Essays/Okuninushi: Unterschied zwischen den Versionen

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{{fl|Ō}}{{g|Ookuninushi|kuninushi}}, wtl. der „Große Landes·herr“, ist eine der rätsel·haftes·ten und facet·ten·reichs·ten Gestal·ten des japa·nischen {{g|Kami}}-Pan·theons. Er taucht in den Mythen zu·nächst als legi·timer Nach·folger von {{g|susanoo}} und Haupt·gott der „irdi·schen Götter“ auf. Damit stellt er das Gegen·stück zu den Nach·kommen von Susanoos Schwester {{g|Amaterasu}}, der Haupt·gott·heit der „himm·lischen Götter“, dar. Obwohl er sich gemäß offizieller Lesart dem Herr·schafts·an·spruch der himm·lischen Götter kampf·los unter·wirft, bleibt er als eine Art Gegen·modell zum kaiser·lichen Ahnen·kult der Sonnen·gott·heit die gesamte japanische Religions·geschichte hindurch in Erinne·rung. Dabei kommt es aller·dings zu er·staun·lichen Ände·rungen in Funktion und Er·schei·nungs·bild dieses Gottes. Diese Ver·ände·rungen werden im fol·genden anhand der wichtig·sten Schreine, in denen er heute verehrt wird, über·blick·sartig dar·gestellt.
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{{g|Ookuninushi}}, wtl. der „Große Landesherr“, ist eine der rätselhaftesten und facettenreichsten Gestalten des japanischen {{g|Kami}}-Pantheons. Er taucht in den Mythen zunächst als legitimer Nachfolger von {{g|susanoo}} und Hauptgott der „irdischen Götter“ auf. Damit stellt er das Gegenstück zu den Nachkommen von Susanoos Schwester {{g|Amaterasu}}, der Hauptgottheit der „himmlischen Götter“, dar. Obwohl er sich gemäß offizieller Lesart dem Herrschaftsanspruch der himmlischen Götter kampflos unterwirft, bleibt er als eine Art Gegenmodell zum kaiserlichen Ahnenkult der Sonnengottheit die gesamte japanische Religionsgeschichte hindurch in Erinnerung. Dabei kommt es allerdings zu erstaunlichen Änderungen in Funktion und Erscheinungsbild dieses Gottes. Diese Veränderungen werden im folgenden anhand der wichtigsten Schreine, in denen er heute verehrt wird, überblicksartig dargestellt.
 
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== Name und Herkunft ==
 
== Name und Herkunft ==
Das erste Rätsel dieses Gottes stellen seine vielen Namen dar. Bereits in den frühen Chroniken ({{g|kiki}}) wird er mit einer Gott·heit namens Ōna·muchi oder Ōna·muji gleich·gesetzt, was wiederum nach einer geläufigen Auslegung als „Träger großer/ vie·ler Namen“ über·setzt werden kann. Anderen Inter·preta·tionen zufolge bedeutet Ōna·muchi nicht viel mehr als „Großer Herr“ oder aber „Gott des großen Lochs“ (''ō-ana''), was wiederum auf einen Vulkangott hindeuten könnte.<ref>Vovin 2018, S. 86</ref> Außerdem wird Ōkuni·nushi bereits in alten Texten mit Gott·heiten wie „Geist des Großen Landes“ (Ōkuni·tama), „Geist des Sicht·ba·ren Landes“ (Utsushi kunitama) oder als „Großer Herr der Dinge“ (Ōmono·nushi) identifiziert.<ref>''Mono'', „Ding“, in Ōmono·nushi könnte auch auch die Be·deu·tun·gen „Person“, „Wesen“, „Geist“ be·sitzen (→ ''mono no ke'', ''bake-mono'' „Gespenst“).</ref> Der Ein·fach·heit halber be·schrän·ke ich mich im Folgenden weit·gehend auf Ōkuninushi („Groß-Land-Herr“), was zumindest heute sein be·kann·tester Namen ist.
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Das erste Rätsel dieses Gottes stellen seine vielen Namen dar. Bereits in den frühen Chroniken ({{g|kiki}}) wird er mit einer Gottheit namens Ōnamuchi oder Ōnamuji gleichgesetzt, was wiederum nach einer geläufigen Auslegung als „Träger großer/ vieler Namen“ übersetzt werden kann. Anderen Interpretationen zufolge bedeutet Ōnamuchi nicht viel mehr als „Großer Herr“ oder aber „Gott des großen Lochs“ (''ō-ana''), was wiederum auf einen Vulkangott hindeuten könnte.<ref>Vovin 2018, S. 86</ref> Außerdem wird Ōkuninushi bereits in alten Texten mit Gottheiten wie „Geist des Großen Landes“ (Ōkunitama), „Geist des Sichtbaren Landes“ (Utsushi kunitama) oder als „Großer Herr der Dinge“ (Ōmononushi) identifiziert.<ref>''Mono'', „Ding“, in Ōmononushi könnte auch auch die Bedeutungen „Person“, „Wesen“, „Geist“ besitzen (→ ''mono no ke'', ''bake-mono'' „Gespenst“).</ref> Der Einfachheit halber beschränke ich mich im Folgenden weitgehend auf Ōkuninushi („Groß-Land-Herr“), was zumindest heute sein bekanntester Namen ist.
  
Ōkuninushi ist den Mythen zufolge ein Nach·komme des {{g|Susanoo}}.<ref>
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Ōkuninushi ist den Mythen zufolge ein Nachkomme des {{g|Susanoo}}.<ref>
Laut der Haupt·variante des {{gb|Nihonshoki}} sein Sohn, laut {{gb|Kojiki}} und den Neben·varianten des ''Nihon shoki'' ein Nach·fahre des Susanoo in der fünften oder sechsten Generation.
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Laut der Hauptvariante des {{gb|Nihonshoki}} sein Sohn, laut {{gb|Kojiki}} und den Nebenvarianten des ''Nihon shoki'' ein Nachfahre des Susanoo in der fünften oder sechsten Generation.
 
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Einige Episoden des {{g|Kojiki}}, die von der Jugend des Ōkuninushi erzählen (s.u.), spielen in der Gegend von {{g|Izumo}} (heute Präfektur Shimane), sodass man dort auch den Ursprung der mytho·lo·gischen Gestalt vermuten könnte. Doch findet sich Ōkuninushi auch in regionalen Quellen ({{g|fudoki}}), die ihn aus anderen Regionen, ja sogar aus dem koreanischen Fest·land herleiten. Was diese Gestalten in jedem Fall eint, ist ihre Funktion als mächtige „irdische“ Gott·heit ({{g|kunitsukami}}). Ōkuninushi repräsentiert daher aus meiner Sicht eine pro·to·typische Lokal·gott·heit, die nicht der mytho·logi·schen Genea·logie des {{g|Tennou}}-Hauses ent·stammt. Dieser Gott·heit verlieh man, wie im fol·genden gezeigt wird, in Izumo, Miwa und schließ·lich im Yamato-Mythos von der Herab·kunft des Himm·lischen Enkels spezi·fische Cha·rak·teris·tika. Es blieb aber nicht bei diesen mytho·logi·schen Rollen, Ōkuni·nushi ent·wickelte sich auch unter bud·dhis·tischem Einfluss bis in die Mo·derne hinein weiter.  
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Einige Episoden des {{g|Kojiki}}, die von der Jugend des Ōkuninushi erzählen (s.u.), spielen in der Gegend von {{g|Izumo}} (heute Präfektur Shimane), sodass man dort auch den Ursprung der mythologischen Gestalt vermuten könnte. Doch findet sich Ōkuninushi auch in regionalen Quellen ({{g|fudoki}}), die ihn aus anderen Regionen, ja sogar aus dem koreanischen Festland herleiten. Was diese Gestalten in jedem Fall eint, ist ihre Funktion als mächtige „irdische“ Gottheit ({{g|kunitsukami}}). Ōkuninushi repräsentiert daher aus meiner Sicht eine prototypische Lokalgottheit, die nicht der mythologischen Genealogie des {{g|Tennou}}-Hauses entstammt. Dieser Gottheit verlieh man, wie im folgenden gezeigt wird, in Izumo, Miwa und schließlich im Yamato-Mythos (s. [[Mythen/Goetter_des_Himmels|Mythen]]) von der Herabkunft des Himmlischen Enkels spezifische Charakteristika. Es blieb aber nicht bei diesen mythologischen Rollen, Ōkuninushi entwickelte sich auch unter buddhistischem Einfluss bis in die Moderne hinein weiter.  
  
 
==Izumo Sagenkreis==
 
==Izumo Sagenkreis==
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Der Name „Großer Landes·herr“ ist laut ''Kojiki'' eine Aus·zeich·nung, die sich Ōkuni·nushi erst nach einer Viel·zahl von Qualen und Prü·fun·gen durch Geschick, Glück und Grau·sam·keit erwirbt. Wir be·geg·nen dem noch ju·gend·lichen Gott, als er sich mit seinen 80 älte·ren Halb·brü·dern auf dem Weg von Izumo in die Nach·bar·pro·vinz {{g|Inaba}} befin·det. Seine Brü·der wollen die Prin·zes·sin von Inaba freien und neh·men Ōkuni·nushi als Diener und Lauf·bur·schen mit. Unter·wegs heilt Ōkuni·nushi einen Ha·sen, wel·cher von See·un·ge·heu·ern (jap. {{g|wani}} = Kroko·dil? Dra·chen?) sei·nes Pelzes beraubt worden ist. Der dank·bare Hase pro·phe·zeiht (bzw. bewirkt), dass die Prin·zessin Ōkuni·nushi zum Gatten er·wäh·len wird.<ref>  
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Der Name „Großer Landesherr“ ist laut ''Kojiki'' eine Auszeichnung, die sich Ōkuninushi erst nach einer Vielzahl von Qualen und Prüfungen durch Geschick, Glück und Grausamkeit erwirbt. Wir begegnen dem noch jugendlichen Gott, als er sich mit seinen 80 älteren Halbbrüdern auf dem Weg von Izumo in die Nachbarprovinz {{g|Inaba}} befindet. Seine Brüder wollen die Prinzessin von Inaba freien und nehmen Ōkuninushi als Diener und Laufburschen mit. Unterwegs heilt Ōkuninushi einen Hasen, welcher von Seeungeheuern (jap. {{g|wani}} = Krokodil? Drachen?) seines Pelzes beraubt worden ist. Der dankbare Hase prophezeiht (bzw. bewirkt), dass die Prinzessin Ōkuninushi zum Gatten erwählen wird.<ref>  
Diese Geschichte hat sich als Märchen ver·selb·ständigt und ist heute in Japan die be·kann·teste Erzäh·lung von Ōkuninushi.
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Diese Geschichte hat sich als Märchen verselbständigt und ist heute in Japan die bekannteste Erzählung von Ōkuninushi.
 
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Als die Prin·zes·sin tat·sächlich Ōkuni·nushi den Vorzug vor seinen Brüdern gibt, locken sie ihn zwei·mal in eine Falle, um ihn zu töten. Beide Male gelingt der An·schlag, doch beide Male wird Ōkuni·nushi mit Hilfe seiner Mutter und der Götter des Himmels wieder zum Leben erweckt.
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Als die Prinzessin tatsächlich Ōkuninushi den Vorzug vor seinen Brüdern gibt, locken sie ihn zweimal in eine Falle, um ihn zu töten. Beide Male gelingt der Anschlag, doch beide Male wird Ōkuninushi mit Hilfe seiner Mutter und der Götter des Himmels wieder zum Leben erweckt.
  
Um seinen eifer·süch·tigen Brüdern zu ent·kommen, begibt sich Ōkuni·nushi in die Unter·welt ({{g|Nenokuni}}, wtl. „Wurzelland“), wo sein Vorfahre/ Vater Susanoo mittler·weile die Herr·schaft über·nommen hat. Doch damit haben seine Schwie·rig·keiten immer noch kein Ende. Wieder führt Ōkuni·nushis Sex·appeal zu einem Zwist mit einem männ·lichen Ver·wandten: diesmal geht es um {{g|Suserihime}}, ihrer·seits eine Tochter des Susanoo und damit Halb·schwester oder Cousine von Ōkuninushi. Die beiden verlieben sich, doch bevor sie unge·stört zu·sammen sein können, unter·wirft der eifer·süch·tige Susanoo seinen Nach·kommen einer Reihe von brutalen (Initiations-?)Auf·gaben, in denen sich dieser gegen Schlangen, Bienen und schließ·lich gegen einen Busch·brand be·haupten muss. All diese Aufgaben meistert Ōkuni·nushi dank Suseri-hime und einer Maus. Schluss·endlich muss Ōkuninushi Susanoo lausen, lullt ihn dabei in den Schlaf, stiehlt seine Waffen und flieht mit Suseri-hime aus der Unter·welt. Susanoo erwacht jedoch und ruft den Flüch·ten·den erst·mals mit dem Namen Ōkuninushi, „Großer Herr des Landes“. Offen·bar er·kennt er damit die Herr·schafts·an·sprüche an, die sich Ōkuni·nushi durch List und Tücke erwor·ben hat.
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Um seinen eifersüchtigen Brüdern zu entkommen, begibt sich Ōkuninushi in die Unterwelt ({{g|Nenokuni}}, wtl. „Wurzelland“), wo sein Vorfahre/ Vater Susanoo mittlerweile die Herrschaft übernommen hat. Doch damit haben seine Schwierigkeiten immer noch kein Ende. Wieder führt Ōkuninushis Sexappeal zu einem Zwist mit einem männlichen Verwandten: diesmal geht es um {{g|Suserihime}}, ihrerseits eine Tochter des Susanoo und damit Halbschwester oder Cousine von Ōkuninushi. Die beiden verlieben sich, doch bevor sie ungestört zusammen sein können, unterwirft der eifersüchtige Susanoo seinen Nachkommen einer Reihe von brutalen (Initiations-?)Aufgaben, in denen sich dieser gegen Schlangen, Bienen und schließlich gegen einen Buschbrand behaupten muss. All diese Aufgaben meistert Ōkuninushi dank Suseri-hime und einer Maus. Schlussendlich muss Ōkuninushi Susanoo lausen, lullt ihn dabei in den Schlaf, stiehlt seine Waffen und flieht mit Suseri-hime aus der Unterwelt. Susanoo erwacht jedoch und ruft den Flüchtenden erstmals mit dem Namen Ōkuninushi, „Großer Herr des Landes“. Offenbar erkennt er damit die Herrschaftsansprüche an, die sich Ōkuninushi durch List und Tücke erworben hat.
  
 
===Schöpfungsakte===
 
===Schöpfungsakte===
  
Zurück auf der Erde tötet Ōkuninushi zunächst seine Halb·brüder mit den Waffen des Susanoo, und zeugt dann mit den ver·schiedensten Prinzessinnen jede Menge von Kindern (180 laut ''Kojiki'', 181 laut ''Nihon shoki''). Schließ·lich bekommt er einen Gefährten zur Seite gestellt, einen winzigen Gott namens {{g|Sukunabikona}}<ref>''suku'' = "klein", ''biko/hiko'' = "Prinz"</ref>, laut einer Version ein verloren ge·glaubter Sohn des himmlischen Ahnen·gottes {{g|Takamimusubi}}, laut einer anderen eine Art ''alter ego'' von Ōkuninushi selbst. Mit Sukunabikona führt Ōkuninushi das von {{g|Izanami}} und {{g|Izanagi}} begonnene Werk der Welten·schöpfung zu Ende. Inwiefern die Welt nach Ōkuninushi anders aus·sieht als zuvor, wird nicht genau spezifiziert. Laut dem {{g|Izumofudoki}}, einer frag·mentarischen Lokal·chronik aus dem Jahr 733, ver·größert al·ler·dings ein Alias des Ōkuninushi  die Provinz Izumo, indem er einen Teil des koreanischen König·reichs Silla mit Hilfe eines Seils über das Meer nach Japan zieht.<ref>Diese Tat wird genau genommen einem Gott namens Omizunu zu·ge·schrieben.</ref>
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Zurück auf der Erde tötet Ōkuninushi zunächst seine Halbbrüder mit den Waffen des Susanoo, und zeugt dann mit den verschiedensten Prinzessinnen jede Menge von Kindern (180 laut ''Kojiki'', 181 laut ''Nihon shoki''). Schließlich bekommt er einen Gefährten zur Seite gestellt, einen winzigen Gott namens {{g|Sukunabikona}}<ref>''suku'' = "klein", ''biko/hiko'' = "Prinz"</ref>, laut einer Version ein verloren geglaubter Sohn des himmlischen Ahnengottes {{g|Takamimusubi}}, laut einer anderen eine Art ''alter ego'' von Ōkuninushi selbst. Mit Sukunabikona führt Ōkuninushi das von {{g|Izanami}} und {{g|Izanagi}} begonnene Werk der Weltenschöpfung zu Ende. Inwiefern die Welt nach Ōkuninushi anders aussieht als zuvor, wird nicht genau spezifiziert. Laut dem {{g|Izumofudoki}}, einer fragmentarischen Lokalchronik aus dem Jahr 733, vergrößert allerdings ein Alias des Ōkuninushi  die Provinz Izumo, indem er einen Teil des koreanischen Königreichs {{g|Silla}} mit Hilfe eines Seils über das Meer nach Japan zieht.<ref>Diese Tat wird genau genommen einem Gott namens Omizunu zugeschrieben.</ref>
  
 
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===Heilkraft===
 
===Heilkraft===
  
Ein hervor·stechender Aspekt des Paares Ōkuninushi und Sukunabikona ist ihre Fähigkeit Krank·heiten zu heilen. Schon im ''Nihon shoki'' werden sie als Erfinder der Heil·kunst und des Abwehr·zaubers gegen schädliche Tiere dar·ge·stellt. In vielen Lokal·chroniken werden sie für die Ent·deckung der ältesten Heil·quellen Japans ver·ant·wortlich gemacht. In der Heian-Zeit wurde Ōkuninushi aus diesem Grund auch mit {{g|Yakushinyorai}}, dem {{s|Buddha}} der Medizin, identifiziert, bzw. von diesem als Gott der Heil·kunst über·schattet (Antoni 1982, S. 30–31).<!--
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Ein hervorstechender Aspekt des Paares Ōkuninushi und Sukunabikona ist ihre Fähigkeit Krankheiten zu heilen. Schon im ''Nihon shoki'' werden sie als Erfinder der Heilkunst und des Abwehrzaubers gegen schädliche Tiere dargestellt. In vielen Lokalchroniken werden sie für die Entdeckung der ältesten Heilquellen Japans verantwortlich gemacht. In der Heian-Zeit wurde Ōkuninushi aus diesem Grund auch mit {{g|Yakushinyorai}}, dem {{s|Buddha}} der Medizin, identifiziert, bzw. von diesem als Gott der Heilkunst überschattet (Antoni 1982, S. 30–31).<!--
--><ref>Auch von den Gelehrten der {{gb|Kokugaku}}, die sich im 18. und 19. Jahr·hun·dert der Exegese japanischer Mythen widmeten, wird die Heil·kraft des Götter·paares aus Izumo besonders her·vor·gehoben.</ref> <!--
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--><ref>Auch von den Gelehrten der {{gb|Kokugaku}}, die sich im 18. und 19. Jahrhundert der Exegese japanischer Mythen widmeten, wird die Heilkraft des Götterpaares aus Izumo besonders hervorgehoben.</ref> <!--
-->Wie wir noch sehen werden, tritt Ōkuninushi außer·dem als Ver·ur·sacher einer schreck·lichen Epidemie prominent in Er·schei·nung.
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-->Wie wir noch sehen werden, tritt Ōkuninushi außerdem als Verursacher einer schrecklichen Epidemie prominent in Erscheinung.
  
 
=== Mythologische Deutungen ===
 
=== Mythologische Deutungen ===
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Bis hier her folgt die Geschichte des Ōkuninushi einem Muster, das aus vielen Märchen bekannt ist: der Held, der jüngste einer Reihe von Geschwistern, wird zahl·reichen Gefahren und Demütigungen aus·ge·setzt, über·windet diese mit viel List und dank der Sympathie weib·licher Unter·stützer und triumphiert schluss·endlich über seine Peiniger. In der Art, wie er sich mehr durch Glück und Schläue als durch Stärke gegen seine Wider·sacher durch·setzt, kann er, ähnlich wie Susanoo, als [[Mythen/Goetter des Himmels/Trickster | Trickster-Figur]] angesehen werden.  
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Bis hier her folgt die Geschichte des Ōkuninushi einem Muster, das aus vielen Märchen bekannt ist: der Held, der jüngste einer Reihe von Geschwistern, wird zahlreichen Gefahren und Demütigungen ausgesetzt, überwindet diese mit viel List und dank der Sympathie weiblicher Unterstützer und triumphiert schlussendlich über seine Peiniger. In der Art, wie er sich mehr durch Glück und Schläue als durch Stärke gegen seine Widersacher durchsetzt, kann er, ähnlich wie Susanoo, als [[Mythen/Goetter des Himmels/Trickster | Trickster-Figur]] angesehen werden.  
  
Auch andere my·tho·lo·gische Deu·tungen sind möglich. Klaus Antoni (1982) deutet etwa die Geschichte des wieder·belebten „Weißen (= nackten) Hasen von Inaba“ als Mythos vom ab·nehmenden und zu·nehmenden Mond. Mir geht es aber an dieser Stelle vor allem um den Stellen·wert, den Ōkuninushi in den ver·schiedenen Schreinen, in denen er ver·ehrt wurde, zugesprochen bekam.  
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Auch andere mythologische Deutungen sind möglich. {{g|antoniklaus}} (1982) deutet etwa die Geschichte des wiederbelebten „Weißen (= nackten) Hasen von Inaba“ als Mythos vom abnehmenden und zunehmenden Mond. Mir geht es aber an dieser Stelle vor allem um den Stellenwert, den Ōkuninushi in den verschiedenen Schreinen, in denen er verehrt wurde, zugesprochen bekam.  
  
In Ōkuninushis komplizierten Familien·verhält·nissen deutet sich an, dass eine ur·sprüng·lich eigen·ständige Erzählung aus Izumo über die Figur des Susanoo mit der Yamato-Mythologie ver·bunden wurde. Susanoos Kampf mit der Schlange und Ōkuninushis Kampf gegen seine Brüder gehörten ur·sprüng·lich wahr·schein·lich ganz unter·schied·lichen Erzählungen an. Auch der Akt der Welten·schöpfung in Kooperation mit Sukunabikona passt weder mit den Welt·ent·stehungs·mythen von Izanagi und Izanami noch mit der Vor·geschichte des Ōkuninushi wirklich zusammen. Im übrigen ver·zichtet das ''Nihon shoki'' weit·gehend auf die Details dieser Geschichte. Die Episode der achtzig Brüder und des „Hasen von Inaba“ findet sich nur im ''Kojiki''. Das ''Nihon shoki'' wiederum konzentriert sich mehr auf das Ende von Ōkuninushis Herr·schaft, in Japan als {{g|kuniyuzuri}} („Übergabe des Landes“) bekannt. Aus dieser Perspektive vertritt Ōkuninushi all jene bar·barischen „Götter der Erde“ ({{g|kunitsukami}}), die durch die Her·ab·kunft des himmlischen Enkels einer höheren Ordnung zugeführt werden sollen.
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In Ōkuninushis komplizierten Familienverhältnissen deutet sich an, dass eine ursprünglich eigenständige Erzählung aus Izumo über die Figur des Susanoo mit der Yamato-Mythologie verbunden wurde. Susanoos Kampf mit der Schlange und Ōkuninushis Kampf gegen seine Brüder gehörten ursprünglich wahrscheinlich ganz unterschiedlichen Erzählungen an. Auch der Akt der Weltenschöpfung in Kooperation mit Sukunabikona passt weder mit den Weltentstehungsmythen von Izanagi und Izanami noch mit der Vorgeschichte des Ōkuninushi wirklich zusammen. Im übrigen verzichtet das ''Nihon shoki'' weitgehend auf die Details dieser Geschichte. Die Episode der achtzig Brüder und des „Hasen von Inaba“ findet sich nur im ''Kojiki''. Das ''Nihon shoki'' wiederum konzentriert sich mehr auf das Ende von Ōkuninushis Herrschaft, in Japan als {{g|kuniyuzuri}} („Übergabe des Landes“) bekannt. Aus dieser Perspektive vertritt Ōkuninushi all jene barbarischen „Götter der Erde“ ({{g|kunitsukami}}), die durch die Herabkunft des himmlischen Enkels einer höheren Ordnung zugeführt werden sollen.
  
 
{{H2+3|Yamato-Mythos}}
 
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|izumo_yamato.jpg
 
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In der Logik {{g|kiki}} herrschen unter Ōkuninushi, trotz seiner schöp·fe·rischen Qualitäten, an·ar·chis·tische Zu·stände, die sich unter anderem da·durch äußern, dass Felsen, Bäume und Gräser sprechen können und un·unter·brochen durch·ein·ander·quasseln. Die „Befriedung“ dieser unbot·mäßigen Götter wird erst erreicht, als die himmlischen Götter ({{g|amatsukami}}) Ōkuninushis Herr·schaft auf Erden über·nehmen.<ref> Noch in den Gebets·texten (''norito'') der {{gb|Engishiki}} (10. Jh.) wird dieser Um·stand mehr·fach betont: „They silenced to the last leaf/The rocks and stumps of the trees/ Which had been able to speak...“ (Philippi 1990, S. 41, 45, 69.) </ref>
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In der Logik {{g|kiki}} herrschen unter Ōkuninushi, trotz seiner schöpferischen Qualitäten, anarchistische Zustände, die sich unter anderem dadurch äußern, dass Felsen, Bäume und Gräser sprechen können und ununterbrochen durcheinanderquasseln. Die „Befriedung“ dieser unbotmäßigen Götter wird erst erreicht, als die himmlischen Götter ({{g|amatsukami}}) Ōkuninushis Herrschaft auf Erden übernehmen.<ref> Noch in den Gebetstexten (''norito'') der {{gb|Engishiki}} (10. Jh.) wird dieser Umstand mehrfach betont: „They silenced to the last leaf/The rocks and stumps of the trees/ Which had been able to speak...“ (Philippi 1990, S. 41, 45, 69.) </ref>
  
Ōkuninushis Ab·dan·kung ist ''Kojiki'' und ''Nihon shoki'' zufolge das Ergebnis diplo·matischer Ver·hand·lungen: Zwei Ab·ge·sandte des Himmels<ref><!--
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Ōkuninushis Abdankung ist ''Kojiki'' und ''Nihon shoki'' zufolge das Ergebnis diplomatischer Verhandlungen: Zwei Abgesandte des Himmels<ref><!--
-->Es handelt sich um die „Schwert·gott·heiten“ {{gb|Takemikazuchi}} und {{gb|Futsunushi}}, die in jener mytho·logischen Episode ent·stehen, als Götter·vater Izanagi das Feuer·kind, an welchem die Götter·mutter stirbt, in Stücke schlägt. Takemikazuchi und Futsunushi sind dem·nach das Produkt von Izanagis Schwert und dem „Blut“ des Feuers. Sie wurden später als Haupt·gott·heiten der mächtigen Adels·familie {{gb|Fujiwara}} in deren Ahnen·schrein {{gb|Kasugataisha}} installiert.<!--
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-->Es handelt sich um die „Schwertgottheiten“ {{gb|Takemikazuchi}} und {{gb|Futsunushi}}, die in jener mythologischen Episode entstehen, als Göttervater Izanagi das Feuerkind, an welchem die Göttermutter stirbt, in Stücke schlägt. Takemikazuchi und Futsunushi sind demnach das Produkt von Izanagis Schwert und dem „Blut“ des Feuers. Sie wurden später als Hauptgottheiten der mächtigen Adelsfamilie {{gb|Fujiwara}} in deren Ahnenschrein {{gb|Kasugataisha}} installiert.<!--
--></ref> treffen Ōkunnishi am Strand von {{g|Inasa}}, an den Gestaden von Izumo, stellen ihre Schwerter aufrecht auf die Wellen·kämme und nehmen darauf Platz. Durch diese Demonstration ihrer über·legenen Fähig·keiten über·zeugen sie Ōkuninushi und seinen Sohn und Thron·folger {{g|Kotoshironushi}}, dass es wohl das Klügste wäre, das Feld kampf·los zu räumen. Zuvor handelt Ōkuninushi aber noch die Er·richtung eines Palastes für sich aus, dessen Giebel·hölzer (nach der Version des ''Kojiki'') bis zum Himmel empor·reichen. In diesen Palast, an dessen Stelle sich heute der {{g|Izumotaisha|Großschrein von Izumo}} be·findet, will er sich zurück·ziehen, um von nun an die „ver·borgenen Dinge“ zu leiten. Auch heißt es, dass er sich auf die „nicht hundert, sondern achtzig ge·wundenen Pfade“ (''momo tarazu yaso kumade'') begeben wird, mög·licher·weise eine Metapher für die Unter·welt. Damit verlässt Ōkuninushi zu·nächst einmal die Bühne der Geschichte. Ein paar auf·müpfige irdische Götter aus seinem Gefolge, u.a. die vor·lauten Steine und Bäume, werden noch schnell un·schäd·lich gemacht, dann steht dem trium·phalen Ein·zug von Amaterasus Enkel {{g|Ninigi}} nichts mehr im Wege.
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--></ref> treffen Ōkunnishi am Strand von {{g|Inasa}}, an den Gestaden von Izumo, stellen ihre Schwerter aufrecht auf die Wellenkämme und nehmen darauf Platz. Durch diese Demonstration ihrer überlegenen Fähigkeiten überzeugen sie Ōkuninushi und seinen Sohn und Thronfolger {{g|Kotoshironushi}}, dass es wohl das Klügste wäre, das Feld kampflos zu räumen. Zuvor handelt Ōkuninushi aber noch die Errichtung eines Palastes für sich aus, dessen Giebelhölzer (nach der Version des ''Kojiki'') bis zum Himmel emporreichen. In diesen Palast, an dessen Stelle sich heute der {{g|Izumotaisha|Großschrein von Izumo}} befindet, will er sich zurückziehen, um von nun an die „verborgenen Dinge“ zu leiten. Auch heißt es, dass er sich auf die „nicht hundert, sondern achtzig gewundenen Pfade“ ({{g|momotarazuyasokumade}}) begeben wird, möglicherweise eine Metapher für die Unterwelt. Damit verlässt Ōkuninushi zunächst einmal die Bühne der Geschichte. Ein paar aufmüpfige irdische Götter aus seinem Gefolge, u.a. die vorlauten Steine und Bäume, werden noch schnell unschädlich gemacht, dann steht dem triumphalen Einzug von Amaterasus Enkel {{g|Ninigi}} nichts mehr im Wege.
  
 
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=== Yamato und Izumo ===
 
=== Yamato und Izumo ===
Der my·tho·lo·gische Gegen·satz von „irdischen“ und „himmlischen“ Gott·heiten kann als Metapher für unter·schiedliche Herr·schafts·gebiete aufgefasst werden. {{g|Yamato}}, das Kern·land der Tennō-Dynastie, wird dem·nach von den himmlischen Göttern (''ama-tsu-kami'') be·herrscht, die anderen Territorien, allen voran Izumo, von den irdischen Göttern (''kuni-tsu-kami''). Die Schilderung von Ōkuninushis Ab·dankung re·präsentiert somit den Prozess, im Zuge dessen sich die ver·schie·denen Lokal·reiche der Ober·ho·heit Yamatos unter·warfen. Obwohl diese Ereignisse teil·weise hinter rätsel·haften Bildern und Aus·drücken ver·schleiert werden, fällt auf, dass Gewalt·aspekte dabei soweit als möglich her·unter ge·spielt werden. Ōkuninushi „zieht sich zurück“, ein himmlischer Gott <ref> {{gb|Amenohohi}}. Dieser Gott ent·stammt ur·sprüng·lich einem eigen·tüm·lichen Wett·streit zwischen Amaterasu und Susanoo, bei dem Amaterasu Susanoos Schwert und Susanoo Amaterasus Edel·steine zer·kaute. Ame-no-Hohi ent·stand zusammen mit vier weiteren Brüdern aus den zer·kauten Edel·steinen. Der älteste Bruder ist der Vater des Ninigi. Ame-no-Hohi ist also ein Onkel des neuen Macht·habers auf Erden. </ref> tritt in seinen „Dienst“, was aber wohl bedeutet, dass er als eine Art Regent die Herrschaft über Izumo über·nimmt. Neuere arch·äo·logische Forschungen setzen diese Ent·wicklung relativ spät, nämlich erst im siebenten und achten Jahr·hun·dert an (Piggott 1989). Tat·säch·lich dürfte die Ent·wick·lung weit·gehend friedlich ver·laufen sein. Offen·bar brachte erst die Union mit Yamato interne Rivalitäten  in Izumo zum Er·liegen und sicherte so den Yamato-treuen Lokal·herrn eine größere Autorität über Izumo, wenn auch um den Preis, dass sie die Hegemonie Yamatos anerkannten.
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Der mythologische Gegensatz von „irdischen“ und „himmlischen“ Gottheiten kann als Metapher für unterschiedliche Herrschaftsgebiete aufgefasst werden. {{g|Yamato}}, das Kernland der Tennō-Dynastie, wird demnach von den himmlischen Göttern (''ama-tsu-kami'') beherrscht, die anderen Territorien, allen voran Izumo, von den irdischen Göttern (''kuni-tsu-kami''). Die Schilderung von Ōkuninushis Abdankung repräsentiert somit den Prozess, im Zuge dessen sich die verschiedenen Lokalreiche der Oberhoheit Yamatos unterwarfen. Obwohl diese Ereignisse teilweise hinter rätselhaften Bildern und Ausdrücken verschleiert werden, fällt auf, dass Gewaltaspekte dabei soweit als möglich herunter gespielt werden. Ōkuninushi „zieht sich zurück“, ein himmlischer Gott ({{g|Amenohohi}})<ref>Dieser Gott entstammt ursprünglich einem eigentümlichen Wettstreit zwischen Amaterasu und Susanoo, bei dem Amaterasu Susanoos Schwert und Susanoo Amaterasus Edelsteine zerkaute. Ame-no-Hohi entstand zusammen mit vier weiteren Brüdern aus den zerkauten Edelsteinen. Der älteste Bruder ist der Vater des Ninigi. Ame-no-Hohi ist also ein Onkel des neuen Machthabers auf Erden. </ref> tritt in seinen „Dienst“, was aber wohl bedeutet, dass er als eine Art Regent die Herrschaft über Izumo übernimmt. Neuere archäologische Forschungen setzen diese Entwicklung relativ spät, nämlich erst im siebenten und achten Jahrhundert an (Piggott 1989). Tatsächlich dürfte die Entwicklung weitgehend friedlich verlaufen sein. Offenbar brachte erst die Union mit Yamato interne Rivalitäten  in Izumo zum Erliegen und sicherte so den Yamato-treuen Lokalherrn eine größere Autorität über Izumo, wenn auch um den Preis, dass sie die Hegemonie Yamatos anerkannten.
  
Die neuen Lokal·herren, die laut den Chroniken durch die „himmlischen Götter“ (= Yamato) ein·ge·setzt wurden, sind im übrigen die Ahnen der späteren Priester von Izumo, die ihr Amt bis heute erblich weiter·geben. Sie schmücken sich mit der Amts·bezeichnung ''kokuzō'', ein Titel, der ur·sprüng·lich {{g|kuninomiyatsuko}} aus·ge·sprochen wurde und soviel wie „Gouverneur“ bedeutete. Dass dieses Priester·geschlecht sich tat·säch·lich aus einer frühen weltlichen Dynastie, nämlich dem Klan der Ou, ent·wickelte, gilt heute als historisch gesichert. Erst langsam wurde aus dem Palast von Izumo ein Schrein und aus den Landes·herren ein aus·schließ·lich auf religiöse Aufgaben beschränktes Priester·geschlecht. Diese Dynastie, die im Mittelalter den Namen {{g|Senge}} angenommen hat, ist somit historisch wie mythologisch mindestens ebenso alt wie die Tennō-Dynastie (der gegen·wärtige Ober·priester ist das 84. Ober·haupt der Familie seit ihrer mythologischen Gründung). Obwohl ur·sprüng·lich von Yamato ein·ge·setzt, gilt ihr religiöser Dienst den „irdischen Göttern“ und Ōkuninushi. Auf diese Weise ist bis heute die Erinnerung an ein ''kami''-Pantheon lebendig, das nicht von den Vor·fahren des Tennō regiert wurde. Nach „offizieller“ Lesart ist der Komplex Izumo-Ōkuninushi-Senge dem Komplex Ise-Amaterasu-Tennō hier·archisch unter·geordnet. Dass diese offizielle Lesart aber selbst erst das Produkt einer wechsel·haften Geschichte ist, die bis in historische Zeiten (also die Zeit der Ab·fassung der frühesten Schrift·quellen) hin·ein·reicht, zeigt die folgende Geschichte des Miwa Schreins.
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Die neuen Lokalherren, die laut den Chroniken durch die „himmlischen Götter“ (= Yamato) eingesetzt wurden, sind im übrigen die Ahnen der späteren Priester von Izumo, die ihr Amt bis heute erblich weitergeben. Sie schmücken sich mit der Amtsbezeichnung ''kokuzō'', ein Titel, der ursprünglich {{g|kuninomiyatsuko}} ausgesprochen wurde und soviel wie „Gouverneur“ bedeutete. Dass dieses Priestergeschlecht sich tatsächlich aus einer frühen weltlichen Dynastie, nämlich dem Klan der Ou, entwickelte, gilt heute als historisch gesichert. Erst langsam wurde aus dem Palast von Izumo ein Schrein und aus den Landesherren ein ausschließlich auf religiöse Aufgaben beschränktes Priestergeschlecht. Diese Dynastie, die im Mittelalter den Namen {{g|Senge}} angenommen hat, ist somit historisch wie mythologisch mindestens ebenso alt wie die Tennō-Dynastie (der gegenwärtige Oberpriester ist das 84. Oberhaupt der Familie seit ihrer mythologischen Gründung). Obwohl ursprünglich von Yamato eingesetzt, gilt ihr religiöser Dienst den „irdischen Göttern“ und Ōkuninushi. Auf diese Weise ist bis heute die Erinnerung an ein ''kami''-Pantheon lebendig, das nicht von den Vorfahren des Tennō regiert wurde. Nach „offizieller“ Lesart ist der Komplex Izumo-Ōkuninushi-Senge dem Komplex Ise-Amaterasu-Tennō hierarchisch untergeordnet. Dass diese offizielle Lesart aber selbst erst das Produkt einer wechselhaften Geschichte ist, die bis in historische Zeiten (also die Zeit der Abfassung der frühesten Schriftquellen) hineinreicht, zeigt die folgende Geschichte des Miwa Schreins.
  
 
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=== Ōkuninushis Zweitwohnsitz ===
 
=== Ōkuninushis Zweitwohnsitz ===
  
Als mächtige Gott·heit außerhalb des ursprünglichen Herr·schafts·gebietes von Yamato blieb Ōkuni·nushi wohl auch nach der Anne·xion Izumos ein Faktor der Unsicher·heit für den frühen japa·nischen Staat. Dies würde jeden·falls erklä·ren, warum man sich offen·bar schon früh be·mühte, Ōkuni·nushi eine Ver·ehrungs·stätte in Yamato zu er·rich·ten, näm·lich den Schrein von {{g|oomiwajinja|(Ō)Miwa}}. Es ist dies das erste expli·zit für religiöse Zwecke vor·be·hal·tene Ge·bäude, das in den mytho-his·tori·schen Chroni·ken ''Kojiki'' und ''Nihon shoki'' erwähnt wird (im Fall von Izumo bleibt offen, ob es sich um einen Palast für einen leben·den Herr·scher oder um ein Ge·bäude für eine un·sicht·bare Gott·heit han·delt). Inso·fern lässt sich argu·men·tie·ren, der Schrein von Miwa, der noch heute exis·tiert und sich süd·lich der alten Haupt·stadt {{g|Nara}} be·fin·det, stelle den ältes·ten Schrein Japans dar. <ref> In einer der oben der erwähn·ten Sukunabikona Episo·den des ''Nihon shoki'' wird Miwa als „Wohnort“ des Sukunabikona bereits vor dem Izumo Schrein genannt.</ref>
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Als mächtige Gottheit außerhalb des ursprünglichen Herrschaftsgebietes von Yamato blieb Ōkuninushi wohl auch nach der Annexion Izumos ein Faktor der Unsicherheit für den frühen japanischen Staat. Dies würde jedenfalls erklären, warum man sich offenbar schon früh bemühte, Ōkuninushi eine Verehrungsstätte in Yamato zu errichten, nämlich den Schrein von {{g|oomiwajinja|(Ō)Miwa}}. Es ist dies das erste explizit für religiöse Zwecke vorbehaltene Gebäude, das in den mytho-historischen Chroniken ''Kojiki'' und ''Nihon shoki'' erwähnt wird (im Fall von Izumo bleibt offen, ob es sich um einen Palast für einen lebenden Herrscher oder um ein Gebäude für eine unsichtbare Gottheit handelt). Insofern lässt sich argumentieren, der Schrein von Miwa, der noch heute existiert und sich südlich der alten Hauptstadt {{g|Nara}} befindet, stelle den ältesten Schrein Japans dar. <ref> In einer der oben der erwähnten Sukunabikona Episoden des ''Nihon shoki'' wird Miwa als „Wohnort“ des Sukunabikona bereits vor dem Izumo Schrein genannt.</ref>
  
 
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===Sujins religiöse Reformen===
 
===Sujins religiöse Reformen===
  
Die Chroniken verorten die Gründung des Miwa Schreins in der Regierungs·zeit {{g|Sujintennou | Sujins}}, des 10. Tennō (mythol. Regie·rungszeit 97–30 v.u.Z.), die von heu·ti·gen His·tori·kern in der Zeit um 300 u.Z. an·ge·sie·delt wird (Kidder 2007). Sujins Herr·schaft ist an·fäng·lich von einer schreck·lichen Epide·mie geprägt, welche die Hälfte der Be·völ·ke·rung hin·weg·rafft. Sujin ver·mutet die Ursache dieser Epide·mie in der Krän·kung einer Gott·heit und unter·nimmt alle erdenk·lichen Ver·suche um her·aus·zu·be·kom·men, um welche Gott·heit es sich han·delt. Schließ·lich offen·bart sich ihm {{g|oomononushi}} (also Ōkuninushi unter einem seiner Zweit·na·men, s.o.) im Traum und ver·spricht, dass die Epide·mie ein Ende haben werde, wenn der Tennō seinen Nach·kom·men, einen ge·wis·sen {{g|Ootataneko}} an seinen Hof riefe, um den Kult für Ōmono·nushi zu über·neh·men. Besag·ter Ōtata·neko wird in einer Nach·bar·pro·vinz tat·säch·lich gefunden. Als er in der Resi·denz des Tennō den Dienst für die Gott·heit auf·nimmt, endet die Epide·mie wie vor·her·gesagt.
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Die Chroniken verorten die Gründung des Miwa Schreins in der Regierungszeit {{g|Sujintennou | Sujins}}, des 10. Tennō (mythol. Regierungszeit 97–30 v.u.Z.), die von heutigen Historikern in der Zeit um 300 u.Z. angesiedelt wird (Kidder 2007). Sujins Herrschaft ist anfänglich von einer schrecklichen Epidemie geprägt, welche die Hälfte der Bevölkerung hinwegrafft. Sujin vermutet die Ursache dieser Epidemie in der Kränkung einer Gottheit und unternimmt alle erdenklichen Versuche um herauszubekommen, um welche Gottheit es sich handelt. Schließlich offenbart sich ihm {{g|oomononushi}} (also Ōkuninushi unter einem seiner Zweitnamen, s.o.) im Traum und verspricht, dass die Epidemie ein Ende haben werde, wenn der Tennō seinen Nachkommen, einen gewissen {{g|Ootataneko}} an seinen Hof riefe, um den Kult für Ōmononushi zu übernehmen. Besagter Ōtataneko wird in einer Nachbarprovinz tatsächlich gefunden. Als er in der Residenz des Tennō den Dienst für die Gottheit aufnimmt, endet die Epidemie wie vorhergesagt.
  
Ōtataneko gilt als der Ahnherr der Priester von Miwa (ein weiteres ural·tes Pries·ter·ge·schlecht). Es war also zu Sujins Zeiten not·wen·dig, für die neu·artige Gott·heit einen männ·lichen Priester aus einer Nach·bar·pro·vinz einzu·bür·gern. Ōmono·nushi alias Ōkuni·nushi wurde aber auch von einer Yamato-Pries·terin betreut, einer Tante des Tennō, die diesem als eine Art Priester-Shamanin zur Seite stand. Laut den Chroni·ken wird diese Pries·terin mit Ōkuni·nushi „ver·hei·ra·tet“. (Man erin·nere sich an die sagen·hafte sexuelle Potenz dieses Gottes.) Die Ehe ver·läuft anfangs glück·lich, doch leidet die Pries·terin darun·ter, dass sie ihren Gatten unter Tags nicht sehen kann. Auf ihr Flehen ver·spricht Ōkuni·nushi, sich ihr in seiner wahren Gestalt zu offen·ba·ren, wenn sie ver·spricht, nicht zu er·schrecken. Sie willigt ein, worauf er sie an·weist, am näch·sten Morgen ihr Kamm·kästchen zu öffnen. Sie tut wie ihr geheißen und findet in ihrem Kamm·kästchen „eine hübsche weiße Schlange“, deren Anblick sie zu einem un·will·kür·lichen Schrei des Entset·zens nötigt. Ōkuni·nushi nimmt da·rauf·hin menschliche Gestalt an und ver·kün·det, dass er sich infolge dieser Beschä·mung auf den Berg Mimoro zurück·zie·hen wird.<ref> Dieses be·kannte Motiv findet sich im japa·ni·schen Mythos mehr·fach (s. z.B. Izanagi und Izanami oder Hiko-Hohodemi und die Drachen·prin·zes·sin Toyo·tama-hime), wobei stets „Scham“ für die Ent·frem·dung der Lie·ben·den ver·ant·wort·lich gemacht wird.</ref> Die Prin·zes·sin aber begeht Selbst·mord, indem sie sich ihre Vagina mit Ess·stäbchen durch·bohrt. <ref> Eine nüch·terne Inter·pre·ta·tion könnte hier eine miss·lun·gene Ab·trei·bung erken·nen, doch findet man dieses Motiv auch im „Zeital·ter der Götter“: Als Susanoo das ge·häu·tete Pferd in die Webe·halle der Amaterasu wirft, erschrickt laut einer Version eine Webe·rin, sticht sich die Spin·del in die Scham und stirbt daran.</ref> Sie erhält da·rauf·hin ein mäch·tiges Hügel·grab namens {{g|Hashihaka}} (das „Essstäbchen-Grab“), das heute noch in der Nähe von Berg {{g|Mimuro}} (= Berg Miwa) exis·tiert. Dem Gott Ōmono-(bzw. Ōkuni-)nushi aber wird am Fuße dieses Berges besag·ter Schrein von Miwa er·rich·tet.  
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Ōtataneko gilt als der Ahnherr der Priester von Miwa (ein weiteres uraltes Priestergeschlecht). Es war also zu Sujins Zeiten notwendig, für die neuartige Gottheit einen männlichen Priester aus einer Nachbarprovinz einzubürgern. Ōmononushi alias Ōkuninushi wurde aber auch von einer Yamato-Priesterin betreut: {{g|yamatototohimomosohime}} (kurz: Toto-hime), eine Tante des Tennō, die diesem als eine Art Priester-Shamanin zur Seite stand. Laut den Chroniken wird diese Priesterin mit Ōkuninushi „verheiratet“. (Man erinnere sich an die sagenhafte sexuelle Potenz dieses Gottes.) Die Ehe verläuft anfangs glücklich, doch leidet Toto-hime darunter, dass sie ihren Gatten untertags nicht sehen kann. Auf ihr Flehen verspricht Ōkuninushi, sich ihr in seiner wahren Gestalt zu offenbaren, wenn sie verspricht, nicht zu erschrecken. Sie willigt ein, worauf er sie anweist, am nächsten Morgen ihr Kammkästchen zu öffnen. Sie tut wie ihr geheißen und findet in ihrem Kammkästchen „eine hübsche weiße Schlange“, deren Anblick sie zu einem unwillkürlichen Schrei des Entsetzens nötigt. Ōkuninushi nimmt daraufhin menschliche Gestalt an und verkündet, dass er sich infolge dieser Beschämung auf den Berg {{g|Mimuro}} (= Berg Miwa) zurückziehen wird.<ref> Dieses bekannte Motiv findet sich im japanischen Mythos mehrfach (s. z.B. Izanagi und Izanami oder Hiko-Hohodemi und die Drachenprinzessin Toyotama-hime), wobei stets „Scham“ für die Entfremdung der Liebenden verantwortlich gemacht wird.</ref> Toto-hime aber begeht Selbstmord, indem sie sich Essstäbchen in ihre Vagina sticht. <ref> Eine nüchterne Interpretation könnte hier eine misslungene Abtreibung erkennen, doch findet man dieses Motiv auch im „Zeitalter der Götter“: Als Susanoo das gehäutete Pferd in die Webehalle der Amaterasu wirft, erschrickt laut einer Version eine Weberin, sticht sich die Spindel in die Scham und stirbt daran.</ref> Sie erhält daraufhin ein mächtiges Hügelgrab namens {{g|Hashihaka}} (das „Essstäbchen-Grab“), das heute noch in der Nähe von Berg Mimoro existiert. Dem Gott Ōmono-(bzw. Ōkuni-)nushi aber wird am Fuße dieses Berges besagter Schrein von Miwa errichtet.  
  
Ōkuninushis Sitz in Miwa ist damit nach my·tho·lo·gischen Maßstäben älter als die erste Ver·eh·rungs·stätte für Amaterasu. Erst eine Gene·ra·tion später, unter {{g|Suinintennou}}, wird die kai·ser·liche Prin·zes·sin {{g|Yamatohime}} damit beauf·tragt, einen per·ma·nen·ten Wohn·sitz (Schrein) für Amaterasu aus·fin·dig zu machen und findet schließ·lich einen geeigne·ten Platz in Ise. Suinin hat (laut ''Kojiki'') auch einen Sohn, der auf·grund eines Fluches des Gottes von Izumo stumm ist. Erst als dieser Sohn nach Izumo pilgert, wird der Fluch von ihm genom·men und er spricht von einem Moment zum ande·ren. Als Dank lässt Suinin den heuti·gen Izumo Schrein für den Gott von Izumo errich·ten. Dieser Über·lie·fer·ung zu·folge gab es also vor Suinin weder in Ise noch in Izumo einen Schrein.
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Ōkuninushis Sitz in Miwa ist damit nach mythologischen Maßstäben älter als die erste Verehrungsstätte für Amaterasu. Erst eine Generation später, unter {{g|Suinintennou}}, wird die kaiserliche Prinzessin {{g|Yamatohime}} damit beauftragt, einen permanenten Wohnsitz (Schrein) für Amaterasu ausfindig zu machen und findet schließlich einen geeigneten Platz in Ise. Suinin hat (laut ''Kojiki'') auch einen Sohn, der aufgrund eines Fluches des Gottes von Izumo stumm ist. Erst als dieser Sohn nach Izumo pilgert, wird der Fluch von ihm genommen und er spricht von einem Moment zum anderen. Als Dank lässt Suinin den heutigen Izumo Schrein für den Gott von Izumo errichten. Dieser Überlieferung zufolge gab es also vor Suinin weder in Ise noch in Izumo einen Schrein.
  
 
===Hierogamie===
 
===Hierogamie===
  
Zwischen dem Ende von Ōkuninushis irdischer Herr·schaft mit dem Zentrum in Izumo und der Errich·tung eines Schreins für ihn, alias Ōmono·nushi, in Miwa liegen laut mytholo·gi·scher Chro·nik drei·zehn Herr·schaft·perio·den von Nach·kom·men der Amaterasu: am Anfang steht Ninigi, der „himm·lische Enkel“, auf den vier Gene·ra·tio·nen später {{g|jinmutennou | Jinmu}}, der erste „mensch·liche Herr·scher“, und wei·tere Tennō folgen. Ōkuni·nushi/Ōmono·nushi treibt sich in dieser Zeit·spanne offen·bar in unsicht·ba·rer Form weiter auf Erden umher und zeugt ge·le·gent·lich immer noch Nach·kom·men. So zählt auch die Haupt·frau des Jinmu Tennō, also die „erste Kai·se·rin“ Japans, zu den Töchtern Ōkuninushis. Ōkuni·nushi soll ihre Mutter laut ''Kojiki'' in Form eines roten Pfeils ge·schwän·gert haben und zwar als diese in einem Bach ihren Darm ent·leerte. Auch die Mutter des Ōtata·neko (des ersten Miwa-Pries·ters) soll dem ''Kojiki'' zufolge näch·tens von einem Unbe·kann·ten geschwän·gert worden sein, der schließ·lich als der Gott von Miwa iden·tifi·ziert wird (Philippi 1969, ch. 66). Wir begeg·nen also in den Legen·den des Ōkuni·nushi mehr·fach dem Motiv der Hieroga·mie, also der Heirat zwischen Gott·heit (in der phal·li·schen Gestalt eines Pfeils oder einer Schlange) und Pries·terin. Viele japa·nische Volks·kund·ler erblicken in dieser Hieroga·mie eine Form des frühen weib·lichen Shama·nis·mus in Japan.
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Zwischen dem Ende von Ōkuninushis irdischer Herrschaft mit dem Zentrum in Izumo und der Errichtung eines Schreins für ihn, alias Ōmononushi, in Miwa liegen laut mythologischer Chronik dreizehn Herrschaftperioden von Nachkommen der Amaterasu: am Anfang steht Ninigi, der „himmlische Enkel“, auf den vier Generationen später {{g|jinmutennou | Jinmu}}, der erste „menschliche Herrscher“, und weitere Tennō folgen. Ōkuninushi/Ōmononushi treibt sich in dieser Zeitspanne offenbar in unsichtbarer Form weiter auf Erden umher und zeugt gelegentlich immer noch Nachkommen. So zählt auch die Hauptfrau des Jinmu Tennō, also die „erste Kaiserin“ Japans, zu den Töchtern Ōkuninushis. Ōkuninushi soll ihre Mutter laut ''Kojiki'' in Form eines roten Pfeils geschwängert haben und zwar als diese in einem Bach ihren Darm entleerte. Auch die Mutter des Ōtataneko (des ersten Miwa-Priesters) soll dem ''Kojiki'' zufolge nächtens von einem Unbekannten geschwängert worden sein, der schließlich als der Gott von Miwa identifiziert wird (Philippi 1969, ch. 66). Wir begegnen also in den Legenden des Ōkuninushi mehrfach dem Motiv der Hierogamie, also der Heirat zwischen Gottheit (in der phallischen Gestalt eines Pfeils oder einer Schlange) und Priesterin. Viele japanische Volkskundler erblicken in dieser Hierogamie eine Form des frühen weiblichen Shamanismus in Japan.
  
 
===Sake===
 
===Sake===
  
Die Identität des „Großen Herren der Dinge/Geister“ (Ōmononushi) von Miwa und des „Großen Lan·des·her·ren“ (Ōkuni·nushi) von Izumo erscheint aufgrund wider·sprüch·licher Berichte in ''Kojiki'' und ''Nihon shoki'' mitun·ter frag·lich und wird, wie oben erwähnt, bis·wei·len in Zwei·fel gezo·gen (obwohl sie von den heu·ti·gen Schrei·nen durchaus aner·kannt wird). Wie Klaus Antoni gezeigt hat, gibt es jedoch noch ein wei·te·res Binde·glied zwi·schen Izumo und Miwa, näm·lich die Pro·duk·tion von alkoho·li·schen Geträn·ken ({{g|sake}}). Heute wird vor allem {{g|Miwa}} (neben den Schrei·nen {{g|Matsunootaisha|Matsunoo}} und Umeno·miwa) mit Sake asso·ziiert und stellt eine Art Schutz·schrein der japa·ni·schen Sake-Brauer dar. Das Wort {{g|miwa2}} selbst ist — mit ande·ren Zeichen als der Schrein geschrie·ben — laut Klaus Antoni (1988, S. 76) eine respekt·volle alter·tüm·liche Be·zeich·nung für Alko·hol. Gleich·zei·tig macht Antoni darauf auf·merk·sam, dass die frü·heste Erwäh·nung von Sake in den Mythen in der Izumo-Mythe von Susanoos Kampf mit der Schlange zu finden ist: Susanoo macht die Schlange mit Hilfe von Sake betrun·ken, und kann sie dadurch ge·fahr·los töten. Für Antoni ist daher der „Heilige Trank“ ein wei·teres Indiz für die Ver·bin·dung zwi·schen Miwa und Izumo.
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Die Identität des „Großen Herren der Dinge/Geister“ (Ōmononushi) von Miwa und des „Großen Landesherren“ (Ōkuninushi) von Izumo erscheint aufgrund widersprüchlicher Berichte in ''Kojiki'' und ''Nihon shoki'' mitunter fraglich und wird, wie oben erwähnt, bisweilen in Zweifel gezogen (obwohl sie von den heutigen Schreinen durchaus anerkannt wird). Wie Klaus Antoni gezeigt hat, gibt es jedoch noch ein weiteres Bindeglied zwischen Izumo und Miwa, nämlich die Produktion von alkoholischen Getränken ({{g|sake}}). Heute wird vor allem {{g|Miwa}} (neben den Schreinen {{g|Matsunootaisha|Matsunoo}} und Umenomiwa) mit Sake assoziiert und stellt eine Art Schutzschrein der japanischen Sake-Brauer dar. Das Wort {{g|miwa2}} selbst ist — mit anderen Zeichen als der Schrein geschrieben — laut Klaus Antoni (1988, S. 76) eine respektvolle altertümliche Bezeichnung für Alkohol. Gleichzeitig macht Antoni darauf aufmerksam, dass die früheste Erwähnung von Sake in den Mythen in der Izumo-Mythe von Susanoos Kampf mit der Schlange zu finden ist: Susanoo macht die Schlange mit Hilfe von Sake betrunken, und kann sie dadurch gefahrlos töten. Für Antoni ist daher der „Heilige Trank“ ein weiteres Indiz für die Verbindung zwischen Miwa und Izumo.
  
 
===Berg Miwa und die Schlange===
 
===Berg Miwa und die Schlange===
  
Die Gott·heit von Miwa wurde in späterer Zeit meist schlicht als Miwa Daimyōjin (Große Gott·heit von Miwa) be·zeich·net. Als {{g|Shintai}} (Wohnort der Gott·heit, Vereh·rungsge·genstand) des Miwa Schreins gilt bis heute der Berg, in den sich der be·schämte Ōkuni·nushi zurück ge·zo·gen haben soll. Darü·ber hinaus wird die Gott·heit sowohl in den Mythen als auch in heu·ti·gen Schrein·le·gen·den und Riten als reale Schlange gedacht. Offen·bar gibt es tat·säch·lich beson·ders viele Schlan·gen auf und rund um den Berg, die auch heute noch regel·mäßig zu bestimm·ten rituel·len An·läs·sen mit rohen Eiern ver·kös·tigt werden. Sie gelten dabei als die Gott·heit selbst.
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Die Gottheit von Miwa wurde in späterer Zeit meist schlicht als Miwa {{g|daimyoujin}} (Große Gottheit von Miwa) bezeichnet. Als {{g|Shintai}} (Wohnort der Gottheit, Verehrungsgegenstand) des Miwa Schreins gilt bis heute der Berg, in den sich der beschämte Ōkuninushi zurück gezogen haben soll. Darüber hinaus wird die Gottheit sowohl in den Mythen als auch in heutigen Schreinlegenden und Riten als reale Schlange gedacht. Offenbar gibt es tatsächlich besonders viele Schlangen auf und rund um den Berg, die auch heute noch regelmäßig zu bestimmten rituellen Anlässen mit rohen Eiern verköstigt werden. Sie gelten dabei als die Gottheit selbst.
  
 
{{h2+3|Ōkuninushi als Daikoku}}
 
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</div>
 
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Zu Izumo und Miwa trat in späterer Zeit eine weitere Kult·stätte des Ōkuni·nushi am Biwa See, öst·lich von Kyōto hinzu. Es han·delt sich um den {{g|Hietaisha |Hie}} (=Hiyoshi) Schrein, dessen ur·sprüng·liche Gott·heit {{g|ooyamakui}} bereits im ''Kojiki'' flüch·tig er·wähnt wird.<ref>Philippi 1969, S. 47.</ref> Ōkuni·nushi (hier: Ōna·muji) gesellte sich wahr·schein·lich unter {{g|Tenjitennou}} (r. 661–671) zu dieser Gott·heit hinzu. Tenji er·rich·tete näm·lich seinen Palast am Süd·ufer des Biwa Sees. Es wird an·ge·nom·men, dass er bei dieser Gele·gen·heit den Gott von Miwa als Schutz·gott der Tennō-Resi·denz aus der Yamato-Region mit·brachte und im Hie Schrein ein·setzte.
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Zu Izumo und Miwa trat in späterer Zeit eine weitere Kultstätte des Ōkuninushi am {{g|biwako|Biwa-See}}, östlich von Kyōto hinzu. Es handelt sich um den {{g|Hietaisha |Hie}} (=Hiyoshi) Schrein, dessen ursprüngliche Gottheit {{g|ooyamakui}} bereits im ''Kojiki'' flüchtig erwähnt wird.<ref>Philippi 1969, S. 47.</ref> Ōkuninushi (hier: Ōnamuji) gesellte sich wahrscheinlich unter {{g|Tenjitennou}} (r. 661–671) zu dieser Gottheit hinzu. Tenji errichtete nämlich seinen Palast am Südufer des Biwa Sees. Es wird angenommen, dass er bei dieser Gelegenheit den Gott von Miwa als Schutzgott der Tennō-Residenz aus der Yamato-Region mitbrachte und im Hie Schrein einsetzte.
  
Über hundert Jahre danach, im Jahr 788, gründete {{g|Saichou}} (767–822), der spä·tere Begrün·der des {{g|Tendaishuu | Tendai}} Bud·dhis·mus, auf dem Berg hinter dem Hie Schrein einen Tempel namens {{g|Enryakuji}}. Für Saichō war der Ort von be·son·de·rer Bedeu·tung, denn er wurde hier gebo·ren, und zwar erst nach·dem sein Vater lange und inbrüns·tig zu den Göttern des Hie Schreins ge·betet hatte. Darüber hinaus war aber wohl weder der Berg, der von Saichō (in Ablei·tung des Schrein-Namens) ''Hiei'' ge·nannt wurde, noch der Schrein selbst über·re·gio·nal bekannt. Auch Saichō war zu·nächst nicht mehr als ein eigen·wil·liger Asket, der sich mit einer Hand·voll Gleich·ge·sinn·ter zwölf Jahre lang in die Ein·sam·keit seines Hei·mat·ber·ges zurück·zog. Im Jahr 794 wurde die gesamte Region jedoch erneut zum poli·ti·schen Zentrum des Landes, als {{g|Kanmutennou}} im Fluss·becken süd·wes·tlich von Berg Hiei seine neue Haupt·stadt {{g|Heian|Heian-kyō}} errich·ten ließ: das heutige Kyōto. Aus Sicht dieser neuen Haupt·stadt war Saichōs Kloster nicht nur die nächste bud·dhis·tische Institu·tion, es befand sich noch dazu im Nord·osten und bewachte somit das „Dämonentor“ ({{g|kimon}}), aus dem den chine·si·schen und japa·ni·schen Geo·man·ti·kern zufolge alle unheil·vol·len Einflüsse kommen. Damit erhielt Saichō plötz·lich die ganze Auf·merk·sam·keit des Kai·sers: er stieg rasch zu den höch·sten buddhis·ti·schen Ämtern auf, wurde im Jahr 804 nach China entsandt und kam von dort mit den Wei·hen der Tiantai (= {{g|Tendaishuu|Tendai}}) Schule wieder. Der Klos·ter·berg Hiei ent·wickelte sich unter Saichōs Nach·fol·gern mehr und mehr zur mäch·tigsten bud·dhis·ti·schen Institu·tion des Landes.
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Über hundert Jahre danach, im Jahr 788, gründete {{g|Saichou}} (767–822), der spätere Begründer des {{g|Tendaishuu | Tendai}} Buddhismus, auf dem Berg hinter dem Hie Schrein einen Tempel namens {{g|Enryakuji}}. Für Saichō war der Ort von besonderer Bedeutung, denn er wurde hier geboren, und zwar erst nachdem sein Vater lange und inbrünstig zu den Göttern des Hie Schreins gebetet hatte. Darüber hinaus war aber wohl weder der Berg, der von Saichō (in Ableitung des Schrein-Namens) ''Hiei'' genannt wurde, noch der Schrein selbst überregional bekannt. Auch Saichō war zunächst nicht mehr als ein eigenwilliger Asket, der sich mit einer Handvoll Gleichgesinnter zwölf Jahre lang in die Einsamkeit seines Heimatberges zurückzog. Im Jahr 794 wurde die gesamte Region jedoch erneut zum politischen Zentrum des Landes, als {{g|Kanmutennou}} im Flussbecken südwestlich von Berg Hiei seine neue Hauptstadt {{g|Heian|Heian-kyō}} errichten ließ: das heutige Kyōto. Aus Sicht dieser neuen Hauptstadt war Saichōs Kloster nicht nur die nächste buddhistische Institution, es befand sich noch dazu im Nordosten und bewachte somit das „Dämonentor“ ({{g|kimon}}), aus dem den chinesischen und japanischen Geomantikern zufolge alle unheilvollen Einflüsse kommen. Damit erhielt Saichō plötzlich die ganze Aufmerksamkeit des Kaisers: er stieg rasch zu den höchsten buddhistischen Ämtern auf, wurde im Jahr 804 nach China entsandt und kam von dort mit den Weihen der Tiantai (= {{g|Tendaishuu|Tendai}}) Schule wieder. Der Klosterberg Hiei entwickelte sich unter Saichōs Nachfolgern mehr und mehr zur mächtigsten buddhistischen Institution des Landes.
  
Mit dem expandie·renden Kloster wuchs auch der Schrein zu einem riesigen Komplex von Ein·zel·schrei·nen heran. Neben Ōyama·kui und Ōkuni·nushi ge·sell·ten sich weitere fünf Haupt·gott·hei·ten hinzu, die der Buddhis·mus aus China und Indien mit·ge·bracht hatte. Gemäß dem Vor·bild des Tientai Klos·ters in China, stülpte Saichō außer·dem eine Art Super-Gott·heit über alle in dem Schrein·komplex vor·han·de·nen Ein·zel·göt·ter und nannte sie {{g|Sannou}}, „König des Ber·ges“. Die beiden loka·len Gott·heiten Ōyamakui und Ōkuni·nushi fun·gie·ren jedoch bis heute als Stamm-Schreine (''hongū'') des Komple·xes. Indi·rekt über·nahm so der Gott von Izumo/Miwa ein wei·te·res Mal die Schutz·funk·tion für die japa·nische Haupt·stadt, auch wenn seine Rolle im Hie-Sannō Schrein·komplex kaum noch etwas mit Ōkuninushi in Izumo gemein hatte.
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Mit dem expandierenden Kloster wuchs auch der Schrein zu einem riesigen Komplex von Einzelschreinen heran. Neben Ōyamakui und Ōkuninushi gesellten sich weitere fünf Hauptgottheiten hinzu, die der Buddhismus aus China und Indien mitgebracht hatte. Gemäß dem Vorbild des Tientai Klosters in China, stülpte Saichō außerdem eine Art Super-Gottheit über alle in dem Schreinkomplex vorhandenen Einzelgötter und nannte sie {{g|Sannou}}, „König des Berges“. Die beiden lokalen Gottheiten Ōyamakui und Ōkuninushi fungieren jedoch bis heute als Stamm-Schreine ({{g|honguu}}) des Komplexes. Indirekt übernahm so der Gott von Izumo/Miwa ein weiteres Mal die Schutzfunktion für die japanische Hauptstadt, auch wenn seine Rolle im Hie-Sannō Schreinkomplex kaum noch etwas mit Ōkuninushi in Izumo gemein hatte.
  
 
===Saichōs Daikoku===
 
===Saichōs Daikoku===
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Die Verbin·dungen zwischen Ōkuninushi und dem Bud·dhis·mus gehen aber noch weiter. Eine Legende weiß zu be·rich·ten, dass Saichō, als er noch un·schlüs·sig war, welchen ein·hei·mi·schen Gott er als Beschüt·zer seines Klos·ters aus·wählen sollte, die Pro·vinz Yamato be·reiste und so nach Miwa kam. Nach·dem er zu Miwa Daimyōjin (Ōkuni·nushi) ge·be·tet hatte, offen·barte sich ihm dieser „in der Gestalt des Daikoku Tenshin“ und wil·ligte ein, ihn zu be·glei·ten. Er gab ihm auch ein Stück Holz, aus dem Saichō das erste Ab·bild des {{g|Daikoku}} her·stellte.<ref> Iyanaga 2002, S. 547–48.</ref> Saichō wäre dem·nach der Urhe·ber des popu·lä·ren Glücks·got·tes Daikoku und seiner Identi·fizie·rung mit Ōkuni·nushi. Die Sta·tue soll im übri·gen heute noch exis·tie·ren, ist aber nicht im Hie Schrein, son·dern in der Daikoku Halle auf Berg Hiei auf·gestellt. Diese Halle diente dem Klos·ter ehe·mals als Ver·wal·tungsge·bäude ({{g|mandokoro}}).
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Die Verbindungen zwischen Ōkuninushi und dem Buddhismus gehen aber noch weiter. Eine Legende weiß zu berichten, dass Saichō, als er noch unschlüssig war, welchen einheimischen Gott er als Beschützer seines Klosters auswählen sollte, die Provinz Yamato bereiste und so nach Miwa kam. Nachdem er zu Miwa Daimyōjin (Ōkuninushi) gebetet hatte, offenbarte sich ihm dieser „in der Gestalt des Daikoku Tenshin“ und willigte ein, ihn zu begleiten. Er gab ihm auch ein Stück Holz, aus dem Saichō das erste Abbild des {{g|Daikoku}} herstellte.<ref> Iyanaga 2002, S. 547–48.</ref> Saichō wäre demnach der Urheber des populären Glücksgottes Daikoku und seiner Identifizierung mit Ōkuninushi. Die Statue soll im übrigen heute noch existieren, ist aber nicht im Hie Schrein, sondern in der Daikoku Halle auf Berg Hiei aufgestellt. Diese Halle diente dem Kloster ehemals als Verwaltungsgebäude ({{g|mandokoro}}).
  
Der Umstand, dass Daikoku nicht im Hie Schrein selbst, sondern im bud·dhis·ti·schen Klos·ter·komplex verehrt wurde, sowie die Tat·sache, dass die früheste Quelle dieser Legende, das ''Miwa Daimyōjin engi'' (Chro·nik vom Ur·sprung des Miwa Daimyōjin), erst lange Zeit nach Saichō (1318) ver·fasst wurde, lassen Zwei·fel an einer tat·säch·lichen Iden·tifi·ka·tion von Ōkuni·nushi und Daikoku zu Leb·zei·ten Saichōs auf·kom·men. Es steht jedoch fest, dass Daikoku zu·nächst als Gott·heit der Tem·pel·küche inner·halb bud·dhis·ti·scher Klös·ter an Be·deu·tung gewann und im Zuge dessen irgend·wann einmal auch mit Ōkuni·nushi in Ver·bin·dung gebracht wurde. Über die weite·ren Ver·zwei·gun·gen der Gestalt des Daikoku und seine Ver·bin·dun·gen zu der esote·ri·schen Gott·heit {{s|Mahakala}} ist auf der Spezial·seite „[[Ikonographie/Gluecksgoetter/Daikoku |Daikoku]]“ Genaue·res nachzulesen.
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Der Umstand, dass Daikoku nicht im Hie Schrein selbst, sondern im buddhistischen Klosterkomplex verehrt wurde, sowie die Tatsache, dass die früheste Quelle dieser Legende, das {{g|miwadaimyoujinengi|''Miwa Daimyōjin engi''}} (Chronik vom Ursprung des Miwa Daimyōjin), erst lange Zeit nach Saichō (1318) verfasst wurde, lassen Zweifel an einer tatsächlichen Identifikation von Ōkuninushi und Daikoku zu Lebzeiten Saichōs aufkommen. Es steht jedoch fest, dass Daikoku zunächst als Gottheit der Tempelküche innerhalb buddhistischer Klöster an Bedeutung gewann und im Zuge dessen irgendwann einmal auch mit Ōkuninushi in Verbindung gebracht wurde. Über die weiteren Verzweigungen der Gestalt des Daikoku und seine Verbindungen zu der esoterischen Gottheit {{s|Mahakala}} ist auf der Spezialseite „[[Ikonographie/Gluecksgoetter/Daikoku |Daikoku]]“ Genaueres nachzulesen.
  
 
===Ōkuninushi als Daikoku im Kanda Schrein===
 
===Ōkuninushi als Daikoku im Kanda Schrein===
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Der {{g|Kandajinja |Kanda Schrein}} in Tōkyō war in der {{g|Edo}}-Zeit der wahr·schein·lich popu·lärste Schrein von Edo, das damals das poli·tische Zentrum des Landes und mit etwa einer Million Ein·woh·nern eine der be·völ·ke·rungs·reich·sten Metropo·len welt·weit war. Der Schrein ver·dankte seine Be·liebt·heit vor allem seinem spek·taku·lären {{g|Matsuri}}, das heute noch eines der größ·ten religiö·sen Events in Tōkyō darstellt. Laut Schrein·legende geht die Grün·dung des Schreins auf das Jahr 730 zurück, als Emigran·ten aus Izumo in der damals noch länd·lichen Kantō-Region einen Zweig·schrein für ihren Ahnen·gott Ōkuni·nushi er·rich·te·ten. Zu über·regio·na·ler Bedeu·tung gelangte der Schrein, als im Jahr 1309 der zür·nende [[Mythen/Geister|Rache·geist]] des {{g|Tairanomasakado}} (?–940) einen Sitz in diesem Schrein erhielt und dadurch fried·lich gestimmt wurde.<ref>
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Der {{g|Kandajinja |Kanda Schrein}} in Tōkyō war in der {{g|Edo}}-Zeit der wahrscheinlich populärste Schrein von Edo, das damals das politische Zentrum des Landes und mit etwa einer Million Einwohnern eine der bevölkerungsreichsten Metropolen weltweit war. Der Schrein verdankte seine Beliebtheit vor allem seinem spektakulären {{g|Matsuri}}, das heute noch eines der größten religiösen Events in Tōkyō darstellt. Laut Schreinlegende geht die Gründung des Schreins auf das Jahr 730 zurück, als Emigranten aus Izumo in der damals noch ländlichen Kantō-Region einen Zweigschrein für ihren Ahnengott Ōkuninushi errichteten. Zu überregionaler Bedeutung gelangte der Schrein, als im Jahr 1309 der zürnende [[Mythen/Geister|Rachegeist]] des {{g|Tairanomasakado}} (?–940) einen Sitz in diesem Schrein erhielt und dadurch friedlich gestimmt wurde.<ref>
Der Kanda Schrein kam bereits kurz nach Masakado's Tod mit diesem in Berührung, da der Kopf des Ent·haupte·ten in der Nähe des Schreins beigesetzt wurde. Zur Er·rich·tung einer eigenen Schrein·halle kam es aller·dings erst, nachdem eine Epidemie in den Jahren 1303–1306 dem Toten·geist Masakados zu·geschrie·ben wurde. Als diese sich endlich legte, wurde der Kanda Schrein renoviert und um eine Schrein·halle für Masakado erweitert. (''Shintō jiten'' 1994, S. 627)
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Der Kanda Schrein kam bereits kurz nach Masakado's Tod mit diesem in Berührung, da der Kopf des Enthaupteten in der Nähe des Schreins beigesetzt wurde. Zur Errichtung einer eigenen Schreinhalle kam es allerdings erst, nachdem eine Epidemie in den Jahren 1303–1306 dem Totengeist Masakados zugeschrieben wurde. Als diese sich endlich legte, wurde der Kanda Schrein renoviert und um eine Schreinhalle für Masakado erweitert. (''Shintō jiten'' 1994, S. 627)
 
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Taira no Masakado war ein {{g|Heian}}-zeit·licher Rebell der Kantō-Region gewe·sen, dessen Unge·hor·sam gegen·über der Zentral·re·gie·rung ge·walt·sam nieder·ge·schla·gen wurde. Obwohl in den offi·ziel·len Geschichts·quel·len nega·tiv dar·gestellt, galt er in der Kantō-Region doch auch als Held und Vor·reiter der späte·ren Samu·rai Herr·schaft. Dem ent·sprechend wurde der Schrein auch von den in der Kantō-Region ansäs·si·gen Samurai wohl·wol·lend gefördert.
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Taira no Masakado war ein {{g|Heian}}-zeitlicher Rebell der Kantō-Region gewesen, dessen Ungehorsam gegenüber der Zentralregierung gewaltsam niedergeschlagen wurde. Obwohl in den offiziellen Geschichtsquellen negativ dargestellt, galt er in der Kantō-Region doch auch als Held und Vorreiter der späteren Samurai ({{g|bushi}}) Herrschaft. Dem entsprechend wurde der Schrein auch von den in der Kantō-Region ansässigen Samurai wohlwollend gefördert.
  
1590 verlegte der „Reichseiniger“ {{g|Tokugawaieyasu}} (1543–1616) seine Residenz nach Edo, ein anfangs un·be·deu·ten·des Fischer·dorf in der Gegend des Kanda Schreins. 1616 ließ Ieyasus Sohn, Shōgun Toku·gawa Hide·tada, den Kanda Schrein in den Nord·osten der neu errich·teten Burg von Edo (heute der Kai·ser·pa·last in Tōkyō) ver·legen. Ob Hide·tada damit bewusst einem ge·schicht·lichen Vor·bild folgte, ist mir nicht bekannt, auf jeden Fall kam Ōkuni·nushi so ein wei·te·res Mal in die Lage, das „Dämo·nen·tor“ einer Haupt·stadt zu bewachen. Die beiden ''kami'', Ōkuni·nushi und Masa·kado, wurden in Edo vor allem unter dem gemein·sa·men Namen {{g|Kandamyoujin}} verehrt. Auf popu·lä·rer Ebene wurde Ōkuni·nushi jedoch auch in Gestalt des Glücks·got·tes Daikoku wahr·ge·nom·men. Kanda Myōjin war also in gewis·ser Weise auch Daikoku und ist es bis heute geblieben.
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1590 verlegte der „Reichseiniger“ {{g|Tokugawaieyasu}} (1543–1616) seine Residenz nach Edo, ein anfangs unbedeutendes Fischerdorf in der Gegend des Kanda Schreins. 1616 ließ Ieyasus Sohn, Shōgun {{g|tokugawahidetada|Tokugawa Hidetada}}, den Kanda Schrein in den Nordosten der neu errichteten Burg von Edo (heute der Kaiserpalast in Tōkyō) verlegen. Ob Hidetada damit bewusst einem geschichtlichen Vorbild folgte, ist mir nicht bekannt, auf jeden Fall kam Ōkuninushi so ein weiteres Mal in die Lage, das „Dämonentor“ einer Hauptstadt zu bewachen. Die beiden ''kami'', Ōkuninushi und Masakado, wurden in Edo vor allem unter dem gemeinsamen Namen {{g|Kandamyoujin}} verehrt. Auf populärer Ebene wurde Ōkuninushi jedoch auch in Gestalt des Glücksgottes Daikoku wahrgenommen. Kanda Myōjin war also in gewisser Weise auch Daikoku und ist es bis heute geblieben.
  
Als aus Edo Tōkyō wurde und die Burg der Tokugawa {{g|Shougun | Shōgune}} in den neuen Pa·last des {{g|Meijitennou}} umfunk·tio·niert wurde (1868), war der einstige Rebell Taira no Masa·kado keine oppor·tune Gott·heit mehr. Er wurde kur·zer·hand aus dem Kanda Schrein entfernt und durch die Gott·heit {{g|Sukunabikona}}, Okuni·nushis ''alter ego'' aus der Izumo Legende, ersetzt. Da Suku·nabikona aber der All·ge·mein·heit nicht bekannt war, erhielt er das Aus·sehen des {{g|Ebisu}}, der im Ensemble der sieben Glücks·göt·ter zu·meist Hand in Hand mit Daikoku auftritt. Heute ist Taira no Masa·kado reha·bili·tiert und der Kanda Schrein be·her·bergt somit drei Gott·hei·ten: Ōkuni·nushi, Sukunabikona und Taira no Masa·kado. Nach außen hin sicht·bar ist jedoch vor allem Daikoku, dem eine große Statue errich·tet wurde (s. Abb.) und der im Kanda Schrein als „Gott der guten [Ehe-]Be·zie·hun·gen“ ({{g|enmusubinokami}}) apo·stro·phiert wird, um mög·lichst viele hei·rats·wil·lige Paare anzu·locken. <ref> Die Rolle eines „Gottes der guten Bezie·hun·gen“, die an·ge·sichts der vielen Hei·ra·ten des Ōkuni·nushi eigent·lich als zwei·fel·haf·tes Omen für eine gute Ehe angese·hen werden muss, hat Ōkuni·nushi/ Daikoku im übri·gen auch im Jishu Schrein in Kyōto, wo er als Gott der Ver·lieb·ten verehrt wird. (s. Abb. oben)</ref>
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Als aus Edo Tōkyō wurde und die Burg der Tokugawa {{g|Shougun | Shōgune}} in den neuen Palast des {{g|Meijitennou}} umfunktioniert wurde (1868), war der einstige Rebell Taira no Masakado keine opportune Gottheit mehr. Er wurde kurzerhand aus dem Kanda Schrein entfernt und durch die Gottheit {{g|Sukunabikona}}, Okuninushis ''alter ego'' aus der Izumo Legende, ersetzt. Da Sukunabikona aber der Allgemeinheit nicht bekannt war, erhielt er das Aussehen des {{g|Ebisu}}, der im Ensemble der sieben Glücksgötter zumeist Hand in Hand mit Daikoku auftritt. Heute ist Taira no Masakado rehabilitiert und der Kanda Schrein beherbergt somit drei Gottheiten: Ōkuninushi, Sukunabikona und Taira no Masakado. Nach außen hin sichtbar ist jedoch vor allem Daikoku, dem eine große Statue errichtet wurde (s. Abb.) und der im Kanda Schrein als „Gott der guten [Ehe-]Beziehungen“ ({{g|enmusubinokami}}) apostrophiert wird, um möglichst viele heiratswillige Paare anzulocken. <ref> Die Rolle eines „Gottes der guten Beziehungen“, die angesichts der vielen Heiraten des Ōkuninushi eigentlich als zweifelhaftes Omen für eine gute Ehe angesehen werden muss, hat Ōkuninushi/ Daikoku im übrigen auch im Jishu Schrein in Kyōto, wo er als Gott der Verliebten verehrt wird. (s. Abb. oben)</ref>
  
An dieser Stelle sei nur noch angemerkt, dass Daikoku und Ebisu auch in ande·ren Schrei·nen gemein·sam auf·tre·ten, wobei Ebisu mitun·ter auch auf Kotoshiro·nushi, den Sohn und Thron·fol·ger Ōkuni·nushis aus der Epi·sode seiner Ab·dan·kung zurück·ge·führt wird. Es ist durchaus wahr·schein·lich, dass es sich auch in diesen Fällen um „invented traditions“ aus der Meiji-Zeit handelt, dass also zu·sam·men mit dem Tennō mytholo·gische Götter für die Schrein·kulte der Meiji-Zeit reak·ti·viert wurden, auch wenn sie ur·sprüng·lich gar nichts mit ihren neuen Schrein-Wohn·orten zu tun hatten.
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An dieser Stelle sei nur noch angemerkt, dass Daikoku und Ebisu auch in anderen Schreinen gemeinsam auftreten, wobei Ebisu mitunter auch auf Kotoshironushi, den Sohn und Thronfolger Ōkuninushis aus der Episode seiner Abdankung zurückgeführt wird. Es ist durchaus wahrscheinlich, dass es sich auch in diesen Fällen um „invented traditions“ aus der Meiji-Zeit handelt, dass also zusammen mit dem Tennō mythologische Götter für die Schreinkulte der Meiji-Zeit reaktiviert wurden, auch wenn sie ursprünglich gar nichts mit ihren neuen Schrein-Wohnorten zu tun hatten.
  
 
==Zusammenfassung==
 
==Zusammenfassung==
  
Die Viel·zahl von Er·scheinungs·formen des Ōkuninushi sind in der japani·schen Reli·gions·ge·schichte keines·wegs ein·zigar·tig, Ōkuni·nushi kann viel·mehr als beispiel·haft für die Flexibi·li·tät japa·ni·scher ''kami''-Iden·ti·tä·ten angese·hen werden. Was ihn darü·ber hinaus aber beson·ders inte·res·sant macht, ist die Tat·sache, dass er immer wieder — wenn auch unter ver·schie·de·nen Bezeich·nun·gen — an der Schwelle großer politisch-religiö·ser Ein·schnitte auf·taucht, um als Schutz·gott des poli·ti·schen Zentrums zu fun·gieren.
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Die Vielzahl von Erscheinungsformen des Ōkuninushi sind in der japanischen Religionsgeschichte keineswegs einzigartig, Ōkuninushi kann vielmehr als beispielhaft für die Flexibilität japanischer ''kami''-Identitäten angesehen werden. Was ihn darüber hinaus aber besonders interessant macht, ist die Tatsache, dass er immer wieder — wenn auch unter verschiedenen Bezeichnungen — an der Schwelle großer politisch-religiöser Einschnitte auftaucht, um als Schutzgott des politischen Zentrums zu fungieren.
 
 
Die Geschichte von Ōkuninushis Ab·dan·kung zugunsten des „himm·lischen Enkels“ ist zweifel·los die heute bekann·teste Epi·sode in der Bio·graphie dieses Gottes, min·dest ebenso inte·res·sant ist aber die Grün·dung des Miwa Schreins, die in vieler Hin·sicht als die Grund·stein·le·gung einer völlig neu·artigen Form von Reli·gion erscheint. Der Tennō, der zu·nächst den Kult für seine gött·lichen Ahnen in eigener Person leitet, fühlt sich ange·sichts einer landes·wei·ten Kata·strophe schul·dig und ver·un·sichert, weil er die Ursache des Unglücks in einer Fehl·hand·lung bei der Aus·übung seiner religiö·sen Pflich·ten sieht. Er über·ant·wor·tet die Götter (= seine Pries·ter·rolle) bestimm·ten Spe·zia·listen und ver·lagert ihren „Wohnort“ an sepa·rate Orte außer·halb des kai·ser·lichen Palastes. Auf diese Weise entste·hen die ersten Schreine. Manche For·scher erken·nen in dieser Epi·sode auch den Über·gang von einer weib·lich domi·nier·ten reli·gö·sen Praxis zu einer männ·lich-patri·archali·schen (Elwood 1990). Zwar spielt auch in dieser Epi·sode eine Shama·nen-Pries·terin — eine Tante des Sujin, die mehr·fach als enge Bera·te·rin auftritt — eine wich·tige Rolle, doch ihre Hieroga·mie mit Ōkuni·nushi schei·tert. Letzt·lich gelingt es nur dem männ·lichen Pries·ter aus dem Ge·schlecht Ōkuni·nushis, die leicht er·reg·bare Gott·heit zu be·schwich·ti·gen und damit den Katastro·phen ein Ende zu bereiten.
 
 
 
Interessant ist in diesem Zusammen·hang auch die hier nur am Rande erwähnte „Aus·lage·rung“ Amaterasus in das weitab der Yamato-Region gele·gene Ise. Unter den fol·gen·den Tennō bleibt die mäch·tige „irdische Gott·heit“ Ōkuni·nushi wich·ti·ger als die „himm·lische Gott·heit“ Amaterasu. J. E. Kidder mut·maßt, dass Amaterasu erst unter {{g|Tenmutennou}} (r. 672–86) und die auf ihn fol·gende Kai·se·rin {{g|Jitoutennou}} (r. 690–97) ihr klas·si·sches Profil als wich·tigste Ahnen·gott·heit der kai·ser·lichen Dynastie erhält. <ref>Die Instal·lie·rung der klas·sische Hofaris·tokra·tie inklu·sive der Errich·tung einer per·ma·nen·ten Haupt·stadt und der Abfas·sung einer kai·ser·lichen Chro·nik/Mytholo·gie wird heute als Werk der sog. Tenmu Dynastie angese·hen, die von Tenmu Tennō 672 begon·nen und von Kanmu Tennō (r. 781–806), einem Nach·fah·ren von Tenmus Bruder Tenji, abge·löst wurde. S. dazu Ooms 2008.</ref> Wäh·rend die „Kapi·tel des Göt·ter·zeit·alters“ von ''Kojiki'' (712) und ''Nihon shoki'' (720) dieser neuen Bedeu·tung Amaterasus ent·sprechend aus·gestal·tet werden, verab·säu·men es die Chroni·ken, auch die zeit·lich nähe·ren Kapi·tel der neuen Ideo·lo·gie anzu·glei·chen und offen·ba·ren somit eine Dis·kon·ti·nui·tät in der Vereh·rung der Son·nen·gott·heit (Kidder 2007).
 
  
In jedem Fall geht die Auf·wer·tung der [[Bauten/Ise_Izumo | Ise Schreine]] mit einer Abwer·tung von Ōkuni·nushis Schrei·nen in Izumo und Miwa einher. Ōkuni·nushi findet jedoch auf dem Um·weg über den Bud·dhis·mus zu einer neuen Iden·tität, um sich schließ·lich erneut als Glücksgott Daikoku im religiö·sen Pantheon Japans zu behaup·ten. Zu·gleich scheint es, als ob er seine Rolle als Be·schüt·zer des poli·ti·schen Zentrums (Hüter des „Dämo·nen·tores“), die er unter Sujin erstmals über·tra·gen bekommt, auf stille, un·spek·taku·läre Weise auch in Kyōto und Edo wahr·nimmt.
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Die Geschichte von Ōkuninushis Abdankung zugunsten des „himmlischen Enkels“ ist zweifellos die heute bekannteste Episode in der Biographie dieses Gottes, mindest ebenso interessant ist aber die Gründung des Miwa Schreins, die in vieler Hinsicht als die Grundsteinlegung einer völlig neuartigen Form von Religion erscheint. Der Tennō, der zunächst den Kult für seine göttlichen Ahnen in eigener Person leitet, fühlt sich angesichts einer landesweiten Katastrophe schuldig und verunsichert, weil er die Ursache des Unglücks in einer Fehlhandlung bei der Ausübung seiner religiösen Pflichten sieht. Er überantwortet die Götter (= seine Priesterrolle) bestimmten Spezialisten und verlagert ihren „Wohnort“ an separate Orte außerhalb des kaiserlichen Palastes. Auf diese Weise entstehen die ersten Schreine. Manche Forscher erkennen in dieser Episode auch den Übergang von einer weiblich dominierten religösen Praxis zu einer männlich-patriarchalischen (Elwood 1990). Zwar spielt auch in dieser Episode eine Shamanen-Priesterin — eine Tante des Sujin, die mehrfach als enge Beraterin auftritt — eine wichtige Rolle, doch ihre Hierogamie mit Ōkuninushi scheitert. Letztlich gelingt es nur dem männlichen Priester aus dem Geschlecht Ōkuninushis, die leicht erregbare Gottheit zu beschwichtigen und damit den Katastrophen ein Ende zu bereiten.
  
{{ThisWay| Essays/Opfer}}
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Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die hier nur am Rande erwähnte „Auslagerung“ Amaterasus in das weitab der Yamato-Region gelegene Ise. Unter den folgenden Tennō bleibt die mächtige „irdische Gottheit“ Ōkuninushi wichtiger als die „himmlische Gottheit“ Amaterasu. {{g|kidderjonathanedward}} mutmaßt, dass Amaterasu erst unter {{g|Tenmutennou}} (r. 672–86) und die auf ihn folgende Kaiserin {{g|Jitoutennou}} (r. 690–97) ihr klassisches Profil als wichtigste Ahnengottheit der kaiserlichen Dynastie erhält. <ref>Die Installierung der klassische Hofaristokratie inklusive der Errichtung einer permanenten Hauptstadt und der Abfassung einer kaiserlichen Chronik/Mythologie wird heute als Werk der sog. Tenmu Dynastie angesehen, die von Tenmu Tennō 672 begonnen und von Kanmu Tennō (r. 781–806), einem Nachfahren von Tenmus Bruder Tenji, abgelöst wurde. S. dazu Ooms 2008.</ref> Während die „Kapitel des Götterzeitalters“ von ''Kojiki'' (712) und ''Nihon shoki'' (720) dieser neuen Bedeutung Amaterasus entsprechend ausgestaltet werden, verabsäumen es die Chroniken, auch die zeitlich näheren Kapitel der neuen Ideologie anzugleichen und offenbaren somit eine Diskontinuität in der Verehrung der Sonnengottheit (Kidder 2007).
  
{{verweise
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In jedem Fall geht die Aufwertung der [[Bauten/Ise_Izumo | Ise Schreine]] mit einer Abwertung von Ōkuninushis Schreinen in Izumo und Miwa einher. Ōkuninushi findet jedoch auf dem Umweg über den Buddhismus zu einer neuen Identität, um sich schließlich erneut als Glücksgott Daikoku im religiösen Pantheon Japans zu behaupten. Zugleich scheint es, als ob er seine Rolle als Beschützer des politischen Zentrums (Hüter des „Dämonentores“), die er unter Sujin erstmals übertragen bekommt, auf stille, unspektakuläre Weise auch in Kyōto und Edo wahrnimmt.
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{{Verweise
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|thisway= Essays/Opfer
 
|literatur=
 
|literatur=
 
{{Literatur:Antoni_1982}}
 
{{Literatur:Antoni_1982}}

Aktuelle Version vom 6. Januar 2023, 17:06 Uhr

Ōkuninushi als heimlicher Gegenspieler der Himmlischen Götter

Ōkuninushi [Ōkuninushi (jap.) 大国主 mythol. Gottheit; wtl. Großer Meister des Landes], wtl. der „Große Landesherr“, ist eine der rätselhaftesten und facettenreichsten Gestalten des japanischen kami [kami (jap.) Gottheit; im engeren Sinne einheimische oder lokale japanische Gottheit, Schreingottheit (s. jinja), Gottheit des Shintō]-Pantheons. Er taucht in den Mythen zunächst als legitimer Nachfolger von Susanoo [Susanoo (jap.) 須佐之男/素戔男 mytholog. Gottheit; Trickster-Gott, Sturmgott, Mondgott; Bruder der Amaterasu] und Hauptgott der „irdischen Götter“ auf. Damit stellt er das Gegenstück zu den Nachkommen von Susanoos Schwester Amaterasu [Amaterasu (jap.) 天照 Sonnengottheit; Ahnherrin des Tennō-Geschlechts; Hauptgottheit von Ise], der Hauptgottheit der „himmlischen Götter“, dar. Obwohl er sich gemäß offizieller Lesart dem Herrschaftsanspruch der himmlischen Götter kampflos unterwirft, bleibt er als eine Art Gegenmodell zum kaiserlichen Ahnenkult der Sonnengottheit die gesamte japanische Religionsgeschichte hindurch in Erinnerung. Dabei kommt es allerdings zu erstaunlichen Änderungen in Funktion und Erscheinungsbild dieses Gottes. Diese Veränderungen werden im folgenden anhand der wichtigsten Schreine, in denen er heute verehrt wird, überblicksartig dargestellt.

Okuninushi hokusai.jpg
1 Ōkuninushi von Hokusai
Ōkuninushi heilt den Hasen von Inaba, dem Meeresungeheuer (wani) das Fell abgezogen haben. Hokusai interpretiert Ōkuninushi als Daikoku und die wani als Krokodile.
Werk von Katsushika Hokusai (1760–1849). Edo-Zeit. Museum of Fine Arts, Boston.

Name und Herkunft

Das erste Rätsel dieses Gottes stellen seine vielen Namen dar. Bereits in den frühen Chroniken (kiki [kiki (jap.) 記紀 Sammelbezeichnung für KojiKI und Nihon shoKI (ki, Bericht, ist jeweils mit einem leicht abweichenden Zeichen geschrieben)]) wird er mit einer Gottheit namens Ōnamuchi oder Ōnamuji gleichgesetzt, was wiederum nach einer geläufigen Auslegung als „Träger großer/ vieler Namen“ übersetzt werden kann. Anderen Interpretationen zufolge bedeutet Ōnamuchi nicht viel mehr als „Großer Herr“ oder aber „Gott des großen Lochs“ (ō-ana), was wiederum auf einen Vulkangott hindeuten könnte.1 Außerdem wird Ōkuninushi bereits in alten Texten mit Gottheiten wie „Geist des Großen Landes“ (Ōkunitama), „Geist des Sichtbaren Landes“ (Utsushi kunitama) oder als „Großer Herr der Dinge“ (Ōmononushi) identifiziert.2 Der Einfachheit halber beschränke ich mich im Folgenden weitgehend auf Ōkuninushi („Groß-Land-Herr“), was zumindest heute sein bekanntester Namen ist.

Ōkuninushi ist den Mythen zufolge ein Nachkomme des Susanoo [Susanoo (jap.) 須佐之男/素戔男 mytholog. Gottheit; Trickster-Gott, Sturmgott, Mondgott; Bruder der Amaterasu].3 Einige Episoden des Kojiki [Kojiki (jap.) 古事記 „Aufzeichnung alter Begebenheiten“; älteste jap. Chronik (712)], die von der Jugend des Ōkuninushi erzählen (s.u.), spielen in der Gegend von Izumo [Izumo (jap.) 出雲 alter Namen der Präfektur Shimane in West-Japan; auch kurz für Izumo Taisha] (heute Präfektur Shimane), sodass man dort auch den Ursprung der mythologischen Gestalt vermuten könnte. Doch findet sich Ōkuninushi auch in regionalen Quellen (fudoki [fudoki (jap.) 風土記 Lokalchronik]), die ihn aus anderen Regionen, ja sogar aus dem koreanischen Festland herleiten. Was diese Gestalten in jedem Fall eint, ist ihre Funktion als mächtige „irdische“ Gottheit (kuni-tsu-kami [kuni-tsu-kami (jap.) 国津神 Götter der Erde]). Ōkuninushi repräsentiert daher aus meiner Sicht eine prototypische Lokalgottheit, die nicht der mythologischen Genealogie des Tennō [Tennō (jap.) 天皇 jap. „Kaiser“-Titel, wtl. Herrscher des Himmels]-Hauses entstammt. Dieser Gottheit verlieh man, wie im folgenden gezeigt wird, in Izumo, Miwa und schließlich im Yamato-Mythos (s. Mythen) von der Herabkunft des Himmlischen Enkels spezifische Charakteristika. Es blieb aber nicht bei diesen mythologischen Rollen, Ōkuninushi entwickelte sich auch unter buddhistischem Einfluss bis in die Moderne hinein weiter.

Izumo Sagenkreis

Aufstieg zum „Herren des Landes“

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2 Ōkuninushi und der Hase
Diese Skulptur aus dem 20. Jh. befindet sich im Jishu Schrein, wo Ōkuninushi als Gott der Verliebten gefeiert wird.
20.Jh. Bildquelle: Jack Lin, Picasa 2006.

Der Name „Großer Landesherr“ ist laut Kojiki eine Auszeichnung, die sich Ōkuninushi erst nach einer Vielzahl von Qualen und Prüfungen durch Geschick, Glück und Grausamkeit erwirbt. Wir begegnen dem noch jugendlichen Gott, als er sich mit seinen 80 älteren Halbbrüdern auf dem Weg von Izumo in die Nachbarprovinz Inaba [Inaba (jap.) 因幡 alte jap. Provinz in Zentraljapan] befindet. Seine Brüder wollen die Prinzessin von Inaba freien und nehmen Ōkuninushi als Diener und Laufburschen mit. Unterwegs heilt Ōkuninushi einen Hasen, welcher von Seeungeheuern (jap. wani [wani (jap.) Meeresungeheuer; Krokodil; Hai] = Krokodil? Drachen?) seines Pelzes beraubt worden ist. Der dankbare Hase prophezeiht (bzw. bewirkt), dass die Prinzessin Ōkuninushi zum Gatten erwählen wird.4 Als die Prinzessin tatsächlich Ōkuninushi den Vorzug vor seinen Brüdern gibt, locken sie ihn zweimal in eine Falle, um ihn zu töten. Beide Male gelingt der Anschlag, doch beide Male wird Ōkuninushi mit Hilfe seiner Mutter und der Götter des Himmels wieder zum Leben erweckt.

Um seinen eifersüchtigen Brüdern zu entkommen, begibt sich Ōkuninushi in die Unterwelt (Ne no Kuni [Ne no Kuni (jap.) 根の国 wtl. Wurzelland, auch Ne no Katasukuni 根之堅州國; Unterwelt], wtl. „Wurzelland“), wo sein Vorfahre/ Vater Susanoo mittlerweile die Herrschaft übernommen hat. Doch damit haben seine Schwierigkeiten immer noch kein Ende. Wieder führt Ōkuninushis Sexappeal zu einem Zwist mit einem männlichen Verwandten: diesmal geht es um Suseri-hime [Suseri-hime (jap.) 須勢理毘売 Tochter Susanoos, Ehefrau Ōkuninushis], ihrerseits eine Tochter des Susanoo und damit Halbschwester oder Cousine von Ōkuninushi. Die beiden verlieben sich, doch bevor sie ungestört zusammen sein können, unterwirft der eifersüchtige Susanoo seinen Nachkommen einer Reihe von brutalen (Initiations-?)Aufgaben, in denen sich dieser gegen Schlangen, Bienen und schließlich gegen einen Buschbrand behaupten muss. All diese Aufgaben meistert Ōkuninushi dank Suseri-hime und einer Maus. Schlussendlich muss Ōkuninushi Susanoo lausen, lullt ihn dabei in den Schlaf, stiehlt seine Waffen und flieht mit Suseri-hime aus der Unterwelt. Susanoo erwacht jedoch und ruft den Flüchtenden erstmals mit dem Namen Ōkuninushi, „Großer Herr des Landes“. Offenbar erkennt er damit die Herrschaftsansprüche an, die sich Ōkuninushi durch List und Tücke erworben hat.

Schöpfungsakte

Zurück auf der Erde tötet Ōkuninushi zunächst seine Halbbrüder mit den Waffen des Susanoo, und zeugt dann mit den verschiedensten Prinzessinnen jede Menge von Kindern (180 laut Kojiki, 181 laut Nihon shoki). Schließlich bekommt er einen Gefährten zur Seite gestellt, einen winzigen Gott namens Sukunabikona [Sukunabikona (jap.) 少名毘古那 winzige Gottheit, Gefährte oder alter ego von Ōkuninushi, auch: Sukunahikona]5, laut einer Version ein verloren geglaubter Sohn des himmlischen Ahnengottes Takamimusubi [Takamimusubi (jap.) 高御産巣日神 einer der „drei Kami der Schöpfung“, Himmelsgottheit], laut einer anderen eine Art alter ego von Ōkuninushi selbst. Mit Sukunabikona führt Ōkuninushi das von Izanami [Izanami (jap.) 伊耶那美/伊奘冉 Göttermutter, Göttin der Unterwelt (mi hier weibliche Endung); Schwester und Frau des Izanagi] und Izanagi [Izanagi (jap.) 伊耶那岐/伊奘諾 Göttervater; auch Izanaki (ki hier männliche Endung); Bruder und Mann von Izanami] begonnene Werk der Weltenschöpfung zu Ende. Inwiefern die Welt nach Ōkuninushi anders aussieht als zuvor, wird nicht genau spezifiziert. Laut dem Izumo fudoki [Izumo fudoki (jap.) 出雲風土記 Lokalchronik von Izumo, 733], einer fragmentarischen Lokalchronik aus dem Jahr 733, vergrößert allerdings ein Alias des Ōkuninushi die Provinz Izumo, indem er einen Teil des koreanischen Königreichs Silla [Silla (kor.) 新羅/신라 frühes koreanisches Reich, das die Halbinsel von 668 bis 935 beherrschte] mit Hilfe eines Seils über das Meer nach Japan zieht.6

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3 Ōkuninushi und Sukuna Bikona
Ōkuninushi und Sukuna Bikona.
Werk von Utagawa Kuniyoshi. Waseda University.

Heilkraft

Ein hervorstechender Aspekt des Paares Ōkuninushi und Sukunabikona ist ihre Fähigkeit Krankheiten zu heilen. Schon im Nihon shoki werden sie als Erfinder der Heilkunst und des Abwehrzaubers gegen schädliche Tiere dargestellt. In vielen Lokalchroniken werden sie für die Entdeckung der ältesten Heilquellen Japans verantwortlich gemacht. In der Heian-Zeit wurde Ōkuninushi aus diesem Grund auch mit Yakushi Nyorai [Yakushi Nyorai (jap.) 薬師如来 Buddha der Medizin; skt. Bhaisajyaguru], dem Buddha [Buddha (skt.) बुद्ध „Der Erleuchtete“ (jap. butsu, hotoke 仏 oder Budda 仏陀)] der Medizin, identifiziert, bzw. von diesem als Gott der Heilkunst überschattet (Antoni 1982, S. 30–31).7 Wie wir noch sehen werden, tritt Ōkuninushi außerdem als Verursacher einer schrecklichen Epidemie prominent in Erscheinung.

Mythologische Deutungen

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4 Ōkuninushi von Kuniyoshi
Darstellung der mythologischen Gottheit Ōkuninushi.
Werk von Utagawa Kuniyoshi. Waseda University.

Bis hier her folgt die Geschichte des Ōkuninushi einem Muster, das aus vielen Märchen bekannt ist: der Held, der jüngste einer Reihe von Geschwistern, wird zahlreichen Gefahren und Demütigungen ausgesetzt, überwindet diese mit viel List und dank der Sympathie weiblicher Unterstützer und triumphiert schlussendlich über seine Peiniger. In der Art, wie er sich mehr durch Glück und Schläue als durch Stärke gegen seine Widersacher durchsetzt, kann er, ähnlich wie Susanoo, als Trickster-Figur angesehen werden.

Auch andere mythologische Deutungen sind möglich. Klaus Antoni [Antoni, Klaus (west.) 1953–; deutscher Japanologe und Kulturwissenschaftler an der Universität Tübingen] (1982) deutet etwa die Geschichte des wiederbelebten „Weißen (= nackten) Hasen von Inaba“ als Mythos vom abnehmenden und zunehmenden Mond. Mir geht es aber an dieser Stelle vor allem um den Stellenwert, den Ōkuninushi in den verschiedenen Schreinen, in denen er verehrt wurde, zugesprochen bekam.

In Ōkuninushis komplizierten Familienverhältnissen deutet sich an, dass eine ursprünglich eigenständige Erzählung aus Izumo über die Figur des Susanoo mit der Yamato-Mythologie verbunden wurde. Susanoos Kampf mit der Schlange und Ōkuninushis Kampf gegen seine Brüder gehörten ursprünglich wahrscheinlich ganz unterschiedlichen Erzählungen an. Auch der Akt der Weltenschöpfung in Kooperation mit Sukunabikona passt weder mit den Weltentstehungsmythen von Izanagi und Izanami noch mit der Vorgeschichte des Ōkuninushi wirklich zusammen. Im übrigen verzichtet das Nihon shoki weitgehend auf die Details dieser Geschichte. Die Episode der achtzig Brüder und des „Hasen von Inaba“ findet sich nur im Kojiki. Das Nihon shoki wiederum konzentriert sich mehr auf das Ende von Ōkuninushis Herrschaft, in Japan als kuniyuzuri [kuniyuzuri (jap.) 国譲り wtl. Landübergabe, Inbesitznahme des Landes (Japan) durch die Nachfahren des Sonnengeschlechts] („Übergabe des Landes“) bekannt. Aus dieser Perspektive vertritt Ōkuninushi all jene barbarischen „Götter der Erde“ (kuni-tsu-kami [kuni-tsu-kami (jap.) 国津神 Götter der Erde]), die durch die Herabkunft des himmlischen Enkels einer höheren Ordnung zugeführt werden sollen.

Yamato-Mythos

Unterwerfung des Ōkuninushi

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In der Logik kiki [kiki (jap.) 記紀 Sammelbezeichnung für KojiKI und Nihon shoKI (ki, Bericht, ist jeweils mit einem leicht abweichenden Zeichen geschrieben)] herrschen unter Ōkuninushi, trotz seiner schöpferischen Qualitäten, anarchistische Zustände, die sich unter anderem dadurch äußern, dass Felsen, Bäume und Gräser sprechen können und ununterbrochen durcheinanderquasseln. Die „Befriedung“ dieser unbotmäßigen Götter wird erst erreicht, als die himmlischen Götter (ama-tsu-kami [ama-tsu-kami (jap.) 天津神 Götter des Himmels; mytholog. Gottheiten]) Ōkuninushis Herrschaft auf Erden übernehmen.8

Ōkuninushis Abdankung ist Kojiki und Nihon shoki zufolge das Ergebnis diplomatischer Verhandlungen: Zwei Abgesandte des Himmels9 treffen Ōkunnishi am Strand von Inasa [Inasa (jap.) 伊那佐 Strand in der Bucht von Izumo; Ort des Aufeinandertreffens zwischen der mythologischen Gottheit Ōkuninushi und Gottheiten aus anderen Sphären], an den Gestaden von Izumo, stellen ihre Schwerter aufrecht auf die Wellenkämme und nehmen darauf Platz. Durch diese Demonstration ihrer überlegenen Fähigkeiten überzeugen sie Ōkuninushi und seinen Sohn und Thronfolger Kotoshiro-nushi [Kotoshiro-nushi (jap.) 事代主 mythol. Gottheit; Sohn und Thronfolger des Ōkuninushi; in etwa „Meister des Wortwissens“], dass es wohl das Klügste wäre, das Feld kampflos zu räumen. Zuvor handelt Ōkuninushi aber noch die Errichtung eines Palastes für sich aus, dessen Giebelhölzer (nach der Version des Kojiki) bis zum Himmel emporreichen. In diesen Palast, an dessen Stelle sich heute der Großschrein von Izumo [Izumo Taisha (jap.) 出雲大社 Großschrein von Izumo (Präfektur Shimane)] befindet, will er sich zurückziehen, um von nun an die „verborgenen Dinge“ zu leiten. Auch heißt es, dass er sich auf die „nicht hundert, sondern achtzig gewundenen Pfade“ (momo tarazu yaso kumade [momo tarazu yaso kumade (jap.) 百足らず八十隈路 wtl. „nicht hundert, sondern achtzig gewundenen Pfade“; Metapher für die Unterwelt]) begeben wird, möglicherweise eine Metapher für die Unterwelt. Damit verlässt Ōkuninushi zunächst einmal die Bühne der Geschichte. Ein paar aufmüpfige irdische Götter aus seinem Gefolge, u.a. die vorlauten Steine und Bäume, werden noch schnell unschädlich gemacht, dann steht dem triumphalen Einzug von Amaterasus Enkel Ninigi [Ninigi (jap.) 瓊瓊杵 mytholog. Gottheit, Enkel Amaterasus] nichts mehr im Wege.

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5 Der Strand von Inasa
Strand von Inasa, wo Ōkuninushi den Mythen zufolge zur Abdankung genötigt wurde. Am charakteristischen Felsen ist undeutlich ein Schrein-torii zu erkennen.
Kitayama Takeshi, flickr 2008.

Yamato und Izumo

Der mythologische Gegensatz von „irdischen“ und „himmlischen“ Gottheiten kann als Metapher für unterschiedliche Herrschaftsgebiete aufgefasst werden. Yamato [Yamato (jap.) 大和/倭 Kernland der Tennō-Dynastie in Zentraljapan (Präfektur Nara); archaischer Name für Japan], das Kernland der Tennō-Dynastie, wird demnach von den himmlischen Göttern (ama-tsu-kami) beherrscht, die anderen Territorien, allen voran Izumo, von den irdischen Göttern (kuni-tsu-kami). Die Schilderung von Ōkuninushis Abdankung repräsentiert somit den Prozess, im Zuge dessen sich die verschiedenen Lokalreiche der Oberhoheit Yamatos unterwarfen. Obwohl diese Ereignisse teilweise hinter rätselhaften Bildern und Ausdrücken verschleiert werden, fällt auf, dass Gewaltaspekte dabei soweit als möglich herunter gespielt werden. Ōkuninushi „zieht sich zurück“, ein himmlischer Gott (Ame no Hohi [Ame no Hohi (jap.) 天穂日 mythol. Himmelsgottheit, Sohn von Amaterasu und Susanoo])10 tritt in seinen „Dienst“, was aber wohl bedeutet, dass er als eine Art Regent die Herrschaft über Izumo übernimmt. Neuere archäologische Forschungen setzen diese Entwicklung relativ spät, nämlich erst im siebenten und achten Jahrhundert an (Piggott 1989). Tatsächlich dürfte die Entwicklung weitgehend friedlich verlaufen sein. Offenbar brachte erst die Union mit Yamato interne Rivalitäten in Izumo zum Erliegen und sicherte so den Yamato-treuen Lokalherrn eine größere Autorität über Izumo, wenn auch um den Preis, dass sie die Hegemonie Yamatos anerkannten.

Die neuen Lokalherren, die laut den Chroniken durch die „himmlischen Götter“ (= Yamato) eingesetzt wurden, sind im übrigen die Ahnen der späteren Priester von Izumo, die ihr Amt bis heute erblich weitergeben. Sie schmücken sich mit der Amtsbezeichnung kokuzō, ein Titel, der ursprünglich kuni no miyatsuko [kuni no miyatsuko (jap.) 国造 frühzeitlicher japanischer Titel, Provinzverwalter; spätere Lesung: kokuzō] ausgesprochen wurde und soviel wie „Gouverneur“ bedeutete. Dass dieses Priestergeschlecht sich tatsächlich aus einer frühen weltlichen Dynastie, nämlich dem Klan der Ou, entwickelte, gilt heute als historisch gesichert. Erst langsam wurde aus dem Palast von Izumo ein Schrein und aus den Landesherren ein ausschließlich auf religiöse Aufgaben beschränktes Priestergeschlecht. Diese Dynastie, die im Mittelalter den Namen Senge [Senge (jap.) 千家 Priestergeschlecht des Großschreins von Izumo] angenommen hat, ist somit historisch wie mythologisch mindestens ebenso alt wie die Tennō-Dynastie (der gegenwärtige Oberpriester ist das 84. Oberhaupt der Familie seit ihrer mythologischen Gründung). Obwohl ursprünglich von Yamato eingesetzt, gilt ihr religiöser Dienst den „irdischen Göttern“ und Ōkuninushi. Auf diese Weise ist bis heute die Erinnerung an ein kami-Pantheon lebendig, das nicht von den Vorfahren des Tennō regiert wurde. Nach „offizieller“ Lesart ist der Komplex Izumo-Ōkuninushi-Senge dem Komplex Ise-Amaterasu-Tennō hierarchisch untergeordnet. Dass diese offizielle Lesart aber selbst erst das Produkt einer wechselhaften Geschichte ist, die bis in historische Zeiten (also die Zeit der Abfassung der frühesten Schriftquellen) hineinreicht, zeigt die folgende Geschichte des Miwa Schreins.

Miwa Sagenkreis

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6 Berg Miwa
Der Berg Miwa gilt als der „Gottleib“ (shintai) des Ōmiwa Schreins. Davor steht das große torii, das heute den Zugang zum Schrein markiert.
Bildquelle: unbekannt.

Ōkuninushis Zweitwohnsitz

Als mächtige Gottheit außerhalb des ursprünglichen Herrschaftsgebietes von Yamato blieb Ōkuninushi wohl auch nach der Annexion Izumos ein Faktor der Unsicherheit für den frühen japanischen Staat. Dies würde jedenfalls erklären, warum man sich offenbar schon früh bemühte, Ōkuninushi eine Verehrungsstätte in Yamato zu errichten, nämlich den Schrein von (Ō)Miwa [Ōmiwa Jinja (jap.) 大神神社 Ōmiwa Schrein, auch Miwa Schrein, nahe Nara; einer der ältesten Schreine Japans]. Es ist dies das erste explizit für religiöse Zwecke vorbehaltene Gebäude, das in den mytho-historischen Chroniken Kojiki und Nihon shoki erwähnt wird (im Fall von Izumo bleibt offen, ob es sich um einen Palast für einen lebenden Herrscher oder um ein Gebäude für eine unsichtbare Gottheit handelt). Insofern lässt sich argumentieren, der Schrein von Miwa, der noch heute existiert und sich südlich der alten Hauptstadt Nara [Nara (jap.) 奈良 Hauptstadt und Sitz des Tennō, 710–784 (= Nara-Zeit); auch: Heijō-kyō] befindet, stelle den ältesten Schrein Japans dar. 11

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7 Zeremonienhalle (haiden) des Ōmiwa Schreins
Shime-torii vor der Zeremonienhalle des Miwa Jinja.
Horohoro, 2004.

Sujins religiöse Reformen

Die Chroniken verorten die Gründung des Miwa Schreins in der Regierungszeit Sujins [Sujin Tennō (jap.) 崇神天皇 97–30 v.u.Z. (mythol. Regierungszeit); 10. japanischer Kaiser], des 10. Tennō (mythol. Regierungszeit 97–30 v.u.Z.), die von heutigen Historikern in der Zeit um 300 u.Z. angesiedelt wird (Kidder 2007). Sujins Herrschaft ist anfänglich von einer schrecklichen Epidemie geprägt, welche die Hälfte der Bevölkerung hinwegrafft. Sujin vermutet die Ursache dieser Epidemie in der Kränkung einer Gottheit und unternimmt alle erdenklichen Versuche um herauszubekommen, um welche Gottheit es sich handelt. Schließlich offenbart sich ihm Ōmononushi [Ōmononushi (jap.) 大物主 Gottheit des Schreins von [Ō]Miwa] (also Ōkuninushi unter einem seiner Zweitnamen, s.o.) im Traum und verspricht, dass die Epidemie ein Ende haben werde, wenn der Tennō seinen Nachkommen, einen gewissen Ōtataneko [Ōtataneko (jap.) 大田田根子 Hohepriester und Ahnherr der Priester von Miwa] an seinen Hof riefe, um den Kult für Ōmononushi zu übernehmen. Besagter Ōtataneko wird in einer Nachbarprovinz tatsächlich gefunden. Als er in der Residenz des Tennō den Dienst für die Gottheit aufnimmt, endet die Epidemie wie vorhergesagt.

Ōtataneko gilt als der Ahnherr der Priester von Miwa (ein weiteres uraltes Priestergeschlecht). Es war also zu Sujins Zeiten notwendig, für die neuartige Gottheit einen männlichen Priester aus einer Nachbarprovinz einzubürgern. Ōmononushi alias Ōkuninushi wurde aber auch von einer Yamato-Priesterin betreut: Yamato Totohi Momoso-hime [Yamato Totohi Momoso-hime (jap.) 倭迹迹日百襲姫命 mythol. Priesterin des Ōmiwa Jinja; Gemahlin des Gottes Ōmononushi; auch Yamato Toto-hime] (kurz: Toto-hime), eine Tante des Tennō, die diesem als eine Art Priester-Shamanin zur Seite stand. Laut den Chroniken wird diese Priesterin mit Ōkuninushi „verheiratet“. (Man erinnere sich an die sagenhafte sexuelle Potenz dieses Gottes.) Die Ehe verläuft anfangs glücklich, doch leidet Toto-hime darunter, dass sie ihren Gatten untertags nicht sehen kann. Auf ihr Flehen verspricht Ōkuninushi, sich ihr in seiner wahren Gestalt zu offenbaren, wenn sie verspricht, nicht zu erschrecken. Sie willigt ein, worauf er sie anweist, am nächsten Morgen ihr Kammkästchen zu öffnen. Sie tut wie ihr geheißen und findet in ihrem Kammkästchen „eine hübsche weiße Schlange“, deren Anblick sie zu einem unwillkürlichen Schrei des Entsetzens nötigt. Ōkuninushi nimmt daraufhin menschliche Gestalt an und verkündet, dass er sich infolge dieser Beschämung auf den Berg Mimuro [Mimuro (jap.) 三室 anderer Name für Berg Miwa in der heutigen Präfektur Nara] (= Berg Miwa) zurückziehen wird.12 Toto-hime aber begeht Selbstmord, indem sie sich Essstäbchen in ihre Vagina sticht. 13 Sie erhält daraufhin ein mächtiges Hügelgrab namens Hashihaka [Hashihaka (jap.) 箸墓 wtl. Essstäbchen-Grab; Hügelgrab aus dem 4. Jh. nahe Berg Miwa] (das „Essstäbchen-Grab“), das heute noch in der Nähe von Berg Mimoro existiert. Dem Gott Ōmono-(bzw. Ōkuni-)nushi aber wird am Fuße dieses Berges besagter Schrein von Miwa errichtet.

Ōkuninushis Sitz in Miwa ist damit nach mythologischen Maßstäben älter als die erste Verehrungsstätte für Amaterasu. Erst eine Generation später, unter Suinin Tennō [Suinin Tennō (jap.) 垂仁天皇 11. kaiserl. Herrscher Japans, leg. Regiergungszeit 29 v.–70 n.u.Z.], wird die kaiserliche Prinzessin Yamato-hime [Yamato-hime (jap.) 倭姫(倭比売) Mytholog. Priesterin der Amaterasu, Tochter von Suinin Tennō] damit beauftragt, einen permanenten Wohnsitz (Schrein) für Amaterasu ausfindig zu machen und findet schließlich einen geeigneten Platz in Ise. Suinin hat (laut Kojiki) auch einen Sohn, der aufgrund eines Fluches des Gottes von Izumo stumm ist. Erst als dieser Sohn nach Izumo pilgert, wird der Fluch von ihm genommen und er spricht von einem Moment zum anderen. Als Dank lässt Suinin den heutigen Izumo Schrein für den Gott von Izumo errichten. Dieser Überlieferung zufolge gab es also vor Suinin weder in Ise noch in Izumo einen Schrein.

Hierogamie

Zwischen dem Ende von Ōkuninushis irdischer Herrschaft mit dem Zentrum in Izumo und der Errichtung eines Schreins für ihn, alias Ōmononushi, in Miwa liegen laut mythologischer Chronik dreizehn Herrschaftperioden von Nachkommen der Amaterasu: am Anfang steht Ninigi, der „himmlische Enkel“, auf den vier Generationen später Jinmu [Jinmu Tennō (jap.) 神武天皇 wtl. „göttlicher Krieger“; gemäß den japanischen Mythen der erste menschliche Herrscher (Tennō) Japans; eigentlicher Name: Kami Yamato Iware-hiko no Sumera Mikoto 神日本磐余彦天皇 (Nihon shoki)], der erste „menschliche Herrscher“, und weitere Tennō folgen. Ōkuninushi/Ōmononushi treibt sich in dieser Zeitspanne offenbar in unsichtbarer Form weiter auf Erden umher und zeugt gelegentlich immer noch Nachkommen. So zählt auch die Hauptfrau des Jinmu Tennō, also die „erste Kaiserin“ Japans, zu den Töchtern Ōkuninushis. Ōkuninushi soll ihre Mutter laut Kojiki in Form eines roten Pfeils geschwängert haben und zwar als diese in einem Bach ihren Darm entleerte. Auch die Mutter des Ōtataneko (des ersten Miwa-Priesters) soll dem Kojiki zufolge nächtens von einem Unbekannten geschwängert worden sein, der schließlich als der Gott von Miwa identifiziert wird (Philippi 1969, ch. 66). Wir begegnen also in den Legenden des Ōkuninushi mehrfach dem Motiv der Hierogamie, also der Heirat zwischen Gottheit (in der phallischen Gestalt eines Pfeils oder einer Schlange) und Priesterin. Viele japanische Volkskundler erblicken in dieser Hierogamie eine Form des frühen weiblichen Shamanismus in Japan.

Sake

Die Identität des „Großen Herren der Dinge/Geister“ (Ōmononushi) von Miwa und des „Großen Landesherren“ (Ōkuninushi) von Izumo erscheint aufgrund widersprüchlicher Berichte in Kojiki und Nihon shoki mitunter fraglich und wird, wie oben erwähnt, bisweilen in Zweifel gezogen (obwohl sie von den heutigen Schreinen durchaus anerkannt wird). Wie Klaus Antoni gezeigt hat, gibt es jedoch noch ein weiteres Bindeglied zwischen Izumo und Miwa, nämlich die Produktion von alkoholischen Getränken (Sake [Sake (jap.) Reiswein]). Heute wird vor allem Miwa [Miwa (jap.) 三輪 Ort im südl. Nara-Becken; wtl. „drei Ringe“; Kurzbez. für den Ōmiwa Jinja] (neben den Schreinen Matsunoo [Matsunoo Taisha (jap.) 松尾大社 Matsunoo Schrein (auch: Matsuo Schrein), Kyōto; Hauptgottheiten: Ōyamakui und Nakatsushima-hime] und Umenomiwa) mit Sake assoziiert und stellt eine Art Schutzschrein der japanischen Sake-Brauer dar. Das Wort miwa [miwa (jap.) 神酒 altertümliche Bezeichnung für Sake, der den Göttern geopfert wird] selbst ist — mit anderen Zeichen als der Schrein geschrieben — laut Klaus Antoni (1988, S. 76) eine respektvolle altertümliche Bezeichnung für Alkohol. Gleichzeitig macht Antoni darauf aufmerksam, dass die früheste Erwähnung von Sake in den Mythen in der Izumo-Mythe von Susanoos Kampf mit der Schlange zu finden ist: Susanoo macht die Schlange mit Hilfe von Sake betrunken, und kann sie dadurch gefahrlos töten. Für Antoni ist daher der „Heilige Trank“ ein weiteres Indiz für die Verbindung zwischen Miwa und Izumo.

Berg Miwa und die Schlange

Die Gottheit von Miwa wurde in späterer Zeit meist schlicht als Miwa Daimyōjin [Daimyōjin (jap.) 大明神 kami-Titel, wtl. Große Leuchtende Gottheit] (Große Gottheit von Miwa) bezeichnet. Als shintai [shintai (jap.) 神体 heiliges Objekt eines Shintō-Schreins; wtl. „Gottkörper“] (Wohnort der Gottheit, Verehrungsgegenstand) des Miwa Schreins gilt bis heute der Berg, in den sich der beschämte Ōkuninushi zurück gezogen haben soll. Darüber hinaus wird die Gottheit sowohl in den Mythen als auch in heutigen Schreinlegenden und Riten als reale Schlange gedacht. Offenbar gibt es tatsächlich besonders viele Schlangen auf und rund um den Berg, die auch heute noch regelmäßig zu bestimmten rituellen Anlässen mit rohen Eiern verköstigt werden. Sie gelten dabei als die Gottheit selbst.

Ōkuninushi als Daikoku

Ōkuninushi, Hie und Daikoku

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Schreine für Ōkuninushi

Zu Izumo und Miwa trat in späterer Zeit eine weitere Kultstätte des Ōkuninushi am Biwa-See [Biwa-ko (jap.) 琵琶湖 Biwa-See; größter Süßwassersee Japans mit 3174 km², in der Präfektur Shiga gelegen; sein Name rührt der Legende nach von seiner Form her, die einer biwa — einer japanischen Laute — gleicht], östlich von Kyōto hinzu. Es handelt sich um den Hie [Hie Taisha (jap.) 日吉大社 Schutzschrein des Tendai-Tempelkomplexes von Berg Hiei bei Kyōto; auch bekannt als Hiyoshi Taisha oder Sannō Schrein] (=Hiyoshi) Schrein, dessen ursprüngliche Gottheit Ōyamakui [Ōyamakui (jap.) 大山咋神 mythologische Berggottheit, in den Schreinen Hie Taisha (Hiyoshi) und Matsunoo Taisha verehrt; wtl. „Großer Berg-Pfahl“] bereits im Kojiki flüchtig erwähnt wird.14 Ōkuninushi (hier: Ōnamuji) gesellte sich wahrscheinlich unter Tenji Tennō [Tenji Tennō (jap.) 天智天皇 626–672; 38. Kaiser Japans; (r. 661–672); Eigenname: Naka-no-Ōe] (r. 661–671) zu dieser Gottheit hinzu. Tenji errichtete nämlich seinen Palast am Südufer des Biwa Sees. Es wird angenommen, dass er bei dieser Gelegenheit den Gott von Miwa als Schutzgott der Tennō-Residenz aus der Yamato-Region mitbrachte und im Hie Schrein einsetzte.

Über hundert Jahre danach, im Jahr 788, gründete Saichō [Saichō (jap.) 最澄 767–822; Gründer des Tendai-Buddhismus; auch bekannt als Dengyō Daishi] (767–822), der spätere Begründer des Tendai [Tendai-shū (jap.) 天台宗 Tendai-Schule, chin. Tiantai] Buddhismus, auf dem Berg hinter dem Hie Schrein einen Tempel namens Enryaku-ji [Enryaku-ji (jap.) 延暦寺 Haupttempel des Hiei Klosterbergs]. Für Saichō war der Ort von besonderer Bedeutung, denn er wurde hier geboren, und zwar erst nachdem sein Vater lange und inbrünstig zu den Göttern des Hie Schreins gebetet hatte. Darüber hinaus war aber wohl weder der Berg, der von Saichō (in Ableitung des Schrein-Namens) Hiei genannt wurde, noch der Schrein selbst überregional bekannt. Auch Saichō war zunächst nicht mehr als ein eigenwilliger Asket, der sich mit einer Handvoll Gleichgesinnter zwölf Jahre lang in die Einsamkeit seines Heimatberges zurückzog. Im Jahr 794 wurde die gesamte Region jedoch erneut zum politischen Zentrum des Landes, als Kanmu Tennō [Kanmu Tennō (jap.) 桓武天皇 737–806; 50. japanischer Tennō; (r. 781–806); verantwortlich für Verlegung der Hauptstadt nach Heian (Kyōto)] im Flussbecken südwestlich von Berg Hiei seine neue Hauptstadt Heian-kyō [Heian (jap.) 平安 auch Heian-kyō 平安京, „Stadt des Friedens“; politisches Zentrum 794–1185 (= Heian-Zeit)] errichten ließ: das heutige Kyōto. Aus Sicht dieser neuen Hauptstadt war Saichōs Kloster nicht nur die nächste buddhistische Institution, es befand sich noch dazu im Nordosten und bewachte somit das „Dämonentor“ (kimon [kimon (jap.) 鬼門 „Dämonentor“, Nord-Osten; nach alter Vorstellung die Richtung, aus der die Dämonen kommen]), aus dem den chinesischen und japanischen Geomantikern zufolge alle unheilvollen Einflüsse kommen. Damit erhielt Saichō plötzlich die ganze Aufmerksamkeit des Kaisers: er stieg rasch zu den höchsten buddhistischen Ämtern auf, wurde im Jahr 804 nach China entsandt und kam von dort mit den Weihen der Tiantai (= Tendai [Tendai-shū (jap.) 天台宗 Tendai-Schule, chin. Tiantai]) Schule wieder. Der Klosterberg Hiei entwickelte sich unter Saichōs Nachfolgern mehr und mehr zur mächtigsten buddhistischen Institution des Landes.

Mit dem expandierenden Kloster wuchs auch der Schrein zu einem riesigen Komplex von Einzelschreinen heran. Neben Ōyamakui und Ōkuninushi gesellten sich weitere fünf Hauptgottheiten hinzu, die der Buddhismus aus China und Indien mitgebracht hatte. Gemäß dem Vorbild des Tientai Klosters in China, stülpte Saichō außerdem eine Art Super-Gottheit über alle in dem Schreinkomplex vorhandenen Einzelgötter und nannte sie Sannō [Sannō (jap.) 山王 Wtl. „Bergkönig“; Schutzgott des Tendai-Klosters auf Berg Hiei], „König des Berges“. Die beiden lokalen Gottheiten Ōyamakui und Ōkuninushi fungieren jedoch bis heute als Stamm-Schreine (hongū [hongū (jap.) 本宮 Stamm-Schrein, Hauptschrein; ältester bzw. prestigereichster Shintō-Schrein eines Schrein-Netzwerks]) des Komplexes. Indirekt übernahm so der Gott von Izumo/Miwa ein weiteres Mal die Schutzfunktion für die japanische Hauptstadt, auch wenn seine Rolle im Hie-Sannō Schreinkomplex kaum noch etwas mit Ōkuninushi in Izumo gemein hatte.

Saichōs Daikoku

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8 Japans ältester Daikoku
Dies ist die angeblich älteste Darstellung des japanischen Daikoku aus einem Tendai-Tempel in der Umgebung von Saichōs Klosterberg Hiei. Die Rüstung und vor allem die langen Ohren offenbaren einen starken Einfluss der buddhistischen Ikonographie. Dennoch verleihen die Mütze und die gedrungene Statur diesem Daikoku eine gewisse Bodenständigkeit. Die Figur ist ein ichiboku-zukuri, d.h. sie ist aus einem einzigen Holzblock herausgearbeitet. Das Motiv einer Figur, die im sogenannten „halben Lotossitz“ auf einem Felsen sitzt, erinnert an  Kannon oder Benzai-ten, die dann jeweils auf ihrer eigenen Insel dargestellt sind. Im Falle Daikokus ist das Motiv jedoch äußerst selten und praktisch nur auf Tendai-Tempel beschränkt. (Iyanaga 2002, S. 300.)
Heian-Zeit. Shinbutsu imasu Ōmi.

Die Verbindungen zwischen Ōkuninushi und dem Buddhismus gehen aber noch weiter. Eine Legende weiß zu berichten, dass Saichō, als er noch unschlüssig war, welchen einheimischen Gott er als Beschützer seines Klosters auswählen sollte, die Provinz Yamato bereiste und so nach Miwa kam. Nachdem er zu Miwa Daimyōjin (Ōkuninushi) gebetet hatte, offenbarte sich ihm dieser „in der Gestalt des Daikoku Tenshin“ und willigte ein, ihn zu begleiten. Er gab ihm auch ein Stück Holz, aus dem Saichō das erste Abbild des Daikoku [Daikoku (jap.) 大黒 Gott des Reichtums und Stellvertreter der Sieben Glücksgötter (Shichi Fukujin); skt. Mahakala = „Großer Schwarzer“; auch Daikoku-ten] herstellte.15 Saichō wäre demnach der Urheber des populären Glücksgottes Daikoku und seiner Identifizierung mit Ōkuninushi. Die Statue soll im übrigen heute noch existieren, ist aber nicht im Hie Schrein, sondern in der Daikoku Halle auf Berg Hiei aufgestellt. Diese Halle diente dem Kloster ehemals als Verwaltungsgebäude (mandokoro [mandokoro (jap.) 政所 Verwaltungsgebäude; später wurde der Name für die Verwaltungsabteilung des Shōgunats entlehnt]).

Der Umstand, dass Daikoku nicht im Hie Schrein selbst, sondern im buddhistischen Klosterkomplex verehrt wurde, sowie die Tatsache, dass die früheste Quelle dieser Legende, das Miwa Daimyōjin engi [Miwa Daimyōjin engi (jap.) 三輪大明神縁起 Chronik vom Ursprung der Gottheit Miwa Daimyōjin, verfasst 1318] (Chronik vom Ursprung des Miwa Daimyōjin), erst lange Zeit nach Saichō (1318) verfasst wurde, lassen Zweifel an einer tatsächlichen Identifikation von Ōkuninushi und Daikoku zu Lebzeiten Saichōs aufkommen. Es steht jedoch fest, dass Daikoku zunächst als Gottheit der Tempelküche innerhalb buddhistischer Klöster an Bedeutung gewann und im Zuge dessen irgendwann einmal auch mit Ōkuninushi in Verbindung gebracht wurde. Über die weiteren Verzweigungen der Gestalt des Daikoku und seine Verbindungen zu der esoterischen Gottheit Mahakala [Mahākāla (skt.) महाकाल „Großer Schwarzer“, esoterische Gottheit (jap. Makakara 摩訶迦羅 oder Daikoku 大黒)] ist auf der Spezialseite „Daikoku“ Genaueres nachzulesen.

Ōkuninushi als Daikoku im Kanda Schrein

Kanda daikoku.jpg
9 Rezente Daikoku Statue
Rezente Skulptur des Daikoku auf dem Gelände des Kanda Schreins.
20. Jh. Bildquelle: Ikeada Katsumi, 2014, über Internet Archive.
Kanda Schrein

Der Kanda Schrein [Kanda Jinja (jap.) 神田神社 Kanda Schrein, einer der bekanntesten Schreine in Tōkyō] in Tōkyō war in der Edo [Edo (jap.) 江戸 Hauptstadt der Tokugawa-Shōgune, heute: Tōkyō; auch: Zeit der Tokugawa-Dynastie, 1600–1867 (= Edo-Zeit);]-Zeit der wahrscheinlich populärste Schrein von Edo, das damals das politische Zentrum des Landes und mit etwa einer Million Einwohnern eine der bevölkerungsreichsten Metropolen weltweit war. Der Schrein verdankte seine Beliebtheit vor allem seinem spektakulären matsuri [matsuri (jap.) religiöses (Volks-)Fest], das heute noch eines der größten religiösen Events in Tōkyō darstellt. Laut Schreinlegende geht die Gründung des Schreins auf das Jahr 730 zurück, als Emigranten aus Izumo in der damals noch ländlichen Kantō-Region einen Zweigschrein für ihren Ahnengott Ōkuninushi errichteten. Zu überregionaler Bedeutung gelangte der Schrein, als im Jahr 1309 der zürnende Rachegeist des Taira no Masakado [Taira no Masakado (jap.) 平将門 Heian-zeitlicher Rebel, ?–940] (?–940) einen Sitz in diesem Schrein erhielt und dadurch friedlich gestimmt wurde.16 Taira no Masakado war ein Heian [Heian (jap.) 平安 auch Heian-kyō 平安京, „Stadt des Friedens“; politisches Zentrum 794–1185 (= Heian-Zeit)]-zeitlicher Rebell der Kantō-Region gewesen, dessen Ungehorsam gegenüber der Zentralregierung gewaltsam niedergeschlagen wurde. Obwohl in den offiziellen Geschichtsquellen negativ dargestellt, galt er in der Kantō-Region doch auch als Held und Vorreiter der späteren Samurai (bushi [bushi (jap.) 武士 Krieger, Samurai]) Herrschaft. Dem entsprechend wurde der Schrein auch von den in der Kantō-Region ansässigen Samurai wohlwollend gefördert.

1590 verlegte der „Reichseiniger“ Tokugawa Ieyasu [Tokugawa Ieyasu (jap.) 徳川家康 1543–1616; Begründer des Tokugawa Shogunats; Reichseiniger] (1543–1616) seine Residenz nach Edo, ein anfangs unbedeutendes Fischerdorf in der Gegend des Kanda Schreins. 1616 ließ Ieyasus Sohn, Shōgun Tokugawa Hidetada [Tokugawa Hidetada (jap.) 徳川秀忠 1579–16323; r. 1605–1623; zweiter Shōgun der Tokugawa-Dynastie], den Kanda Schrein in den Nordosten der neu errichteten Burg von Edo (heute der Kaiserpalast in Tōkyō) verlegen. Ob Hidetada damit bewusst einem geschichtlichen Vorbild folgte, ist mir nicht bekannt, auf jeden Fall kam Ōkuninushi so ein weiteres Mal in die Lage, das „Dämonentor“ einer Hauptstadt zu bewachen. Die beiden kami, Ōkuninushi und Masakado, wurden in Edo vor allem unter dem gemeinsamen Namen Kanda Myōjin [Kanda Myōjin (jap.) 神田明神 Generelle Bezeichnung für die Gottheiten des Kanda Schreins in Tōkyō bzw. Bezeichnung für den Schrein selbst] verehrt. Auf populärer Ebene wurde Ōkuninushi jedoch auch in Gestalt des Glücksgottes Daikoku wahrgenommen. Kanda Myōjin war also in gewisser Weise auch Daikoku und ist es bis heute geblieben.

Als aus Edo Tōkyō wurde und die Burg der Tokugawa Shōgune [Shōgun (jap.) 将軍 Shōgun; Titel der Militärherrscher aus dem Kriegeradel (bushi, Samurai)] in den neuen Palast des Meiji Tennō [Meiji Tennō (jap.) 明治天皇 1852–1912; 122. japanischer Kaiser (r. 1867–1912); Namensgeber und politische Symbolfigur der Meiji-Zeit; Eigenname: Mutsuhito] umfunktioniert wurde (1868), war der einstige Rebell Taira no Masakado keine opportune Gottheit mehr. Er wurde kurzerhand aus dem Kanda Schrein entfernt und durch die Gottheit Sukunabikona [Sukunabikona (jap.) 少名毘古那 winzige Gottheit, Gefährte oder alter ego von Ōkuninushi, auch: Sukunahikona], Okuninushis alter ego aus der Izumo Legende, ersetzt. Da Sukunabikona aber der Allgemeinheit nicht bekannt war, erhielt er das Aussehen des Ebisu [Ebisu (jap.) 恵比寿 Glücksgott der Händler und Fischer; andere Schreibung: 夷 oder 戎; Grundbedeutung wahrscheinlich „Fremder“ oder „Barbar“], der im Ensemble der sieben Glücksgötter zumeist Hand in Hand mit Daikoku auftritt. Heute ist Taira no Masakado rehabilitiert und der Kanda Schrein beherbergt somit drei Gottheiten: Ōkuninushi, Sukunabikona und Taira no Masakado. Nach außen hin sichtbar ist jedoch vor allem Daikoku, dem eine große Statue errichtet wurde (s. Abb.) und der im Kanda Schrein als „Gott der guten [Ehe-]Beziehungen“ (enmusubi no kami [enmusubi no kami (jap.) 縁結びの神 wtl. „Gottheit, die Verbindungen knüpft“; Gottheit für Verliebte, japanischer Amor]) apostrophiert wird, um möglichst viele heiratswillige Paare anzulocken. 17

An dieser Stelle sei nur noch angemerkt, dass Daikoku und Ebisu auch in anderen Schreinen gemeinsam auftreten, wobei Ebisu mitunter auch auf Kotoshironushi, den Sohn und Thronfolger Ōkuninushis aus der Episode seiner Abdankung zurückgeführt wird. Es ist durchaus wahrscheinlich, dass es sich auch in diesen Fällen um „invented traditions“ aus der Meiji-Zeit handelt, dass also zusammen mit dem Tennō mythologische Götter für die Schreinkulte der Meiji-Zeit reaktiviert wurden, auch wenn sie ursprünglich gar nichts mit ihren neuen Schrein-Wohnorten zu tun hatten.

Zusammenfassung

Die Vielzahl von Erscheinungsformen des Ōkuninushi sind in der japanischen Religionsgeschichte keineswegs einzigartig, Ōkuninushi kann vielmehr als beispielhaft für die Flexibilität japanischer kami-Identitäten angesehen werden. Was ihn darüber hinaus aber besonders interessant macht, ist die Tatsache, dass er immer wieder — wenn auch unter verschiedenen Bezeichnungen — an der Schwelle großer politisch-religiöser Einschnitte auftaucht, um als Schutzgott des politischen Zentrums zu fungieren.

Die Geschichte von Ōkuninushis Abdankung zugunsten des „himmlischen Enkels“ ist zweifellos die heute bekannteste Episode in der Biographie dieses Gottes, mindest ebenso interessant ist aber die Gründung des Miwa Schreins, die in vieler Hinsicht als die Grundsteinlegung einer völlig neuartigen Form von Religion erscheint. Der Tennō, der zunächst den Kult für seine göttlichen Ahnen in eigener Person leitet, fühlt sich angesichts einer landesweiten Katastrophe schuldig und verunsichert, weil er die Ursache des Unglücks in einer Fehlhandlung bei der Ausübung seiner religiösen Pflichten sieht. Er überantwortet die Götter (= seine Priesterrolle) bestimmten Spezialisten und verlagert ihren „Wohnort“ an separate Orte außerhalb des kaiserlichen Palastes. Auf diese Weise entstehen die ersten Schreine. Manche Forscher erkennen in dieser Episode auch den Übergang von einer weiblich dominierten religösen Praxis zu einer männlich-patriarchalischen (Elwood 1990). Zwar spielt auch in dieser Episode eine Shamanen-Priesterin — eine Tante des Sujin, die mehrfach als enge Beraterin auftritt — eine wichtige Rolle, doch ihre Hierogamie mit Ōkuninushi scheitert. Letztlich gelingt es nur dem männlichen Priester aus dem Geschlecht Ōkuninushis, die leicht erregbare Gottheit zu beschwichtigen und damit den Katastrophen ein Ende zu bereiten.

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die hier nur am Rande erwähnte „Auslagerung“ Amaterasus in das weitab der Yamato-Region gelegene Ise. Unter den folgenden Tennō bleibt die mächtige „irdische Gottheit“ Ōkuninushi wichtiger als die „himmlische Gottheit“ Amaterasu. Jonathan Edward Kidder [Kidder, Jonathan Edward (west.) 1922–2014; Japanologe und Archäologe an der International Christian University, Tōkyō] mutmaßt, dass Amaterasu erst unter Tenmu Tennō [Tenmu Tennō (jap.) 天武天皇 631?–686; 40. japanischer Kaiser; (r. 673–686)] (r. 672–86) und die auf ihn folgende Kaiserin Jitō Tennō [Jitō Tennō (jap.) 持統天皇 645–703, r. 686–697; 41. japanische Kaiserin] (r. 690–97) ihr klassisches Profil als wichtigste Ahnengottheit der kaiserlichen Dynastie erhält. 18 Während die „Kapitel des Götterzeitalters“ von Kojiki (712) und Nihon shoki (720) dieser neuen Bedeutung Amaterasus entsprechend ausgestaltet werden, verabsäumen es die Chroniken, auch die zeitlich näheren Kapitel der neuen Ideologie anzugleichen und offenbaren somit eine Diskontinuität in der Verehrung der Sonnengottheit (Kidder 2007).

In jedem Fall geht die Aufwertung der Ise Schreine mit einer Abwertung von Ōkuninushis Schreinen in Izumo und Miwa einher. Ōkuninushi findet jedoch auf dem Umweg über den Buddhismus zu einer neuen Identität, um sich schließlich erneut als Glücksgott Daikoku im religiösen Pantheon Japans zu behaupten. Zugleich scheint es, als ob er seine Rolle als Beschützer des politischen Zentrums (Hüter des „Dämonentores“), die er unter Sujin erstmals übertragen bekommt, auf stille, unspektakuläre Weise auch in Kyōto und Edo wahrnimmt.

Verweise

Fußnoten

  1. Vovin 2018, S. 86
  2. Mono, „Ding“, in Ōmononushi könnte auch auch die Bedeutungen „Person“, „Wesen“, „Geist“ besitzen (→ mono no ke, bake-mono „Gespenst“).
  3. Laut der Hauptvariante des Nihon shoki sein Sohn, laut Kojiki und den Nebenvarianten des Nihon shoki ein Nachfahre des Susanoo in der fünften oder sechsten Generation.
  4. Diese Geschichte hat sich als Märchen verselbständigt und ist heute in Japan die bekannteste Erzählung von Ōkuninushi.
  5. suku = "klein", biko/hiko = "Prinz"
  6. Diese Tat wird genau genommen einem Gott namens Omizunu zugeschrieben.
  7. Auch von den Gelehrten der kokugaku, die sich im 18. und 19. Jahrhundert der Exegese japanischer Mythen widmeten, wird die Heilkraft des Götterpaares aus Izumo besonders hervorgehoben.
  8. Noch in den Gebetstexten (norito) der Engishiki (10. Jh.) wird dieser Umstand mehrfach betont: „They silenced to the last leaf/The rocks and stumps of the trees/ Which had been able to speak...“ (Philippi 1990, S. 41, 45, 69.)
  9. Es handelt sich um die „Schwertgottheiten“ Takemikazuchi und Futsunushi, die in jener mythologischen Episode entstehen, als Göttervater Izanagi das Feuerkind, an welchem die Göttermutter stirbt, in Stücke schlägt. Takemikazuchi und Futsunushi sind demnach das Produkt von Izanagis Schwert und dem „Blut“ des Feuers. Sie wurden später als Hauptgottheiten der mächtigen Adelsfamilie Fujiwara in deren Ahnenschrein Kasuga Taisha installiert.
  10. Dieser Gott entstammt ursprünglich einem eigentümlichen Wettstreit zwischen Amaterasu und Susanoo, bei dem Amaterasu Susanoos Schwert und Susanoo Amaterasus Edelsteine zerkaute. Ame-no-Hohi entstand zusammen mit vier weiteren Brüdern aus den zerkauten Edelsteinen. Der älteste Bruder ist der Vater des Ninigi. Ame-no-Hohi ist also ein Onkel des neuen Machthabers auf Erden.
  11. In einer der oben der erwähnten Sukunabikona Episoden des Nihon shoki wird Miwa als „Wohnort“ des Sukunabikona bereits vor dem Izumo Schrein genannt.
  12. Dieses bekannte Motiv findet sich im japanischen Mythos mehrfach (s. z.B. Izanagi und Izanami oder Hiko-Hohodemi und die Drachenprinzessin Toyotama-hime), wobei stets „Scham“ für die Entfremdung der Liebenden verantwortlich gemacht wird.
  13. Eine nüchterne Interpretation könnte hier eine misslungene Abtreibung erkennen, doch findet man dieses Motiv auch im „Zeitalter der Götter“: Als Susanoo das gehäutete Pferd in die Webehalle der Amaterasu wirft, erschrickt laut einer Version eine Weberin, sticht sich die Spindel in die Scham und stirbt daran.
  14. Philippi 1969, S. 47.
  15. Iyanaga 2002, S. 547–48.
  16. Der Kanda Schrein kam bereits kurz nach Masakado's Tod mit diesem in Berührung, da der Kopf des Enthaupteten in der Nähe des Schreins beigesetzt wurde. Zur Errichtung einer eigenen Schreinhalle kam es allerdings erst, nachdem eine Epidemie in den Jahren 1303–1306 dem Totengeist Masakados zugeschrieben wurde. Als diese sich endlich legte, wurde der Kanda Schrein renoviert und um eine Schreinhalle für Masakado erweitert. (Shintō jiten 1994, S. 627)
  17. Die Rolle eines „Gottes der guten Beziehungen“, die angesichts der vielen Heiraten des Ōkuninushi eigentlich als zweifelhaftes Omen für eine gute Ehe angesehen werden muss, hat Ōkuninushi/ Daikoku im übrigen auch im Jishu Schrein in Kyōto, wo er als Gott der Verliebten verehrt wird. (s. Abb. oben)
  18. Die Installierung der klassische Hofaristokratie inklusive der Errichtung einer permanenten Hauptstadt und der Abfassung einer kaiserlichen Chronik/Mythologie wird heute als Werk der sog. Tenmu Dynastie angesehen, die von Tenmu Tennō 672 begonnen und von Kanmu Tennō (r. 781–806), einem Nachfahren von Tenmus Bruder Tenji, abgelöst wurde. S. dazu Ooms 2008.

Literatur

Siehe auch Literaturliste

Klaus Antoni, Der weiße Hase von Inaba: Vom Mythos zum Märchen. Analyse eines japanischen "Mythos der ewigen Wiederkehr" vor dem Hintergrund altchinesischen und zirkumpazifischen Denkens. Wiesbaden: Steiner, 1982. (Online.)
Klaus Antoni, Miwa - Der Heilige Trank: Zur Geschichte und religiösen Bedeutung des alkoholischen Getränkes (sake) in Japan. Wiesbaden: Steiner, 1988. (Online.)
Michiko Aoki, „Records of the Customs and Land of Izumo“. In: George Tanabe und Willa Jane Tanabe (Hg.), Religions of Japan in Practice. Princeton: Princeton University Press, 1999, 113–116. [Kurze Einführung und Teilübersetzung des Izumo fudoki.]
William George Aston (Ü.), Nihongi: Chronicles of Japan from the Earliest Times to A.D. 697. Rutland, Vt: Tuttle, 1972. (Online.) [Erste Ausgabe: London 1896.]
Robert Ellwood, „The Sujin Religious Revolution“. Japanese Journal of Religious Studies 17/2–3 (1990), 199–217. (Online.)
Iyanaga Nobumi, Daikoku-ten hensō. Tokyo: Hōzōkan, 2002. (Online.) [Engl. Titel: Variations on the Theme of Mahākāla.]
Herman Ooms, Imperial Politics and Symbolism in Ancient Japan: The Tenmu Dynasty, 650–800. Honolulu: University of Hawaii Press, 2008.
Donald Philippi (Ü.), Kojiki: Translated with an Introduction and Notes. Tokyo: University of Tokyo Press, 1977. [1. Aufl. 1968.]
Donald Philippi (Ü.), Norito: A Translation of the Ancient Japanese Ritual Prayers. Princeton: Princeton University Press, 1990. [Eingeleitet von Joseph M. Kitagawa. Erste Ausgabe 1959.]
Sonoda Minoru, „The traditional festival in urban society“. Japanese Journal of Religious Studies 2/2–3 (1974), 103–36. (Online.)
Informationen zum Kanda Schrein.
Alexander Vovin, „On the etymology of the name of Mt. Fuji“. In: Willian McCure, Alexander Vovin (Hg.), Studies in Japanese and Korean Historical and Theoretical Linguistics and Beyond: Festschrift to John B. Whitman. Leiden: Brill, 2018, 80–89. (Online.)

Bilder

Quellen und Erläuterungen zu den Bildern auf dieser Seite

  1. ^ 
    Okuninushi hokusai.jpg
    Ōkuninushi heilt den Hasen von Inaba, dem Meeresungeheuer (wani) das Fell abgezogen haben. Hokusai interpretiert Ōkuninushi als Daikoku und die wani als Krokodile.
    Werk von Katsushika Hokusai (1760–1849). Edo-Zeit. Museum of Fine Arts, Boston.
  2. ^ 
    Inaba shirousagi jishujinja.jpg
    Diese Skulptur aus dem 20. Jh. befindet sich im Jishu Schrein, wo Ōkuninushi als Gott der Verliebten gefeiert wird.
    20.Jh. Bildquelle: Jack Lin, Picasa 2006.
  3. ^ 
    Okuninushi sukunabikona kuniyoshi.jpg
    Ōkuninushi und Sukuna Bikona.
    Werk von Utagawa Kuniyoshi. Waseda University.
  4. ^ 
    Okuninushi kuniyoshi.jpg
    Darstellung der mythologischen Gottheit Ōkuninushi.
    Werk von Utagawa Kuniyoshi. Waseda University.
  5. ^ 
    Inasa2.jpg
    Strand von Inasa, wo Ōkuninushi den Mythen zufolge zur Abdankung genötigt wurde. Am charakteristischen Felsen ist undeutlich ein Schrein-torii zu erkennen.
    Kitayama Takeshi, flickr 2008.
  1. ^ 
    Miwayama.jpg
    Der Berg Miwa gilt als der „Gottleib“ (shintai) des Ōmiwa Schreins. Davor steht das große torii, das heute den Zugang zum Schrein markiert.
    Bildquelle: unbekannt.
  2. ^ 
    Omiwa.jpg
    Shime-torii vor der Zeremonienhalle des Miwa Jinja.
    Horohoro, 2004.
  3. ^ 
    Daikoku kongorinji.jpg
    Dies ist die angeblich älteste Darstellung des japanischen Daikoku aus einem Tendai-Tempel in der Umgebung von Saichōs Klosterberg Hiei. Die Rüstung und vor allem die langen Ohren offenbaren einen starken Einfluss der buddhistischen Ikonographie. Dennoch verleihen die Mütze und die gedrungene Statur diesem Daikoku eine gewisse Bodenständigkeit. Die Figur ist ein ichiboku-zukuri, d.h. sie ist aus einem einzigen Holzblock herausgearbeitet.

    Das Motiv einer Figur, die im sogenannten „halben Lotossitz“ auf einem Felsen sitzt, erinnert an  Kannon oder Benzai-ten, die dann jeweils auf ihrer eigenen Insel dargestellt sind. Im Falle Daikokus ist das Motiv jedoch äußerst selten und praktisch nur auf Tendai-Tempel beschränkt. (Iyanaga 2002, S. 300.)
    Heian-Zeit. Shinbutsu imasu Ōmi.

  4. ^ 
    Kanda daikoku.jpg
    Rezente Skulptur des Daikoku auf dem Gelände des Kanda Schreins.
    20. Jh. Bildquelle: Ikeada Katsumi, 2014, über Internet Archive.

Glossar

Namen und Fachbegriffe auf dieser Seite

  • Amaterasu 天照 ^ Sonnengottheit; Ahnherrin des Tennō-Geschlechts; Hauptgottheit von Ise
  • ama-tsu-kami 天津神 ^ Götter des Himmels; mytholog. Gottheiten
  • Ame no Hohi 天穂日 ^ mythol. Himmelsgottheit, Sohn von Amaterasu und Susanoo
  • Antoni, Klaus (west.) ^ 1953–; deutscher Japanologe und Kulturwissenschaftler an der Universität Tübingen
  • Biwa-ko 琵琶湖 ^ Biwa-See; größter Süßwassersee Japans mit 3174 km², in der Präfektur Shiga gelegen; sein Name rührt der Legende nach von seiner Form her, die einer biwa — einer japanischen Laute — gleicht
  • Buddha (skt.) बुद्ध ^ „Der Erleuchtete“ (jap. butsu, hotoke 仏 oder Budda 仏陀)
  • bushi 武士 ^ Krieger, Samurai
  • Daikoku 大黒 ^ Gott des Reichtums und Stellvertreter der Sieben Glücksgötter (Shichi Fukujin); skt. Mahakala = „Großer Schwarzer“; auch Daikoku-ten
  • Daimyōjin 大明神 ^ kami-Titel, wtl. Große Leuchtende Gottheit
  • Ebisu 恵比寿 ^ Glücksgott der Händler und Fischer; andere Schreibung: 夷 oder 戎; Grundbedeutung wahrscheinlich „Fremder“ oder „Barbar“
  • Edo 江戸 ^ Hauptstadt der Tokugawa-Shōgune, heute: Tōkyō; auch: Zeit der Tokugawa-Dynastie, 1600–1867 (= Edo-Zeit);
  • enmusubi no kami 縁結びの神 ^ wtl. „Gottheit, die Verbindungen knüpft“; Gottheit für Verliebte, japanischer Amor
  • Enryaku-ji 延暦寺 ^ Haupttempel des Hiei Klosterbergs
  • fudoki 風土記 ^ Lokalchronik
  • Hashihaka 箸墓 ^ wtl. Essstäbchen-Grab; Hügelgrab aus dem 4. Jh. nahe Berg Miwa
  • Heian 平安 ^ auch Heian-kyō 平安京, „Stadt des Friedens“; politisches Zentrum 794–1185 (= Heian-Zeit)
  • Hie Taisha 日吉大社 ^ Schutzschrein des Tendai-Tempelkomplexes von Berg Hiei bei Kyōto; auch bekannt als Hiyoshi Taisha oder Sannō Schrein
  • hongū 本宮 ^ Stamm-Schrein, Hauptschrein; ältester bzw. prestigereichster Shintō-Schrein eines Schrein-Netzwerks
  • Inaba 因幡 ^ alte jap. Provinz in Zentraljapan
  • Inasa 伊那佐 ^ Strand in der Bucht von Izumo; Ort des Aufeinandertreffens zwischen der mythologischen Gottheit Ōkuninushi und Gottheiten aus anderen Sphären
  • Izanagi 伊耶那岐/伊奘諾 ^ Göttervater; auch Izanaki (ki hier männliche Endung); Bruder und Mann von Izanami
  • Izanami 伊耶那美/伊奘冉 ^ Göttermutter, Göttin der Unterwelt (mi hier weibliche Endung); Schwester und Frau des Izanagi
  • Izumo 出雲 ^ alter Namen der Präfektur Shimane in West-Japan; auch kurz für Izumo Taisha
  • Izumo fudoki 出雲風土記 ^ Lokalchronik von Izumo, 733
  • Izumo Taisha 出雲大社 ^ Großschrein von Izumo (Präfektur Shimane)
  • Jinmu Tennō 神武天皇 ^ wtl. „göttlicher Krieger“; gemäß den japanischen Mythen der erste menschliche Herrscher (Tennō) Japans; eigentlicher Name: Kami Yamato Iware-hiko no Sumera Mikoto 神日本磐余彦天皇 (Nihon shoki)
  • Jitō Tennō 持統天皇 ^ 645–703, r. 686–697; 41. japanische Kaiserin
  • kami^ Gottheit; im engeren Sinne einheimische oder lokale japanische Gottheit, Schreingottheit (s. jinja), Gottheit des Shintō
  • Kanda Jinja 神田神社 ^ Kanda Schrein, einer der bekanntesten Schreine in Tōkyō
  • Kanda Myōjin 神田明神 ^ Generelle Bezeichnung für die Gottheiten des Kanda Schreins in Tōkyō bzw. Bezeichnung für den Schrein selbst
  • Kanmu Tennō 桓武天皇 ^ 737–806; 50. japanischer Tennō; (r. 781–806); verantwortlich für Verlegung der Hauptstadt nach Heian (Kyōto)
  • Kidder, Jonathan Edward (west.) ^ 1922–2014; Japanologe und Archäologe an der International Christian University, Tōkyō
  • kiki 記紀 ^ Sammelbezeichnung für KojiKI und Nihon shoKI (ki, Bericht, ist jeweils mit einem leicht abweichenden Zeichen geschrieben)
  • kimon 鬼門 ^ „Dämonentor“, Nord-Osten; nach alter Vorstellung die Richtung, aus der die Dämonen kommen
  • Kojiki 古事記 ^ „Aufzeichnung alter Begebenheiten“; älteste jap. Chronik (712)
  • Kotoshiro-nushi 事代主 ^ mythol. Gottheit; Sohn und Thronfolger des Ōkuninushi; in etwa „Meister des Wortwissens“
  • kuni no miyatsuko 国造 ^ frühzeitlicher japanischer Titel, Provinzverwalter; spätere Lesung: kokuzō
  • kuni-tsu-kami 国津神 ^ Götter der Erde
  • kuniyuzuri 国譲り ^ wtl. Landübergabe, Inbesitznahme des Landes (Japan) durch die Nachfahren des Sonnengeschlechts
  • Mahākāla (skt.) महाकाल ^ „Großer Schwarzer“, esoterische Gottheit (jap. Makakara 摩訶迦羅 oder Daikoku 大黒)
  • mandokoro 政所 ^ Verwaltungsgebäude; später wurde der Name für die Verwaltungsabteilung des Shōgunats entlehnt
  • Matsunoo Taisha 松尾大社 ^ Matsunoo Schrein (auch: Matsuo Schrein), Kyōto; Hauptgottheiten: Ōyamakui und Nakatsushima-hime
  • matsuri^ religiöses (Volks-)Fest
  • Meiji Tennō 明治天皇 ^ 1852–1912; 122. japanischer Kaiser (r. 1867–1912); Namensgeber und politische Symbolfigur der Meiji-Zeit; Eigenname: Mutsuhito
  • Mimuro 三室 ^ anderer Name für Berg Miwa in der heutigen Präfektur Nara
  • Miwa 三輪 ^ Ort im südl. Nara-Becken; wtl. „drei Ringe“; Kurzbez. für den Ōmiwa Jinja
  • miwa 神酒 ^ altertümliche Bezeichnung für Sake, der den Göttern geopfert wird
  • Miwa Daimyōjin engi 三輪大明神縁起 ^ Chronik vom Ursprung der Gottheit Miwa Daimyōjin, verfasst 1318
  • momo tarazu yaso kumade 百足らず八十隈路 ^ wtl. „nicht hundert, sondern achtzig gewundenen Pfade“; Metapher für die Unterwelt
  • Nara 奈良 ^ Hauptstadt und Sitz des Tennō, 710–784 (= Nara-Zeit); auch: Heijō-kyō
  • Ne no Kuni 根の国 ^ wtl. Wurzelland, auch Ne no Katasukuni 根之堅州國; Unterwelt
  • Ninigi 瓊瓊杵 ^ mytholog. Gottheit, Enkel Amaterasus
  • Ōkuninushi 大国主 ^ mythol. Gottheit; wtl. Großer Meister des Landes
  • Ōmiwa Jinja 大神神社 ^ Ōmiwa Schrein, auch Miwa Schrein, nahe Nara; einer der ältesten Schreine Japans
  • Ōmononushi 大物主 ^ Gottheit des Schreins von [Ō]Miwa
  • Ōtataneko 大田田根子 ^ Hohepriester und Ahnherr der Priester von Miwa
  • Ōyamakui 大山咋神 ^ mythologische Berggottheit, in den Schreinen Hie Taisha (Hiyoshi) und Matsunoo Taisha verehrt; wtl. „Großer Berg-Pfahl“
  • Saichō 最澄 ^ 767–822; Gründer des Tendai-Buddhismus; auch bekannt als Dengyō Daishi
  • Sake^ Reiswein
  • Sannō 山王 ^ Wtl. „Bergkönig“; Schutzgott des Tendai-Klosters auf Berg Hiei
  • Senge 千家 ^ Priestergeschlecht des Großschreins von Izumo
  • shintai 神体 ^ heiliges Objekt eines Shintō-Schreins; wtl. „Gottkörper“
  • Shōgun 将軍 ^ Shōgun; Titel der Militärherrscher aus dem Kriegeradel (bushi, Samurai)
  • Silla (kor.) 新羅/신라 ^ frühes koreanisches Reich, das die Halbinsel von 668 bis 935 beherrschte
  • Suinin Tennō 垂仁天皇 ^ 11. kaiserl. Herrscher Japans, leg. Regiergungszeit 29 v.–70 n.u.Z.
  • Sujin Tennō 崇神天皇 ^ 97–30 v.u.Z. (mythol. Regierungszeit); 10. japanischer Kaiser
  • Sukunabikona 少名毘古那 ^ winzige Gottheit, Gefährte oder alter ego von Ōkuninushi, auch: Sukunahikona
  • Susanoo 須佐之男/素戔男 ^ mytholog. Gottheit; Trickster-Gott, Sturmgott, Mondgott; Bruder der Amaterasu
  • Suseri-hime 須勢理毘売 ^ Tochter Susanoos, Ehefrau Ōkuninushis
  • Taira no Masakado 平将門 ^ Heian-zeitlicher Rebel, ?–940
  • Takamimusubi 高御産巣日神 ^ einer der „drei Kami der Schöpfung“, Himmelsgottheit
  • Tendai-shū 天台宗 ^ Tendai-Schule, chin. Tiantai
  • Tenji Tennō 天智天皇 ^ 626–672; 38. Kaiser Japans; (r. 661–672); Eigenname: Naka-no-Ōe
  • Tenmu Tennō 天武天皇 ^ 631?–686; 40. japanischer Kaiser; (r. 673–686)
  • Tennō 天皇 ^ jap. „Kaiser“-Titel, wtl. Herrscher des Himmels
  • Tokugawa Hidetada 徳川秀忠 ^ 1579–16323; r. 1605–1623; zweiter Shōgun der Tokugawa-Dynastie
  • Tokugawa Ieyasu 徳川家康 ^ 1543–1616; Begründer des Tokugawa Shogunats; Reichseiniger
  • wani^ Meeresungeheuer; Krokodil; Hai
  • Yakushi Nyorai 薬師如来 ^ Buddha der Medizin; skt. Bhaisajyaguru
  • Yamato 大和/倭 ^ Kernland der Tennō-Dynastie in Zentraljapan (Präfektur Nara); archaischer Name für Japan
  • Yamato-hime 倭姫(倭比売) ^ Mytholog. Priesterin der Amaterasu, Tochter von Suinin Tennō
  • Yamato Totohi Momoso-hime 倭迹迹日百襲姫命 ^ mythol. Priesterin des Ōmiwa Jinja; Gemahlin des Gottes Ōmononushi; auch Yamato Toto-hime