Grundbegriffe/Buddhismus Lehre: Unterschied zwischen den Versionen

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| Buddhistische Grundlehren
{{fl|I}}m Laufe seiner [[Grundbegriffe/Buddhismus|Verbreitung]] über ganz Asien  machte der {{g|bukkyou|Buddhismus}} zahl·reiche Ver·ände·rungen durch, was in einer großen Anzahl regio·naler Aus·formungen resul·tierte. Un·abhän·gig von diesen Unter·schieden gibt es aller·dings gewisse Grund·annahmen, die in allen Rich·tungen Geltung haben. Auf dieser Seite werden zunächst die wich·tigsten Lehrsätze kurz erläutert. Auß·er·dem geht es um das Ver·hält·nis des Bud·dhis·mus zu anderen Reli·gionen. Ab·schließ·end werden die Unter·schiede in·ner·halb der bud·dhis·tischen Haupt·strö·mungen thema·ti·siert.  
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Im Laufe seiner [[Grundbegriffe/Buddhismus|Verbreitung]] in Asien  machte der {{g|bukkyou|Buddhismus}} zahlreiche Veränderungen durch, was in einer großen Anzahl regionaler Ausformungen resultierte. Unabhängig von diesen Unterschieden gibt es allerdings gewisse Grundannahmen, die in allen Richtungen Geltung haben. Auf dieser Seite werden zunächst die wichtigsten Lehrsätze kurz erläutert. Außerdem geht es um die Unterschiede innerhalb der buddhistischen Hauptströmungen sowie um repräsentative Lehrschriften (Sutren). Abschließend wird das Verhältnis des Buddhismus zu anderen Religionen thematisiert.  
  
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== Sanskrit Vokabeln ==
 
== Sanskrit Vokabeln ==
  
Bevor man sich mit der Lehre des Bud·dhis·mus be·schäf·tigt, ist es ratsam, sich mit einigen Sanskrit-Termini vertraut zu machen, die auch in der nicht-indischen Bud·dhismus·for·schung allgemein verwendet werden.
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Bevor man sich mit der Lehre des Buddhismus beschäftigt, ist es ratsam, sich mit einigen Sanskrit-Termini vertraut zu machen, die auch in der nicht-indischen Buddhismusforschung allgemein verwendet werden.
  
Buddhistische Hauptrichtungen:
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; Buddhistische Hauptrichtungen
 
* {{s|shravakayana}} – Fahrzeug der Schüler
 
* {{s|shravakayana}} – Fahrzeug der Schüler
 
* {{s|theravada}} – Weg der Alten
 
* {{s|theravada}} – Weg der Alten
 
* {{s|Mahayana}} – Großes Fahrzeug
 
* {{s|Mahayana}} – Großes Fahrzeug
 
* {{s|hinayana}} – Kleines Fahrzeug
 
* {{s|hinayana}} – Kleines Fahrzeug
* {{s|vajrayana}} – Vajra-Fahrzeug (Tantris·mus, esote·rischer Buddhis·mus)
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* {{s|vajrayana}} – Vajra-Fahrzeug (Tantrismus, esoterischer Buddhismus)
Konzepte:
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; Konzepte
 
* {{s|dharma}} – Gesetz (des Universums), Lehre (des Buddha)
 
* {{s|dharma}} – Gesetz (des Universums), Lehre (des Buddha)
* {{s|karma}} – wtl. „Tat“; konse·quente Folge
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* {{s|karma}} – wtl. „Tat“; konsequente Folge
* {{s|samsara}} – Kreislauf der Wieder·gebur·ten, Diesseits
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* {{s|samsara}} – Kreislauf der Wiedergeburten, Diesseits
 
* {{s|nirvana}} – Auslöschung, Jenseits
 
* {{s|nirvana}} – Auslöschung, Jenseits
Heilsgestalten:
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; Heilsgestalten
 
* {{s|buddha}} – Erleuchteter;
 
* {{s|buddha}} – Erleuchteter;
* {{s|bodhisattva}} – Vorstufe zur letzen Stufe der Er·leuch·tung, noch nicht ins Nirvana ein·ge·gang·ener Buddha;
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* {{s|bodhisattva}} – Vorstufe zur letzten Stufe der Erleuchtung, noch nicht ins Nirvana eingegangener Buddha;
Technische Begriffe:
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* {{S|Arhat}} — höchste Stufe des Menschseins vor dem Austritt aus dem Geburtenkreislauf
* {{s|sutra}} – wtl. „Kettfaden“; Lehr·rede des Buddha, kanoni·sche Schrift
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* {{s|tantra}} – wtl. „Schuss·faden“; Lehr·schrift
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; Technische Begriffe
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* {{s|sutra}} – wtl. „Kettfaden“; Lehrrede des Buddha, kanonische Schrift
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* {{s|tantra}} – wtl. „Schussfaden“; Lehrschrift
 
* {{s|mantra}} – Gebetsformel
 
* {{s|mantra}} – Gebetsformel
 
* {{s|mudra}} – Gebetsgeste
 
* {{s|mudra}} – Gebetsgeste
 
* {{s|sangha}} – (Mönchs-) Gemeinde
 
* {{s|sangha}} – (Mönchs-) Gemeinde
 
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== Lehrsätze und Konzepte==
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===Die Vier Wahrheiten===
 
===Die Vier Wahrheiten===
  
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Der Kern der Lehre des Buddha lässt sich in etwa folgender·maßen zusammen·fassen: Alle irdische Existenz ist von Be·gier·den geleitet, die in letzter Kon·se·quenz auf Leiden (skt. {{s|duhkha}}) hin·aus·laufen. Was immer man an ir·di·schen Dingen erhofft, wird früher oder später zu Schmerz und Ent·täusch·ung führen. Nur die Ein·sicht in die Wahr·heit des Buddha (skt. {{s|prajnaparamita}}, jap. {{g|satori}}, dt. in etwa „Erleuch·tung“) führt zur Be·frei·ung von Leid. Dieses bud·dhis·tische Grund·dogma wird tradi·tionel·ler·weise in Form der Vier Edlen Wahr·heiten und des Acht·glie·drigen Pfads aus·ge·drückt. Aus diesem Kern·satz geht hervor, dass das Ziel des Bud·dhis·mus im Er·rei·chen der „Er·leuch·tung“ liegt. (Den genauen Wort·laut dieser Lehr·sätze findet man auf der Side·page [[Grundbegriffe/Buddhismus_Lehre/Vier_Wahrheiten|Vier Wahr·heiten]].) Der Er·leuch·tung stehen Begierden oder Leiden·schaften (skt. {{s|klesha}}) gegenüber, die zu·sam·men·gefasst auch als „Un·wissen·heit“ be·zeich·net werden. Un·wissen·heit ist somit ein Syno·nym für das gesamte normale Alltags·bewusst·sein. Das Gegen·satz·paar Erleuch·tung und Un·wissen·heit spiegelt sich auch auf anderen Ebenen, etwa im Gegen·satz {{s|Nirvana}} und {{s|Samsara}} (s.u.) wider. Der Bud·dhismus de·finiert auf diese Weise — ähnlich wie z.B. auch das Christe·ntum — ein meta·phy·si·sches Ziel au·ßer·halb oder jen·seits der sich·tbaren Welt, was es in vielen anderen Re·ligio·nen — etwa im  {{g|Shintou}} — nicht gibt.
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Der Kern der Lehre des Buddha lässt sich in etwa folgendermaßen zusammenfassen: Alle irdische Existenz ist von Begierden geleitet, die in letzter Konsequenz auf Leiden (skt. {{s|duhkha}}) hinauslaufen. Was immer man an irdischen Dingen erhofft, wird früher oder später zu Schmerz und Enttäuschung führen. Nur die Einsicht in die Wahrheit der Buddha-Lehre (skt. {{s|prajnaparamita}}, jap. {{g|satori}}) führt zur Befreiung von Leid. „Befreiung“ oder „Erleuchtung“ ist daher das Ziel des gläubigen Buddhisten. Dieses buddhistische Grunddogma wird traditionellerweise in Form der Vier Edlen Wahrheiten und des Achtgliedrigen Pfads ausgedrückt (für den genauen Wortlaut dieser Lehrsätze siehe die Themenseite {{showTitel|Grundbegriffe/Buddhismus_Lehre/Vier_Wahrheiten|anf=1}}). Der Erleuchtung stehen Begierden oder Leidenschaften (skt. {{s|klesha}}) gegenüber, die zusammengefasst auch als „Unwissenheit“ bezeichnet werden. Unwissenheit ist ein Synonym für das gesamte normale Alltagsbewusstsein. Das Gegensatzpaar Erleuchtung und Unwissenheit spiegelt sich auch auf anderen Ebenen, etwa im Gegensatz {{s|Nirvana}} und {{s|Samsara}} (s.u.) wider. Der Buddhismus definiert auf diese Weise — ähnlich wie z.B. auch das Christentum — ein metaphysisches Ziel außerhalb oder jenseits der sichtbaren Welt, was es in vielen anderen Religionen — etwa im  {{g|Shintou}} — nicht gibt.
  
 
===Vergänglichkeit===
 
===Vergänglichkeit===
  
Eng mit dem Dogma vom ir·di·schen Leiden ver·bunden ist die Er·kennt·nis der End·lich·keit alles Irdi·schen. Endlich bedeutet „vergäng·lich“, „nicht von Dauer“. Da alles Ir·di·sche früher oder später zum Un·ter·gang verur·teilt ist, ist es in gewisser Weise „nicht real“. Der flüch·tigen Natur des Ir·di·schen steht die ewige Exis·tenz der bud·dhis·tischen Wahr·heit gegenüber. Sie ist un·ver·gäng·lich und damit „real“, was auch „wahr“ bedeutet. Wer hingegen an ir·di·schen Dingen festhält (sie für das Maß aller Dinge hält, nicht über das dies·sei·tige Leben hinaus denkt), unter·liegt einer „Illusion“ und ist somit „unwissend“. Das Konzept der illuso·rischen Quali·tät des Dies·seits führte inner·halb des {{s|Mahayana}} Bud·dhis·mus zur Idee von zwei Ebenen der Realität, einer sicht·baren, aber eben letzt·lich illuso·rischen, und einer abso·luten, die sich hinter der sicht·baren Welt verbirgt.
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Eng mit dem Dogma vom irdischen Leiden verbunden ist die Erkenntnis der Endlichkeit alles Irdischen. Endlich bedeutet „vergänglich“, „nicht von Dauer“. Da alles Irdische früher oder später zum Untergang verurteilt ist, ist es in gewisser Weise „nicht real“ oder „leer“. Der flüchtigen Natur des Irdischen steht die ewige Existenz der buddhistischen Wahrheit gegenüber. Sie ist unvergänglich und damit „real“, was auch „wahr“ bedeutet. Wer hingegen an irdischen Dingen festhält (sie für das Maß aller Dinge hält, nicht über das diesseitige Leben hinaus denkt), unterliegt einer „Illusion“ und ist somit „unwissend“. Das Konzept der illusorischen Qualität des Diesseits führte innerhalb des {{s|Mahayana}} Buddhismus zur Idee von zwei Ebenen der Realität, einer sichtbaren, aber eben letztlich illusorischen, und einer absoluten, die sich hinter der sichtbaren Welt verbirgt.
  
 
===Samsara und Nirvana===
 
===Samsara und Nirvana===
Un·er·leuch·tete bzw. un·wis·sende Exis·ten·zen, die sich den Illusio·nen des irdi·schen Da·seins hingeben, sind im Kreis·lauf der Wieder·geburten (Samsara) gefangen. Die Vor·stellung der Wieder·geburt exis·tierte schon vor dem Bud·dhis·mus und besagt, dass jedes Wesen nach seinem physi·schen Tod in neuer Form wieder·geboren wird. Diese Idee hat im Bud·dhis·mus jedoch nichts Tröst·liches, sondern läuft nur auf eine Fort·setzung von Leid hinaus. Daher strebt der gläubige Bud·dhist nach einem Aus·tritt aus dem Kreis·lauf der Wieder·geburten. Dieser Aus·tritt beendet das Leid end·gültig. Er ist zu·gleich der Ein·tritt ins Nirvana, das dem Samsara als absolutes Jen·seits gegen·über steht. Dies erklärt, warum Nirvana im Bud·dhis·mus als „Aus·löschung“ und zu·gleich als obers·tes spiri·tu·elles Ziel ver·standen wird.
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Unerleuchtete bzw. unwissende Existenzen, die sich den Illusionen des irdischen Daseins hingeben, sind im Kreislauf der Wiedergeburten (Samsara) gefangen. Die Vorstellung der Wiedergeburt existierte schon vor dem Buddhismus und besagt, dass jedes Wesen nach seinem physischen Tod in neuer Form wiedergeboren wird. Diese Idee hat im Buddhismus jedoch nichts Tröstliches, sondern läuft nur auf eine Fortsetzung von Leid hinaus. Daher strebt der gläubige Buddhist nach einem Austritt aus dem Kreislauf der Wiedergeburten. Dieser Austritt beendet das Leid endgültig. Er ist zugleich der Eintritt ins Nirvana, das dem Samsara als absolutes Jenseits gegenüber steht. Dies erklärt, warum Nirvana im Buddhismus als „Auslöschung“ und zugleich als oberstes spirituelles Ziel verstanden wird.
  
 
===Karma===
 
===Karma===
In·ner·halb des Samsara, der Wieder·geburten, regiert das Gesetz des {{s|Karma}}. Karma bezeich·net die schick·sals·haften Konse·quen·zen (Ver·gel·tun·gen), die aus den Hand·lungen aller Wesen, Men·schen eben·so wie Tiere, Geister, Götter, etc., resul·tieren. Die Karma-Lehre (die im übrigen nicht allein auf den Bud·dhis·mus be·schränkt ist) geht hierbei von mora·li·schen Wert·maß·stäben aus: Gute Taten führen über kurz oder lang zu karmi·scher Beloh·nung, schlechte Taten zu karmi·scher Bestra·fung. Ähn·lich den Zehn Gebo·ten in den mono·theisti·schen Reli·gionen, gibt es diverse Listen mit mora·lisch beson·ders hoch·stehen·den bzw. ver·abscheu·ungs·wür·di·gen Ver·hal·tens·wei·sen. Am wich·tigsten sind die fünf Laien·ge·bote (die natür·lich auch von Mön·chen zu be·folgen sind):  
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Innerhalb des Samsara, der Wiedergeburten, regiert das Gesetz des {{s|Karma}}. Karma bezeichnet die schicksalshaften Konsequenzen (Vergeltungen), die aus den Handlungen aller Wesen, Menschen ebenso wie Tiere, Geister, Götter, etc., resultieren. Die Karma-Lehre (die im übrigen nicht allein auf den Buddhismus beschränkt ist) geht hierbei von moralischen Wertmaßstäben aus: Gute Taten führen über kurz oder lang zu karmischer Belohnung, schlechte Taten zu karmischer Bestrafung. Ähnlich den Zehn Geboten in den monotheistischen Religionen, gibt es diverse Listen mit moralisch besonders hochstehenden bzw. verabscheuungswürdigen Verhaltensweisen. Am wichtigsten sind die fünf Laiengebote (die natürlich auch von Mönchen zu befolgen sind):  
 
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# nicht töten;  
 
# nicht töten;  
 
# nicht stehlen;  
 
# nicht stehlen;  
# keine [unstatthaften] sexuellen Bezie·hun·gen;  
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# keine [unstatthaften] sexuellen Beziehungen;  
 
# nicht lügen;  
 
# nicht lügen;  
# keine berauschen·den Substanzen (dies impliziert ein generelles Alkohol·verbot, das allerdings im heutigen Japan selbst von bud·dhisti·schen Mönchen nicht ein·gehalten wird).  
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# keine berauschenden Substanzen (dies impliziert ein generelles Alkoholverbot, das allerdings im heutigen Japan selbst von buddhistischen Mönchen nicht eingehalten wird).  
 
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Besonders im Mahayana Bud·dhismus gilt darüber hinaus das „Mitleid mit allen Lebe·wesen“ als die zentrale ethische Maxime. Für Mönche gibt es eine große Zahl weiterer Gebote — im Mahayana  spricht man von 250 Mönchs·regeln —, deren Stellen·wert al·ler·dings je nach spezi·fischer Richtung unter·schied·lich aus·gelegt werden kann.
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Besonders im Mahayana Buddhismus gilt darüber hinaus das „Mitleid mit allen Lebewesen“ als die zentrale ethische Maxime. Für Mönche gibt es eine große Zahl weiterer Gebote — im Mahayana  spricht man von 250 Mönchsregeln —, deren Stellenwert allerdings je nach spezifischer Richtung unterschiedlich ausgelegt werden kann.
  
Konsequenzen aus mora·lischem oder unmora·lischem Ver·halten können sich inner·halb eines Erden·le·bens, oft aber erst im fol·genden Leben aus·wirken (was schein·bare „Unge·rechtig·keiten“, also das Aus·bleiben unmit·tel·barer karmi·scher Vergel·tung erklärt). Das Karma eines einzelnen resul·tiert aus der Summe aller seiner morali·schen und un·morali·schen Verhal·tens·weisen inner·halb einer langen Folge von Exis·tenzen. Bud·dhis·tische Rituale können indivi·duel·les Karma beein·flus·sen, ersetzen also bis zu einem gewis·sen Grade indivi·duel·les morali·sches Verhalten.
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Konsequenzen aus moralischem oder unmoralischem Verhalten können sich innerhalb eines Erdenlebens, oft aber erst im folgenden Leben auswirken (was scheinbare „Ungerechtigkeiten“, also das Ausbleiben unmittelbarer karmischer Vergeltung erklärt). Das Karma eines Einzelnen resultiert aus der Summe aller seiner moralischen und unmoralischen Verhaltensweisen innerhalb einer langen Folge von Existenzen. Buddhistische Rituale können individuelles Karma beeinflussen, ersetzen also bis zu einem gewissen Grade individuelles moralisches Verhalten.
  
 
===Dharma===
 
===Dharma===
Das Universum gehorcht keinem ein·zelnen Gott oder {{s|Buddha}}, sondern dem {{s|Dharma}} (jap. {{g|hou}}, „Gesetz“). Der Dharma nimmt im Bud·dhis·mus jene Stelle ein, die im Chris·ten·tum „Gott·vater“ bzw. dem Schöpfer·gott zukommt. Der Dharma ist jedoch un·ver·änder·lich und ohne In·tenti·on, also nicht strafend oder belohnend wie eine Gott·heit. Er ist lediglich das Regel·werk, nach dem das Universum funk·tioniert. Insofern lässt sich der Bud·dhis·mus auch als „atheis·tische Religion“ be·zeich·nen. Er·leuch·tung wird  mit der voll·kom·menen Erkennt·nis des Dharma gleich·gesetzt. Um·ge·kehrt kann „Dharma“ auch die Lehre des Buddha be·zeich·nen, die zur Er·leuch·tung führt.
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Das Universum gehorcht keinem einzelnen Gott oder {{s|Buddha}}, sondern dem {{s|Dharma}} (jap. {{g|hou}}, „Gesetz“). Der Dharma nimmt im Buddhismus jene Stelle ein, die im Christentum „Gottvater“ bzw. dem Schöpfergott zukommt. Der Dharma ist jedoch unveränderlich und ohne Intention, also nicht strafend oder belohnend wie eine Gottheit. Er ist lediglich das Regelwerk, nach dem das Universum funktioniert. Insofern lässt sich der Buddhismus auch als „atheistische Religion“ bezeichnen. Erleuchtung wird  mit der vollkommenen Erkenntnis des Dharma gleichgesetzt. Umgekehrt kann „Dharma“ auch die Lehre des Buddha bezeichnen, die zur Erleuchtung führt.
  
 
===Buddhas und andere Erleuchtete ===
 
===Buddhas und andere Erleuchtete ===
  
Buddhaschaft ist die  höchste Da·seins·form im Universum des Bud·dhis·mus. Sie wurde nicht nur vom histori·schen Buddha, sondern auch von zahl·rei·chen Vor·gängern erreicht, die alle als Buddha bezeich·net werden. Ein Buddha tritt nach der ur·sprüng·lichen Auf·fas·sung nach seinem pysischen Tod ins Nirvana ein. Er steht den Gläub·igen nach seinem Tod daher nicht mehr zur Seite. (Spätere Aus·legungen, vor allem der {{g|Amida}} Bud·dhismus, weichen in diesem Punkt stark von der ur·sprüng·lichen Lehre ab.) In den äl·tes·ten Schrif·ten des Bud·dhismus findet man als nächstes die Schüler des Buddha, die aufgrund seiner Lehre er·leuch·tet wurden. Sie werden u.a. als {{s|arhat}} bezeichnet.  Im Mahayana Bud·dhis·mus entwickelte sich zwischen Arhats und Buddhas die Figur des  {{s|bodhisattva|Bodhisattvas}}. Bodhisattvas haben ebenso wie der Buddha aus eigener Kraft zur Er·leuch·tung gefunden, ver·zö·gern aber ihren Eintritt ins Nirvana und verbleiben im Samsara, um andere Wesen zur Er·leuch·tung zu führen. Aus diesem Grunde erschei·nen sie immer wieder in der Welt der Un·erleuch·teten und voll·führen mitunter auch Wunder. Theo·re·tisch sind weder der histo·rische Buddha noch seine Vor·gänger oder Nach·folger mit einem mono·theis·tischen Gott zu ver·gleichen, denn sie sind keine Welten·schöpfer. Buddhas und Bodhi·sattvas sind jedoch über das Karma erhaben und daher ideale Adres·saten, um eine karmische Ver·besse·rung zu er·reichen. Insofern genießen sie in der Praxis häufig einen gott·ähn·lichen Status (s.a. [[Ikonographie]]).
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Buddhaschaft ist die  höchste Daseinsform im Universum des Buddhismus. Sie wurde nicht nur vom historischen Buddha, sondern auch von zahlreichen Vorgängern erreicht, die alle als Buddha bezeichnet werden. Ein Buddha tritt nach der ursprünglichen Auffassung nach seinem physischen Tod ins Nirvana ein. Er steht den Gläubigen nach seinem Tod daher nicht mehr zur Seite. (Spätere Auslegungen, vor allem der {{g|Amida}} Buddhismus, weichen in diesem Punkt stark von der ursprünglichen Lehre ab.) In den ältesten Schriften des Buddhismus findet man als nächstes die Schüler des Buddha, die aufgrund seiner Lehre erleuchtet wurden. Sie werden u.a. als {{s|arhat}} bezeichnet.  Im Mahayana Buddhismus entwickelte sich zwischen Arhats und Buddhas die Figur des  {{s|bodhisattva|Bodhisattvas}}. Bodhisattvas haben ebenso wie der Buddha aus eigener Kraft zur Erleuchtung gefunden, verzögern aber ihren Eintritt ins Nirvana und verbleiben im Samsara, um andere Wesen zur Erleuchtung zu führen. Aus diesem Grunde erscheinen sie immer wieder in der Welt der Unerleuchteten und vollführen mitunter auch Wunder. Theoretisch sind weder der historische Buddha noch seine Vorgänger oder Nachfolger mit einem monotheistischen Gott zu vergleichen, denn sie sind keine Weltenschöpfer. Buddhas und Bodhisattvas sind jedoch über das Karma erhaben und daher ideale Adressaten, um eine karmische Verbesserung zu erreichen. Insofern genießen sie in der Praxis häufig einen gottähnlichen Status (s.a. Kap. Ikonographie, {{showTitel|Ikonographie/Ordnungssysteme}}).
  
 
===Drei Schätze oder Drei Juwelen ===
 
===Drei Schätze oder Drei Juwelen ===
  
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Die drei wich·tigs·ten Ele·mente des Bud·dhis·mus werden als die Drei Schätze, drei Juwelen oder  Drei Kleinodien  (jap. {{g|sanbou}}) bezeich·net. Es sind der Buddha, der Dharma, und der {{s|Sangha}}, also die buddhis·tische (Mönchs-) Gemein·schaft. Der Begriff kann auch als Synonym für den Bud·dhismus insgesamt verwendet werden.
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Die drei wichtigsten Elemente des Buddhismus werden als die Drei Schätze, drei Juwelen oder  Drei Kleinodien  (jap. {{g|sanbou}}) bezeichnet. Es sind der Buddha, der Dharma, und der {{s|Sangha}}, also die buddhistische (Mönchs-) Gemeinschaft. Der Begriff „Drei Schätze“ kann auch als Synonym für den Buddhismus insgesamt verwendet werden.
  
 
===Drei Körbe===
 
===Drei Körbe===
  
Die ka·noni·schen Schriften des Bud·dhis·mus sind in drei Grund·diszi·plinen unter·teilt, die als die Drei Körbe ({{s|tripitaka}}) bezeich·net werden. Es sind (1) die Lehr·reden des Buddha, die {{s|Sutra|Sutren}}; (2) die monas·tischen Ordens·regeln ({{s|vinaya}}); und (3) die Kom·men·tar·werke ({{s|abhidharma}}). Der Theorie nach ist alles, was in den Drei Körben fest·gelegt ist, für alle bud·dhis·tischen Richt·ungen gültig. In der Praxis unter·scheidet sich der Inhalt der Drei Körbe aber von Epoche zu Epoche, von Region zu Region und von Schule zu Schule. Ja·pani·sche Buddhologen der Taishō-Zeit (1912–1926) fassten auf der Grund·lage chi·nesi·scher und ko·reani·scher Vorlagen sämtliche Schriften des ost·asia·tischen Bud·dhismus, die im weit·esten Sinne zu den Tripitaka gezählt werden können, in einer Werk·ausgabe zu·sam·men, die als die {{g|taishoutripitaka|''Taishō Tripitaka''}} bekannt ist. Die Ausgabe umfasst 85 Bände be·ste·hend aus 5320 Einzel·texten.
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Die kanonischen Schriften des Buddhismus sind in drei Grunddisziplinen unterteilt, die als die Drei Körbe ({{s|tripitaka}}) bezeichnet werden. Es sind (1) die Lehrreden des Buddha, die {{s|Sutra|Sutren}}; (2) die monastischen Ordensregeln ({{s|vinaya}}); und (3) die Kommentarwerke ({{s|abhidharma}}). Der Theorie nach ist alles, was in den Drei Körben festgelegt ist, für alle buddhistischen Richtungen gültig. In der Praxis unterscheidet sich der Inhalt der Drei Körbe aber von Epoche zu Epoche, von Region zu Region und von Schule zu Schule. Japanische Buddhologen der {{g|taishou}}-Zeit (1912–1926) fassten auf der Grundlage chinesischer und koreanischer Vorlagen sämtliche Schriften des ostasiatischen Buddhismus, die im weitesten Sinne zu den Tripitaka gezählt werden können, in einer Werkausgabe zusammen, die als {{g|taishoushinshuudaizoukyou|''Taishō Tripitaka''}} bekannt ist. Die Ausgabe umfasst 85 Bände bestehend aus 5.320 Einzeltexten. Die Sammlung stellt noch heute ein unverzichtbares Quellenwerk für das Studium des Buddhismus in Ostasien dar, eine genaue Kenntnis aller darin enthaltenen Texte übersteigt aber bei weitem das Fassungsvermögen sowohl von Gläubigen als auch von Buddhismus-Forschern.
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==Unterschiede zwischen buddhistischen Richtungen==
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Während etwa die Schulen des {{s|Theravada}} Buddhismus die Erleuchtung oder den Eintritt ins {{s|Nirvana}} erst nach vielen Wiedergeburten als Mönch für möglich erachten, zeichnen sich die {{s|Mahayana}}-Schulen dadurch aus, dass sie die Buddhawerdung (= Erleuchtung) in diesem Leben anstreben. Die Methoden, dieses Ziel zu erreichen, sind allerdings sehr verschieden und machen die Hauptunterschiede zwischen den einzelnen Mahayana-Schulen aus. Meditation wird zwar allgemein geübt, steht aber vor allem im [[Geschichte/Zen|Zen Buddhismus]] im Vordergrund ({{g|zen}} bedeutet wörtlich „Meditation“). Daneben benutzt der Zen Buddhismus die Irritation durch paradoxe Fragen ({{g|kouan}}), um konventionelles Wissen (Alltagsbewusstsein = „Unwissenheit“) zum Einsturz zu bringen. Andere Schulen erachten die Rezitation von Gebetstexten für entscheidend. Dabei kann es sich entweder um ganze Sutren handeln oder bloß um den Namen eines Sutra oder eines Buddha, etwa im Fall des [[Ikonographie/Amida|Amida Buddhismus]]. Im esoterischen Buddhismus, der in Japan heute vor allem in Form der {{g|shingonshuu|Shingon}}-Schule präsent ist, wird der rituellen Praxis besonderes Gewicht beigemessen, wobei das Ziel ist, durch eine Kombination von Gebetsformeln ({{s|Mantra}}), Handzeichen und -gesten ({{s|Mudra}}) sowie geistiger Konzentration zur Buddhaschaft zu gelangen. Die genauen Formen dieser verbalen, gestischen und imaginierten Zeichen sind „geheim“, das heißt, es bedarf eines Meisters, der eine rituelle Initiation vornimmt und den Schüler Schritt für Schritt in die Geheimnisse dieser Lehre einführt. Daher die Bezeichnung „esoterisch“ bzw. auf Japanisch {{g|mikkyou}}, wtl. „geheime Lehre“. (Weitere Unterschiede werden im Kapitel [[Geschichte| Geschichte]] eingehender besprochen.)
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== Lehrschriften (Sutren) ==
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Die elementarsten Texte des Buddhismus werden in der Regel als {{s|sutra|Sutra}} bezeichnet. Das Wort ''sūtra'' entstammt dem Sanskrit und ist der Webetechnik entlehnt. Es bedeutet „Faden“. Davon abgeleitet entstanden metaphorische Bedeutungen wie „Leitfaden“, „elementare Lehrschrift“, u.a.m. In Ostasien wird dafür das Schriftzeichen 経 (jap. {{g|kyou}}, chin. {{g|jing}}) verwendet, das ebenfalls die Grundbedeutung „Faden“ besitzt und nicht nur im Buddhismus, sondern beispielsweise auch im {{g|doukyou2|Daoismus}} Anwendung findet. Ein berühmter, nicht-buddhistischer „Leitfaden“ ist etwa das {{g|Yijing|''Yi-jing''}}, eig. „Leitfaden der Orakelkunst“, besser bekannt als das „Buch der Wandlungen“. Aus dem nicht-buddhistischen indischen Kontext ist hierzulande das {{s|Kamasutra}}, der „Leitfaden der Liebe“, am besten bekannt. 
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| kegonkyo744.jpg
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| Avatamsaka Sutra (''Kegon-kyō'')
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| caption= Fragment einer Abschrift aus dem Jahr 744
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| ref= 1
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Das Kopieren von Sutren galt in der gesamten Welt des Buddhismus als frommes Werk, das ganz besonders dazu geeignet war, das eigene {{s|Karma}} zu verbessern. Dies bezog sich sowohl auf den Stifter als auch auf die Ausführenden einer Sutrenkopie. Buddhistische Sutren wurden aus diesem Grund mit großer Sorgfalt reproduziert und aufbewahrt. Es ist somit kein Zufall, dass das abgebildete Beispiel aus der {{g|nara}}-Zeit — eines der ältesten bis heute erhaltenen Originaldokumente des japanischen Schrifttums — ein buddhistischer Text ist. Es handelt sich um ein Fragment des zu dieser Zeit äußert populären {{g|kegonkyou}} (skt. {{s|Avatamsakasutra}}, „Blütenkranz Sutra“). Im Mittelpunkt steht Buddha [[Ikonographie/Dainichi|Vairocana]], der in der Nara-Zeit auch als Großer Buddha des {{g|toudaiji}} verewigt wurde.
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=== Textgestalt ===
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Zumindest der Theorie nach stammen alle Sutren von einem Buddha (allerdings nicht notwendigerweise vom historischen Buddha {{s|Shakyamuni}}). Parallel zur wachsenden Zahl der Buddhas im Mahayana Buddhismus haben sich auch die Sutren vervielfacht und ein beinah unüberschaubares Maß angenommen.
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Obwohl die unterschiedlichsten Themen abgehandelt werden, betten die meisten Sutren ihre Inhalte in die Rahmenhandlung einer Buddha-Predigt ein.
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Ein gemeinsames formales Merkmal ist die Standard-Einleitung des Rezitierenden: „So habe ich's gehört“. Oft sind auch die Umstände der Predigt Gegenstand des Sutras, bevor der Buddha selbst zu Wort kommt. Viele buddhistische Sutren thematisieren also die Umstände ihrer Entstehung und Verbreitung, bevor sie zum eigentlichen Kern der Botschaft kommen. Diese Selbst-Referenzialität scheint ein besonderes Kennzeichen buddhistischer Sutren zu sein.
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Infolge ihrer langen Textgeschichte, die oft weit in vorschriftliche Zeiten hineinreicht, ist es kaum möglich, den Umfang eines bestimmten Sutras eindeutig abzugrenzen. Von allen bekannteren Sutren gibt es Versionen in verschiedenen Formen und Längen. Es existieren auch unterschiedliche Versionen eines Textes unter dem gleichen Titel und beinahe identische Texte unter verschiedenen Titeln. Die verschiedenen Sprachen, in denen buddhistische Texte verfasst wurden, machen die Sache ein weiteres Mal komplexer: Da die Originale häufig verloren gegangen sind, ist meist nicht klar, ob chinesische Sutren als direkte Übertragungen eines indischen Originals zu werten sind, oder ob sich die Übersetzer Freiheiten herausnahmen, indem sie Sutren neu kombinierten, Teile wegließen oder überhaupt neu erfanden. Schließlich gibt es in jedem buddhistischen Land auch einen beträchtlichen Teil apokrypher Sutren, die zwar vorgeben, auf ein indisches Original zurückzugehen, aber eindeutig als „Fälschungen“ identifizierbar sind, weil sie z.B. lokale Gegebenheiten in die Handlung mit einbeziehen.
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=== Lotos Sutra ===
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|  Lotos Sutra in illustrierter Form, Kannon-Kapitel (1257)
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Das Lotos Sutra gehört zu den bekanntesten Sutren des {{s|Mahayana}} Buddhismus. Seine geläufigste Version ist die chinesische Übersetzung durch den Übersetzermönch {{s|Kumarajiva}} (343–413), die 406 fertiggestellt wurde und auch den meisten Übersetzungen in westliche Sprachen zugrunde liegt. In dieser Form besteht das Sutra aus 28 Kapiteln, die sehr unterschiedliche Themen behandeln. Die Rahmenhandlung dieser Kapitel beschreibt, wie Buddha {{s|Shakyamuni}} vor einer unübersehbaren Menge von irdischen und überirdischen Anhängern eine Predigt hält. Im Laufe dieser Predigt kommt u.a. die Parabel vom brennenden Haus (Kap. 3) zur Sprache, die das Anwenden von „angemessenen Mitteln“ (skt. {{s|upaya}}, jap. {{g|houben}}) legitimiert (Kap. 2). Der Buddha wird in dieser Parabel als gütiger Vater beschrieben, der versucht, die Kinder, die sich der Gefahr nicht bewusst sind (die unerleuchteten Wesen), durch Versprechungen aus dem brennenden Haus zu locken. Ein anderes berühmtes Kapitel (16) thematisiert die Lebenslänge des Buddhas und damit zugleich die buddhistische Zeitentheorie (s. dazu [[Geschichte/Heian_Zeit|Die Reformen der Heian-Zeit]]). Das Sutra enthält aber auch Passagen, die erläutern, warum es einen besonderen karmischen Verdienst darstellt, es — das Sutra —  zu kopieren. Dieses Verdienst wird höher eingeschätzt als das [[Alltag/Opfergaben/Selbstopfer| Opfer des eigenen Körpers]], obwohl auch diese Praxis grundsätzlich gut geheißen wird (Kap. 23). Eines der einflussreichsten Kapitel ist Bodhisattva {{s|Avalokiteshvara}} (jap. {{g|Kannon}}) gewidmet und dürfte mitverantwortlich für die besondere Popularität dieser Figur sein.
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Das Lotos Sutra heißt auf Sanskrit {{s|Saddharmapundarikasutra}}, wörtlich: „Sutra der Lotosblume vom wunderbaren {{s|Dharma}}“, jap. entweder kurz {{g|hokkekyou}}, oder {{g|myouhourengekyou}}. Es gilt vor allem im japanischen {{g|tendaishuu|Tendai}} und {{g|Nichiren}} Buddhismus (auch {{g|Hokkeshuu}}) als die wichtigste buddhistische Lehrschrift überhaupt.
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=== Herz Sutra und Sutra der Höchsten Weisheit ===
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| Text des Herz Sutras
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Ein weiteres allgemein bekanntes Sutra ist das Herz Sutra (jap. {{g|hannyashingyou}}). Es ist so kurz, dass es eigentlich mehr einem Gebet gleicht und in wenigen Minuten rezitiert werden kann. Es besteht im wesentlichen aus einer Lehrrede des Kannon (Bodhisattva Avalokiteshvara) an {{s|Shariputra}}, einen Schüler des historischen Buddha. Einer der Kernsätze lautet „Form ist Leere, Leere ist Form“. Es geht also um die Philosophie der Leere (skt. {{s|shunyata}}, jap. {{g|kuu}}), bzw. der Unbeständigkeit des irdischen Daseins, die u.a. auch als buddhistischer Nihilismus bezeichnet wird.
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In Japan können viele Menschen das Herz Sutra auswendig, vor allem Anhänger des {{g|Zen}} und des {{g|Shingonshuu|Shingon}} Buddhismus. Das Sutra wird hier in einer Mischung aus Sanskrit und Chinesisch rezitiert, die keinerlei Ähnlichkeiten mit dem gesprochenen Japanisch aufweist und für Laien vollkommen unverständlich ist.  Für die meisten japanischen Buddhisten steht der inhaltliche Aspekt des Textes daher nicht im Vordergrund. Interessanterweise ist das Herz Sutra aber gerade in seiner japanisierten Form (also in sinisiertem Sankrit, japanisch ausgesprochen) auch in westlichen buddhistischen Kreisen populär geworden.
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|Abschrift des ''Daihannya-kyō'' in Goldtinte auf blauem Grund, Heian-Zeit
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=== Diamant Sutra ===
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Diamant Sutra (jap. {{g|kongoukyou}}) ist die Kurzbezeichnung für einen Text, der wörtlich das „Sutra der Diamant-gleichen höchsten Weisheit“ (Skt. ''Vajracchedikā-prajñāpāramitā-sūtra'') betitelt wurde. Ähnlich wie im Herz Sutra geht es auch hier um die höchste Weisheit, die als das Erkennen der Leere dargestellt wird, wobei für diese Leere ein Reihe kunstvoller Metaphern und Allegorien gefunden werden. Das relativ kurze Sutra genießt vor allem im {{g|Zen}} Buddhismus große Popularität.  Formal handelt es sich um einen Dialog zwischen dem  Buddha Shakyamuni und Subhūti, einem seiner Zehn Schüler, der auch als jener Jünger des Buddha galt, der als erster die Wahrheit der Leere zu begreifen vermochte.
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|  Diamant Sutra, China 868
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Das Sutra ist auch deshalb interessant, weil es als einer der ersten buddhistischen Texte auch als Blockdruck herausgebracht wurde. Der Druck entstand im Jahr 868 in China und gilt als ältestes gedrucktes Buch der Welt. Er enthält eine Illustration, auf der das Setting des Sutras zu sehen ist: Links unten der Mönch {{s|Subhuti}} in ehrfurchtsvoller Haltung, in der Bildmitte der Buddha, umringt von seinen Hauptschülern (zu denen auch Subhuti zählt), zwei {{s|Bodhisattva|Bodhisattvas}}, zwei Wächtern ({{g|niou}}), zwei Löwenhunden ({{g|komainu}}), zwei Himmlischen Wesen, sowie einem weltlichen Herrscher mit Gefolge (unten rechts).
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=== Goldglanz Sutra ===
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| Goldglanz Sutra
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Das Goldglanz Sutra — {{g|konkoumyoukyou}}, skt. ''Suvarna-prabhasottama-sutra'',  in erweiterter Fassung auch als „Sutra vom goldenen Glanz der siegreichen Könige“ (''Konkōmyō saishōō kyō'') bekannt — ist vielleicht der politisch einflussreichste Text des frühen japanischen Buddhismus, da er sich explizit an die Herrschenden wendet.  
  
==Unterschiede zwischen bud·dhis·tischen Rich·tungen==
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Zusammen mit dem Sutra der/für Barmherzige Könige ({{g|Ninnoukyou}}) und dem Lotos Sutra zählte das Goldglanz Sutra zu den sogenannten Drei Staatsschutz Sutren, die insbesondere vor und während der {{g|nara}}-Zeit große staatliche Förderung erhielten, weil man sich umgekehrt tatsächlich einen gleichsam magischen Schutz des Reiches von ihnen erwartete. {{g|Tenmutennou}} und sein Urenkel {{g|Shoumutennou|Shōmu}} ließen im 7. und 8. Jahrhundert in allen Provinzen Tempel errichten, in denen das Goldglanz Sutra rezitiert und aufbewahrt werden sollte.
  
Während etwa die Schulen des {{s|Theravada}} Bud·dhis·mus die Er·leuch·tung oder den Ein·tritt ins {{s|Nirvana}} erst nach vielen Wieder·geburten als Mönch für möglich erachten, zeichnen sich die Mahayana-Schulen dadurch aus, dass sie die Buddha·wer·dung (= Erleuch·tung) in diesem Leben an·streben. Die Methoden, dieses Ziel zu er·rei·chen, sind aller·dings sehr verschie·den und machen die Haupt·unter·schiede zwischen den ein·zelnen Mahayana-Schulen aus. Medi·tation wird zwar all·ge·mein geübt, steht aber vor allem im [[Geschichte/Zen|Zen Buddhismus]] im Vorder·grund ({{g|zen}} bedeutet wörtlich „Meditation“). Daneben benutzt der Zen Bud·dhis·mus die Irri·tation durch paradoxe Fragen ({{g|kouan}}), um konven·tio·nelles Wissen (Alltags·bewusst·sein = „Unwis·senheit“) zum Einsturz zu bringen. Andere Schulen erachten die Rezi·tation von Gebets·texten für ent·schei·dend. Dabei kann es sich entweder um ganze Sutren handeln oder bloß um den Namen eines Sutra oder eines Buddha, etwa im Fall des [[Ikonographie/Amida|Amida Buddhis·mus]]. Im eso·terischen Bud·dhis·mus, der in Japan heute vor allem in Form der {{g|shingonshuu|Shingon}}-Schule präsent ist, wird der ri·tuel·len Praxis beson·deres Gewicht bei·ge·messen, wobei das Ziel ist, durch eine Kom·bination von Gebets·formeln ({{s|Mantra}}), Hand·zeichen und -gesten ({{s|Mudra}}) sowie geist·iger Kon·zen·tration zur Buddha·schaft zu gelangen. Die genauen Formen dieser verbalen, gesti·schen und imagi·nierten Zeichen sind „geheim“, das heißt, es bedarf eines Meisters, der eine rituelle Initi·ation vornimmt und den Schüler Schritt für Schritt in die Ge·heim·nisse dieser Lehre einführt. Daher die Bezeich·nung „eso·terisch“ bzw. auf Japanisch {{g|mikkyou}}, wtl. „geheime Lehre“. (Weitere Unterschiede werden im Kapitel [[Geschichte| Geschich·te]] eingehender besprochen.)
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Mit dem Rückgang staatlicher Förderung (und Reglementierung) des Buddhismus in der {{g|Heian}}-Zeit nahm die Bedeutung des Goldglanz Sutras zwar ab, es legte aber den Grundstein für die Bekanntheit von Figuren wie {{g|Benzaiten}} und {{g|Bishamonten}}, die heute als Bestandteil der {{g|shichifukujin|Sieben Glücksgötter}} in Japan ungebrochene Popularität genießen.
  
 
==Buddhismus und andere Religionen==
 
==Buddhismus und andere Religionen==
  
Andere Re·ligio·nen führen nach bud·dhistischer Auf·fassung zwar nicht direkt zum Pfad der Erleuch·tung, können aber unter Umständen mit dem Bud·dhis·mus verein·bare Werte ver·brei·ten. Sie können sogar dem Plan eines Buddha ent·sprechen, um die Un·wissenden schritt·weise an seine Lehre heran·zuführen. Religionen, die den Bud·dhis·mus nicht ihrer·seits ablehnen (also z.B. der {{g|Shintou}}), werden daher als Umwege, aber nicht als Irr·wege auf·gefasst.
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Andere Religionen führen nach buddhistischer Auffassung zwar nicht direkt zum Pfad der Erleuchtung, können aber unter Umständen mit dem Buddhismus vereinbare Werte verbreiten. Sie können sogar dem Plan eines Buddha entsprechen, um die Unwissenden schrittweise an seine Lehre heranzuführen. Religionen, die den Buddhismus nicht ihrerseits ablehnen (also z.B. der {{g|Shintou}}), werden daher als Umwege, aber nicht als Irrwege aufgefasst.
 
 
Ebenso wird die Existenz von Gott·heiten anderer Religionen nicht geleugnet. Aller·dings sind auch die Götter im Gebur·ten·kreis·lauf gefangen. Gott·sein ist also eine mögliche Form der Wieder·geburt. Vor allem indische Götter wurden in dieser Form konzi·piert (sie erhalten oft die Funktion eines Beschüt·zers des Buddhis·mus). Japani·sche Götter ({{g|kami}}) gelten hingegen in vielen Rich·tun·gen des japa·nischen Bud·dhis·mus als Mani·festa·tionen von Buddhas. Buddhas bedienen sich demnach der Form von ''kami'', um die Menschen an sich heran zu führen.
 
  
In diesen Konzeptionen von nicht-bud·dhis·tischen Göttern spiegelt sich ein gemein·sames Grund·muster wider: Außerhalb des Bud·dhis·mus liegende Vor·stell·ungen werden von diesem nicht bekämpft oder negiert, sondern nach Mög·lich·keit inte·griert. Man hat diese Ver·fahrens·weise u.a. auch als „Inklusi·vismus“ bezeich·net. Mono·theis·tische Reli·gionen wie das Christen·tum oder der Islam gehen hier meist einen anderen Weg (Verneinung, Diffa·mierung, Ver·folgung), den man in diesem Zusam·men·hang als „exklusivistisch“ bezeich·nen könnte. Solchen ex·klusi·vis·tischen Religio·nen oder Sekten gegen·über zeigte sich um·ge·kehrt auch der Bud·dhis·mus von einer intole·ranten Seite und zwar genau dann, wenn diese Religio·nen sich gegen die Verein·nahmung durch den Bud·dhis·mus zur Wehr setzten oder diese von vorn·he·rein aus·schlos·sen. Christen und andere re·ligiö·se Gruppen mit exklu·sivem Absolut·heits·anspruch wurden daher in Japan auch im Namen des japani·schen Bud·dhis·mus auf ähn·liche Weise verfolgt wie „Ketzer“ und „Heiden“ in der euro·päischen Reli·gions·ge·schichte (s. Kap. Geschichte, [[Geschichte/Christentum|Das christliche Jahrhundert]]).
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Ebenso wird die Existenz von Gottheiten anderer Religionen nicht geleugnet. Allerdings sind auch die Götter im Geburtenkreislauf gefangen. Gottsein ist also eine mögliche Form der Wiedergeburt. Vor allem indische Götter wurden in dieser Form konzipiert (sie erhalten oft die Funktion eines Beschützers des Buddhismus). Japanische Götter ({{g|kami}}) gelten hingegen in vielen Richtungen des japanischen Buddhismus als Manifestationen von Buddhas. Buddhas bedienen sich demnach der Form von ''kami'', um die Menschen an sich heran zu führen.
  
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In diesen Konzeptionen von nicht-buddhistischen Göttern spiegelt sich ein gemeinsames Grundmuster wider: Außerhalb des Buddhismus liegende Vorstellungen werden von diesem nicht bekämpft oder negiert, sondern nach Möglichkeit integriert. Man hat diese Verfahrensweise u.a. auch als „Inklusivismus“ bezeichnet. Monotheistische Religionen wie das Christentum oder der Islam gehen hier meist einen anderen Weg (Verneinung, Diffamierung, Verfolgung), den man in diesem Zusammenhang als „exklusivistisch“ bezeichnen könnte. Solchen exklusivistischen Religionen oder Sekten gegenüber zeigte sich umgekehrt auch der Buddhismus von einer intoleranten Seite und zwar genau dann, wenn diese Religionen sich gegen die Vereinnahmung durch den Buddhismus zur Wehr setzten oder diese von vornherein ausschlossen. Christen und andere religiöse Gruppen mit exklusivem Absolutheitsanspruch (etwa die buddhistische {{g|ikkoushuu}}) wurden daher in Japan auch im Namen des japanischen Buddhismus auf ähnliche Weise verfolgt wie „Ketzer“ und „Heiden“ in der europäischen Religionsgeschichte (s. Kap. Geschichte, {{showTitel|Geschichte/Christentum}}).
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Ein·führungen in die Lehre des Buddha gibt es im Internet wie Sand am Meer, viele sind aller·dings durch den Blick einer spezifi·schen Richtung des Buddhis·mus gefärbt. Ande·rer·seits gibt es viele Link·samm·lungen, die teil·weise veraltet oder un·ge·ordnet sind. Hier eine kleine Aus·wahl von Links, die bereits länger funktio·nieren:
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Einführungen in die Lehre des Buddha gibt es im Internet wie Sand am Meer, viele sind allerdings durch den Blick einer spezifischen Richtung des Buddhismus gefärbt. Andererseits gibt es viele Linksammlungen, die teilweise veraltet oder ungeordnet sind. Hier eine kleine Auswahl von Links, die bereits länger funktionieren:
  
 
* [http://www.buddhanet.net/e-learning/index.htm Buddhanet's Buddhist Studies], Buddha Dharma Education Association (en.)<br/>Eine umfangreiche und informative Site mit einem religiösen Background (Kong Meng San Kloster, Singapur).
 
* [http://www.buddhanet.net/e-learning/index.htm Buddhanet's Buddhist Studies], Buddha Dharma Education Association (en.)<br/>Eine umfangreiche und informative Site mit einem religiösen Background (Kong Meng San Kloster, Singapur).
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Auch die Ein·füh·rungs·li·te·ra·tur in den Bud·dhis·mus ist un·übe·rseh·bar und zu·gleich von einem wis·sen·schaft·lichen Stand·punkt aus meist nicht be·frie·di·gend. 2011 ist jedoch ein Band zur Ge·schich·te des ja·pani·schen Bud·dhismus erschienen, der von der Ziel·setzung viel mit dem Kapitel [[Geschichte]] ge·mein·sam hat, all·erdings wesentlich aus·führ·licher auf einzelne Punkte eingeht:
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Auch die Einführungsliteratur in den Buddhismus ist unübersehbar und zugleich von einem wissenschaftlichen Standpunkt aus meist nicht befriedigend. 2011 ist jedoch ein Band zur Geschichte des japanischen Buddhismus erschienen, der von der Zielsetzung viel mit dem Kapitel [[Geschichte]] gemeinsam hat, allerdings wesentlich ausführlicher auf einzelne Punkte eingeht:
 
{{Literatur:Kleine 2011}}
 
{{Literatur:Kleine 2011}}
  
Zum in·dischen Bud·dhismus gibt es einige Klassiker, die zwar nicht mehr ganz aktuell sind, aber gut und all·gemein ver·ständ·lich ge·schrie·ben:
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Zum indischen Buddhismus gibt es einige Klassiker, die zwar nicht mehr ganz aktuell sind, aber gut und allgemein verständlich geschrieben:
 
{{Literatur:conze 1995}}
 
{{Literatur:conze 1995}}
 
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{{Literatur:Frauwallner_1993}}
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{{Literatur: Michaels 2011}}
 
{{Literatur: Michaels 2011}}
 
{{Literatur:Faure_1998a}}
 
{{Literatur:Faure_1998a}}
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Zum Lotos Sutra:
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{{Literatur:Watson_1993}}
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{{Literatur: Deeg 2009}}
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* [http://www.sacred-texts.com/bud/lotus/index.htm Saddharma pundarika or, The Lotus of the True Law]<br/>Online Version der ersten englischen Übersetzung von H. Kern, 1884. 
 
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Aktuelle Version vom 2. August 2024, 12:58 Uhr

Buddhistische Grundlehren

Im Laufe seiner Verbreitung in Asien machte der Buddhismus [bukkyō (jap.) 仏教 Lehre des Buddha, Buddhismus] zahlreiche Veränderungen durch, was in einer großen Anzahl regionaler Ausformungen resultierte. Unabhängig von diesen Unterschieden gibt es allerdings gewisse Grundannahmen, die in allen Richtungen Geltung haben. Auf dieser Seite werden zunächst die wichtigsten Lehrsätze kurz erläutert. Außerdem geht es um die Unterschiede innerhalb der buddhistischen Hauptströmungen sowie um repräsentative Lehrschriften (Sutren). Abschließend wird das Verhältnis des Buddhismus zu anderen Religionen thematisiert.

Hannya shingyo.jpg
1 Abschrift des Herz Sutras
Japanische Abschrift des Herz-sutra.
Heian-Zeit, 12. Jh. The British Museum.

Sanskrit Vokabeln

Bevor man sich mit der Lehre des Buddhismus beschäftigt, ist es ratsam, sich mit einigen Sanskrit-Termini vertraut zu machen, die auch in der nicht-indischen Buddhismusforschung allgemein verwendet werden.

Buddhistische Hauptrichtungen
  • Shravakayana [Śrāvakayāna (skt.) श्रावकयान „Fahrzeug der Schüler“, Richtung des Buddhismus (jap. Shōmon-jō 声聞乗)] – Fahrzeug der Schüler
  • Theravada [Theravāda (pali) थेरवाद „Schule der Ordensälteren“, buddhistische Richtung (hier in Pali angegeben; skt: Sthaviravada) (jap. jōzabu bukkyō 上座部仏教)] – Weg der Alten
  • Mahayana [Mahāyāna (skt.) महायान „Großes Fahrzeug“, buddhistische Richtung (jap. daijō bukkyō 大乗)] – Großes Fahrzeug
  • Hinayana [Hīnayāna (skt.) हीनयान „Kleines Fahrzeug“, buddhistische Richtung (jap. Shōjō 小乗)] – Kleines Fahrzeug
  • Vajrayana [Vajrayāna (skt.) वज्रयन „Vajra-Fahrzeug“, Tantrismus, esoterischer Buddhismus (jap. mikkyō 密教 oder Kongō-jō 金剛乗)] – Vajra-Fahrzeug (Tantrismus, esoterischer Buddhismus)
Konzepte
  • Dharma [Dharma (skt.) धर्म Gesetz (des Universums), Lehre (des Buddha) (jap. 法)] – Gesetz (des Universums), Lehre (des Buddha)
  • Karma [Karma (skt.) कर्म „Tat“, auch „konsequente Folge“; moralische Bilanz der gesetzten Handlungen (jap. 業)] – wtl. „Tat“; konsequente Folge
  • Samsara [Saṃsāra (skt.) संसार „Beständiger Fluss“, Kreislauf der Wiedergeburten, Diesseits (jap. Rinne 輪廻)] – Kreislauf der Wiedergeburten, Diesseits
  • Nirvana [Nirvāṇa (skt.) निर्वाण „Erloschen, ausgelöscht“, Ort der Erlösung von allem Leid, absolutes Jenseits (jap. Nehan 涅槃)] – Auslöschung, Jenseits
Heilsgestalten
  • Buddha [Buddha (skt.) बुद्ध „Der Erleuchtete“ (jap. butsu, hotoke 仏 oder Budda 仏陀)] – Erleuchteter;
  • Bodhisattva [Bodhisattva (skt.) बोधिसत्त्व „Erleuchtetes Wesen“, Vorstufe zur vollkommenen Buddhaschaft (jap. bosatsu 菩薩)] – Vorstufe zur letzten Stufe der Erleuchtung, noch nicht ins Nirvana eingegangener Buddha;
  • Arhat [Arhat (skt.) अर्हत् buddhistische Heiligenfigur; höchste Stufe des Menschseins vor dem Austritt aus dem Geburtenkreislauf (jap. rakan)] — höchste Stufe des Menschseins vor dem Austritt aus dem Geburtenkreislauf
Technische Begriffe
  • sutra [sūtra (skt.) सूत्र „Faden“, Lehrrede des Buddha, kanonische Schrift (jap. kyō 経 oder kyōten 経典)] – wtl. „Kettfaden“; Lehrrede des Buddha, kanonische Schrift
  • tantra [tantra (skt.) तन्त्र „Gewebe“, Lehrschrift des esoterischen Buddhismus (ähnlich sutra, aber meist mit rituellem Inhalt)] – wtl. „Schussfaden“; Lehrschrift
  • mantra [mantra (skt.) मन्त्र Gebetsformel (jap. shingon 真言)] – Gebetsformel
  • mudra [mudrā (skt.) मुद्रा „Siegel“, Gebetsgeste (jap. inzō 印相)] – Gebetsgeste
  • sangha [saṃgha (skt.) संघ „(Mönchs-)Gemeinde“ (jap. 僧 oder sōgya 僧伽)] – (Mönchs-) Gemeinde

Lehrsätze und Konzepte

Die Vier Wahrheiten

Der Kern der Lehre des Buddha lässt sich in etwa folgendermaßen zusammenfassen: Alle irdische Existenz ist von Begierden geleitet, die in letzter Konsequenz auf Leiden (skt. duhkha [duḥkha (skt.) दुःख „Leiden“ (jap. ku 苦)]) hinauslaufen. Was immer man an irdischen Dingen erhofft, wird früher oder später zu Schmerz und Enttäuschung führen. Nur die Einsicht in die Wahrheit der Buddha-Lehre (skt. prajnaparamita [prajñāpāramitā (skt.) प्रज्ञापारमिता „Vollkommene Weisheit“ (jap. hannyaharamitta 般若波羅蜜多)], jap. satori [satori (jap.) 悟り Erleuchtungserfahrung (bes. im Zen Buddhismus)]) führt zur Befreiung von Leid. „Befreiung“ oder „Erleuchtung“ ist daher das Ziel des gläubigen Buddhisten. Dieses buddhistische Grunddogma wird traditionellerweise in Form der Vier Edlen Wahrheiten und des Achtgliedrigen Pfads ausgedrückt (für den genauen Wortlaut dieser Lehrsätze siehe die Themenseite „Die Vier Edlen Wahrheiten“). Der Erleuchtung stehen Begierden oder Leidenschaften (skt. klesha [kleśa (skt,) क्लेश „Leid“, auch: Leidenschaft, die den Menschen ans Diesseits bindet; neben den sog. Fünf Giften (Ignoranz, Gier, Hass, Stolz und Neid) gibt es auch Serien von 3, 6, 10 oder 108 Kleshas (jap. bonnō 煩悩)]) gegenüber, die zusammengefasst auch als „Unwissenheit“ bezeichnet werden. Unwissenheit ist ein Synonym für das gesamte normale Alltagsbewusstsein. Das Gegensatzpaar Erleuchtung und Unwissenheit spiegelt sich auch auf anderen Ebenen, etwa im Gegensatz Nirvana [Nirvāṇa (skt.) निर्वाण „Erloschen, ausgelöscht“, Ort der Erlösung von allem Leid, absolutes Jenseits (jap. Nehan 涅槃)] und Samsara [Saṃsāra (skt.) संसार „Beständiger Fluss“, Kreislauf der Wiedergeburten, Diesseits (jap. Rinne 輪廻)] (s.u.) wider. Der Buddhismus definiert auf diese Weise — ähnlich wie z.B. auch das Christentum — ein metaphysisches Ziel außerhalb oder jenseits der sichtbaren Welt, was es in vielen anderen Religionen — etwa im Shintō [Shintō (jap.) 神道 Shintō; wtl. Weg der Götter, Weg der kami] — nicht gibt.

Vergänglichkeit

Eng mit dem Dogma vom irdischen Leiden verbunden ist die Erkenntnis der Endlichkeit alles Irdischen. Endlich bedeutet „vergänglich“, „nicht von Dauer“. Da alles Irdische früher oder später zum Untergang verurteilt ist, ist es in gewisser Weise „nicht real“ oder „leer“. Der flüchtigen Natur des Irdischen steht die ewige Existenz der buddhistischen Wahrheit gegenüber. Sie ist unvergänglich und damit „real“, was auch „wahr“ bedeutet. Wer hingegen an irdischen Dingen festhält (sie für das Maß aller Dinge hält, nicht über das diesseitige Leben hinaus denkt), unterliegt einer „Illusion“ und ist somit „unwissend“. Das Konzept der illusorischen Qualität des Diesseits führte innerhalb des Mahayana [Mahāyāna (skt.) महायान „Großes Fahrzeug“, buddhistische Richtung (jap. daijō bukkyō 大乗)] Buddhismus zur Idee von zwei Ebenen der Realität, einer sichtbaren, aber eben letztlich illusorischen, und einer absoluten, die sich hinter der sichtbaren Welt verbirgt.

Samsara und Nirvana

Unerleuchtete bzw. unwissende Existenzen, die sich den Illusionen des irdischen Daseins hingeben, sind im Kreislauf der Wiedergeburten (Samsara) gefangen. Die Vorstellung der Wiedergeburt existierte schon vor dem Buddhismus und besagt, dass jedes Wesen nach seinem physischen Tod in neuer Form wiedergeboren wird. Diese Idee hat im Buddhismus jedoch nichts Tröstliches, sondern läuft nur auf eine Fortsetzung von Leid hinaus. Daher strebt der gläubige Buddhist nach einem Austritt aus dem Kreislauf der Wiedergeburten. Dieser Austritt beendet das Leid endgültig. Er ist zugleich der Eintritt ins Nirvana, das dem Samsara als absolutes Jenseits gegenüber steht. Dies erklärt, warum Nirvana im Buddhismus als „Auslöschung“ und zugleich als oberstes spirituelles Ziel verstanden wird.

Karma

Innerhalb des Samsara, der Wiedergeburten, regiert das Gesetz des Karma [Karma (skt.) कर्म „Tat“, auch „konsequente Folge“; moralische Bilanz der gesetzten Handlungen (jap. 業)]. Karma bezeichnet die schicksalshaften Konsequenzen (Vergeltungen), die aus den Handlungen aller Wesen, Menschen ebenso wie Tiere, Geister, Götter, etc., resultieren. Die Karma-Lehre (die im übrigen nicht allein auf den Buddhismus beschränkt ist) geht hierbei von moralischen Wertmaßstäben aus: Gute Taten führen über kurz oder lang zu karmischer Belohnung, schlechte Taten zu karmischer Bestrafung. Ähnlich den Zehn Geboten in den monotheistischen Religionen, gibt es diverse Listen mit moralisch besonders hochstehenden bzw. verabscheuungswürdigen Verhaltensweisen. Am wichtigsten sind die fünf Laiengebote (die natürlich auch von Mönchen zu befolgen sind):

  1. nicht töten;
  2. nicht stehlen;
  3. keine [unstatthaften] sexuellen Beziehungen;
  4. nicht lügen;
  5. keine berauschenden Substanzen (dies impliziert ein generelles Alkoholverbot, das allerdings im heutigen Japan selbst von buddhistischen Mönchen nicht eingehalten wird).

Besonders im Mahayana Buddhismus gilt darüber hinaus das „Mitleid mit allen Lebewesen“ als die zentrale ethische Maxime. Für Mönche gibt es eine große Zahl weiterer Gebote — im Mahayana spricht man von 250 Mönchsregeln —, deren Stellenwert allerdings je nach spezifischer Richtung unterschiedlich ausgelegt werden kann.

Konsequenzen aus moralischem oder unmoralischem Verhalten können sich innerhalb eines Erdenlebens, oft aber erst im folgenden Leben auswirken (was scheinbare „Ungerechtigkeiten“, also das Ausbleiben unmittelbarer karmischer Vergeltung erklärt). Das Karma eines Einzelnen resultiert aus der Summe aller seiner moralischen und unmoralischen Verhaltensweisen innerhalb einer langen Folge von Existenzen. Buddhistische Rituale können individuelles Karma beeinflussen, ersetzen also bis zu einem gewissen Grade individuelles moralisches Verhalten.

Dharma

Das Universum gehorcht keinem einzelnen Gott oder Buddha [Buddha (skt.) बुद्ध „Der Erleuchtete“ (jap. butsu, hotoke 仏 oder Budda 仏陀)], sondern dem Dharma [Dharma (skt.) धर्म Gesetz (des Universums), Lehre (des Buddha) (jap. 法)] (jap. [ (jap.) buddhistischer Dharma, wtl. Gesetz], „Gesetz“). Der Dharma nimmt im Buddhismus jene Stelle ein, die im Christentum „Gottvater“ bzw. dem Schöpfergott zukommt. Der Dharma ist jedoch unveränderlich und ohne Intention, also nicht strafend oder belohnend wie eine Gottheit. Er ist lediglich das Regelwerk, nach dem das Universum funktioniert. Insofern lässt sich der Buddhismus auch als „atheistische Religion“ bezeichnen. Erleuchtung wird mit der vollkommenen Erkenntnis des Dharma gleichgesetzt. Umgekehrt kann „Dharma“ auch die Lehre des Buddha bezeichnen, die zur Erleuchtung führt.

Buddhas und andere Erleuchtete

Buddhaschaft ist die höchste Daseinsform im Universum des Buddhismus. Sie wurde nicht nur vom historischen Buddha, sondern auch von zahlreichen Vorgängern erreicht, die alle als Buddha bezeichnet werden. Ein Buddha tritt nach der ursprünglichen Auffassung nach seinem physischen Tod ins Nirvana ein. Er steht den Gläubigen nach seinem Tod daher nicht mehr zur Seite. (Spätere Auslegungen, vor allem der Amida [Amida (jap.) 阿弥陀 Buddha Amitabha; Hauptbuddha der Schulen des Reinen Landes (Jōdo-shū bzw. Jōdo Shinshū)] Buddhismus, weichen in diesem Punkt stark von der ursprünglichen Lehre ab.) In den ältesten Schriften des Buddhismus findet man als nächstes die Schüler des Buddha, die aufgrund seiner Lehre erleuchtet wurden. Sie werden u.a. als Arhat [Arhat (skt.) अर्हत् buddhistische Heiligenfigur; höchste Stufe des Menschseins vor dem Austritt aus dem Geburtenkreislauf (jap. rakan)] bezeichnet. Im Mahayana Buddhismus entwickelte sich zwischen Arhats und Buddhas die Figur des Bodhisattvas [Bodhisattva (skt.) बोधिसत्त्व „Erleuchtetes Wesen“, Vorstufe zur vollkommenen Buddhaschaft (jap. bosatsu 菩薩)]. Bodhisattvas haben ebenso wie der Buddha aus eigener Kraft zur Erleuchtung gefunden, verzögern aber ihren Eintritt ins Nirvana und verbleiben im Samsara, um andere Wesen zur Erleuchtung zu führen. Aus diesem Grunde erscheinen sie immer wieder in der Welt der Unerleuchteten und vollführen mitunter auch Wunder. Theoretisch sind weder der historische Buddha noch seine Vorgänger oder Nachfolger mit einem monotheistischen Gott zu vergleichen, denn sie sind keine Weltenschöpfer. Buddhas und Bodhisattvas sind jedoch über das Karma erhaben und daher ideale Adressaten, um eine karmische Verbesserung zu erreichen. Insofern genießen sie in der Praxis häufig einen gottähnlichen Status (s.a. Kap. Ikonographie, Ordnungssysteme im buddhistischen Pantheon).

Drei Schätze oder Drei Juwelen

Die drei wichtigsten Elemente des Buddhismus werden als die Drei Schätze, drei Juwelen oder Drei Kleinodien (jap. sanbō [sanbō (jap.) 三宝 Drei Schätze oder Drei Juwelen, skt. triratna: Buddha, Dharma, Sangha; im Kontext des Shinto bezeichnet der Begriff ein Opfertischchen, wird in diesem Fall allerdings meist mit den Zeichen 三方 („drei Richtungen“) geschrieben.]) bezeichnet. Es sind der Buddha, der Dharma, und der sangha [saṃgha (skt.) संघ „(Mönchs-)Gemeinde“ (jap. 僧 oder sōgya 僧伽)], also die buddhistische (Mönchs-) Gemeinschaft. Der Begriff „Drei Schätze“ kann auch als Synonym für den Buddhismus insgesamt verwendet werden.

Drei Körbe

Die kanonischen Schriften des Buddhismus sind in drei Grunddisziplinen unterteilt, die als die Drei Körbe (Tripitaka [Tripiṭaka (skt.) त्रिपिटक „Drei Körbe“, kanonische Schriften des Buddhismus (jap. Sanzō 三蔵)]) bezeichnet werden. Es sind (1) die Lehrreden des Buddha, die Sutren [sūtra (skt.) सूत्र „Faden“, Lehrrede des Buddha, kanonische Schrift (jap. kyō 経 oder kyōten 経典)]; (2) die monastischen Ordensregeln (Vinaya [Vinaya (skt.) विनय „Disziplin“, die monastischen Ordensregeln (jap. Ritsu 律)]); und (3) die Kommentarwerke (Abhidharma [Abhidharma (skt.) अभिधर्म Kommentarwerke des buddh. Kanons (jap. Abidatsuma 阿毘達磨)]). Der Theorie nach ist alles, was in den Drei Körben festgelegt ist, für alle buddhistischen Richtungen gültig. In der Praxis unterscheidet sich der Inhalt der Drei Körbe aber von Epoche zu Epoche, von Region zu Region und von Schule zu Schule. Japanische Buddhologen der Taishō [Taishō (jap.) 大正 1879–1926; zweiter Tennō des modernen Japan, Sohn des Meiji Tennō; seine Amtszeit (1912–1926) wird als Taishō-Zeit bezeichnet]-Zeit (1912–1926) fassten auf der Grundlage chinesischer und koreanischer Vorlagen sämtliche Schriften des ostasiatischen Buddhismus, die im weitesten Sinne zu den Tripitaka gezählt werden können, in einer Werkausgabe zusammen, die als Taishō Tripitaka [Taishō shinshū daizōkyō (jap.) 大正新脩大藏經 Taishō Tripitaka, Taishō Kanon; in der Ära Taishō (1912–1926) revidierte Ausgabe des chinesischen buddhistischen Kanons] bekannt ist. Die Ausgabe umfasst 85 Bände bestehend aus 5.320 Einzeltexten. Die Sammlung stellt noch heute ein unverzichtbares Quellenwerk für das Studium des Buddhismus in Ostasien dar, eine genaue Kenntnis aller darin enthaltenen Texte übersteigt aber bei weitem das Fassungsvermögen sowohl von Gläubigen als auch von Buddhismus-Forschern.

Unterschiede zwischen buddhistischen Richtungen

Während etwa die Schulen des Theravada [Theravāda (pali) थेरवाद „Schule der Ordensälteren“, buddhistische Richtung (hier in Pali angegeben; skt: Sthaviravada) (jap. jōzabu bukkyō 上座部仏教)] Buddhismus die Erleuchtung oder den Eintritt ins Nirvana [Nirvāṇa (skt.) निर्वाण „Erloschen, ausgelöscht“, Ort der Erlösung von allem Leid, absolutes Jenseits (jap. Nehan 涅槃)] erst nach vielen Wiedergeburten als Mönch für möglich erachten, zeichnen sich die Mahayana [Mahāyāna (skt.) महायान „Großes Fahrzeug“, buddhistische Richtung (jap. daijō bukkyō 大乗)]-Schulen dadurch aus, dass sie die Buddhawerdung (= Erleuchtung) in diesem Leben anstreben. Die Methoden, dieses Ziel zu erreichen, sind allerdings sehr verschieden und machen die Hauptunterschiede zwischen den einzelnen Mahayana-Schulen aus. Meditation wird zwar allgemein geübt, steht aber vor allem im Zen Buddhismus im Vordergrund (Zen [Zen (jap.) chin. Chan, wtl. Meditation; Zen Buddhismus] bedeutet wörtlich „Meditation“). Daneben benutzt der Zen Buddhismus die Irritation durch paradoxe Fragen (kōan [kōan (jap.) 公案 Koan, paradoxes Zen-Rätsel]), um konventionelles Wissen (Alltagsbewusstsein = „Unwissenheit“) zum Einsturz zu bringen. Andere Schulen erachten die Rezitation von Gebetstexten für entscheidend. Dabei kann es sich entweder um ganze Sutren handeln oder bloß um den Namen eines Sutra oder eines Buddha, etwa im Fall des Amida Buddhismus. Im esoterischen Buddhismus, der in Japan heute vor allem in Form der Shingon [Shingon-shū (jap.) 真言宗 Shingon-Schule, wtl. Schule des Wahren Wortes; wichtigste Vertreterin des esoterischen Buddhismus (mikkyō) in Japan]-Schule präsent ist, wird der rituellen Praxis besonderes Gewicht beigemessen, wobei das Ziel ist, durch eine Kombination von Gebetsformeln (mantra [mantra (skt.) मन्त्र Gebetsformel (jap. shingon 真言)]), Handzeichen und -gesten (mudra [mudrā (skt.) मुद्रा „Siegel“, Gebetsgeste (jap. inzō 印相)]) sowie geistiger Konzentration zur Buddhaschaft zu gelangen. Die genauen Formen dieser verbalen, gestischen und imaginierten Zeichen sind „geheim“, das heißt, es bedarf eines Meisters, der eine rituelle Initiation vornimmt und den Schüler Schritt für Schritt in die Geheimnisse dieser Lehre einführt. Daher die Bezeichnung „esoterisch“ bzw. auf Japanisch mikkyō [mikkyō (jap.) 密教 esoterischer Buddhismus, Tantrismus; wtl. geheime Lehre; Gegenstück zu kengyō; in Japan vor allem durch den Shingon, aber auch durch Teile des Tendai Buddhismus vertreten], wtl. „geheime Lehre“. (Weitere Unterschiede werden im Kapitel Geschichte eingehender besprochen.)

Lehrschriften (Sutren)

Die elementarsten Texte des Buddhismus werden in der Regel als Sutra [sūtra (skt.) सूत्र „Faden“, Lehrrede des Buddha, kanonische Schrift (jap. kyō 経 oder kyōten 経典)] bezeichnet. Das Wort sūtra entstammt dem Sanskrit und ist der Webetechnik entlehnt. Es bedeutet „Faden“. Davon abgeleitet entstanden metaphorische Bedeutungen wie „Leitfaden“, „elementare Lehrschrift“, u.a.m. In Ostasien wird dafür das Schriftzeichen 経 (jap. kyō [kyō (jap.) kanonischer Text, wtl. „Kettfaden“; im Buddh.: Sutra (skt. sutra), Lehrrede des Buddha], chin. jing [jing (chin.) chin. Bezeichnung für eine kanonische Schrift, z.B. ein buddhistisches sutra oder ein daoistischer „Klassiker“; jap. kyō]) verwendet, das ebenfalls die Grundbedeutung „Faden“ besitzt und nicht nur im Buddhismus, sondern beispielsweise auch im Daoismus [Dōkyō (jap.) 道教 Daoismus, wtl. Lehre des Weges, chin. Daojiao; philosophisch-rel. Strömung Chinas; s.a. ] Anwendung findet. Ein berühmter, nicht-buddhistischer „Leitfaden“ ist etwa das Yi-jing [Yijing (chin.) 易経 „Buch/Leitfaden der Wandlungen“ (chin. Klassiker); jap. Ekikyō], eig. „Leitfaden der Orakelkunst“, besser bekannt als das „Buch der Wandlungen“. Aus dem nicht-buddhistischen indischen Kontext ist hierzulande das Kamasutra [Kāmasūtra (skt.) कामसूत्र „Leitfaden der Liebe“, klassisch-indisches Lehrbuch der Erotik], der „Leitfaden der Liebe“, am besten bekannt.

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2 Avatamsaka Sutra (Kegon-kyō)
Auf diesem Fragment steht ein Teil des Kegon-kyō (Blütenkranz Sutra) geschrieben.
Nara-Zeit, 744. Metropolitan Museum of Art.
Fragment einer Abschrift aus dem Jahr 744

Das Kopieren von Sutren galt in der gesamten Welt des Buddhismus als frommes Werk, das ganz besonders dazu geeignet war, das eigene Karma [Karma (skt.) कर्म „Tat“, auch „konsequente Folge“; moralische Bilanz der gesetzten Handlungen (jap. 業)] zu verbessern. Dies bezog sich sowohl auf den Stifter als auch auf die Ausführenden einer Sutrenkopie. Buddhistische Sutren wurden aus diesem Grund mit großer Sorgfalt reproduziert und aufbewahrt. Es ist somit kein Zufall, dass das abgebildete Beispiel aus der Nara [Nara (jap.) 奈良 Hauptstadt und Sitz des Tennō, 710–784 (= Nara-Zeit); auch: Heijō-kyō]-Zeit — eines der ältesten bis heute erhaltenen Originaldokumente des japanischen Schrifttums — ein buddhistischer Text ist. Es handelt sich um ein Fragment des zu dieser Zeit äußert populären Kegon-kyō [Kegon-kyō (jap.) 華厳経 Avatamsaka Sutra bzw. Blütenkranz Sutra] (skt. Avatamsaka Sutra [Avataṃsakasūtra (skt.) अवतंसकसूत्र „Blütenkranz Sutra“, erste Übersetzung ins Chinesische um 420 (jap. Kegon-kyō 華厳経)], „Blütenkranz Sutra“). Im Mittelpunkt steht Buddha Vairocana, der in der Nara-Zeit auch als Großer Buddha des Tōdaiji [Tōdaiji (jap.) 東大寺 Tempel des Großen Buddha von Nara; wtl. Großer Ost-Tempel] verewigt wurde.

Textgestalt

Zumindest der Theorie nach stammen alle Sutren von einem Buddha (allerdings nicht notwendigerweise vom historischen Buddha Shakyamuni [Śākyamuni (skt.) शाक्यमुनि „Der Weise des Shakya-Klans“, buddhistischer Name des historischen Buddha (Gautama Siddhartha) (jap. Shaka 釈迦 oder Shakamuni 釈迦牟尼)]). Parallel zur wachsenden Zahl der Buddhas im Mahayana Buddhismus haben sich auch die Sutren vervielfacht und ein beinah unüberschaubares Maß angenommen.

Obwohl die unterschiedlichsten Themen abgehandelt werden, betten die meisten Sutren ihre Inhalte in die Rahmenhandlung einer Buddha-Predigt ein. Ein gemeinsames formales Merkmal ist die Standard-Einleitung des Rezitierenden: „So habe ich's gehört“. Oft sind auch die Umstände der Predigt Gegenstand des Sutras, bevor der Buddha selbst zu Wort kommt. Viele buddhistische Sutren thematisieren also die Umstände ihrer Entstehung und Verbreitung, bevor sie zum eigentlichen Kern der Botschaft kommen. Diese Selbst-Referenzialität scheint ein besonderes Kennzeichen buddhistischer Sutren zu sein.

Infolge ihrer langen Textgeschichte, die oft weit in vorschriftliche Zeiten hineinreicht, ist es kaum möglich, den Umfang eines bestimmten Sutras eindeutig abzugrenzen. Von allen bekannteren Sutren gibt es Versionen in verschiedenen Formen und Längen. Es existieren auch unterschiedliche Versionen eines Textes unter dem gleichen Titel und beinahe identische Texte unter verschiedenen Titeln. Die verschiedenen Sprachen, in denen buddhistische Texte verfasst wurden, machen die Sache ein weiteres Mal komplexer: Da die Originale häufig verloren gegangen sind, ist meist nicht klar, ob chinesische Sutren als direkte Übertragungen eines indischen Originals zu werten sind, oder ob sich die Übersetzer Freiheiten herausnahmen, indem sie Sutren neu kombinierten, Teile wegließen oder überhaupt neu erfanden. Schließlich gibt es in jedem buddhistischen Land auch einen beträchtlichen Teil apokrypher Sutren, die zwar vorgeben, auf ein indisches Original zurückzugehen, aber eindeutig als „Fälschungen“ identifizierbar sind, weil sie z.B. lokale Gegebenheiten in die Handlung mit einbeziehen.

Lotos Sutra

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3 Lotos Sutra in illustrierter Form, Kannon-Kapitel (1257)
Eröffnungsszene des 25. Kapitels des Lotos Sutra (Hoke-kyō), in dem es um die Vorzüge von Bodhisattva Kannon geht. Das Kapitel besteht aus einem Dialog zwischen Buddha Shakyamuni (durch Aureole gekennzeichnet) und dem „Bodhisattva Unerschöpfliche Absicht“ (ihm gegenüber am Boden sitzend), in dem die Eigenschaften Kannons als Helfer der notleidenden Lebewesen gepriesen werden. Kannon selbst tritt in dem Kapitel nur am Rande in Erscheinung. Die Illustration entstammt einer reichhaltig bebilderten Schriftrolle aus der Kamakura-Zeit, die lediglich das Kannon-Kapitel des Lotos Sutra enthält und sich vor allem auf die bildliche Darstellung der unzähligen Erscheinungsformen dieses Bodhisattvas konzentriert.
Werk von Sugawara Mitsushige. Kamakura-Zeit. Metropolitan Museum of Art.

Das Lotos Sutra gehört zu den bekanntesten Sutren des Mahayana [Mahāyāna (skt.) महायान „Großes Fahrzeug“, buddhistische Richtung (jap. daijō bukkyō 大乗)] Buddhismus. Seine geläufigste Version ist die chinesische Übersetzung durch den Übersetzermönch Kumarajiva [Kumārajīva (skt.) कुमारजीव 344–413; buddh. Gelehrter und Übersetzer (jap. Kumaraju 鳩摩羅什)] (343–413), die 406 fertiggestellt wurde und auch den meisten Übersetzungen in westliche Sprachen zugrunde liegt. In dieser Form besteht das Sutra aus 28 Kapiteln, die sehr unterschiedliche Themen behandeln. Die Rahmenhandlung dieser Kapitel beschreibt, wie Buddha Shakyamuni [Śākyamuni (skt.) शाक्यमुनि „Der Weise des Shakya-Klans“, buddhistischer Name des historischen Buddha (Gautama Siddhartha) (jap. Shaka 釈迦 oder Shakamuni 釈迦牟尼)] vor einer unübersehbaren Menge von irdischen und überirdischen Anhängern eine Predigt hält. Im Laufe dieser Predigt kommt u.a. die Parabel vom brennenden Haus (Kap. 3) zur Sprache, die das Anwenden von „angemessenen Mitteln“ (skt. upaya [upāya (skt.) उपाय „[geschicktes] Mittel“ (jap. hōben 方便)], jap. hōben [hōben (jap.) 方便 geschicktes Mittel; skt. upāya]) legitimiert (Kap. 2). Der Buddha wird in dieser Parabel als gütiger Vater beschrieben, der versucht, die Kinder, die sich der Gefahr nicht bewusst sind (die unerleuchteten Wesen), durch Versprechungen aus dem brennenden Haus zu locken. Ein anderes berühmtes Kapitel (16) thematisiert die Lebenslänge des Buddhas und damit zugleich die buddhistische Zeitentheorie (s. dazu Die Reformen der Heian-Zeit). Das Sutra enthält aber auch Passagen, die erläutern, warum es einen besonderen karmischen Verdienst darstellt, es — das Sutra — zu kopieren. Dieses Verdienst wird höher eingeschätzt als das Opfer des eigenen Körpers, obwohl auch diese Praxis grundsätzlich gut geheißen wird (Kap. 23). Eines der einflussreichsten Kapitel ist Bodhisattva Avalokiteshvara [Avalokiteśvara (skt.) अवलोकितेश्वर „Herr, der [die Welt] unten wahrnimmt“, Bodhisattva (jap. Kannon 観音 oder Kanzeon 観世音)] (jap. Kannon [Kannon (jap.) 観音 auch Kanzeon 観世音, wtl. der den Klang der Welt erhört; skt. Avalokiteśvara; chin. Guanyin; als Bodhisattva des Mitleids bekannt]) gewidmet und dürfte mitverantwortlich für die besondere Popularität dieser Figur sein.

Das Lotos Sutra heißt auf Sanskrit Saddharma pundarika sutra [Saddharma puṇḍarīka sūtra (skt.) सद्धर्मपुण्डरीकसूत्र „Sutra vom weißen Lotos des wunderbaren Dharma“, Lotos Sutra (jap. Myōhō renge kyō 妙法蓮華経 oder Hoke-kyō 法華経)], wörtlich: „Sutra der Lotosblume vom wunderbaren Dharma [Dharma (skt.) धर्म Gesetz (des Universums), Lehre (des Buddha) (jap. 法)]“, jap. entweder kurz Hoke-kyō [Hoke-kyō (jap.) 法華経 Lotos Sutra; skt. Saddharma pundarika sutra; jap. auch Hokkekyō oder Myōhō renge kyō; zählt zu den einflussreichsten Texten des Mahayana-Buddhismus, älteste Fassungen dürften im ersten Jh. v.u.Z. entstanden sein.], oder Myōhō renge kyō [Myōhō renge kyō (jap.) 妙法蓮華経 Lotos Sutra (des Wunderbaren Dharma), skt. Saddharma-pundarīka-sūtra (jap. auch Hoke-kyō)]. Es gilt vor allem im japanischen Tendai [Tendai-shū (jap.) 天台宗 Tendai-Schule, chin. Tiantai] und Nichiren [Nichiren (jap.) 日蓮 1222–1282; Begründer des Nichiren Buddhismus] Buddhismus (auch Hokke-shū [Hokke-shū (jap.) 法華宗 Andere Bez. des Nichiren Buddhismus]) als die wichtigste buddhistische Lehrschrift überhaupt.

Herz Sutra und Sutra der Höchsten Weisheit

Ein weiteres allgemein bekanntes Sutra ist das Herz Sutra (jap. Hannya shingyō [Hannya shingyō (jap.) 般若心経 „Herz Sutra der vollkommenen Weisheit“]). Es ist so kurz, dass es eigentlich mehr einem Gebet gleicht und in wenigen Minuten rezitiert werden kann. Es besteht im wesentlichen aus einer Lehrrede des Kannon (Bodhisattva Avalokiteshvara) an Shariputra [Śāriputra (skt.) शारिपुत्र Hauptschüler des Buddha (jap. Sharihotsu 舎利佛)], einen Schüler des historischen Buddha. Einer der Kernsätze lautet „Form ist Leere, Leere ist Form“. Es geht also um die Philosophie der Leere (skt. shunyata [śūnyatā (skt.) शून्यता „Leere, Nichts“, im Buddhismus ein wichtiges philosophisches Konzept (jap. 空)], jap. [ (jap.) Leere, Nichts; im Buddhismus ein wichtiges philosophisches Konzept]), bzw. der Unbeständigkeit des irdischen Daseins, die u.a. auch als buddhistischer Nihilismus bezeichnet wird.

In Japan können viele Menschen das Herz Sutra auswendig, vor allem Anhänger des Zen [Zen (jap.) chin. Chan, wtl. Meditation; Zen Buddhismus] und des Shingon [Shingon-shū (jap.) 真言宗 Shingon-Schule, wtl. Schule des Wahren Wortes; wichtigste Vertreterin des esoterischen Buddhismus (mikkyō) in Japan] Buddhismus. Das Sutra wird hier in einer Mischung aus Sanskrit und Chinesisch rezitiert, die keinerlei Ähnlichkeiten mit dem gesprochenen Japanisch aufweist und für Laien vollkommen unverständlich ist. Für die meisten japanischen Buddhisten steht der inhaltliche Aspekt des Textes daher nicht im Vordergrund. Interessanterweise ist das Herz Sutra aber gerade in seiner japanisierten Form (also in sinisiertem Sankrit, japanisch ausgesprochen) auch in westlichen buddhistischen Kreisen populär geworden.

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4 Abschrift des Daihannya-kyō in Goldtinte auf blauem Grund, Heian-Zeit
Abschrift des Daihannya-kyō aus der Heian-Zeit.

Das Titelblatt stellt Buddhas erste Predigt im Hirschpark von Sarnarth in Indien dar. Der Buddha und zwei Bodhisattvas sitzen auf Lotos-Blüten, dahinter die fünf Asketen, mit denen Buddha ehemals gemeinsam praktizierte, sowie die friedlichen Hirsche.

Das sutra wurde auf Bestellung von Fujiwara Hidehira (–1187) angefertigt, um für die Seele seines verstorbenen Vaters Motohira (–1157) zu beten. Dieser Zweig der Fujiwara begründete Ende der Heian-Zeit in Hiraizumi, Nordost-Japan ein florierendes geistig-religiöses Zentrum.
Heian-Zeit, ca. 1175. Metropolitan Museum, 2003, Abb. 28.

Diamant Sutra

Diamant Sutra (jap. Kongō-kyō [Kongō-kyō (jap.) 金剛経 Diamant Sutra, vollst. Name Kongō hannyaharamitsu kyō bzw. skt. Vajracchedikā-prajñāpāramitā-sūtra, erste Übersetzung ins Chinesische Kumārajīva, 403; online-Version inkl. eng. Ü.: Charles Muller]) ist die Kurzbezeichnung für einen Text, der wörtlich das „Sutra der Diamant-gleichen höchsten Weisheit“ (Skt. Vajracchedikā-prajñāpāramitā-sūtra) betitelt wurde. Ähnlich wie im Herz Sutra geht es auch hier um die höchste Weisheit, die als das Erkennen der Leere dargestellt wird, wobei für diese Leere ein Reihe kunstvoller Metaphern und Allegorien gefunden werden. Das relativ kurze Sutra genießt vor allem im Zen [Zen (jap.) chin. Chan, wtl. Meditation; Zen Buddhismus] Buddhismus große Popularität. Formal handelt es sich um einen Dialog zwischen dem Buddha Shakyamuni und Subhūti, einem seiner Zehn Schüler, der auch als jener Jünger des Buddha galt, der als erster die Wahrheit der Leere zu begreifen vermochte.

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5 Diamant Sutra, China 868
Das Bild zeigt den Mönch Subhuti und Buddha Shakyamuni im Dialog, wie er im Diamant Sutra wiedergegeben ist. Es handelt sich um die einzige Illustration in der ersten Druckversion dieses Textes aus dem Jahr 868. Dargestellt sind Subhuti und der wesentlich größere Buddha, umringt von seinen Hauptschülern (zu denen auch Subhuti zählt), zwei Bodhisattvas, zwei Wächtern niō, zwei Löwenhunden (komainu), zwei Himmlischen Wesen, sowie einem weltlichen Herrscher mit Gefolge (unten rechts). Der Text gilt als das älteste gedruckte Buch der Welt. Er überdauerte Jahrhunderte in Vergessenheit in einer der Höhlen von Dunhuang, wo er vom Altösterreicher in britischen Diensten Sir Aurel Stein (1862–1943) in den Jahren 1906–1908 entdeckt wurde.
Tang-Zeit, 868. Wikimedia Commons.

Das Sutra ist auch deshalb interessant, weil es als einer der ersten buddhistischen Texte auch als Blockdruck herausgebracht wurde. Der Druck entstand im Jahr 868 in China und gilt als ältestes gedrucktes Buch der Welt. Er enthält eine Illustration, auf der das Setting des Sutras zu sehen ist: Links unten der Mönch Subhuti [Subhūti (skt.) सुभूति einer der Zehn Schüler des Buddha; Fragensteller im Diamant Sutra (jap. Shubodai 須菩提 oder Gekū Daiichi 解空第一)] in ehrfurchtsvoller Haltung, in der Bildmitte der Buddha, umringt von seinen Hauptschülern (zu denen auch Subhuti zählt), zwei Bodhisattvas [Bodhisattva (skt.) बोधिसत्त्व „Erleuchtetes Wesen“, Vorstufe zur vollkommenen Buddhaschaft (jap. bosatsu 菩薩)], zwei Wächtern (niō [niō (jap.) 仁王 Wächterfigur, Torwächter]), zwei Löwenhunden (komainu [komainu (jap.) 狛犬 wtl. „Korea-Hund“, auch „Löwenhund“; Wächterfigur vor religiösen Gebäuden]), zwei Himmlischen Wesen, sowie einem weltlichen Herrscher mit Gefolge (unten rechts).

Goldglanz Sutra

Das Goldglanz Sutra — Konkōmyō-kyō [Konkōmyō-kyō (jap.) 金光明経 Goldglanz Sutra; skt. Suvarṇaprabhāsasottama sūtra; eines von drei „Staatsschutz-Sutren“ des frühen japanischen Staats], skt. Suvarna-prabhasottama-sutra, in erweiterter Fassung auch als „Sutra vom goldenen Glanz der siegreichen Könige“ (Konkōmyō saishōō kyō) bekannt — ist vielleicht der politisch einflussreichste Text des frühen japanischen Buddhismus, da er sich explizit an die Herrschenden wendet.

Zusammen mit dem Sutra der/für Barmherzige Könige (Ninnō-kyō [Ninnō-kyō (jap.) 仁王経 Sutra der Barmherzigen Könige; eines von drei „Staatsschutz-Sutren“ des frühen japanischen Staats]) und dem Lotos Sutra zählte das Goldglanz Sutra zu den sogenannten Drei Staatsschutz Sutren, die insbesondere vor und während der Nara [Nara (jap.) 奈良 Hauptstadt und Sitz des Tennō, 710–784 (= Nara-Zeit); auch: Heijō-kyō]-Zeit große staatliche Förderung erhielten, weil man sich umgekehrt tatsächlich einen gleichsam magischen Schutz des Reiches von ihnen erwartete. Tenmu Tennō [Tenmu Tennō (jap.) 天武天皇 631?–686; 40. japanischer Kaiser; (r. 673–686)] und sein Urenkel Shōmu [Shōmu Tennō (jap.) 聖武天皇 701–56; 45. japanischer Kaiser; (r. 724–49); Förderer des Buddhismus] ließen im 7. und 8. Jahrhundert in allen Provinzen Tempel errichten, in denen das Goldglanz Sutra rezitiert und aufbewahrt werden sollte.

Mit dem Rückgang staatlicher Förderung (und Reglementierung) des Buddhismus in der Heian [Heian (jap.) 平安 auch Heian-kyō 平安京, „Stadt des Friedens“; politisches Zentrum 794–1185 (= Heian-Zeit)]-Zeit nahm die Bedeutung des Goldglanz Sutras zwar ab, es legte aber den Grundstein für die Bekanntheit von Figuren wie Benzaiten [Benzaiten (jap.) 弁才天/弁財天 Glücksgöttin im Ensemble der Sieben Glücksgötter (Shichi Fukujin); Gottheit des Wassers, der Musik und der Beredsamkeit; skt. Sarasvati; auch: Benten] und Bishamon-ten [Bishamon-ten (jap.) 毘沙門天 Himmelswächter des Nordens, Glücksgott; abgeleitet von einem indischen Gott des Reichtums, Vaishravana], die heute als Bestandteil der Sieben Glücksgötter [Shichi Fukujin (jap.) 七福神 Sieben Glücksgötter; populäres Ensemble von Glücksgöttern verschiedener Herkunft] in Japan ungebrochene Popularität genießen.

Buddhismus und andere Religionen

Andere Religionen führen nach buddhistischer Auffassung zwar nicht direkt zum Pfad der Erleuchtung, können aber unter Umständen mit dem Buddhismus vereinbare Werte verbreiten. Sie können sogar dem Plan eines Buddha entsprechen, um die Unwissenden schrittweise an seine Lehre heranzuführen. Religionen, die den Buddhismus nicht ihrerseits ablehnen (also z.B. der Shintō [Shintō (jap.) 神道 Shintō; wtl. Weg der Götter, Weg der kami]), werden daher als Umwege, aber nicht als Irrwege aufgefasst.

Ebenso wird die Existenz von Gottheiten anderer Religionen nicht geleugnet. Allerdings sind auch die Götter im Geburtenkreislauf gefangen. Gottsein ist also eine mögliche Form der Wiedergeburt. Vor allem indische Götter wurden in dieser Form konzipiert (sie erhalten oft die Funktion eines Beschützers des Buddhismus). Japanische Götter (kami [kami (jap.) Gottheit; im engeren Sinne einheimische oder lokale japanische Gottheit, Schreingottheit (s. jinja), Gottheit des Shintō]) gelten hingegen in vielen Richtungen des japanischen Buddhismus als Manifestationen von Buddhas. Buddhas bedienen sich demnach der Form von kami, um die Menschen an sich heran zu führen.

In diesen Konzeptionen von nicht-buddhistischen Göttern spiegelt sich ein gemeinsames Grundmuster wider: Außerhalb des Buddhismus liegende Vorstellungen werden von diesem nicht bekämpft oder negiert, sondern nach Möglichkeit integriert. Man hat diese Verfahrensweise u.a. auch als „Inklusivismus“ bezeichnet. Monotheistische Religionen wie das Christentum oder der Islam gehen hier meist einen anderen Weg (Verneinung, Diffamierung, Verfolgung), den man in diesem Zusammenhang als „exklusivistisch“ bezeichnen könnte. Solchen exklusivistischen Religionen oder Sekten gegenüber zeigte sich umgekehrt auch der Buddhismus von einer intoleranten Seite und zwar genau dann, wenn diese Religionen sich gegen die Vereinnahmung durch den Buddhismus zur Wehr setzten oder diese von vornherein ausschlossen. Christen und andere religiöse Gruppen mit exklusivem Absolutheitsanspruch (etwa die buddhistische Ikkō-shū [Ikkō-shū (jap.) 一向宗 Ikkō Sekte, eine Fraktion des Buddhismus vom Reinen Land ( Jōdo-shū)]) wurden daher in Japan auch im Namen des japanischen Buddhismus auf ähnliche Weise verfolgt wie „Ketzer“ und „Heiden“ in der europäischen Religionsgeschichte (s. Kap. Geschichte, Japans ‚christliches Jahrhundert‘).

Verweise

Verwandte Themen

Internetquellen

Siehe auch Internetquellen

Einführungen in die Lehre des Buddha gibt es im Internet wie Sand am Meer, viele sind allerdings durch den Blick einer spezifischen Richtung des Buddhismus gefärbt. Andererseits gibt es viele Linksammlungen, die teilweise veraltet oder ungeordnet sind. Hier eine kleine Auswahl von Links, die bereits länger funktionieren:


Letzte Überprüfung der Linkadressen: Jul. 2020

Literatur

Siehe auch Literaturliste

Auch die Einführungsliteratur in den Buddhismus ist unübersehbar und zugleich von einem wissenschaftlichen Standpunkt aus meist nicht befriedigend. 2011 ist jedoch ein Band zur Geschichte des japanischen Buddhismus erschienen, der von der Zielsetzung viel mit dem Kapitel Geschichte gemeinsam hat, allerdings wesentlich ausführlicher auf einzelne Punkte eingeht:

Christoph Kleine, Der Buddhismus in Japan: Geschichte, Lehre, Praxis. Tübingen: Mohr Siebeck, 2011.

Zum indischen Buddhismus gibt es einige Klassiker, die zwar nicht mehr ganz aktuell sind, aber gut und allgemein verständlich geschrieben:

Edward Conze, Buddhismus: Wesen und Entwicklung. Stuttgart: Kohlhammer, 1995. [Engl. Originalausgabe: Buddhism. Its Essence and Development, 1951.]
Erich Frauwallner, Geschichte der Indischen Philosophie, Bd. 1. Salzburg: Otto Müller Verlag, 1953.

Etwas moderner und zudem sehr handlich:

Axel Michaels, Buddha: Leben, Lehre, Legende. München: C. H. Beck, 2011.
Bernard Faure, Buddhismus. Bergisch Gladbach: Lübbe, 1998. [Französische Originalausgabe: Le Buddhisme, 1997.]

Zum Lotos Sutra:

Burton Watson (Ü.), The Lotus Sutra. New York: Columbia University Press, 1993.
Max Deeg (Ü.), Das Lotos Sutra. Darmstadt: WBG, 2009. [2. korrigierte Auflage.]

Bilder

Quellen und Erläuterungen zu den Bildern auf dieser Seite

  1. ^ 
    Hannya shingyo.jpg
    Japanische Abschrift des Herz-sutra.
    Heian-Zeit, 12. Jh. The British Museum.
  2. ^ 
    Kegonkyo744.jpg
    Auf diesem Fragment steht ein Teil des Kegon-kyō (Blütenkranz Sutra) geschrieben.
    Nara-Zeit, 744. Metropolitan Museum of Art.
  3. ^ 
    Hokekyo 25.jpg
    Eröffnungsszene des 25. Kapitels des Lotos Sutra (Hoke-kyō), in dem es um die Vorzüge von Bodhisattva Kannon geht. Das Kapitel besteht aus einem Dialog zwischen Buddha Shakyamuni (durch Aureole gekennzeichnet) und dem „Bodhisattva Unerschöpfliche Absicht“ (ihm gegenüber am Boden sitzend), in dem die Eigenschaften Kannons als Helfer der notleidenden Lebewesen gepriesen werden. Kannon selbst tritt in dem Kapitel nur am Rande in Erscheinung. Die Illustration entstammt einer reichhaltig bebilderten Schriftrolle aus der Kamakura-Zeit, die lediglich das Kannon-Kapitel des Lotos Sutra enthält und sich vor allem auf die bildliche Darstellung der unzähligen Erscheinungsformen dieses Bodhisattvas konzentriert.
    Werk von Sugawara Mitsushige. Kamakura-Zeit. Metropolitan Museum of Art.
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    Abschrift des Daihannya-kyō aus der Heian-Zeit.

    Das Titelblatt stellt Buddhas erste Predigt im Hirschpark von Sarnarth in Indien dar. Der Buddha und zwei Bodhisattvas sitzen auf Lotos-Blüten, dahinter die fünf Asketen, mit denen Buddha ehemals gemeinsam praktizierte, sowie die friedlichen Hirsche.

    Das sutra wurde auf Bestellung von Fujiwara Hidehira (–1187) angefertigt, um für die Seele seines verstorbenen Vaters Motohira (–1157) zu beten. Dieser Zweig der Fujiwara begründete Ende der Heian-Zeit in Hiraizumi, Nordost-Japan ein florierendes geistig-religiöses Zentrum.
    Heian-Zeit, ca. 1175. Metropolitan Museum, 2003, Abb. 28.

  2. ^ 
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    Das Bild zeigt den Mönch Subhuti und Buddha Shakyamuni im Dialog, wie er im Diamant Sutra wiedergegeben ist. Es handelt sich um die einzige Illustration in der ersten Druckversion dieses Textes aus dem Jahr 868. Dargestellt sind Subhuti und der wesentlich größere Buddha, umringt von seinen Hauptschülern (zu denen auch Subhuti zählt), zwei Bodhisattvas, zwei Wächtern niō, zwei Löwenhunden (komainu), zwei Himmlischen Wesen, sowie einem weltlichen Herrscher mit Gefolge (unten rechts).

    Der Text gilt als das älteste gedruckte Buch der Welt. Er überdauerte Jahrhunderte in Vergessenheit in einer der Höhlen von Dunhuang, wo er vom Altösterreicher in britischen Diensten Sir Aurel Stein (1862–1943) in den Jahren 1906–1908 entdeckt wurde.
    Tang-Zeit, 868. Wikimedia Commons.


Glossar

Namen und Fachbegriffe auf dieser Seite

  • Abhidharma (skt.) अभिधर्म ^ Kommentarwerke des buddh. Kanons (jap. Abidatsuma 阿毘達磨)
  • Amida 阿弥陀 ^ Buddha Amitabha; Hauptbuddha der Schulen des Reinen Landes (Jōdo-shū bzw. Jōdo Shinshū)
  • Arhat (skt.) अर्हत् ^ buddhistische Heiligenfigur; höchste Stufe des Menschseins vor dem Austritt aus dem Geburtenkreislauf (jap. rakan)
  • Avalokiteśvara (skt.) अवलोकितेश्वर ^ „Herr, der [die Welt] unten wahrnimmt“, Bodhisattva (jap. Kannon 観音 oder Kanzeon 観世音)
  • Avataṃsakasūtra (skt.) अवतंसकसूत्र ^ „Blütenkranz Sutra“, erste Übersetzung ins Chinesische um 420 (jap. Kegon-kyō 華厳経)
  • Benzaiten 弁才天/弁財天 ^ Glücksgöttin im Ensemble der Sieben Glücksgötter (Shichi Fukujin); Gottheit des Wassers, der Musik und der Beredsamkeit; skt. Sarasvati; auch: Benten
  • Bishamon-ten 毘沙門天 ^ Himmelswächter des Nordens, Glücksgott; abgeleitet von einem indischen Gott des Reichtums, Vaishravana
  • Bodhisattva (skt.) बोधिसत्त्व ^ „Erleuchtetes Wesen“, Vorstufe zur vollkommenen Buddhaschaft (jap. bosatsu 菩薩)
  • Buddha (skt.) बुद्ध ^ „Der Erleuchtete“ (jap. butsu, hotoke 仏 oder Budda 仏陀)
  • bukkyō 仏教 ^ Lehre des Buddha, Buddhismus
  • Dharma (skt.) धर्म ^ Gesetz (des Universums), Lehre (des Buddha) (jap. 法)
  • Dōkyō 道教 ^ Daoismus, wtl. Lehre des Weges, chin. Daojiao; philosophisch-rel. Strömung Chinas; s.a.
  • duḥkha (skt.) दुःख ^ „Leiden“ (jap. ku 苦)
  • Hannya shingyō 般若心経 ^ „Herz Sutra der vollkommenen Weisheit“
  • Heian 平安 ^ auch Heian-kyō 平安京, „Stadt des Friedens“; politisches Zentrum 794–1185 (= Heian-Zeit)
  • Hīnayāna (skt.) हीनयान ^ „Kleines Fahrzeug“, buddhistische Richtung (jap. Shōjō 小乗)
  • Hoke-kyō 法華経 ^ Lotos Sutra; skt. Saddharma pundarika sutra; jap. auch Hokkekyō oder Myōhō renge kyō; zählt zu den einflussreichsten Texten des Mahayana-Buddhismus, älteste Fassungen dürften im ersten Jh. v.u.Z. entstanden sein.
  • Hokke-shū 法華宗 ^ Andere Bez. des Nichiren Buddhismus
  • ^ buddhistischer Dharma, wtl. Gesetz
  • hōben 方便 ^ geschicktes Mittel; skt. upāya
  • Ikkō-shū 一向宗 ^ Ikkō Sekte, eine Fraktion des Buddhismus vom Reinen Land ( Jōdo-shū)
  • jing (chin.) 經 ^ chin. Bezeichnung für eine kanonische Schrift, z.B. ein buddhistisches sutra oder ein daoistischer „Klassiker“; jap. kyō
  • Kāmasūtra (skt.) कामसूत्र ^ „Leitfaden der Liebe“, klassisch-indisches Lehrbuch der Erotik
  • kami^ Gottheit; im engeren Sinne einheimische oder lokale japanische Gottheit, Schreingottheit (s. jinja), Gottheit des Shintō
  • Kannon 観音 ^ auch Kanzeon 観世音, wtl. der den Klang der Welt erhört; skt. Avalokiteśvara; chin. Guanyin; als Bodhisattva des Mitleids bekannt
  • Karma (skt.) कर्म ^ „Tat“, auch „konsequente Folge“; moralische Bilanz der gesetzten Handlungen (jap. 業)
  • Kegon-kyō 華厳経 ^ Avatamsaka Sutra bzw. Blütenkranz Sutra
  • kleśa (skt,) क्लेश ^ „Leid“, auch: Leidenschaft, die den Menschen ans Diesseits bindet; neben den sog. Fünf Giften (Ignoranz, Gier, Hass, Stolz und Neid) gibt es auch Serien von 3, 6, 10 oder 108 Kleshas (jap. bonnō 煩悩)
  • komainu 狛犬 ^ wtl. „Korea-Hund“, auch „Löwenhund“; Wächterfigur vor religiösen Gebäuden
  • Kongō-kyō 金剛経 ^ Diamant Sutra, vollst. Name Kongō hannyaharamitsu kyō bzw. skt. Vajracchedikā-prajñāpāramitā-sūtra, erste Übersetzung ins Chinesische Kumārajīva, 403; online-Version inkl. eng. Ü.: Charles Muller
  • Konkōmyō-kyō 金光明経 ^ Goldglanz Sutra; skt. Suvarṇaprabhāsasottama sūtra; eines von drei „Staatsschutz-Sutren“ des frühen japanischen Staats
  • kōan 公案 ^ Koan, paradoxes Zen-Rätsel
  • Kumārajīva (skt.) कुमारजीव ^ 344–413; buddh. Gelehrter und Übersetzer (jap. Kumaraju 鳩摩羅什)
  • ^ Leere, Nichts; im Buddhismus ein wichtiges philosophisches Konzept
  • kyō^ kanonischer Text, wtl. „Kettfaden“; im Buddh.: Sutra (skt. sutra), Lehrrede des Buddha
  • Mahāyāna (skt.) महायान ^ „Großes Fahrzeug“, buddhistische Richtung (jap. daijō bukkyō 大乗)
  • mantra (skt.) मन्त्र ^ Gebetsformel (jap. shingon 真言)
  • mikkyō 密教 ^ esoterischer Buddhismus, Tantrismus; wtl. geheime Lehre; Gegenstück zu kengyō; in Japan vor allem durch den Shingon, aber auch durch Teile des Tendai Buddhismus vertreten
  • mudrā (skt.) मुद्रा ^ „Siegel“, Gebetsgeste (jap. inzō 印相)
  • Myōhō renge kyō 妙法蓮華経 ^ Lotos Sutra (des Wunderbaren Dharma), skt. Saddharma-pundarīka-sūtra (jap. auch Hoke-kyō)
  • Nara 奈良 ^ Hauptstadt und Sitz des Tennō, 710–784 (= Nara-Zeit); auch: Heijō-kyō
  • Nichiren 日蓮 ^ 1222–1282; Begründer des Nichiren Buddhismus
  • Ninnō-kyō 仁王経 ^ Sutra der Barmherzigen Könige; eines von drei „Staatsschutz-Sutren“ des frühen japanischen Staats
  • niō 仁王 ^ Wächterfigur, Torwächter
  • Nirvāṇa (skt.) निर्वाण ^ „Erloschen, ausgelöscht“, Ort der Erlösung von allem Leid, absolutes Jenseits (jap. Nehan 涅槃)
  • prajñāpāramitā (skt.) प्रज्ञापारमिता ^ „Vollkommene Weisheit“ (jap. hannyaharamitta 般若波羅蜜多)
  • Saddharma puṇḍarīka sūtra (skt.) सद्धर्मपुण्डरीकसूत्र ^ „Sutra vom weißen Lotos des wunderbaren Dharma“, Lotos Sutra (jap. Myōhō renge kyō 妙法蓮華経 oder Hoke-kyō 法華経)
  • Saṃsāra (skt.) संसार ^ „Beständiger Fluss“, Kreislauf der Wiedergeburten, Diesseits (jap. Rinne 輪廻)
  • sanbō 三宝 ^ Drei Schätze oder Drei Juwelen, skt. triratna: Buddha, Dharma, Sangha; im Kontext des Shinto bezeichnet der Begriff ein Opfertischchen, wird in diesem Fall allerdings meist mit den Zeichen 三方 („drei Richtungen“) geschrieben.
  • saṃgha (skt.) संघ ^ „(Mönchs-)Gemeinde“ (jap. 僧 oder sōgya 僧伽)
  • satori 悟り ^ Erleuchtungserfahrung (bes. im Zen Buddhismus)
  • Śākyamuni (skt.) शाक्यमुनि ^ „Der Weise des Shakya-Klans“, buddhistischer Name des historischen Buddha (Gautama Siddhartha) (jap. Shaka 釈迦 oder Shakamuni 釈迦牟尼)
  • Śāriputra (skt.) शारिपुत्र ^ Hauptschüler des Buddha (jap. Sharihotsu 舎利佛)
  • Shichi Fukujin 七福神 ^ Sieben Glücksgötter; populäres Ensemble von Glücksgöttern verschiedener Herkunft
  • Shingon-shū 真言宗 ^ Shingon-Schule, wtl. Schule des Wahren Wortes; wichtigste Vertreterin des esoterischen Buddhismus (mikkyō) in Japan
  • Shintō 神道 ^ Shintō; wtl. Weg der Götter, Weg der kami
  • Shōmu Tennō 聖武天皇 ^ 701–56; 45. japanischer Kaiser; (r. 724–49); Förderer des Buddhismus
  • Śrāvakayāna (skt.) श्रावकयान ^ „Fahrzeug der Schüler“, Richtung des Buddhismus (jap. Shōmon-jō 声聞乗)
  • śūnyatā (skt.) शून्यता ^ „Leere, Nichts“, im Buddhismus ein wichtiges philosophisches Konzept (jap. 空)
  • Subhūti (skt.) सुभूति ^ einer der Zehn Schüler des Buddha; Fragensteller im Diamant Sutra (jap. Shubodai 須菩提 oder Gekū Daiichi 解空第一)
  • sūtra (skt.) सूत्र ^ „Faden“, Lehrrede des Buddha, kanonische Schrift (jap. kyō 経 oder kyōten 経典)
  • Taishō 大正 ^ 1879–1926; zweiter Tennō des modernen Japan, Sohn des Meiji Tennō; seine Amtszeit (1912–1926) wird als Taishō-Zeit bezeichnet
  • Taishō shinshū daizōkyō 大正新脩大藏經 ^ Taishō Tripitaka, Taishō Kanon; in der Ära Taishō (1912–1926) revidierte Ausgabe des chinesischen buddhistischen Kanons
  • tantra (skt.) तन्त्र ^ „Gewebe“, Lehrschrift des esoterischen Buddhismus (ähnlich sutra, aber meist mit rituellem Inhalt)
  • Tendai-shū 天台宗 ^ Tendai-Schule, chin. Tiantai
  • Tenmu Tennō 天武天皇 ^ 631?–686; 40. japanischer Kaiser; (r. 673–686)
  • Theravāda (pali) थेरवाद ^ „Schule der Ordensälteren“, buddhistische Richtung (hier in Pali angegeben; skt: Sthaviravada) (jap. jōzabu bukkyō 上座部仏教)
  • Tōdaiji 東大寺 ^ Tempel des Großen Buddha von Nara; wtl. Großer Ost-Tempel
  • Tripiṭaka (skt.) त्रिपिटक ^ „Drei Körbe“, kanonische Schriften des Buddhismus (jap. Sanzō 三蔵)
  • upāya (skt.) उपाय ^ „[geschicktes] Mittel“ (jap. hōben 方便)
  • Vajrayāna (skt.) वज्रयन ^ „Vajra-Fahrzeug“, Tantrismus, esoterischer Buddhismus (jap. mikkyō 密教 oder Kongō-jō 金剛乗)
  • Vinaya (skt.) विनय ^ „Disziplin“, die monastischen Ordensregeln (jap. Ritsu 律)
  • Yijing (chin.) 易経 ^ „Buch/Leitfaden der Wandlungen“ (chin. Klassiker); jap. Ekikyō
  • Zen^ chin. Chan, wtl. Meditation; Zen Buddhismus