Mythen/Daemonen: Unterschied zwischen den Versionen

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{{glossar:oni|Oni}} sind die vielleicht ältesten oder traditionellsten Gestalten in der japanischen Geisterwelt. Sie sind von men·schen·ähnlicher Gestalt, tragen jedoch Hörner, raub·tier·ar·tige Zähne und Krallen. Ihre Haut ist manchmal feuer·rot, manchmal aber auch grün oder blau. Der typische Oni ist außer·dem mit einem eisen·be·schla·genen Knüppel (''kanabō'') und einem Len·den·schurz aus Tiger·fell aus·gestattet.
 
{{glossar:oni|Oni}} sind die vielleicht ältesten oder traditionellsten Gestalten in der japanischen Geisterwelt. Sie sind von men·schen·ähnlicher Gestalt, tragen jedoch Hörner, raub·tier·ar·tige Zähne und Krallen. Ihre Haut ist manchmal feuer·rot, manchmal aber auch grün oder blau. Der typische Oni ist außer·dem mit einem eisen·be·schla·genen Knüppel (''kanabō'') und einem Len·den·schurz aus Tiger·fell aus·gestattet.
  
Diese Ikonographie geht möglicherweise auf jene buddhistischen Dämonen ({{glossar:amanojaku}}) zurück, die u.a. die un·dank·bare Auf·gabe haben, den Vier Him·melswäch·tern ({{glossar:shitennou}}) als Podest zu dienen. Oni ähneln aber auch den Fol·ter·knech·ten ({{glossar:gokusotsu}}) der bud·dhis·tischen Hölle (s. [[Mythen:Höllen/Höllenbilder| Höllen·dar·stel·lungen]]). Beide Arten von Dämonen erin·nern wiederum in vieler·lei Hin·sicht an christliche Teufel.
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Diese Ikonographie geht möglicherweise auf jene buddhistischen Dämonen ({{glossar:amanojaku}}) zurück, die u.a. die un·dank·bare Auf·gabe haben, den Vier Him·melswäch·tern ({{glossar:shitennou}}) als Podest zu dienen. Oni ähneln aber auch den Fol·ter·knech·ten ({{glossar:gokusotsu}}) der bud·dhis·tischen Hölle (s. [[Mythen:Höllen/Höllenbilder| Höllen·dar·stel·lungen]]). Beide Arten von Dämonen erin·nern in vieler·lei Hin·sicht an christliche Teufel.  
Die  religiöse Ideologie hin·ter diesen Dar·stel·lun·gen ist jedoch verschieden vom Christentum: Während christliche Teufel „böse“ sind und dem Willen Gottes zu·wider·handeln, sind die bud·dhis·tischen Fol·ter·knechte ein „not·wen·diges Übel“ und tun nichts anderes als ihre Pflicht (zumin·dest solange sie ihren Dienst in der Hölle ver·richten). Psychologisch macht das aber kaum einen Unterschied: Oni wie Teufel sind Gegen·spieler der Menschen und werden als Menschen mit tierischen De·formationen (Hörner, Reißzähne, Klauen) dar·gestellt.
 
Dennoch verwendet man in der Japanologie eher das Überestzungswort „Dämon“ für die japanischen Oni.
 
  
Während der europäische Teufel  seine Gestalt in erster Linie einer Mischung aus Mensch und Ziegen·bock ver·dankt, sollen die tierischen Elemente der Oni vor allem dem Rind und dem Tiger ent·nom·men sein. Dies rührt nach einer Er·klärung des Edo-zeit·lichen Malers und Ge·spen·ster·for·schers Toriyama Sekien daher, dass Rind und Tiger im [[Mythen:Affen/Tierkreis| System der Tierkreiszeichen]] für den Nord·osten (in der traditionellen Kalenderkunde ''ushitora'', also „Rind-Tiger“ genannt) stehen. Der Nord·osten wiederum ist nach einer alten geomantischen Vor·stellung aus China jene Himmelrichtung, aus der die Dämonen üblicher·weise kommen, und wird dem·ent·sprechend auch als „Dämonentor“ ({{glossar:kimon}}) be·zeich·net. Es mischen sich also auch in den ''oni'' buddhis·tische und chinesische Elemente, die zu einer charak·teris·tischen japanischen Figur ver·schmol·zen wurden.
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Während aber der hierzulande bekannte Teufel  seine Gestalt einer Mischung aus Mensch und Ziegen·bock ver·dankt, sollen die tierischen Elemente der Oni vor allem dem Rind und dem Tiger ent·nom·men sein. Der Edo-zeit·liche Maler und Ge·spen·ster·for·scher Toriyama Sekien fand dafür auch eine durchaus einleuchtende Begründung: Er machte darauf aufmerksam, dass Dämonen — einer alten chinesischen Vorstellung zufolge — üblicherweise aus dem Nordosten kommen. Diese Himmelsrichtung wird daher auch als „Dämonentor“ ({{glossar:kimon}}) be·zeich·net. Zugleich bezeichnet man den Nordosten in der traditionellen Kalenderkunde ''ushitora'', also „Rind-Tiger“, was wiederum dem [[Texte:Yin und Yang/Tierkreis| System der Tierkreiszeichen]] entspricht. Insofern ist es nach Toriyama nur natürlich, dass die Dämonen auch das Aussehen von „Rind-Tigern“ haben. Ob diese Begründung nun historisch richtig ist oder nicht, sie enthält einen Hinweis, dass der charak·teris·tische japanische Oni aus der Verschmelzung einer buddhistischen Dämonengestalt mit chinesischen Elementen entstand.
  
Der vielleicht berühmteste ''oni'' der japanischen Sagenwelt ist Shuten Dōji. Er haust in den Bergen und raubt vor·zugs·weise schöne Frauen, die er und seine Spieß·gesel·len versklaven und schließ·lich auf·fres·sen. Einem tap·feren Krieger und seinen vier Vasal·len gelingt es zu·guter·letzt, Shuten Dōji zur Strecke zu bringen. Diese Geschichte wird seit dem Mittel·alter in un·zäh·ligen Varian·ten erzählt. Sie präsen·tiert den ''oni'' als einen Dämonen, der absolut böse und gefähr·lich, jedoch nicht un·be·sieg·bar ist. Es gibt aber auch Gestal·ten, die genauso wie ''oni'' aussehen, aber keines·wegs absolut böse sind, näm·lich die [[Ikonographie:Wächtergötter/Wind_und_Donner |Wind- und Donnergötter]]. Das Aussehen allein sagt also noch nicht, ob es sich wirklich um einen furcht·baren Dämon handelt oder nicht. Im übrigen haben sich die furcht·ein·flößenden Züge der ''oni'' mit der Zeit immer mehr ab·ge·nützt, sie werden zu·nehmend eher als ruppige Barbaren denn als schreckliche Monster dar·gestellt. Auf Edo-zeitlichen ''ukiyoe'' wirken sie eher komisch als dämonisch.
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===„Böse“ Oni===
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Die  religiöse Ideologie hin·ter den Dar·stel·lun·gen der buddhistischen Dämonen ist zweifellos verschieden vom Christentum: Während christliche Teufel „böse“ sind und dem Willen Gottes zu·wider·handeln, sind die bud·dhis·tischen Fol·ter·knechte ein „not·wen·diges Übel“ und tun nichts anderes als ihre Pflicht (zumin·dest solange sie ihren Dienst in der Hölle ver·richten). Psychologisch macht das aber kaum einen Unterschied: Oni wie Teufel sind Gegen·spieler der Menschen und werden dem entsprechend als Menschen mit tierischen De·formationen (Hörner, Reißzähne, Klauen) dar·gestellt.
  
Noch heute treten ''oni''-artige Masken bei zahlreichen ländlichen Volksfes·ten ({{glossar:matsuri}}) in Erscheinung, die wiederum er·staun·lich stark an alpine „Perchtenläufe“ und ähnliche Prozessionen teufel·artiger Gestalten erinnern. In beiden Fällen ver·körpern die Masken den Winter, der rituell ver·trieben werden soll. Ab·gesehen von der·artigen ''matsuri ''folgen die meisten Japaner auch heute noch dem Brauch, am 3. Februar, dem letzten Tag des Winters (''setsubun''), die bösen Dämonen mit ge·trock·neten Soyabohnen und dem Ruf „''oni wa soto, fuku wa uchi''“ („Raus mit den ''oni'', rein mit dem Glück“) aus ihren Häusern zu treiben. Bis·weilen setzt ein Familien·mitglied dann eine selbst·ge·bastelte ''oni''-Maske auf und lässt sich von den Kindern verscheuchen.
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In der japanischen Sagenwelt begegnet man tatsächlich Oni, die mit europäischen Teufeln vergleichbar sind. Der vielleicht berühmteste ist Shuten Dōji. Er haust in den Bergen und raubt vor·zugs·weise schöne Frauen, die er versklavt, miss·braucht und schließ·lich auf·frisst. Einem tap·feren Krieger und seinen vier Vasal·len gelingt es zu·guter·letzt, Shuten Dōji zur Strecke zu bringen. Diese Geschichte wird seit dem Mittel·alter in un·zäh·ligen Varian·ten erzählt. Sie präsen·tiert den Oni als einen Dämonen, der absolut böse und gefähr·lich, jedoch — im Gegensatz zum Teufel — nicht un·sterb·lich ist.
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Noch heute treten ''oni''-artige Masken bei zahlreichen ländlichen Volksfes·ten ({{glossar:matsuri}}) in Erscheinung, die wiederum er·staun·lich stark an alpine „Perchtenläufe“ und ähnliche Prozessionen teufel·artiger Gestalten erinnern. In beiden Fällen ver·körpern die Masken den Winter, der rituell ver·trieben werden soll. Ab·gesehen von der·artigen {{glossar:matsuri}} folgen die meisten Japaner auch heute noch dem Brauch, am 3. Februar, dem letzten Tag des Winters (''setsubun''), die bösen Dämonen mit ge·trock·neten Soyabohnen und dem Ruf „''oni wa soto, fuku wa uchi''“ („Raus mit den Oni, rein mit dem Glück“) aus ihren Häusern zu treiben. Bis·weilen setzt ein Familien·mitglied dann eine selbst·ge·bastelte Oni-Maske auf und lässt sich von den Kindern verscheuchen.
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===„Gute“ Oni===
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Wie fast alle japanischen Monster können auch Oni zu Sympathieträger werden. Oder anders ausgedrückt:
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Es gibt aber auch Gestal·ten, die genauso wie Oni aussehen, aber keines·wegs absolut böse sind. Dazu zählen zunächst einmal die [[Ikonographie:Wächtergötter/Wind_und_Donner |Wind- und Donnergötter]]. Sie stehen für respekt·ein·flößende Natur·kräfte, die den Menschen ebenso Heil wie Unheil bringen können.
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Darüber hinaus gibt es auch Oni-Gestalten, die es mit den Menschen eindeutig gut meinen. So erzählt etwa eine Legende, das der eminente Mönch Ryōgen (912-985) —  einer der wichtigsten Patriarchen des {{glossar:Tendaishuu|Tendai Buddhismus}} — die Gestalt eines Oni gehabt haben soll. Ryōgen wird daher im Volksmund auch als Tsuno Daishi, „Großmeister Horn“ oder „gehörnter Großmeister“ bezeichnet. Zugleich gilt er aber auch als eine Inkarnation des mildtätigen Bodhisattvas {{glossar:kannon}}.
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Auch auf den prächtig verzierten Dachschindeln buddhistischer  Tempel grinst einem  häufig eine Oni-Maske entgegen. Diese verkörpert wohl keine böswillige Kraft, sondern dient eher dem Schutz vor einer solchen. Wie schon bei den Wächtergöttern begegnet man hier dem Glauben, dass böse Geister wohl am effektivsten von ebenso gestalteten Wächtern im eigenen Lager vertrieben werden können.
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Das Aussehen allein sagt also noch nicht, ob es sich wirklich um einen furcht·baren Dämon handelt oder nicht. Im übrigen haben sich die furcht·ein·flößenden Züge der Oni mit der Zeit immer mehr ab·ge·nützt, sie werden zu·nehmend eher als ruppige Barbaren denn als schreckliche Monster dar·gestellt. Auf Edo-zeitlichen ''ukiyoe'' wirken die meisten Oni eher komisch als dämonisch.
  
 
==Kappa, die Flussgeister==
 
==Kappa, die Flussgeister==

Version vom 29. März 2011, 18:44 Uhr

Vorlage:Styles

Oni und Kappa

Vorlage:Wrapper

Japanische Geisterwesen (

yōkai 妖怪 (jap.)

Fabelwesen, Geisterwesen, Gespenster

Geist

Der Begriff „yōkai“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Glossarseiten

Bilder

  • Hyakkiyako.jpg
  • Daruma yokai kuniyoshi.jpg
  • Tengu-ron.jpg

) sind wie die meisten Monster aus tierischen und menschlichen Attributen zusammengesetzt. Unter den menschenähnlichen erfreuen sich neben den Tengu vor allem Oni und Kappa einer großen Bekanntheit in Japan. Beide sind in der modernen Populärkultur Japans stark präsent und werden oft niedlich und putzig (jap. kawaii) dargestellt. Wenn man aber ein wenig in die Geschichte zurückblickt, erweisen sich beide als ziemlich unheimliche Gesellen.

Oni, japanische Teufel?

oni(jap.)

Dämon, „Teufel“; in sino-japanischer Aussprache (ki) ein allgemeiner Ausdruck für Geister

Geist

Der Begriff „oni“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Glossarseiten

Bilder

  • Oni koyasan.jpg
  • Shoki kuniyoshi.jpg
  • Kobutori4.jpg
  • Kobutori3.jpg
  • Shuten doji kiyomasu.jpg
  • Oni sekien2.jpg
  • Onihitoguchi.jpg
  • Onigawara.jpg
  • Tsuno daishi.jpg
  • Oni shohaku.jpg
  • Oni shibata.jpg
  • Goryo hirotsugu.jpg
  • Oni no shamisen.jpg
  • Shoki heian.jpg
  • Kitano lantern.jpg
  • Oni kibi emaki.jpg
  • Hokusai setsubun.jpg
  • Oni nenbutsu utamaro.jpg
  • Hannya edo.jpg
sind die vielleicht ältesten oder traditionellsten Gestalten in der japanischen Geisterwelt. Sie sind von men·schen·ähnlicher Gestalt, tragen jedoch Hörner, raub·tier·ar·tige Zähne und Krallen. Ihre Haut ist manchmal feuer·rot, manchmal aber auch grün oder blau. Der typische Oni ist außer·dem mit einem eisen·be·schla·genen Knüppel (kanabō) und einem Len·den·schurz aus Tiger·fell aus·gestattet.

Diese Ikonographie geht möglicherweise auf jene buddhistischen Dämonen (

ama no jaku 天邪鬼 (jap.)

buddhistischer Dämon, wtl. „böser Himmelsgeist“

Geist

Der Begriff „ama no jaku“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Bilder

  • Amanojaku.jpg
  • Zochoten.jpg

) zurück, die u.a. die un·dank·bare Auf·gabe haben, den Vier Him·melswäch·tern (

Shi-Tennō 四天王 (jap.)

wtl. Vier Himmelskönige, die aber eher als Himmelswächter auftreten und jeweils eine Himmelsrichtung beschützen; angeführt von Bishamon-ten, dem Wächter des Nordens; der Ausdruck wird auch für diverse Gruppen von vier Kriegern angewendet

Der Begriff „Shi-Tennō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Glossarseiten

Bilder

  • Jikokuten.jpg
  • Zochoten.jpg
  • Shotoku Taishi eden schlacht.jpg
  • 4ten O.jpg
  • 4ten S.jpg
  • 4ten W.jpg
  • Shitenno jikkansho.jpg
  • Komokuten.jpg
  • Bishamon hokekyo.jpg
  • Tamonten horyuji.jpg
  • Tamonten nara.jpg
  • 4ten N.jpg
  • Shitenno met.jpg

) als Podest zu dienen. Oni ähneln aber auch den Fol·ter·knech·ten (

gokusotsu 獄卒 (jap.)

Folterknechte der buddhistischen Hölle

Lebewesen

Der Begriff „gokusotsu“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

) der bud·dhis·tischen Hölle (s. Höllen·dar·stel·lungen). Beide Arten von Dämonen erin·nern in vieler·lei Hin·sicht an christliche Teufel.

Während aber der hierzulande bekannte Teufel seine Gestalt einer Mischung aus Mensch und Ziegen·bock ver·dankt, sollen die tierischen Elemente der Oni vor allem dem Rind und dem Tiger ent·nom·men sein. Der Edo-zeit·liche Maler und Ge·spen·ster·for·scher Toriyama Sekien fand dafür auch eine durchaus einleuchtende Begründung: Er machte darauf aufmerksam, dass Dämonen — einer alten chinesischen Vorstellung zufolge — üblicherweise aus dem Nordosten kommen. Diese Himmelsrichtung wird daher auch als „Dämonentor“ (

kimon 鬼門 (jap.)

„Dämonentor“, Nord-Osten; nach alter Vorstellung die Richtung, aus der die Dämonen kommen

Geographie, Konzept

Der Begriff „kimon“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

) be·zeich·net. Zugleich bezeichnet man den Nordosten in der traditionellen Kalenderkunde ushitora, also „Rind-Tiger“, was wiederum dem System der Tierkreiszeichen entspricht. Insofern ist es nach Toriyama nur natürlich, dass die Dämonen auch das Aussehen von „Rind-Tigern“ haben. Ob diese Begründung nun historisch richtig ist oder nicht, sie enthält einen Hinweis, dass der charak·teris·tische japanische Oni aus der Verschmelzung einer buddhistischen Dämonengestalt mit chinesischen Elementen entstand.

„Böse“ Oni

Die religiöse Ideologie hin·ter den Dar·stel·lun·gen der buddhistischen Dämonen ist zweifellos verschieden vom Christentum: Während christliche Teufel „böse“ sind und dem Willen Gottes zu·wider·handeln, sind die bud·dhis·tischen Fol·ter·knechte ein „not·wen·diges Übel“ und tun nichts anderes als ihre Pflicht (zumin·dest solange sie ihren Dienst in der Hölle ver·richten). Psychologisch macht das aber kaum einen Unterschied: Oni wie Teufel sind Gegen·spieler der Menschen und werden dem entsprechend als Menschen mit tierischen De·formationen (Hörner, Reißzähne, Klauen) dar·gestellt.

In der japanischen Sagenwelt begegnet man tatsächlich Oni, die mit europäischen Teufeln vergleichbar sind. Der vielleicht berühmteste ist Shuten Dōji. Er haust in den Bergen und raubt vor·zugs·weise schöne Frauen, die er versklavt, miss·braucht und schließ·lich auf·frisst. Einem tap·feren Krieger und seinen vier Vasal·len gelingt es zu·guter·letzt, Shuten Dōji zur Strecke zu bringen. Diese Geschichte wird seit dem Mittel·alter in un·zäh·ligen Varian·ten erzählt. Sie präsen·tiert den Oni als einen Dämonen, der absolut böse und gefähr·lich, jedoch — im Gegensatz zum Teufel — nicht un·sterb·lich ist.

Noch heute treten oni-artige Masken bei zahlreichen ländlichen Volksfes·ten (

matsuri(jap.)

religiöses (Volks-)Fest

Ritus

Der Begriff „matsuri“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Glossarseiten

Bilder

  • Fukagawa matsuri wada.jpg
  • Gion 2005.jpg
  • Luck.jpg
  • Asakusa sanja.jpg
  • Tenno matsuri.jpg
  • Fuchsmaske.jpg

) in Erscheinung, die wiederum er·staun·lich stark an alpine „Perchtenläufe“ und ähnliche Prozessionen teufel·artiger Gestalten erinnern. In beiden Fällen ver·körpern die Masken den Winter, der rituell ver·trieben werden soll. Ab·gesehen von der·artigen

matsuri(jap.)

religiöses (Volks-)Fest

Ritus

Der Begriff „matsuri“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Glossarseiten

Bilder

  • Fuchsmaske.jpg
  • Asakusa sanja.jpg
  • Fukagawa matsuri wada.jpg
  • Tenno matsuri.jpg
  • Gion 2005.jpg
  • Luck.jpg
folgen die meisten Japaner auch heute noch dem Brauch, am 3. Februar, dem letzten Tag des Winters (setsubun), die bösen Dämonen mit ge·trock·neten Soyabohnen und dem Ruf „oni wa soto, fuku wa uchi“ („Raus mit den Oni, rein mit dem Glück“) aus ihren Häusern zu treiben. Bis·weilen setzt ein Familien·mitglied dann eine selbst·ge·bastelte Oni-Maske auf und lässt sich von den Kindern verscheuchen.

„Gute“ Oni

Wie fast alle japanischen Monster können auch Oni zu Sympathieträger werden. Oder anders ausgedrückt: Es gibt aber auch Gestal·ten, die genauso wie Oni aussehen, aber keines·wegs absolut böse sind. Dazu zählen zunächst einmal die Wind- und Donnergötter. Sie stehen für respekt·ein·flößende Natur·kräfte, die den Menschen ebenso Heil wie Unheil bringen können.

Darüber hinaus gibt es auch Oni-Gestalten, die es mit den Menschen eindeutig gut meinen. So erzählt etwa eine Legende, das der eminente Mönch Ryōgen (912-985) — einer der wichtigsten Patriarchen des

Tendai-shū 天台宗 (jap.)

Tendai-Schule, chin. Tiantai

Schulrichtung

Der Begriff „Tendai-shū“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Glossarseiten

Bilder

  • Sannotorii atago.jpg
  • Sakai yusai.jpg
  • Aizen mandara 1107.jpg
  • Hojoe iwashimizu2.jpg
  • Hie mandara.jpg
  • Daikoku kongorinji.jpg

— die Gestalt eines Oni gehabt haben soll. Ryōgen wird daher im Volksmund auch als Tsuno Daishi, „Großmeister Horn“ oder „gehörnter Großmeister“ bezeichnet. Zugleich gilt er aber auch als eine Inkarnation des mildtätigen Bodhisattvas

Kannon 観音 (jap.)

auch Kanzeon 観世音, wtl. der den Klang der Welt erhört; skt. Avalokiteśvara; chin. Guanyin; als Bodhisattva des Mitleids bekannt

Buddha

Der Begriff „Kannon“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Glossarseiten

Bilder

  • Nyoirin kannon 14c.jpg
  • Byakue kannon.jpg
  • Bishamon hokekyo.jpg
  • Mantoe kannon.jpg
  • Koya kannon.jpg
  • Koyasu kannon.jpg
  • Kannon fresco horyuji.jpg
  • Guanyin 12c.jpg
  • Hokekyo 25.jpg
  • Sanjusangendo.jpg
  • Ofuna kannon.jpg
  • Kasugamandala 1.jpg
  • Amida spinner.jpg
  • Nio sugimoto a.jpg
  • Juichimen kannon.jpg
  • Hyakushaku kannon.jpg
  • Hiroshige asakusa fischer.jpg
  • Yokawa kannon.jpg
  • Nio sugimoto un.jpg
  • Fujin 33.jpg
  • Nyoirin kannon.jpg
  • Fukukensaku kannon.jpg
  • Sendai kannon.jpg
  • Senju kannon.jpg
  • Nyoirin jukkansho.jpg
  • Bato kamuriki.jpg
  • Yumedono2.jpg
  • Sanjusangendo2.jpg
  • Maria kannon.jpg

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Auch auf den prächtig verzierten Dachschindeln buddhistischer Tempel grinst einem häufig eine Oni-Maske entgegen. Diese verkörpert wohl keine böswillige Kraft, sondern dient eher dem Schutz vor einer solchen. Wie schon bei den Wächtergöttern begegnet man hier dem Glauben, dass böse Geister wohl am effektivsten von ebenso gestalteten Wächtern im eigenen Lager vertrieben werden können.

Das Aussehen allein sagt also noch nicht, ob es sich wirklich um einen furcht·baren Dämon handelt oder nicht. Im übrigen haben sich die furcht·ein·flößenden Züge der Oni mit der Zeit immer mehr ab·ge·nützt, sie werden zu·nehmend eher als ruppige Barbaren denn als schreckliche Monster dar·gestellt. Auf Edo-zeitlichen ukiyoe wirken die meisten Oni eher komisch als dämonisch.

Kappa, die Flussgeister

Vorlage:Wrapper

kappa 河童 (jap.)

Flussgeist, wtl. „Flussjunge“

Geist

Der Begriff „kappa“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Glossarseiten

Bilder

  • Kappa.jpg
  • Kappa hokusai3.jpg
  • Kappa hokusai.jpg
  • Kappa shunga.jpg
  • Aragensaburo.jpg
  • Kappa kawaii.jpg
  • Kappa und Donner.jpg
sind Kobolde, die an den Ufern von Gewässern hausen. Ihre Gestalt scheint aus einer Kombination von Affe und Schildkröte entstanden zu sein. Auf vielen Abbildungen tragen sie eine Art Schildkrötenpanzer auf dem Rücken. Ihr eigentümlichstes Merkmal ist jedoch eine Delle in ihrer Schädeldecke, die zugleich die größte Schwachstelle der Kappa darstellt, denn sie muss stets mit Wasser gefüllt sein. Gelingt es also, einen Kappa umzudrehen, verliert er seine Kraft. Auch soll man ihn übertölpeln können, indem man sich tief vor ihm verneigt. Erwidert er die Verbeugung, leert sich seine Delle ...
Okuninushi hokusai.jpg
Ōkuninushi heilt den Hasen von Inaba, dem Meeresungeheuer (wani) das Fell abgezogen haben. Hokusai interpretiert Ōkuninushi als Daikoku und die wani als Krokodile.
Werk von Katsushika Hokusai (1760–1849). Edo-Zeit. Museum of Fine Arts, Boston.

Kappa werden oft mit kindlich-freundlichen Zügen dargestellt, aber sie sind heimtückisch und ziehen insbesondere Kinder gerne ins Wasser, wo diese ertrinken. Es gibt auch ein berühmtes „Frühlingsbild“ (

shunga 春画 (jap.)

wtl. „Frühlingsbilder“; Gemälde und Druckwerke mit expliziten sexuellen Darstellungen

Bild

Der Begriff „shunga“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Bilder

  • Daruma shunga.jpg
  • Kappa shunga.jpg
  • Shunga kunisada.jpg
  • Wagojin hokusai.jpg
  • Tengu shunga.jpg
  • Shunga kanaya kuniyoshi.jpg
  • Shunga toyokuni.jpg
  • Bobome.jpg

), auf dem eine Perlentaucherin (ama) von mehreren Kappas unter Wasser vergewaltigt wird. Wie viele andere

yōkai 妖怪 (jap.)

Fabelwesen, Geisterwesen, Gespenster

Geist

Der Begriff „yōkai“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Glossarseiten

Bilder

  • Hyakkiyako.jpg
  • Daruma yokai kuniyoshi.jpg
  • Tengu-ron.jpg
eigenen sich also auch Kappa gut für die Projektion sexueller Phantasien. 

Trotz ihres unheimlichen Charakters werden Kappa auch in ländlichen Schreinen oder Volksfesten verehrt, um sie günstig zu stimmen und so der Gefahr des Ertrinkens zu entgehen. Dabei werden den Kappa oft Gurken geweiht, denn Gurken gelten als ihre Lieblingsspeise. Aus diesem Grund nennt man auch Sushi-Röllchen, in den sich Gurken befinden kappa-maki.


Okuninushi hokusai.jpg
Ōkuninushi heilt den Hasen von Inaba, dem Meeresungeheuer (wani) das Fell abgezogen haben. Hokusai interpretiert Ōkuninushi als Daikoku und die wani als Krokodile.
Werk von Katsushika Hokusai (1760–1849). Edo-Zeit. Museum of Fine Arts, Boston.