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Der Bud·dhis·mus galt dem Zentral·staat insgesamt als äußerst mäch·tiges Instrument, dessen Kon·trolle man nicht aus der Hand geben durfte. Er wurde daher vom Staat nicht nur ge·fördert, er wurde auch vom Staat ge·maßregelt. Die Klöster durften nur ein be·stimmtes Kon·tin·gent an Mönchen und Nonnen auf·nehmen, jede einzelne Mönchs·weihe bedurfte einer staat·lichen Ge·neh·mi·gung. Anderer·seits sorgte die Zentral·regierung für die lande·sweite Aus·brei·tung des Bud·dhis·mus, indem sie in jeder Provinz ein streng hie·rarchisches Netz von Haupt- und Zweig·tempeln errichtete. Der {{g|Toudaiji}} in Nara wurde 745 von {{g|shoumutennou}} als Zentrum dieses staat·lich organi·sierten religiösen Systems errichtet. | Der Bud·dhis·mus galt dem Zentral·staat insgesamt als äußerst mäch·tiges Instrument, dessen Kon·trolle man nicht aus der Hand geben durfte. Er wurde daher vom Staat nicht nur ge·fördert, er wurde auch vom Staat ge·maßregelt. Die Klöster durften nur ein be·stimmtes Kon·tin·gent an Mönchen und Nonnen auf·nehmen, jede einzelne Mönchs·weihe bedurfte einer staat·lichen Ge·neh·mi·gung. Anderer·seits sorgte die Zentral·regierung für die lande·sweite Aus·brei·tung des Bud·dhis·mus, indem sie in jeder Provinz ein streng hie·rarchisches Netz von Haupt- und Zweig·tempeln errichtete. Der {{g|Toudaiji}} in Nara wurde 745 von {{g|shoumutennou}} als Zentrum dieses staat·lich organi·sierten religiösen Systems errichtet. |
Version vom 6. März 2021, 16:13 Uhr
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Im sechsten und siebten Jahr·hun·dert ent·wickelte sich Japan all·mäh·lich von einer losen Kon·fö·de·ration kon·kurrierender Klans (jap. uji [uji (jap.) 氏 altjap. Klan, Sippe, Familie]) zu einem Staats·wesen, das zu·neh·mend am Vor·bild Chinas orientiert war. China wirkte in dieser Zeit vor allem deshalb so stark, weil es nach Jahr·hun·derten der poli·tischen De·zentrali·sierung zunächst der Sui [Sui (chin.) 隋 chin. Herrschaftsdynastie, 581–618]- (581) und dann der Tang [Tang (chin.) 唐 chin. Herrschaftsdynastie, 618–907]-Dynastie (618) ge·lungen war, das Reich der Mitte wieder unter einer Herr·schaft zu einen. Die Tang machten den Bud·dhis·mus zu einer Art Staats·religion und werteten ihn damit auch in den Augen der um·lie·genden ost·asia·tischen Reiche deutlich auf. Doch schon davor, im sechsten Jahr·hun·dert zeigten sich einzelne Monarchen an der neu·artigen indischen Religion interessiert.
Übernahme des Buddhismus und Widerstände
Vorlage:Sidebox3 Aus ja·pa·nischer Sicht kam ein ent·scheidender Impuls, sich näher mit dem Bud·dhis·mus zu befassen, aus dem mit Japan ver·bündeten korea·nischen Reich Baekje [Baekje (kor.) 百濟/백제 Ehemaliges Königreich in Korea, das sich zu seiner Blütezeit im 5. Jh. über die gesamte Westküste Südkoreas erstreckte; 660 vom benachbarten Silla erobert], wo es unter dem tatkräftigen König Seong [Seong Wang (kor.) 聖王/성왕 ?–554; König Seong von Baekje (heute Teil Koreas), r. 523–554; auch Seongmyeong Wang 聖明王/성명왕] (r. 523–554) erstmals zu einer nachweislichen Förderung des Buddhismus gekommen war.1 Wie das Nihon shoki [Nihon shoki (jap.) 日本書紀 Zweitältestes Schriftwerk und erste offizielle Reichschronik Japans (720)] berichtet, erhielt der japanische Herr·scher Kinmei Tennō [Kinmei Tennō (jap.) 欽明天皇 509–571; 29. Tennō Japans; r. 540?–571; Kinmei Tennō ist ein posthumer Name; sein eig. Herrschername lautete Amekuni-oshihiraki-hironiwa 天国排開広庭] (r. 540?–571) im Jahr 552 eine Buddha [Buddha (skt.) बुद्ध „Der Erleuchtete“ (jap. butsu, hotoke 仏 oder Budda 仏陀)]-Statue, einige Sutren [sūtra (skt.) सूत्र „Faden“, Lehrrede des Buddha, kanonische Schrift (jap. kyō 経 oder kyōten 経典)] und ein „Emp·feh·lungs·schreiben“ von König Seong mit der Auf·forde·rung, den Bud·dhis·mus staat·lich zu fördern.
Eine Fraktion mächtiger Höf·linge, an·ge·führt vom „kon·serva·tiven“ Klan der Mononobe [Mononobe (jap.) 物部 wtl. „Sippe der Dinge“; altjap. Klan, der gegen den Buddhismus eingestellt war], sprach sich aller·dings bald gegen die Errichtung buddhistischer Tempel aus, da sie fürchtete die ein·hei·mischen Götter zu erzürnen. Kinmei Tennō fügte sich diesem Argument und be·ende·te die ersten Ansätze staatlicher Bud·dhis·mus·förderung. Einige Adels·familien mit genealogischen Verbindungen zum Kontinent, vor allem die Soga [Soga no uji (jap.) 蘇我氏 Soga-Klan, die ersten Förderer des jap. Buddhismus], för·derten den Bud·dhis·mus jedoch auf eigenen Faust weiter. Die Soga errichteten u.a. einen privaten bud·dhis·tischen Tempel und ließen drei junge Frauen (ein Hinweis auf die religiöse Bedeutung von Frauen!) zu Nonnen weihen. Als bald darauf, im Jahr 585, eine Epi·demie das Land heim·suchte, machten die Mononobe erneut den aus·ländischen Buddha-Kult der Soga dafür ver·ant·wort·lich. Die bud·dhis·tischen Statuen und der Tempel der Soga wurden ge·waltsam zer·stört und die Nonnen ver·bannt, doch die Seuche breitete sich weiter aus, bis ihr schließ·lich auch der damalige Herrscher, Bidatsu Tennō [Bidatsu Tennō (jap.) 敏達天皇 538–585; 30. Tennō Japans (r. 572–585); eig. Herrschername Nunakura-futotama-shiki 渟中倉太珠敷] (r. 572–85), erlag. Die Soga fühlten sich dadurch in ihrer pro-bud·dhis·tischen Haltung be·stärkt und ge·wannen neuer·lich die Ober·hand. 587 kam es schließ·lich zu einer krie·ge·rischen Aus·ei·nan·der·setzung zwischen den Soga und den Mononobe, die die Soga (nach kräftigen Für·bitten und Opfer·gaben an den Buddha) für sich ent·schieden. Darauf·hin wurde ihnen gestattet, ihren bud·dhis·tischen Kult offiziell wieder auf·zu·nehmen.2
Erste Tempel
Werk von Tori Busshi. 609. Bildquelle: Kyōto shiseki sansakukai 19.
Mit dem be·stim·menden Einfluss des Soga Klans beginnt in Japan die Asuka [Asuka (jap.) 飛鳥 Asuka Region im Süden des Yamato-Beckens (Nara), wo sich in der Frühzeit die Residenzen der Soga no uji befanden; Asuka-Zeit (587–645 oder auch 587–710)]-Zeit (587–645 oder 587–710), be·nannt nach dem Stamm·land der Soga im südlichen Nara-Becken [Nara-bonchi (jap.) 奈良盆地 Becken im Norden der Präfektur Nara in welchem auch die Stadt Nara liegt]. Hier ließ Soga no Umako [Soga no Umako (jap.) 蘇我馬子 551?–626; Staatsmann; Sohn des Soga no Iname] (551?–626), der füh·rende Staats·mann seiner Zeit, gegen Ende des sechsten Jahr·hunderts erst·mals eine weit·läufige Tem·pel·an·lage, den so·ge·nannten Asuka Tempel (Asuka-dera [Asuka-dera (jap.) 飛鳥寺 erster historisch fassbarer Tempel Japans, gegr. 593 (Nihon shoki) von Soga no Umako; wurde unter anderem als Hōkō-ji (Tempel des beginnenden Dharmas) bezeichnet, später aber unter dem Namen Gangō-ji (Tempel des ursprünglichen Beginns) nach Nara verlegt; unter Asuka-dera versteht man heute den ursprünglichen Standort in der Asuka Region]) er·richten. Künstler und Bau·meister aus Baekje waren in die Bau·arbeiten ein·be·zogen. Auch die älteste datier·bare Buddha-Statue Japans, der daibutsu [daibutsu (jap.) 大仏 wtl. „Großer Buddha“; monumentale Buddha-Statue] des Asuka Tempels, trägt deut·liche Züge der da·maligen korea·nischen Bild·hauer·kunst. Der Asuka Buddha stammt wahrscheinlich von Tori Busshi [Tori Busshi (jap.) 止利仏師 tätig um 600; wtl. Buddhameister Tori; Bildhauer aus der Familie Kuratsukuri-be, einer Sippe von Sattelmachern mit koreanischen Wurzeln], der sowohl auf einigen frühen Skulpturen als auch im Nihon shoki [Nihon shoki (jap.) 日本書紀 Zweitältestes Schriftwerk und erste offizielle Reichschronik Japans (720)] erwähnt ist. Toris Vater war bereits Bildhauer gewesen und stammte aus einer koreanischen Einwandererfamilie, die zunächst als Sattelmacher (kuratsukuri) tätig waren.
Archäo·logische Aus·gra·bungen auf dem Gebiet des Asuka Tempels förderten nicht nur bud·dhis·tische Wert·gegen·stände zutage, sondern auch Grab·bei·gaben, wie sie ansonsten in den damals noch üblichen Hügelgräbern (kofun [kofun (jap.) 古墳 Hügelgrab der japanischen Frühzeit (ca. 300–700), wtl. „altes Grab“]) zu finden sind. Dies legt den Schluss nahe, dass bud·dhis·tische Tempel un·mittel·bar für das Ende der Hügel·gräber ver·ant·wort·lich sind und bei Bud·dhis·mus-freund·lichen Familien als Ersatz dieser archaischen Grab·stätten fungierten.
Shōtoku Taishi: Realität oder Fiktion?
Den end·gültigen Durch·bruch erzielte der japanische Bud·dhis·mus — jedenfalls nach Darstellung des Nihon shoki — Ende des sechsten Jahr·hunderts unter der Regent·schaft von Shōtoku Taishi [Shōtoku Taishi (jap.) 聖徳太子 574–622; Prinz Shōtoku; kaiserlicher Regent] (574–622), einem Sohn des Yōmei Tennō [Yōmei Tennō (jap.) 用明天皇 540–587; 31. Kaiser Japans (r. 585–587); Vater von Shōtoku Taishi]. Shōtoku wurde zwar selbst nicht Tennō, fungierte aber von 593–622 als Regent seiner Tante, Kaiserin Suiko [Suiko Tennō (jap.) 推古天皇 554–628; Kaiserin(!) Suiko; 33. Tennō Japans (r. 593–628)] (r. 593–628), und genoss daher höchste politische Auto·rität. Seine Vor·liebe für den Bud·dhis·mus offen·barte sich unter anderem in der Tat·sache, dass er der neuen Religion seine Residenz in Ikaruga [Ikaruga-chō (jap.) 斑鳩町 Stadt im Norden der Präfektur Nara; Die Residenz des Shōtoku Taishi befand sich hier, an der Stelle wo heute der Hōryū-ji steht] ver·machte — es entstand daraus der Tempel Hōryū-ji [Hōryū-ji (jap.) 法隆寺 Tempel in Ikaruga bei Nara, gegr. 607; wtl. „Tempel des prosperierenden [Buddha]-Gesetzes“] unweit von Nara, dessen älteste Gebäude aus dem siebten Jahr·hun·dert stammen. Hier erinnert unter anderem die Statue des Guze Kannon [Guze Kannon (jap.) 救世観音 wtl. Kannon, der Weltenretter; Hauptheiligtum in der Halle der Träume (Yumedono) im Hōryū-ji], der an·geb·lich die Züge Shōtokus tragen soll, an die frommen Werke des Prinzen.
Vorlage:Sidebox3 Shōtoku Taishi war nicht nur mächtig, er soll auch äußerst gebildet und theo·logisch versiert ge·wesen sein. Unter dem Ein·druck chi·ne·sischer Vor·bilder erließ er eine Art mora·lischen Kodex, die so·ge·nannte 17 Punkte Ver·fassung. Diese gilt als das erste japanische Ge·setzes·werk, ist jedoch nur in·direkt, aus dem Nihon shoki, über·liefert. Der relativ kurze Text orientiert sich vor allem an den Prin·zipien und Tu·genden des Kon·fuzianis·mus und erteilt den Unter·tanen auf dieser Grund·lage einige essen·zielle Ver·haltens·regeln. Punkt 2 enthält jedoch die ex·plizite Forde·rung, den Bud·dhis·mus zu ehren. Dies legt den Schluss nahe, dass der Buddhismus unter Shōtoku von einer vor allem unter koreanischen Familien gepflegten Privat·religion zu einer vom Hof vollkommen akzeptierten und sub·ven·tion·ierten Religion aufstieg und somit erstmals zu einem Instrument des Staates wurde, wie es König Seong empfohlen hatte.
Die Histori·zität all dieser pro-bud·dhis·tischen Refor·men wird in jüngerer Zeit allerdings des öfteren in Frage gestellt. Der wahre Shōtoku Taishi steht im Schatten einer Art Heiligenbiographie, die bereits im Nihon shoki anklingt und später noch weiter ausgebaut wurde. In reinen Zahlen nimmt sich das Aus·maß bud·dhis·tischer Aktivi·täten am Ende von Prinz Shōtokus Lebens ver·hältnis·mäßig be·scheiden aus, wenn man einem Zensus Glauben schenkt, der ebenfalls im Nihon shoki überliefert wird. Demnach gab es im Jahr 624, also zwei Jahre nach Prinz Shōtokus Tod, im damaligen Japan 46 Tempel, in denen 816 Mönche und 569 Nonnen tätig waren.
Wenn aber Shōtoku Taishis Rolle als Förderer des Bud·dhis·mus gar nicht bedeutend war, oder wenn es sich überhaupt um eine fiktive Gestalt handeln sollte, wie manchmal an·ge·nom·men, dann hat das auch für das Ver·ständ·nis der Geschichte des Bud·dhis·mus schwerwiegende Folgen. Neuere Theorien ziehen daraus den Schluss, dass die Soga den Bud·dhis·mus viel länger monopolisierten, als bisher angenommen. Erst spätere Chroniken hätten versucht über Shōtoku Taishi eine Ver·bindung zwischen Tennō-Haus und Bud·dhis·mus zu konstruieren, die in Wirk·lich·keit gar nicht gegeben war. Das bud·dhis·tische Monopol der Soga würde demnach bis 645 bestanden haben. 645 war das Jahr des „Großen Umsturzes“ (Taika [Taika (jap.) 大化 wtl. „großer Wandel“; Jahresdevise 645–650; 645 erfolgte in der Tat eine umfassende Reform des Rechts-, Verwaltungs- und Kalenderwesens und eine Neuordnung des Adels]), als der Soga-Klan selbst mehr oder weniger ausgelöscht wurde. Die Soga sahen sich bei diesem Staats·streich ähnlichen Gegnern gegenüber wie 587. Unter ihren Gegnern zogen die Fujiwara [Fujiwara (jap.) 藤原 mächtigste Adelsfamilie im jap. Altertum] den nach·haltigsten Gewinn aus der neuen politischen Situation. Sie waren zwar ur·sprüng·lich für das höfische Zeremonien·wesen zuständig und damit, wenn man so will „Shintō-Priester“, doch machten sie sich von 645 an den Bud·dhis·mus in ähnlicher Weise zunutze wie die Soga, auch wenn sie ihn nicht mehr völlig mono·pol·isieren konnten. Es ging also nicht mehr um die Frage, ob man den Bud·dhis·mus fördern sollte oder nicht, sondern darum, wer das Recht hatte den Bud·dhis·mus zu fördern.
Sinisierung der staatlichen Verwaltung
Werk von Ono no Takamura (Kopie). Heian-Zeit. Waseda University Library.
645 übernahm also eine neue Grup·pierung die Führung des kaiser·lichen Hofes, der unter anderem Nakatomi no Kamatari [Nakatomi no Kamatari (jap.) 中臣鎌足 614–669; Staatsmann und Ahnherr der Fujiwara] (614–669), der Ahnherr der später dominanten Fujiwara [Fujiwara (jap.) 藤原 mächtigste Adelsfamilie im jap. Altertum], an·ge·hörte. Obwohl ur·sprüng·lich aus dem „konservativen Lager“ und daher sowohl gegen den Soga Klan als auch gegen die Nach·kommen Shōtoku Taishis ge·richtet, trieb die neue Führung die Sini·sierung des Staates weiter voran. Erst·mals wurden nach chines·ischem Vor·bild Jahres·devisen (nengō [nengō (jap.) 年号 Jahresdevise oder Äraname, Motto der Politik zu dieser Zeit; traditionelle Form der historischen Zeitrechnung in China und Japan]) proklamiert, die als Motto der jeweiligen Politik zu verstehen sind. Die erste dieser Devisen lautete Taika, „Großer Wandel“ (645–650). Die Taika-Reformen [Taika no Kaishin (jap.) 大化改新 „Reformen des großen Wandels“; politischer Umschwung unter Kaiser Kōtoku im Jahre 646; Zentralisierung des Landes und Sinisierung des Staatssystems] leiteten die Arbeit an einem neuen Ge·setzes·werk ein, dem ritsuryō [ritsuryō (jap.) 律令 wtl. Strafen und Verordnungen; Gesetzessammlung des Altertums nach dem Vorbild der chin. Tang-Dynastie] (wtl. Strafen und Ver·ord·nungen) Kodex, der schließlich unter Tenmu Tennō [Tenmu Tennō (jap.) 天武天皇 631?–686; 40. japanischer Kaiser; (r. 673–686)] (r. 673–686) in Kraft trat. Obwohl viele Ver·ord·nungen rück·blickend als un·voll·kommene Kopien ihres chine·sischen Originals er·scheinen mögen, behielt der ritsuryō-Kodex er·staun·lich lange Geltung und prägte die japa·nische Rechts·sprechung bis zum Beginn der Moderne.
Der ritsuryō-Kodex regelte Hof und landes·weite Ver·waltung, indem er das gesamte Land zu Staats·eigen·tum erklärte und lokale Macht·haber zu beamteten Ver·waltern um·funktio·nierte. Auch der Hof selbst be·stand im Wesent·lichen aus einer streng hierarchisch organi·sierten Be·amten·schaft. Ähnlich wie die „Ver·fassung“ Shōtoku Taishis entsprach auch diese Reform des Staats·wesens kon·fuzia·nischen Prinzipien, ohne dass dies die För·derung des Bud·dhis·mus aus·schloss. Im Gegen·teil, der Bud·dhis·mus erlebte nach der Taika-Reform einen gewaltigen Aufstieg und breitete sich erstmals auch in entfernte Provinzen und in Bevöl·kerungs·gruppen außer·halb des Hoch·adels aus. Der Bud·dhis·mus ging also in Japan mit einer Sini·sierung der Gesell·schaft Hand in Hand und zwar von der Spitze der staat·lichen Institu·tionen aus.
Buddhismus und Staat
Fragt man nach dem Grund für das staat·liche Interesse am Bud·dhis·mus, so stößt man in den Quellen immer wieder auf den Glauben an seine be·son·dere magische Kraft. Dem bereits erwähnten Empfeh·lungs·schreiben des korea·nischen Königs Seong an seinen ja·pa·nischen Amts·kollegen Kinmei zufolge, sei der Bud·dhis·mus zwar schwer zu ver·stehen, aber äußerst mächtig und daher politisch opportun. Auch von·seiten der Bud·dhis·ten selbst wurden ähnliche Argu·mente vor·ge·bracht. Wann immer es um die Er·rich·tung eines neuen Tempels oder um sonstige Ge·neh·mi·gungen ging, be·tonten die Mönche in ihren Bitt·schriften den Nutzen des Bud·dhis·mus für das Wohl bzw. den Schutz des Staates, und zwar durch Einsatz ma·gischer Riten. Im ja·pa·nischen Alter·tum wurde vor allem dem Re·zitieren von Sutren eine solche Wir·kung zu·ge·schrieben. Es wurde also hand·fester poli·tischer Nutzen mit den ma·gischen Mitteln der Religion in Aus·sicht ge·stellt, spiri·tuelle oder trans·zen·dente Ziele klangen nur am Rande an.
Der Bud·dhis·mus galt dem Zentral·staat insgesamt als äußerst mäch·tiges Instrument, dessen Kon·trolle man nicht aus der Hand geben durfte. Er wurde daher vom Staat nicht nur ge·fördert, er wurde auch vom Staat ge·maßregelt. Die Klöster durften nur ein be·stimmtes Kon·tin·gent an Mönchen und Nonnen auf·nehmen, jede einzelne Mönchs·weihe bedurfte einer staat·lichen Ge·neh·mi·gung. Anderer·seits sorgte die Zentral·regierung für die lande·sweite Aus·brei·tung des Bud·dhis·mus, indem sie in jeder Provinz ein streng hie·rarchisches Netz von Haupt- und Zweig·tempeln errichtete. Der Tōdaiji [Tōdaiji (jap.) 東大寺 Tempel des Großen Buddha von Nara; wtl. Großer Ost-Tempel] in Nara wurde 745 von Shōmu Tennō [Shōmu Tennō (jap.) 聖武天皇 701–56; 45. japanischer Kaiser; (r. 724–49); Förderer des Buddhismus] als Zentrum dieses staat·lich organi·sierten religiösen Systems errichtet.
Andererseits blieb die direkte Förderung buddhis·tischer Tempel durch mächtige Familien, wie sie seit der Zeit der Soga bestand (der sog. „Klan-Buddhismus“ ujizoku bukkyō [ujizoku bukkyō (jap.) 氏族仏教 Klan-Buddhismus; Buddhismus der Adelsfamilien des jap. Altertums]), ein bestimmendes Element des ja·pa·nischen Bud·dhis·mus. Adelsfamilien wie die Fujiwara schufen Familien-Tempel (ujidera [ujidera (jap.) 氏寺 Klan- oder Familientempel]) wie den Kōfuku-ji [Kōfuku-ji (jap.) 興福寺 Tempel des Hossō-Buddhismus; einer der Sieben Großen Tempel von Nara], wo die höchsten Ämter zumeist von ordinierten Familien·mit·gliedern inne gehalten wurden. Die staatlichen Gesetze, die den Buddhismus betrafen, sahen hin·gegen Be·för·derung nach meritokratischen Gesichts·punkten vor, es sollten also nur die fähigsten Mönche in der Hierarchie aufsteigen, unabhängig von ihrer familiären Herkunft. Dieser Konflikt blieb innerhalb des ja·pa·nischen Bud·dhis·mus lange bestehen.
Wie weit der Bud·dhis·mus allerdings den indivi·duellen Glauben der breiten Be·völke·rung prägte, ist ungewiss. Wahr·schein·lich be·stand anfangs nur geringes Inte·resse an einer all·gemeinen Ver·breitung bud·dhis·tischer Glaubens·inhalte. Deshalb wurden bud·dhis·tische Texte, die Japan zu·meist in chi·ne·sischer Form er·reichten, auch nicht über·setzt. Predig·ten und schrift·liche Unter·wei·sungen in der Landes·sprache sind bei·spiels·weise erst aus der Heian [Heian (jap.) 平安 auch Heian-kyō 平安京, „Stadt des Friedens“; politisches Zentrum 794–1185 (= Heian-Zeit)]-Zeit bekannt. Aus dieser Zeit stammen auch die ersten volks·tümlichen Er·zählungen, die bud·dhis·tische Moral·vor·stellungen illustrieren, indem sie dras·tische Bei·spiele von Be·loh·nung und Be·stra·fung durch die karmische Ver·geltung an·führen. Darin kommt u.a. die Über·zeugung zum Aus·druck, dass allein der Klang un·verständ·licher Sutren wohl·tuende Wirkung auf das Karma [Karma (skt.) कर्म „Tat“, auch „konsequente Folge“; moralische Bilanz der gesetzten Handlungen (jap. gō 業)] der Zu·hörer aus·übt. Es ist daher an·zu·nehmen, dass im frühen Bud·dhis·mus eine starke Kluft zwischen einem hoch spezia·li·sierten, aktiv prakti·zierenden bud·dhis·tischen Klerus und einer weit·gehend passiven Ge·mein·schaft von Laien ohne präzise bud·dhis·tische Glaubens·vorstellungen bestand.
Abgesehen von seinen magisch-religiösen Quali·täten brachte der Bud·dhis·mus auch ganz konkrete Vor·teile mit sich, die wohl die wahren Ur·sachen seiner Be·deutung waren: Bud·dhis·tische Klöster waren Orte der Bildung, wo längst nicht nur religiöses Wissen vom asia·tischen Konti·nent ge·hortet und weiter·ge·geben wurde. Da bud·dhis·tische Mönche Wissen an·sammeln mussten, um in der Kloster·hierarchie vor·anzu·kommen, und dieser Wissens·erwerb die Kenntnis des Chi·ne·sischen vor·aus·setzte, war der Bud·dhis·mus — be·sonders in der Nara [Nara (jap.) 奈良 Hauptstadt und Sitz des Tennō, 710–784 (= Nara-Zeit); auch: Heijō-kyō]- und Heian [Heian (jap.) 平安 auch Heian-kyō 平安京, „Stadt des Friedens“; politisches Zentrum 794–1185 (= Heian-Zeit)]-Zeit — die bedeutendste Brücke, über die sich der Wissens·transfer zwischen Japan und dem Fest·land vollzog. Hand in Hand mit dem Buddhismus verbreiteten sich die chinesische Schrift, Architektur, Medizin und vieles andere mehr. Diese er·ziehe·rische Funktion blieb dem Bud·dhis·mus bis weit in die Edo [Edo (jap.) 江戸 Hauptstadt der Tokugawa-Shōgune, heute: Tōkyō; auch: Zeit der Tokugawa-Dynastie, 1600–1867 (= Edo-Zeit);]-Zeit hinein erhalten.
Verweise
Fußnoten
- ↑ Die koreanische Chronik Samguk sagi (1145) berichtet darüber hinaus dass ein buddhistischer Mönch namens Malananda bereits im Jahr 384 an den Hof von Baekje kam, doch scheint daraus aus heutiger Sicht kein nachhaltiger Einfluss auf die Entwicklung des Buddhismus in Korea ausgegangen zu sein (Best 2002, S. 166–167).
- ↑ Quelle: Nihon shoki (Aston, Nihongi, Vol. II, S. 65–67 und 101–105.)
Internetquellen
- Asuka Historical Museum (en.)
Mit Informationen und Abbildungen zum Asuka-dera.
Literatur
Bilder
- ^ Mit 2,75m Sitzhöhe erreichte die Statue des Shaka Nyorai (skt. Shakyamuni) für die damalige Zeit kollossale Ausmaße. Der Bildhauer Tori Busshi stammte aus einer koreanischen Einwandererfamilie. Der Stil des daibutsu ist kontinental geprägt.
Werk von Tori Busshi. 609. Bildquelle: Kyōto shiseki sansakukai 19.
- ^ Laut Bildinschrift handelt es sich um die Kopie einer Portraitzeichnung, die vom Heian-zeitlichen Gelehrten Ono no Takamura (802–853) angefertigt wurde. Im Vordergrund sind die nicht ausgeführten Silhouetten von Kamataris Untergebenen zu erkennen.
Werk von Ono no Takamura (Kopie). Heian-Zeit. Waseda University Library.
Glossar
- Asuka 飛鳥 ^ Asuka Region im Süden des Yamato-Beckens (Nara), wo sich in der Frühzeit die Residenzen der Soga no uji befanden; Asuka-Zeit (587–645 oder auch 587–710)
- Asuka-dera 飛鳥寺 ^ erster historisch fassbarer Tempel Japans, gegr. 593 (Nihon shoki) von Soga no Umako; wurde unter anderem als Hōkō-ji (Tempel des beginnenden Dharmas) bezeichnet, später aber unter dem Namen Gangō-ji (Tempel des ursprünglichen Beginns) nach Nara verlegt; unter Asuka-dera versteht man heute den ursprünglichen Standort in der Asuka Region
- Bidatsu Tennō 敏達天皇 ^ 538–585; 30. Tennō Japans (r. 572–585); eig. Herrschername Nunakura-futotama-shiki 渟中倉太珠敷
- Guze Kannon 救世観音 ^ wtl. Kannon, der Weltenretter; Hauptheiligtum in der Halle der Träume (Yumedono) im Hōryū-ji
- Ikaruga-chō 斑鳩町 ^ Stadt im Norden der Präfektur Nara; Die Residenz des Shōtoku Taishi befand sich hier, an der Stelle wo heute der Hōryū-ji steht
- Jūshichijō kenpō 十七条憲法 ^ 17 Punkte Verfassung; erstes staatsrechtliches Dokument Japans, das Prinz Shōtoku Taishi im Jahr 604 nach chinesischem Vorbild verfasst haben soll
- Kinmei Tennō 欽明天皇 ^ 509–571; 29. Tennō Japans; r. 540?–571; Kinmei Tennō ist ein posthumer Name; sein eig. Herrschername lautete Amekuni-oshihiraki-hironiwa 天国排開広庭
- kuratsukuri 鞍作 ^ Sattelmacher; alt-jap. Berufsgruppe
- Nihon shoki 日本書紀 ^ Zweitältestes Schriftwerk und erste offizielle Reichschronik Japans (720)
- Seong Wang (kor.) 聖王/성왕 ^ ?–554; König Seong von Baekje (heute Teil Koreas), r. 523–554; auch Seongmyeong Wang 聖明王/성명왕
- Shōmu Tennō 聖武天皇 ^ 701–56; 45. japanischer Kaiser; (r. 724–49); Förderer des Buddhismus
- Shōtoku Taishi 聖徳太子 ^ 574–622; Prinz Shōtoku; kaiserlicher Regent
- Soga no uji 蘇我氏 ^ Soga-Klan, die ersten Förderer des jap. Buddhismus
- Suiko Tennō 推古天皇 ^ 554–628; Kaiserin(!) Suiko; 33. Tennō Japans (r. 593–628)
- Taika no Kaishin 大化改新 ^ „Reformen des großen Wandels“; politischer Umschwung unter Kaiser Kōtoku im Jahre 646; Zentralisierung des Landes und Sinisierung des Staatssystems
- Tenmu Tennō 天武天皇 ^ 631?–686; 40. japanischer Kaiser; (r. 673–686)
- Tori Busshi 止利仏師 ^ tätig um 600; wtl. Buddhameister Tori; Bildhauer aus der Familie Kuratsukuri-be, einer Sippe von Sattelmachern mit koreanischen Wurzeln
- ujizoku bukkyō 氏族仏教 ^ Klan-Buddhismus; Buddhismus der Adelsfamilien des jap. Altertums