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Ich aber, der Mönch (''shamon'' 沙門) Kyōkai aus dem [[Yakushi-ji]], habe mir die Leute dieser Welt genauer angesehen: Begabte, die das Gewöhnliche lieben und ihrem Reichtum frönen und deren Gier nach Besitz stärker ist als ein Magnet, der einen Berg von Eisen anzieht<ref>過磁石於舉鐵山以噓鐵</ref>. 欲他分惜己物,甚流頭於粉粟粒以啖糠. Einer bestahl seinen Tempel und wurde dafür als Kalb wiedergeboren. Ein anderer verspottete einen Dharma-Mönch 法僧 und wurde dafür im hiesigen Leben bestraft. Wieder andere unterwarfen sich dem Weg [des Buddha], praktizierten viele Übungen und wurden in diesem Leben belohnt. Oder sie taten Gutes in tiefem Glauben und waren ein Leben lang glücklich.  
 
Ich aber, der Mönch (''shamon'' 沙門) Kyōkai aus dem [[Yakushi-ji]], habe mir die Leute dieser Welt genauer angesehen: Begabte, die das Gewöhnliche lieben und ihrem Reichtum frönen und deren Gier nach Besitz stärker ist als ein Magnet, der einen Berg von Eisen anzieht<ref>過磁石於舉鐵山以噓鐵</ref>. 欲他分惜己物,甚流頭於粉粟粒以啖糠. Einer bestahl seinen Tempel und wurde dafür als Kalb wiedergeboren. Ein anderer verspottete einen Dharma-Mönch 法僧 und wurde dafür im hiesigen Leben bestraft. Wieder andere unterwarfen sich dem Weg [des Buddha], praktizierten viele Übungen und wurden in diesem Leben belohnt. Oder sie taten Gutes in tiefem Glauben und waren ein Leben lang glücklich.  
  
Wie der Schatten der Gestalt folgt, werden Gutes und Schlechtes mit Freude und Leid vergolten, gleich dem Echo, das im Tale widerhallt. Wer solches sieht und hört, staunt zunächst ungläubig und vergisst ... 一卓之間. Wer sich dann schämt, erzittert unversehens ... <ref>漸愧之者,倏悸惕,悤起避之頃</ref>. Wüssten wir nichts von Gutem und Schlechtem, wie sollte man da Krummes gerade biegen <ref>Diese Formulierung findet sich auch in der sog. Verfassung des Shōtoku Taishi,  vgl.  [http://www.univie.ac.at/rel_jap/an/Geschichte:Frühzeit/Shotoku_Taishi Religion-in-Japan, Shōtoku Taishi].</ref>
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Wie der Schatten der Gestalt folgt, werden Gutes und Schlechtes mit Freude und Leid vergolten, gleich dem Echo, das im Tale widerhallt. Wer solches sieht und hört, staunt zunächst ungläubig und vergisst ... 一卓之間. Wer sich dann schämt, erzittert unversehens ... <ref>漸愧之者,倏悸惕,悤起避之頃</ref>. Wüssten wir nichts von Gutem und Schlechtem, wie sollten wir da Krummes gerade biegen,<ref>Eine ähnliche Formulierung findet sich auch in der sog. Verfassung des Shōtoku Taishi,  vgl.  [http://www.univie.ac.at/rel_jap/an/Geschichte:Frühzeit/Shotoku_Taishi Religion-in-Japan, Shōtoku Taishi].</ref> wie entscheiden zwischen Für und Wider (''zehi'' 是非)? Hätten wir keine Demonstration der Vergeltung von Ursache und Wirkung,  wie sollten wir unsere schlechten Gedanken abstreifen und den Weg des Guten einschlagen?
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Vor langer Zeit verfasste man im Reich der Han die ''Berichte der unsichtbaren Vergeltung''  und im Großen Tang Reich die ''Berichte von den Wundern [des Sutras] der Höchsten Einsicht''.<ref>jap. ''Myōhōki 冥報記'' und ''Hannya kenki'', s.  [[Nihon Ryōiki], Vorhergehende Werke</ref> Wieso sollten wir diese Berichte aus fremden Ländern hochachten, ohne die Wunder im eigenen Land ehrfurchtsvoll zur Kenntnis zu nehmen? Nachdem ich selbst Zeuge [solcher Wunder] wurde, kann ich nicht mehr müßig bleiben. Ich habe alles reiflicher überlegt und kann nun nicht länger schweigen. Und so schrieb ich das wenige, das ich vernommen hatte, auf und nannte es „Berichte von den Wundern der sichtbaren Vergeltung guter und schlechter Taten im Lande Japan“.<ref>''Nihon-koku genpō zen'aku ryōiki'' 日本國現報善惡靈異記</ref> In drei Bänden übergebe ich es der Nachwelt. Ich, Kyōkai, aber bin nicht mit Weisheit begabt, sondern träg von Verstand und schwer von Begriff. Mein Wissen stammt aus einem seichten Brunnen und irrt richtungslos umher. Den Kunstwerken der Meister füge ich plumpes Schnitzwerk hinzu. Mein Herz ist starr vor Angst, ich könnte mir dabei die Hand verletzen. [Mein Werk] ist wie ein Kieselstein neben [der Jade aus] den Bergen von Kunlun. Die mündlichen Erzählungen [die ich vernahm] sind ungenau, vieles ist vergessen und ausgelassen worden. ...<ref>不昇貪善之至,慓示濫竽之業</ref> Mögen zukünftige Generationen meiner nicht spotten. Und mögen die, welche von diesen Wundern hören, nicht den falschen, sondern den richtigen Weg einschlagen, das Böse unterlassen und gute Taten üben!
  
匪呈善惡之狀,何以直於曲執而定是非.
 
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Version vom 19. Oktober 2010, 23:27 Uhr

(Vorwort zu Band 1)
SNKBT 30: , Bohner 1934: 60-61, Nakamura 1997: 99-101

Die Inneren Leitfäden 內經 [des Buddhismus] und die Äußeren Schriften 外書 [des Konfuzius] sind zu zwei verschiedenen Zeiten nach Japan überliefert worden, doch alle gelangten über das Land Baekje 百濟 hier her. In der Regierungszeit des Kaisers Homuda (Ōjin) [1], der im Palast Toyoakira in Karushima residierte, kamen die Äußeren Schriften; in der Regierungszeit des Kaisers Kinmei, der im Palast Kanazashi in Shikishima residierte, kamen die Inneren Schriften 內典[2]. So kam es, dass jene, die die Äußeren Schriften studieren, das Gesetz Buddhas verleumden, und dass jene, die die Inneren lesen, die Äußeren Schriften 外典 missachten. Wer zu den Dummen gehört, glaubt nicht an [die Folgen von] Verbrechen 罪 und Glück 福. Wer aber tiefe Einsicht hat, glaubt und achtet [das Gesetz von] Ursache und Wirkung (inga 因果).

Beispielhaft 唯 stehen die Generationen Himmlischer Herrscher [in unserem Lande] dar: Einer stieg auf einen hohen Berg [sah sich um] und wurde von solchem Mitleid ergriffen, dass er aus Obsorge für das Volk selbst in einem Palast wohnte, durch dessen Dach der Regen troff. [3] Ein anderer war von Geburt an mit Weisheit begabt, konnte die Zukunft vorhersehen und zehn Anliegen gleichzeitig vernehmen, ohne ein Wort zu überhören.[4] In seinem 25. Jahr bat ihn der Tennō, die Sutren des Großen Fahrzeugs[5] zu erläutern. Seine Kommentare wurden aufgezeichnet und an künftige Generationen weiter tradiert. Wieder ein anderer schwor, demütig eine Statue Buddhas zu errichten.[6] Der Himmel folgte seinen Bitten und die Erde brachte ihre Schätze dar.[7]

Auch gab es [in diesem Land] große Mönche, deren Tugend an die Zehn Stadien [des Bodhisattvas] (jūji 十地) heranreichte und deren Weg die beiden Fahrzeuge überschritt.[8] Ihre Weisheit war ein Licht, das die dunkelsten Pfade erhellt, ihre Barmherzigkeit ein Schiff, das die Ertrinkenden rettet, und ihre strengen asketischen Übungen 難行苦行 sind selbst in fernen Ländern bekannt. Was die Weisen der heutigen Zeit betrifft, ist es schwer, ihre Verdienste abzuschätzen.

Ich aber, der Mönch (shamon 沙門) Kyōkai aus dem Yakushi-ji, habe mir die Leute dieser Welt genauer angesehen: Begabte, die das Gewöhnliche lieben und ihrem Reichtum frönen und deren Gier nach Besitz stärker ist als ein Magnet, der einen Berg von Eisen anzieht[9]. 欲他分惜己物,甚流頭於粉粟粒以啖糠. Einer bestahl seinen Tempel und wurde dafür als Kalb wiedergeboren. Ein anderer verspottete einen Dharma-Mönch 法僧 und wurde dafür im hiesigen Leben bestraft. Wieder andere unterwarfen sich dem Weg [des Buddha], praktizierten viele Übungen und wurden in diesem Leben belohnt. Oder sie taten Gutes in tiefem Glauben und waren ein Leben lang glücklich.

Wie der Schatten der Gestalt folgt, werden Gutes und Schlechtes mit Freude und Leid vergolten, gleich dem Echo, das im Tale widerhallt. Wer solches sieht und hört, staunt zunächst ungläubig und vergisst ... 一卓之間. Wer sich dann schämt, erzittert unversehens ... [10]. Wüssten wir nichts von Gutem und Schlechtem, wie sollten wir da Krummes gerade biegen,[11] wie entscheiden zwischen Für und Wider (zehi 是非)? Hätten wir keine Demonstration der Vergeltung von Ursache und Wirkung, wie sollten wir unsere schlechten Gedanken abstreifen und den Weg des Guten einschlagen?

Vor langer Zeit verfasste man im Reich der Han die Berichte der unsichtbaren Vergeltung und im Großen Tang Reich die Berichte von den Wundern [des Sutras] der Höchsten Einsicht.[12] Wieso sollten wir diese Berichte aus fremden Ländern hochachten, ohne die Wunder im eigenen Land ehrfurchtsvoll zur Kenntnis zu nehmen? Nachdem ich selbst Zeuge [solcher Wunder] wurde, kann ich nicht mehr müßig bleiben. Ich habe alles reiflicher überlegt und kann nun nicht länger schweigen. Und so schrieb ich das wenige, das ich vernommen hatte, auf und nannte es „Berichte von den Wundern der sichtbaren Vergeltung guter und schlechter Taten im Lande Japan“.[13] In drei Bänden übergebe ich es der Nachwelt. Ich, Kyōkai, aber bin nicht mit Weisheit begabt, sondern träg von Verstand und schwer von Begriff. Mein Wissen stammt aus einem seichten Brunnen und irrt richtungslos umher. Den Kunstwerken der Meister füge ich plumpes Schnitzwerk hinzu. Mein Herz ist starr vor Angst, ich könnte mir dabei die Hand verletzen. [Mein Werk] ist wie ein Kieselstein neben [der Jade aus] den Bergen von Kunlun. Die mündlichen Erzählungen [die ich vernahm] sind ungenau, vieles ist vergessen und ausgelassen worden. ...[14] Mögen zukünftige Generationen meiner nicht spotten. Und mögen die, welche von diesen Wundern hören, nicht den falschen, sondern den richtigen Weg einschlagen, das Böse unterlassen und gute Taten üben!



  1. Ōjin gilt als Begründer der Schriftlichkeit in Japan.
  2. Spielt auf die Überlieferung des Buddhismus unter Kinmei, nach Nihon shoki im Jahr 552, nach anderen Quellen im Jahr 538 an
  3. Nintoku, der Sohn Ōjins, der als Muster eines tugendhaften Herrschers gilt. Er bekam Mitleid, weil er keinen Rauch aus den Häusern seiner Untertanen aufsteigen sah und daraus auf ihre Armut schloss. Daher kürzte er alle Ausgaben für den Hof, auch die für Palastreparaturen, bis wieder Wohlstand im Land einkehrte.
  4. Anspielung auf den Prinzregenten Shōtoku Taishi.
  5. Mahayana
  6. Anspielung auf Shōmu Tennō, der den Großen Buddha von Nara errichten ließ.
  7. Ein Goldfund im Jahr 649 ermöglichte die Fertigstellung der Statue.
  8. nijō 二乘. Gemeint ist hier das „Kleine Fahrzeug“, also in etwa der Theravada Buddhismus, bestehend aus dem „Fahrzeug der Schüler“ (Shravaka-yana) und dem „Fahrzeug der [isoliert] praktizierenden Buddhas“ (Pratyekabuddha-yana). Aus Mahayana-Sicht führt der „Mittlere Weg“, der die beiden anderen überschreitet, am effizientesten zum Ziel der Erleuchtung.
  9. 過磁石於舉鐵山以噓鐵
  10. 漸愧之者,倏悸惕,悤起避之頃
  11. Eine ähnliche Formulierung findet sich auch in der sog. Verfassung des Shōtoku Taishi, vgl. Religion-in-Japan, Shōtoku Taishi.
  12. jap. Myōhōki 冥報記 und Hannya kenki, s. [[Nihon Ryōiki], Vorhergehende Werke
  13. Nihon-koku genpō zen'aku ryōiki 日本國現報善惡靈異記
  14. 不昇貪善之至,慓示濫竽之業


Hintergrund

  • Zeit: k.A.
  • Ort: Yakushiji, Nara
  • Personen: Autor (Kyōkai)

Ursache und Wirkung

Allgemeine Erläuterung des Karma Konzepts.

Anmerkungen

Materialien


Artikel erstellt von Bernhard Scheid 14:53, 18. Okt. 2010 (CEST).