Geschichte/Saicho: Unterschied zwischen den Versionen
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==Biographie== | ==Biographie== | ||
− | Mit zwölf Jahren trat Saichō in den | + | Mit zwölf Jahren trat Saichō in den Mönchs·stand ein, mit neun·zehn (785) erhielt er im {{glossar:toudaiji}} die vollständige Mönchs·weihe. Schon bald danach zog er sich eine Zeit·lang in die Einsam·keit von Berg Hiei zurück und widmete sich dort u.a. dem Studium von Schriften der chi·ne·sischen {{glossar:tiantai}} Schule, die das Lotos Sutra in den Mittel·punkt ihrer Lehre stellt. |
− | Obwohl Saichōs Rückzug zum Teil auch als Protest gegen das | + | Obwohl Saichōs Rückzug zum Teil auch als Protest gegen das bud·dhis·tische Establishment in {{glossar:nara}} verstanden werden kann (oder vielleicht gerade deshalb), errang er die Auf·merk·sam·keit des Reform-Kaisers {{glossar:kanmutennou|Kanmu}} (r. 781–806) und wurde sogar in die Ein·weihungs·riten der neuen Haupt·stadt {{glossar:heian}} mit·ein·be·zogen. 802 erhielt er die Gelegen·heit, sein Wissen über die weithin unbekannte Lehre des Tiantai Bud·dhis·mus vor den ehr·wür·digsten Mönchen der Nara-Tempel vorzutragen. 804 hatte er bereits einen hohen Mönchs·rang inne, als er mit einer Gesandt·schaft in das China der {{Glossar:Tang}} Dynastie geschickt wurde, um sein Wissen zu vertiefen. Er studierte am Kloster·berg Tiantai, der der Schule ihren Namen gab. Als er im Jahr 805 wieder nach Japan zurückkehrte, brachte er u.a. 450 Bände bud·dhis·tischer Schriften mit. Ferner besaß er die Berechtigung, die Tiantai Lehre offiziell in Japan zu vertreten, da er als Nachfolger des Tiantai Begründers {{glossar:zhiyi}} (538–597) initiiert worden war. |
− | All dies führte zur Gründung eines eigenen Klosters, das zum Zentrum der neuen Tendai-Lehre wurde. Sein | + | All dies führte zur Gründung eines eigenen Klosters, das zum Zentrum der neuen Tendai-Lehre wurde. Sein Haupt·tempel erhielt den Namen {{glossar:enryakuji}} und lag auf Berg Hiei, wo Saichō einst als junger Mönch asketischen Übungen nach·ge·gangen war. Berg Hiei wurde also für die japanische Tendai-Schule das, was für ihren chi·ne·sischen Mutterorden Berg Tiantai war. |
− | Um seinen Klostertempel unbeeinflusst von anderen Schulen und Tempeln führen zu können, trachtete Saichō sein ganzes Leben nach der Berechtigung eigene | + | Um seinen Klostertempel unbeeinflusst von anderen Schulen und Tempeln führen zu können, trachtete Saichō sein ganzes Leben nach der Berechtigung eigene Mönchs·weihen vorzu·nehmen. Dieses Recht wurde in der Nara und Heian Zeit vom Tenno verliehen. Es war einem Tempel daher nur mit Ge·neh·migung des Tenno gestattet, offizielle Mönchs·weihen vorzu·nehmen, unab·hängig davon welchen Rang, bzw. welche bud·dhis·tischen Weihen die Äbte des Tempels inne hatten. Zu Saichōs Zeiten hatten nur die Tempel in Nara dieses Privileg, was ihnen natürlich Kontrolle über die Weihungen ermöglichte. |
− | Sowohl Kaiser Kanmu als auch sein Nachfolger, {{glossar:sagatennou}}, scheinen Sympathie für Saichōs Pläne gehabt zu haben, doch da diese letztlich das Ziel hatten, die Tendai-Sekte von jeglicher Kontrolle von außen (religiös wie staatlich) zu befreien, war dies kein einfacher Schritt. Die Nara-Mönche taten ein Übriges, um Saichōs institutionelle Unabhängigkeit zu verhindern. Erst Saichōs Tod scheint Saga umgestimmt zu haben. 822, eine Woche nach Saichōs Ableben erhielt die Tendai-shū das Recht, eine sogenannte | + | Sowohl Kaiser Kanmu als auch sein Nachfolger, {{glossar:sagatennou}}, scheinen Sympathie für Saichōs Pläne gehabt zu haben, doch da diese letztlich das Ziel hatten, die Tendai-Sekte von jeglicher Kontrolle von außen (religiös wie staatlich) zu befreien, war dies kein einfacher Schritt. Die Nara-Mönche taten ein Übriges, um Saichōs institutionelle Unabhängigkeit zu verhindern. Erst Saichōs Tod scheint Saga umgestimmt zu haben. 822, eine Woche nach Saichōs Ableben erhielt die Tendai-shū das Recht, eine sogenannte „Ordinations·plattform“ ({{glossar:kaidan2}}) zu errichten und sich damit als eigenständige, institutionell unab·hängige Richtung des japanischen Bud·dhis·mus zu etablieren. |
==Neuerungen des Tendai Buddhismus== | ==Neuerungen des Tendai Buddhismus== | ||
− | Saichōs Schwierigkeiten gründeten in seiner fundamentalen Opposition gegenüber den meisten | + | Saichōs Schwierigkeiten gründeten in seiner fundamentalen Opposition gegenüber den meisten Lehr·mei·nungen der Nara-Schulen. In seiner berühmten Debatte mit dem Mönch {{glossar:Tokuichi}}, einem Vertreter der alt·ein·ge·sessenen {{glossar:hossoushuu|Hossō}} Schule, kamen diese Unter·schiede deutlich zum Ausdruck: Während für die traditionellen Mönche die Buddha·schaft (Erleuchtung) nur wenigen bestimmt war, vertrat Saichō die Auffassung, dass allen Lebe·wesen das Potenzial der Buddha·werdung inne·wohne. Saichō berief sich dabei auf das ''Lotos Sutra'' (jap. {{glossar:hokekyou}}, skt. ''Saddharma Pundarika Sūtra''), einen im gesamten Buddhismus eminent bedeutsamen Text, der besonders für die Tendai Schule die zentrale und unmittelbare Lehr·meinung des Buddha repräsentierte. Tokuichi leugnete die Bedeutung des ''Lotos Sutra'' zwar nicht völlig, erblickte darin aber einen „vorläufigen Text“, bzw. ein „geschicktes Mittel“ ({{glossar:houben}}, skt. ''upāya'') des Buddha. Das bedeutet, dass der Text in seinen Augen die wahre Ansicht des Buddha nur verschlüsselt, bzw. indirekt mitteilt. Ein solches Mittel ist nach Auf·fassung des Mahayana Bud·dhis·mus gerecht·fertigt, da die unver·blümte Lehre des Buddha für Laien zu unver·ständlich wäre. Von dieser Grund·an·nahme aus·gehend unter·scheiden sich die einzelnen Schulen vor allem darin, welche Sutren sie als „vorläufig“ (jap. {{glossar:gon}}) und welche sie als „wahr“ oder „wirklich“ (jap. {{glossar:jitsu}}) erachten. |
− | Wie anhand der Diskussion zwischen Saichō und Tokuichi zu erkennen ist, war die | + | Wie anhand der Diskussion zwischen Saichō und Tokuichi zu erkennen ist, war die Unters·cheidung in „vorläufig“ und „wirklich“ ein geläufiges Argument in inner-bud·dhis·tischen Aus·einander·setzungen. Es wurde aber gerade von der Tendai Lehre in besonderem Maße verwendet und ausgebaut. Zhiyi, der chinesische Begründer der Lehre, errichtete nämlich innerhalb der bud·dhis·tischen Schriften eine hie·rarchische Ein·teilung von kanonischen Schriften, indem er sie in fünf Stufen klassifizierte. Diese Stufen entsprachen seiner Meinung nach dem didaktischen Konzept des Buddha, der seine Schüler Stufe für Stufe von der „vorläufigen“ zur „absoluten“ Erkenntnis heranführte. Das ''Lotos Sutra'' nahm in dieser Hierarchie die höchste Stufe ein, die meisten anderen Sutren galten hingegen als mehr oder weniger „vorläufig“. |
==Aufstieg des Tendai Buddhismus== | ==Aufstieg des Tendai Buddhismus== | ||
− | Saichōs Betonung des ''Lotos Sutra'' und der potentiellen Erleuchtung aller | + | Saichōs Betonung des ''Lotos Sutra'' und der potentiellen Erleuchtung aller Lebe·wesen setzten sich im Laufe der Heian Zeit ganz allgemein gegenüber der Position der alten Nara Schulen durch. Darüber hinaus fungierte die Tendai Schule aber auch als Reservoir für alle möglichen anderen Neuerungen des japanischen Bud·dhis·mus und begnügte sich nicht, wie ihre chi·ne·sische Vor·gängerin, mit der alleinigen Kon·zentra·tion auf das ''Lotos Sutra''. Zum einen etablierte sich innerhalb des Tendai Bud·dhis·mus ein esoterischer Zweig, der das Ritual·system des eso·te·rischen Bud·dhis·mus inner·halb der Tendai-Klöster zur An·wen·dung brachte und damit in Kon·kurrenz zur auf·strebenden [[Bauten:Bekannte_Tempel | Shingon Schule]] trat. Daneben gab es unter Saichos Nach·folgern auch viele Vertreter des {{Glossar:Amida}}-Glaubens, der sich noch nicht als eigene Richtung in Japan etabliert hatte. |
− | Auch wenn Saichō selbst noch nicht Zeuge seines Erfolgs wurde, gelang es seinen | + | Auch wenn Saichō selbst noch nicht Zeuge seines Erfolgs wurde, gelang es seinen Nach·folgern, das Haupt·kloster auf Berg Hiei zu einem der wichtigsten Zentren des japanischen Bud·dhis·mus auszu·bauen und sowohl im weltlichen als auch im geistlichen Bereich als eine Macht von landes·weiter Bedeutung aufzu·treten. Damit verbunden war nicht nur Autorität im geistlich-spirituellen Sinne. Berg Hiei wurde nach und nach zu einem der größten Land·besitzer in der Umgebung der Haupt·stadt und unter·hielt zur Verteidigung seiner welt·lichen Inte·ressen auch eine stattliche Armee von Mönchs·soldaten. Der Kloster·berg geriet vor allem mit dem {{glossar:koufukuji}} in Nara immer wieder in militärische Konflikte. Der Kōfuku-ji, der ebenfalls Ländereien und Armeen besaß, repräsentierte dabei die Interessen des alt·ein·ge·sessenen Nara-Bud·dhis·mus, der bis in die {{glossar:kamakura}}-Zeit ein erbitterter Gegner von Saichōs Schule blieb. Aber auch inner·halb des Tendai Bud·dhis·mus selbst kam es bereits in der Heian Zeit zu Spal·tungen, die häufig Anlass zu militärischen Aus·einander·setzungen zwischen einzelnen Tempeln gaben. Diese Tendenz verstärkte sich in den allgemeinen politischen Unruhen der Kamakura Zeit weiter. |
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Version vom 13. September 2010, 17:10 Uhr
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Saichō und der Tendai Buddhismus
767–822; Gründer des Tendai-Buddhismus; auch bekannt als Dengyō Daishi
Der Begriff „Saichō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
Glossarseiten
Bilder
(767–822) ist der Begründer des japanischen
Der Begriff „Tendai-shū“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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Bud·dhis·mus. In Japan klingt sein post·humer Ehren·titel
Der Begriff „Dengyō Daishi“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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(„Großer Meister der Über·liefe·rung der Lehre“) vielen vertrauter. Er stammt aus der Provinz Ōmi (heute Shiga-ken) unweit dem heutigen Kyoto. Im Zentrum dieser Provinz liegt der riesige Biwa See, der vom Kyotoer Becken durch den mächtigen
Der Begriff „Hiei-zan“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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Geographische Lage
und seine Aus·läufer getrennt ist. Dieser Berg, der in späteren Jahr·hunderten auch als natürlicher Schutz·wall der Haupt·stadt gegen Angriffe aus dem Osten diente, sollte für Saichō eine Art Schicksals·berg werden.
Biographie
Mit zwölf Jahren trat Saichō in den Mönchs·stand ein, mit neun·zehn (785) erhielt er im
Tempel des Großen Buddha von Nara; wtl. Großer Ost-Tempel
Der Begriff „Tōdaiji“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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Geographische Lage
die vollständige Mönchs·weihe. Schon bald danach zog er sich eine Zeit·lang in die Einsam·keit von Berg Hiei zurück und widmete sich dort u.a. dem Studium von Schriften der chi·ne·sischen
chin. Vorläufer des Tendai Buddhismus; urspr. Name eines chin. Klosterbergs (Tiantai-shan)
Der Begriff „Tiantai“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
Glossarseiten
Schule, die das Lotos Sutra in den Mittel·punkt ihrer Lehre stellt.
Obwohl Saichōs Rückzug zum Teil auch als Protest gegen das bud·dhis·tische Establishment in
Der Begriff „Nara“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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Bilder
Geographische Lage
verstanden werden kann (oder vielleicht gerade deshalb), errang er die Auf·merk·sam·keit des Reform-Kaisers
737–806; 50. japanischer Tennō; (r. 781–806); verantwortlich für Verlegung der Hauptstadt nach Heian (Kyōto)
Der Begriff „Kanmu Tennō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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(r. 781–806) und wurde sogar in die Ein·weihungs·riten der neuen Haupt·stadt
auch Heian-kyō 平安京, „Stadt des Friedens“; politisches Zentrum 794–1185 (= Heian-Zeit)
Der Begriff „Heian“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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Bilder
Geographische Lage
mit·ein·be·zogen. 802 erhielt er die Gelegen·heit, sein Wissen über die weithin unbekannte Lehre des Tiantai Bud·dhis·mus vor den ehr·wür·digsten Mönchen der Nara-Tempel vorzutragen. 804 hatte er bereits einen hohen Mönchs·rang inne, als er mit einer Gesandt·schaft in das China der
chin. Herrschaftsdynastie, 618–907
Der Begriff „Tang“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
Glossarseiten
Bilder
Dynastie geschickt wurde, um sein Wissen zu vertiefen. Er studierte am Kloster·berg Tiantai, der der Schule ihren Namen gab. Als er im Jahr 805 wieder nach Japan zurückkehrte, brachte er u.a. 450 Bände bud·dhis·tischer Schriften mit. Ferner besaß er die Berechtigung, die Tiantai Lehre offiziell in Japan zu vertreten, da er als Nachfolger des Tiantai Begründers
538–597; chin. Mönch und Gründer des chinesischen Tiantai Buddhismus; ältere Schreibung: Chih-i
Der Begriff „Zhiyi“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
(538–597) initiiert worden war.
All dies führte zur Gründung eines eigenen Klosters, das zum Zentrum der neuen Tendai-Lehre wurde. Sein Haupt·tempel erhielt den Namen
Der Begriff „Enryaku-ji“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
Bilder
Geographische Lage
und lag auf Berg Hiei, wo Saichō einst als junger Mönch asketischen Übungen nach·ge·gangen war. Berg Hiei wurde also für die japanische Tendai-Schule das, was für ihren chi·ne·sischen Mutterorden Berg Tiantai war.
Um seinen Klostertempel unbeeinflusst von anderen Schulen und Tempeln führen zu können, trachtete Saichō sein ganzes Leben nach der Berechtigung eigene Mönchs·weihen vorzu·nehmen. Dieses Recht wurde in der Nara und Heian Zeit vom Tenno verliehen. Es war einem Tempel daher nur mit Ge·neh·migung des Tenno gestattet, offizielle Mönchs·weihen vorzu·nehmen, unab·hängig davon welchen Rang, bzw. welche bud·dhis·tischen Weihen die Äbte des Tempels inne hatten. Zu Saichōs Zeiten hatten nur die Tempel in Nara dieses Privileg, was ihnen natürlich Kontrolle über die Weihungen ermöglichte.
Sowohl Kaiser Kanmu als auch sein Nachfolger,
786–842; 52. japanischer Kaiser; (r. 809–823)
Der Begriff „Saga Tennō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
, scheinen Sympathie für Saichōs Pläne gehabt zu haben, doch da diese letztlich das Ziel hatten, die Tendai-Sekte von jeglicher Kontrolle von außen (religiös wie staatlich) zu befreien, war dies kein einfacher Schritt. Die Nara-Mönche taten ein Übriges, um Saichōs institutionelle Unabhängigkeit zu verhindern. Erst Saichōs Tod scheint Saga umgestimmt zu haben. 822, eine Woche nach Saichōs Ableben erhielt die Tendai-shū das Recht, eine sogenannte „Ordinations·plattform“ (
Ordinationsplattform (für Mönchsweihen)
Der Begriff „kaidan“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
) zu errichten und sich damit als eigenständige, institutionell unab·hängige Richtung des japanischen Bud·dhis·mus zu etablieren.
Neuerungen des Tendai Buddhismus
Saichōs Schwierigkeiten gründeten in seiner fundamentalen Opposition gegenüber den meisten Lehr·mei·nungen der Nara-Schulen. In seiner berühmten Debatte mit dem Mönch
, einem Vertreter der alt·ein·ge·sessenen
Schulrichtung des frühen jap. Buddhismus, eine der Sechs Nara-Schulen
Der Begriff „Hossō-shū“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
Glossarseiten
Bilder
Schule, kamen diese Unter·schiede deutlich zum Ausdruck: Während für die traditionellen Mönche die Buddha·schaft (Erleuchtung) nur wenigen bestimmt war, vertrat Saichō die Auffassung, dass allen Lebe·wesen das Potenzial der Buddha·werdung inne·wohne. Saichō berief sich dabei auf das Lotos Sutra (jap.
Lotos Sutra; skt. Saddharma pundarika sutra; jap. auch Hokkekyō oder Myōhō renge kyō; zählt zu den einflussreichsten Texten des Mahayana-Buddhismus, älteste Fassungen dürften im ersten Jh. v.u.Z. entstanden sein.
Der Begriff „Hoke-kyō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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Bilder
, skt. Saddharma Pundarika Sūtra), einen im gesamten Buddhismus eminent bedeutsamen Text, der besonders für die Tendai Schule die zentrale und unmittelbare Lehr·meinung des Buddha repräsentierte. Tokuichi leugnete die Bedeutung des Lotos Sutra zwar nicht völlig, erblickte darin aber einen „vorläufigen Text“, bzw. ein „geschicktes Mittel“ (
geschicktes Mittel; skt. upāya
Der Begriff „hōben“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
, skt. upāya) des Buddha. Das bedeutet, dass der Text in seinen Augen die wahre Ansicht des Buddha nur verschlüsselt, bzw. indirekt mitteilt. Ein solches Mittel ist nach Auf·fassung des Mahayana Bud·dhis·mus gerecht·fertigt, da die unver·blümte Lehre des Buddha für Laien zu unver·ständlich wäre. Von dieser Grund·an·nahme aus·gehend unter·scheiden sich die einzelnen Schulen vor allem darin, welche Sutren sie als „vorläufig“ (jap.
) und welche sie als „wahr“ oder „wirklich“ (jap.
) erachten.
Wie anhand der Diskussion zwischen Saichō und Tokuichi zu erkennen ist, war die Unters·cheidung in „vorläufig“ und „wirklich“ ein geläufiges Argument in inner-bud·dhis·tischen Aus·einander·setzungen. Es wurde aber gerade von der Tendai Lehre in besonderem Maße verwendet und ausgebaut. Zhiyi, der chinesische Begründer der Lehre, errichtete nämlich innerhalb der bud·dhis·tischen Schriften eine hie·rarchische Ein·teilung von kanonischen Schriften, indem er sie in fünf Stufen klassifizierte. Diese Stufen entsprachen seiner Meinung nach dem didaktischen Konzept des Buddha, der seine Schüler Stufe für Stufe von der „vorläufigen“ zur „absoluten“ Erkenntnis heranführte. Das Lotos Sutra nahm in dieser Hierarchie die höchste Stufe ein, die meisten anderen Sutren galten hingegen als mehr oder weniger „vorläufig“.
Aufstieg des Tendai Buddhismus
Saichōs Betonung des Lotos Sutra und der potentiellen Erleuchtung aller Lebe·wesen setzten sich im Laufe der Heian Zeit ganz allgemein gegenüber der Position der alten Nara Schulen durch. Darüber hinaus fungierte die Tendai Schule aber auch als Reservoir für alle möglichen anderen Neuerungen des japanischen Bud·dhis·mus und begnügte sich nicht, wie ihre chi·ne·sische Vor·gängerin, mit der alleinigen Kon·zentra·tion auf das Lotos Sutra. Zum einen etablierte sich innerhalb des Tendai Bud·dhis·mus ein esoterischer Zweig, der das Ritual·system des eso·te·rischen Bud·dhis·mus inner·halb der Tendai-Klöster zur An·wen·dung brachte und damit in Kon·kurrenz zur auf·strebenden Shingon Schule trat. Daneben gab es unter Saichos Nach·folgern auch viele Vertreter des
Buddha Amitabha; Hauptbuddha der Schulen des Reinen Landes (Jōdo-shū bzw. Jōdo Shinshū)
Der Begriff „Amida“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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Bilder
-Glaubens, der sich noch nicht als eigene Richtung in Japan etabliert hatte.
Auch wenn Saichō selbst noch nicht Zeuge seines Erfolgs wurde, gelang es seinen Nach·folgern, das Haupt·kloster auf Berg Hiei zu einem der wichtigsten Zentren des japanischen Bud·dhis·mus auszu·bauen und sowohl im weltlichen als auch im geistlichen Bereich als eine Macht von landes·weiter Bedeutung aufzu·treten. Damit verbunden war nicht nur Autorität im geistlich-spirituellen Sinne. Berg Hiei wurde nach und nach zu einem der größten Land·besitzer in der Umgebung der Haupt·stadt und unter·hielt zur Verteidigung seiner welt·lichen Inte·ressen auch eine stattliche Armee von Mönchs·soldaten. Der Kloster·berg geriet vor allem mit dem
Der Begriff „Kōfuku-ji“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
Bilder
Geographische Lage
in Nara immer wieder in militärische Konflikte. Der Kōfuku-ji, der ebenfalls Ländereien und Armeen besaß, repräsentierte dabei die Interessen des alt·ein·ge·sessenen Nara-Bud·dhis·mus, der bis in die
Stadt im Süden der Kantō Ebene, Sitz des Minamoto Shōgunats 1185–1333 (= Kamakura-Zeit)
Der Begriff „Kamakura“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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Bilder
Geographische Lage
-Zeit ein erbitterter Gegner von Saichōs Schule blieb. Aber auch inner·halb des Tendai Bud·dhis·mus selbst kam es bereits in der Heian Zeit zu Spal·tungen, die häufig Anlass zu militärischen Aus·einander·setzungen zwischen einzelnen Tempeln gaben. Diese Tendenz verstärkte sich in den allgemeinen politischen Unruhen der Kamakura Zeit weiter.
Literatur
- ^ Saichō, der Begründer der japanischen Tendai-Schule des Buddhismus, mit Mönchskapuze (mōsu). Eines von zehn Bildern aus der Serie „Portraits von Tendai-Patriarchen“ (Tendai kōsōzō 天台高僧像) des Tempels Ichijō-ji, die als Ganzes zu den japanischen Nationalschätzen zählt. Die Serie enthält auch Portraits von indischen Mönchen wie Nagarjuna und interessanterweise den Prinzen Shōtoku Taishi. Unter den japanischen Tendai-Mönchen sind nur Saichō und sein Schüler Ennin (793–864) vertreten.
Heian-Zeit, 11. Jh. Saichō to Tendai no kokuhō, 2006, Abb. 5-5. - ^ Das Motiv dieses Bildes ist der Berg Hachiōji, ein Teil des Hiei-Massivs. Hiei ist der zentrale Klosterberg des Tendai Buddhismus. Es ist vielleicht kein Zufall, dass der dargestellte Berg einem Affen ähnelt, denn auch die Schutzgottheit des Berges, Sannō, wird gelegentlich als Affe dargestellt. Diese Schutzgottheit besitzt einen Schrein am Fuße des Berges, der hier detailreich dargestellt ist. Seine Einzelgottheiten (die kollektiv die Gottheit Sannō bilden) sind in der oberen Bildleiste abgebildet (s. Detailabbildung). Die Schreinanlage ist als shintoistischer Wächter des buddhistischen Klosters konzipiert.
Muromachi-Zeit, datiert 1447. Nara National Museum.