Bauten/Bekannte Schreine/Inari: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 19. Juli 2020, 13:49 Uhr
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Der Inari Schrein von Fushimi [Fushimi Inari Taisha (jap.) 伏見稲荷大社 Großschrein der Gottheit Inari in Fushimi, im Süden Kyōtos] im Süden Kyōtos bietet mit sei·nen tau·sen·den Schreintoren (senpon torii [senpon torii (jap.) 千本鳥居 „Tausend torii“; Bezeichnung für die zu Tunneln verbundenen Schreintore des Fushimi Inari Taisha und anderer Inari-Schreine]), die oft zu rot leuch·ten·den Gän·gen ver·bun·den sind, eine Besonderheit in der an Se·hens·wür·dig·kei·ten kei·nes·wegs ar·men ehe·ma·li·gen Haupt·stadt. Die torii-Tunnel von Fushimi sind daher auch das touristische Highlight der weitläufigen Schreinanlage.
Keith Leung, 2006.
Tokyo Views, flickr, 2020.
Bildquelle: Jeffrey Friedl, 2008.
Bernhard Scheid, flickr, 2013.
Vorlage:Sidebox3 Die torii [torii (jap.) 鳥居 Torii, Schreintor; wtl. „Vogelsitz“; s. dazu Torii: Markenzeichen der kami] sind entlang von Wegen aufgestellt, die vom Hauptschrein zu drei Nebenschreinen auf dem Gipfel des Inari-Berges (233m) führen. Es handelt sich um Op·fer·ga·ben von Gläu·bi·gen, die sich von der Gott·heit Inari [Inari (jap.) 稲荷 Reisgottheit, häufig von Fuchswächtern (myōbu) bewacht] einen be·son·de·ren Dienst (meist ge·schäft·lichen Erfolg) er·hof·fen. Die meis·ten sind von Fir·men ge·spen·det. Neben den torii bietet der Fushimi Inari Schrein auch eine Menge pi·to·res·ker Fuchs·wäch·ter, die für alle Inari Schreine kenn·zeichnend sind. Eine weitere Be·son·der·heit sind die Steinaltäre (o-tsuka [o-tsuka (jap.) お塚 Steinaltäre, oder Gedenksteine zur Verehrung der Gottheit Inari; wtl. „Hügel“]), die sich entlang der Wege finden. Der Fushimi Inari Schrein bietet somit ein anschauliches Beispiel für die in Japan weit verbreitete Tendenz, aus der schieren Masse gleich·för·miger Votiv·gaben eine Art Gesamt·kunst·werk zu Ehren einer spe·zi·fi·schen Gott·heit entstehen zu lassen. (Siehe dazu z.B. auch die Laternen des Kasuga Schreins.)
Momoyama-Zeit, 1589. Bernhard Scheid, (flickr) 2013.
Rolf Pressel, 2006.
Patrick Elmer, 2017.
Inari Fuchsstatuen
Es gibt in Japan ca. 30.000 Inari Schreine, viele davon eher klein und un·schein·bar. An·de·rer·seits gibt es — wie so oft in Japan — auch hier die „Drei Großen Inari“, also ein Set von drei re·prä·sen·tativen Heilig·tümern. Zu diesen zählen neben dem Fushimi Inari Schrein in Kyōto, der Yūtoku [Yūtoku Inari Jinja (jap.) 祐徳稲荷神社 Inari Schrein in Kyūshū, zählt zu den „Drei Großen Inari“ Japans] Schrein in Kyūshū und der Toyokawa Inari [Toyokawa Inari (jap.) 豊川稲荷 Inari Kultstätte in Toyokawa, Aichi-ken; eig. ein buddh. Tempel, Myōgon-ji] Tempel(!), welcher der Zen [Zen (jap.) 禅 chin. Chan, wtl. Meditation; Zen Buddhismus]-Schule angehört. Alle Tempel und Schreine eint die Ver·wen·dung der charak·teristi·schen Fuchs·statuen, die meist als Boten der Gottheit Inari ge·deu·tet werden.
Die Bilder in diesem Abschnitt stammen aus Schreinen der Gottheit Inari [Inari (jap.) 稲荷 Reisgottheit, häufig von Fuchswächtern (myōbu) bewacht], die stets von Fuchs·wächtern be·wacht wird und teil·weise selbst in Fuchs·gestalt dar·ge·stellt wird. Genau genommen handelt es sich um weiße Füchse, die sich durch diese Farbe von den gewöhn·lichen, „welt·lichen“ Füchsen unter·scheiden. Auch tragen sie meist eine Sutrenrolle [sūtra (skt.) सूत्र „Faden“, Lehrrede des Buddha, kanonische Schrift (jap. kyō 経 oder kyōten 経典)] oder ein Wunsch·juwel im Maul. Auf manchen Dar·stel·lungen ver·dickt sich auch ihre Schwanz·spitze zu einem Wunsch·juwel. All dies zeigt die magische Macht dieser Füchse an. Als Boten (o-tsukai [o-tsukai (jap.) お使い wtl. Bote; auch: Götterbote, häufig in Tiergestalt]) der Inari paaren sie diese Macht aller·dings nicht mit der sprich·wört·lichen Heim·tücke, die den Füchsen (kitsune [kitsune (jap.) 狐 Fuchs; Botentier der Gottheit Inari]) auch in Japan nach·gesagt wird. Sutrenrollen und Juwele sind bud·dhis·tische Symbole, was auf bud·dhis·tische Wurzeln des Inari-Glaubens hindeutet.
Wonder Elf, flickr 2005.
Tokyobling's Blog, 2009.
Die Fuchsstatuen werden außerdem gern mit roten Lätzchen versehen. Dies ist auch bei anderen Statuen üblich, von denen sich Gläubige direkten Bei·stand erhoffen (vgl. z.B. Jizō [Jizō (jap.) 地蔵 wtl. Schatzhaus/Mutterleib der Erde; skr. Kṣitigarbha; populäre Bodhisattva Figur]). Die Farbe rot soll be·son·ders wirksam zur Ab·wehr böser Dämonen (mayoke [mayoke (jap.) 魔除け Dämonenabwehr; kann auch Talismane oder Amulette bezeichnen]) geeignet sein. Dieser Symbo·lis·mus wurde auch während einer Pocken·epi·demie Mitte des 19. Jahr·hunderts in Form von sog. „Rotbildern“ (aka-e [aka-e (jap.) 赤絵 „Rotbilder“; in rot gehaltene Bilder zur Abwehr der Pocken; rot gilt auch als Farbe der Dämonenabwehr (mayoke); unabhängig davon wurden auch Farbholzschnitte der Meiji-Zeit wegen ihrer hervorstechenden Rotfärbung als aka-e bezeichnet]) ein·ge·setzt, als sogenannte Pockengottheiten (hōsōgami [hōsōgami (jap.) 疱瘡神 Pockengottheit; hōsōgami können die Pocken selbst versinnbildlichen, werden aber auch als Wirkmacht gegen die Pocken verehrt, sie besitzen also einen krankmachenden und einen heilenden Aspekt]) in roter Farbe auf einfache Bilder gedruckt wurden, die als Talismane fungieren sollten. Die Wurzeln dieses Brauchs liegen aller·dings weit·gehend im Dunkeln.
O-tsuka
Füchse und torii finden sich im Fushimi Inari Schrein auch auf zahl·reichen Stein·altären namens o-tsuka [o-tsuka (jap.) お塚 Steinaltäre, oder Gedenksteine zur Verehrung der Gottheit Inari; wtl. „Hügel“], die sich in großer Zahl über die Hügel der Schrein·anlage verstreut finden. O-tsuka (wtl. „Hügel“) haben eine gewisse Ähn·lich·keit mit japani·schen Grab·stätten, es handelt sich aber um An·dachts·stätten oder Altäre für die Gott·heit Inari [Inari (jap.) 稲荷 Reisgottheit, häufig von Fuchswächtern (myōbu) bewacht]. Im Zentrum einer solchen Anlage befinden sich ein oder mehrere natürliche Steine mit einer Inschrift. Diese Inschrift ist als indivi·dueller Name der Inari Gott·heit zu verstehen, mit dem Inari an diesem Altar ange·spro·chen wird. (Verwir·ren·der Weise sind unter diesen „Spitz·namen“ auch die Namen anderer bekannter Gott·heiten.) Das Auf·stellen solcher o-tsuka-Steine geht auf eine volks·reli·giöse Bewegung zurück, die sich in den Jahren unmittelbar vor der Meiji Restau·ration [Meiji Ishin (jap.) 明治維新 Meiji Restauration, wtl. Meiji-Erneuerung, umfasst den politischen Umsturz 1867–68 und die nachfolgende Konsolidierung Japans als moderner Nationalstaat] (1868) spontan heraus·bildete. Gläubige er·richte·ten ihre eigene Ver·ehrungs·stätte für Inari auf dem Berg, indem sie große Steine her·bei·schafften und darauf indivi·duelle Götter·namen schrieben. Dieser indivi·duelle Zugang, den man auch watakushi no Inari-sama („meine per·sönliche Inari-Gottheit“) bezeichnet, wurde von den Schrein·prie·stern zunächst einmal ver·boten. Als es aber nicht gelang, diese Form der Laien·fröm·mig·keit abzu·schaffen, gingen die Inari Priester dazu über sie zu kon·trol·lieren. Man schuf bestimmte Areale, in denen die Errichtung von o-tsuka gestattet war, und förderte die Bildung von Laien·orga·nisa·tionen, die die Zuteilung der noch freien Plätze über·nahmen. Heute ist es zwar kaum mehr möglich, einen neuen Altar zu errichten, man kann aber über diese Organi·sationen einen Altar zugeteilt bekommen.1 Dieser wird dann von den je·wei·ligen Gläubigen mit torii und Fuchs·sta·tuen aus·ge·stat·tet, die wiederum vom Inari Schrein hergestellt werden. Dank der großen Zahl der o-tsuka (ca. 10.000) ist dies zweifel·los ein ein·träg·liches Geschäft.
Wer ist Inari?
Werk von Katsushika Hokusai. Edo-Zeit, 1814. Internet Archive.
Der Fushimi Inari Schrein taucht in den Quellen bereits im Jahr 711 erstmals auf. Er war zu dieser Zeit ein Ahnen·schrein des Klans der Hata [Hata-uji (jap.) 秦氏 Familienklan des japanischen Altertums mit kontinentalen Wurzeln; der Name schreibt sich mit den gleichen Zeichen wie die chinesische Qin Dynastie (778–207 v.u.Z.) und war von jeher sowohl in China als auch in Korea ein häufiger Familiennamen], die wiederum einige Gene·rationen zuvor aus Korea eingewandert waren. Offenbar verehrten die Hata auf den drei Gipfeln des Inari Berges drei Gott·heiten, die später kollek·tiv als „Inari“ bezeichnet wurden. Unter diesen Gott·heiten soll sich auch die weib·liche Nahrungs·gott·heit Uka-no-mitama [Uka-no-mitama (jap.) 宇迦之御魂 Weibliche Nahrungsgottheit, die v.a. im Fushimi Inari Schrein verehrt wird.] befunden haben. Mög·licher·weise ist diese Nah·rungs·gott·heit dafür ver·ant·wort·lich, dass Inari stets als Reis·gott·heit charak·terisiert wird.
Als im Jahr 794 in der un·mit·tel·baren Nach·bar·schaft des Schreins die neue Hauptstadt Heian-kyo [Heian (jap.) 平安 auch Heian-kyō 平安京, „Stadt des Friedens“; politisches Zentrum 794–1185 (= Heian-Zeit)] errichtet wurde, erlangte der Schrein rasch über·regionale Bedeutung. Er diente nun nicht mehr als Klan-Schrein der Hata, sondern wurde von Kūkai [Kūkai (jap.) 空海 774–835, Gründer des Shingon Buddhismus; Eigennamen Saeki Mao, Ehrennamen Kōbō Daishi] (774–835), dem vielleicht be·deu·tendesten Mönch des japanischen Bud·dhis·mus, zum Schutz·schrein des neu gegründeten „Ost-Tempels“ (Tōji [Tōji (jap.) 東寺 Ost-Tempel in Kyōto, eig. Kyōō Gokoku-ji (Tempel des Königs der Lehre zum Schutz des Landes)]) der neuen Haupt·stadt umfunktioniert. In einer Gründungs·legende des Schreins wird davon erzählt, dass die Gott·heit von Inari Kūkai in der Gestalt eines alten Mannes, der Reis auf dem Rücken trug, erschien:
Auf seinen Wan·derun·gen traf Kūkai in Tanabe in der Provinz Kii [heute Waka·yama, südlich von Nara] auf einen seltsamen alten Mann. Obwohl sich die beiden zum ersten Mal sahen, er·kann·ten sie sofort, dass sie sich in einem früheren Leben bei der Rede des Buddha [Buddha (skt.) बुद्ध „Der Erleuchtete“ (jap. butsu, hotoke 仏 oder Budda 仏陀)] auf dem Geier·berg (Grdhrakuta [Gṛdhrakūṭa (skt.) गृध्रकूट „Geiergipfel“, indischer Berg bei Rajagrha (Rajgir), auf dem Buddha predigte (jap. Ryōjusen 霊鷲山)]) in Indien getroffen hatten. Hoch erfreut über das Wieder·sehen lud Kūkai den Greis ein, ihn in der Haupt·stadt zu besuchen, wo er einen Tempel er·richten wollte. Einige Jahre später, als der Tōji bereits erbaut war, erschien der Greis am Südtor des Tempels mit einigen Reis·garben auf dem Rücken2 und Zypres·sen·zweigen in den Händen in Be·gleitung zweier Mädchen und zweier Kinder. Kūkai war über·glück·lich und hielt ihm zu Ehren eine Predigt und alle seine Schüler, weltliche wie geist·liche, boten ihm zu essen an. Der Greis blieb eine Zeit lang im Hause des Laien·schülers Shibamori nahe dem Tōji3 und richtete sich schließlich auf dem Berg Inari ein, wo das Holz für den Bau des Tōji gerodet worden war.4
In dieser buddhistischen Version der Schrein·le·gende ist also von einem Inari Schrein vor der Zeit Kūkais gar keine Rede. Der rätsel·hafte Greis scheint durch den Reis auf seinem Rücken den Schrein·namen zu be·grün·den — tat·sächlich wird der Name Inari meist mit den Zeichen „Reis·ähre tragen“ (稲荷) geschrie·ben. Doch hat der Berg, auf dem er sich letztlich ein·quartiert, ebenfalls den Namen Inari. Es sind also zirkuläre (karmische) Ver·bin·dungen, die die Gottheit in Gestalt eines Reis-tragenden alten Mannes zu ihrem Be·stim·mungs·ort, dem Reistrage-Berg (Inari-yama), führen.
Die Legende könnte natürlich auch so gedeutet werden, dass sich hier bereits ein Schrein befand, der unter Kūkai einer neuen Gott·heit zuge·schrieben wurde. In jedem Fall deutet die Legende an, dass die Ver·bindung zum Reis essentiell für die Iden·tität des Fushimi Inari Schreins war. Fraglich bleibt, wieso die Reis·gott·heit auch als Frau bzw. als Fuchs dar·gestellt wird.
Inari, Fuchs und Dakini
Werk von Utagawa Kuniyoshi. Edo-Zeit. British Museum.
Die Verbindung Inaris mit dem Fuchs wird manchmal durch die Tat·sache erklärt, dass sich Füchse gern in der Nähe von Feldern auf·halten, als Mäuse·fän·ger sogar nützlich für die Land·wirt·schaft sein können und sich daher als Götter·boten einer Reisgott·heit besonders anboten. Anderer·seits finden sich Text·belege für die Ver·bindung zwischen Fuchs und Inari erst ab dem elften Jahr·hundert. Es ist daher wahr·schein·lich, dass die Ver·bindung Inari-Fuchs nicht aus land·wirt·schaft·lichen Asso·ziationen zu erklären ist, sondern aus der Tatsache, dass Inari neben der Gestalt des alten Mannes auch als junge, auf einem Fuchs reitende Frauen·ge·stalt imaginiert wurde.
Die weibliche Gottheit Inari ist eine Erscheinungs·form der indisch-stämmigen Gott·heit Dakini [Dakini (jap.) 荼枳尼 weibl. buddhist. Schutzgottheit, identifiziert mit Inari; skt. Dākinī; auch: menschenfressende Dämonin]. Diese wiederum ist eine charak·teristi·sche Gestalt des tantri·schen oder eso·terischen Buddhis·mus mikkyō [mikkyō (jap.) 密教 esoterischer Buddhismus, Tantrismus; wtl. geheime Lehre; Gegenstück zu kengyō; in Japan vor allem durch den Shingon, aber auch durch Teile des Tendai Buddhismus vertreten]. In Indien bezeichnet Dakini [Ḍākinī (skt.) डाकिनी „Himmelstänzerin“, indische Dämonin (jap. Dakini 荼枳尼)] eigentlich eine Spezies von dämoni·schen Menschen·fres·serin·nen, die gemäß den Legenden des indischen Bud·dhis·mus bekehrt wurden und sich daraufhin in eine bud·dhis·tische Schutz·gottheit ver·wan·delten. Auf indo-tibeti·schen Dar·stel·lungen ist Dakini nach wie vor mit furcht·ein·flößenden und zugleich erotischen Zügen dargestellt, die sie in die Nähe der esoterischen Wächtergötter rückt. Auch auf einem der klassischen Mandalas des Shingon Bud·dhis·mus, im Taizōkai [Taizōkai (jap.) 胎蔵界 Mutterschoß-Welt; Welt der sichtbaren Dinge des Dainichi Nyorai; s.a. Kongōkai], erinnert eine Abbildung von drei Dakinis beim Verzehr einer Leiche an die in·di·sche Urform. Als aus der indischen Dämonin eine ver·trau·te Gestalt des Inari-Kults wurde, gingen diese dunklen Züge jedoch verloren, während sich der Schakal, der der indischen Dakini zur Seite steht, in einen Fuchs ver·wan·delte, der ihr als Reittier dient.
Heian-Zeit, 9. Jh. Bildquelle: Katō Yoshihira, Blog.
Die Entstehungszeit der fuchs·reitenden Dakini und ihre Trans·for·mation zu Inari sind nach wie vor rätsel·haft, doch dürften beide unter der Regie des Shingon Bud·dhis·mus zustande gekommen sein, da dieser ja, wie aus der oben er·wähn·ten Legende ersichtlich, eine besondere Beziehung zu Inari entwickelte. Die Ass·oziation Inari-Dakini lässt sich bei·spiel·haft an einem der größten Inari Heilig·tümer erkennen: Toyokawa Inari [Toyokawa Inari (jap.) 豊川稲荷 Inari Kultstätte in Toyokawa, Aichi-ken; eig. ein buddh. Tempel, Myōgon-ji] in der Präfektur Aichi wird, wie oben erwähnt, zu den „Drei Großen Inari [Schreinen]“ Japans gezählt, doch im Grunde handelt es sich um eine buddhisti·sche Tempelanlage. Zudem stellt Kannon [Kannon (jap.) 観音 auch Kanzeon 観世音, wtl. der den Klang der Welt erhört; skt. Avalokiteśvara; chin. Guanyin; als Bodhisattva des Mitleids bekannt] das Haupt·heilig·tum (honzon [honzon (jap.) 本尊 Hauptheiligtum eines Tempels]) des Tempels dar, während in den Grün·dungs·legen·den Dakini die wichtigste Rolle spielt.5 Es handelt sich also um einen Kannon-Tempel, in dem Dakini als beson·dere Schutz·gott·heit verehrt wird. Dies führte wiederum dazu, dass in Toyo·kawa ein besonderer Inari-Kult entstand, da man Dakini als identisch mit Inari ansah. In der Ikono·graphie dieses Tempels erscheint Dakini als schöne Frau, die auf einem weißen Fuchs reitet und Reis·ballen trägt. Die gleichen Attri·bute besitzt auch die weibliche Inari. Die spezielle ikono·graphi·sche Gestalt der Dakini/ Inari von Toyo·kawa soll im übrigen auf den Zen-Mönch Kangan Giin [Kangan Giin (jap.) 寒巌義尹 1217–1300; Mönch des Zen Buddhismus] (1217–1300) zurückgehen.
Es deutet also vieles darauf hin, dass die komplexe Natur der Inari Gott·heit(en) mit einst·mals populären Kulten und Figuren des eso·teri·schen Bud·dhis·mus in Ver·bindung steht. Viel·leicht ist es sogar der Unter·stützung durch den eso·terischen Bud·dhis·mus zu ver·danken, dass sich die Schreine für Inari in größerer Zahl ver·breite·ten, als für irgend eine andere Schrein·gott·heit in Japan. Heute sind die bud·dhisti·schen Ele·mente (Kūkai, Dakini) des Inari-Glaubens allerdings weit·gehend in Ver·gessen·heit geraten, während die Ver·bindung Inari–Fuchs–Frau–Reis nach wie vor präsent ist.
Verweise
Verwandte Themen
Fußnoten
- ↑ Smyers 1999, S. 160–64
- ↑ Ine o ninai 稻を荷い, „Reis·garben tragend“, eine An·spie·lung auf den Schrein·namen Inari 稻荷
- ↑ Laut Iyanaga handelt es sich um den tabisho [tabisho (jap.) 旅所 wtl. „Reiseort“; Ziel einer Prozession mit tragbarem Schrein (mikoshi) bei Schreinfesten] von Fushimi Inari, also jenen Ort, wohin die Gott·heit Inari während der Schrein·feste gebracht wird.
- ↑ Auszug aus Inari Daimyōjin ryū no ki 稻荷大明神流記. Angeblich ein Text des Kūkai Schülers Shinga (801–879), wahr·schein·lich jedoch aus der Kamakura-Zeit. Übersetzung B. Scheid nach Iyanaga Nobumi: Ḍākinī et l’Empereur.
- ↑ S. Gründungs·legende des Toyo·kawa Inari Tempels (jap.).
Internetquellen
- Dance of the Yogini: Images of Aggression in Tantric Buddhism, Nitin Kumar (en.)
Online Artikel auf Indian Art: Exotic India. - Fushimi-Inari Taisha shrine, Asano Noboru (en.)
Ausführliche Foto-Dokumentation, Teil der Website My Kind of Kyōto. - Toyokawa Inari (jap.)
Homepage des Toyokawa Inari Tempels.
Literatur
Bilder
- ^ Torii-Tunnel des Fushimi Inari Taisha in nächtlicher Beleuchtung.
Hisanori, flickr, 2014. - ^ Diese torii sind Spenden von frommen Gläubigen.
Yves Rubin, 2006. - ^ An der Rückseite der torii des Fushimi Inari Taisha sind die Namen der Spender und das Datum der Errichtung verzeichnet.
Keith Leung, 2006. - ^ Der gesamte Berg hinter der Haupthalle des Fushimi Inari Schreins ist von Wegen durchzogen, die mit roten torii bestückt sind.
Tokyo Views, flickr, 2020. - ^ Zwei parallel geführte torii-Tunnelwege am Beginn des Aufstiegs.
Binx, flickr, 2009. - ^ Torii-Tunnel des Fushimi Inari Taisha.
Kevin Hulsey, 2009. - ^ Es dauert mehrere Stunden, den ganzen Berg mit seinen torii-Tunneln zu bewandern.
Bildquelle: Jeffrey Friedl, 2008. - ^ Immer wieder zweigen Seitenpfade der torii-Tunnel vom Hauptweg ab.
Markowich, (pbase) 2005. - ^ Zwischen den torii-Tunnel sieht man auch manchmal Miniatur-torii, die zur Ausgestaltung individueller Schreinaltäre (o-tsuka) dienen.
Bernhard Scheid, flickr, 2013. - ^ Eingang zur frisch gestrichenen Anlage des Fushimi Inari Taisha. Das Tor im Stil eines buddhistischen Tempeltores (rōmon) wurde von Toyotomi Hideyoshi aus Dank für die Genesung seiner Mutter gestiftet. Anstelle der im Buddhismus üblichen Torwächterfiguren (niō) sind shintoistische Wächter (suijin) in Form realistischer Bogenschützen zu erkennen.
Momoyama-Zeit, 1589. Bernhard Scheid, (flickr) 2013. - ^ Die meisten torii werden von Firmen gespendet. Namen und Adresse der Firmen sind an der Rückseite der torii eingraviert.
Rolf Pressel, 2006. - ^ Bemalung eines frisch errichteten torii des Fushimi Inari Taisha. Das torii im Vordergrund erhält das Jahresdatum Heisei 29 (2017), das im Hintergrund stammt aus Heisei 5 (1993).
Patrick Elmer, 2017. - ^ Die Fuchsstatuen (kitsune) sind individuelle Opfergaben (sonaemono) von Gläubigen (ähnlich wie z.B. die zahllosen torii des Fushimi Inari Schreins).
takmagar, flickr 2006. - ^ Statue eines Fuchswächters (kitsune)
bycollie, flickr 2005. - ^ Statue eines Fuchses (kitsune) mit einem Dharma-Schlüssel (hōyaku).
orandajin, flickr 2007. - ^ Füchse (kitsune), welche als Souvenir im Fushimi Inari Taisha verkauft werden.
Wonder Elf, flickr 2005.
- ^ Bemalte ema mit Füchsen (kitsune) des Fushimi Inari Taisha
Matthew Bednarik, flickr 2008. - ^ Fuchs-ema, die zum Verkauf angeboten werden.
Ajisai, flickr 2008. - ^ Exzentrischer Inari Fuchs (kitsune) mit Juwel auf dem Haupt
Owen Waygood, flickr 2006. - ^ Kitsune-Familie eines Inari Schreins in Fukushima
komainu.net, 2004. - ^ Detailansicht kleiner Inari-Statuen
Trane DeVore, flickr 2009. - ^ Tänzer mit Fuchsmaske bei einem matsuri in Ishioka, nördlich von Tōkyō.
Thomas Lottermoser, 2006. - ^ Kleine Inari-Statuen
Lostintokyo, flickr 2005. - ^ Boten der Gottheit Inari werden immer als weiße Füchse (kitsune) gedacht, allerdings nicht notwendigerweise weiß bemalt. Außerdem besitzen sie ein Wunschjuwel, das manchmal an ihrer Schwanzspitze erscheint.
Tokyobling's Blog, 2009. - ^ O-tsuka, welche von torii in allen Größen umrahmt sind.
Bildquelle: Jeffrey Friedl, 2008. - ^ Buchillustration der Gottheiten Dakini und Inari Daimyōjin, jeweils mit einem Fuchs.
Werk von Katsushika Hokusai. Edo-Zeit, 1814. Internet Archive. - ^ Auf ihren Schultern trägt Dakini Reisballen.
Toyokawa Inari Schrein, über Internet Archive. - ^ Illustration einer Legende aus der Jugend des späteren Gewaltherrschers Taira no Kiyomori (nach Genpei seisuiki). Ein von ihm gejagter Fuchs entpuppt sich als Dienerin der Gottheit Kiko Tennō 貴狐天王 — aka. Dakini, aka. Inari — und verspricht Belohnung für den Fall, dass Kiyomori sie verschont. Er folgt der Bitte und steigt in der Folge zum mächtigsten Mann im Lande auf.
Werk von Utagawa Kuniyoshi. Edo-Zeit. British Museum. - ^ Dakini auf einem weißen Fuchs (kitsune).
Kamakura-Zeit, 14. Jh. Ruth and Sherman Lee Institute. - ^ Tanzende Dakini des indischen Tantrismus.
exoticindiaart.com. - ^ Detail aus dem Taizōkai mandara, dem Mandala der Mutterschoß-Welt des Shingon Buddhismus (Gesamtansicht links oben). Drei Dakinis beim Verzehr einer Leiche. Es ist nicht ganz klar, ob die Dämoninnen hier dem indischen Vorbild entsprechend als Frauen dargestellt sind.
Heian-Zeit, 9. Jh. Bildquelle: Katō Yoshihira, Blog.
Glossar
- Gṛdhrakūṭa (skt.) गृध्रकूट ^ „Geiergipfel“, indischer Berg bei Rajagrha (Rajgir), auf dem Buddha predigte (jap. Ryōjusen 霊鷲山)
- hōju 宝珠 ^ wtl. Schatzperle; auch nyoi no tama, „Perle, die jeden Wunsch erfüllt“; skt. cintamani; magische Perle, meist, aber nicht nur, im buddhistischen Kontext
- Iyanaga Nobumi 彌永信美 ^ 1948–; Spezialist für kulturelle Beziehungen innerhalb der buddhistischen Welt; verfasste u.a. eine Studie zu den indischen Wurzeln des japanischen Daikoku
- Kannon 観音 ^ auch Kanzeon 観世音, wtl. der den Klang der Welt erhört; skt. Avalokiteśvara; chin. Guanyin; als Bodhisattva des Mitleids bekannt
- kitsunetsuki 狐憑き ^ Fuchsbessenheit; Glaube, dass der Geist eines Fuchses (kitsune) Besitz von einem Menschen ergreifen und ihn verwirren kann
- Meiji Ishin 明治維新 ^ Meiji Restauration, wtl. Meiji-Erneuerung, umfasst den politischen Umsturz 1867–68 und die nachfolgende Konsolidierung Japans als moderner Nationalstaat
- mochi 餅 ^ Japanische Reiskuchen bzw. Klöße aus gestampftem Reis, die traditionell vor allem zu Neujahr (O-shōgatsu) gegessen werden.
- Nagashino gassen 長篠合戦 ^ Schlacht von Nagashino, 1557, zwischen Oda Nobunaga und Tokugawa Ieyasu auf der einen und dem Haus Takeda auf der anderen Seite; ging dank der Verwendungen von Feuerwaffen zugunsten von Oda/Tokugawa aus
- otora-gitsune おとら狐 ^ legendärer Fuchs (kitsune), der von einem Mädchen namens Otora Besitz ergriff; davon abgeleitet: eine bestimmte Form von Fuchsbesessenheit (kitsunetsuki)
- senpon torii 千本鳥居 ^ „Tausend torii“; Bezeichnung für die zu Tunneln verbundenen Schreintore des Fushimi Inari Taisha und anderer Inari-Schreine
- Shingon-shū 真言宗 ^ Shingon-Schule, wtl. Schule des Wahren Wortes; wichtigste Vertreterin des esoterischen Buddhismus (mikkyō) in Japan
- Shirakawa-ke 白川家 ^ Priesterfamilie, die traditionellerweise das oberste Amt (haku) des höfischen Götteramts (Jingi-kan) innehatte und in der Edo-Zeit zusammen mit den konkurrierenden Yoshida die oberste Instanz der Shinto-Priester darstellte
- Taizōkai mandara 胎蔵界曼陀羅 ^ Mutterschoß-Welt-Mandala; Mandala des Buddha Dainichi in seiner „Mutterschoß-Welt“ (Taizōkai)
- Takeda 武田 ^ Familie von mächtigen Kriegsherren der Sengoku-Zeit; bekanntester Vertreter Takeda Shingen
- Toyokawa Inari 豊川稲荷 ^ Inari Kultstätte in Toyokawa, Aichi-ken; eig. ein buddh. Tempel, Myōgon-ji
- Yoshida-ke 吉田家 ^ höfische Priesterfamilie (urspr. Urabe), die über Jahrhunderte im Götteramt (Jingi-kan) tätig war und Ende des Mittelalters durch eine neue Theologie (Yoshida Shintō) großen Einfluss in der Welt des Shintō gewann