Bauten/Bekannte Schreine/Ise: Unterschied zwischen den Versionen

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{{titel | Die Schreinanlage von Ise}}
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| Die Schreinanlage von Ise
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{{fl|D}}ie Bedeutung der Schrein·anlage von  {{glossar: Ise}} spiegelt sich nicht in einem einzelnen Gebäude, sondern in der Aus·deh·nung und der schieren Anzahl von Schrein·gebäuden, die zu „Ise“ gezählt werden. Auch ihr archai·scher Baustil und ihr Bezug zur Mytho·logie der Sonnen·gottheit {{glossar:amaterasu}} sind Teil des Charismas von Ise. Vor allem aber ist Ise der Ahnen·schrein des Tennō, was sich bereits in der offiziellen Schreinbezeichnung {{g|isejinguu}} ausdrückt: {{glossar:jinguu}}, wtl. „Götter·palast“, ist eine Bezeich·nung, die nur Schreinen von kaiser·lichen Ahnen·gott·heiten zusteht.<!--
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Die Schreinanlage von {{g| Ise}} wird üblicherweise als „höchster“, „erster“ oder „wichtigster“ Schrein Japans bezeichnet. Ise ist in der Tat der bedeutenste Ahnenschrein des {{g|tennou|Tennō}}. Andererseits war Ise bereits in der {{g|Edo}}-Zeit ein populäres Pilgerzentrum und zieht auch heute jährlich mehrere Millionen Besucher an. Beide Aspekte werden auf dieser Seite erläutert.
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Obwohl auch Schreine wie der {{glossar:Atsutajinguu}} oder der {{glossar:Meijijinguu}} zu den Ahnenschreinen des Tennō zählen, ist klar, dass von Ise die Rede ist, wenn ''jingū'' ohne spezi·fischen Zusatz ver·wendet wird.
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| Die neu errichtete Haupthalle des Äußeren Schreins, 2013
 
| Die neu errichtete Haupthalle des Äußeren Schreins, 2013
 
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Dank der Beziehung zum Kaiser·haus zeichnet sich  Ise durch eine besondere Exklusi·vität aus. Die Haupt·gebäude sind durch einen vier·fachen Zaun von der All·gemein·heit getrennt, als normaler Besucher bekommt man lediglich die Spitzen der Dächer zu Gesicht. Ab·gesehen von den örtli·chen Priestern dürfen nur Mit·glieder der kaiser·lichen Familie in die innersten Schrein·berei·che vor·dringen. Andererseits war Ise bereits in der {{glossar:Edo}}-Zeit ein populäres Pil·ger·zent·rum und zieht auch heute jährlich mehrere Millionen Besucher an.
 
  
 
== Schreinanlage und Neuerrichtung ==
 
== Schreinanlage und Neuerrichtung ==
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| Äußerer Schrein (Gekū)
 
| Innerer Schrein (Naikū)
 
| Innerer Schrein (Naikū)
 
| caption= Die beiden Hauptschreine nach der Schreinverlegung von 2013, <br>aber noch vor dem Abbau der alten Gebäude.
 
| caption= Die beiden Hauptschreine nach der Schreinverlegung von 2013, <br>aber noch vor dem Abbau der alten Gebäude.
 
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Der besondere Bezug Ises zum Tennō drückt sich bereits in der offiziellen Schreinbezeichnung {{g|isejinguu}} aus: {{g|jinguu}}, wtl. „Götterpalast“, ist eine Bezeichnung, die nur Schreinen von kaiserlichen Ahnengottheiten zusteht. Obwohl auch Schreine wie der {{g|Atsutajinguu}} oder der {{g|Meijijinguu}} zu den Ahnenschreinen des Tennō zählen, ist klar, dass von Ise die Rede ist, wenn ''jingū'' ohne spezifischen Zusatz verwendet wird.
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Die beiden etwa gleich großen Haupt·schreine, der Innere Schrein ({{glossar:naikuu}}) und der Äußere Schrein ({{glossar:gekuu}}), bilden die Zentren der Anlage. Sie liegen etwas mehr als 4 km Luftlinie von ein·ander entfernt und waren ehemals von zwei separaten Dörfern, Yamada und Uji, umgeben. Daneben zählen noch 123 weitere Schrein·gebäude, die über die heutige Stadt Ise und ihre Umge·bung verstreut sind, zur gesamten Anlage. Die Haupt·schreine sind exakt nach Süden ausgerichtet und streng symmetrisch (wie im übrigen auch die meisten buddhistischen Tempel), die meisten Neben·schreine sind allerdings nach keinem erkenn·baren Plan positioniert.  
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Die beiden etwa gleich großen Hauptschreine, der Innere Schrein ({{g|naikuu}}) und der Äußere Schrein ({{g|gekuu}}), bilden die Gravitationspunkte einer Anlage, die sich über die ganze Region von Ise erstreckt. Sie liegen etwas mehr als 4 km Luftlinie von einander entfernt und waren ehemals von zwei separaten Dörfern, {{g|Yamada}} und Uji, umgeben. Daneben zählen noch 123 weitere Schreingebäude, die über die heutige Stadt Ise und ihre Umgebung verstreut sind, zum  Schreinkomplex von Ise. Die Hauptschreine sind exakt nach Süden ausgerichtet und streng symmetrisch (wie im übrigen auch die meisten buddhistischen Tempel), die meisten Nebenschreine sind allerdings nach keinem erkennbaren Plan positioniert.  
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Die Hauptgebäude sind durch einen vierfachen Zaun von der Allgemeinheit getrennt, als normaler Besucher bekommt man lediglich die Spitzen der Dächer zu Gesicht. Abgesehen von den örtlichen Priestern dürfen nur Mitglieder der kaiserlichen Familie in die innersten Schreinbereiche vordringen. Die Nebenschreine sind im Stil der Hauptgebäude gehalten, wenn auch kleiner, und dürfen heute sehr wohl  von der Nähe betrachtet werden.
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|  Abb. der Anlage des Inneren Schreins, 1880  
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Die Neben·schreine sind im Stil der Haupt·gebäude gehalten, wenn auch kleiner, und werden ebenso wie diese im Abstand von zwanzig Jahren abge·rissen und neu errichtet. Auch {{glossar:torii}} und Brücken sowie eine Unzahl von Schrein·schätzen, die kaum jemand zu Gesicht bekommt, sind Teil der rituellen Wieder·errich·tung. Dabei dürfen nur tradi·tionelle Materia·lien und Tech·ni·ken zum Einsatz kommen, selbst der Ge·brauch von maschi·nellen Sägen und Hobeln ist unter·sagt.
 
  
Die periodische Erneuerung der gesamten Anlage ({{glossar:shikinensenguu}}) zieht sich etwa über acht Jahre hin. Der Höhe·punkt ist jedoch die Über·füh·rung der Haupt·gott·heiten, nach der auch das Datum der Schrein·er·neue·rung angegeben wird. In einer nächt·lichen Zere·monie, die mit dem jähr·lichen Ernte·dank·fest<ref>Kanname-sai, das wichtigste Schreinfest in Ise im Oktober.</ref> korreliert, werden die {{glossar:shintai}} von Gekū und Naikū in die jewei·ligen neuen Gebäude über·führt. Diese über·nehmen von da an alle Funk·tionen der alten Gebäude. Die alten Gebäude bleiben aller·dings noch eine gewis·se Zeit bestehen, bis sie schließ·lich abgebaut und durch Miniatur·schreine ersetzt werden. Die alten Hölzer werden teil·weise von anderen Schreinen ver·wendet.  
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Sämtliche Haupt- und Nebenschreine werden im Abstand von zwanzig Jahren zur Gänze abgerissen und neu errichtet. Auch {{g|torii}} und Brücken sowie eine Unzahl von Schreinschätzen, die kaum jemand zu Gesicht bekommt, sind Teil der rituellen Wiedererrichtung. Dabei dürfen nur traditionelle Materialien und Techniken zum Einsatz kommen, selbst der Gebrauch von maschinellen Sägen und Hobeln ist untersagt.
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Die periodische Erneuerung der gesamten Anlage ({{g|shikinensenguu}}) zieht sich über etwa acht Jahre hin. Der Höhepunkt ist die Überführung der Hauptgottheiten, nach der auch das Datum der Schreinerneuerung angegeben wird. In einer nächtlichen Zeremonie, die mit dem jährlichen Erntedankfest ({{g|Kannamesai}}, das wichtigste Schreinfest im Oktober) korreliert, werden die {{g|shintai}} von Gekū und Naikū in die jeweiligen neuen Gebäude überführt. Diese übernehmen von da an alle Funktionen der alten Gebäude. Die alten Gebäude bleiben allerdings noch eine gewisse Zeit bestehen, bis sie schließlich abgebaut und durch Miniaturschreine ersetzt werden. Die alten Hölzer werden teilweise von anderen Schreinen verwendet.  
  
 
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Die genauen Gründe dieser Prozedur liegen im Dunkeln, man nimmt aber an, dass sie tat·sächlich dazu geführt hat, die Struktur der Bau·werke in ihrer ur·sprüng·lichen Form zu bewahren. Auch die tradi·tionel·len Hand·werks·techniken werden durch die regel·mäßigen Er·neue·rungen lebendig gehalten. Ähn·liche syste·matische Erneue·rungs·zyklen kennt man im übrigen auch von anderen tradi·tionel·len Schreinen, doch nir·gends werden sie so umfas·send durch·geführt wie in Ise. Dies erforderte stets eine ent·spre·chende ökono·mische Grundlage. Diese war jedoch während des japa·nischen Mittel·alters nicht immer gegeben, sodass die Tradition einmal über hundert Jahre unter·brochen war, sich an·sons·ten aber bis ins späte siebente Jahr·hundert zurück verfolgen lässt.
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Die genauen Gründe dieser Prozedur liegen im Dunkeln, man nimmt aber an, dass sie tatsächlich dazu geführt hat, die Struktur der Bauwerke in ihrer ursprünglichen Form zu bewahren. Auch die traditionellen Handwerkstechniken werden durch die regelmäßigen Erneuerungen lebendig gehalten. Ähnliche systematische Erneuerungszyklen kennt man im übrigen auch von anderen traditionellen Schreinen, doch nirgends werden sie so umfassend durchgeführt wie in Ise. Dies erforderte stets eine entsprechende ökonomische Grundlage. Diese war jedoch während des japanischen Mittelalters nicht immer gegeben, sodass die Tradition einmal über hundert Jahre unterbrochen war, sich ansonsten aber bis ins späte siebente Jahrhundert zurück verfolgen lässt.
  
 
=== Herz-Pfeiler ===
 
=== Herz-Pfeiler ===
  
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| Ritueller Beginn der Schreinerneuerung
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| Ritueller Beginn der Schreinerneuerung  
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Ein für die Dramaturgie der Schreinverlegung essenzielles Element ist der sogenannte „Herz-Pfeiler“ ({{glossar:shinnomihashira}}), der in gewisser Weise die Seele des Schreins verkörpert. Nur die beiden Haupt·hallen von Gekū und Naikū verfügen über einen solchen Pfeiler. Er befindet sich in der Mitte des Gebäudes und reicht von der Erde bis zum Fußboden, hat also keine statische Funktion. Er markiert lediglich die Stelle, wo die „Gottkörper“ (''shintai'') aufbewahrt sind. Nach dem Abbau des ihn um·geben·den Schrein·gebäudes hält er als einziger Bestand·teil des alten Gebäudes bis zur nächsten Schrein·über·führung (also insgesamt 40 Jahre) quasi die Stellung und wird dabei wie ein Heilig·tum von einem Miniatur·schrein beschützt. Acht Jahre vor dem Neubau der Haupt·halle beginnt der Zyklus der Erneue·rung dann damit, dass ein Baum für den Herz·pfeiler des neu zu errich·tenden Schreins in den Wäldern nahe des Schreins gefällt wird. Dieser wird aller·dings erst kurz vor der end·gültigen Schrein·über·führung in einer nächt·lichen Zere·monie in den Boden unter dem neuen Gebäude versenkt. In Ise selbst heißt es, dass dieser Pfeiler ein altes [[Alltag/Opfergaben|Menschen·opfer]] ersetzen würde.<ref>Ellwood 1968, S. 188.</ref> Ähnliche Herz-Pfeiler gibt es auch im Schrein von {{glossar:Izumo}}.
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Ein für die Dramaturgie der Schreinverlegung essenzielles Element ist der sogenannte „Herz-Pfeiler“ ({{g|shinnomihashira}}), der in gewisser Weise die Seele des Schreins verkörpert. Nur die beiden Haupthallen von Gekū und Naikū verfügen über einen solchen Pfeiler. Er befindet sich in der Mitte des Gebäudes und reicht von der Erde bis zum Fußboden, hat also keine statische Funktion. Er markiert lediglich die Stelle, wo die „Gottkörper“ (''shintai'') aufbewahrt sind. Nach dem Abbau des ihn umgebenden Schreingebäudes hält er als einziger Bestandteil des alten Gebäudes bis zur nächsten Schreinüberführung (also insgesamt 40 Jahre) quasi die Stellung und wird dabei wie ein Heiligtum von einem Miniaturschrein beschützt. Acht Jahre vor dem Neubau der Haupthalle beginnt der Zyklus der Erneuerung dann damit, dass ein Baum für den Herzpfeiler des neu zu errichtenden Schreins in den Wäldern nahe des Schreins gefällt wird. Dieser wird allerdings erst kurz vor der endgültigen Schreinüberführung in einer nächtlichen Zeremonie in den Boden unter dem neuen Gebäude versenkt. In Ise selbst heißt es, dass dieser Pfeiler ein altes [[Alltag/Opfergaben|Menschenopfer]] ersetzen würde.<ref>{{zitiert|Ellwood 1968}}, S. 188.</ref> Ähnliche Herz-Pfeiler gibt es auch im Schrein von {{g|Izumo}}.
  
 
== Baustil ==
 
== Baustil ==
  
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|caption= Abbildung der beiden Haupthallen aus dem Jahr 1880
 
|caption= Abbildung der beiden Haupthallen aus dem Jahr 1880
 
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Den charakteristischen Stil der Ise Schreine nennt man {{glossar:shinmeizukuri}}, „Stil der strah·len·den Gott·heit [= die in Ise verehrte Son·nen·gott·heit {{glossar:Amaterasu}}]“. Er entspricht der Bau·weise in der {{g|Yayoi}}-Zeit, also der Zeit von ca. 300 vor bis ca. 300 nach unserer Zeit·rechnung.  Dies scheint das mythische Alter der Anlage (s.u.) zu be·stä·tigen, doch geht man heute davon aus, dass sich das Ensemble der hier ver·ehrten Gott·heiten und ihr enger Bezug zum Kaiser·haus erst im sie·benten Jahr·hundert festigte. Die Ise Schreine wurden daher wahr·schein·lich von Beginn an in einem archa·isierenden Stil errichtet, der durch den regel·mäßigen Wieder·aufbau in Erinnerung blieb.  
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Den charakteristischen Stil der Ise Schreine nennt man {{g|shinmeizukuri}}, „Stil der strahlenden Gottheit [= die in Ise verehrte Sonnengottheit {{g|Amaterasu}}]“. Er entspricht der Bauweise in der {{g|Yayoi}}-Zeit, also der Zeit von ca. 300 vor bis ca. 300 nach unserer Zeitrechnung.  Dies scheint das mythische Alter der Anlage (s.u.) zu bestätigen, doch geht man heute davon aus, dass sich das Ensemble der hier verehrten Gottheiten und ihr enger Bezug zum Kaiserhaus erst im siebenten Jahrhundert festigte. Die Ise Schreine wurden daher wahrscheinlich von Beginn an in einem archaisierenden Stil errichtet, der durch den regelmäßigen Wiederaufbau in Erinnerung blieb.  
  
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|caption=Modellgraphik des Inneren Schreins <br />Bild: [http://www.japonia.org.pl/?q=node/189 Japonia.org.pl]
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|Modellgraphik
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Die Grundform der Gebäude ähnelt einem Speicher, was auch den relativ großen Abstand vom Boden erklärt. Das Dach ist mit Schilf gedeckt. Der Dach·first wird von einem eigenen, an die Außen·wand gelehn·ten Pfeiler gestützt, ein Charak·teristi·kum, das bei jüngeren, von China beein·flussten Bau·formen fehlt.   
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Die Grundform der Gebäude ähnelt einem Speicher, was auch den relativ großen Abstand vom Boden erklärt. Das Dach ist mit Schilf gedeckt. Der Dachfirst wird von einem eigenen, an die Außenwand gelehnten Pfeiler gestützt, ein Charakteristikum, das bei jüngeren, von China beeinflussten Bauformen fehlt.   
  
Im Gegensatz zu fast allen anderen Schreinen, wird das Holz der Ise Schreine nicht lackiert oder sonst vor Verwit·terung geschützt. Auch werden die Pfeiler der Gebäude einfach in den Boden versenkt, wäh·rend sie bei anderen Gebäu·den auf Steinen ruhen, um sie vor der Feuch·tig·keit des Bodens zu schützen. Nach zwanzig Jahren sehen die Schrein·gebäude daher in der Tat bereits sehr „antik“ aus.  
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Im Gegensatz zu fast allen anderen Schreinen, wird das Holz der Ise Schreine nicht lackiert oder sonst vor Verwitterung geschützt. Auch werden die Pfeiler der Gebäude einfach in den Boden versenkt, während sie bei anderen Gebäuden auf Steinen ruhen, um sie vor der Feuchtigkeit des Bodens zu schützen. Nach zwanzig Jahren sehen die Schreingebäude daher in der Tat bereits sehr „antik“ aus.  
  
 
=== ''Katsuogi'' und ''chigi'' ===
 
=== ''Katsuogi'' und ''chigi'' ===
  
Zu den auffallendsten Charakteristika des ''shinmei''-Stils zählt der Dachschmuck: Der First ist mit {{glossar:katsuogi}}-Quer·hölzern, die Giebel mit soge·nannten {{glossar:chigi}} ge·schmückt. ''Chigi'' und ''katsuogi'' gelten als Über·bleibsel des alt·japani·schen Palast-Baustils, die sich nur noch in der Schrein·archi·tektur erhalten haben. Sie exis·tieren in vielen Varian·ten, die jeweils für einen bestimm·ten tradi·tions·reichen Schrein charak·teristisch sind. Im Fall von Ise gibt es die Be·sonder·heit, dass die ''chigi'' mit der Dach·kon·struk·tion ver·schmol·zen sind, während sie in den meisten anderen Fällen als  x-förmiges Dekor·ele·ment neben den ''katsuogi'' auf dem Dach·first reiten.  
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Zu den auffallendsten Charakteristika des ''shinmei''-Stils zählt der Dachschmuck: Der First ist mit {{g|katsuogi}}-Querhölzern, die Giebel mit sogenannten {{g|chigi}} geschmückt. ''Chigi'' und ''katsuogi'' gelten als Überbleibsel des altjapanischen Palast-Baustils, die sich nur noch in der Schreinarchitektur erhalten haben. Sie existieren in vielen Varianten, die jeweils für einen bestimmten traditionsreichen Schrein charakteristisch sind. Im Fall von Ise gibt es die Besonderheit, dass die ''chigi'' mit der Dachkonstruktion verschmolzen sind, während sie in den meisten anderen Fällen als  x-förmiges Dekorelement neben den ''katsuogi'' auf dem Dachfirst reiten.  
  
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| Frontalansicht des Inneren Schreins
 
| Frontalansicht des Inneren Schreins
 
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|Horizontal abgeschrägte Dachsparren  (Innerer Schrein, „weibliche“ Form)  
 
|Horizontal abgeschrägte Dachsparren  (Innerer Schrein, „weibliche“ Form)  
 
|Vertikal abgeschrägte Dachsparren  (Äußerer Schrein, „männliche“ Form)
 
|Vertikal abgeschrägte Dachsparren  (Äußerer Schrein, „männliche“ Form)
 
| ref=1
 
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Auf den Bildern oben sind ''chigi'' in zwei Varianten zu erkennen, einmal horizontal, einmal vertikal abge·schrägt. Dies findet sich auch bei anderen Schreinen, wobei hori·zontale ''chigi'' eine weibliche, vertikale dagegen eine männ·liche Schrein·gott·heit symbo·lisieren. Auch auf die Anzahl der ''katsuogi'' wird Bedacht genom·men: weibliche Gott·heiten haben eine gerade Anzahl von ''katsuogi'' auf dem Dach, männ·liche eine ungerade. Dieser Symbo·lismus lässt einen  Ein·fluss der {{glossar:Yinyang|Yin Yang}}-Philo·sophie erken·nen (gerade = Yin = weiblich, ungerade = Yang = männlich), der mög·licher·weise jüngeren Datums ist als die eigent·lichen archi·tektoni·schen Grund·ele·mente.
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Auf den Bildern oben sind ''chigi'' in zwei Varianten zu erkennen, einmal horizontal, einmal vertikal abgeschrägt. Dies findet sich auch bei anderen Schreinen, wobei horizontale ''chigi'' eine weibliche, vertikale dagegen eine männliche Schreingottheit symbolisieren. Auch auf die Anzahl der ''katsuogi'' wird Bedacht genommen: weibliche Gottheiten haben eine gerade Anzahl von ''katsuogi'' auf dem Dach, männliche eine ungerade. Dieser Symbolismus lässt einen  Einfluss der {{g|Yinyang|Yin Yang}}-Philosophie erkennen (gerade = Yin = weiblich, ungerade = Yang = männlich), der möglicherweise jüngeren Datums ist als die eigentlichen architektonischen Grundelemente.
  
In Ise dienen die ''chigi''-Formen jedoch zur Unter·scheidung von Schreinen, die zum Äußeren (vertikal) bzw. zum Inneren Schrein (hori·zontal) gehören. Der Symbo·lismus wird also sowohl bei den Haupt- als auch bei den zahl·reichen Neben·schreinen angewandt, unab·hängig vom Geschlecht der spezi·fischen Gottheit. Zusam·men mit der Tatsache, dass sich zwischen Äußerem und Innerem Schrein sonst kaum ein Unter·schied erken·nen lässt (auch kein größen·mäßiger) wirft dies die Frage auf, ob die Anlage ursprüng·lich tatsäch·lich für eine weibliche Haupt·göttin und ihre Dienerin ent·worfen wurde, wie dies die Schrein·chronik berichtet. Archi·tekto·nisch gesehen haben wir es eher mit einem Paar von gleich·rangi·gen Gott·heiten unter·schied·lichen Geschlechts zu tun, ein Muster, das sich in vielen alten Schreinen finden lässt. In jedem Fall ist fest·zu·halten, dass zwischen der Archi·tektur und der Mytho·logie der Ise Schreine keine unmit·telbare Verbin·dung besteht.
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In Ise dienen die ''chigi''-Formen jedoch zur Unterscheidung von Schreinen, die zum Äußeren (vertikal) bzw. zum Inneren Schrein (horizontal) gehören. Der Symbolismus wird also sowohl bei den Haupt- als auch bei den zahlreichen Nebenschreinen angewandt, unabhängig vom Geschlecht der spezifischen Gottheit. Zusammen mit der Tatsache, dass sich zwischen Äußerem und Innerem Schrein sonst kaum ein Unterschied erkennen lässt (auch kein größenmäßiger) wirft dies die Frage auf, ob die Anlage ursprünglich tatsächlich für eine weibliche Hauptgöttin und ihre Dienerin entworfen wurde, wie dies die heute bekannten Schreinchroniken berichten. Architektonisch gesehen haben wir es eher mit einem Paar von gleichrangigen Gottheiten unterschiedlichen Geschlechts zu tun, ein Muster, das sich in vielen alten Schreinen finden lässt. In jedem Fall ist festzuhalten, dass zwischen der Architektur und der Mythologie der Ise Schreine keine unmittelbare Verbindung besteht.
  
 
== Schreinmythologie ==
 
== Schreinmythologie ==
  
Im Inneren Schrein von Ise wird als {{glossar:shintai}} ein Spiegel aufbewahrt, welcher der Schrein·mytho·logie zufolge von den Göttern selbst ange·fertigt wurde, um Amaterasu aus ihrer selbst auf·erlegten Iso·lation in der Felsen·höhle zu locken (s. [[Mythen/Goetter des Himmels| Göttermythen]]). Diesen Spiegel gab Ama·terasu ihrem Enkel {{glossar:ninigi}} mit auf den Weg, als er die Herr·schaft auf der Erde antrat. Er solle diesen Spiegel als ein Eben·bild seiner gött·lichen Groß·mutter ansehen. Der Spiegel wurde laut den ältes·ten Chroniken Japans (den so·genann·ten {{glossar:kiki}}) von den Nach·folgern des Ninigi, den frühen Tennō, zusam·men mit anderen Schätzen im kaiser·lichen Palast auf·be·wahrt. Unter dem zehnten Tennō, {{glossar:Sujintennou|Sujin}}, kam es jedoch zu einer Ent·frem·dung zwischen dem Herrscher und seinen Ahnen·göt·tern, als eine furcht·bare Epi·demie das Land heim·suchte. Diese wurde von den Gott·heiten {{glossar:oomononushi}} und Ama·terasu hervor·gerufen (man beachte, dass Amaterasu hier als miss·günstige, gefähr·liche Gottheit auftritt). Erst durch eigene Schreine, die auch die gött·lichen Schätze des Kaiser·hauses bargen, konnten die Gott·heiten besänftigt werden.  
+
Ise wird häufig als Schrein der Sonnengottheit {{g|Amaterasu}} angesehen, doch nur der Innere Schrein ist dieser Gottheit geweiht. Hier wird als {{g|shintai}} ein Spiegel aufbewahrt, welcher der Schreinmythologie zufolge von den Göttern selbst angefertigt wurde, um Amaterasu aus ihrer selbst auferlegten Isolation in der Felsenhöhle zu locken (s. [[Mythen/Goetter des Himmels| Göttermythen]]). Diesen Spiegel gab Amaterasu ihrem Enkel {{g|ninigi}} mit auf den Weg, als er die Herrschaft auf der Erde antrat. Er solle diesen Spiegel als ein Ebenbild seiner göttlichen Großmutter ansehen. Der Spiegel wurde laut den ältesten Chroniken Japans (den sogenannten {{g|kiki}}) von den Nachfolgern des Ninigi, den frühen Tennō, zusammen mit anderen Schätzen im kaiserlichen Palast aufbewahrt. Unter dem zehnten Tennō, {{g|Sujintennou|Sujin}}, kam es jedoch zu einer Entfremdung zwischen dem Herrscher und seinen Ahnengöttern, als eine furchtbare Epidemie das Land heimsuchte. Diese wurde von den Gottheiten {{g|oomononushi}} und Amaterasu hervorgerufen (man beachte, dass Amaterasu hier als missgünstige, gefährliche Gottheit auftritt). Erst durch eigene Schreine, die auch die göttlichen Schätze des Kaiserhauses bargen, konnten die Gottheiten besänftigt werden.  
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Amaterasus Schrein befand sich jedoch zunächst nicht in Ise, sondern im Nara-Becken nahe Berg {{g|Miwa}}. Erst unter dem nächsten Tennō, {{g|Suinintennou|Suinin}}, wurde die kaiserliche Prinzessin {{g|Yamatohime}} damit beauftragt, einen neuen Platz für die Sonnengottheit zu suchen, und fand ihn nach einer jahrelangen Wanderung in Ise, nachdem Amaterasu selbst ihr eine entsprechende Weisung gab:
  
Amaterasus Schrein befand sich jedoch zunächst nicht in Ise, sondern im Nara-Becken nahe Berg Miwa. Erst unter dem nächsten Tennō, {{glossar:Suinintennou|Suinin}}, wurde die kaiser·liche Prinzes·sin {{glossar:Yamatohime}} damit beauf·tragt, einen neuen Platz für die Sonnen·gott·heit zu suchen, und fand ihn nach einer jahre·langen Wande·rung in Ise, nachdem Ama·terasu selbst ihr eine ent·spre·chende Weisung ge·geben hatte.<!--
+
{{zitat| text=
--><ref>
+
The province of Ise, of the divine wind, is [...] a secluded and pleasant land. In this land I wish to dwell.<ref>
„The province of Ise, of the divine wind, is [...] a secluded and pleasant land. In this land I wish to dwell.(Aston 1972, Bd. 1, S. 176.) In diesem Ausspruch Amaterasu findet sich bereits der berühmte Ausdruck {{glossar:kamikaze}}, Götterwind, als Charak·terisierung von Ise.
+
''Nihon shoki'' 6, Suinin Tennō (Ü.: {{zitiert|Aston 1972}}, Bd. 1, S. 176)
 
</ref>
 
</ref>
In einer späteren Episode wird deutlich, dass Yamato-hime auch zwei der drei kaiser·lichen Thron·insignien mit sich führte, nämlich Spiegel und Schwert. Das Schwert über·gab sie jedoch ihrem Neffen, {{glossar:yamatotakeru}}. Es landete schluss·endlich im Atsuta Schrein. Der Spiegel hin·gegen soll sich seit Yamato-hime in Ise befinden.
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}}
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In diesem Ausspruch der Amaterasu findet sich der berühmte Ausdruck {{g|kamikaze}}, Götterwind, der als schmückendes Beiwort von Ise mehrfach in den ältesten Quellen genannt wird.<!--
 +
--><ref>Die älteste Erwähnung stammt aus einem Lied des {{gb|Jinmutennou}} ({{zitiert|Antoni 2012}}, S. 104; Aston 1972, I, S. 122), andere stammen aus dem {{gb|manyoushuu}}.</ref>
 +
Erst viel später, zur Zeit der [[Geschichte/Shinto Mittelalter/Kamikaze|Mongoleninvasion]], erhielt der Ausdruck den militärischen Beigeschmack, der sich schließlich durch die „Kamikaze-Piloten“ des Zweiten Weltkriegs weltweit ins kulturelle Gedächtnis einschrieb.  
  
Seltsamerweise wird Ise in den Episoden der folgenden Tennō lange nicht mehr erwähnt. Ledig·lich die tragische Geschichte einer kaiser·lichen Kult-Prinzessin namens {{glossar:Takuhatahime}}, einer Tochter des {{glossar:yuuryakutennou}}, fand Aufnahme in das ''Nihon shoki''. Von ihr erfahren wir, dass sie den Spiegel ent·wendete und Selbstmord beging, nachdem sie fälschlich der Unzucht bezichtigt worden war. Ihr Leichnam und der Spiegel wurden aber durch einen Regen·bogen offenbart.<ref>Regierungszeit des Yūryaku Tennō, Aston 1972, Bd. 1, S. 341.</ref>
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Im weiteren Verlauf der Yamato-hime Episode stellt sich heraus, dass die Priester-Prinzessin auch zwei der drei kaiserlichen Throninsignien mit sich führte, nämlich Spiegel und Schwert. Das Schwert übergab sie jedoch ihrem Neffen, {{g|yamatotakeru}}. Es landete schlussendlich im {{g|atsutajinguu|Atsuta Schrein}}. Der Spiegel hingegen soll sich seit Yamato-hime in Ise befinden.
  
Der Äußere Schrein führt seine Gründung auf eine Legende zurück, die ebenfalls in der Zeit des Yūraku Tennō angesiedelt ist. In einer Traum·botschaft teilte Amaterasu dem Tennō mit, dass er den Schrein der Nahrungs·gottheit {{glossar:Toyouke}} aus der Provinz Tanba in die Nähe ihres Schreins verlegen lassen solle. Toyouke wurde demnach zunächst in einer Provinz nord·westlich von Kyōto verehrt. Toyouke wird als marginale Gestalt im ''Kojiki'' flüchtig erwähnt. Ihr Schrein in Tanba und seine Übersiedlung nach Ise finden sich jedoch nicht in den ''kiki'', sondern lediglich in der erwähnten Schrein·chronik aus dem Jahr 804.  
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Seltsamerweise bleibt Ise in den Episoden der Tennō, die nach Yamato-hime regieren, vollkommen unerwähnt. Lediglich unter {{g|yuuryakutennou}} (Tennō Nummer 21) erfährt man  die tragische Geschichte einer seiner Töchter, {{g|Takuhatahime}}, die als kaiserliche Kult-Prinzessin in Ise tätig war und Selbstmord beging, nachdem sie fälschlich der Unzucht bezichtigt worden war.<ref>''Nihon shoki'' 14, Yūryaku Tennō (Aston 1972, Bd. 1, S. 341).</ref>
  
Schließlich bergen die ''kiki'' noch den Hinweis auf eine weitere Gottheit, die möglicherweise vor Amaterasu in Ise verehrt wurde und vielleicht sogar in der Rolle einer Sonnengottheit von ihr verdrängt wurde. Es handelt sich um {{glossar:sarutahiko}}, den etwas unheimlichen Bergführer des Ninigi, der mit {{glossar:amenouzume}} vermählt wird. Von diesem Paar heißt es im ''Nihon shoki'', dass sie sich – lange vor Yamato-hime – am Oberlauf des Isuzu-Flusses (der am Inneren Schrein vorbei fließt) niederließen.
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Der Äußere Schrein führt seine Gründung auf eine Legende zurück, die ebenfalls in der Zeit des Yūraku Tennō angesiedelt ist. In einer Traumbotschaft teilte Amaterasu dem Tennō mit, dass er den Schrein der Nahrungsgottheit {{g|Toyouke}} aus der Provinz {{g|Tanba}} in die Nähe ihres Schreins verlegen lassen solle. Toyouke wurde demnach zunächst in einer Provinz nordwestlich von Kyōto verehrt. Toyouke wird als marginale Gestalt im ''Kojiki'' flüchtig erwähnt. Ihr Schrein in Tanba und seine Übersiedlung nach Ise finden sich jedoch nicht in den ''kiki'', sondern lediglich in der erwähnten Schreinchronik aus dem Jahr 804.
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Schließlich bergen die ''kiki'' noch den Hinweis auf eine weitere Gottheit, die möglicherweise vor Amaterasu in Ise verehrt wurde und vielleicht sogar in der Rolle einer Sonnengottheit von ihr verdrängt wurde. Es handelt sich um {{g|sarutahiko}}, den etwas unheimlichen Bergführer des Ninigi, der mit {{g|amenouzume}} vermählt wird. Von diesem Paar heißt es im ''Nihon shoki'', dass sie sich – lange vor Yamato-hime – am Oberlauf des Isuzu-Flusses (der am Inneren Schrein vorbei fließt) niederließen.
  
 
== Schreingeschichte ==
 
== Schreingeschichte ==
  
Die oben skizzierte Schreinmythologie ist zwar bereits in den ''kiki'' zu finden, doch deutet sich in diesen Chroniken zugleich an, dass die Zentren des {{glossar:Kami}}-Kults in vor- und frühgeschichtlicher Zeit woanders, nämlich in {{glossar:Izumo}} und {{glossar:oomiwajinja|Miwa}} gelegen haben müssen. Auch bietet die Mythologie, wie erwähnt, keine befriedigende Erklärung für die Doppelstruktur der Anlage. Die meisten Experten gehen daher heute davon aus, dass die Verehrung einer weiblichen Sonnen·gott·heit, die zugleich als wich·tigste Ahnen·gottheit des Kaiserhauses gilt und ihren Hauptsitz in Ise hat, erst in historischer Zeit zustande kam. Man nimmt an, dass sich die schrift·liche Nie·der·legung der kaiserlichen Mythologie Anfang des achten Jahr·hunderts mit der Ent·steh·ung des Ise-Kults über·schneidet.   
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Die oben skizzierte Schreinmythologie ist zwar bereits in den ''kiki'' zu finden, doch deutet sich in diesen Chroniken zugleich an, dass die Zentren des {{g|Kami}}-Kults in vor- und frühgeschichtlicher Zeit woanders, nämlich in {{g|Izumo}} und {{g|oomiwajinja|Miwa}} gelegen haben müssen. Auch bietet die Mythologie, wie erwähnt, keine befriedigende Erklärung für die Doppelstruktur der Anlage. Die meisten Experten gehen daher heute davon aus, dass die Verehrung einer weiblichen Sonnengottheit, die zugleich als wichtigste Ahnengottheit des Kaiserhauses gilt und ihren Hauptsitz in Ise hat, erst in historischer Zeit zustande kam. Man nimmt an, dass sich die schriftliche Niederlegung der kaiserlichen Mythologie Anfang des achten Jahrhunderts mit der Entstehung des Ise-Kults überschneidet.<ref>S. dazu {{zitiert|Breen Teeuwen 2017|Breen, Teeuwen 2017}}.</ref>  
  
Sowohl die Abfassung der ''kiki'' als auch der Ausbau von Ise wären nach dieser Theorie ein Produkt der Tenmu Dynastie, einer bestimmten Linie des Kaiserhauses, die von {{glossar:tenmutennou}} und seiner Witwe und Nachfolgerin {{glossar:jitoutennou|Jitō}} begründet wurde. Seit dieser Zeit ist auch die Existenz von zwei Haupt·schrei·nen, die von den Priester·familien Arakida (Innerer Schrein) und Watarai (Äußerer Schrein) geführt wurden, zu·ver·lässig doku·men·tiert. Auch die 20-jährigen Schrein·erneuerungen dürften ab dieser Zeit durch·geführt worden sein, obwohl sie erst ab 785 zwei·fels·frei doku·mentiert sind.<!--
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Sowohl die Abfassung der ''kiki'' als auch der Ausbau von Ise wären nach dieser Theorie ein Produkt der Tenmu Dynastie, einer bestimmten Linie des Kaiserhauses, die von {{g|tenmutennou}} und seiner Witwe und Nachfolgerin {{g|jitoutennou|Jitō}} begründet wurde. Seit dieser Zeit ist auch die Existenz von zwei Hauptschreinen, die von den Priesterfamilien {{g|Arakida}} (Innerer Schrein) und {{g|Watarai}} (Äußerer Schrein) geführt wurden, zuverlässig dokumentiert. Auch die 20-jährigen Schreinerneuerungen dürften ab dieser Zeit durchgeführt worden sein, obwohl sie erst ab 785 zweifelsfrei dokumentiert sind.<!--
 
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--><ref>  
Die älteste komplette Chronik von Ise ist das ''Daijingū shozō jiki'' 太神宮諸雜事記 aus dem späten 11. Jahrhundert, von einem Priester der Familie Arakida (Innerer Schrein) verfasst. Nach diesem Werk fanden die Schrein·überfüh·rungen ab 790 im 20-Jahres Rhythmus statt. Eine ältere Quelle, das ''Kōtai Jingū gishikichō'' 皇太神宮儀式帳 aus dem Jahr 804, gibt allerdings das Jahr 785 für die erstmalige Schrein·überfüh·rung an (Ōbayashi und Watanabe 1982, S. 39).
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Die älteste komplette Chronik von Ise ist das ''Daijingū shozō jiki'' 太神宮諸雜事記 aus dem späten 11. Jahrhundert, von einem Priester der Familie Arakida (Innerer Schrein) verfasst. Nach diesem Werk fanden die Schreinüberführungen ab 790 im 20-Jahres Rhythmus statt. Eine ältere Quelle, das ''Kōtai Jingū gishikichō'' 皇太神宮儀式帳 aus dem Jahr 804, gibt allerdings das Jahr 785 für die erstmalige Schreinüberführung an ({{zitiert|Obayashi Watanabe 1982|Ōbayashi, Watanabe 1982}}, S. 39).
 
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Erst die Tenmu-Dynastie war also dafür ver·antwort·lich, dass Ise den Status des obersten kaiserlichen Ahnen·schreins erhielt.  
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Erst die Tenmu-Dynastie war also dafür verantwortlich, dass Ise den Status des obersten kaiserlichen Ahnenschreins erhielt.  
  
 
=== Altertum ===
 
=== Altertum ===
  
Ab der Zeit Tenmus und Jitōs wurde der Betrieb der Schreinanlage in Form von „[[Alltag/Opfergaben|Opfer·gaben]]“ durch das {{g|Tennou}}-Haus realisiert. Die Opfer·gaben waren materielle Güter, die den Unterhalt der Priester sicherten, und wurden von sogenannten Schrein·haus·halten hergestellt, bäuer·lichen Betrieben, die nominell dem Tennō unter·standen. Umge·kehrt durften andere Personen, egal ob adelig oder nicht,  den Gott·heiten von Ise keine Unter·stützun·gen oder Opfer zukommen lassen. Die Schrein·haus·halte wurden jedoch von priester·lichen „Zere·monien·meistern“ ({{g|saishu}}) des Hofes über·wacht.  
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Ab der Zeit Tenmus und Jitōs wurden die wirtschaftlichen Bedürfnisse der Schreinanlage in Form von „[[Alltag/Opfergaben|Opfergaben]]“ durch das {{g|Tennou}}-Haus realisiert. Die Opfergaben waren materielle Güter, die den Unterhalt der Priester sicherten, und wurden von sogenannten Schreinhaushalten hergestellt, bäuerlichen Betrieben, die nominell dem Tennō unterstanden. Umgekehrt durften andere Personen, egal ob adelig oder nicht,  den Gottheiten von Ise keine Unterstützungen oder Opfer zukommen lassen. Die Schreinhaushalte wurden jedoch von priesterlichen „Zeremonienmeistern“ ({{g|saishu}}) des Hofes überwacht.  
Diese Zeremonien·meister, die wiederum aus der höfi·schen Priester·familie Nakatomi stammten, lebten zwar am Hof, hatten jedoch die eigent·liche Autorität in Ise inne.<ref>Teeuwen 1996, Kap. 1.</ref>  Daneben gab es auch die Insti·tution der Kult-Prinzessin ({{glossar:saiou}}). Diese stammte aus der Familie des Tennō, musste Jung·frau sein und nahm in rituellen Belangen die höchste Stellung ein. Wahr·schein·lich hatte sie aber nur nominelle Autorität.
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Diese Zeremonienmeister, die wiederum aus der höfischen Priesterfamilie {{g|Nakatomi}} stammten, lebten zwar am Hof, hatten jedoch die eigentliche Autorität in Ise inne.<ref>{{zitiert|Teeuwen 1996}}, Kap. 1.</ref>  Daneben gab es auch die Institution der Kult-Prinzessin ({{g|saiou}}). Diese stammte aus der Familie des Tennō, musste Jungfrau sein und nahm in rituellen Belangen die höchste Stellung ein. Wahrscheinlich hatte sie aber nur nominelle Autorität.  
  
 
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Die besondere Beziehung zum Tennō-Haus führte zu einer Sonder·stellung Ises innerhalb der Schrein·land·schaft Japans. In allen bekannten Schrein·listen, die seit der {{g|Heian}}-Zeit geführt werden, steht Ise als kaiser·licher Ahnen·schrein unan·ge·fochten an erster Stelle, obwohl der Tennō selbst den Schrein nie besuchte und auch die Aristo·kratie sich eher an Schreine in Haupt·stadt·nähe hielt.
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Die besondere Beziehung zum Tennō-Haus führte zu einer Sonderstellung Ises innerhalb der Schreinlandschaft Japans. In allen bekannten Schreinlisten, die seit der {{g|Heian}}-Zeit geführt werden, steht Ise als kaiserlicher Ahnenschrein trotz der entlegenen Lage unangefochten an erster Stelle.  Der Tennō selbst war ab der Heian-Zeit in seiner Mobilität auf die Hauptstadt beschränkt und besuchte Ise daher nie in eigener Person.  Auch die Aristokratie besuchte eher Schreine in Hauptstadtnähe hielt. Der Hof wahrte demnach gegenüber der höchsten Gottheit des Landes einen deutlichen Respektabstand.
  
 
=== Mittelalter und Frühe Neuzeit ===
 
=== Mittelalter und Frühe Neuzeit ===
  
Mit dem Niedergang des Hofes zwischen dem 12. und 14. Jahrhundert verschwanden sowohl die Zere·monien·meister des Hofes als auch die Kult-Prinzes·sinnen und die Schreine wurden nun wirklich von den dort ansäs·sigen Priestern geführt. Zugleich mussten sie sich aber unter den neuen Krieger·eliten nach Ersatz für die öko·nomische Unter·stützung durch den Hof umsehen.  
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Mit dem Niedergang des Hofes zwischen dem 12. und 14. Jahrhundert verschwanden sowohl die Zeremonienmeister des Hofes als auch die Kult-Prinzessinnen und die Ise Schreine wurden nun wirklich von den dort ansässigen Priestern geführt. Zugleich mussten sie sich aber unter den neuen Kriegereliten nach Ersatz für die ökonomische Unterstützung durch den Hof umsehen.  
Dies führte zu einer erbit·terten Kon·kur·renz zwischen den Watarai und den Arakida. Die Watarai bemühten sich, ihren Schrein, den Äußeren, als mindestens ebenso bedeut·sam wie den Inneren darzu·stellen. Zu diesem Zweck identi·fizierten sie ihre Gottheit mit {{glossar:kuninotokotachi}}, der im ''Nihon shoki'' Gene·rationen vor Amaterasu als Ur·gottheit in Erschei·nung tritt. Die Watarai waren in ihrem Bemühen um eine neue Identität durchaus erfolg·reich und begrün·deten den so·genannten {{glossar:wataraishintou}}, der zu einer Ins·pira·tions·quelle späterer Shintō-Theologien wurde.  
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Dies führte zu einer erbitterten Konkurrenz zwischen den Watarai und den Arakida. Die Watarai bemühten sich, ihren Schrein, den Äußeren, als mindestens ebenso bedeutsam wie den Inneren darzustellen. Zu diesem Zweck identifizierten sie ihre Gottheit mit {{g|kuninotokotachi}}, der im {{g|Nihonshoki}} Generationen vor Amaterasu als Urgottheit in Erscheinung tritt. Dieser Urgott sollte laut Watarai die ursprüngliche Gottheit des Äußeren Schreins sein. In ihrem Bemühen um eine neue Identität gingen  die Priester aber noch weiter und begründeten den sogenannten {{g|wataraishintou}}, der zu einer Inspirationsquelle späterer Shintō-Theologien wurde.  
  
Amaterasu blieb zwar über lange Sicht die repräsentative Gottheit Ises, doch ihre mytho·logische Identität geriet weit·gehend in Ver·gessen·heit. Der große buddhis·tische Dichter·mönch {{g|Saigyou}} etwa schrieb: „Obwohl wir das Geheimnis [Ises] nicht kennen, rührt es uns doch zu Tränen.“<ref> [http://www.isejingu.or.jp/english/isemairi/isemairi.htm About Ise Jingu] (Offizielle Website).</ref> In der Tat wurde Amaterasu zeitweise als Mann aufgefasst und mit {{glossar:Dainichinyorai}} isentifiziert. Auch eine jugend·liche Gottheit namens Utsuho Dōji wurde als Erscheinungsform Amaterasus gedeutet. Besonders exal·tierte Theo·logen sahen in ihr auch eine Schlangen·gottheit.<ref>Ein anschauliches Beispiel mittel·alter·licher Exe·gesen von Amaterasu wird z.B. in Teeuwen 2003 diskutiert.</ref>   
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Amaterasu blieb zwar über lange Sicht dennoch die repräsentativste Gottheit Ises, doch ihre Mythologie geriet weitgehend in Vergessenheit. Der große buddhistische Dichtermönch {{g|Saigyou}} etwa schrieb: „Obwohl wir das Geheimnis [Ises] nicht kennen, rührt es uns doch zu Tränen.“<ref> [http://www.isejingu.or.jp/english/isemairi/isemairi.htm About Ise Jingu] (Offizielle Website).</ref> In der Tat wurde Amaterasu zeitweise als Mann aufgefasst und mit {{g|Dainichinyorai}} identifiziert. Auch eine jugendliche Gottheit namens {{g|Uhoudouji}} galt als Erscheinungsform Amaterasus. Besonders exaltierte Theologen sahen in ihr auch eine Schlangengottheit.<ref>Ein anschauliches Beispiel mittelalterlicher Exegesen von Amaterasu wird z.B. in {{zitiert|Teeuwen 2003}} diskutiert.</ref>   
  
Sowohl der Innere als auch der Äußere Schrein sandten im Mittelalter und in der frühen Neuzeit unabhängig von einander Priester durchs Land, die der all·ge·meinen Bevöl·kerung von den sagen·haften Kräften der Ise-Gott·heiten kündeten und Ise zur popu·lärsten shintō·istischen Pilger·stätte des Landes machten.  
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Sowohl der Innere als auch der Äußere Schrein sandten im Mittelalter und in der frühen Neuzeit unabhängig von einander Priester durchs Land, die der allgemeinen Bevölkerung von den sagenhaften Kräften der Ise-Gottheiten kündeten und Ise zur populärsten shintōistischen Pilgerstätte des Landes machten. Sie verteilten dabei auch Talismane in Papierform ({{g|ofuda}}) und entwickelten zugleich, fast nebenbei, das erste Papiergeld Japans (mehr dazu auf der Spezialseite zu [[Daikoku]]).
Gegen Ende der {{glossar:Edo}}-Zeit tauchten Gerüchte auf, dass die Ise-Pilger bisweilen mit einem Geld·regen über·schüttet werden würden, was zu einem weiteren Anstieg der Popu·larität Ises führte. Man stellte sich Amaterasu auch als weißes Pferd vor, das bei Hunger·kata·strophen und Erd·beben helfend in Erschei·nung trat. Schließlich ent·standen unter den Ise-Pilgern unmit·telbar vor der {{g|meijiishin|Meiji-Restauration}} milliena·ristische Bewe·gungen, die eine Art Zeiten·wende ({{g|yonaoshi}}) herauf·be·schworen und eksta·tische Tänze und Gesänge (die nach ihrem Refrain ''ee ja nai ka'' – etwa: „ist doch gut so“ – genannt wurden) prakti·zierten. Obwohl diese Bewe·gun·gen eher unpo·litisch und nicht auf den Tennō bezogen waren, leis·teten sie wahr·schein·lich einen Beitrag zum poli·tischen Umschwung von 1867 bis 68.  
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| Pilgermassen in Ise, 1834
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Gegen Ende der {{g|Edo}}-Zeit tauchten folgerichtig Gerüchte auf, dass die Ise-Pilger bisweilen mit einem Geldregen überschüttet werden würden, was zu einem weiteren Anstieg der Popularität Ises führte. Man stellte sich Amaterasu auch als weißes Pferd vor, das bei Hungerkatastrophen und Erdbeben helfend in Erscheinung trat. Schließlich entstanden unter den Ise-Pilgern unmittelbar vor der {{g|meijiishin|Meiji-Restauration}} millienaristische Bewegungen, die eine Art Zeitenwende ({{g|yonaoshi}}) heraufbeschworen und ekstatische Tänze und Gesänge praktizierten. Nach dem Refrain ihrer Lieder sind diese Bewegungen als {{g|eejanaika}} — etwa: „ist doch gut so“ – bekannt. Obwohl diese Bewegungen eher unpolitisch und nicht auf den Tennō bezogen waren, leisteten sie wahrscheinlich einen Beitrag zum politischen Umschwung von 1867 bis 68.  
  
 
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| Darstellung des ''ee ja nai ka'' Phänomens durch Kawanabe Kyosai, 1867
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=== Moderne ===
 
=== Moderne ===
  
Unter dem Regime der  Meiji-Zeit wurden die Ver·bin·dun·gen zwischen Ise und Tennō schließlich wieder syste·matisch verstärkt. Der Watarai Shintō wurde endgültig als „Fälschung“ gebrand·markt und die Gott·heiten entspre·chend den ältes·ten Chroniken in ihrer heutigen Gestalt fest·gelegt. Dass dies jedoch nicht unbe·dingt der Weisheit letzter Schluss sein muss, zeigen u.a. die erwähn·ten Wider·sprüche zwischen Architektur und Mythos.  
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Unter dem Regime der  {{g|Meiji}}-Zeit wurden die Verbindungen zwischen Ise und Tennō schließlich wieder systematisch verstärkt. Der Watarai Shintō wurde endgültig als „Fälschung“ gebrandmarkt und die Gottheiten entsprechend den ältesten Chroniken in ihrer heutigen Gestalt festgelegt. Dass dies jedoch nicht unbedingt der Weisheit letzter Schluss sein muss, zeigen u.a. die erwähnten Widersprüche zwischen Architektur und Mythos.  
  
Ein interessantes Detail am Rande: Die Institution der Kult-Prinzessin wurde in der Moderne in modi·fizierter Form erneut aufge·nommen. Allerdings lautet ihr Titel ''sai·shu'' (Zeremonien·meisterin). Das Kriterium der Jung·fern·schaft fiel zwar weg und es muss sich nicht einmal unbedingt um eine Frau handeln. Doch pendelt sich langsam wieder der Brauch ein, weibliche Ange·hörige des Tennō-Hauses in leitender ritueller Funktion in Ise zu instal·lieren.
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Ein interessantes Detail am Rande: Die Institution der Kult-Prinzessin wurde in der Moderne in modifizierter Form erneut aufgenommen. Allerdings lautet ihr Titel {{g|saishu}} (Zeremonienmeisterin). Das Kriterium der Jungfernschaft fiel zwar weg und es muss sich nicht einmal unbedingt um eine Frau handeln. Doch pendelt sich langsam wieder der Brauch ein, weibliche Angehörige des Tennō-Hauses in leitender ritueller Funktion in Ise zu installieren.
  
 
== Ise als Inbegriff der japanischen Ästhetik ==
 
== Ise als Inbegriff der japanischen Ästhetik ==
  
Ise wird auch in ästhetischer Hinsicht oft als Inbegriff des Shintō gedacht und gepriesen. Mit der Wieder·auf·wer·tung des Tennō Anfang der Meiji-Zeit wurde die monu·mental-archaische Formensprache Ises auch für neu geschaf·fene Schreine ver·wendet. So ver·fügen etwa der {{glossar:yasukunijinja|Yasukuni}} Schrein, aber auch diverse neu geschaf·fene Kaiser·gräber, über die besonders schlichten ''torii'' im ''shinmei''-Stil. Interes·santer·weise wurde aller·dings der Schrein für Kaiser {{glossar:meijitennou|Meiji}}, der 1920 fertig gestellt wurde, in einem Stil gehalten, der eher den bud·dhistisch be·einfluss·ten Schrein·gebäuden der Edo-Zeit entspricht. Seine geschwun·genen Dächer und Balken wurden offen·bar doch ver·trauter empfun·den als das kantige Er·schei·nungs·bild des antiken Ahnen·schreins. Auch Europäer des 19. Jahr·hun·derts wie {{g|Satowernest |Ernest Satow}}, einer der Pioniere der britischen Japa·no·logie, cha·rakateri·sierten Ise als „disap·pointing in its simplicity and perishable nature“.<ref> Ernest Satow, “The Shintō Temples of Ise.” ''Transactions of the Asiatic Society of Japan'' 1:2 (1874), S. 121.</ref>
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Ise wird auch in ästhetischer Hinsicht oft als Inbegriff des Shintō gedacht und gepriesen. Mit der Wiederaufwertung des Tennō Anfang der Meiji-Zeit wurde die monumental-archaische Formensprache Ises auch für neu geschaffene Schreine verwendet. So verfügen etwa der {{g|yasukunijinja|Yasukuni}} Schrein, aber auch diverse neu geschaffene Kaisergräber, über die besonders schlichten ''torii'' im ''shinmei''-Stil.  
  
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Interessanterweise wurde allerdings der Schrein für Kaiser {{g|meijitennou|Meiji}}, der 1920 fertig gestellt wurde, in einem Stil gehalten, der eher den buddhistisch beeinflussten Schreingebäuden der {{g|Edo}}-Zeit entspricht. Seine geschwungenen Dächer und Balken wurden offenbar doch vertrauter empfunden als das kantige Erscheinungsbild des antiken Ahnenschreins. Auch Europäer des 19. Jahrhunderts wie {{g|Satowernest |Ernest Satow}}, einer der Pioniere der britischen Japanologie, charakaterisierten Ise als „disappointing in its simplicity and perishable nature“.<ref> {{zitiert|Satow 1874}}, S. 121.</ref>
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=== Bruno Taut ===
 
=== Bruno Taut ===
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Offenbar spielte der deutsche Architekt und Stadtplaner {{g|Tautbruno|Bruno Taut}} eine nicht unwesentliche Rolle für die heute gängige, überwiegend positive ästhetische Bewertung des Baustils von Ise. Als Pionier einer funktionalistischen, auf das Notwendigste reduzierten Architektur genoss Taut in den 1920er Jahren internationale Bekanntheit, u.a. durch richtungsweisende Sozialbauten in Berlin.  Mit dem Machtantritt der Nazis geriet Taut allerdings zur ''persona non grata'', verließ Deutschland und fand vorübergehend in Japan Exil. Dort begeisterte er sich u.a. für die Schlichtheit der Ise-Architektur, die er positiv mit dem überladenen Stil buddhistischer Tempel oder der Schreinanlage von {{g|Nikkou}} kontrastierte. Ise stellte für ihn eine Entsprechung der Akropolis auf dem Gebiet der Holzarchitektur dar. In Ise und im {{g|Katsurarikyuu}} Palast in Kyōto entdeckte er die Vorwegnahme moderner (eigener) architektonischer Prinzipien. Bereits 1933 erhielt Taut die Gelegenheit, seine Sicht der japanischen Architektur und Kultur auf japanisch zu veröffentlichen, und fand damit in Japan großen Anklang.<!--
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Neben einer allgemeinen Beschreibung Japans, ''Nippon, mit europäischen Augen gesehen,'' die sofort ins Japanische übersetzt wurde, aber erst 2009 im deutschsprachigen Originaltext erschien ({{zitiert|Taut 2009}}), verfasste Taut auch eine Reihe von Essays über die japanische Architektur, die sowohl ins Japanische als auch ins Englische übersetzt wurden. </ref>
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Es mag ihm dabei nicht völlig bewusst gewesen sein, dass sein Lob der archaischen Monumentalität Ises durchaus ins Konzept des aufkeimenden japanischen Ultra-Nationalismus passte.
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=== Tange Kenzō ===
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Im Kontext der Schreinerneuerung von 1953 setzte sich {{g|Tangekenzou}}, der Vorreiter des sogenannten Metabolismus, für eine ähnliche Bewertung Ises wie Bruno Taut ein. Zusammen mit dem Architekturkritiker {{g|Kawazoenoboru}} veröffentlichte er eine Hommage an Ise, die unter dem Titel ''Ise: Prototype of Japanese Architecture'' auch im englischen Sprachraum weite Verbreitung fand.<ref>{{zitiert|Tange Kawazoe 1965|Tange, Kawazoe 1965}}.</ref> Doch auch Tanges Lob ist nicht ganz frei von nationalistischen Bezügen:
Offenbar spielte der deutsche Architekt und Stadtplaner {{g|Tautbruno|Bruno Taut}} eine nicht un·wesent·liche Rolle für die heute gängige, über·wiegend positive ästhe·tische Bewer·tung des Baustils von Ise. Als Pionier einer funktio·nalis·tischen, auf das Not·wendigste redu·zierten Archi·tektur genoss Taut in den 1920er Jahren inter·nationale Bekannt·heit, u.a. durch rich·tungs·weisende Sozial·bauten in Berlin.  Mit dem Macht·antritt der Nazis geriet Taut allerdings zur ''persona non grata'', verließ Deutsch·land und fand vor·über·gehend in Japan Exil. Dort be·geis·terte er sich u.a. für die Schlicht·heit der Ise-Archi·tektur, die er positiv mit dem überladenen Stil bud·dhistischer Tempel oder der Schrein·anlage von {{glossar:Nikkou}} kontras·tierte. Ise stellte für ihn eine Ent·sprechung der Akropolis auf dem Gebiet der Holz·architektur dar. In Ise und im {{glossar:Katsurarikyuu}} Palast in Kyōto entdeckte er die Vorweg·nahme moderner (eigener) archi·tektoni·scher Prinzi·pien. Bereits 1933 erhielt Taut die Gelegen·heit, seine Sicht der japa·nischen Archi·tektur und Kultur auf japanisch zu ver·öffen·tlichen, und fand damit in Japan großen Anklang.<!--
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Noch zu Kriegszeiten, mit nur 29 Jahren, machte er erstmals auf sich aufmerksam, als er ein nationales Monument entwarf, das von der Schreinarchitektur Ises inspiriert war und am Fuße des Berges {{g|fujisan|Fuji}} errichtet werden sollte.<ref>
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Neben einer allgemeinen Beschreibung Japans, ''Nippon, mit europäischen Augen gesehen,'' die sofort ins Japanische übersetzt wurde, aber erst 2009 im deutsch·sprachigen Original·text erschien, verfasste Taut auch eine Reihe von Essays über die japanische Architektur, die sowohl ins Japanische als auch ins Englische übersetzt wurden. </ref>
 
Es mag ihm dabei nicht völlig bewusst gewesen sein, dass sein Lob der archa·ischen Monu·menta·lität Ises durch·aus ins Konzept des auf·keimen·den japa·nischen Totali·taris·mus passte.
 
 
 
=== Tange Kenzō ===
 
 
 
Im Kontext der Schreinerneuerung von 1953 setzte sich {{glossar:Tangekenzou}}, der Vorreiter des so·genann·ten Meta·bolis·mus, für eine ähn·liche Bewer·tung Ises wie Bruno Taut ein. Zusammen mit dem Archi·tektur·kritiker Kawazoe Noboru veröffentlichte er eine Hommage an Ise, die unter dem Titel {{g|Iseprototypeofjapanesearchitecture}} auch im englischen Sprach·raum weite Verbrei·tung fand.   
 
Noch zu Kriegs·zeiten machte Tange übrigens erstmals auf sich auf·merk·sam, als er mit nur 29 Jahren ein nationales Monument entwarf, das von der Schrein·archi·tektur Ises inspiriert war und am Fuße des Berges Fuji errichtet werden sollte.<ref>
 
 
Carlos Zeballos, „The Metabolist Movement“ (Blogartikel, 2011), in ''[http://architecturalmoleskine.blogspot.co.at/2011/10/metabolist-movement.html My Architectural Moleskine]'' (2014/10/24)</ref>
 
Carlos Zeballos, „The Metabolist Movement“ (Blogartikel, 2011), in ''[http://architecturalmoleskine.blogspot.co.at/2011/10/metabolist-movement.html My Architectural Moleskine]'' (2014/10/24)</ref>
  
Die permanente Erneuerung Ises wurde von Tange und Kawazoe als Sinn·bild des „Meta·bo·lis·mus“ (eig. Stoffwechsel) gedeutet, den Japans Architektur im Grunde immer schon in sich trug und der nun – in Übereinstimmung mit den Vorgaben der Natur – voll zum Tragen kommen sollte.
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Die permanente Erneuerung Ises wurde von Tange und Kawazoe als Sinnbild des „Metabolismus“ (eig. Stoffwechsel) gedeutet, den Japans Architektur im Grunde immer schon in sich trug und der nun – in Übereinstimmung mit den Vorgaben der Natur – voll zum Tragen kommen sollte.
Ise stellte somit – wohl nicht nur für Tange – ein scheinbar über jede Ideologie erha·benes Binde·glied zwischen Tradition und Moderne sowie zwischen Kriegs- und Nach·kriegs·zeit dar.  Charak·teris·tischer·weise nahmen Tange und Kawazoe wenig Bedacht auf die erwähn·ten histo·rischen Verän·derun·gen der Schrein·anlage und ließen Mythen wie die über zwei·tausend·jährige Schrein·geschichte oder die Funktion Ises als ältester kaiserlicher Ahnenschrein un·hinter·fragt. Ihr Fokus auf ästhe·tische Fragen ließ sich zur Über·tün·chung der nationa·listi·schen Propa·ganda, in die Ise verstrickt war und ist, natürlich bestens verwenden. Zu Tanges Ehren·rettung muss jedoch hinzu·gefügt werden, dass er sich ebenso von der bud·dhisti·schen Architektur Japans inspirieren ließ und inso·fern keinen puris·tischen Shintō-Essenzia·lismus praktizierte.  
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Ise stellte somit – wohl nicht nur für Tange – ein scheinbar über jede Ideologie erhabenes Bindeglied zwischen Tradition und Moderne sowie zwischen Kriegs- und Nachkriegszeit dar.  Charakteristischerweise nahmen Tange und Kawazoe wenig Bedacht auf die erwähnten historischen Veränderungen der Schreinanlage und ließen Mythen wie die über zweitausendjährige Schreingeschichte oder die Funktion Ises als ältester kaiserlicher Ahnenschrein unhinterfragt. Ihr Fokus auf ästhetische Fragen ließ sich zur Übertünchung der nationalistischen Propaganda, in die Ise verstrickt war und ist, natürlich bestens verwenden. Zu Tanges Ehrenrettung muss jedoch hinzugefügt werden, dass er sich ebenso von der buddhistischen Architektur Japans inspirieren ließ und insofern keinen puristischen Shintō-Essenzialismus praktizierte.  
  
 
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* [http://www.isejingu.or.jp/english/index.htm Ise Jingū]<br/>Offizielle Erläuterungen zur Mythologie, zur Architektur und zu den Zeremonien in Ise. Website verfügbar in [http://www.isejingu.or.jp/english/index.htm Englisch] und [http://www.isejingu.or.jp/index.html Japanisch].
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* [https://www.isejingu.or.jp/en/ Ise Jingū]<br/>Offizielle Erläuterungen zur Mythologie, zur Architektur und zu den Zeremonien in Ise.
* [http://www.aisf.or.jp/%7Ejaanus/deta/s/shinmeizukuri.htm Shinmei-zukuri] (Ise-Baustil), Eintrag des architektur·geschichtlichen Online-Wörterbuchs ''[http://www.aisf.or.jp/~jaanus/ JAANUS]''.
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* [http://www.aisf.or.jp/%7Ejaanus/deta/s/shinmeizukuri.htm Shinmei-zukuri] (Ise-Baustil), Eintrag des architekturgeschichtlichen Online-Wörterbuchs ''JAANUS''.
* [http://web.archive.org/web/20001202080900/http://www.columbia.edu/~hds2/ise/start.htm The Grand Shrines of Ise], Henry Smith (en.)<br/>  [Über [http://www.archive.org/ Internet Archive], 2010/8]
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* [http://web.archive.org/web/20001202080900/http://www.columbia.edu/~hds2/ise/start.htm The Grand Shrines of Ise], Henry Smith (en.)<br/>  [Über ''Internet Archive'', 2010/8]
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Aktuelle Version vom 12. Januar 2023, 21:03 Uhr

Die Schreinanlage von Ise

Die Schreinanlage von Ise [Ise (jap.) 伊勢 vormoderne Provinz Ise (heute Präfektur Mie); Stadt Ise; Kurzbezeichnung für die Schreinanlage von Ise Ise Jingū] wird üblicherweise als „höchster“, „erster“ oder „wichtigster“ Schrein Japans bezeichnet. Ise ist in der Tat der bedeutenste Ahnenschrein des Tennō [Tennō (jap.) 天皇 jap. „Kaiser“-Titel, wtl. Herrscher des Himmels]. Andererseits war Ise bereits in der Edo [Edo (jap.) 江戸 Hauptstadt der Tokugawa-Shōgune, heute: Tōkyō; auch: Zeit der Tokugawa-Dynastie, 1600–1867 (= Edo-Zeit);]-Zeit ein populäres Pilgerzentrum und zieht auch heute jährlich mehrere Millionen Besucher an. Beide Aspekte werden auf dieser Seite erläutert.

Shogu ise.jpg
1 Die neu errichtete Haupthalle des Äußeren Schreins, 2013
Das 2013 neu errichtete Hauptgebäude des Äußeren Schreins (Gekū) von Ise. Bis auf wenige Details ist dieses Gebäude mit der Haupthalle des fünf Kilometer entfernten Inneren Schreins identisch.
Minamikawa Sanjirō, 2013.

Schreinanlage und Neuerrichtung

Ise map.jpg
2 Lage der Hauptschreine von Ise
Lage des Inneren Schreins (Naikū) und Äußeren Schreins (Gekū) von Ise, deren Hauptgebäude über 4km von einander entfernt sind. Ehemals waren beide Anlagen von eigenen Dörfern, Yamada und Uji, umgeben, die heute zur Stadt Ise zusammengewachsen sind.
Google Earth, 2014.
Geku google.jpg
3 Äußerer Schrein (Gekū)
Satellitenbild welches den Äußeren Schrein (Gekū) von Ise zeigt.
Google Earth, 2014.
Naiku google.jpg
4 Innerer Schrein (Naikū)
Satellitenbild, welches den Inneren Schrein (Naikū) von Ise zeigt.
Google Earth, 2014.
Die beiden Hauptschreine nach der Schreinverlegung von 2013,
aber noch vor dem Abbau der alten Gebäude.

Der besondere Bezug Ises zum Tennō drückt sich bereits in der offiziellen Schreinbezeichnung Ise Jingū [Ise Jingū (jap.) 伊勢神宮 kaiserlicher Ahnenschrein (wtl. Götterpalast) von Ise, Präfektur Mie, bestehend aus den Anlagen Gekū und Naikū] aus: jingū [jingū (jap.) 神宮 „Götterpalast“; Ahnenschrein des Kaiserhauses, meist Ise Jingū], wtl. „Götterpalast“, ist eine Bezeichnung, die nur Schreinen von kaiserlichen Ahnengottheiten zusteht. Obwohl auch Schreine wie der Atsuta Jingū [Atsuta Jingū (jap.) 熱田神宮 wichtigster und ältester Schrein in Nagoya] oder der Meiji Jingū [Meiji Jingū (jap.) 明治神宮 Schrein des Meiji Tennō in Tōkyō, err. 1920] zu den Ahnenschreinen des Tennō zählen, ist klar, dass von Ise die Rede ist, wenn jingū ohne spezifischen Zusatz verwendet wird.

Ise2013.jpg
5 Hauptschrein von Ise
Der Ise Schrein kurz nach der Schrein­verlegungs­zeremonie, Oktober 2013. Vor einem knallneuen torii verneigen sich zwei festlich gekleidete Damen unter Anleitung eines Priesters. Eine Masse von Schaulustigen, zu denen auch der Fotograf gehört, befindet sich hinter einem Zaun, der nur für prominente Gäste geöffnet wird. Vom eigentlichen Hauptgebäude ist lediglich ein kleines Stück Dach zu sehen, die Architektur entspricht jedoch dem überdachten Tor hinter dem torii. Rechts im Hintergrund ist noch die spiegelbildlich errichtete alte Anlage zu sehen, die in Kürze abgerissen wird, bis das Areal nach zwanzig Jahren für einen weiteren Neuaufbau genutzt wird.
Bernhard Scheid, 2013.

Die beiden etwa gleich großen Hauptschreine, der Innere Schrein (Naikū [Naikū (jap.) 内宮 Innerer Schrein von Ise, Amaterasu geweiht]) und der Äußere Schrein (Gekū [Gekū (jap.) 外宮 Äußerer Schrein von Ise, der Göttin Toyouke geweiht]), bilden die Gravitationspunkte einer Anlage, die sich über die ganze Region von Ise erstreckt. Sie liegen etwas mehr als 4 km Luftlinie von einander entfernt und waren ehemals von zwei separaten Dörfern, Yamada [Yamada (jap.) 山田 Ehemals Stadt vor dem Äußeren Schrein von Ise (Gekū), heute Teil der Stadt Ise.] und Uji, umgeben. Daneben zählen noch 123 weitere Schreingebäude, die über die heutige Stadt Ise und ihre Umgebung verstreut sind, zum Schreinkomplex von Ise. Die Hauptschreine sind exakt nach Süden ausgerichtet und streng symmetrisch (wie im übrigen auch die meisten buddhistischen Tempel), die meisten Nebenschreine sind allerdings nach keinem erkennbaren Plan positioniert.

Die Hauptgebäude sind durch einen vierfachen Zaun von der Allgemeinheit getrennt, als normaler Besucher bekommt man lediglich die Spitzen der Dächer zu Gesicht. Abgesehen von den örtlichen Priestern dürfen nur Mitglieder der kaiserlichen Familie in die innersten Schreinbereiche vordringen. Die Nebenschreine sind im Stil der Hauptgebäude gehalten, wenn auch kleiner, und dürfen heute sehr wohl von der Nähe betrachtet werden.

Naiku gesamt kokkayoho.jpg
6 Abb. der Anlage des Inneren Schreins, 1880
Die Anlage des Inneren Schreins (Naikū), wie sie 1880 von Edoardo Chiossone und anderen dokumentiert wurde. Abgebildet ist jener Bereich, der damals wie heute für gewöhnliche Besucher unzugänglich ist. Obwohl es heißt, dass die Anlage alle zwanzig Jahre nach exakt dem gleichen Plan neu errichtet wird, fallen im Vergleich zu heutigen Bildern Veränderungen auf. So gab es damals offenbar noch kein verlängertes Vordach vor dem Eingang der Haupthalle (im linken Bildteil), vor allem aber sind die beiden Nebengebäude heute nicht mehr in der gleichen Achse wie die Haupthalle, sondern weit nach hinten versetzt (vgl. Bild:Naiku_google.jpg).
Werk von Edoardo Chiossone u.a. Meiji-Zeit. Museum für Angewandte Kunst (MAK), Wien, mit freundlicher Genehmigung.

Sämtliche Haupt- und Nebenschreine werden im Abstand von zwanzig Jahren zur Gänze abgerissen und neu errichtet. Auch torii [torii (jap.) 鳥居 Torii, Schreintor; wtl. „Vogelsitz“; s. dazu Torii: Markenzeichen der kami] und Brücken sowie eine Unzahl von Schreinschätzen, die kaum jemand zu Gesicht bekommt, sind Teil der rituellen Wiedererrichtung. Dabei dürfen nur traditionelle Materialien und Techniken zum Einsatz kommen, selbst der Gebrauch von maschinellen Sägen und Hobeln ist untersagt.

Die periodische Erneuerung der gesamten Anlage (shikinen sengū [shikinen sengū (jap.) 式年遷宮 periodische Schreinverlegung bzw. -erneuerung; zumeist, aber nicht nur, auf Ise bezogen]) zieht sich über etwa acht Jahre hin. Der Höhepunkt ist die Überführung der Hauptgottheiten, nach der auch das Datum der Schreinerneuerung angegeben wird. In einer nächtlichen Zeremonie, die mit dem jährlichen Erntedankfest (Kanname-sai [Kanname-sai (jap.) 神嘗祭 wtl. Fest des göttlichen Kostens [des ersten Reises]; kaiserl. Erntedankfest im zehnten Monat, das parallel am Kaiserpalast und im Ise Schrein durchgeführt wird], das wichtigste Schreinfest im Oktober) korreliert, werden die shintai [shintai (jap.) 神体 heiliges Objekt eines Shintō-Schreins; wtl. „Gottkörper“] von Gekū und Naikū in die jeweiligen neuen Gebäude überführt. Diese übernehmen von da an alle Funktionen der alten Gebäude. Die alten Gebäude bleiben allerdings noch eine gewisse Zeit bestehen, bis sie schließlich abgebaut und durch Miniaturschreine ersetzt werden. Die alten Hölzer werden teilweise von anderen Schreinen verwendet.

Shikinensengu.jpg
7 Zeremonie der Schreinüberführung (sengū)
Anlässlich der periodischen Neuerrichtung der Schreinanlage von Ise, die alle 20 Jahre stattfindet, wird das Hauptheiligtum (go-shintai) des Schreins in einer nächtlichen Prozession zu seinem neuen Bestimmungsort gebracht. Das heilige Objekt ist durch Tücher verhüllt.
Meiji-Zeit. Schreinamt von Ise (Jingū Shichō), 2006.

Die genauen Gründe dieser Prozedur liegen im Dunkeln, man nimmt aber an, dass sie tatsächlich dazu geführt hat, die Struktur der Bauwerke in ihrer ursprünglichen Form zu bewahren. Auch die traditionellen Handwerkstechniken werden durch die regelmäßigen Erneuerungen lebendig gehalten. Ähnliche systematische Erneuerungszyklen kennt man im übrigen auch von anderen traditionellen Schreinen, doch nirgends werden sie so umfassend durchgeführt wie in Ise. Dies erforderte stets eine entsprechende ökonomische Grundlage. Diese war jedoch während des japanischen Mittelalters nicht immer gegeben, sodass die Tradition einmal über hundert Jahre unterbrochen war, sich ansonsten aber bis ins späte siebente Jahrhundert zurück verfolgen lässt.

Herz-Pfeiler

Misomahajime.jpg
8 Ritueller Beginn der Schreinerneuerung
Rituelle Übergabe von Nahrungsopfern an die Götter des Waldes anlässlich der ersten Baumfällungen für die neue Schreinanlage von Ise, acht Jahre vor der Hauptzeremonie.
2005/6/3. Sengu News, über Internet Archive.

Ein für die Dramaturgie der Schreinverlegung essenzielles Element ist der sogenannte „Herz-Pfeiler“ (shin no mihashira [shin no mihashira (jap.) 神の御柱 „Herz-Pfeiler“; symbolischer Bauteil ohne statische Funktion unterhalb von Schreingebäuden, z.B. in Ise]), der in gewisser Weise die Seele des Schreins verkörpert. Nur die beiden Haupthallen von Gekū und Naikū verfügen über einen solchen Pfeiler. Er befindet sich in der Mitte des Gebäudes und reicht von der Erde bis zum Fußboden, hat also keine statische Funktion. Er markiert lediglich die Stelle, wo die „Gottkörper“ (shintai) aufbewahrt sind. Nach dem Abbau des ihn umgebenden Schreingebäudes hält er als einziger Bestandteil des alten Gebäudes bis zur nächsten Schreinüberführung (also insgesamt 40 Jahre) quasi die Stellung und wird dabei wie ein Heiligtum von einem Miniaturschrein beschützt. Acht Jahre vor dem Neubau der Haupthalle beginnt der Zyklus der Erneuerung dann damit, dass ein Baum für den Herzpfeiler des neu zu errichtenden Schreins in den Wäldern nahe des Schreins gefällt wird. Dieser wird allerdings erst kurz vor der endgültigen Schreinüberführung in einer nächtlichen Zeremonie in den Boden unter dem neuen Gebäude versenkt. In Ise selbst heißt es, dass dieser Pfeiler ein altes Menschenopfer ersetzen würde.1 Ähnliche Herz-Pfeiler gibt es auch im Schrein von Izumo [Izumo (jap.) 出雲 alter Namen der Präfektur Shimane in West-Japan; auch kurz für Izumo Taisha].

Baustil

Geku kokkayoho.jpg
9 Äußerer Schrein
Die Haupthalle des Äußeren Schreins (Gekū) von Ise weicht nur in kaum merkbaren Details von der des Inneren Schreins ab. Unter anderem sind die verlängerten Dachsparren (chigi) hier vertikal und nicht horizontal abgeschrägt (vgl. Bild:Naiku kokkayoho.jpg).
Werk von Edoardo Chiossone u.a. Meiji-Zeit. Museum für Angewandte Kunst (MAK), Wien, mit freundlicher Genehmigung.
Naiku kokkayoho.jpg
10 Innerer Schrein
Das Bild entstand im Rahmen einer Inspektionstour zu den Baudenkmälern und Kunstschätzen Japans aus den Jahren 1879 und 80, die von Tokunō Ryōsuke (1825–1883), dem Leiter der Staatsdruckerei, initiiert worden war. Ein Team von Photographen und Lithographen erhielt die Aufgabe, die repräsentativsten Kunstschätze des Landes so naturgetreu wie möglich festzuhalten. Dem Expertenteam gehörte auch der Italiener Edoardo Chiossone an, der Japan mit den neuesten Techniken der europäischen Druckkunst vertraut machte und u.a. die japanischen Banknoten entwarf. Die von Chiossone und anderen angefertigten Lithographien der Serie sind teilweise hyperrealistisch und genauer als Photographien. Dennoch wirkt der Innere Schrein (Naikū), das Hauptheiligtum von Ise, zwar in den Details realistisch, die Proportionen stimmen allerdings nicht ganz mit dem heutigen Bau überein.
Werk von Edoardo Chiossone u.a. Meiji-Zeit, >. Museum für Angewandte Kunst (MAK), Wien, mit freundlicher Genehmigung.
Abbildung der beiden Haupthallen aus dem Jahr 1880

Den charakteristischen Stil der Ise Schreine nennt man shinmei-zukuri [shinmei-zukuri (jap.) 神明造 Baustil der Schreine von Ise bzw. Stil der torii von Ise; auch shinmei torii], „Stil der strahlenden Gottheit [= die in Ise verehrte Sonnengottheit Amaterasu [Amaterasu (jap.) 天照 Sonnengottheit; Ahnherrin des Tennō-Geschlechts; Hauptgottheit von Ise]]“. Er entspricht der Bauweise in der Yayoi [Yayoi (jap.) 弥生 Yayoi-Zeit (ca. 300 v.u.Z. – 300 u.Z.); Zeit der Entwicklung des Reisanbaus]-Zeit, also der Zeit von ca. 300 vor bis ca. 300 nach unserer Zeitrechnung. Dies scheint das mythische Alter der Anlage (s.u.) zu bestätigen, doch geht man heute davon aus, dass sich das Ensemble der hier verehrten Gottheiten und ihr enger Bezug zum Kaiserhaus erst im siebenten Jahrhundert festigte. Die Ise Schreine wurden daher wahrscheinlich von Beginn an in einem archaisierenden Stil errichtet, der durch den regelmäßigen Wiederaufbau in Erinnerung blieb.

Ise modell.jpg
11 Modellgraphik
Modellgrafik des Inneren Schreins (Naikū) von Ise.
Bildquelle: Japonia.org.pl, über Internet Archive.

Die Grundform der Gebäude ähnelt einem Speicher, was auch den relativ großen Abstand vom Boden erklärt. Das Dach ist mit Schilf gedeckt. Der Dachfirst wird von einem eigenen, an die Außenwand gelehnten Pfeiler gestützt, ein Charakteristikum, das bei jüngeren, von China beeinflussten Bauformen fehlt.

Im Gegensatz zu fast allen anderen Schreinen, wird das Holz der Ise Schreine nicht lackiert oder sonst vor Verwitterung geschützt. Auch werden die Pfeiler der Gebäude einfach in den Boden versenkt, während sie bei anderen Gebäuden auf Steinen ruhen, um sie vor der Feuchtigkeit des Bodens zu schützen. Nach zwanzig Jahren sehen die Schreingebäude daher in der Tat bereits sehr „antik“ aus.

Katsuogi und chigi

Zu den auffallendsten Charakteristika des shinmei-Stils zählt der Dachschmuck: Der First ist mit katsuogi [katsuogi (jap.) 鰹木 ornamentale Querhölzer auf dem Schreindach; wörtlich „Bonito-Holz“, abgeleitet von der Form eines beliebten Speisefisches (katsuo = Bonito-Fisch)]-Querhölzern, die Giebel mit sogenannten chigi [chigi (jap.) 千木 ornamentale Dachsparren] geschmückt. Chigi und katsuogi gelten als Überbleibsel des altjapanischen Palast-Baustils, die sich nur noch in der Schreinarchitektur erhalten haben. Sie existieren in vielen Varianten, die jeweils für einen bestimmten traditionsreichen Schrein charakteristisch sind. Im Fall von Ise gibt es die Besonderheit, dass die chigi mit der Dachkonstruktion verschmolzen sind, während sie in den meisten anderen Fällen als x-förmiges Dekorelement neben den katsuogi auf dem Dachfirst reiten.

Ise enface.jpg
12 Frontalansicht des Inneren Schreins
Haupthalle des Ise Schreins im shinmei-Stil.
Bildquelle: Mundo-Nipo, 2014.
Naiku dach.jpg
13 Horizontal abgeschrägte Dachsparren (Innerer Schrein, „weibliche“ Form)
Die „weibliche“ Form des Dachornaments des Ise Schreins ist charakterisiert durch horizontal abgeschrägte Dachsparren (chigi) und eine gerade Anzahl von Querhölzern (katsuogi).
Salvador Busquets Artigas, (SBA73) flickr, 2008 (mit freundlicher Genehmigung).
Geku dach.jpg
14 Vertikal abgeschrägte Dachsparren (Äußerer Schrein, „männliche“ Form)
Das Dach des Äußeren Schreins (Gekū) unterscheidet sich durch die Vertikale Abschrägung der Dachsparren (chigi) und die ungerade Zahl der Rundhölzer (9) vom Dach des Inneren Schreins.
Minamikawa Sanjirō, 2013.

Auf den Bildern oben sind chigi in zwei Varianten zu erkennen, einmal horizontal, einmal vertikal abgeschrägt. Dies findet sich auch bei anderen Schreinen, wobei horizontale chigi eine weibliche, vertikale dagegen eine männliche Schreingottheit symbolisieren. Auch auf die Anzahl der katsuogi wird Bedacht genommen: weibliche Gottheiten haben eine gerade Anzahl von katsuogi auf dem Dach, männliche eine ungerade. Dieser Symbolismus lässt einen Einfluss der Yin Yang [Yin Yang (chin.) 陰陽 Dualistisches Prinzip der chin. Naturphilosophie]-Philosophie erkennen (gerade = Yin = weiblich, ungerade = Yang = männlich), der möglicherweise jüngeren Datums ist als die eigentlichen architektonischen Grundelemente.

In Ise dienen die chigi-Formen jedoch zur Unterscheidung von Schreinen, die zum Äußeren (vertikal) bzw. zum Inneren Schrein (horizontal) gehören. Der Symbolismus wird also sowohl bei den Haupt- als auch bei den zahlreichen Nebenschreinen angewandt, unabhängig vom Geschlecht der spezifischen Gottheit. Zusammen mit der Tatsache, dass sich zwischen Äußerem und Innerem Schrein sonst kaum ein Unterschied erkennen lässt (auch kein größenmäßiger) wirft dies die Frage auf, ob die Anlage ursprünglich tatsächlich für eine weibliche Hauptgöttin und ihre Dienerin entworfen wurde, wie dies die heute bekannten Schreinchroniken berichten. Architektonisch gesehen haben wir es eher mit einem Paar von gleichrangigen Gottheiten unterschiedlichen Geschlechts zu tun, ein Muster, das sich in vielen alten Schreinen finden lässt. In jedem Fall ist festzuhalten, dass zwischen der Architektur und der Mythologie der Ise Schreine keine unmittelbare Verbindung besteht.

Schreinmythologie

Ise wird häufig als Schrein der Sonnengottheit Amaterasu [Amaterasu (jap.) 天照 Sonnengottheit; Ahnherrin des Tennō-Geschlechts; Hauptgottheit von Ise] angesehen, doch nur der Innere Schrein ist dieser Gottheit geweiht. Hier wird als shintai [shintai (jap.) 神体 heiliges Objekt eines Shintō-Schreins; wtl. „Gottkörper“] ein Spiegel aufbewahrt, welcher der Schreinmythologie zufolge von den Göttern selbst angefertigt wurde, um Amaterasu aus ihrer selbst auferlegten Isolation in der Felsenhöhle zu locken (s. Göttermythen). Diesen Spiegel gab Amaterasu ihrem Enkel Ninigi [Ninigi (jap.) 瓊瓊杵 mytholog. Gottheit, Enkel Amaterasus] mit auf den Weg, als er die Herrschaft auf der Erde antrat. Er solle diesen Spiegel als ein Ebenbild seiner göttlichen Großmutter ansehen. Der Spiegel wurde laut den ältesten Chroniken Japans (den sogenannten kiki [kiki (jap.) 記紀 Sammelbezeichnung für KojiKI und Nihon shoKI (ki, Bericht, ist jeweils mit einem leicht abweichenden Zeichen geschrieben)]) von den Nachfolgern des Ninigi, den frühen Tennō, zusammen mit anderen Schätzen im kaiserlichen Palast aufbewahrt. Unter dem zehnten Tennō, Sujin [Sujin Tennō (jap.) 崇神天皇 97–30 v.u.Z. (mythol. Regierungszeit); 10. japanischer Kaiser], kam es jedoch zu einer Entfremdung zwischen dem Herrscher und seinen Ahnengöttern, als eine furchtbare Epidemie das Land heimsuchte. Diese wurde von den Gottheiten Ōmononushi [Ōmononushi (jap.) 大物主 Gottheit des Schreins von [Ō]Miwa] und Amaterasu hervorgerufen (man beachte, dass Amaterasu hier als missgünstige, gefährliche Gottheit auftritt). Erst durch eigene Schreine, die auch die göttlichen Schätze des Kaiserhauses bargen, konnten die Gottheiten besänftigt werden.

Amaterasus Schrein befand sich jedoch zunächst nicht in Ise, sondern im Nara-Becken nahe Berg Miwa [Miwa (jap.) 三輪 Ort im südl. Nara-Becken; wtl. „drei Ringe“; Kurzbez. für den Ōmiwa Jinja]. Erst unter dem nächsten Tennō, Suinin [Suinin Tennō (jap.) 垂仁天皇 11. kaiserl. Herrscher Japans, leg. Regiergungszeit 29 v.–70 n.u.Z.], wurde die kaiserliche Prinzessin Yamato-hime [Yamato-hime (jap.) 倭姫(倭比売) Mytholog. Priesterin der Amaterasu, Tochter von Suinin Tennō] damit beauftragt, einen neuen Platz für die Sonnengottheit zu suchen, und fand ihn nach einer jahrelangen Wanderung in Ise, nachdem Amaterasu selbst ihr eine entsprechende Weisung gab:

The province of Ise, of the divine wind, is [...] a secluded and pleasant land. In this land I wish to dwell.2

In diesem Ausspruch der Amaterasu findet sich der berühmte Ausdruck kamikaze [kamikaze (jap.) 神風 Götterwind; urspr. ein poetischer Beinamen der Provinz Ise, wird der Begriff seit den Mongolenangriffen des 13. Jh.s mit göttlichem Schutz im Krieg assoziiert und daher auch mit den Selbstmord-Piloten des 2. Weltkriegs in Verbindung gebracht], Götterwind, der als schmückendes Beiwort von Ise mehrfach in den ältesten Quellen genannt wird.3 Erst viel später, zur Zeit der Mongoleninvasion, erhielt der Ausdruck den militärischen Beigeschmack, der sich schließlich durch die „Kamikaze-Piloten“ des Zweiten Weltkriegs weltweit ins kulturelle Gedächtnis einschrieb.

Im weiteren Verlauf der Yamato-hime Episode stellt sich heraus, dass die Priester-Prinzessin auch zwei der drei kaiserlichen Throninsignien mit sich führte, nämlich Spiegel und Schwert. Das Schwert übergab sie jedoch ihrem Neffen, Yamato Takeru [Yamato Takeru (jap.) 倭建/日本武 Mythologischer Prinz, Sohn des Keikō Tennō; wtl. der Held/der Tapfere von Yamato]. Es landete schlussendlich im Atsuta Schrein [Atsuta Jingū (jap.) 熱田神宮 wichtigster und ältester Schrein in Nagoya]. Der Spiegel hingegen soll sich seit Yamato-hime in Ise befinden.

Seltsamerweise bleibt Ise in den Episoden der Tennō, die nach Yamato-hime regieren, vollkommen unerwähnt. Lediglich unter Yūryaku Tennō [Yūryaku Tennō (jap.) 雄略天皇 418–479; semi-historischer 21. Kaiser Japans; (r. 456–479); andere Namen: Ōhatsuse Wakatake; Wakatakeru no Ōkimi] (Tennō Nummer 21) erfährt man die tragische Geschichte einer seiner Töchter, Takuhata-hime [Takuhata-hime (jap.) 栲幡姫 Tochter des semi-historischen Herrschers Yūryaku und Kult-Prinzessin in Ise; wtl. Prinzessin Maulbeer-Webstuhl], die als kaiserliche Kult-Prinzessin in Ise tätig war und Selbstmord beging, nachdem sie fälschlich der Unzucht bezichtigt worden war.4

Der Äußere Schrein führt seine Gründung auf eine Legende zurück, die ebenfalls in der Zeit des Yūraku Tennō angesiedelt ist. In einer Traumbotschaft teilte Amaterasu dem Tennō mit, dass er den Schrein der Nahrungsgottheit Toyouke [Toyouke (jap.) 豊受 Nahrungsgottheit des Äußeren Schreins von Ise] aus der Provinz Tanba [Tanba (jap.) 丹波 Provinz Tanba; historische Provinz im NW Kyōtos; umfasst Teile der heutigen Präfekturen Kyōto und Hyōgo] in die Nähe ihres Schreins verlegen lassen solle. Toyouke wurde demnach zunächst in einer Provinz nordwestlich von Kyōto verehrt. Toyouke wird als marginale Gestalt im Kojiki flüchtig erwähnt. Ihr Schrein in Tanba und seine Übersiedlung nach Ise finden sich jedoch nicht in den kiki, sondern lediglich in der erwähnten Schreinchronik aus dem Jahr 804.

Schließlich bergen die kiki noch den Hinweis auf eine weitere Gottheit, die möglicherweise vor Amaterasu in Ise verehrt wurde und vielleicht sogar in der Rolle einer Sonnengottheit von ihr verdrängt wurde. Es handelt sich um Sarutahiko [Sarutahiko (jap.) 猿田彦 Mythologische Gottheit in tengu-ähnlicher Gestalt], den etwas unheimlichen Bergführer des Ninigi, der mit Ame no Uzume [Ame no Uzume (jap.) 天鈿女/天宇受賣 mythologische Gottheit, Ahnherrin des Theaters] vermählt wird. Von diesem Paar heißt es im Nihon shoki, dass sie sich – lange vor Yamato-hime – am Oberlauf des Isuzu-Flusses (der am Inneren Schrein vorbei fließt) niederließen.

Schreingeschichte

Die oben skizzierte Schreinmythologie ist zwar bereits in den kiki zu finden, doch deutet sich in diesen Chroniken zugleich an, dass die Zentren des kami [kami (jap.) Gottheit; im engeren Sinne einheimische oder lokale japanische Gottheit, Schreingottheit (s. jinja), Gottheit des Shintō]-Kults in vor- und frühgeschichtlicher Zeit woanders, nämlich in Izumo [Izumo (jap.) 出雲 alter Namen der Präfektur Shimane in West-Japan; auch kurz für Izumo Taisha] und Miwa [Ōmiwa Jinja (jap.) 大神神社 Ōmiwa Schrein, auch Miwa Schrein, nahe Nara; einer der ältesten Schreine Japans] gelegen haben müssen. Auch bietet die Mythologie, wie erwähnt, keine befriedigende Erklärung für die Doppelstruktur der Anlage. Die meisten Experten gehen daher heute davon aus, dass die Verehrung einer weiblichen Sonnengottheit, die zugleich als wichtigste Ahnengottheit des Kaiserhauses gilt und ihren Hauptsitz in Ise hat, erst in historischer Zeit zustande kam. Man nimmt an, dass sich die schriftliche Niederlegung der kaiserlichen Mythologie Anfang des achten Jahrhunderts mit der Entstehung des Ise-Kults überschneidet.5

Sowohl die Abfassung der kiki als auch der Ausbau von Ise wären nach dieser Theorie ein Produkt der Tenmu Dynastie, einer bestimmten Linie des Kaiserhauses, die von Tenmu Tennō [Tenmu Tennō (jap.) 天武天皇 631?–686; 40. japanischer Kaiser; (r. 673–686)] und seiner Witwe und Nachfolgerin Jitō [Jitō Tennō (jap.) 持統天皇 645–703, r. 686–697; 41. japanische Kaiserin] begründet wurde. Seit dieser Zeit ist auch die Existenz von zwei Hauptschreinen, die von den Priesterfamilien Arakida [Arakida (jap.) 荒木田 Priester des Inneren Schreins von Ise (Naikū)] (Innerer Schrein) und Watarai [Watarai (jap.) 度会 Priester des Äußeren Schreins von Ise] (Äußerer Schrein) geführt wurden, zuverlässig dokumentiert. Auch die 20-jährigen Schreinerneuerungen dürften ab dieser Zeit durchgeführt worden sein, obwohl sie erst ab 785 zweifelsfrei dokumentiert sind.6 Erst die Tenmu-Dynastie war also dafür verantwortlich, dass Ise den Status des obersten kaiserlichen Ahnenschreins erhielt.

Altertum

Ab der Zeit Tenmus und Jitōs wurden die wirtschaftlichen Bedürfnisse der Schreinanlage in Form von „Opfergaben“ durch das Tennō [Tennō (jap.) 天皇 jap. „Kaiser“-Titel, wtl. Herrscher des Himmels]-Haus realisiert. Die Opfergaben waren materielle Güter, die den Unterhalt der Priester sicherten, und wurden von sogenannten Schreinhaushalten hergestellt, bäuerlichen Betrieben, die nominell dem Tennō unterstanden. Umgekehrt durften andere Personen, egal ob adelig oder nicht, den Gottheiten von Ise keine Unterstützungen oder Opfer zukommen lassen. Die Schreinhaushalte wurden jedoch von priesterlichen „Zeremonienmeistern“ (saishu [saishu (jap.) 祭主 wtl. Zeremonienmeister; spezielles Priesteramt in Ise]) des Hofes überwacht. Diese Zeremonienmeister, die wiederum aus der höfischen Priesterfamilie Nakatomi [Nakatomi (jap.) 中臣 Adelsgeschlecht der Antike] stammten, lebten zwar am Hof, hatten jedoch die eigentliche Autorität in Ise inne.7 Daneben gab es auch die Institution der Kult-Prinzessin (saiō [saiō (jap.) 斎王 Kult-Priesterin aus dem Tennō-Haus in den Schreinen Ise und Kamo; auch saigū; in Ise bis 1334 existent]). Diese stammte aus der Familie des Tennō, musste Jungfrau sein und nahm in rituellen Belangen die höchste Stellung ein. Wahrscheinlich hatte sie aber nur nominelle Autorität.

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15 Ise Priester mit Kult-Prinzessin Kuroda Sayako, 2013
Kuroda Sayako, derzeit stellvertretende Kult-Prinzessin (saiō) in Ise, ist eine Tochter des Heisei Tennō. Hier leitet sie das Tsukinami-sai, ein traditionelles halbjährliches Ritual in Ise. Rechts die 20 Jahre alte Anlage des Inneren Schreins (Naikū), die in Kürze durch die neuen Gebäude im Hintergrund ersetzt werden wird.
Werk von Minamikawa Sanjirō. 2013. Minamikawa Sanjirō, 2013/6/16.

Die besondere Beziehung zum Tennō-Haus führte zu einer Sonderstellung Ises innerhalb der Schreinlandschaft Japans. In allen bekannten Schreinlisten, die seit der Heian [Heian (jap.) 平安 auch Heian-kyō 平安京, „Stadt des Friedens“; politisches Zentrum 794–1185 (= Heian-Zeit)]-Zeit geführt werden, steht Ise als kaiserlicher Ahnenschrein trotz der entlegenen Lage unangefochten an erster Stelle. Der Tennō selbst war ab der Heian-Zeit in seiner Mobilität auf die Hauptstadt beschränkt und besuchte Ise daher nie in eigener Person. Auch die Aristokratie besuchte eher Schreine in Hauptstadtnähe hielt. Der Hof wahrte demnach gegenüber der höchsten Gottheit des Landes einen deutlichen Respektabstand.

Mittelalter und Frühe Neuzeit

Mit dem Niedergang des Hofes zwischen dem 12. und 14. Jahrhundert verschwanden sowohl die Zeremonienmeister des Hofes als auch die Kult-Prinzessinnen und die Ise Schreine wurden nun wirklich von den dort ansässigen Priestern geführt. Zugleich mussten sie sich aber unter den neuen Kriegereliten nach Ersatz für die ökonomische Unterstützung durch den Hof umsehen. Dies führte zu einer erbitterten Konkurrenz zwischen den Watarai und den Arakida. Die Watarai bemühten sich, ihren Schrein, den Äußeren, als mindestens ebenso bedeutsam wie den Inneren darzustellen. Zu diesem Zweck identifizierten sie ihre Gottheit mit Kuni no Tokotachi [Kuni no Tokotachi (jap.) 国常立 mythologische Urgottheit des Shintō], der im Nihon shoki [Nihon shoki (jap.) 日本書紀 Zweitältestes Schriftwerk und erste offizielle Reichschronik Japans (720)] Generationen vor Amaterasu als Urgottheit in Erscheinung tritt. Dieser Urgott sollte laut Watarai die ursprüngliche Gottheit des Äußeren Schreins sein. In ihrem Bemühen um eine neue Identität gingen die Priester aber noch weiter und begründeten den sogenannten Watarai Shintō [Watarai Shintō (jap.) 度会神道 Shintō-Lehre des Äußeren Schreins von Ise], der zu einer Inspirationsquelle späterer Shintō-Theologien wurde.

Amaterasu blieb zwar über lange Sicht dennoch die repräsentativste Gottheit Ises, doch ihre Mythologie geriet weitgehend in Vergessenheit. Der große buddhistische Dichtermönch Saigyō [Saigyō (jap.) 西行 1118–1190; eigentlich: Satō Norikiyo; japanischer Mönch und Dichter] etwa schrieb: „Obwohl wir das Geheimnis [Ises] nicht kennen, rührt es uns doch zu Tränen.“8 In der Tat wurde Amaterasu zeitweise als Mann aufgefasst und mit Dainichi Nyorai [Dainichi Nyorai (jap.) 大日如来 Buddha Vairocana, der „kosmische Buddha“; wtl. „Großes Licht“ oder „Große Sonne“] identifiziert. Auch eine jugendliche Gottheit namens Uhō Dōji [Uhō Dōji (jap.) 雨宝童子 shintō-buddhistische Gottheit in Gestalt eines Jünglings, der als Erscheinungsform Amaterasus galt] galt als Erscheinungsform Amaterasus. Besonders exaltierte Theologen sahen in ihr auch eine Schlangengottheit.9

Sowohl der Innere als auch der Äußere Schrein sandten im Mittelalter und in der frühen Neuzeit unabhängig von einander Priester durchs Land, die der allgemeinen Bevölkerung von den sagenhaften Kräften der Ise-Gottheiten kündeten und Ise zur populärsten shintōistischen Pilgerstätte des Landes machten. Sie verteilten dabei auch Talismane in Papierform (o-fuda [o-fuda (jap.) お札 Amulett oder Talisman in Gestalt eines symbolischen Zeichens, meist aus Papier; auch shinsatsu; das Zeichen 札 kann auch „Geldschein“ bedeuten, wird dann aber sinojap. satsu ausgesprochen;]) und entwickelten zugleich, fast nebenbei, das erste Papiergeld Japans (mehr dazu auf der Spezialseite zu Daikoku).

Ise sangu.jpg
16 Pilgermassen in Ise, 1834
Dichtes Gedränge von diversen Pilgern und Pilgergruppen vor einem torii das den Eingang des Areals von Ise markiert. Im Hintergrund links ist die Uji-Brücke zu erkennen, im Hintergrund rechts eine Bühne mit Shamisen-Spielerinnen.
Werk von Utagawa Kunisada (Toyokuni III, 1786–1865). Edo-Zeit, 1834. Bildquelle: Waseda University Library, über Internet Archive.

Gegen Ende der Edo [Edo (jap.) 江戸 Hauptstadt der Tokugawa-Shōgune, heute: Tōkyō; auch: Zeit der Tokugawa-Dynastie, 1600–1867 (= Edo-Zeit);]-Zeit tauchten folgerichtig Gerüchte auf, dass die Ise-Pilger bisweilen mit einem Geldregen überschüttet werden würden, was zu einem weiteren Anstieg der Popularität Ises führte. Man stellte sich Amaterasu auch als weißes Pferd vor, das bei Hungerkatastrophen und Erdbeben helfend in Erscheinung trat. Schließlich entstanden unter den Ise-Pilgern unmittelbar vor der Meiji-Restauration [Meiji Ishin (jap.) 明治維新 Meiji Restauration, wtl. Meiji-Erneuerung, umfasst den politischen Umsturz 1867–68 und die nachfolgende Konsolidierung Japans als moderner Nationalstaat] millienaristische Bewegungen, die eine Art Zeitenwende (yonaoshi [yonaoshi (jap.) 世直し Welterneuerung; „Weltsanierung“; gesamtgesellschaftliche Umwälzung]) heraufbeschworen und ekstatische Tänze und Gesänge praktizierten. Nach dem Refrain ihrer Lieder sind diese Bewegungen als ee ja nai ka [ee ja nai ka (jap.) ええじゃないか Dialektform von ii ja nai ka, „ist doch in Ordnung so“; Refrain von Liedern, nach denen millienniaristische Bewegungen um 1867 benannt wurden] — etwa: „ist doch gut so“ – bekannt. Obwohl diese Bewegungen eher unpolitisch und nicht auf den Tennō bezogen waren, leisteten sie wahrscheinlich einen Beitrag zum politischen Umschwung von 1867 bis 68.

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17 Darstellung des ee ja nai ka Phänomens durch Kawanabe Kyosai, 1867
Die im Titel angesprochenen Erntedank-Tänze (hōnen odori) werden hier von Alltags-Figuren ausgeführt wie Bauern, Freudenmädchen oder fahrenden Nonnen, dazwischen mischen sich aber auch Götter wie Ebisu, Shōki oder Uhō Dōji. Das Bild ist eigentlich ein Kalender, auf dem verschiedene Kalenderdaten für das Jahr Keiō 4 (1868) eingeschrieben sind. Die zwölf tanzenden Figuren sind wohl auch die zwölf Monate, angedeutet durch die Zwölf Tierkreiszeichen (jūni shi).

Dabei ließ sich der Künstler offenbar von den Umzügen inspirieren, die ab Mitte 1867 in vielen Landesteilen spontan um sich griffen. Diese sind nach dem Refrain der Gesänge, die dabei gesungen wurden, als ee ja nai ka („ist doch gut so“ oder „was ist schon dabei“) Umzüge bekannt. Auslöser waren z.T. auch Gerüchte von mysteriösen Geldregen, die sich insbesondere während der Pilgerfahrten nach Ise ereigneten.

Dass sich im kommenden Jahr 1868 ein politischer Umschwung ereignen würde, war dem Künstler natürlich nicht bewusst, doch deutet sich in dem hektischen Treiben die aufgeladene Stimmung unter der allgemeinen Bevölkerung in den Jahren 1867 und 1868 an. Diese Stimmung scheint auf dem Bild durch die Münzen hervorgerufen zu werden, die von der drachenreitenden Gestalt in der linken oberen Bildecke in die Menge geworfen werden. Dabei handelt es sich wahrscheinlich um Amaterasu, die Hauptgottheit des Ise Schreins.
Werk von Kawanabe Kyōsai (1831–1889). Edo-Zeit, 1867. National Diet Library, Tōkyō.

Moderne

Unter dem Regime der Meiji [Meiji (jap.) 明治 posthumer Name von Kaiser Mutsuhito; nach ihm wird auch die Meiji-Zeit (1868–1912) benannt]-Zeit wurden die Verbindungen zwischen Ise und Tennō schließlich wieder systematisch verstärkt. Der Watarai Shintō wurde endgültig als „Fälschung“ gebrandmarkt und die Gottheiten entsprechend den ältesten Chroniken in ihrer heutigen Gestalt festgelegt. Dass dies jedoch nicht unbedingt der Weisheit letzter Schluss sein muss, zeigen u.a. die erwähnten Widersprüche zwischen Architektur und Mythos.

Ein interessantes Detail am Rande: Die Institution der Kult-Prinzessin wurde in der Moderne in modifizierter Form erneut aufgenommen. Allerdings lautet ihr Titel saishu [saishu (jap.) 祭主 wtl. Zeremonienmeister; spezielles Priesteramt in Ise] (Zeremonienmeisterin). Das Kriterium der Jungfernschaft fiel zwar weg und es muss sich nicht einmal unbedingt um eine Frau handeln. Doch pendelt sich langsam wieder der Brauch ein, weibliche Angehörige des Tennō-Hauses in leitender ritueller Funktion in Ise zu installieren.

Ise als Inbegriff der japanischen Ästhetik

Ise wird auch in ästhetischer Hinsicht oft als Inbegriff des Shintō gedacht und gepriesen. Mit der Wiederaufwertung des Tennō Anfang der Meiji-Zeit wurde die monumental-archaische Formensprache Ises auch für neu geschaffene Schreine verwendet. So verfügen etwa der Yasukuni [Yasukuni Jinja (jap.) 靖国神社 Yasukuni Schrein, Tōkyō; Schrein zum Gedenken an Kriegsgefallene] Schrein, aber auch diverse neu geschaffene Kaisergräber, über die besonders schlichten torii im shinmei-Stil.

Yasukuni torii.jpg
18 Torii des Yasukuni Schreins
Monumentales torii im shinmei-Stil am Eingang der Schreinanlage des Yasukuni Jinja. Zur Zeit seiner Errichtung (1921) das größte torii Japans; 1943 zur Kriegsmaterialgewinnung eingeschmolzen; 1974 neu errichtet. Mit 25m Höhe nach wie vor das größte torii Japans.
20. Jh. Bernhard Scheid, flickr, 2012.
Torii meiji.jpg
19 Torii des Meiji Schreins
Mit einer Höhe von zwölf Metern ist dieses torii das größte hölzerne myōjin torii Japans. Zur Zeit der Errichtung des Meiji Schreins (um 1920) wurde dieses Torii aus einer 1200 Jahre alten taiwanesischen Zypresse (hinoki) hergestellt. Taiwan war damals bekanntlich eine japanische Kolonie. 1966 wurde das Torii jedoch durch einen Blitzeinschlag beschädigt. Daraufhin suchte man in Japan vergeblich nach entsprechenden Baumriesen. Erst 1975 gelang es, wiederum mit einer Zypresse aus Taiwan, ein neues, ähnlich großes Torii zu errichten. (S. Meiji jingū)
Um 1920 errichtet, 1966 zerstört, 1975 neu errichtet. Wikimedia Commons, 2002.
Ise torii (li.), konventionelles myōjin torii (re.)

Interessanterweise wurde allerdings der Schrein für Kaiser Meiji [Meiji Tennō (jap.) 明治天皇 1852–1912; 122. japanischer Kaiser (r. 1867–1912); Namensgeber und politische Symbolfigur der Meiji-Zeit; Eigenname: Mutsuhito], der 1920 fertig gestellt wurde, in einem Stil gehalten, der eher den buddhistisch beeinflussten Schreingebäuden der Edo [Edo (jap.) 江戸 Hauptstadt der Tokugawa-Shōgune, heute: Tōkyō; auch: Zeit der Tokugawa-Dynastie, 1600–1867 (= Edo-Zeit);]-Zeit entspricht. Seine geschwungenen Dächer und Balken wurden offenbar doch vertrauter empfunden als das kantige Erscheinungsbild des antiken Ahnenschreins. Auch Europäer des 19. Jahrhunderts wie Ernest Satow [Satow, Ernest (west.) 1843–1929; brit. Diplomat und Pionier der Japanologie], einer der Pioniere der britischen Japanologie, charakaterisierten Ise als „disappointing in its simplicity and perishable nature“.10

Bruno Taut

Bruno taut.jpg
20 Bruno Taut
Der Architekt, Stadtplaner und Architekturtheoretiker Bruno Taut.
Architekturmuseum Berlin.

Offenbar spielte der deutsche Architekt und Stadtplaner Bruno Taut [Taut, Bruno (west.) 1880–1938; deutscher Architekt der Zwischenkriegszeit, der unter dem Nationalsozialismus (1933–1936) in Japan Asyl fand] eine nicht unwesentliche Rolle für die heute gängige, überwiegend positive ästhetische Bewertung des Baustils von Ise. Als Pionier einer funktionalistischen, auf das Notwendigste reduzierten Architektur genoss Taut in den 1920er Jahren internationale Bekanntheit, u.a. durch richtungsweisende Sozialbauten in Berlin. Mit dem Machtantritt der Nazis geriet Taut allerdings zur persona non grata, verließ Deutschland und fand vorübergehend in Japan Exil. Dort begeisterte er sich u.a. für die Schlichtheit der Ise-Architektur, die er positiv mit dem überladenen Stil buddhistischer Tempel oder der Schreinanlage von Nikkō [Nikkō (jap.) 日光 Tempel-Schreinanlage im Norden der Kantō-Ebene, Präf. Tochigi; beherbergt u.a. den Tōshō-gū Schrein] kontrastierte. Ise stellte für ihn eine Entsprechung der Akropolis auf dem Gebiet der Holzarchitektur dar. In Ise und im Katsura Rikyū [Katsura Rikyū (jap.) 桂離宮 kaiserlicher Nebenpalast und -garten aus dem 17. Jahrhundert im Westen Kyōtos] Palast in Kyōto entdeckte er die Vorwegnahme moderner (eigener) architektonischer Prinzipien. Bereits 1933 erhielt Taut die Gelegenheit, seine Sicht der japanischen Architektur und Kultur auf japanisch zu veröffentlichen, und fand damit in Japan großen Anklang.11 Es mag ihm dabei nicht völlig bewusst gewesen sein, dass sein Lob der archaischen Monumentalität Ises durchaus ins Konzept des aufkeimenden japanischen Ultra-Nationalismus passte.

Tange Kenzō

Tange kenzo.jpg
21 Tange Kenzō
Portrait des japanischen Architekten Tange Kenzō (1913–2005) vor der Yoyogi Sporthalle, err. 1964, einem der vielen architektonischen Denkmäler, die er in Tōkyō hinterließ.
Geijutsu shinchō, August 2013.

Im Kontext der Schreinerneuerung von 1953 setzte sich Tange Kenzō [Tange Kenzō (jap.) 丹下健三 1913–2005; japanischer Architekt und Städteplaner], der Vorreiter des sogenannten Metabolismus, für eine ähnliche Bewertung Ises wie Bruno Taut ein. Zusammen mit dem Architekturkritiker Kawazoe Noboru [Kawazoe Noboru (jap.) 川添登 1926–2015; japanischer Architekturkritiker] veröffentlichte er eine Hommage an Ise, die unter dem Titel Ise: Prototype of Japanese Architecture auch im englischen Sprachraum weite Verbreitung fand.12 Doch auch Tanges Lob ist nicht ganz frei von nationalistischen Bezügen: Noch zu Kriegszeiten, mit nur 29 Jahren, machte er erstmals auf sich aufmerksam, als er ein nationales Monument entwarf, das von der Schreinarchitektur Ises inspiriert war und am Fuße des Berges Fuji [Fuji-san (jap.) 富士山 Berg Fuji (3776 m), der höchste Berg Japans (veraltete Bezeichnung: Fuji-yama)] errichtet werden sollte.13

Die permanente Erneuerung Ises wurde von Tange und Kawazoe als Sinnbild des „Metabolismus“ (eig. Stoffwechsel) gedeutet, den Japans Architektur im Grunde immer schon in sich trug und der nun – in Übereinstimmung mit den Vorgaben der Natur – voll zum Tragen kommen sollte. Ise stellte somit – wohl nicht nur für Tange – ein scheinbar über jede Ideologie erhabenes Bindeglied zwischen Tradition und Moderne sowie zwischen Kriegs- und Nachkriegszeit dar. Charakteristischerweise nahmen Tange und Kawazoe wenig Bedacht auf die erwähnten historischen Veränderungen der Schreinanlage und ließen Mythen wie die über zweitausendjährige Schreingeschichte oder die Funktion Ises als ältester kaiserlicher Ahnenschrein unhinterfragt. Ihr Fokus auf ästhetische Fragen ließ sich zur Übertünchung der nationalistischen Propaganda, in die Ise verstrickt war und ist, natürlich bestens verwenden. Zu Tanges Ehrenrettung muss jedoch hinzugefügt werden, dass er sich ebenso von der buddhistischen Architektur Japans inspirieren ließ und insofern keinen puristischen Shintō-Essenzialismus praktizierte.

Yoyogi sporthalle.jpg
22 Olympische Sporthalle von Tange, 1964
Vielleicht das berühmteste Bauwerk des Meisterarchitekten Tange Kenzō, das oft mit dem Schreinstil von Ise verglichen wird (obwohl es meiner Meinung nach eher an den Tōdaiji erinnert).
Werk von Tange Kenzō (1913–2005). Spätere Shōwa-Zeit, 1964. William Bullimore, flickr, 2009.

Verweise

Verwandte Themen

Fußnoten

  1. Ellwood 1968, S. 188.
  2. Nihon shoki 6, Suinin Tennō (Ü.: Aston 1972, Bd. 1, S. 176)
  3. Die älteste Erwähnung stammt aus einem Lied des Jinmu Tennō (Antoni 2012, S. 104; Aston 1972, I, S. 122), andere stammen aus dem Manyōshū.
  4. Nihon shoki 14, Yūryaku Tennō (Aston 1972, Bd. 1, S. 341).
  5. S. dazu Breen, Teeuwen 2017.
  6. Die älteste komplette Chronik von Ise ist das Daijingū shozō jiki 太神宮諸雜事記 aus dem späten 11. Jahrhundert, von einem Priester der Familie Arakida (Innerer Schrein) verfasst. Nach diesem Werk fanden die Schreinüberführungen ab 790 im 20-Jahres Rhythmus statt. Eine ältere Quelle, das Kōtai Jingū gishikichō 皇太神宮儀式帳 aus dem Jahr 804, gibt allerdings das Jahr 785 für die erstmalige Schreinüberführung an (Ōbayashi, Watanabe 1982, S. 39).
  7. Teeuwen 1996, Kap. 1.
  8. About Ise Jingu (Offizielle Website).
  9. Ein anschauliches Beispiel mittelalterlicher Exegesen von Amaterasu wird z.B. in Teeuwen 2003 diskutiert.
  10. Satow 1874, S. 121.
  11. Neben einer allgemeinen Beschreibung Japans, Nippon, mit europäischen Augen gesehen, die sofort ins Japanische übersetzt wurde, aber erst 2009 im deutschsprachigen Originaltext erschien (Taut 2009), verfasste Taut auch eine Reihe von Essays über die japanische Architektur, die sowohl ins Japanische als auch ins Englische übersetzt wurden.
  12. Tange, Kawazoe 1965.
  13. Carlos Zeballos, „The Metabolist Movement“ (Blogartikel, 2011), in My Architectural Moleskine (2014/10/24)

Internetquellen

Siehe auch Internetquellen

  • Ise Jingū
    Offizielle Erläuterungen zur Mythologie, zur Architektur und zu den Zeremonien in Ise.
  • Shinmei-zukuri (Ise-Baustil), Eintrag des architekturgeschichtlichen Online-Wörterbuchs JAANUS.
  • The Grand Shrines of Ise, Henry Smith (en.)
    [Über Internet Archive, 2010/8]


Letzte Überprüfung der Linkadressen: 2022/11/12

Literatur

Siehe auch Literaturliste

Klaus Antoni (Ü.), Kojiki: Aufzeichnungen alter Begebenheiten. Berlin: Verlag der Weltreligionen (Insel Verlag), 2012. [Mit einer begleitenden Studie und ausführlichen Text-Anmerkungen.]
William George Aston (Ü.), Nihongi: Chronicles of Japan from the Earliest Times to A.D. 697. Rutland, Vt: Tuttle, 1972. (Online.) [Erste Ausgabe: London 1896.]
John Breen, Mark Teeuwen, A Social History of the Ise Shrines: Divine Capital. London, New York: Bloomsbury, 2017.
Robert S. Ellwood, „Harvest and Renewal at the Grand Shrine of Ise“. Numen 15/3 (1968), 165–190.
Taryō Ōbayashi, Watanabe Yoshio, Ise und Izumo: Die Schreine des Schintoismus. Freiburg/Breisgau: Herder, 1982. [Ü. Thomas Münster.]
Ernest Satow, „The Shintō Temples of Ise“. Transactions of the Asiatic Society of Japan 1:2 (1874).
Tange Kenzō, Kawazoe Noboru, Ise: Prototype of Japanese Architecture. Cambridge: The M.I.T. Press, 1965.
Bruno Taut, Nippon mit europäischen Augen gesehen. Berlin: Gebr. Mann Verlag, 2009. [1933 auf Japanisch erschienen als Nippon: Yōroppajin no me de mita; dt. Originalmanuskript 2009 herausgegeben, mit einem Nachwort und Erläuterungen versehen von Manfred Speidel.]
Mark Teeuwen, Watarai Shinto: An Intellectual History of the Outer Shrine in Ise. Leiden: CNWS, 1996.
Mark Teeuwen, „The creation of a honji suijaku deity: Amaterasu as the Judge of the Dead“. In: Mark Teeuwen und Fabio Rambelli (Hg.), Buddhas and Kami in Japan. London, New York: RoutledgeCurzon, 2003, 115–144.

Bilder

Quellen und Erläuterungen zu den Bildern auf dieser Seite

  1. ^ 
    Shogu ise.jpg
    Das 2013 neu errichtete Hauptgebäude des Äußeren Schreins (Gekū) von Ise. Bis auf wenige Details ist dieses Gebäude mit der Haupthalle des fünf Kilometer entfernten Inneren Schreins identisch.
    Minamikawa Sanjirō, 2013.
  2. ^ 
    Ise map.jpg
    Lage des Inneren Schreins (Naikū) und Äußeren Schreins (Gekū) von Ise, deren Hauptgebäude über 4km von einander entfernt sind. Ehemals waren beide Anlagen von eigenen Dörfern, Yamada und Uji, umgeben, die heute zur Stadt Ise zusammengewachsen sind.
    Google Earth, 2014.
  3. ^ 
    Geku google.jpg
    Satellitenbild welches den Äußeren Schrein (Gekū) von Ise zeigt.
    Google Earth, 2014.
  4. ^ 
    Naiku google.jpg
    Satellitenbild, welches den Inneren Schrein (Naikū) von Ise zeigt.
    Google Earth, 2014.
  5. ^ 
    Ise2013.jpg
    Der Ise Schrein kurz nach der Schreinverlegungszeremonie, Oktober 2013. Vor einem knallneuen torii verneigen sich zwei festlich gekleidete Damen unter Anleitung eines Priesters. Eine Masse von Schaulustigen, zu denen auch der Fotograf gehört, befindet sich hinter einem Zaun, der nur für prominente Gäste geöffnet wird. Vom eigentlichen Hauptgebäude ist lediglich ein kleines Stück Dach zu sehen, die Architektur entspricht jedoch dem überdachten Tor hinter dem torii. Rechts im Hintergrund ist noch die spiegelbildlich errichtete alte Anlage zu sehen, die in Kürze abgerissen wird, bis das Areal nach zwanzig Jahren für einen weiteren Neuaufbau genutzt wird.
    Bernhard Scheid, 2013.
  6. ^ 
    Naiku gesamt kokkayoho.jpg
    Die Anlage des Inneren Schreins (Naikū), wie sie 1880 von Edoardo Chiossone und anderen dokumentiert wurde. Abgebildet ist jener Bereich, der damals wie heute für gewöhnliche Besucher unzugänglich ist. Obwohl es heißt, dass die Anlage alle zwanzig Jahre nach exakt dem gleichen Plan neu errichtet wird, fallen im Vergleich zu heutigen Bildern Veränderungen auf. So gab es damals offenbar noch kein verlängertes Vordach vor dem Eingang der Haupthalle (im linken Bildteil), vor allem aber sind die beiden Nebengebäude heute nicht mehr in der gleichen Achse wie die Haupthalle, sondern weit nach hinten versetzt (vgl. Bild:Naiku_google.jpg).
    Werk von Edoardo Chiossone u.a. Meiji-Zeit. Museum für Angewandte Kunst (MAK), Wien, mit freundlicher Genehmigung.
  7. ^ 
    Shikinensengu.jpg
    Anlässlich der periodischen Neuerrichtung der Schreinanlage von Ise, die alle 20 Jahre stattfindet, wird das Hauptheiligtum (go-shintai) des Schreins in einer nächtlichen Prozession zu seinem neuen Bestimmungsort gebracht. Das heilige Objekt ist durch Tücher verhüllt.
    Meiji-Zeit. Schreinamt von Ise (Jingū Shichō), 2006.
  8. ^ 
    Misomahajime.jpg
    Rituelle Übergabe von Nahrungsopfern an die Götter des Waldes anlässlich der ersten Baumfällungen für die neue Schreinanlage von Ise, acht Jahre vor der Hauptzeremonie.
    2005/6/3. Sengu News, über Internet Archive.
  9. ^ 
    Geku kokkayoho.jpg
    Die Haupthalle des Äußeren Schreins (Gekū) von Ise weicht nur in kaum merkbaren Details von der des Inneren Schreins ab. Unter anderem sind die verlängerten Dachsparren (chigi) hier vertikal und nicht horizontal abgeschrägt (vgl. Bild:Naiku kokkayoho.jpg).
    Werk von Edoardo Chiossone u.a. Meiji-Zeit. Museum für Angewandte Kunst (MAK), Wien, mit freundlicher Genehmigung.
  10. ^ 
    Naiku kokkayoho.jpg
    Das Bild entstand im Rahmen einer Inspektionstour zu den Baudenkmälern und Kunstschätzen Japans aus den Jahren 1879 und 80, die von Tokunō Ryōsuke (1825–1883), dem Leiter der Staatsdruckerei, initiiert worden war. Ein Team von Photographen und Lithographen erhielt die Aufgabe, die repräsentativsten Kunstschätze des Landes so naturgetreu wie möglich festzuhalten. Dem Expertenteam gehörte auch der Italiener Edoardo Chiossone an, der Japan mit den neuesten Techniken der europäischen Druckkunst vertraut machte und u.a. die japanischen Banknoten entwarf. Die von Chiossone und anderen angefertigten Lithographien der Serie sind teilweise hyperrealistisch und genauer als Photographien.

    Dennoch wirkt der Innere Schrein (Naikū), das Hauptheiligtum von Ise, zwar in den Details realistisch, die Proportionen stimmen allerdings nicht ganz mit dem heutigen Bau überein.
    Werk von Edoardo Chiossone u.a. Meiji-Zeit, >. Museum für Angewandte Kunst (MAK), Wien, mit freundlicher Genehmigung.

  11. ^ 
    Ise modell.jpg
    Modellgrafik des Inneren Schreins (Naikū) von Ise.
    Bildquelle: Japonia.org.pl, über Internet Archive.
  1. ^ 
    Ise enface.jpg
    Haupthalle des Ise Schreins im shinmei-Stil.
    Bildquelle: Mundo-Nipo, 2014.
  2. ^ 
    Naiku dach.jpg
    Die „weibliche“ Form des Dachornaments des Ise Schreins ist charakterisiert durch horizontal abgeschrägte Dachsparren (chigi) und eine gerade Anzahl von Querhölzern (katsuogi).
    Salvador Busquets Artigas, (SBA73) flickr, 2008 (mit freundlicher Genehmigung).
  3. ^ 
    Geku dach.jpg
    Das Dach des Äußeren Schreins (Gekū) unterscheidet sich durch die Vertikale Abschrägung der Dachsparren (chigi) und die ungerade Zahl der Rundhölzer (9) vom Dach des Inneren Schreins.
    Minamikawa Sanjirō, 2013.
  4. ^ 
    Ise saishu.jpg
    Kuroda Sayako, derzeit stellvertretende Kult-Prinzessin (saiō) in Ise, ist eine Tochter des Heisei Tennō. Hier leitet sie das Tsukinami-sai, ein traditionelles halbjährliches Ritual in Ise. Rechts die 20 Jahre alte Anlage des Inneren Schreins (Naikū), die in Kürze durch die neuen Gebäude im Hintergrund ersetzt werden wird.
    Werk von Minamikawa Sanjirō. 2013. Minamikawa Sanjirō, 2013/6/16.
  5. ^ 
    Ise sangu.jpg
    Dichtes Gedränge von diversen Pilgern und Pilgergruppen vor einem torii das den Eingang des Areals von Ise markiert. Im Hintergrund links ist die Uji-Brücke zu erkennen, im Hintergrund rechts eine Bühne mit Shamisen-Spielerinnen.
    Werk von Utagawa Kunisada (Toyokuni III, 1786–1865). Edo-Zeit, 1834. Bildquelle: Waseda University Library, über Internet Archive.
  6. ^ 
    Eejanaika kyosai.jpg
    Die im Titel angesprochenen Erntedank-Tänze (hōnen odori) werden hier von Alltags-Figuren ausgeführt wie Bauern, Freudenmädchen oder fahrenden Nonnen, dazwischen mischen sich aber auch Götter wie Ebisu, Shōki oder Uhō Dōji. Das Bild ist eigentlich ein Kalender, auf dem verschiedene Kalenderdaten für das Jahr Keiō 4 (1868) eingeschrieben sind. Die zwölf tanzenden Figuren sind wohl auch die zwölf Monate, angedeutet durch die Zwölf Tierkreiszeichen (jūni shi).

    Dabei ließ sich der Künstler offenbar von den Umzügen inspirieren, die ab Mitte 1867 in vielen Landesteilen spontan um sich griffen. Diese sind nach dem Refrain der Gesänge, die dabei gesungen wurden, als ee ja nai ka („ist doch gut so“ oder „was ist schon dabei“) Umzüge bekannt. Auslöser waren z.T. auch Gerüchte von mysteriösen Geldregen, die sich insbesondere während der Pilgerfahrten nach Ise ereigneten.

    Dass sich im kommenden Jahr 1868 ein politischer Umschwung ereignen würde, war dem Künstler natürlich nicht bewusst, doch deutet sich in dem hektischen Treiben die aufgeladene Stimmung unter der allgemeinen Bevölkerung in den Jahren 1867 und 1868 an. Diese Stimmung scheint auf dem Bild durch die Münzen hervorgerufen zu werden, die von der drachenreitenden Gestalt in der linken oberen Bildecke in die Menge geworfen werden. Dabei handelt es sich wahrscheinlich um Amaterasu, die Hauptgottheit des Ise Schreins.
    Werk von Kawanabe Kyōsai (1831–1889). Edo-Zeit, 1867. National Diet Library, Tōkyō.

  7. ^ 
    Yasukuni torii.jpg
    Monumentales torii im shinmei-Stil am Eingang der Schreinanlage des Yasukuni Jinja. Zur Zeit seiner Errichtung (1921) das größte torii Japans; 1943 zur Kriegsmaterialgewinnung eingeschmolzen; 1974 neu errichtet. Mit 25m Höhe nach wie vor das größte torii Japans.
    20. Jh. Bernhard Scheid, flickr, 2012.
  8. ^ 
    Torii meiji.jpg
    Mit einer Höhe von zwölf Metern ist dieses torii das größte hölzerne myōjin torii Japans. Zur Zeit der Errichtung des Meiji Schreins (um 1920) wurde dieses Torii aus einer 1200 Jahre alten taiwanesischen Zypresse (hinoki) hergestellt. Taiwan war damals bekanntlich eine japanische Kolonie. 1966 wurde das Torii jedoch durch einen Blitzeinschlag beschädigt. Daraufhin suchte man in Japan vergeblich nach entsprechenden Baumriesen. Erst 1975 gelang es, wiederum mit einer Zypresse aus Taiwan, ein neues, ähnlich großes Torii zu errichten. (S. Meiji jingū)
    Um 1920 errichtet, 1966 zerstört, 1975 neu errichtet. Wikimedia Commons, 2002.
  9. ^ 
    Bruno taut.jpg
    Der Architekt, Stadtplaner und Architekturtheoretiker Bruno Taut.
    Architekturmuseum Berlin.
  10. ^ 
    Tange kenzo.jpg
    Portrait des japanischen Architekten Tange Kenzō (1913–2005) vor der Yoyogi Sporthalle, err. 1964, einem der vielen architektonischen Denkmäler, die er in Tōkyō hinterließ.
    Geijutsu shinchō, August 2013.
  11. ^ 
    Yoyogi sporthalle.jpg
    Vielleicht das berühmteste Bauwerk des Meisterarchitekten Tange Kenzō, das oft mit dem Schreinstil von Ise verglichen wird (obwohl es meiner Meinung nach eher an den Tōdaiji erinnert).
    Werk von Tange Kenzō (1913–2005). Spätere Shōwa-Zeit, 1964. William Bullimore, flickr, 2009.

Glossar

Namen und Fachbegriffe auf dieser Seite

  • Amaterasu 天照 ^ Sonnengottheit; Ahnherrin des Tennō-Geschlechts; Hauptgottheit von Ise
  • Ame no Uzume 天鈿女/天宇受賣 ^ mythologische Gottheit, Ahnherrin des Theaters
  • Arakida 荒木田 ^ Priester des Inneren Schreins von Ise (Naikū)
  • Atsuta Jingū 熱田神宮 ^ wichtigster und ältester Schrein in Nagoya
  • chigi 千木 ^ ornamentale Dachsparren
  • Dainichi Nyorai 大日如来 ^ Buddha Vairocana, der „kosmische Buddha“; wtl. „Großes Licht“ oder „Große Sonne“
  • Edo 江戸 ^ Hauptstadt der Tokugawa-Shōgune, heute: Tōkyō; auch: Zeit der Tokugawa-Dynastie, 1600–1867 (= Edo-Zeit);
  • ee ja nai ka ええじゃないか ^ Dialektform von ii ja nai ka, „ist doch in Ordnung so“; Refrain von Liedern, nach denen millienniaristische Bewegungen um 1867 benannt wurden
  • Fuji-san 富士山 ^ Berg Fuji (3776 m), der höchste Berg Japans (veraltete Bezeichnung: Fuji-yama)
  • Gekū 外宮 ^ Äußerer Schrein von Ise, der Göttin Toyouke geweiht
  • Heian 平安 ^ auch Heian-kyō 平安京, „Stadt des Friedens“; politisches Zentrum 794–1185 (= Heian-Zeit)
  • Ise 伊勢 ^ vormoderne Provinz Ise (heute Präfektur Mie); Stadt Ise; Kurzbezeichnung für die Schreinanlage von Ise Ise Jingū
  • Ise Jingū 伊勢神宮 ^ kaiserlicher Ahnenschrein (wtl. Götterpalast) von Ise, Präfektur Mie, bestehend aus den Anlagen Gekū und Naikū
  • Izumo 出雲 ^ alter Namen der Präfektur Shimane in West-Japan; auch kurz für Izumo Taisha
  • jingū 神宮 ^ „Götterpalast“; Ahnenschrein des Kaiserhauses, meist Ise Jingū
  • Jitō Tennō 持統天皇 ^ 645–703, r. 686–697; 41. japanische Kaiserin
  • kami^ Gottheit; im engeren Sinne einheimische oder lokale japanische Gottheit, Schreingottheit (s. jinja), Gottheit des Shintō
  • kamikaze 神風 ^ Götterwind; urspr. ein poetischer Beinamen der Provinz Ise, wird der Begriff seit den Mongolenangriffen des 13. Jh.s mit göttlichem Schutz im Krieg assoziiert und daher auch mit den Selbstmord-Piloten des 2. Weltkriegs in Verbindung gebracht
  • Kanname-sai 神嘗祭 ^ wtl. Fest des göttlichen Kostens [des ersten Reises]; kaiserl. Erntedankfest im zehnten Monat, das parallel am Kaiserpalast und im Ise Schrein durchgeführt wird
  • katsuogi 鰹木 ^ ornamentale Querhölzer auf dem Schreindach; wörtlich „Bonito-Holz“, abgeleitet von der Form eines beliebten Speisefisches (katsuo = Bonito-Fisch)
  • Katsura Rikyū 桂離宮 ^ kaiserlicher Nebenpalast und -garten aus dem 17. Jahrhundert im Westen Kyōtos
  • Kawazoe Noboru 川添登 ^ 1926–2015; japanischer Architekturkritiker
  • kiki 記紀 ^ Sammelbezeichnung für KojiKI und Nihon shoKI (ki, Bericht, ist jeweils mit einem leicht abweichenden Zeichen geschrieben)
  • Kuni no Tokotachi 国常立 ^ mythologische Urgottheit des Shintō
  • Meiji 明治 ^ posthumer Name von Kaiser Mutsuhito; nach ihm wird auch die Meiji-Zeit (1868–1912) benannt
  • Meiji Ishin 明治維新 ^ Meiji Restauration, wtl. Meiji-Erneuerung, umfasst den politischen Umsturz 1867–68 und die nachfolgende Konsolidierung Japans als moderner Nationalstaat
  • Meiji Jingū 明治神宮 ^ Schrein des Meiji Tennō in Tōkyō, err. 1920
  • Meiji Tennō 明治天皇 ^ 1852–1912; 122. japanischer Kaiser (r. 1867–1912); Namensgeber und politische Symbolfigur der Meiji-Zeit; Eigenname: Mutsuhito
  • Miwa 三輪 ^ Ort im südl. Nara-Becken; wtl. „drei Ringe“; Kurzbez. für den Ōmiwa Jinja
  • Naikū 内宮 ^ Innerer Schrein von Ise, Amaterasu geweiht
  • Nakatomi 中臣 ^ Adelsgeschlecht der Antike
  • Nihon shoki 日本書紀 ^ Zweitältestes Schriftwerk und erste offizielle Reichschronik Japans (720)
  • Nikkō 日光 ^ Tempel-Schreinanlage im Norden der Kantō-Ebene, Präf. Tochigi; beherbergt u.a. den Tōshō-gū Schrein
  • Ninigi 瓊瓊杵 ^ mytholog. Gottheit, Enkel Amaterasus
  • o-fuda お札 ^ Amulett oder Talisman in Gestalt eines symbolischen Zeichens, meist aus Papier; auch shinsatsu; das Zeichen 札 kann auch „Geldschein“ bedeuten, wird dann aber sinojap. satsu ausgesprochen;
  • Ōmiwa Jinja 大神神社 ^ Ōmiwa Schrein, auch Miwa Schrein, nahe Nara; einer der ältesten Schreine Japans
  • Ōmononushi 大物主 ^ Gottheit des Schreins von [Ō]Miwa
  • Saigyō 西行 ^ 1118–1190; eigentlich: Satō Norikiyo; japanischer Mönch und Dichter
  • saiō 斎王 ^ Kult-Priesterin aus dem Tennō-Haus in den Schreinen Ise und Kamo; auch saigū; in Ise bis 1334 existent
  • saishu 祭主 ^ wtl. Zeremonienmeister; spezielles Priesteramt in Ise
  • Sarutahiko 猿田彦 ^ Mythologische Gottheit in tengu-ähnlicher Gestalt
  • Satow, Ernest (west.) ^ 1843–1929; brit. Diplomat und Pionier der Japanologie
  • shikinen sengū 式年遷宮 ^ periodische Schreinverlegung bzw. -erneuerung; zumeist, aber nicht nur, auf Ise bezogen
  • shinmei-zukuri 神明造 ^ Baustil der Schreine von Ise bzw. Stil der torii von Ise; auch shinmei torii
  • shin no mihashira 神の御柱 ^ „Herz-Pfeiler“; symbolischer Bauteil ohne statische Funktion unterhalb von Schreingebäuden, z.B. in Ise
  • shintai 神体 ^ heiliges Objekt eines Shintō-Schreins; wtl. „Gottkörper“
  • Suinin Tennō 垂仁天皇 ^ 11. kaiserl. Herrscher Japans, leg. Regiergungszeit 29 v.–70 n.u.Z.
  • Sujin Tennō 崇神天皇 ^ 97–30 v.u.Z. (mythol. Regierungszeit); 10. japanischer Kaiser
  • Takuhata-hime 栲幡姫 ^ Tochter des semi-historischen Herrschers Yūryaku und Kult-Prinzessin in Ise; wtl. Prinzessin Maulbeer-Webstuhl
  • Tanba 丹波 ^ Provinz Tanba; historische Provinz im NW Kyōtos; umfasst Teile der heutigen Präfekturen Kyōto und Hyōgo
  • Tange Kenzō 丹下健三 ^ 1913–2005; japanischer Architekt und Städteplaner
  • Taut, Bruno (west.) ^ 1880–1938; deutscher Architekt der Zwischenkriegszeit, der unter dem Nationalsozialismus (1933–1936) in Japan Asyl fand
  • Tenmu Tennō 天武天皇 ^ 631?–686; 40. japanischer Kaiser; (r. 673–686)
  • Tennō 天皇 ^ jap. „Kaiser“-Titel, wtl. Herrscher des Himmels
  • torii 鳥居 ^ Torii, Schreintor; wtl. „Vogelsitz“; s. dazu Torii: Markenzeichen der kami
  • Toyouke 豊受 ^ Nahrungsgottheit des Äußeren Schreins von Ise
  • Uhō Dōji 雨宝童子 ^ shintō-buddhistische Gottheit in Gestalt eines Jünglings, der als Erscheinungsform Amaterasus galt
  • Watarai 度会 ^ Priester des Äußeren Schreins von Ise
  • Watarai Shintō 度会神道 ^ Shintō-Lehre des Äußeren Schreins von Ise
  • Yamada 山田 ^ Ehemals Stadt vor dem Äußeren Schrein von Ise (Gekū), heute Teil der Stadt Ise.
  • Yamato-hime 倭姫(倭比売) ^ Mytholog. Priesterin der Amaterasu, Tochter von Suinin Tennō
  • Yamato Takeru 倭建/日本武 ^ Mythologischer Prinz, Sohn des Keikō Tennō; wtl. der Held/der Tapfere von Yamato
  • Yasukuni Jinja 靖国神社 ^ Yasukuni Schrein, Tōkyō; Schrein zum Gedenken an Kriegsgefallene
  • Yayoi 弥生 ^ Yayoi-Zeit (ca. 300 v.u.Z. – 300 u.Z.); Zeit der Entwicklung des Reisanbaus
  • Yin Yang (chin.) 陰陽 ^ Dualistisches Prinzip der chin. Naturphilosophie
  • yonaoshi 世直し ^ Welterneuerung; „Weltsanierung“; gesamtgesellschaftliche Umwälzung
  • Yūryaku Tennō 雄略天皇 ^ 418–479; semi-historischer 21. Kaiser Japans; (r. 456–479); andere Namen: Ōhatsuse Wakatake; Wakatakeru no Ōkimi