Essays/Regenmachen: Unterschied zwischen den Versionen
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Wie der Religionshistoriker Brian Ruppert in einem Aufsatz von 2002 klar herausgearbeitet hat, erwies sich der {{g|shingonshuu|Shingon}}-Buddhismus auf dem Gebiet des Regenbittens ab der mittleren Heian-Zeit als besonders erfolgreich. Shingon-Mönchen gelang es nämlich eine Kultstätte für die Abhaltung von Regenriten innerhalb des kaiserlichen Palastes zu monopolisieren. Im Zentrum dieser Riten stand ein großer künstlicher Teich, der Teil des Lustgartens {{g|Shinsenen}} (Garten der göttlichen Quelle) war und wohl schon lange für Regenriten gedient hatte. Unter dem Einfluss des Shingon-Buddhismus wurde dieser Teich zum Wohnort Zennyo Ryūōs erklärt, also des gleichen Drachenkönigs, der auch im erwähnten Murō-ji verehrt wurde. Die Tradition des Regenmachens im Kaiserpalast wurde rückblickend dem charismatischen Ordensgründer des Shingon-Buddhismus {{g|Kuukai}} (774–835) zugeschrieben, scheint sich aber erst im zehnten Jahrhundert fest mit dem Shingon-Buddhismus verbunden zu haben.<!-- | Wie der Religionshistoriker Brian Ruppert in einem Aufsatz von 2002 klar herausgearbeitet hat, erwies sich der {{g|shingonshuu|Shingon}}-Buddhismus auf dem Gebiet des Regenbittens ab der mittleren Heian-Zeit als besonders erfolgreich. Shingon-Mönchen gelang es nämlich eine Kultstätte für die Abhaltung von Regenriten innerhalb des kaiserlichen Palastes zu monopolisieren. Im Zentrum dieser Riten stand ein großer künstlicher Teich, der Teil des Lustgartens {{g|Shinsenen}} (Garten der göttlichen Quelle) war und wohl schon lange für Regenriten gedient hatte. Unter dem Einfluss des Shingon-Buddhismus wurde dieser Teich zum Wohnort Zennyo Ryūōs erklärt, also des gleichen Drachenkönigs, der auch im erwähnten Murō-ji verehrt wurde. Die Tradition des Regenmachens im Kaiserpalast wurde rückblickend dem charismatischen Ordensgründer des Shingon-Buddhismus {{g|Kuukai}} (774–835) zugeschrieben, scheint sich aber erst im zehnten Jahrhundert fest mit dem Shingon-Buddhismus verbunden zu haben.<!-- | ||
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− | + | Viele {{g|setsuwa}}-Sammlungen und andere Quellen berichten, dass Kūkai bereits 824 im Wettstreit mit einem eifersüchtigen Mitmönch ein erfolgreiches Regenritual im Shinsen’en abhielt. Neuere Forschungen halten dies jedoch für eine hagiographische Legende, die dem Bedürfnis des Shingon-Buddhismus geschuldet ist, die Gründerfigur Kūkai zu einem Universalgenie hochzustilisieren. | |
Laut Ruppert (2002, S. 155–57) führte Kūkai zwar wahrscheinlich Regenriten durch, aber nicht im Shinsen’en. Das erste dokumentierte Shingon-Regenritual in diesem Park fand erst 854 unter Leitung eines Schülers von Kūkai statt. | Laut Ruppert (2002, S. 155–57) führte Kūkai zwar wahrscheinlich Regenriten durch, aber nicht im Shinsen’en. Das erste dokumentierte Shingon-Regenritual in diesem Park fand erst 854 unter Leitung eines Schülers von Kūkai statt. | ||
Version vom 20. Dezember 2018, 15:33 Uhr
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Auf einer Klippe über dem Meer hat sich eine kleine Gruppe von Menschen versammelt. Alle Aufmerksamkeit ist auf einen Mönch in rotem Gewand gerichtet, der sich mit geschlossenen Augen auf sein Gebet konzentriert. Heftiger Regen hat eingesetzt und ein Diener schützt den Betenden mit einem großen Schirm. Alle Umstehenden scheinen in großer Erregung. Der Regen legt sich wie ein Vorhang aus schwarzen Schnüren vor die dargestellte Szene. Lediglich das Gesicht des betenden Mönchs bleibt ausgespart – ein heller Ruhepol inmitten der entfesselten Elemente.1
Werk von Utagawa Kuniyoshi (1797–1861). Edo-Zeit. The British Museum.
Der gegenständliche Farbholzschnitt von Utagawa Kuniyoshi [Utagawa Kuniyoshi (jap.) 歌川国芳 1798–1861; Maler und Zeichner. Bekannter Verteter des ukiyo-e-Farbholzschnitts] stellt eine der legendären Wundertaten des Mönchs Nichiren [Nichiren (jap.) 日蓮 1222–1282; Begründer des Nichiren Buddhismus] (1222–1282) dar: Nach einer langen Dürreperiode im Sommer 1271 gelang es Nichiren durch seine Gebete Regen zu erwirken. Kuniyoshis Holzschnitt zeigt den Moment, als diese Gebete in Form eines plötzlichen Wolkenbruchs Früchte tragen. Das Erstaunen der Gruppe um Nichiren ist umso größer, als zuvor bereits hochrangige Spezialisten mit wesentlich aufwendigeren rituellen Prozeduren versucht haben, die Dürre zu beenden. Nichiren genügen jedoch ein einfacher Opfertisch und eine Gebetskette, die er in den gefalteten Händen reibt. Sein Gebet besteht aus nichts anderem als der Anrufung des Lotos Sutras. Es ist, so suggerieren Bild und Legende, vor allem seinem aufrichtigen Glauben an diesen elementaren Text des Mahayana [Mahāyāna (skt.) महायान „Großes Fahrzeug“, buddhistische Richtung (jap. daijō bukkyō 大乗)]-Buddhismus zuzuschreiben, dass die höheren Mächte, die für Regen verantwortlich sind, Nichirens Bitten Gehör schenken.2
Diese Legende macht uns heutige Betrachter auf ein Thema aufmerksam, das in überblicksartigen Darstellungen der japanischen Religion meist unter den Tisch fällt und daher leicht als oberflächlicher „Aberglauben“ abgetan werden könnte: Die Kunst des Regenmachens. Doch war ein Künstler wie Kuniyoshi, der zur Bildungselite seiner Zeit zählte, offenbar fest von der Wirkung derartiger Riten überzeugt. Jüngere Einzelstudien belegen zudem, dass Regenriten gerade im Buddhismus einen wichtigen Platz einnahmen. Im vorliegenden Essay möchte ich daher anhand dieser Studien auf die kontinuierliche, nicht zuletzt politische Bedeutung von Regenriten in Japan aufmerksam machen und zugleich auf die unterschiedlichen rituellen Verfahren und ihre historischen Veränderungen eingehen.
Regenbitte und Regenabwehr
Vorlage:Sidebox3 Grundsätzlich gab es zwei komplementäre Wetterriten, nämlich die Bitte um Regen (amagoi [amagoi (jap.) 雨乞い Regenmachen durch rituelles Gebet und Zauber; Regenbitte; s.a. shōu, kiu], kiu [kiu (jap.) 祈雨 Regenbitte; Ritus, um Regen zu erwirken; s.a. amagoi, shōu] oder shōu [shōu (jap.) 請雨 Regenbitte; Ritus, um Regen zu erwirken; s.a. amagoi, kiu]) und ihr Gegenstück, die Bitte um Sonnenschein (hiyorigoi [hiyorigoi (jap.) 日和乞い Gebet oder Ritus zum Erwirken von Sonnenschein], himaneki [himaneki (jap.) 日招き wtl. Einladen der Sonne; Gebet um Sonnenschein] oder shiu [shiu (jap.) 止雨 Regenabwehr; Gebet oder Ritus, um Regen zu beenden; s.a. himaneki, hiyorigoi]). Das Regenbitten ist dabei in Kunst und Literatur — und auch im vorliegenden Essay — prominenter vertreten als die Regenabwehr, wohl aus dem einfachen Grund, weil bei der Bitte um Regen der Erfolg mit dem plötzlichen Einsetzen von Niederschlag besser im Gedächtnis behalten wird. Umgekehrt ist aber die Bitte um Sonnenschein auch heute noch fester Bestandteil jeder japanischen Kindheit, und zwar in Gestalt des Schönwetter-Mönchleins (teruteru bōzu [teruteru bōzu (jap.) 照る照る坊主 wtl. Schönwetter Mönchlein; Puppe, die Schönwetter bringen soll]), einer einfachen Puppe aus weißem Stoff, bestehend aus Kopf und Körper, die jedes Kind selbst herstellen kann und ans Fenster hängt, wenn es sich für den nächsten Tag schönes Wetter wünscht. Auch gibt es den Ausdruck „Regenmensch“ (ame no hito [ame no hito (jap.) 雨の人 „Regenmensch“; jemand, der immer Schlechtwetter mitbringt]) für Mitschüler oder Freunde, die immer schlechtes Wetter mitbringen, wenn sie an einem Ausflug teilnehmen, und auch das Gegenteil, „Schönwettermensch“ (hare no hito [hare no hito (jap.) 晴れの人 „Schönwettermensch“; jemand, der immer Schönwetter mitbringt]). Diese spielerischen Kinderbräuche stehen in engem Verhältnis zu alten Riten, die bis heute Teil des traditionellen landwirtschaftlichen Brauchtums geblieben sind. Es gab darüber hinaus aber auch staatlich organisierte Wetterriten, die heute vollkommen verschwunden sind oder sich bis zur Unkenntlichkeit in den Wetterbericht der öffentlichen Medien transformiert haben.
Regenriten in der Frühzeit
Schlangengötter
Außergewöhnliche Wetterereignisse wurden in alter Zeit zumeist Wassergottheiten zugeschrieben, die man sich als schlangenartige Wesen vorstellte. Eine ungefähre Vorstellung solcher Schlangengottheiten lässt sich bereits in den frühesten Legenden gewinnen, in denen lokale, meist namenlose Gottheiten eine Rolle spielen.
Die Lokalchronik Hitachi fudoki [Hitachi fudoki (jap.) 常陸風土記 „Aufzeichnungen von Luft und Erde aus Hitachi“; auch Hitachi no kuni fudoki, 713; Chronik kultureller Bräuche der historischen Provinz Hitachi 常陸, heutige Präf. Ibaraki], die Anfang des achten Jahrhunderts verfasst wurde, berichtet von einem Provinzverwalter aus der Hauptstadt namens Matachi, der die Provinz im sechsten Jahrhundert für die Landwirtschaft erschloss. Als er nahe einer Bezirksgarnison eine schilfbewachsene Ebene trocken legen ließ, um Reisfelder anzulegen, erschienen die Götter des Tals (yatsu no kami [yatsu no kami (jap.) 夜刀の神 wtl. Götter des Tals; gehörnte Schlangengötter in der Regionalchronik Hitachi fudoki]) als gehörnte Schlangen, um sich gegen die Urbarmachung ihres Territoriums zur Wehr zu setzen. Während die Einheimischen vor diesen Schlangen flohen, setzte sich Matachi zur Wehr.
Erzürnt legte Matachi seine Rüstung an, nahm seine Hellebarde und tötete mehrere yatsu no kami. Der Rest zog sich zum Fuß eines Berges zurück. Dort schlug Matachi einen Pfosten in den Bewässerungsgraben, um sein Territorium zu markieren. Zu den yatsu no kami sagte er, dass den Göttern das Gebiet oberhalb dieser Grenze gehöre, während das Gebiet darunter für den Reisanbau seiner Leute bestimmt sei. „Überschreitet diese Grenze nicht und hegt keinen Groll, denn ich werde euch einen Schrein errichten und dort das Priesteramt vollziehen. Meine Nachkommen werden euch ehrerbietig Opfergaben darbringen.“ Er errichtete daraufhin einen Schrein und die Verehrung der yatsu no kami setzte sich von Generation zu Generation fort.3
Das Nihon ryōiki [Nihon ryōiki (jap.) 日本霊異記 „Wundersame Begebenheiten aus Japan“; buddhistische Legendensammlung von Kyōkai (Anfang 9. Jh.)], eine Quelle aus dem frühen neunten Jahrhundert, berichtet von einem Bauern, der bei Regen auf seinem Feld arbeitete, als er sich unversehens mit einem Donnergott konfrontiert sah. Dieser hatte die Gestalt eines menschlichen Kindes. Als der Bauer Anstalten machte, das Donner-Kind zu erschlagen, bat es um Mitleid und versprach Belohnung. Einige Zeit später wurde dem Bauern ein Sohn geboren, der bei der Geburt eine Schlange auf dem Kopf trug. Später wurde dieser Sohn unglaublich stark und begründete eine adelige Dynastie.4
Schon in diesen frühen Legenden begegnet uns die Vorstellung, dass lokale Gottheiten eine Schlangenform haben oder annehmen können. Im Nihon ryōiki handelt es sich um einen Donner- (oder Regen- oder Wasser-) Gott, dessen Gestalt offenbar zwischen Mensch und Schlange changiert. Im Hitachi fudoki sind es Schlangen, die als „Götter des Tals“, in dem ein Nassfeld angelegt wird, wohl ebenfalls mit dem Wasser in Verbindung stehen. Darüber hinaus offenbart sich in beiden genannten Legenden ein zweckrationales Verhältnis zwischen Menschen und kami: Lokale Götter und Menschen befinden sich auf Augenhöhe. Sie haben zwar unterschiedliche Interessen und Fähigkeiten, können aber auch voneinander profitieren. Es kommt zum Tausch, der jedoch in Form von Opfergaben immer wieder neu ausgehandelt werden muss. Im Hitachi fudoki markiert ein Schrein den Ort, wo sich dieser Tausch vollzieht.
Staatliche Regenriten
Die ersten historisch verlässlichen Erwähnungen von staatlich sanktionierten Regenriten stammen aus dem 7. Jahrhundert, einer Zeit, in der die alten Bräuche nach und nach mit buddhistischen Alternativen konfrontiert wurden.
Im Sommer des ersten Regierungsjahres der Kaiserin Kyōgoku [Kōgyoku Tennō (jap.) 皇極天皇 594–661; weibliche Tennō, r. 642–645; herrschte ein weiteres Mal unter dem Namen Saimei, 655–661] (642) herrschte eine außergewöhnliche Dürre. In dieser Situation kamen die Minister des Hofes unter Führung des Soga no Emishi [Soga no Emishi (jap.) 蘇我蝦夷 587–645; Staatsmann (oberster Minister) in der Asuka-Zeit] (587–645) überein, dass man sich nicht mehr auf die Blutopfer von Pferden und Rindern der Dorfpriester (hafuri [hafuri (jap.) 祝/祝部 kami-Priester der Frühzeit]) verlassen sollte. Stattdessen sollten buddhistische Sutren öffentlich rezitiert werden. Allerdings blieb auch diese Maßnahme ohne Wirkung. Schlussendlich vollzog die Kaiserin in eigener Person einen Regenritus, der Erfolg hatte.5
In diesem kurzen Bericht begegnen uns drei alternative Regenrituale: Blutopfer durch lokale Priester, buddhistische Sutrenlesungen und ein Bittritus unbekannter Art, der vom Herrscher beziehungsweise der Herrscherin selbst vorgenommen wird. Man gewinnt den Eindruck, dass pro-buddhistische Kreise wie die Familie der Soga in dieser Zeit zwar nach Alternativen zu althergebrachten Formen des Regenmachens suchten, jedoch keine überzeugenden Mittel zur Hand hatten, sodass neben lokalen (möglicherweise schamanistischen) Opferriten auch die Riten eines sakralen Königtums, das das vorbuddhistische Japan gekennzeichnet hatte, zum Einsatz kamen.
Erst vier Jahrzehnte später stoßen wir in den Chroniken auf einen ausgewiesenen buddhistischen Experten des Regenmachens, ein Mönch namens Dōzō [Dōzō (jap.) 道蔵 koreanischer Mönch aus Baekje, spätes 6. Jh.; im Nihon shoki als Experte des Regenmachens erwähnt] aus Baekje (Korea), der am Hof des Kaisers Tenmu [Tenmu Tennō (jap.) 天武天皇 631?–686; 40. japanischer Kaiser; (r. 673–686)] beziehungsweise der Kaiserin Jitō [Jitō Tennō (jap.) 持統天皇 645–703, r. 686–697; 41. japanische Kaiserin] erfolgreiche Regenrituale durchführte.6
In der folgenden Nara- und Heian-Zeit (710–794, 794–1185) ge·wann der Buddhis·mus – von klei·ne·ren Rück·schlä·gen ab·gese·hen – kon·tinu·ier·lich an Ein·fluss. Es wäre da·her an·zu·neh·men, dass sich bud·dhis·ti·sche Re·gen·ri·ten schon da·mals all·gemein durch·setz·ten, doch ge·rade auf die·sem Gebiet kam den ein·hei·mi·schen Gott·hei·ten bis Mitte der Heian-Zeit nach wie vor große Be·deu·tung zu. Rund um die je·wei·li·gen Haupt·städte (Nara [Nara (jap.) 奈良 Hauptstadt und Sitz des Tennō, 710–784 (= Nara-Zeit); auch: Heijō-kyō] und später Heian-kyō [Heian-kyō (jap.) 平安京 urspr. Name der Stadt Kyōto; wtl. Stadt des Friedens; politisches Zentrum 794–1185 (= Heian-Zeit)]/Kyoto) begann sich ein gan·zes Netz·werk von kami-Kult·stät·ten zu bil·den, an denen regel·mäßig Regen·riten ab·ge·hal·ten wur·den.7 Der kai·ser·liche Hof er·ließ dabei immer de·tail·lier·tere Ver·ord·nun·gen, wie man sich durch beson·dere Opfer·gaben güns·tiger Wetter·bedin·gungen zu ver·sichern habe. Zwei Schreine galten in dieser Hin·sicht als be·sonders ein·fluss·reich: der Kifune [Kifune Jinja (jap.) 貴船神社 alter Schrein für eine Wassergottheit im Norden Kyotos; Kifune bedeutet wörtlich „edles Schiff“] Schrein im Berg·land nörd·lich von Kyoto und der Niukawakami [Niukawakami Jinja (jap.) 丹生川上神社 alter Schrein für eine Wassergottheit im Süden von Nara;] Schrein süd·östlich der Nara-Region. Diese beiden Schreine, die jeweils Wasser- oder Ge·witter·göt·tern ge·weiht waren, mar·kier·ten in etwa die Nord-Süd-Achse durch die dama·ligen japa·nischen Kern·provin·zen. Ihnen sollte jedes Jahr – gleichsam pro·phylak·tisch – ein schwarzes Pferd zu·ge·führt werden, außer wenn es zu viel Regen gab. Dann sollte ein weißes Pferd für Wet·ter·besse·rung sorgen.8 Was aus den Pferden wurde, ist nicht ganz klar. Meist wurden sie offenbar nicht getötet, sondern gingen als heilige Tiere oder als Nutztiere in den materiellen Besitz der bedachten Institution über. Doch finden sich auch Hinweise auf die im Nihon shoki erwähnte Blutopfer-Praxis. In ihrer Studie zur religiösen Bedeutung des Pferdes berichtet die Mythenforscherin Nelly Naumann [Naumann, Nelly (west.) 1922–2000; deutsche Japanologin und Mythenforscherin] von japanischen Regenriten, bei denen der abgetrennte Kopf eines Pferdes oder Rindes in ein Gewässer geworfen wurde. Manches spricht dafür, dass damit ein ritueller Tabubruch begangen wurde, um die Gottheit zu reizen und so Regen herbeizuführen. Unter buddhistischem Einfluss wurden solche Blutopfer mit der Zeit aber durch Statuen oder Bilder substituiert.9
Buddhistische Riten für Schlangen und Drachen
Die frühesten dokumentierten Regenriten des Buddhismus finden sich in einem Bericht des chinesischen Pilgermönchs Faxian [Faxian (chin.) 法顯 früher chin. Pilgermönch (337?–422?), Autor eines Reiseberichts] (337–422), der Indien im frühen fünften Jahrhundert bereiste.10 Kurze Zeit später wurde ein kanonischer Text zum Regenmachen, das Große Wolken-Sutra (Mahāmegha sūtra, chin. Dayun jing [Dayun jing (chin.) 大雲經 Großes Wolken-Sutra; skt. Mahāmegha sūtra, jap. Daiun-kyō; die früheste Übersetzung ins Chinesische wurde von Dharmakṣema zwischen 414 and 421 angefertigt (DDB, s.v. Dafangdeng wuxiang jing 大方等無想經)]), ins Chinesische übersetzt.11 Aus diesem Text geht klar hervor, dass man auch im indischen Buddhismus der Meinung war, Schlangen beziehungsweise Schlangengötter (naga [nāga (skt.) नाग „Schlange, Kobra“, indische Schlangengottheit (jap. naka 那伽)]s) würden über den Regen gebieten. Das Sutra enthält unter anderem magische Formeln (dharani [dhāraṇī (skt.) धारणी (magische) Gebetsformel, ähnlich wie, aber meist länger als Mantra (jap. darani 陀羅尼 oder ju 呪)]), die an die nāgas zu richten sind, um Regen zu erbitten.12
Nāgas stellen in Indien eine eigene Kategorie von Dämonen dar, die sowohl die Gestalt von Menschen als auch die von Schlangen annehmen können. In der buddhistischen Mythologie ist zum Beispiel von einem nāga-König Mucilinda [Mucilinda (skt.) मुचिलिन्द Name eines Drachens, der Buddha Shakyamuni während seiner Meditation vor Regen schützte] die Rede, der den historischen Buddha [Buddha (skt.) बुद्ध „Der Erleuchtete“ (jap. butsu, hotoke 仏 oder Budda 仏陀)] während seiner Meditation unter dem bodhi [bodhi (skt.) बोधि „Erwachen, Erleuchtung“ (jap. bodai 菩提)]-Baum in Bodhgaya [Bodhgayā (skt.) बोध्गया „Ort der Erleuchtung“, Ort, an dem Buddha seine Erleuchtungserfahrung hatte (jap. Buddagaya 仏陀伽邪)] sieben Tage lang vor Wind und Regen schützte. Ähnliche Schlangenwesen existierten auch in China, wo der mythologische Kaiser Fuxi und seine Frau Nüwa als Schlangenmenschen aufgefasst wurden. Fast immer besteht auch eine enge Beziehung zum Wasser und zum Regen. Indo-buddhistische Regenriten ließen sich daher ohne größere Schwierigkeiten in einen ostasiatischen Kontext übertragen.
Schlangen, die zu Gottheiten erhöht wurden, erhielten in Ostasien zumeist das Aussehen eines chinesischen Drachens. Der Übergang zwischen der realen Schlange und dem imaginären Drachen war dabei fließend. Beiden wurde die Fähigkeit zugesprochen, menschliche Gestalt anzunehmen. Zwischen dem chinesischen Drachen als Sinnbild des Kaisers und den indischen nāgas, die aus buddhistischer Sicht eine besondere Kategorie unerleuchteter Wesen darstellen, bestand zwar sicher ursprünglich ein wesensmäßiger Unterschied, doch kam es in Bild und Legende sowohl in China als auch in Japan zu einer Nivellierung dieser Vorstellungen. Nāga-Könige, die im indo-buddhistischen Kontext oft das Aussehen von Kobras haben, wurden in China als Drachenkönige (longwang, japanisch ryūō [ryūō (jap.) 龍王 Drachenkönig; myth. Figur, meist mit Wasser oder mit dem Meer verbunden]) bezeichnet und in großen, oft staatlich finanzierten Riten um Regen gebeten.13
Eine der ersten permanenten Kultstätten für buddhistische Regenriten in Japan wurde Ende des achten Jahrhunderts im Tempel Murō-ji [Murō-ji (jap.) 室生寺 alter Shingon-Tempel südöstlich von Nara, ehem. bekannt für seine Regenriten (amagoi)] nordwestlich von Nara errichtet, wo sich einige eindrucksvolle Grotten befinden. In diesen Grotten wähnte man einen Drachen namens Zennyo Ryūō [Zennyo Ryūō (jap.) 善如龍王/善女龍王 Drachen- bzw. naga-König aus der buddhistischen Mythologie], den man als eine Wiedergeburt des indischen nāga-Königs aus dem Himalaya identifizierte. Zennyo Ryūō erhielt nun interessanterweise einen Schrein, also ein Gebäude nach dem Muster der kami-Kultstätten, wo aber buddhistische Mönche um Regen beteten. Man dachte sich den Drachenkönig also eher als kami denn als Buddha, was aber buddhistische Regenriten keineswegs ausschloss. In der Folge gelang es dem Buddhismus, seine Regenriten für nāga-Drachen als staatlich anerkannte Standardmaßnahmen in Zeiten von Wetterkatastrophen zu etablieren.
Regenmacher des Shingon-Buddhismus
Wie der Religionshistoriker Brian Ruppert in einem Aufsatz von 2002 klar herausgearbeitet hat, erwies sich der Shingon [Shingon-shū (jap.) 真言宗 Shingon-Schule, wtl. Schule des Wahren Wortes; wichtigste Vertreterin des esoterischen Buddhismus (mikkyō) in Japan]-Buddhismus auf dem Gebiet des Regenbittens ab der mittleren Heian-Zeit als besonders erfolgreich. Shingon-Mönchen gelang es nämlich eine Kultstätte für die Abhaltung von Regenriten innerhalb des kaiserlichen Palastes zu monopolisieren. Im Zentrum dieser Riten stand ein großer künstlicher Teich, der Teil des Lustgartens Shinsen’en [Shinsen’en (jap.) 神泉苑 „Garten der göttlichen Quelle“, im Süden des ehem. Kaiserpalastes in Kyōto gelegen;] (Garten der göttlichen Quelle) war und wohl schon lange für Regenriten gedient hatte. Unter dem Einfluss des Shingon-Buddhismus wurde dieser Teich zum Wohnort Zennyo Ryūōs erklärt, also des gleichen Drachenkönigs, der auch im erwähnten Murō-ji verehrt wurde. Die Tradition des Regenmachens im Kaiserpalast wurde rückblickend dem charismatischen Ordensgründer des Shingon-Buddhismus Kūkai [Kūkai (jap.) 空海 774–835, Gründer des Shingon Buddhismus; Eigennamen Saeki Mao, Ehrennamen Kōbō Daishi] (774–835) zugeschrieben, scheint sich aber erst im zehnten Jahrhundert fest mit dem Shingon-Buddhismus verbunden zu haben.14
Die Shingon-buddhistischen Regenriten im Kaiserpalast sind relativ gut dokumentiert, da führende Shingon-Mönche der späten Heian-Zeit eigene Regenbitt-Tagebücher führten, was Rückschlüsse auf die Bedeutung dieser Rituale zulässt. Offenbar waren sie zwar mit hohem Aufwand, aber mit erstaunlich geringem Risiko für den Ritualisten verbunden. War das Ritual erfolgreich, so standen dem beteiligten Mönch substanzielle materielle Zuwendungen sowie Rangerhöhungen in Aussicht, während Misserfolge nicht geahndet wurden. Dürreperioden boten daher insbesondere für Shingon-Mönche eine gute Gelegenheit für einen Karrieresprung.15
Nichirens Provokation
Die besondere Rolle des Shingon-Buddhismus auf dem Gebiet des Regenmachens findet sich indirekt auch in der eingangs erwähnten Legende des Nichiren bestätigt. Der historische Kern dieser Begebenheit lässt sich aus autobiografischen Notizen von Nichiren selbst einigermaßen verlässlich rekonstruieren. Eigenen Angaben zufolge stammte Nichiren aus einem Fischerdorf auf der Halbinsel Bōsō (südöstlich des heutigen Tokyo). Trotz seiner niederen Herkunft arbeitete er sich in den Rang eines angesehenen Gelehrtenmönchs hoch, machte sich unter seinen Mitbrüdern aber bald auch Feinde. Nichiren setzte sich nämlich nicht bloß für die Autorität des Lotos-Sutra ein, das ohnehin von den meisten buddhistischen Richtungen zu den wichtigsten Lehrtexten gezählt wurde, sondern formulierte ausgehend vom Lotos-Sutra auch eine Kritik am etablierten Klerus, die an dessen Existenzgrundlagen rüttelte. Auf diese Weise brüskierte er unter anderen den führenden Shingon-Mönch Ninshō Ryōkan [Ninshō Ryōkan (jap.) 忍性良観 1217–1303; Shingon-Abt in Kamakura]忍性良観 (1217–1303), der ebenso wie Nichiren vor allem in der Hauptstadt des 1185 gegründeten Kamakura [Kamakura (jap.) 鎌倉 Stadt im Süden der Kantō Ebene, Sitz des Minamoto Shōgunats 1185–1333 (= Kamakura-Zeit)]-Shōgunats aktiv war und galt dort allgemein als besonders tugendhaft galt. Nichiren aber sah in ihm einen Heuchler und forderte ihn immer wieder heraus. Als Ryōkan während der Dürre von 1271 einen Regenritus abhalten sollte, schlug Nichiren ihm eine riskante Wette vor: Nichiren würde alle seine Lehren bezüglich des Lotos-Sutra widerrufen und Ryōkans Schüler werden, wenn dieser mit dem Regenritus Erfolg haben sollte. Andernfalls solle Ryōkan Nichirens Schüler werden. Als das Ritual auch nach zwei Wochen keinen Erfolg zeitigte (und Ryōkan nicht auf Nichirens Vorschlag einging), schickte Nichiren ihm folgende Nachricht:
Wie die Sage geht, sollen selbst solche Leute, die sich niemals um buddhistische Gebote scherten, wie die kokette Hofdichterin Izumi Shikibu [Izumi Shikibu (jap.) 和泉式部 978?–1033?; Hofdame und Dichterin der Heian-Zeit] oder der liebestrunkene Mönch Nōin [Nōin (jap.) 能因 988-1051?; buddhistischer Dichtermönch] allein durch die Wirkung ihrer Dichtkunst dem Himmel Regen entlockt haben. Wie aber kommt es dann, dass Ihr nicht imstande seid, selbst mit dem Beistand [noch so vieler Priester und Mönche] auch nur einen Regentropfen hervorzupressen?16
Die beiden genannten Dichter, auf die ich im Folgenden noch zu sprechen kommen werde, sind in der Tat sowohl für ihre Regenriten als auch für ihre Liebeseskapaden berühmt. Nichiren wertet dies als Beweis ihrer Lasterhaftigkeit, um schließlich seinem Intimfeind vorzuwerfen, noch weiter vom wahren Weg des Buddha entfernt zu sein als diese sündigen Wesen, weil er im Gegensatz zu ihnen beim Regenmachen versagte. Nichiren sieht das Regenmachen also nicht mehr als Ergebnis eines Tauschhandels zwischen Menschen und Göttern, sondern als moralischen Gradmesser. Es kommt nicht nur auf die Kenntnis magischer Praktiken an, man muss sich auch des Buddha-Weges als würdig erweisen, damit das Ritual funktioniert.
Dass Nichiren selbst Regen herbeibetete, scheint zwar eine fromme Legende aus späterer Zeit zu sein, doch zeigt sich, dass dieser Legende eine tiefere Bedeutung zukommt als auf den ersten Blick erkenntlich. Ob er nun Regenbitt-Riten verspottete oder selbst praktizierte, läuft beinahe auf dasselbe hinaus, nämlich dass er die Autorität des Shingon-Buddhismus auf dem Gebiet der Regenrituale infrage stellte.
Zen und die Kunst des Regenmachens
Dem westlichen Klischee vom asketischen, weltabgewandten Zen [Zen (jap.) 禅 chin. Chan, wtl. Meditation; Zen Buddhismus] zum Trotz konnten Zen-Mönche, ebenso wie ihre chinesischen Vorläufer des Chan [Chan (chin.) 禅 jap. Zen, wtl. Meditation; chin. Bez. des Zen Buddhismus]-Buddhismus, auf dem Gebiet des Regenmachens offenbar ähnliche Fertigkeiten aufweisen wie die Shingon-Mönche. So soll unter anderem der Kult der Sechzehn Arhats, der ursprünglich aus dem Chan [Chan (chin.) 禅 jap. Zen, wtl. Meditation; chin. Bez. des Zen Buddhismus] stammt und durch den Zen-Buddhismus auch in Japan Verbreitung fand, zur Bitte um Regen eingesetzt worden sein. Als einer der ersten Regenmacher des japanischen Zen vollzog Myōan Yōsai [Myōan Yōsai (jap.) 明菴榮西 1141–1215; Zen-Möch, Begründer des jap. Rinzai Zen. Auch Eisai.] (1141–1215) in offiziellem Auftrag ein berühmtes Regenritual in Kamakura. Als er zu den Drachengöttern betete, stieg, so die spätere Überlieferung, Licht aus seinen Händen und es begann sofort zu regnen.17 Interessanterweise ging Yōsai zwar als Begründer des japanischen Rinzai [Rinzai-shū (jap.) 臨濟宗 Rinzai-Schule des jap. Zen Buddhismus]-Zen in die japanische Religionsgeschichte ein, doch war er zunächst als Shingon-Mönch ausgebildet worden und praktizierte eine Mischung aus Shingon und Zen. Wir können also nicht sicher sein, in welcher dieser beiden Traditionen sein Regenritus tatsächlich stand.
Ein paar Generationen später stößt man jedoch auf eine kōan [kōan (jap.) 公案 Koan, paradoxes Zen-Rätsel]-Anekdote, die zum einen bestätigt, dass Zen für Regenriten in Kamakura herangezogen wurden, zum anderen aber auch eine interne Kritik an derartigen Tendenzen der Verweltlichung zum Ausdruck bringt:
Der chinesisch-stämmige Zen-Mönch Mugaku [Mugaku (jap.) 無学 1226–1286; aus China stammender Zen-Mönch der Kamakura-Zeit] 無学 (1226–1286) wurde während einer Dürre im Jahr 1284 vom Shōgunat beauftragt, ein Regenbitt-Ritual abzuhalten. Vor dem Tsurugaoka Hachiman [Tsurugaoka Hachiman-gū (jap.) 鶴岡八幡宮 repräsentativster Schrein des ehemaligen Shōgunats in Kamakura; Gründung durch die Familie Minamoto, die Hachiman als Ahnengottheit verehrten] Schrein, dem spirituellen Zentrum Kamakuras, errichtete man zu diesem Zweck einen großen Altar. Doch ein Schüler des Mugaku, der diese Art von Ritualismus als zu pompös empfand, sprang plötzlich auf den Altar, entblößte seinen „einäugigen Drachen“, urinierte auf den Altar und verkündete, dies sei die Art des Zen, Regen zu machen. Prompt wurde der Novize von Sicherheitskräften in Gewahrsam genommen, doch als er ins Gefängnis eskortiert wurde, kam es zum lang ersehnten Wolkenbruch. Darauf entschuldigte man sich höflich bei dem jungen Zen-Mönch und setzte ihn wieder auf freien Fuß.18
In der Edo-Zeit begegnet uns die Regen-Kompetenz des Chan/Zen in einer Legende über den chinesischen Chan-Exilanten Engelbert Kaempfer [Kaempfer, Engelbert (west.) 1651–1716; deutscher Arzt und Naturforscher, Japanreisender (1790–1792); Autor einer detaillierten Japanbeschreibung] (1651–1716), der Japan in den Jahren 1690 bis 1692 bereiste, berichtet. Yinyuan war wenige Jahrzehnte vor Kaempfers Besuch von China nach Japan ausgewandert und erhielt hier ein eigenes Kloster (den Manpuku-ji [Manpuku-ji (jap.) 萬福寺 Haupttempel des Ōbaku-Zen in Kyōto]), das zum Ausgangspunkt des sogenannten Ōbaku [Ōbaku-shū (jap.) 黄檗宗 Dritte Hauptrichtung des jap. Zen]-Zen wurde. Kaempfer berichtet jedoch lediglich von einem Regenritual, das Yinyuan auf Bitten der Bauern in der Nähe seines Klosters durchführte. Es blieb offenbar im kollektiven Gedächtnis, weil es die erhoffte Wirkung bei Weitem übertraf, sodass sogar kleinere Brücken in der nahen Hauptstadt Kyoto fortgespült wurden.19
隱元 (japanisch Ingen, 1592–1673), die der deutsche ArztDiese Beispiele mögen genügen um zu zeigen, dass sich der Buddhismus spätestens ab dem zehnten Jahrhundert in den staatlich organisierten Methoden des Regenmachens eine Art Monopol sichern konnte. Die Privilegien des Shingon-Buddhismus auf diesem Gebiet weiteten sich im japanischen Mittelalter (12.–16. Jahrhundert) auf andere buddhistische Richtungen wie den Zen-Buddhismus aus, doch die Erwartung, dass man mit buddhistischen Riten das Wetter beeinflussen könne, wurde bis zum Beginn der Moderne selbst von den Eliten des Landes nicht in Frage gestellt.
Regenmachende Dichterinnen
Die Bemerkungen Nichirens haben uns bereits beiläufig darauf hingewiesen, dass sich neben Mönchen und Priestern auch höfische Dichterinnen und Dichter in der Kunst des Regenmachens einen Namen machten. Wie Keller Kimborough in einem Aufsatz von 2005 herausgearbeitet hat, schrieben sich manche dieser Gedichte so tief ins kulturelle Gedächtnis ein, dass sie schließlich sogar als Zauberformeln bei Regenriten Verwendung fanden. Neben den bereits erwähnten Figuren Izumi Shikibu 泉式部 (978–1033) und Nōin Hōshi 能因法師 (998–1050) ist vor allem Ono no Komachi [Ono no Komachi (jap.) 小野小町 825?–900?; Heian-zeitliche Dichterin und Hofdame] 小野小町 (ca. 825– ca. 900) als Pionierin des poetischen Regenmachens zu nennen.
Komachi zählt als einzige Frau zu den Sechs kanonischen Genies (rokkasen [rokkasen (jap.) 六歌仙 die Sechs Dichter-Genies; der Ausdruck bezieht sich auf sechs Dichter aus der klassischen Gedichtanthologie Kokinshū (10. Jh.), nämlich Ōtomo no Kuronushi, Ono no Komachi, Ariwara no Narihira, Kisen, Henjō und Fun’ya no Yasuhide] 六歌仙) des Kokinshū [Kokinshū (jap.) 古今集 erste kaiserlich kommissionierte Anthologie der japanischen waka-Dichtung aus dem 10. Jh.; auch Kokin waka-shū] und verkörpert damit so etwas wie den Urtypus einer höfischen Dichterin. Dieses Bild schließt auch ihre strahlende Schönheit und eine Reihe amouröser Abenteuer mit ein. Ihre Biographie liegt jedoch weitgehend im Dunkeln und beruht lediglich auf Anekdoten, die in ihrer persönlichen Anthologie festgehalten sind. Einer dieser Anekdoten zufolge erhielt sie anlässlich einer Dürre den offiziellen Auftrag, ein Gedicht mit der Bitte um Regen an die Götter zu richten. Das Gedicht lautet folgendermaßen:
Mächtige Götter / wenn ihr unsrer gewahr seid / erhebet euch schnell //
Die Schleusen des Himmelsflusses / geruht sie zu öffnen20
Das scheinbar einfach gestrickte Gedicht enthält einen gewissen Hintersinn durch die Tatsache, dass Himmelsfluss (ama no togawa 天の戸河) die Milchstraße bezeichnet. Da das Wort ama aber sowohl Himmel (天) als auch Regen (雨) bedeutet,21 kann ama no togawa auch als Regenfluss verstanden werden. Das Gedicht beschwört also die Himmelsgötter, deren Wohnort am Rande der Milchstraße imaginiert wird, sich ihrer wettergestaltenden Macht zu entsinnen, die ihnen schon kraft der Namensgleichheit von Regen und Himmel zukommt.
Die gleiche Argumentation, die auf dem Schlüsselbegriff des Himmelsflusses, der ebenso ein Regenfluss sein kann, aufbaut, machte sich auch Izumi Shikibu zunutze:
Ursprung der Sonne / diesem Namen entspricht es / dass die Sonne scheint
Doch was wird ohne Regen / aus dem Land unterm Himmel?22
„Ursprung der Sonne“ erhält eine Anspielung auf den Landesnamen Nihon 日本 (sino-japanisch für Sonnenursprung), während „Land unterm Himmel“ (ame ga shita) ebenso das Reich (tenka 天下, wörtlich [Land] unter dem Himmel) wie [das Land] unter dem Regen bedeuten kann. Die Dichterin konzediert also, dass in Japan dem Landesnamen entsprechend immer die Sonne scheinen müsste, wendet aber ein weiteres Wortspiel an, um aus dem Reich unter dem Himmel ein Regenreich zu machen.
Das Himmel=Regen-Wortspiel kommt schließlich in einem zweiten berühmten Regengedicht von Izumi Shikibu zur Anwendung, wo die Dichterin die angesprochene Gottheit mit ihren eigenen Charakteristika regelrecht erpresst:
Oh, wie beschämend! / Der Pflaumenbaum an deinem Zaun / selbst der ist verdorrt! //
Ein Gott des Himmels bist du? / Wer wollte dich so nennen?23
Dieses Gedicht richtet sich an eine spezifische Gottheit, nämlich an Tenman Tenjin [Tenman Tenjin (jap.) 天満天神 Shintō-Gott, Apotheose des Sugawara no Michizane], die vergöttlichte Gestalt des Staatsmannes und Dichters Sugawara no Michizane [Sugawara no Michizane (jap.) 菅原道真 845–903, Heian-zeitl. Staatsmann und Gelehrter; posthum als Tenman Tenjin vergöttlicht, heute Gott der Gelehrsamkeit] (845–903), der im Kitano [Kitano Tenman-gū (jap.) 北野天満宮 Kitano Tenman Schrein (Kyōto); einer der beiden Hauptschreine des Sugawara no Michizane, gegr. 947]-Schrein im Westen Kyotos verehrt wird. Tenman Tenjin bedeutet wörtlich Himmelfüllende Himmelsgottheit. Obwohl er in der Heian-Zeit als ein zürnender Gewittergott imaginiert wurde, blieb unter anderem ein zartfühlendes Gedicht von ihm im Gedächtnis, in dem er seine Sehnsucht nach einem Pflaumenbaum ausdrückte. Pflaumenbäume gehören daher zum Inventar des Kitano-Schreins und die fünfblättrige Pflaumenblüte wurde sein Wappenzeichen. Diese Eigenheiten wurden nun von Izumi Shikibu gegen Tenjin gewendet. Einerseits erinnerte sie ihn an seine Liebe zum Pflaumenbaum, andererseits warf sie ihm vor, den Namen Tenjin, also ama no kami, Himmelsgott/Regengott, nicht verdient zu haben. In dieser Situation blieb Tenjin wohl nichts anderes übrig, als mit einem dreitägigen Regenguss zu antworten.
Obwohl also Izumi Shikibu im Grunde als die Regenmacherin par excellence unter den Heian-zeitlichen Dichterinnen hervortritt, wurde sie auf diesem Gebiet in der späteren Legendentradition von Ono no Komachi überschattet, oder anders ausgedrückt, die Züge beider Dichterinnen verschmolzen in der Gestalt der Ono no Komachi. Bevor ich auf die Einzelheiten der Komachi-Ikonologie eingehe, erscheint es aber angezeigt, einen Blick auf die theoretischen Konzepte zu werfen, mit denen die Wirkung der einheimischen Lyrik auf die Götter erklärt wurde.
Die magische Kraft der waka
Im bereits genannten Kokinshū [Kokinshū (jap.) 古今集 erste kaiserlich kommissionierte Anthologie der japanischen waka-Dichtung aus dem 10. Jh.; auch Kokin waka-shū] (905), einer kaiserlichen Anthologie, in der die klassische waka [waka (jap.) 和歌 wtl. japanisches Gedicht; Gedicht in der klassischen 5-7-5-7-7 Versform]-Gedichtform ihren kanonischen Ausdruck fand, schreibt der Hauptkompilator Ki no Tsurayuki [Ki no Tsurayuki (jap.) 紀貫之 872–945; Hofdichter, Herausgeber des Kokinshū] 紀貫之 (872–945) im Vorwort unter anderem, waka seien imstande „die Gefühle der unsichtbaren Götter und Geister“ zu erregen. Dieser berühmte Ausspruch wurde, wie die Regengedichte zeigen, durchaus auch wörtlich verstanden. Waka-Gedichten wohnte also schon seit jeher eine magische Komponente inne, die im Lauf der Zeit allerdings immer deutlicher hervorgehoben wurde.
Unter buddhistischen Theoretikern entstand im japanischen Mittelalter die Theorie, dass die mit beschwörenden Kräften ausgestatteten waka nichts anderes als das japanische Pendant zu den dharani [dhāraṇī (skt.) धारणी (magische) Gebetsformel, ähnlich wie, aber meist länger als Mantra (jap. darani 陀羅尼 oder ju 呪)] seien, also den bereits erwähnten magischen Formeln entsprachen, die nicht nur im Großen Wolken-Sutra Verwendung fanden, sondern denen im Lotos-Sutra sogar ein eigenes Kapitel gewidmet ist.24 Der heute bekannteste Verfechter der waka-dhāraṇī-Identität war Mujū Ichien [Mujū Ichien (jap.) 無住一円 1226–1312; buddh. Mönch und Autor essayistischer und anekdotischer Werke] (1227–1312), ein Zeitgenosse Nichirens. Mujū sah in den waka ein Mittel, zur Erleuchtung zu gelangen. Buddha würde sich, wenn er in Japan erschiene, der waka bedienen, weil durch sie, ebenso wie durch die dhāraṇī, eine fundamentale Wahrheit (kotowari oder shinjitsu) ausgedrückt werden könnte. Genauer gesagt wirkten beide, waka-Gedichte und dhāraṇī-Formeln, weil sie in quasi kondensierter Form eine Wahrheit enthielten, die der verbalen Analyse unzugänglich sei.25
Diese Gleichsetzung entsprach der sogenannten honji suijaku [honji suijaku (jap.) 本地垂迹 wtl. Grundform und herabgelassene Spur; Theorie der Identität von kami und Buddhas]-Konzeption (wörtlich die Konzeption von Urform und Spur), deren Wurzeln bis in die Nara-Zeit zurückreichen. Dieser Auffassung zufolge waren kami nichts anderes als temporäre Erscheinungsformen von Buddhas. Dies bedeutete, dass man sich auch von einheimischen Gottheiten buddhistische Erleuchtung erhoffen durfte. Vor dem Hintergrund der honji suijaku-Konzeption wird auch die waka-dhāraṇī-Identifizierung leichter nachvollziehbar. Bemerkenswert ist allerdings, dass Mujū nicht etwa traditionelle Shintō-Gebete (norito [norito (jap.) 祝詞 Shintō-Gebet]) zu den Entsprechungen der buddhistischen Formeln erklärte, sondern Gedichte, die zunächst keinem religiösen Kontext entstammten. Es wurde also nicht die Liturgie des Shintō, sondern die japanische Dichtung im Sinne der honji suijaku-Konzeption sakralisiert.
Diese Auffassung scheint sich im Laufe des Mittelalters allgemein verbreitet zu haben. Keller Kimbrough zitiert in diesem Zusammenhang einen spät-mittelalterlichen Autor mit den Worten:
Meister Jichin [Mujū] sagte, dass waka die dhāraṇī Japans seien. Wenn Buddhas in diesem Land erschienen, würden sie dhāraṇī in Form von waka von sich geben. […] Daher verwenden wir waka-Gedichte sowohl in unseren buddhistischen Übungen als auch zur Erbauung der Götter.26
Die waka werden also in dieser Interpretation ohne Umschweife als magische Gebetsformeln interpretiert und können als solche sowohl in buddhistischen als auch in shintoistischen Kontexten eingesetzt werden.
Derartige Argumente gerieten in den konfuzianischen und nativistischen intellektuellen Trends der frühen Neuzeit (Edo-Zeit) zunehmend ins Kreuzfeuer der Kritik. Eine neue Buddhismus-kritische, intellektuelle Avantgarde lehnte die Identität von Buddhas und kami oder von dhāraṇī und waka grundsätzlich ab. Dennoch blieb die Idee einer magischen Kraft, die sich in der Dichtung Ausdruck verschafft, auch in anti-buddhistischen Kreisen bestehen. Die Interpretation von waka als magische Formeln lässt sich daher – in etwas andere Worte gekleidet – selbst in den Werken des kokugaku-Gelehrten Motoori Norinaga [Motoori Norinaga (jap.) 本居宣長 1730–1801; Shintō-Gelehrter der „nationalen Schule“ (kokugaku)] (1730–1801) wiederfinden. Norinaga meinte nämlich, dass waka die Götter tatsächlich zu rühren vermögen, wenn sie eine unmittelbare Wahrheit oder Aufrichtigkeit (makoto [makoto (jap.) 真 Wahrheit, Aufrichtigkeit] 真) – man würde heute sagen „Authentizität“ – enthielten. Er fügte jedoch hinzu, dass auch Kunstfertigkeit notwendig sei, dass also wahre Gefühle ohne poetische Wortspiele nicht zu den Göttern vordringen würden. Interessanterweise griff Norinaga, um die gelungene Kombination von Aufrichtigkeit und Kunstfertigkeit zu demonstrieren, auf ein Regengedicht zurück, das damals als Werk der Ono no Komachi galt.27
Sieben Komachi
Wie bereits erwähnt, wurde das Motiv der klassischen Hofdichterin, die mit ihren Gedichten Regen heraufbeschwört, in der Edo-Zeit fest mit Ono no Komachi assoziiert. Ono no Komachis Leben wurde wiederum in sieben Episoden eingeteilt, die als Sieben Komachi (Nana Komachi [Nana Komachi (jap.) 七小町 „Sieben Komachi“; Gruppe von sieben Motiven aus dem Leben der Dichterin Ono no Komachi]) sowohl in der Literatur als auch in der bildenden Kunst thematisiert wurden.28 Diese Episoden dürften im Nō [Nō (jap.) 能 traditionelles jap. Theater mit charakterstischem Tanz, Gesang und Masken; entwickelte sich im 14. Jh. aus dem volkstümlichen dengaku (Feld- oder Bauern-Theater) und avancierte zur repräsentativen Theaterform der Kriegerelite (bushi)]-Theater entstanden sein, wo fünf der Sieben Komachi in Form eigener Stücke bekannt sind, während zwei möglicherweise verloren gingen. Anfang des achtzehnten Jahrhunderts hatte sich das Set von Sieben Episoden jedenfalls fix etabliert und wurde von verschiedenen Autoren auf die Bühnen von Kabuki [Kabuki (jap.) 歌舞伎 „Gesang- und Tanzkunst“; Anfang des 17. Jh. aus Musik, Schauspiel und Tanz entwickeltes Theater-Genre] und Bunraku [Bunraku (jap.) 文楽 Traditionelle, japanische Form des Puppentheaters, 1684 in Ōsaka entstanden; viele Stücke des Kabuki wurden ursprünglich für Bunraku geschrieben]-Puppentheater übertragen29
Komachi wandelt sich in diesem Zyklus von einer jugendlichen Hofdame zur Femme fatale und schließlich – als karmische Strafe für ihren Hochmut – zur verstoßenen Bettlerin. Die für uns relevante Episode, Komachis Bitte um Regen (Amagoi Komachi [Amagoi Komachi (jap.) 雨乞小町 „Komachis Bitte um Regen“; Motiv aus dem Leben der Dichterin Ono no Komachi in Nō, Kabuki oder ukiyo-e]), stellt den Höhepunkt ihrer Karriere als Dichterin dar.
Wie in allen anderen Episoden steht auch hier ein berühmtes, Ono no Komachi zugeschriebenes Gedicht im Mittelpunkt der Handlung. Es handelt sich jedoch nicht um das klassische Regengedicht der historischen Komachi (s.o.), sondern um ein waka, das sich wie eine Variante des eigentlich von Izumi Shikibu stammenden Regengedichts liest:
Es ist in der Tat so / wenn dies der Sonnengrund ist / muss sie erstrahlen//
Doch spricht man nicht ebenso / vom Reich unterm Regenhimmel?30
Trotz der leicht veränderten Wortwahl arbeitet auch dieses Gedicht mit dem Landesnamen Nihon (Ursprung / Grund der Sonne) und setzt ihm den Begriff tenka (Reich, wörtlich unter dem Himmel / Regen) entgegen: Wenn Nihon ein tenka ist, dann muss dort nicht nur Sonne scheinen, sondern auch Regen fallen. Dank seines festen Platzes innerhalb der Sieben Komachi-Episoden wurde dieses Gedicht zum wahrscheinlich bekanntesten Regengedicht der Edo-Zeit und wie erwähnt sogar von Motoori Norinaga als beispielhaft herausgestrichen.
Die regenmachende Komachi als ukiyo-e-Motiv
In unmittelbarem Zusammenhang mit dem Theater wurde Komachi auch von den ukiyo-e-Künstlern in all ihren Facetten dargestellt. In der graphischen Umsetzung lassen sich zwei unterschiedliche Ansätze ausmachen: Komachi wird einerseits als historische Figur präsentiert, andererseits aber auch spielerisch in den Kontext der Edo-zeitlichen Stadtkultur eingebunden.
Innerhalb der historisierenden Darstellungen des Amagoi Komachi-Motivs erweist sich Utagawa Kuniyoshi ein weiteres Mal als besonders detaillierter und einfallsreicher Gestalter eines Regenthemas. Er zeigt die um Regen bittende Komachi, wie sie ihr Gedicht auf einem Fächer den Göttern entgegenhält. Kuniyoshi macht uns damit auf einen materiellen Aspekt aufmerksam, der bei den rituell eingesetzten Regengedichten eine entscheidende Rolle spielt: Das Gedicht wird nämlich nicht nur vorgetragen, sondern sorgsam auf ein eigenes Blatt Papier kalligrafiert und den Göttern während der Rezitation flehend entgegengehalten. Das verschriftlichte Gedicht kann also auch zur materiellen Opfergabe an die Götter werden.
Der Bezug zum Regen wird außerdem im komplexen Drachendekor auf dem Außengewand der Dichterin sichtbar. Auf einem Opfertischchen befindet sich unter anderem ein Rauchgefäß, um die Wolkenbildung anzuregen. Starker Wind wühlt das Haar und das Gewand der Dichterin auf und lässt die Papieropfergaben (gohei [gohei (jap.) 御幣 Papieropfergabe, Zickzack-Papier]) im Vordergrund in der Luft tanzen. Ähnlich wie in Kuniyoshi's Darstellung von Nichiren gemahnt uns die Visualisierung gewaltiger Witterungsverhältnisse an die Macht der Götter und unterstreicht die heroische Entschlossenheit der mit ihnen kommunizierenden Ritualisten. Auch der Diener, der Komachi vorsorglich mit einem Schirm beschützt, erhält eine ähnliche Rolle wie die Diener Nichirens im eingangs vorgestellten Regenbild Kuniyoshis: Er schützt die Ritualistin nicht nur, er zeichnet sie zugleich als Zentrum des Geschehens aus.
Eine der gelungensten Übertragungen (mitate) des Komachi-Motivs in die Gegenwart der Edo-Zeit ist die Serie „Die sieben Komachi in zeitgemäßer Verkleidung“31 von Suzukiharunobu (1725–1770). Hier steht jeweils eine attraktive, nach der neuesten Mode gekleidete junge Frau im Mittelpunkt des Bildes, die nur durch ein paar kleine Anspielungen an Komachi beziehungsweise an das Thema eines ihrer Gedichte erinnert. Selbst die greise Komachi am Grab (Sotoba Komachi) wird von Harunobu in eine junge Reisigsammlerin verwandelt, die sich in lasziver Pose auf einem Holzblock sitzend den Schweiß wischt. Der Bezug zu Komachi wird vor allem durch den Bildtitel und das jeweilige ins Bild integrierte Gedicht unterstrichen.
Harunobus regenmachende Komachi ist eine elegante junge Frau, die spielerisch ein kleines Schiffchen in einen Bach gleiten lässt, während ihre Begleiterin sie mit einem großen Schirm vor dem eben einsetzenden Sommerregen schützt. Sie parodiert somit den Diener, der die Regenmacherin vor dem von ihr hervorgerufenen Unwetter in Schutz nimmt. Die wichtigste Chiffre, die das Motiv eindeutig als Amagoi Komachi identifiziert, ist jedoch das Schiffchen. Das scheinbar beiläufige, spielerische Objekt findet sich bereits auf einem Holzschnitt von Nishikawa Sukenobu [Nishikawa Sukenobu (jap.) 西川祐信 1697?–1756; früher ukiyo-e Meister] 西川祐信 (1697?–1756) und anderen frühen ukiyo-e-Versionen des Motivs.32 In manchen Fällen kann man erkennen, dass das erwähnte Regengedicht zur Gänze in das Segel des Schiffchens eingeschrieben ist. Das Segel verkörpert also das Papier, auf dem das Gedicht an die Götter aufgeschrieben ist.
Insofern klingt der rituelle Kontext des Regenmachens auch in der zeitgemäßen Übertragung des Motivs an. Das Schiffchen gemahnt zudem an Riten, bei denen Geister auf kleinen Schiffen fortgeschickt werden (s. z.B. die okuribi [okuribi (jap.) 送り火 Verabschiedungs-Licht (für die Geister der Ahnen)] des Bon-Festes). Der magische Aspekt der waka wird also in der Edo-zeitlichen Komachi-Ikonografie manchmal ironisch gebrochen – unterschätzt oder gar vergessen wird er jedoch nicht. Er stellt wohl viel eher einen wesentlichen Faktor dar, der dazu beitrug, die Hofdame der Heian-Zeit zu einem weiblichen Idol der früh-neuzeitlichen Stadtkultur zu machen.
Zusammenfassung
Im vorliegenden Essay geht es darum, das Regenmachen als kontinuierliche und wichtige religiöse Tradition hervorzuheben und dies anhand seiner Repräsentation in darstellenden und literarischen Medien nachzuweisen. Zusammengefasst hat sich dabei folgendes Bild ergeben:
Weder die Regenriten selbst noch die damit verbundenen imaginären Figuren sind auf Japan allein beschränkt, sondern sind Produkte des kulturellen Austauschs mit benachbarten Kulturen. Die Vorstellung der Schlange als Gebieterin über den Regen, oder allgemeiner das Wasser, scheint schon lange in Asien verbreitet gewesen zu sein und findet sich in den indischen nāgas ebenso wie in den chinesischen Drachen. Auch in der japanischen Frühzeit stoßen wir auf lokale Götter in Schlangenform, die höchstwahrscheinlich um Regen angebetet wurden. Der Abstand zwischen den Menschen und diesen Schlangengöttern ist gering, man erhält den Eindruck von zwei Interessensgruppen, die in verschiedenen Sphären agieren, sich im Ritual aber auf Augenhöhe begegnen und austauschen.
Der Buddhismus macht aus den Regen kontrollierenden Schlangen Drachenkönige, die Verbindungen mit dem buddhistischen Weltzentrum, dem Berg Meru (oft gleichgesetzt mit dem Himalaya) unterhalten. Dadurch rücken die Regengötter in weitere Ferne und es wird schwieriger, mit ihnen Kontakt aufzunehmen. Parallel dazu zeigt sich ein Rückgang des höfischen, an die kami gerichteten Ritualwesens, das auch auf dem Gebiet des Regenbittens deutlich wird. Insbesondere der esoterische Buddhismus in Gestalt des Shingon erwirbt sich ab dem zehnten Jahrhundert eine Art Monopol auf diesem Gebiet. Im japanischen Mittelalter treten neue Richtungen auf, die ebenfalls Regenriten anzubieten haben. Der vom Kamakura-Shōgunat ebenso wie von den Ashikaga Shōgunen geförderte Zen-Buddhismus scheint den Shingon-Buddhismus auch auf dem Gebiet des Regenmachens ergänzt, wenn nicht gar verdrängt zu haben.
Die Deutungshoheit des Buddhismus wird im Grunde nur durch einzelne Figuren aus der Welt der höfischen Dichtung infrage gestellt. Diese Dichter treten, so meine Interpretation, auf dem Gebiet des Ritus das Erbe der frühgeschichtlichen sakralen Herrscher an. Die Tennō kommunizieren zwar in der Heian-Zeit und später weiterhin mit den Göttern (und zwar ausdrücklich mit den kami und nicht mit den Buddhas), doch tun sie dies in einem streng formalisierten rituellen Kontext, der keinen individuellen Spielraum gestattet. Sie sind reine Ritualisten, keine Unterhändler. Dichtern und besonders Dichterinnen wird hingegen die Gabe zugesprochen, die kami allein durch die Kraft ihrer Worte direkt und spontan beeinflussen zu können. Sie arbeiten dabei, wie die Regengedichte gezeigt haben, durchaus mit psychologischen Tricks und treiben die Götter argumentativ in die Enge. Wichtig ist aber auch – wenn man späteren Interpretationen glauben darf – dass die Worte der Dichter gleichsam aus dem Innersten ihres Herzens kommen.
Es wäre allerdings ein Fehler, aus den Regengedichten der Lyrik eine Kritik am Buddhismus als solchem herauszulesen. Ohne dass dies ausgesprochen werden muss, werden die einheimischen Gottheiten nämlich gemäß der honji suijaku-Konzeption als Manifestationen von Buddhas und Bodhisattvas angesehen. Wenn aber kami im Grunde buddhistische Wesen sind, so müssen auch die Gedichte, mit denen man sie ansprechen kann, eine buddhistische Entsprechung besitzen. Diese Entsprechung findet man in den dhāraṇī, den indo-buddhistischen Gebetsformeln, die auch im Kontext des Regenmachens eingesetzt werden. Die waka werden nun als japanische dhāraṇī interpretiert. Damit kann der Buddhismus seine Deutungshoheit auch auf die formal nicht-buddhistischen waka ausdehnen.
Obwohl die honji suijaku-Konzeption ebenso wie der Buddhismus als solcher von Edo-zeitlichen Intellektuellen wie Motoori Norinaga erstmals grundsätzlich in Frage gestellt und zurück gewiesen wird, wirkt die in Altertum und Mittelalter entstandene Welt des Imaginären auch in der Edo-Zeit noch nach. Sie bildet den Stoff, der von den ukiyo-e-Künstlern historisierend romantisiert oder auf ironische Weise in ihre jeweilige Gegenwart transponiert wird. Die Ironie bedeutet aber keinen fundamentalen Zweifel an den Figuren und Legenden der Vergangenheit. Die regenmachende Komachi im neuzeitlichen Kimono, die ihr Gedicht spielerisch den Wellen anvertraut, will nicht vermitteln, dass Regenriten Aberglaube sind. Die Magie des Regenmachens soll das moderne Sujet vielmehr mit einem gewissen Geheimnis umgeben und damit seine Attraktivität steigern. Die Götter und Geister, die sich in der Vergangenheit als wirkmächtige Herrscher über die Elemente erwiesen haben, sind in der japanischen Frühen Neuzeit daher weiterhin präsent.
Verweise
Fußnoten
- ↑ Der vorliegende Artikel ist die überarbeitete Version meines Beitrags für einen Ausstellungskatalog der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, „Die Logik des Regens / Logical Rain“ (Ausstellung 2013–2014) von Wolfgang Scheppe, der allerdings nie veröffentlicht wurde.
- ↑ Kuniyoshis Bild entstammt einer Serie von zehn Illustrationen zu Nichirens Heiligenvita, Kōso goichidai ryakuzu 高祖御一代略図 (Das Leben unseres hohen Ahnen, in Bildern zusammengefasst), die ca. 1835/36 herausgebracht wurde. Das im Kontext der ukiyo-e [ukiyo-e (jap.) 浮世絵 „Bilder der fließenden Welt“, populäre Farbholzschnitte der Edo-Zeit] eher ungewöhnliche Sujet einer religiösen Märtyrerbiografie ist wohl dem Umstand geschuldet, dass sich die Nichiren-Schule unter den Künstlern der Holzschnittkunst und ihrer Klientel, dem städtischen Bürgertum (chōnin oder machishū), einer großen Anhängerschaft erfreute. Auch Katsushika Hokusai [Katsushika Hokusai (jap.) 葛飾北斎 1760–1849; Maler und Zeichner. Bekanntester Verteter des ukiyo-e-Farbholzschnitts] (1760–1849) war ein Anhänger Nichirens und illustrierte einige seiner Wundertaten, während sein Schüler Katsushika Isai 葛飾為斎 (1821–1880) eine illustrierte Biografie Nichirens in Buchform herausgab.
- ↑ Hitachi no kuni fudoki 常陸国風土記 (Chronik der Provinz Hitachi, um 713). Paraphrasiert und übersetzt nach Akimoto Kichirō 秋本 吉郎 (Hg.) Fudoki 風土記 (Nihon koten bungaku taikei 2). Tokyo: Iwanami Shoten, 1958, S. 54–55; für eine Übersetzung ins Englische s. Michiko Yamaguchi Aoki (Übersetzung), Records of Wind and Earth. A Translation of Fudoki with Introduction and Commentaries, Ann Arbor 1997 (= Association for Asian Studies XII), p. 50.
- ↑ Nihon ryōiki, Erzählung 1/3, übersetzt in Nakamura 1997, S. 105–108.
- ↑ Nihon shoki 24 (Kyōgyoku 1/7/25), zusammengefasst nach Aston 1972, II, S. 174–75.
- ↑ Der erste Ritus fand im Siebenten Monat 683 (Nihon shoki 29, Tenmu 12/7/20) statt, der zweite im Siebenten Monat 688 (Nihon shoki 30, Jitō 2/7/20); Aston 1972, II, S. 360 und 388.
- ↑ Shintō daijiten 神道大辞典 (Große Shinto-Enzyklopädie), Tokyo 1994, Eintrag kiu shiu, S. 347–48.
- ↑ Naumann 1959, S. 190–92.
- ↑ Naumann 1959, S. 190–93 und 234.
- ↑ Ruppert 2002, S. 148.
- ↑ Die früheste Übersetzung ins Chinesische wurde von Dharmakṣema zwischen 414 and 421 angefertigt (DDB, s.v. 大方等無想經). S.a. Ruppert 2002, S. 148, Anm. 14.
- ↑ Schmidthausen 1997, S. 58–63; de Visser 1913, S. 25–28.
- ↑ Strickmann 2002, S. 64; siehe auch S. 102 für Beispiele chinesischer Drachen und Regenmagie aus dem 6. Jh.
- ↑ Viele setsuwa [setsuwa (jap.) 説話 Lehrerzählung, didaktische Anekdote; meist von buddh. Mönchen in Form umfangreicher Sammlungen kompiliert]-Sammlungen und andere Quellen berichten, dass Kūkai bereits 824 im Wettstreit mit einem eifersüchtigen Mitmönch ein erfolgreiches Regenritual im Shinsen’en abhielt. Neuere Forschungen halten dies jedoch für eine hagiographische Legende, die dem Bedürfnis des Shingon-Buddhismus geschuldet ist, die Gründerfigur Kūkai zu einem Universalgenie hochzustilisieren. Laut Ruppert (2002, S. 155–57) führte Kūkai zwar wahrscheinlich Regenriten durch, aber nicht im Shinsen’en. Das erste dokumentierte Shingon-Regenritual in diesem Park fand erst 854 unter Leitung eines Schülers von Kūkai statt. Für eine Synopsis der verschiedenen Legenden vgl. de Visser 1913, S. 159–62. Für eine Beschreibung der Shingon-Rituale im Shinsen’en und ihre Verbindung zur Lehre von Yin und Yang (Onmyōdō [Onmyōdō (jap.) 陰陽道 Weg von Yin und Yang; Disziplin der Divination und der magischen Heilkunst; auch on’yōdō oder in’yōdō]) siehe Trenson 2013.
- ↑ Ruppert 2002, S. 165–68. Die Regenrituale im Kaiserpalast scheinen im Jahr 1273 ihr Ende gefunden zu haben (Trenson 2013, S. 116 und 131).
- ↑ Nichiren, Shimoyama goshōsoku 下山御消息 (Brief an Shimoyama), hier zit. nach der Übersetzung in Matsudo 2004, S. 144–45, mit leichten Modifikationen.
- ↑ Faure 1994, S. 277.
- ↑ Kōan (Anekdote) 56 in der Sammlung Shōnan kattō roku 湘南葛藤録 (Verschlingungen aus Süd-Sagami), zusammengefasst nach der englischen Übersetzung: Isshin’s Rainmaking, in: Leggett 2003, S. 141–43. Siehe auch Kraft 1992, S. 62.
- ↑ Wu 2015, S. 163–64.
- ↑ Chihayaburu / kami mo mimasaba / tachisawagi // ama no togawa no / higuchi aketamae; Gedicht 69 aus der Sammlung Komachi-shū (Sammlung der Komachi), zitiert nach Kimbourgh 2005, S. 15; Ü. Bernhard Scheid.
- ↑ Beide Ausdrücke können im klassischen Japanisch sowohl ama als auch ame ausgesprochen werden. Je nach Wortsinn werden natürlich unterschiedliche chinesische Schriftzeichen verwendet. Im modernen Japanisch hat sich ame für Regen eingebürgert, während der Himmel zumeist sora genannt wird.
- ↑ Hi no moto no / na ni au tote ya / terasuran // furazaraba mata / ame ga shita ka wa (Ü. Bernhard Scheid; s.a. Kimbrough 2005, S. 5)
- ↑ Hazukashi ya / igaki no ume mo / karenikeri // ama no kami to wa / ikade iubeki (Ü. Bernhard Scheid; s.a. Kimbrough 2005, S. 13–14)
- ↑ Kap. Dhāraṇīparivartaḥ; s. Deeg 2009, S. 314–318.
- ↑ Das Thema wurde in der westlichen Japanforschung bereits in den 1980er Jahren von William LaFleur (1983) oder Robert Morrell (1985) analysiert, im bereits mehrfach zitierten Aufsatz von R. Keller Kimbrough (2005) aber auch am Beispiel der Regen-Lyrik abgehandelt.
- ↑ ... Sonshun 尊舜 (1451–1514), Übersetzung nach Kimbrough 2005, S. 9. Zur Identität von Jichin und Mujū Ichien s. ebd., Anm. 27.
- ↑ Kimbrough 2005, S. 23–25; s.a. Anm. 57.
- ↑ Die Episoden tragen die Titel Sōshi arai Komachi 草子洗小町 (Komachi wäscht ein Buch), Amagoi Komachi 雨乞小町 (Komachi bittet um Regen), Shimizu Komachi 清水小町 (Komachi im Kiyomizu Tempel), Ōmu Komachi 鸚鵡小町 (Komachi als Papagei), Kayoi Komachi 通小町 (Unterwegs zu Komachi), Sekidera Komachi 関寺小町 (Komachi im Sekidera Tempel) und Sotoba Komachi 卒都婆小町 (Komachi am Grab).
- ↑ 1722 erschien eine Parodie namens Fūryū shichi Komachi 風流七小町 (Zeitgemäße Sieben Komachi) von Ejima Kiseki 江島其磧 (1666–1735), 1727 wurde das Thema in einem Stück namens Sieben Komachi von Takeda Izumo 竹田出雲 (gestorben 1747) für die Bühne des Puppentheaters adaptiert (Katō 2002).
- ↑ Kotowari ya/ hi no moto nareba/ teri mo seme// saritote wa mata/ ame ga shita to wa. Ü. Bernhard Scheid; s.a. Kimbrough 2005, p. 20.
- ↑ Fūryū yatsushi nana Komachi 風流やつし七小町, ca. 1763
- ↑ So etwa auf einem Triptychon (sanpuku tsui 三幅対) von Nishimura Shigenaga 西村重長 (1697?–1756), wo Komachi zusammen mit Izumi Shikibu und Sotōri-hime 衣通姫 als eine von drei weiblichen Idolen dargestellt ist.
Bilder
- ^ Diese Episode aus dem Leben Nichirens erzählt von einer großen Dürre, die Kamakura im Jahr 1271 (damals Hauptstadt) heimgesucht hatte. Die Regierung befahl den wichtigsten Tempeln, Regenbitt-Zeremonien (amagoi) durchzuführen, doch nichts half, bis endlich Nichiren auf den Plan trat. Er rezitierte (wie immer) seine schlichte „Anrufung des Lotos Sutra“ (namu myōhō renge kyō) und siehe da, der Regen kam.
Werk von Utagawa Kuniyoshi (1797–1861). Edo-Zeit. The British Museum.
Glossar
- Amagoi Komachi 雨乞小町 ^ „Komachis Bitte um Regen“; Motiv aus dem Leben der Dichterin Ono no Komachi in Nō, Kabuki oder ukiyo-e
- ame no hito 雨の人 ^ „Regenmensch“; jemand, der immer Schlechtwetter mitbringt
- Dayun jing (chin.) 大雲經 ^ Großes Wolken-Sutra; skt. Mahāmegha sūtra, jap. Daiun-kyō; die früheste Übersetzung ins Chinesische wurde von Dharmakṣema zwischen 414 and 421 angefertigt (DDB, s.v. Dafangdeng wuxiang jing 大方等無想經)
- Dōzō 道蔵 ^ koreanischer Mönch aus Baekje, spätes 6. Jh.; im Nihon shoki als Experte des Regenmachens erwähnt
- hare no hito 晴れの人 ^ „Schönwettermensch“; jemand, der immer Schönwetter mitbringt
- Hitachi fudoki 常陸風土記 ^ „Aufzeichnungen von Luft und Erde aus Hitachi“; auch Hitachi no kuni fudoki, 713; Chronik kultureller Bräuche der historischen Provinz Hitachi 常陸, heutige Präf. Ibaraki
- honji suijaku 本地垂迹 ^ wtl. Grundform und herabgelassene Spur; Theorie der Identität von kami und Buddhas
- Izumi Shikibu 和泉式部 ^ 978?–1033?; Hofdame und Dichterin der Heian-Zeit
- Jitō Tennō 持統天皇 ^ 645–703, r. 686–697; 41. japanische Kaiserin
- Kaempfer, Engelbert (west.) ^ 1651–1716; deutscher Arzt und Naturforscher, Japanreisender (1790–1792); Autor einer detaillierten Japanbeschreibung
- Kifune Jinja 貴船神社 ^ alter Schrein für eine Wassergottheit im Norden Kyotos; Kifune bedeutet wörtlich „edles Schiff“
- Kimbrough, R. Keller (west.) ^ 1968–; Japanologe an der University of Colorado
- Kitano Tenman-gū 北野天満宮 ^ Kitano Tenman Schrein (Kyōto); einer der beiden Hauptschreine des Sugawara no Michizane, gegr. 947
- Kōgyoku Tennō 皇極天皇 ^ 594–661; weibliche Tennō, r. 642–645; herrschte ein weiteres Mal unter dem Namen Saimei, 655–661
- Mucilinda (skt.) मुचिलिन्द ^ Name eines Drachens, der Buddha Shakyamuni während seiner Meditation vor Regen schützte
- Mujū Ichien 無住一円 ^ 1226–1312; buddh. Mönch und Autor essayistischer und anekdotischer Werke
- Nana Komachi 七小町 ^ „Sieben Komachi“; Gruppe von sieben Motiven aus dem Leben der Dichterin Ono no Komachi
- Naumann, Nelly (west.) ^ 1922–2000; deutsche Japanologin und Mythenforscherin
- Nihon/Nippon 日本 ^ Japan; wtl. Sonnenursprungs[land]
- Nihon ryōiki 日本霊異記 ^ „Wundersame Begebenheiten aus Japan“; buddhistische Legendensammlung von Kyōkai (Anfang 9. Jh.)
- Niukawakami Jinja 丹生川上神社 ^ alter Schrein für eine Wassergottheit im Süden von Nara;
- Ono no Komachi 小野小町 ^ 825?–900?; Heian-zeitliche Dichterin und Hofdame
- Rinzai-shū 臨濟宗 ^ Rinzai-Schule des jap. Zen Buddhismus
- rokkasen 六歌仙 ^ die Sechs Dichter-Genies; der Ausdruck bezieht sich auf sechs Dichter aus der klassischen Gedichtanthologie Kokinshū (10. Jh.), nämlich Ōtomo no Kuronushi, Ono no Komachi, Ariwara no Narihira, Kisen, Henjō und Fun’ya no Yasuhide
- Ruppert, Brian (west.) ^ Japanologe und Religionshistoriker, Universität Kanagawa, Yokohama
- Shingon-shū 真言宗 ^ Shingon-Schule, wtl. Schule des Wahren Wortes; wichtigste Vertreterin des esoterischen Buddhismus (mikkyō) in Japan
- Shinsen’en 神泉苑 ^ „Garten der göttlichen Quelle“, im Süden des ehem. Kaiserpalastes in Kyōto gelegen;
- Soga no uji 蘇我氏 ^ Soga-Klan, die ersten Förderer des jap. Buddhismus
- Sotoba Komachi 卒都婆小町 ^ „Komachi am Grab“; Motiv aus dem Leben der Dichterin Ono no Komachi, dramatisiert in Nō, Kabuki oder ukiyo-e
- Sugawara no Michizane 菅原道真 ^ 845–903, Heian-zeitl. Staatsmann und Gelehrter; posthum als Tenman Tenjin vergöttlicht, heute Gott der Gelehrsamkeit
- Tenmu Tennō 天武天皇 ^ 631?–686; 40. japanischer Kaiser; (r. 673–686)
- teruteru bōzu 照る照る坊主 ^ wtl. Schönwetter Mönchlein; Puppe, die Schönwetter bringen soll
- Tsurugaoka Hachiman-gū 鶴岡八幡宮 ^ repräsentativster Schrein des ehemaligen Shōgunats in Kamakura; Gründung durch die Familie Minamoto, die Hachiman als Ahnengottheit verehrten
- Utagawa Kuniyoshi 歌川国芳 ^ 1798–1861; Maler und Zeichner. Bekannter Verteter des ukiyo-e-Farbholzschnitts
- Yamata no Orochi 八岐大蛇 ^ Mythologische Schlange (Drache) mit acht Köpfen; wtl. „achtfach gegabelte Schlange“; wird von Susanoo besiegt
- yatsu no kami 夜刀の神 ^ wtl. Götter des Tals; gehörnte Schlangengötter in der Regionalchronik Hitachi fudoki
Katō Yoshio加藤好夫, Shisetsu ‚fūryū yatsushi nana Komachi‘. Harunobu-ga ni miru e to bungei to no kōkyō 私説「風流やつし七小町 」春信に見る絵と文芸との交響 (Eine persönliche Interpretation der ‚Sieben Komachi in zeitgemäßer Verkleidung‘. Das Zusammenspiel von Text und Bild in der Kunst Harunobus), in: Ukiyoe geijutsu / Ukiyoe Art 143 (2002), pp. 34–56.
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