Mythen/Daemonen: Unterschied zwischen den Versionen
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Nach einer ety·molo·gischen Er·klä·rung soll sich das Zeichen 鬼 von einem Leich·nam herleiten. Somit wären ''ki'' im Grunde Toten·geister oder umgekehrt, alle Menschen würden nach dem Tod zu ''ki'' werden. Laut Kikuchi Noritaka entspricht dies tat·säch·lich der ursprüng·lichen chinesischen Auf·fassung. Kikuchi 2011, S. 19. | Nach einer ety·molo·gischen Er·klä·rung soll sich das Zeichen 鬼 von einem Leich·nam herleiten. Somit wären ''ki'' im Grunde Toten·geister oder umgekehrt, alle Menschen würden nach dem Tod zu ''ki'' werden. Laut Kikuchi Noritaka entspricht dies tat·säch·lich der ursprüng·lichen chinesischen Auf·fassung. Kikuchi 2011, S. 19. | ||
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− | Auf älteren Dar·stel·lungen wirken ''kappa'' meist ziemlich grob und un·heim·lich. Man sagte ihnen nach, dass sie heim·tückisch seien und ins·beson·dere Kinder gerne ins Wasser zögen, um sie zu ertränken. Andere Quellen wissen zu berichten, dass es die ''kappa'' auf einen magischen Edel·stein abgesehen haben, den sie im Anus ihrer Opfer vermuten, und diese daher nach Möglich·keit von hinten her aussaugen. | + | Auf älteren Dar·stel·lungen wirken ''kappa'' jedoch meist ziemlich grob und un·heim·lich. Man sagte ihnen nach, dass sie heim·tückisch seien und ins·beson·dere Kinder gerne ins Wasser zögen, um sie zu ertränken. Andere Quellen wissen zu berichten, dass es die ''kappa'' auf einen magischen Edel·stein abgesehen haben, den sie im Anus ihrer Opfer vermuten, und diese daher nach Möglich·keit von hinten her aussaugen. |
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Version vom 13. Januar 2021, 17:43 Uhr
Achtung: Sie sehen eine veraltete Version von https://religion-in-japan.univie.ac.at/Handbuch/Mythen/Daemonen.
Monster sind in der Kultur Japans stark präsent. Im allgemeinen bezeichnet man sie als yōkai [yōkai (jap.) 妖怪 Fabelwesen, Geisterwesen, Gespenster], doch gibt es auch ältere Sammelbezeichnungen wie etwa hyakki [hyakki (jap.) 百鬼 wtl. „hundert Geister“; Sammelbezeichnung für Geisterwesen], wtl. „hundert Geister“. Das Zeichen ki 鬼 steht hier, in seiner sino-japa·nischen Aus·sprache, für Geister·wesen aller Art.1 In der Lesung oni [oni (jap.) 鬼 Dämon, „Teufel“; in sino-japanischer Aussprache (ki) ein allgemeiner Ausdruck für Geister] bezeich·net das·selbe Zeichen eine kon·kre·tere Figur, die auf dieser Seite zusammen mit dem Wasser·geist kappa [kappa (jap.) 河童 Flussgeist, wtl. „Flussjunge“] als Reprä·sentant der yōkai genauer vor·gestellt werden soll.
Werk von Tosa Mitsunobu (1434?–1525). Muromachi-Zeit. Bildquelle: PrTimes.
Oni, japanische Teufel?
Werk von Soga Shōhaku (1730–1781). Edo-Zeit, 1764. Bildquelle: Muian, über Internet Archive.
Oni sind von men·schen·ähn·licher Gestalt, tragen jedoch Hörner, raub·tier·ar·tige Zähne und Krallen. Ihre Haut ist manch·mal feuer·rot, manchmal aber auch grün oder blau. Der typische oni ist außer·dem mit einem eisen·be·schla·genen Knüppel (kanabō [kanabō (jap.) 金棒 mit Spitzen versehener Knüppel oder Schlagstock, der im feudalen Japan als Waffe von Samurai gebraucht wurde (in der Mythologie auch von oni)]) und einem Len·den·schurz aus Tiger·fell aus·ge·stattet.
Diese Ikono·graphie geht auf buddhis·tische Dämonen zurück, die sich bis zu den indischen rakshasa [rākṣasa (skt.) राक्षस indischer Dämon (jap. rasetsu 羅刹)] (jap. rasetsu [rasetsu (jap.) 羅刹 von skt. rakshasa; menschenfressende Dämonenrasse des indischen Pantheons]) zurück·verfolgen lassen. Manche dieser Dämonen sind Gegen·spieler des Buddhismus und haben z.B. die un·dank·bare Auf·gabe, den Vier Him·melswäch·tern (Shi-Tennō [Shi-Tennō (jap.) 四天王 wtl. Vier Himmelskönige, die aber eher als Himmelswächter auftreten und jeweils eine Himmelsrichtung beschützen; angeführt von Bishamon-ten, dem Wächter des Nordens; der Ausdruck wird auch für diverse Gruppen von vier Kriegern angewendet]) als Podest zu dienen (ama no jaku [ama no jaku (jap.) 天邪鬼 buddhistischer Dämon, wtl. „böser Himmelsgeist“]). Andere verdingen sich als Fol·ter·knech·te (gokusotsu [gokusotsu (jap.) 獄卒 Folterknechte der buddhistischen Hölle]) in der bud·dhis·tischen Hölle. Parallelen zu christ·lichen Teufeln sind daher nicht von der Hand zu weisen.
„Böse“ oni
Werk von Torii Kiyomasu. Edo-Zeit, um 1700. Museum of Fine Arts, Boston.
Die religiöse Ideologie hin·ter den Dar·stel·lun·gen der buddhis·tischen Dämo·nen ist zweifel·los ver·schie·den vom Christen·tum: Wäh·rend christ·liche Teufel „böse“ sind und dem Willen Gottes zu·wider·han·deln, sind die bud·dhis·tischen Fol·ter·knechte ein „not·wen·diges Übel“ und tun nichts ande·res als ihre Pflicht (zumin·dest so·lange sie ihren Dienst in der Hölle ver·richten). Psycho·logisch macht das aber kaum einen Unter·schied: Oni sind, wie Teufel, Gegen·spieler der Men·schen und werden dement·spre·chend als Men·schen mit tie·rischen De·forma·tionen (Hörner, Reiß·zähne, Klauen) dar·ge·stellt.
In der japa·nischen Sagenwelt begegnet man tat·säch·lich auch wirk·lich „bösen“ oni. Beson·ders in den Mär·chen und Legen·den der Heian [Heian (jap.) 平安 auch Heian-kyō 平安京, „Stadt des Friedens“; politisches Zentrum 794–1185 (= Heian-Zeit)]-Zeit ist immer wieder davon die Rede, dass Men·schen (in erster Linie Frauen) von oni „mit einem Biss“ ver·schlun·gen werden. Die be·rühm·teste dieser Men·schen·fres·ser-Geschich·ten han·delt von einem oni namens Shuten Dōji [Shuten Dōji (jap.) 酒顛童子 wtl. etwa Sauf-Knabe; berüchtigter Dämon (oni) der Heian-Zeit]. Er haust in den Bergen und raubt vor·zugs·weise schöne Frauen, die er ver·sklavt, miss·braucht und schließ·lich auf·frisst. Erst dem tap·feren Krieger Minamoto no Yorimitsu [Minamoto no Yorimitsu (jap.) 源頼光 948–1021, auch Minamoto Raikō; Krieger aus der Dynastie der Minamoto; zusammen mit seinen vier Vasallen, die auch als Shi-Tennō bezeichnet werden, ist er Held zahlreicher Legenden] und seinen vier Vasal·len gelingt es nach vielen Aben·teuern, Shuten Dōji zur Strecke zu bringen. Diese Ge·schichte exis·tiert in un·zäh·ligen Varian·ten. Sie präsen·tiert den oni als einen Dämon, der absolut böse und gefähr·lich, jedoch — im Gegen·satz zum Teufel — nicht un·sterb·lich ist.
Vorlage:Sidebox3 Anderer·seits gibt es bereits im dreizehnten Jahr·hundert Dar·stel·lungen von oni, die eher tölpel·haft als dämonisch wirken und in dieser Hinsicht stark an den Teufel in deutschen Märchen erinnern. So erzählt ein Märchen von einem alten Holz·sammler mit einer entstel·lenden Geschwulst, der zufällig Zeuge eines nächt·lichen Festes der oni wird. Sie feiern, tinken und tanzen „ganz wie wir Menschen“. Nur ihr äs·the·tischer Geschmack ist ein anderer: Als die oni den Holz·sammler entdecken, nehmen sie seine Beule als Pfand, damit er wieder zu ihnen zurück·kommen muss. Auf diese Weise wird der Alte von seiner Beule befreit. (s. die Übersetzung der Geschichte.)
Wie sich in diesem Märchen bereits andeutet, haben sich die furcht·ein·flößen·den Züge der oni mit der Zeit immer mehr ab·ge·nützt, sie werden zu·neh·mend eher als ruppige Bar·baren denn als schreck·liche Monster dar·gestellt. Auf Edo-zeit·lichen ukiyo-e [ukiyo-e (jap.) 浮世絵 „Bilder der fließenden Welt“, populäre Farbholzschnitte der Edo-Zeit] wirken die oni daher meist eher komisch als dämonisch.
„Gute“ oni
Neben ihrer un·frei·willigen Komik gibt es auch das Phänomen, dass oni — wie im übrigen fast alle ja·pa·nischen Monster — zu echten Sym·pathie·trägern werden können. Oder anders aus·gedrückt: Es gibt Gestal·ten, die genauso wie oni aus·sehen, aber keines·wegs böse oder feindselig sind. Dazu zählen zunächst einmal die Wind- und Donner·götter. Sie stehen für respekt·ein·flößende Natur·kräfte, die den Men·schen ebenso Heil wie Unheil bringen können.
19. Jh. Tomoe Steineck, Martina Wernsdörfer, Raji Steineck, WegZeichen: Japanische Kult- und Pilgerbilder. Die Sammlung Wilfried Spinner (1854–1918). Zürich: VMZ (Ausstellungskatalog), Abb. 9 (mit freundlicher Genehmigung).
Das Bild ist eine Art Glückslos (o-mikuji). Der beigefügte Text lautet:
- Ganzan Daishi war eigentlich eine Manifestation von Kannon mit dem Wunschjuwel. Daher müssen alle, die dieses Los ziehen, aus ganzem Herzen folgenden Spruch rezitieren.
- Mantra von Kannon mit dem Wunschjuwel: on harada handomei un / on handoma jindamani jinhara un
- (OM VARADA PADME HUM / OM PADMA CINTAMANI DŻWALA HUM)
Edo-Zeit. Wikimedia Commons.
Darüber hinaus gibt es einzelne oni-Gestalten, die es mit den Men·schen ein·deutig gut meinen. So erzählt etwa eine Legende, dass der emi·nente Mönch Ryōgen [Ryōgen (jap.) 良源 912–985; 18. Abt (zasu) der Tendai-Schule; unter Namen wie Jie Daishi, Ganzan Daishi, Tsuno Daishi oder Mame Daishi auch als Schutzheiliger populär] (912–985) — einer der wich·tigsten Patriar·chen des Tendai Buddhismus [Tendai-shū (jap.) 天台宗 Tendai-Schule, chin. Tiantai] — die Hörner eines oni gehabt haben soll. Ryōgen wird daher im Volks·mund auch als Tsuno Daishi, „Groß·meister Horn“ oder „gehörn·ter Groß·meister“ bezeichnet. Eine weitere Legende berichtet, dass Ryōgen einen Seuchen·gott in Gestalt eines oni bekämpfte, indem er sein Aussehen annahm. Von da an diente die Abbildung dieses oni (Abb. oben) als Talisman (o-fuda [o-fuda (jap.) お札 Amulett oder Talisman in Gestalt eines symbolischen Zeichens, meist aus Papier; auch shinsatsu; das Zeichen 札 kann auch „Geldschein“ bedeuten, wird dann aber sinojap. satsu ausgesprochen;]), um Krankheiten und ähnliches zu verhindern — gleichsam eine ho·möo·pathische Bekämpfung von Seuchen·göttern. Noch heute werden o-fuda mit dem Bild des Tsuno Daishi in diversen Tendai Tempeln verkauft. Man soll sie zu Neujahr an der Eingangs·tür oder im Flur seines Hauses aufkleben. 2
Auch auf den prächtig verzierten Dach·schin·deln bud·dhis·tischer Tempel grinst einem häufig eine oni-Maske entgegen. Diese ver·kör·pert wohl keine bös·willige Kraft, sondern dient eher dem Schutz vor einer solchen. Wie schon bei den Wäch·ter·göt·tern begeg·net man hier dem Glauben, dass böse Geister am effek·tivsten von ebenso gestal·teten Wächtern im eigenen Lager ver·trie·ben werden können.
Das Aussehen allein sagt also noch nicht, ob es sich wirk·lich um einen böswilligen oni handelt oder nicht. Diese Ambivalenz im Auf·treten der oni lässt es ratsam erscheinen, anstelle von „Teufel“ den neutral·eren Begriff „Dämon“ für die Über·setzung von oni zu wählen.
Das Dämonentor
Einer alten chine·sischen Vor·stel·lung zufolge kommen böse Geister oder Dämonen üblicher·weise aus dem Nord·osten. Diese Himmels·richtung wird daher auch als „Dämonen·tor“ (kimon [kimon (jap.) 鬼門 „Dämonentor“, Nord-Osten; nach alter Vorstellung die Richtung, aus der die Dämonen kommen]) be·zeich·net. Im ja·pa·nischen Altertum wurde diese Vor·stel·lung so ernst genommen, dass man sich bemühte, den Nord·osten von Städten und Palästen mit religiösen Institu·tionen zu besetzen. In Kyōto erhielt etwa der Kloster·berg Hiei [Hiei-zan (jap.) 比叡山 Klosterberg Hiei bei Kyōto, traditionelles Zentrum des Tendai Buddhismus] im Nord·osten der Stadt die Funktion zuge·sprochen, böse Geister abzu·wehren.
Werk von Toriyama Sekien. Edo-Zeit, 1779. British Museum.
Der Edo-zeit·liche Maler und Ge·spen·ster·for·scher Toriyama Sekien [Toriyama Sekien (jap.) 鳥山石燕 1712–1788; Künstler und Gelehrter; vor allem bekannt für seine illustrierten Gespenster-Enzyklopädien] leitete aus dieser Tatsache auch eine durch·aus ein·leuchtende Begrün·dung für das spezifische Aussehen der oni ab. Er wies darauf hin, dass die tieri·schen Ele·mente der oni vor allem dem Rind und dem Tiger ent·nom·men sind. Zugleich be·zeich·net man den Nord·osten im System der Tierkreiszeichen, das auch in der tradi·tionel·len Kalender·kunde ange·wendet wird, als ushitora [ushitora (jap.) 丑寅 wtl. Rind-Tiger; bezeichnung für den Nord-Osten im System der Tierkreiszeichen], also wörtlich als „Rind-Tiger“. Insofern ist es nach Toriyama nur natür·lich, dass die Dämonen, die aus der „Rind-Tiger“ Rich·tung kommen, auch das Aus·sehen von „Rind-Tigern“ haben.
Tat·säch·lich finden sich Rinder·hörner und Tiger·fell-Tangas auch bei hinduis·tischen und buddhis·tischen Dämonen (s. Anmerkungen zum Höllenfürst Enma). Doch enthält Toriyamas Begrün·dung, unab·hängig von ihrer histo·rischen Stich·haltig·keit, einen Hinweis auf die Ver·mischung von bud·dhis·tischen und nicht-buddhis·tischen Traditionen. Man kann daher davon ausgehen, dass der charak·teris·tische japa·nische oni nicht nur bud·dhis·tische, sondern auch chine·sische Ele·men·te in sich aufge·nommen hat.
Oni wa soto
Noch heute findet man in Japan länd·liche Volks·fes·te (matsuri [matsuri (jap.) 祭 religiöses (Volks-)Fest]), die er·staun·lich stark an „Perchten·läufe“ und ähn·liche Prozes·sionen teufel·artiger Gestalten im alpinen Raum erinnern. Meist finden diese Feiern zu Beginn des Neuen Jahres statt. Im Schutz von oni-Masken richten Gruppen von Burschen Schaber·nack an, der in manchen Fällen ziemlich auf·dring·lich und unan·genehm werden kann, aber nur auf den Fest·tag beschränkt ist. In Japan wie in Europa ver·körpern diese Masken den Winter, der rituell ver·trieben werden soll.
Werk von Shibata Zeshin (1807–1891). Hatena Fotolife, Etsuko and Joe Price Collection.
Während der·artige, archaisch wirkende, Bräuche in Mittel·europa auf den länd·lichen Raum beschränkt sind, gibt es die Winter-Dämonen-Austreibung in abgeschwächter Form auch im modernen urbanen Leben Japans. So weiß in Japan jedes Kind, dass man die oni an einem bestimmten Tag mit ge·trock·neten Soja·bohnen aus dem Haus treiben muss. Dazu ruft man: „Oni wa soto, fuku wa uchi“ („Raus mit den oni, rein mit dem Glück“). Dieser Tag fällt nach dem modernen Kalender auf den 3. Februar und heißt setsubun [setsubun (jap.) 節分 „Trennung der Jahreszeiten“; trad. letzter Tag einer der vier Jahreszeiten; heute meist letzter Tag des Winters (3. Februar)], was nichts anderes als „Tren·nung der Jahres·zeiten“ bedeutet. Nach dem traditionellen Kalender handelt es sich dabei um den letzten Tag des Winters.
Im urbanen Raum hat diese „Teufels·aus·trei·bung“ allerdings nur noch den Charakter eines lustigen Kinder·festes. Liebe·volle Väter setzen dann eine selbst·ge·bastelte oni-Maske auf und lassen sich von den bohnen·werfenden Kindern aus der Wohnung scheuchen.
Kappa, die Flussgeister
Kappa [kappa (jap.) 河童 Flussgeist, wtl. „Flussjunge“] werden in der modernen Manga-Kultur oft niedlich und putzig (jap. kawaii [kawaii (jap.) かわいい „süß“, „niedlich“; Kanji (nicht in Gebrauch): 可愛い (vgl. kawaii bunka)]) dar·ge·stellt, was sich zum Teil aus humoristischen Darstellungen der Vergangenheit erklärt. Es handelt sich um Kobolde, die aus einer Kombi·nation von Affe und Schild·kröte ent·standen zu sein scheinen und an den Ufern von Gewäs·sern hausen. Auf vielen Ab·bil·dungen tragen sie eine Art Schild·kröten·panzer auf dem Rücken. Ihr eigen·tüm·lichstes Merkmal ist jedoch eine Delle in ihrer Schädel·decke, die zugleich die größte Schwach·stelle der kappa darstellt, denn sie muss stets mit Wasser gefüllt sein. Gelingt es also, einen kappa umzu·drehen, verliert er seine Kraft. Auch soll man ihn über·tölpeln können, indem man sich tief vor ihm verneigt. Erwidert er die Verbeu·gung, leert sich seine Delle ...
Auf älteren Dar·stel·lungen wirken kappa jedoch meist ziemlich grob und un·heim·lich. Man sagte ihnen nach, dass sie heim·tückisch seien und ins·beson·dere Kinder gerne ins Wasser zögen, um sie zu ertränken. Andere Quellen wissen zu berichten, dass es die kappa auf einen magischen Edel·stein abgesehen haben, den sie im Anus ihrer Opfer vermuten, und diese daher nach Möglich·keit von hinten her aussaugen.
Der Bildtext lautet: „Kappa, auch Kawatarō genannt.“ Kawatarō könnte man frei mit „Fluss-Hans“ oder „Fluss-Max“ ins Deutsche übersetzen.
Werk von Toriyama Sekien (1711–1788). Edo-Zeit. British Museum.
Werk von Katsushika Hokusai (1760–1849). Edo-Zeit. Bildquelle: Muian, über Internet Archive.
Werk von Utagawa Hirokage. Edo-Zeit, 1859. Nichibunken, Kyōto.
Schließ·lich gibt es ein berühm·tes „Früh·lings·bild“ (shunga [shunga (jap.) 春画 wtl. „Frühlingsbilder“; Gemälde und Druckwerke mit expliziten sexuellen Darstellungen]), auf dem eine Perlen·taucherin (ama [ama (jap.) 海女 Traditionelle, japanische Fischersfrau bzw. Perlentaucherin; ursprünglich bezog sich der Ausdruck ama 海士 auf sämtliche Fischer, wobei Männer in Booten fischten, während Frauen tauchten; im Laufe der Zeit wurde ama auf Frauen eingegrenzt und dem entsprechend 海女 („Meerfrau“) geschrieben]) von mehreren kappas unter Wasser ver·ge·waltigt wird. Wie viele andere yōkai [yōkai (jap.) 妖怪 Fabelwesen, Geisterwesen, Gespenster] eigenen sich also auch kappa gut für die Pro·jektion sexueller Phantasien.
Werk von Kitagawa Utamaro (1753–1806). Edo-Zeit. British Museum.
Trotz ihres unheim·lichen Charakters werden kappa auch in länd·lichen Schreinen oder Volks·festen verehrt. Um sie günstig zu stimmen und die von ihnen ausgehen·den Gefahren abzuwehren, werden den kappa gerne Gurken dargeboten, denn Gurken gelten als ihre Lieb·lings·speise. Aus diesem Grund nennt man auch Sushi aus Reis und Gurken „kappa-Röllchen“ (kappa maki).
Verweise
Verwandte Themen
Fußnoten
- ↑ Nach einer ety·molo·gischen Er·klä·rung soll sich das Zeichen 鬼 von einem Leich·nam herleiten. Somit wären ki im Grunde Toten·geister oder umgekehrt, alle Menschen würden nach dem Tod zu ki werden. Laut Kikuchi Noritaka entspricht dies tat·säch·lich der ursprüng·lichen chinesischen Auf·fassung. Kikuchi 2011, S. 19.
- ↑ Auch in moder·ner Zeit hat sich ein reli·giöser Führer in gewisser Weise mit den oni iden·ti·fiziert, indem er sich den selt·samen Vor·namen oni-saburō zulegte: Deguchi Onisaburō, 1871–1948, Mit·be·gründer der neu·reli·giösen Rich·tung Ōmoto-kyō.
Internetquellen
- Gazu hyakki yakō (jap.)
Gespenster-Enzyklopädie von Toriyama Sekien auf Wikipedia. Über Wikipedia Japan sind die Illustrationen aller vier Bände zu betrachten. - The Obakemono Project (Web-Archive), S.H. Morgan (en.)
Gut recherchierte japanische Gespensterkunde, teilweise im Manga-Stil illustriert.
Literatur
Bilder
- ^ Die Szene beruht auf dem Glauben an die sogenannten tsukumogami, Geister (yōkai), die aus altem Hausrat (insbesondere bereits hundert Jahre alte Gegenstände) entstanden sind. Die hier abgebildete Parade dieser Geister wurde zum Vorbild für zahllose ähnliche Darstellungen.
Werk von Tosa Mitsunobu (1434?–1525). Muromachi-Zeit. Bildquelle: PrTimes. - ^ Darstellung der Legende des „Knaben vom Schneeberg“ (Sekizan dōji). Es handelt sich dabei um eine frühere Existenz des Buddhas Shakyamuni, der sich einem Dämon (oni) in den Bergen des Himalaya zum Fraß anbietet.
Werk von Soga Shōhaku (1730–1781). Edo-Zeit, 1764. Bildquelle: Muian, über Internet Archive. - ^ Das Bild stammt aus einer Serie über die Heldentaten des Minamoto no Yorimitsu, deren berühmteste darin besteht, dass er mit seinen vier Getreuen den menschenfressenden Dämon (oni) Shuten Dōji zu Fall bringt.
Werk von Torii Kiyomasu. Edo-Zeit, um 1700. Museum of Fine Arts, Boston. - ^ Seltene Darstellung des „Gehörnten Großmeisters“ (Tsuno Daishi) als „realistischer“ oni. Die Wunschperle auf seinem Kopf identifiziert ihn als menschenfreundliche Schutzgottheit.
19. Jh. Tomoe Steineck, Martina Wernsdörfer, Raji Steineck, WegZeichen: Japanische Kult- und Pilgerbilder. Die Sammlung Wilfried Spinner (1854–1918). Zürich: VMZ (Ausstellungskatalog), Abb. 9 (mit freundlicher Genehmigung). - ^ Der Mönch Ryōgen, (aka. Ganzan Daishi, 912–985) in zwei unterschiedlichen Erscheinungsformen: Als Mönch und als Dämon (mit dem hier nicht angeführten Namen) Tsuno Daishi.
Das Bild ist eine Art Glückslos (o-mikuji). Der beigefügte Text lautet:
- Ganzan Daishi war eigentlich eine Manifestation von Kannon mit dem Wunschjuwel. Daher müssen alle, die dieses Los ziehen, aus ganzem Herzen folgenden Spruch rezitieren.
- Mantra von Kannon mit dem Wunschjuwel: on harada handomei un / on handoma jindamani jinhara un
- (OM VARADA PADME HUM / OM PADMA CINTAMANI DŻWALA HUM)
Edo-Zeit. Wikimedia Commons.
- ^ Dachziegel des Kasuga Taisha in Form eines oni (onigawara)
Miguel Michán, flickr 2009.
- ^ Oni sekien.jpg
- ^ Illustration des volkstümlichen Brauches, die oni zum setsubun-Fest mit Bohnen aus dem Haus zu treiben um das Glück einzuladen. Das Glück ist hier in Form der Göttin Otafuku dargestellt.
Werk von Shibata Zeshin (1807–1891). Hatena Fotolife, Etsuko and Joe Price Collection. - ^ Ein kappa steigt zwischen Lotosblüten und -blättern aus einem Teich.
Der Bildtext lautet: „Kappa, auch Kawatarō genannt.“ Kawatarō könnte man frei mit „Fluss-Hans“ oder „Fluss-Max“ ins Deutsche übersetzen.
Werk von Toriyama Sekien (1711–1788). Edo-Zeit. British Museum. - ^ Ein kappa fühlt sich vom blanken Hinterteil des Fischers sichtlich angezogen, vermutet er dort doch den magischen shirikodama (wtl. „Arschjuwel“). Der Fischer, der um diesen Effekt weiß, sitzt auf einer komplizierten Vorrichtung, um den kappa im richtigen Moment zu fangen.
Werk von Katsushika Hokusai (1760–1849). Edo-Zeit. Bildquelle: Muian, über Internet Archive. - ^ Ein versehentlich in einen Fluss gestürzter Donnergott (Raijin) flieht vor einem Flussgeist (kappa).
Werk von Utagawa Hirokage. Edo-Zeit, 1859. Nichibunken, Kyōto. - ^ Eine Perlentaucherin (ama) wird unter Wasser von zwei Flussgeistern (kappa) vergewaltigt, während eine andere halb erschreckt, halb neidisch zusieht. Vielleicht imaginiert sie sich aber auch nur selbst in sexuellem Kontakt mit den kappa. Perlentaucherinnen bzw. Fischerinnen sind ein beliebtes erotisches Sujet der Edo-Zeit, die Kombination mit kappa scheint jedoch Utamaros Idee gewesen zu sein. Der Band mit erotischen Bildern (shunga), dem diese Illustration angehört, erschien im übrigen anonym, doch sind sich Experten einig, dass die Illustrationen von Utamaro stammen.
Werk von Kitagawa Utamaro (1753–1806). Edo-Zeit. British Museum.
Glossar
- Minamoto no Yorimitsu 源頼光 ^ 948–1021, auch Minamoto Raikō; Krieger aus der Dynastie der Minamoto; zusammen mit seinen vier Vasallen, die auch als Shi-Tennō bezeichnet werden, ist er Held zahlreicher Legenden
- Ryōgen 良源 ^ 912–985; 18. Abt (zasu) der Tendai-Schule; unter Namen wie Jie Daishi, Ganzan Daishi, Tsuno Daishi oder Mame Daishi auch als Schutzheiliger populär
- Tsuno Daishi 角大師 ^ wtl. „gehörnter Großmeister“; Beinamen des Mönchs Ryōgen in seiner Gestalt als Dämon