 697. Rutland, Vt: Tuttle, 1972. (Online.) [Erste Ausgabe: London 1896.]
John Breen, Mark Teeuwen, A Social History of the Ise Shrines: Divine Capital. London, New York: Bloomsbury, 2017.
Robert S. Ellwood, „Harvest and Renewal at the Grand Shrine of Ise“. Numen 15/3 (1968), 165–190.
Taryō Ōbayashi, Watanabe Yoshio, Ise und Izumo: Die Schreine des Schintoismus. Freiburg/Breisgau: Herder, 1982. [Ü. Thomas Münster.]
Ernest Satow, „The Shintō Temples of Ise“. Transactions of the Asiatic Society of Japan 1:2 (1874).
Tange Kenzō, Kawazoe Noboru, Ise: Prototype of Japanese Architecture. Cambridge: The M.I.T. Press, 1965.
Bruno Taut, Nippon mit europäischen Augen gesehen. Berlin: Gebr. Mann Verlag, 2009. [1933 auf Japanisch erschienen als Nippon: Yōroppajin no me de mita; dt. Originalmanuskript 2009 herausgegeben, mit einem Nachwort und Erläuterungen versehen von Manfred Speidel.]
Mark Teeuwen, Watarai Shinto: An Intellectual History of the Outer Shrine in Ise. Leiden: CNWS, 1996.
Mark Teeuwen, „The creation of a honji suijaku deity: Amaterasu as the Judge of the Dead“. In: Mark Teeuwen und Fabio Rambelli (Hg.), Buddhas and Kami in Japan. London, New York: RoutledgeCurzon, 2003, 115–144.
William George Aston (Ü.), Nihongi: Chronicles of Japan from the Earliest Times to A.D. 697. Rutland, Vt: Tuttle, 1972. (Online.) [Erste Ausgabe: London 1896.]
Mark Teeuwen, Watarai Shinto: An Intellectual History of the Outer Shrine in Ise. Leiden: CNWS, 1996.

Bilder

Quellen und Erläuterungen zu den Bildern auf dieser Seite

  1. ^ 
    Shogu ise.jpg
    Das 2013 neu errichtete Hauptgebäude des Äußeren Schreins (Gekū) von Ise. Bis auf wenige Details ist dieses Gebäude mit der Haupthalle des fünf Kilometer entfernten Inneren Schreins identisch.
    Minamikawa Sanjirō, 2013.
  2. ^ 
    Ise map.jpg
    Lage des Inneren Schreins (Naikū) und Äußeren Schreins (Gekū) von Ise, deren Hauptgebäude über 4km von einander entfernt sind. Ehemals waren beide Anlagen von eigenen Dörfern, Yamada und Uji, umgeben, die heute zur Stadt Ise zusammengewachsen sind.
    Google Earth, 2014.
  3. ^ 
    Geku google.jpg
    Satellitenbild welches den Äußeren Schrein (Gekū) von Ise zeigt.
    Google Earth, 2014.
  4. ^ 
    Naiku google.jpg
    Satellitenbild, welches den Inneren Schrein (Naikū) von Ise zeigt.
    Google Earth, 2014.
  1. ^ 
    Shikinensengu.jpg
    Anlässlich der periodischen Neuerrichtung der Schreinanlage von Ise, die alle 20 Jahre stattfindet, wird das Hauptheiligtum (go-shintai) des Schreins in einer nächtlichen Prozession zu seinem neuen Bestimmungsort gebracht. Das heilige Objekt ist durch Tücher verhüllt.
    Meiji-Zeit. Schreinamt von Ise (Jingū Shichō), 2006.
  2. ^ Ise dach.jpg 
  3. ^ 
    Geku dach.jpg
    Das Dach des Äußeren Schreins (Gekū) unterscheidet sich durch die Vertikale Abschrägung der Dachsparren (chigi) und die ungerade Zahl der Rundhölzer (9) vom Dach des Inneren Schreins.
    Minamikawa Sanjirō, 2013.
  4. ^ 
    Ise saishu.jpg
    Kuroda Sayako, derzeit stellvertretende Kult-Prinzessin (saiō) in Ise, ist eine Tochter des Heisei Tennō. Hier leitet sie das Tsukinami-sai, ein traditionelles halbjährliches Ritual in Ise. Rechts die 20 Jahre alte Anlage des Inneren Schreins (Naikū), die in Kürze durch die neuen Gebäude im Hintergrund ersetzt werden wird.
    Werk von Minamikawa Sanjirō. 2013. Minamikawa Sanjirō, 2013/6/16.

Glossar

Namen und Fachbegriffe auf dieser Seite

  • Amaterasu 天照 ^ Sonnengottheit; Ahnherrin des Tennō-Geschlechts; Hauptgottheit von Ise
  • Ame no Uzume 天鈿女/天宇受賣 ^ mythologische Gottheit, Ahnherrin des Theaters
  • Arakida 荒木田 ^ Priester des Inneren Schreins von Ise (Naikū)
  • Atsuta Jingū 熱田神宮 ^ wichtigster und ältester Schrein in Nagoya
  • chigi 千木 ^ ornamentale Dachsparren
  • Dainichi Nyorai 大日如来 ^ Buddha Vairocana, der „kosmische Buddha“; wtl. „Großes Licht“ oder „Große Sonne“
  • Edo 江戸 ^ Hauptstadt der Tokugawa-Shōgune, heute: Tōkyō; auch: Zeit der Tokugawa-Dynastie, 1600–1867 (= Edo-Zeit);
  • ee ja nai ka ええじゃないか ^ Dialektform von ii ja nai ka, „ist doch in Ordnung so“; Refrain von Liedern, nach denen millienniaristische Bewegungen um 1867 benannt wurden
  • Fuji-san 富士山 ^ Berg Fuji (3776 m), der höchste Berg Japans (veraltete Bezeichnung: Fuji-yama)
  • Gekū 外宮 ^ Äußerer Schrein von Ise, der Göttin Toyouke geweiht
  • Heian 平安 ^ auch Heian-kyō 平安京, „Stadt des Friedens“; politisches Zentrum 794–1185 (= Heian-Zeit)
  • Ise 伊勢 ^ vormoderne Provinz Ise (heute Präfektur Mie); Stadt Ise; Kurzbezeichnung für die Schreinanlage von Ise Ise Jingū
  • Ise Jingū 伊勢神宮 ^ kaiserlicher Ahnenschrein (wtl. Götterpalast) von Ise, Präfektur Mie, bestehend aus den Anlagen Gekū und Naikū
  • Izumo 出雲 ^ alter Namen der Präfektur Shimane in West-Japan; auch kurz für Izumo Taisha
  • jingū 神宮 ^ „Götterpalast“; Ahnenschrein des Kaiserhauses, meist Ise Jingū
  • Jitō Tennō 持統天皇 ^ 645–703, r. 686–697; 41. japanische Kaiserin
  • kami^ Gottheit; im engeren Sinne einheimische oder lokale japanische Gottheit, Schreingottheit (s. jinja), Gottheit des Shintō
  • kamikaze 神風 ^ Götterwind; urspr. ein poetischer Beinamen der Provinz Ise, wird der Begriff seit den Mongolenangriffen des 13. Jh.s mit göttlichem Schutz im Krieg assoziiert und daher auch mit den Selbstmord-Piloten des 2. Weltkriegs in Verbindung gebracht
  • Kanname-sai 神嘗祭 ^ wtl. Fest des göttlichen Kostens [des ersten Reises]; kaiserl. Erntedankfest im zehnten Monat, das parallel am Kaiserpalast und im Ise Schrein durchgeführt wird
  • katsuogi 鰹木 ^ ornamentale Querhölzer auf dem Schreindach; wörtlich „Bonito-Holz“, abgeleitet von der Form eines beliebten Speisefisches (katsuo = Bonito-Fisch)
  • Katsura Rikyū 桂離宮 ^ kaiserlicher Nebenpalast und -garten aus dem 17. Jahrhundert im Westen Kyōtos
  • Kawazoe Noboru 川添登 ^ 1926–2015; japanischer Architekturkritiker
  • kiki 記紀 ^ Sammelbezeichnung für KojiKI und Nihon shoKI (ki, Bericht, ist jeweils mit einem leicht abweichenden Zeichen geschrieben)
  • Kuni no Tokotachi 国常立 ^ mythologische Urgottheit des Shintō
  • Meiji 明治 ^ posthumer Name von Kaiser Mutsuhito; nach ihm wird auch die Meiji-Zeit (1868–1912) benannt
  • Meiji Ishin 明治維新 ^ Meiji Restauration, wtl. Meiji-Erneuerung, umfasst den politischen Umsturz 1867–68 und die nachfolgende Konsolidierung Japans als moderner Nationalstaat
  • Meiji Jingū 明治神宮 ^ Schrein des Meiji Tennō in Tōkyō, err. 1920
  • Meiji Tennō 明治天皇 ^ 1852–1912; 122. japanischer Kaiser (r. 1867–1912); Namensgeber und politische Symbolfigur der Meiji-Zeit; Eigenname: Mutsuhito
  • Miwa 三輪 ^ Ort im südl. Nara-Becken; wtl. „drei Ringe“; Kurzbez. für den Ōmiwa Jinja
  • Naikū 内宮 ^ Innerer Schrein von Ise, Amaterasu geweiht
  • Nakatomi 中臣 ^ Adelsgeschlecht der Antike
  • Nihon shoki 日本書紀 ^ Zweitältestes Schriftwerk und erste offizielle Reichschronik Japans (720)
  • Nikkō 日光 ^ Tempel-Schreinanlage im Norden der Kantō-Ebene, Präf. Tochigi; beherbergt u.a. den Tōshō-gū Schrein
  • Ninigi 瓊瓊杵 ^ mytholog. Gottheit, Enkel Amaterasus
  • o-fuda お札 ^ Amulett oder Talisman in Gestalt eines symbolischen Zeichens, meist aus Papier; auch shinsatsu; das Zeichen 札 kann auch „Geldschein“ bedeuten, wird dann aber sinojap. satsu ausgesprochen;
  • Ōmiwa Jinja 大神神社 ^ Ōmiwa Schrein, auch Miwa Schrein, nahe Nara; einer der ältesten Schreine Japans
  • Ōmononushi 大物主 ^ Gottheit des Schreins von [Ō]Miwa
  • Saigyō 西行 ^ 1118–1190; eigentlich: Satō Norikiyo; japanischer Mönch und Dichter
  • saiō 斎王 ^ Kult-Priesterin aus dem Tennō-Haus in den Schreinen Ise und Kamo; auch saigū; in Ise bis 1334 existent
  • saishu 祭主 ^ wtl. Zeremonienmeister; spezielles Priesteramt in Ise
  • Sarutahiko 猿田彦 ^ Mythologische Gottheit in tengu-ähnlicher Gestalt
  • Satow, Ernest (west.) ^ 1843–1929; brit. Diplomat und Pionier der Japanologie
  • shikinen sengū 式年遷宮 ^ periodische Schreinverlegung bzw. -erneuerung; zumeist, aber nicht nur, auf Ise bezogen
  • shinmei-zukuri 神明造 ^ Baustil der Schreine von Ise bzw. Stil der torii von Ise; auch shinmei torii
  • shin no mihashira 神の御柱 ^ „Herz-Pfeiler“; symbolischer Bauteil ohne statische Funktion unterhalb von Schreingebäuden, z.B. in Ise
  • shintai 神体 ^ heiliges Objekt eines Shintō-Schreins; wtl. „Gottkörper“
  • Suinin Tennō 垂仁天皇 ^ 11. kaiserl. Herrscher Japans, leg. Regiergungszeit 29 v.–70 n.u.Z.
  • Sujin Tennō 崇神天皇 ^ 97–30 v.u.Z. (mythol. Regierungszeit); 10. japanischer Kaiser
  • Takuhata-hime 栲幡姫 ^ Tochter des semi-historischen Herrschers Yūryaku und Kult-Prinzessin in Ise; wtl. Prinzessin Maulbeer-Webstuhl
  • Tanba 丹波 ^ Provinz Tanba; historische Provinz im NW Kyōtos; umfasst Teile der heutigen Präfekturen Kyōto und Hyōgo
  • Tange Kenzō 丹下健三 ^ 1913–2005; japanischer Architekt und Städteplaner
  • Taut, Bruno (west.) ^ 1880–1938; deutscher Architekt der Zwischenkriegszeit, der unter dem Nationalsozialismus (1933–1936) in Japan Asyl fand
  • Tenmu Tennō 天武天皇 ^ 631?–686; 40. japanischer Kaiser; (r. 673–686)
  • Tennō 天皇 ^ jap. „Kaiser“-Titel, wtl. Herrscher des Himmels
  • torii 鳥居 ^ Torii, Schreintor; wtl. „Vogelsitz“; s. dazu Torii: Markenzeichen der kami
  • Toyouke 豊受 ^ Nahrungsgottheit des Äußeren Schreins von Ise
  • Uhō Dōji 雨宝童子 ^ shintō-buddhistische Gottheit in Gestalt eines Jünglings, der als Erscheinungsform Amaterasus galt
  • Watarai 度会 ^ Priester des Äußeren Schreins von Ise
  • Watarai Shintō 度会神道 ^ Shintō-Lehre des Äußeren Schreins von Ise
  • Yamada 山田 ^ Ehemals Stadt vor dem Äußeren Schrein von Ise (Gekū), heute Teil der Stadt Ise.
  • Yamato-hime 倭姫(倭比売) ^ Mytholog. Priesterin der Amaterasu, Tochter von Suinin Tennō
  • Yamato Takeru 倭建/日本武 ^ Mythologischer Prinz, Sohn des Keikō Tennō; wtl. der Held/der Tapfere von Yamato
  • Yasukuni Jinja 靖国神社 ^ Yasukuni Schrein, Tōkyō; Schrein zum Gedenken an Kriegsgefallene
  • Yayoi 弥生 ^ Yayoi-Zeit (ca. 300 v.u.Z. – 300 u.Z.); Zeit der Entwicklung des Reisanbaus
  • Yin Yang (chin.) 陰陽 ^ Dualistisches Prinzip der chin. Naturphilosophie
  • yonaoshi 世直し ^ Welterneuerung; „Weltsanierung“; gesamtgesellschaftliche Umwälzung
  • Yūryaku Tennō 雄略天皇 ^ 418–479; semi-historischer 21. Kaiser Japans; (r. 456–479); andere Namen: Ōhatsuse Wakatake; Wakatakeru no Ōkimi