Ikonographie/Shinto-Goetter: Unterschied zwischen den Versionen

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Anthropomorphe (menschenähnliche) Darstellungen verschwanden im prähistorischen Japan für lange Zeit. Selbst die bekannten Grabbeigaben der Hügelgräber-Zeit ({{g|haniwa}}) bilden lediglich das Gefolge des verstorbenen Herrschers ab, aber keine Götter. Erst mit dem [[Geschichte/Frühzeit | Aufkommen des Buddhismus]] wurden auch einheimische ''kami''  (wieder)  in Menschengestalt repräsentiert, doch sind diese Darstellungen deutlich von kontinentalen Vorbildern geprägt.
 
Anthropomorphe (menschenähnliche) Darstellungen verschwanden im prähistorischen Japan für lange Zeit. Selbst die bekannten Grabbeigaben der Hügelgräber-Zeit ({{g|haniwa}}) bilden lediglich das Gefolge des verstorbenen Herrschers ab, aber keine Götter. Erst mit dem [[Geschichte/Frühzeit | Aufkommen des Buddhismus]] wurden auch einheimische ''kami''  (wieder)  in Menschengestalt repräsentiert, doch sind diese Darstellungen deutlich von kontinentalen Vorbildern geprägt.
  
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Version vom 13. Oktober 2015, 13:12 Uhr

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Die Ikonographie der kami

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Seit jeher nennt man die ein·heimi·schen Götter in Japan

kami(jap.)

Gottheit; im engeren Sinne einheimische oder lokale japanische Gottheit, Schreingottheit (s. jinja), Gottheit des Shintō

Der Begriff „kami“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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. Doch was kami bewirken, wo sie sich auf·halten und wie sie aus·sehen, darüber lassen sich im Unter·schied zu bud·dhis·tischen Ge·stalten kaum ver·bindliche Aus·sagen fest·machen. Bildliche Dar·stel·lungen von kami in mensch·licher Gestalt sind aus alter Zeit allenfalls in stark stili·sierter Form bekannt. Erst der Ein·fluss der buddhisti·schen Kunst brachte es mit sich, dass kami als rea·listische Menschen dar·ge·stellt wurden. Aller·dings gab und gibt es viel weniger Bilder von kamis als von Buddhas.

Frühe Darstellungen

Es gibt eine Reihe rätselhafter Tonfiguren aus der Jōmon [Jōmon (jap.) 縄文 Jōmon-Zeit (bis ca. 300 v.u.Z.), jap. Urgeschichte; wtl. „Schnurmuster“, was sich auf die charakteristischen keramischen Ornamente dieser Zeit bezieht]-Zeit, die gerne als Götter·dar·stel·lungen gedeutet werden, doch scheint diese prä·histo·rische Ikono·graphie mit der Kultur der Yayoi [Yayoi (jap.) 弥生 Yayoi-Zeit (ca. 300 v.u.Z. – 300 u.Z.); Zeit der Entwicklung des Reisanbaus]-Zeit (ca. 300 v.u.Z.–300 u.Z.) ein abruptes Ende gefunden zu haben.

Shako dogu.jpg
1
Keramik-Figur (dogū) aus der späten Jōmon-Zeit. Ausgrabungsort Ebisuda, Tajiri-chō, Präf. Miyagi.
Jōmon-Zeit, 1000–400 v.u.Z. e-yakimono.com.
Jomon venus.jpg
2
Im Jahr 1989 ausgegrabene weibliche Figur aus der mittleren Jōmon-Zeit. Die Figur wird, ähnlich wie die österreichische „Venus von Villendorf“, üblicherweise als Gottheit interpretiert.
Jōmon-Zeit, 2–3000 v.u.Z. Bildquelle: unbekannt.
Jōmon-zeitliche Gottheiten

Anthropomorphe (menschenähnliche) Darstellungen verschwanden im prähistorischen Japan für lange Zeit. Selbst die bekannten Grabbeigaben der Hügelgräber-Zeit (haniwa [haniwa (jap.) 埴輪 frühgeschichtliche Grabbeigaben aus Ton, meist in Form einfacher Skulpturen]) bilden lediglich das Gefolge des verstorbenen Herrschers ab, aber keine Götter. Erst mit dem Aufkommen des Buddhismus wurden auch einheimische kami (wieder) in Menschengestalt repräsentiert, doch sind diese Darstellungen deutlich von kontinentalen Vorbildern geprägt.

Shintai und Reichsinsignien

3jingi.jpg
Shintai

Das einzige, was sich in Ver·bindung mit Götter·dar·stel·lungen aus vor-bud·dhisti·scher Zeit bis heute er·halten hat, sind spezifisch ge·formte

shintai 神体 (jap.)

heiliges Objekt eines Shintō-Schreins; wtl. „Gottkörper“

Schrein, Gegenstand

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(Gottkörper). Shintai stellen die Haupt·heilig·tümer shintō·istischer Schreine dar. Sie re·präsen·tieren jedoch streng ge·nommen nicht die Gott·heit selbst, sondern stellen ihren Aufent·halts·ort in dem jewei·ligen Schrein dar. Bevor dies der Fall ist, sind aufwändige Einladungszeremonien notwendig, um eine Gottheit in ein shintai „herabzurufen“. Danach wird das shintai im Schrein verwahrt und sollte möglichst von keinem Menschen, nicht einmal von den Priestern selbst, mehr angesehen werden. Typische shintai sind Spiegel, Schwert und Krumm·juwelen (

magatama 勾玉 (jap.)

Krummjuwelen; archaischer Schmuck, Teil der Insignien des Tennō

Gegenstand

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). Sie bilden auch die „drei göttlichen Schätze“, die — vor allem in früheren Zeiten — als Insignien der kaiserlichen Macht galten und so den Herr·schafts·an·spruch des

Tennō 天皇 (jap.)

jap. „Kaiser“-Titel, wtl. Herrscher des Himmels

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legiti·mierten.

Laut alten Legenden sterben selbst die mächtigsten Dämonen, sobald sie sich selbst in einem Spiegel sehen.1 Spiegel schützten demnach vor unheilvollen Mächten. Doch zählten Spiegel nicht nur wegen ihrer magischen Wirkung zu den Reichsinsignien. Zur Zeit, als die ersten kami-Schreine entstanden — aller Wahrscheinlichkeit nach in der kofun [kofun (jap.) 古墳 Hügelgrab der japanischen Frühzeit (ca. 300–700), wtl. „altes Grab“]-Zeit —, waren in Japan Bronzespiegel in Umlauf, die nicht im Land selbst hergestellt wurden, sondern zu den teuersten und prestigereichsten Importgegenständen aus China zählten. Spiegel symbolisierten also auch die als überlegen empfundene Zivilisation des Kontinents. Erst als die Kunst der Metallverarbeitung durch koreanische Einwanderer in Japan Verbreitung fand, stellte man eigene Bronzespiegel her, folgte aber stilistisch dem chinesischen Vorbild. Ähnliches gilt für Schwerter, die in der Frühzeit oft kunstvoll verziert waren und offenbar eher der Repräsentation als dem Kampf dienten. Die ältesten japanischen Schrift·zeugnisse finden sich auf solchen Schwertern aus dem 5. Jahrhundert.

Bronzespiegel okinoshima.jpg
3
Dieser Spiegel wurde auf Oki-no-shima, einer Schreininsel des Munakata Taisha in Kyūshū, gefunden. Auf der verzierten Außenseite des Spiegels befinden sich vier mythologische Tiere, die als Drachen (daryū 鼉龍) gedeutet werden. (Siehe auch: e-Kokuhō).
Kofun-Zeit, 5. Jh. Harris 2001, S. 109, Abb. 37.
Inariyama2.jpg
4
Das Inariyama Schwert, das auch unter der Bezeichnung Kinsakumei Tekken (Eisenschwert mit Goldinschrift) bekannt ist, wurde im Inariyama Hügelgrab in der Präfektur Saitama (Ostjapan) gefunden. Es ist auf Vorder- und Rückseite beschriftet und diente somit nicht als Waffe, sondern als Ehrenzeichen seines Besitzers, der sich in der Inschrift verewigen ließ. Es handelt sich also nicht nur um ein sehr altes Schwert, sondern auch um eines der ältesten schriftlichen Dokumente Japans.
471(?). Bildquelle: Alexander Silverman.
Spiegel und Schwert aus der Kofun-Zeit

Unter den Reichsinsignien sind die Krummjuwelen die einzigen Objekte, die nicht vom Kontinent stammen und bereits in archäologischen Fundstellen aus der späten Jōmon-Zeit angetroffen wurden. Es gibt zwar auch im früh·geschicht·lichen Korea Krumm·juwelen, doch reichen die japanischen Funde in ältere Zeiten zurück. Möglicherweise wurden magatama also aus Japan nach Korea exportiert. Krumm·juwelen waren magische Objekte. Sie wurden in Ketten um den Hals getragen oder auf Zweigen, aufgehängt die man bei shama·nistischen Riten schüttelte.

Magatama korea.jpg
5 Magatama aus Korea
Krummwelen (magatama) aus dem frühgeschichtlichen Korea.
Korea, Drei-Reiche Zeit (vor 660). Tokyo National Museum.
Magatama.jpg
6 Magatama aus Japan
Krummwelen (magatama) aus Halbedelsteinen aus dem Taniguchi Kofun, einem mittelgroßen Hügelgrab (77m Länge).
Frühe Kofun-Zeit, 4. Jh. Tokyo National Museum.

All diese Objekte, die einerseits als Reichs·insignien, andererseits shintai fungierten, haben einen unmittelbaren Bezug zu den Mythen der kaiser·lichen Ahnen·gott·heiten.2 Es gibt aber auch andere shintai, beispiels·weise natür·liche Steine oder in Einzel·fällen sogar ganze Berge (vgl. Ōmiwa Jinja [Ōmiwa Jinja (jap.) 大神神社 Ōmiwa Schrein, auch Miwa Schrein, nahe Nara; einer der ältesten Schreine Japans]), die als „Wohnort“ von Schrein·göttern dienen können. Manche Schreine ver·wenden heute Papier·opfer·gaben (gohei [gohei (jap.) 御幣 Papieropfergabe, Zickzack-Papier]) als shintai. Schließ·lich kamen auch bildliche Darstel·lungen zum Einsatz, obwohl natürlich auch diese nicht herge·zeigt werden durften, wenn eine Gottheit sie bewohnte.

Shinzō

Kami, die in mensch·licher Form dar·gestellt werden, bezeichnet man als shinzō [shinzō (jap.) 神像 Bild oder Statue einer Shintō-Gottheit (kami)]. Die meisten shinzō haben nicht nur menschliche Züge, sie sind überdies wie Hof·beamte ge·kleidet und ähneln daher dem Adel der Zeit ihrer Entstehung. Das trifft schon auf die archaisch wirken·den Gott·heiten des

Matsunoo Taisha 松尾大社 (jap.)

Matsunoo Schrein (auch: Matsuo Schrein), Kyōto; Hauptgottheiten: Ōyamakui und Nakatsushima-hime

Schrein

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Geographische Lage

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Geographische Lage von Matsunoo Taisha; s.a. Geo-Glossar
zu, die als die ältesten Beispiele figurativer kami-Dar·stel·lungen gelten.3

Die männliche Figur (u.r.) hielt ursprünglich eine Art Szepter (

shaku(jap.)

Zeremonielles Zepter der Schreinpriester; trad. Emblem von Herrschern und Götterstatuen

Gegenstand

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) in der Hand, das noch heute in Shintō-Zere·monien zum Einsatz kommt, ursprüng·lich aber ein Insignium welt·licher Herrscher war.

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7
Gottheit des Matsunoo Taisha. Die für kami-Darstellungen typische Haltung deutet an, dass dieser Gott ursprünglich ein shaku-Zepter in den Händen hielt. Dieses Szepter zeichnet auch weltliche Herrscher aus und symbolisiert sakrale ebenso wie politische Autorität. Die Statue zählt zu den ältesten erhaltenen Exemplaren naturalistischer kami-Darstellungen (shinzō).
Heian-Zeit, 9. Jh. Bildquelle: Discover Kyoto.
Matsunoo josei.jpg
8
Weibliche Gottheit des Matsunoo Taisha. Zählt zu den ältesten kami-Skulpturen Japans. Möglicherweise identisch mit den Gottheiten von Munakata Taisha und Itsukushima. Die Statue zählt zu den ältesten erhaltenen Exemplaren naturalistischer kami-Darstellungen (shinzō).
Heian-Zeit, 9. Jh. Bildquelle: unbekannt.
Götter von Matsunoo

Es ist sicher kein Zufall, dass die ältesten erhaltenen kami-Skulpturen aus einem Schrein stammen, der ursprünglich der Ahnenverehrung der aus China oder Korea eingewanderten Sippe der Hata [Hata-uji (jap.) 秦氏 Familienklan des japanischen Altertums mit kontinentalen Wurzeln; der Name schreibt sich mit den gleichen Zeichen wie die chinesische Qin Dynastie (778–207 v.u.Z.) und war von jeher sowohl in China als auch in Korea ein häufiger Familiennamen] diente. Diese Statuen wurden höchst wahrscheinlich von buddhistischen Bildhauern angefertigt, die ihrerseits zunächst aus Korea kamen. Dies ist ein weiterer Hinweis auf die zahlreichen kontinentalen Einflüsse, die insbesondere den frühen kami-Kult bei Hof prägten.

Multiple Identitäten

Was die kami-Ikono·graphie verwirrend macht, ist unter anderem die Tatsache, dass es oft gar nicht leicht zu er·kennen ist, welcher Gott in einem bestimmten Schrein verehrt wird. Größere Schrein·an·lagen bestehen immer aus mehreren Einzel·schreinen, die ver·schiedenen Gott·heiten geweiht sind. Selbst in der Haupt·halle eines Schrein können mehrere Gott·heiten zu Hause sein oder es existieren mehrere gleich·rangige Haupt·hallen nebeneinander. Dies ist wohl mit ein Grund, warum Schreine in Japan häufig unter ihrem Orts·namen, nicht unter dem Namen ihrer Gott·heit bekannt sind. In früherer Zeit wurde dieser Orts·name sogar mit eigenen Gottes-Titeln versehen. Die ver·schiedenen Gott·heiten eines Schreins wurden also auch als eine einzige multiple Gott·heit aufgefasst.

Beispiel Kasuga

Kasuga hirschmandala.jpg
9 Kasuga kami
Auf den Hirschen sind die Götter von Kashima und Katori zu sehen, die sich von der östlichen Kantō-Region auf den Weg zum Kasuga Schrein in Nara machen. Unter ihnen sind zwei Angehörige der Fujiwara Familie zu sehen, welche die Götter begleiteten und in Nara zu Priestern des Kasuga Schreins wurden. Die Legende erzählt genau genommen nur davon, dass Takemikazuchi, der Gott von Kashima, in den Jahren 766–68 auf diese Weise nach Nara übersiedelte, doch da der Kashima Schrein in der Nähe des Katori Schreins liegt und dessen Gottheit Futsunushi auch zu den Göttern des Kasuga Schreins zählt, war es für die mittelalterlichen Künstler offenbar logisch, dass sie die Reise gemeinsam antraten.
Muromachi Zeit, 14. Jh. Nara National Museum.

Der

Kasuga Taisha 春日大社 (jap.)

Kasuga Schrein, Nara; ehemals Ahnenschrein der Fujiwara

Schrein

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Geographische Lage von Kasuga Taisha; s.a. Geo-Glossar

Schrein in

Nara 奈良 (jap.)

Hauptstadt und Sitz des Tennō, 710–784 (= Nara-Zeit); auch: Heijō-kyō

Ort, Geschichte

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Geographische Lage von Nara; s.a. Geo-Glossar

ist ein besonders an·schau·liches Beispiel für multiple Gott·heiten. Er wurde als Ahnen·schrein der mächtigen Adels·familie

Fujiwara 藤原 (jap.)

mächtigste Adelsfamilie im jap. Altertum

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gegründet und birgt vier Haupt·gott·heiten, die von den Fujiwara als ihre Vor·fahren erachtet wurden. Im Mittel·alter taucht neben den vier einzelnen Namen aber auch die Gott·heit Kasuga

Daimyōjin 大明神 (jap.)

kami-Titel, wtl. Große Leuchtende Gottheit

Der Begriff „Daimyōjin“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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auf. Kasuga Daimyōjin wird zwar als Einzel·gott·heit verstanden und sogar ab·gebildet, ersetzt die ein·zelnen kami in Kasuga aber nicht rest·los, sondern fasst sie zu einer Art kollektiven Super·gottheit zusammen.

Es gibt darüber hinaus auch einige nam·hafte Zweig·schreine des Kasuga Schreins, etwa den

Yoshida Jinja 吉田神社 (jap.)

Yoshida Schrein, Kyōto; 859 als Zweigschrein des Kasuga Taisha gegründet; ursprünglich Ahnenschrein der Fujiwara; später Zentrum des Yoshida Shintō

Schrein

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Geographische Lage

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Geographische Lage von Yoshida Jinja; s.a. Geo-Glossar
in Kyōto. Auch er war ur·sprüng·lich ein Ahnen·schrein der Fujiwara und diente der Ver·ehrung des gleichen Ensembles von vier Göttern. Später wurden auch diese Gott·heiten zu einer einzigen ver·schmolzen, die diesmal den Namen Yoshida Daimyōjin erhielt. Die einzelnen Ahnen·götter waren zwar die gleichen wie im Kasuga Schrein, als Ensemble an einem anderen Ort bildeten sie aber eine neue Gottheit.

Der mühelose Wechsel von Einzahl und Mehrzahl und das Ver·schmelzen von mehreren Einzel·figuren zu einer einzigen wird wahr·schein·lich jedem, der mit japa·nischen Manga vertraut ist, bekannt vor·kommen. Auch hier vereinigen sich Einzel·figuren zu einem Superhelden, um sich nach ge·mein·samen Kampf wieder zu individua·lisieren. Kann es sein, dass dieser fließende Über·gang von einzel·per·sön·lichen und kollek·tiven Identi·täten etwas mit der Be·deutung der Gruppe in der japa·nischen Ge·sell·schaft zu tun hat? Oder erleichtert die Tat·sache, dass es im Japa·nischen keinen gramma·tikalischen Unter·schied zwischen Singular und Plural gibt, derartige Vor·stellungen?

Amaterasu

In der japa·nischen Mytholo·gie fällt auf, dass weib·lichen Figuren eine wichtige, manch·mal sogar führende Rolle zukommt. Prominen·testes Bei·spiel ist natürlich die Sonnen·gott·heit

Amaterasu 天照 (jap.)

Sonnengottheit; Ahnherrin des Tennō-Geschlechts; Hauptgottheit von Ise

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, aber auch die mythische Kaiserin

Jingū Kōgō 神功皇后 (jap.)

mytholog. Herrscherin; Witwe des 14. Tennō, Chūai, und Mutter des Ōjin Tennō

Fiktive Person

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führt zu ihrer Zeit das Zepter über eine ganze Nation. Zur Zeit der Ab·fassung der Mythen waren weibliche Tennō tat·säch·lich keine Selten·heit. Im Laufe des japanischen Alter·tums scheint die Stellung der Frau jedoch schwächer ge·worden zu sein. Das wirkte sich auch in der Welt der Götter aus. Offen·bar tat man sich immer schwerer damit, die wichtigste Ahnen·gott·heit des Tennō in weiblicher Gestalt zu ver·ehren. Auf den seltenen Dar·stel·lungen aus dem Mittel·alter erscheint Amaterasu daher meist als Mann. Noch in der frühen

Edo 江戸 (jap.)

Hauptstadt der Tokugawa-Shōgune, heute: Tōkyō; auch: Zeit der Tokugawa-Dynastie, 1600–1867 (= Edo-Zeit);

Ort, Epoche

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Geographische Lage

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Geographische Lage von Edo; s.a. Geo-Glossar

-Zeit herrschte die Dar·stel·lung von Amaterasu als Jüngling vor. In dieser Zeit wurde der Name Amaterasu Ōmikami im übrigen sino-japanisch

Tenshō Daijin 天照大神 (jap.)

sinojap. Lesung von Amaterasu Ōmikami

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aus·ge·sprochen.4

Erst später, als unter dem Einfluss der

kokugaku 国学 (jap.)

„Lehre des Landes“, Nationale Schule, Nativismus; in der Edo-Zeit entstandene Gelehrtentradition, die ihren Fokus auf das nationale Erbe Japans richtete

Schulrichtung

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-Gelehrten der ein·heimische Mythos wieder deutlicher ins all·gemeine Bewusst·sein trat, etablierte sich die heute gängige Form, wie sie etwa auf dem Holz·schnitt rechts zu sehen ist.

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10 Amaterasu als Mann
Männlicher Amaterasu in einer mittelalterlichen Darstellung.
Bildquelle: unbekannt.
Amaterasu kunisada.jpg
11 Amaterasu als Frau
Die Darstellung stammt aus einem Tryptichon mit dem Titel „Ursprung des Tanzes vor der Felsenhöhle“ (Iwato kagura no kigen). Dieser Tanz stellt die mythologische Szene nach, in der Amaterasu durch den Tanz von Ame no Uzume aus ihrer Felsenhöhle gelockt wird. Solche kagura-Tänze werden auch heute noch häufig aufgeführt. In der Darstellung ist deutlich die Kabuki-artige Schminke der Darsteller zu erkennen. (Siehe auch Amaterasu tritt aus der Felsenhöhle.)
Werk von Utagawa Kunisada (1786–1865). Edo-Zeit, 1857. Fuji Arts.

Ganz all·gemein kann man aus diesen Beispielen schließen, dass die persönliche Identität einer Schrein·gott·heit wesentlich variabler ist als man aus der Sicht einer mono·theistischen Religion vermuten würde. In vielen Fällen werden Schreine daher mit ihrem Orts·namen identifiziert. Selbst der Haupt·schrein von Amaterasu, der Ahnen·schrein des Tennō in

Ise 伊勢 (jap.)

vormoderne Provinz Ise (heute Präfektur Mie); Stadt Ise; Kurzbezeichnung für die Schreinanlage von Ise Ise Jingū

Ort, Schrein

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Geographische Lage

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Geographische Lage von Ise; s.a. Geo-Glossar

wird nicht als „Amaterasu Schrein“ sondern als „Götter·palast von Ise“ (

Ise Jingū 伊勢神宮 (jap.)

kaiserlicher Ahnenschrein (wtl. Götterpalast) von Ise, Präfektur Mie, bestehend aus den Anlagen Gekū und Naikū

Schrein

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Bilder

  • Naiku dach.jpg
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Geographische Lage

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Geographische Lage von Ise Jingū; s.a. Geo-Glossar

) bezeichnet. Dass die verehrte Gott·heit Amaterasu heißt, mag in diesem Fall noch all·ge·mein bekannt sein. Aber welche Gott·heit ihren Sitz im eben·so populären

Izumo Taisha 出雲大社 (jap.)

Großschrein von Izumo (Präfektur Shimane)

Schrein

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Geographische Lage

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Geographische Lage von Izumo Taisha; s.a. Geo-Glossar

hat, ist selbst in Japan weithin un·bekannt. Man besucht die be·rühmten Schreine von

Nikkō 日光 (jap.)

Tempel-Schreinanlage im Norden der Kantō-Ebene, Präf. Tochigi; beherbergt u.a. den Tōshō-gū Schrein

Schrein, Tempel

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Geographische Lage von Nikkō; s.a. Geo-Glossar

oder

Miyajima 宮島 (jap.)

Schreininsel nahe Hiroshima; s.a. Itsukushima Schrein

Ort

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Bilder

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Geographische Lage

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Geographische Lage von Miyajima; s.a. Geo-Glossar

und bringt ihren Gott·heiten den ge·bührenden Respekt ent·gegen, aber man spricht immer nur vom Orts·namen dieser Schreine, kaum je von der dort ver·ehrten Gott·heit. Aus·nahmen stellen

Hachiman 八幡 (jap.)

Shintō-Gottheit, Ahnengottheit des Tennō und des Kriegeradels; auch „Yawata“ ausgesprochen

Der Begriff „Hachiman“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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-,

Inari 稲荷 (jap.)

Reisgottheit, häufig von Fuchswächtern (myōbu) bewacht

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- und

Tenjin 天神 (jap.)

wtl. „Himmelsgott“, s.a. Tenman Tenjin

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-Schreine (s. Bekannte Schreine) dar. Interes·santer·weise sind all dies Gott·heiten, die erst in histori·scher Zeit und unter bud·dhis·tischem Einfluss ent·standen sind.

Buddhistische kami

Hachiman 1326.jpg
12 Hachiman als Herrscher
Die Gottheit Hachiman als weltlicher Herrscher in höfischer Tracht
Werk von Kyōkaku. 1326. Bildquelle: Victor Harris, Shintō (Tōkyō: Seikandō bunko, 2001), S. 145.
Hachiman01.jpg
13 Hachiman als Mönch
Der Yasumigaoka Schrein befindet sich innerhalb des buddhistischen Tempels Yakushi-ji. Hachiman fungiert dort als Schutzgottheit (chinjujin) des Buddhismus.
Heian-Zeit, späteres 9. Jh. Bildquelle: unbekannt.

Obwohl wie ein bud·dhisti·scher Mönch gekleidet, ist auch die Figur rechts ein kami. Es ist

Hachiman 八幡 (jap.)

Shintō-Gottheit, Ahnengottheit des Tennō und des Kriegeradels; auch „Yawata“ ausgesprochen

Der Begriff „Hachiman“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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, ein Gott, der ur·sprüng·lich von der West·insel Kyūshū stammt aber bereits seit der

Nara 奈良 (jap.)

Hauptstadt und Sitz des Tennō, 710–784 (= Nara-Zeit); auch: Heijō-kyō

Ort, Geschichte

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Geographische Lage von Nara; s.a. Geo-Glossar

-Zeit (710–784) landes·weit ver·ehrt wurde. Der Hachiman-Glaube wurde be·sonders vom Buddhis·mus gefördert, denn Hachiman wurde als einer der ersten kami in das buddhis·tische Pantheon integriert und als zum Bud·dhis·mus bekehrte Gott·heit angesehen. Um das Jahr 800 erhielt Hachiman den Titel

bosatsu 菩薩 (jap.)

Bodhisattva, buddhistische Heilsgestalt

Buddha

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(

Bodhisattva बोधिसत्त्व (skt., m.)

„Erleuchtetes Wesen“, Vorstufe zur vollkommenen Buddhaschaft (jap. bosatsu 菩薩)

Buddha

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) und wurde ab da meist in Mönchs·tracht dar·ge·stellt. In späterer Zeit wurde Hachiman aber auch als Schutz·patron des Krieger·standes verehrt. In dieser Funktion wird er als weltlicher Herrscher gezeigt. Somit scheint es, als ob Hachiman rück·wirkend wieder in den Laien·stand ver·setzt worden wäre. Tatsächlich weiß die Hachiman Legende jedoch von ver·schie·denen Exis·tenzen dieser Gottheit im (buddhistischen) Zyklus der Wieder·geburten zu berichten. Daher bezieht sich die weltliche Dar·stellung auf jene Existenz, als Hachiman in Gestalt des

Ōjin Tennō 応神天皇 (jap.)

auch Homuda Wake 誉田別; mytholog. Herrscher, offiziell der 15. Tennō; trad. Lebensdaten: 200–310, r. 270–310

Fiktive Person

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auf Erden wandelte. Dieser Gestalten·reich·tum erklärt wahr·scheinlich auch Hachi·mans flexible Ein·satz·fähigkeit. Noch heute ist er einer der popu·lärsten kami Japans. (Siehe auch:  Hachiman Schreine.)

Hachi·man war jedoch nicht der einzige einhei·mische Gott, der im Laufe der japa·nischen Religions·ge·schichte in den Dienst des Bud·dhis·mus trat. Viel·mehr wurden im Grunde sämt·liche kami früher oder später in das bud·dhis·tische Pantheon integriert und als Schutz·gott·heit des Buddhis·mus oder als Inkarna·tion einzelner Buddhas oder Bodhi·sattvas aufgefasst. (Mehr dazu im Kapitel „Geschichte“, Honji-suijaku.) Besonders deutlich ist dies auf den Mandalas von kami-Schreinen zu erkennen.

Schrein Mandalas

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Ab der

Kamakura 鎌倉 (jap.)

Stadt im Süden der Kantō Ebene, Sitz des Minamoto Shōgunats 1185–1333 (= Kamakura-Zeit)

Ort, Epoche

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-Zeit (13. Jh.) findet man japa·nische Gott·heiten auch auf sog. Mandalas (jp.

mandara 曼荼羅 (jap.)

Repräsentation eines religiösen Kosmos; japanische Aussprache von skt. mandala

Bild, Konzept

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) dar·ge·stellt. Es handelt sich dabei aber meist nicht um die abstrakten geo·metrischen Strukturen, die wir von den klassischen

maṇḍala मण्डल (skt., n.)

„Kreis“, schematische Darstellung der kosmischen Ordnung (jap. mandara 曼荼羅)

Bild, Konzept

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des Buddhis·mus kennen. Vielmehr scheinen die ver·gleichs·weise freien Dar·stel·lungen buddhisti·scher  Paradiese, die ebenfalls als Mandalas be·zeichnet wurden, für die Schrein Mandalas Pate gestanden zu haben.

Auf den Mandalas berühmter Schreine sieht man kami häufig paarweise mit

Buddha बुद्ध (skt., m.)

„Der Erleuchtete“ (jap. butsu, hotoke 仏 oder Budda 仏陀)

Buddha

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abgebildet. Diese Dar·stel·lung ist Aus·druck einer be·stimmten Auf·fassung vom Ver·hältnis zwischen Buddhas und kami, die von der

Heian 平安 (jap.)

auch Heian-kyō 平安京, „Stadt des Friedens“; politisches Zentrum 794–1185 (= Heian-Zeit)

Ort, Epoche

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Geographische Lage von Heian; s.a. Geo-Glossar

-Zeit bis zum Beginn der

Meiji 明治 (jap.)

posthumer Name von Kaiser Mutsuhito; nach ihm wird auch die Meiji-Zeit (1868–1912) benannt

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-Zeit gängig war: Buddhas wurden als „Urform“ (jap.

honji 本地 (jap.)

(buddhistische) Urform (eines kami); s.a. suijaku

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), kami als deren „Spur“ (

suijaku 垂迹 (jap.)

wtl. kami-Spur (eines Buddha); buddh. Bezeichnung für → kami

Konzept

Der Begriff „suijaku“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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), d.h. als sekundäre Er·scheinungs·form angesehen. Jede einzelne Gott·heit war demnach die Inkarna·tion eines bestimmten Buddhas. Diese Ver·mischung von bud·dhis·tischer und ein·heimischer Ikono·graphie stellte bis zur Meiji-Zeit kaum ein Problem dar. Man war lediglich unter·schied·licher An·sicht, welcher kami zu welchem Buddha ge·hörte. Die Schrein Mandalas dienten u.a. dazu, die spezifi·sche Inter·pre·ta·tion be·stimmter kami und ihrer Urformen zu illustrierten.

Verweise

Fußnoten

  1. Siehe z.B. Hitachi no kuni fudoki (8. Jh.), Aoki 1997, S. 68.
  2. Im Inneren Schrein von Ise [Ise (jap.) 伊勢 vormoderne Provinz Ise (heute Präfektur Mie); Stadt Ise; Kurzbezeichnung für die Schreinanlage von Ise Ise Jingū] soll ein Spiegel aufbewahrt werden, den die Sonnengottheit ihrem Enkel Ninigi [Ninigi (jap.) 瓊瓊杵 mytholog. Gottheit, Enkel Amaterasus] mitgab, als er zur Erde herabstieg, um hier die Herrschaft zu übernehmen. In diesem Spiegel sollte Ninigi das Ebenbild seiner göttlichen Großmutter erblicken. Erst unter dem elften Tennō Suinin Tennō [Suinin Tennō (jap.) 垂仁天皇 11. kaiserl. Herrscher Japans, leg. Regiergungszeit 29 v.–70 n.u.Z.] wurde der Spiegel aus dem Palast in den zu diesem Zweck errichteten Ise Schrein überführt. Das Schwert der Reichsinsignien geht wiederum auf Susanoo [Susanoo (jap.) 須佐之男/素戔男 mytholog. Gottheit; Trickster-Gott, Sturmgott, Mondgott; Bruder der Amaterasu] zurück. Es wurde den mythologischen Chroniken zufolge ebenfalls in Ise eingeschreint, fand aber später auf Umwegen in den Schrein von Atsuta [Atsuta Jingū (jap.) 熱田神宮 wichtigster und ältester Schrein in Nagoya] (heute Nagoya). Schließlich treten die Krummjuwelen in einem berühmten Wettstreit zwischen Amaterasu und Susanoo als „Waffen“ der Amaterasu in Erscheinung. Dies deutet darauf hin, dass sie als magische Instrumente von von Shamaninnen und Priester-Königinnen verwendet wurden.
  3. Im Matsunoo Schrein werden seit alters her zwei Gottheiten, der männliche Ōyamakui [Ōyamakui (jap.) 大山咋神 mythologische Berggottheit, in den Schreinen Hie Taisha (Hiyoshi) und Matsunoo Taisha verehrt; wtl. „Großer Berg-Pfahl“] und die weibliche Nakatsushima-hime (deren Spur zum Munakata Taisha [Munakata Taisha (jap.) 宗像大社 Großschrein von Munakata, Kyūshū; besteht aus drei isolierten Teil-Schreinen — Hetsumiya, Nakatsumiya und Okitsumiya — von denen sich die beiden letzteren auf kleinen Inseln befinden; alle drei sind einem Ensemble von weiblichen Meeresgöttinnen geweiht] in Kyūshū führt) verehrt. Was die Zuordnung dieser Gottheiten zu den Figuren des Matsunoo Schreins erschwert, ist die Tatsache, dass die Skulpturengruppe aus drei Figuren besteht, einem älteren Mann, einer Frau und einem jungen Mann. Daher ist die Identität der Figuren ungewiss.
  4. Während japanische Originalquellen aufgrund der kanji [kanji (jap.) 漢字 chin. Schriftzeichen im japanischen Schriftsystem]-Schreibung oft keinen Hinweis auf die Aussprache enthalten, findet sich ein Beleg für die geläufige Aussprache „Tenshō Daijin“ unter anderem in den berühmten Japan-Beschreibungen von Engelbert Kaempfer [Kaempfer, Engelbert (west.) 1651–1716; deutscher Arzt und Naturforscher, Japanreisender (1790–1792); Autor einer detaillierten Japanbeschreibung] aus dem späten 16. Jahrhundert. In Kaempfers zunächst auf Englisch erschienenem Reisebericht heißt es: „Tensio Dai Sin is the supreme of all the Gods of the Japanese, and acknowledg'd as Patron and Protector of the whole Empire.“ (Nach Engelbert Kaempfer: The History of Japan, London 1727, S. 222.) An anderer Stelle wird Tenshō Daijin als ältester Sohn Izanagi [Izanagi (jap.) 伊耶那岐/伊奘諾 Göttervater; auch Izanaki (ki hier männliche Endung); Bruder und Mann von Izanami]s dargestellt (ibid. S. 144). Diese Angaben beruhen wahrscheinlich auf den Auskünften von Kaempfers Informanten, nicht auf eigenen Irrtümern.

Literatur

Siehe auch Literaturliste

Elizabeth ten Grotenhuis, Japanese Mandalas: Representations of Sacred Geography. Honolulu: University of Hawaii Press, 1999.
Victor Harris (Hg.), Shintō: The Sacred Art of Ancient Japan. London: The British Museum, 2001.

Bilder

Quellen und Erläuterungen zu den Bildern auf dieser Seite

  1. ^ 
    Shako dogu.jpg
    Keramik-Figur (dogū) aus der späten Jōmon-Zeit. Ausgrabungsort Ebisuda, Tajiri-chō, Präf. Miyagi.
    Jōmon-Zeit, 1000–400 v.u.Z. e-yakimono.com.
  2. ^ 
    Jomon venus.jpg
    Im Jahr 1989 ausgegrabene weibliche Figur aus der mittleren Jōmon-Zeit. Die Figur wird, ähnlich wie die österreichische „Venus von Villendorf“, üblicherweise als Gottheit interpretiert.
    Jōmon-Zeit, 2–3000 v.u.Z. Bildquelle: unbekannt.
  3. ^ 
    Bronzespiegel okinoshima.jpg
    Dieser Spiegel wurde auf Oki-no-shima, einer Schreininsel des Munakata Taisha in Kyūshū, gefunden. Auf der verzierten Außenseite des Spiegels befinden sich vier mythologische Tiere, die als Drachen (daryū 鼉龍) gedeutet werden.

    (Siehe auch: e-Kokuhō).
    Kofun-Zeit, 5. Jh. Harris 2001, S. 109, Abb. 37.

  4. ^ 
    Inariyama2.jpg
    Das Inariyama Schwert, das auch unter der Bezeichnung Kinsakumei Tekken (Eisenschwert mit Goldinschrift) bekannt ist, wurde im Inariyama Hügelgrab in der Präfektur Saitama (Ostjapan) gefunden. Es ist auf Vorder- und Rückseite beschriftet und diente somit nicht als Waffe, sondern als Ehrenzeichen seines Besitzers, der sich in der Inschrift verewigen ließ. Es handelt sich also nicht nur um ein sehr altes Schwert, sondern auch um eines der ältesten schriftlichen Dokumente Japans.
    471(?). Bildquelle: Alexander Silverman.
  5. ^ 
    Magatama korea.jpg
    Krummwelen (magatama) aus dem frühgeschichtlichen Korea.
    Korea, Drei-Reiche Zeit (vor 660). Tokyo National Museum.
  6. ^ 
    Magatama.jpg
    Krummwelen (magatama) aus Halbedelsteinen aus dem Taniguchi Kofun, einem mittelgroßen Hügelgrab (77m Länge).
    Frühe Kofun-Zeit, 4. Jh. Tokyo National Museum.
  7. ^ Matsunoo dansei.jpg 
  1. ^ 
    Matsunoo josei.jpg
    Weibliche Gottheit des Matsunoo Taisha. Zählt zu den ältesten kami-Skulpturen Japans. Möglicherweise identisch mit den Gottheiten von Munakata Taisha und Itsukushima. Die Statue zählt zu den ältesten erhaltenen Exemplaren naturalistischer kami-Darstellungen (shinzō).
    Heian-Zeit, 9. Jh. Bildquelle: unbekannt.
  2. ^ 
    Kasuga hirschmandala.jpg
    Auf den Hirschen sind die Götter von Kashima und Katori zu sehen, die sich von der östlichen Kantō-Region auf den Weg zum Kasuga Schrein in Nara machen. Unter ihnen sind zwei Angehörige der Fujiwara Familie zu sehen, welche die Götter begleiteten und in Nara zu Priestern des Kasuga Schreins wurden. Die Legende erzählt genau genommen nur davon, dass Takemikazuchi, der Gott von Kashima, in den Jahren 766–68 auf diese Weise nach Nara übersiedelte, doch da der Kashima Schrein in der Nähe des Katori Schreins liegt und dessen Gottheit Futsunushi auch zu den Göttern des Kasuga Schreins zählt, war es für die mittelalterlichen Künstler offenbar logisch, dass sie die Reise gemeinsam antraten.
    Muromachi Zeit, 14. Jh. Nara National Museum.
  3. ^ 
    Tenshodaijin mnl.jpg
    Männlicher Amaterasu in einer mittelalterlichen Darstellung.
    Bildquelle: unbekannt.
  4. ^ 
    Amaterasu kunisada.jpg
    Die Darstellung stammt aus einem Tryptichon mit dem Titel „Ursprung des Tanzes vor der Felsenhöhle“ (Iwato kagura no kigen). Dieser Tanz stellt die mythologische Szene nach, in der Amaterasu durch den Tanz von Ame no Uzume aus ihrer Felsenhöhle gelockt wird. Solche kagura-Tänze werden auch heute noch häufig aufgeführt. In der Darstellung ist deutlich die Kabuki-artige Schminke der Darsteller zu erkennen. (Siehe auch Amaterasu tritt aus der Felsenhöhle.)
    Werk von Utagawa Kunisada (1786–1865). Edo-Zeit, 1857. Fuji Arts.
  5. ^ 
    Hachiman 1326.jpg
    Die Gottheit Hachiman als weltlicher Herrscher in höfischer Tracht
    Werk von Kyōkaku. 1326. Bildquelle: Victor Harris, Shintō (Tōkyō: Seikandō bunko, 2001), S. 145.
  6. ^ 
    Hachiman01.jpg
    Der Yasumigaoka Schrein befindet sich innerhalb des buddhistischen Tempels Yakushi-ji. Hachiman fungiert dort als Schutzgottheit (chinjujin) des Buddhismus.
    Heian-Zeit, späteres 9. Jh. Bildquelle: unbekannt.

Glossar

Namen und Fachbegriffe auf dieser Seite

  • Amaterasu 天照 ^ Sonnengottheit; Ahnherrin des Tennō-Geschlechts; Hauptgottheit von Ise
  • Bodhisattva (skt.) बोधिसत्त्व ^ „Erleuchtetes Wesen“, Vorstufe zur vollkommenen Buddhaschaft (jap. bosatsu 菩薩)
  • bosatsu 菩薩 ^ Bodhisattva, buddhistische Heilsgestalt
  • Buddha (skt.) बुद्ध ^ „Der Erleuchtete“ (jap. butsu, hotoke 仏 oder Budda 仏陀)
  • Daimyōjin 大明神 ^ kami-Titel, wtl. Große Leuchtende Gottheit
  • Edo 江戸 ^ Hauptstadt der Tokugawa-Shōgune, heute: Tōkyō; auch: Zeit der Tokugawa-Dynastie, 1600–1867 (= Edo-Zeit);
  • Fujiwara 藤原 ^ mächtigste Adelsfamilie im jap. Altertum
  • gohei 御幣 ^ Papieropfergabe, Zickzack-Papier
  • Hachiman 八幡 ^ Shintō-Gottheit, Ahnengottheit des Tennō und des Kriegeradels; auch „Yawata“ ausgesprochen
  • haniwa 埴輪 ^ frühgeschichtliche Grabbeigaben aus Ton, meist in Form einfacher Skulpturen
  • Hata-uji 秦氏 ^ Familienklan des japanischen Altertums mit kontinentalen Wurzeln; der Name schreibt sich mit den gleichen Zeichen wie die chinesische Qin Dynastie (778–207 v.u.Z.) und war von jeher sowohl in China als auch in Korea ein häufiger Familiennamen
  • Heian 平安 ^ auch Heian-kyō 平安京, „Stadt des Friedens“; politisches Zentrum 794–1185 (= Heian-Zeit)
  • honji 本地 ^ (buddhistische) Urform (eines kami); s.a. suijaku
  • ichiboku-zukuri 一木造 ^ wtl. ein Holz-Stil; aus einem Holzblock geschnitzte Plastik; Gegenstück zu yosegi-zukuri
  • Inari 稲荷 ^ Reisgottheit, häufig von Fuchswächtern (myōbu) bewacht
  • Ise 伊勢 ^ vormoderne Provinz Ise (heute Präfektur Mie); Stadt Ise; Kurzbezeichnung für die Schreinanlage von Ise Ise Jingū
  • Ise Jingū 伊勢神宮 ^ kaiserlicher Ahnenschrein (wtl. Götterpalast) von Ise, Präfektur Mie, bestehend aus den Anlagen Gekū und Naikū
  • Izumo Taisha 出雲大社 ^ Großschrein von Izumo (Präfektur Shimane)
  • Jingū Kōgō 神功皇后 ^ mytholog. Herrscherin; Witwe des 14. Tennō, Chūai, und Mutter des Ōjin Tennō
  • Jōmon 縄文 ^ Jōmon-Zeit (bis ca. 300 v.u.Z.), jap. Urgeschichte; wtl. „Schnurmuster“, was sich auf die charakteristischen keramischen Ornamente dieser Zeit bezieht
  • Kamakura 鎌倉 ^ Stadt im Süden der Kantō Ebene, Sitz des Minamoto Shōgunats 1185–1333 (= Kamakura-Zeit)
  • kami^ Gottheit; im engeren Sinne einheimische oder lokale japanische Gottheit, Schreingottheit (s. jinja), Gottheit des Shintō
  • Kasuga Taisha 春日大社 ^ Kasuga Schrein, Nara; ehemals Ahnenschrein der Fujiwara
  • kofun 古墳 ^ Hügelgrab der japanischen Frühzeit (ca. 300–700), wtl. „altes Grab“
  • kokugaku 国学 ^ „Lehre des Landes“, Nationale Schule, Nativismus; in der Edo-Zeit entstandene Gelehrtentradition, die ihren Fokus auf das nationale Erbe Japans richtete
  • magatama 勾玉 ^ Krummjuwelen; archaischer Schmuck, Teil der Insignien des Tennō
  • maṇḍala (skt.) मण्डल ^ „Kreis“, schematische Darstellung der kosmischen Ordnung (jap. mandara 曼荼羅)
  • mandara 曼荼羅 ^ Repräsentation eines religiösen Kosmos; japanische Aussprache von skt. mandala
  • Matsunoo Taisha 松尾大社 ^ Matsunoo Schrein (auch: Matsuo Schrein), Kyōto; Hauptgottheiten: Ōyamakui und Nakatsushima-hime
  • Meiji 明治 ^ posthumer Name von Kaiser Mutsuhito; nach ihm wird auch die Meiji-Zeit (1868–1912) benannt
  • Miyajima 宮島 ^ Schreininsel nahe Hiroshima; s.a. Itsukushima Schrein
  • Nara 奈良 ^ Hauptstadt und Sitz des Tennō, 710–784 (= Nara-Zeit); auch: Heijō-kyō
  • Nikkō 日光 ^ Tempel-Schreinanlage im Norden der Kantō-Ebene, Präf. Tochigi; beherbergt u.a. den Tōshō-gū Schrein
  • Ōmiwa Jinja 大神神社 ^ Ōmiwa Schrein, auch Miwa Schrein, nahe Nara; einer der ältesten Schreine Japans
  • Ōjin Tennō 応神天皇 ^ auch Homuda Wake 誉田別; mytholog. Herrscher, offiziell der 15. Tennō; trad. Lebensdaten: 200–310, r. 270–310
  • shaku^ Zeremonielles Zepter der Schreinpriester; trad. Emblem von Herrschern und Götterstatuen
  • shintai 神体 ^ heiliges Objekt eines Shintō-Schreins; wtl. „Gottkörper“
  • shinzō 神像 ^ Bild oder Statue einer Shintō-Gottheit (kami)
  • suijaku 垂迹 ^ wtl. kami-Spur (eines Buddha); buddh. Bezeichnung für → kami
  • Tenjin 天神 ^ wtl. „Himmelsgott“, s.a. Tenman Tenjin
  • Tennō 天皇 ^ jap. „Kaiser“-Titel, wtl. Herrscher des Himmels
  • Tenshō Daijin 天照大神 ^ sinojap. Lesung von Amaterasu Ōmikami
  • Yayoi 弥生 ^ Yayoi-Zeit (ca. 300 v.u.Z. – 300 u.Z.); Zeit der Entwicklung des Reisanbaus
  • yosegi-zukuri 寄木造 ^ wtl. zusammengefügte Hölzer; aus zwei oder mehreren Holzblöcken gefertigte Plastik; Gegenstück zu ichiboku-zukuri
  • Yoshida Jinja 吉田神社 ^ Yoshida Schrein, Kyōto; 859 als Zweigschrein des Kasuga Taisha gegründet; ursprünglich Ahnenschrein der Fujiwara; später Zentrum des Yoshida Shintō