Mythen/Daemonen/Tengu: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 23. März 2011, 15:59 Uhr
Achtung: Sie sehen eine veraltete Version von https://religion-in-japan.univie.ac.at/Handbuch/Mythen/Daemonen/Tengu.
Oni, japanische Dämonen
In Japan gibt es eine Kategorie von bösen Geistern oder Dämonen namens
Dämon, „Teufel“; in sino-japanischer Aussprache (ki) ein allgemeiner Ausdruck für Geister
Der Begriff „oni“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
Glossarseiten
Bilder
. Sie sind von men·schen·ähnlicher Gestalt, tragen jedoch Hörner, raub·tier·ar·tige Zähne und Krallen. Ihre Haut ist manchmal feuer·rot, manchmal aber auch grün oder blau. Der typische oni ist außer·dem mit einem eisen·be·schla·genen Knüppel (kanabō) und einem Len·den·schurz aus Tiger·fell aus·gestattet.
Diese Ikonographie geht möglicherweise auf jene buddhistischen Dämonen zurück, die u.a. die un·dank·bare Auf·gabe haben, den Vier Him·melswäch·tern (
wtl. Vier Himmelskönige, die aber eher als Himmelswächter auftreten und jeweils eine Himmelsrichtung beschützen; angeführt von Bishamon-ten, dem Wächter des Nordens; der Ausdruck wird auch für diverse Gruppen von vier Kriegern angewendet
Der Begriff „Shi-Tennō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
Glossarseiten
Bilder
) als Podest zu dienen. Oni ähneln aber auch den Fol·ter·knech·ten (
Folterknechte der buddhistischen Hölle
Der Begriff „gokusotsu“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
) der bud·dhis·tischen Hölle (s. Höllen·dar·stel·lungen). Diese erin·nern wiederum in vieler·lei Hin·sicht an christliche Teufel, obwohl die religiöse Ideologie hin·ter diesen Dar·stel·lun·gen eine andere ist: Während christliche Teufel „böse“ sind und dem Willen Gottes zu·wider·handeln, sind die bud·dhis·tischen Fol·ter·knechte ein „not·wen·diges Übel“ und tun nichts anderes als ihre Pflicht (zumin·dest solange sie ihren Dienst in der Hölle ver·richten). Psychologisch macht das aber kaum einen Unterschied: Oni wie Teufel sind Gegen·spieler der Menschen und werden als Menschen mit tierischen De·formationen (Hörner, Reißzähne, Klauen) dar·gestellt.
Im Gegensatz zum europäischen Teufel, der seine Gestalt in erster Linie einer Mischung aus Mensch und Ziegen·bock ver·dankt, sollen die tierischen Elemente der oni vor allem dem Rind und dem Tiger ent·nom·men sein. Dies rührt nach einer Er·klärung des Edo-zeit·lichen Malers und Ge·spen·ster·for·schers Toriyama Sekien daher, dass Rind und Tiger im System der Tierkreiszeichen für den Nord·osten (in der traditionellen Kalenderkunde ushitora, also „Rind-Tiger“ genannt) stehen. Der Nord·osten wiederum ist nach einer alten geomantischen Vor·stellung aus China jene Himmelrichtung, aus der die Dämonen üblicher·weise kommen, und wird dem·ent·sprechend auch als „Dämonentor“ (
„Dämonentor“, Nord-Osten; nach alter Vorstellung die Richtung, aus der die Dämonen kommen
Der Begriff „kimon“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
) be·zeich·net. Es mischen sich also auch in den oni buddhis·tische und chinesische Elemente, die zu einer charak·teris·tischen japanischen Figur ver·schmol·zen wurden.
Der vielleicht berühmteste oni der japanischen Sagenwelt ist Shuten Dōji. Er haust in den Bergen und raubt vor·zugs·weise schöne Frauen, die er und seine Spieß·gesel·len versklaven und schließ·lich auf·fres·sen. Einem tap·feren Krieger und seinen vier Vasal·len gelingt es zu·guter·letzt, Shuten Dōji zur Strecke zu bringen. Diese Geschichte wird seit dem Mittel·alter in un·zäh·ligen Varian·ten erzählt. Sie präsen·tiert den oni als einen Dämonen, der absolut böse und gefähr·lich, jedoch nicht un·be·sieg·bar ist. Es gibt aber auch Gestal·ten, die genauso wie oni aussehen, aber keines·wegs absolut böse sind, näm·lich die Wind- und Donnergötter. Das Aussehen allein sagt also noch nicht, ob es sich wirklich um einen furcht·baren Dämon handelt oder nicht. Im übrigen haben sich die furcht·ein·flößenden Züge der oni mit der Zeit immer mehr ab·ge·nützt, sie werden zu·nehmend eher als ruppige Barbaren denn als schreckliche Monster dar·gestellt. Auf Edo-zeitlichen ukiyoe wirken sie eher komisch als dämonisch.
Noch heute treten oni-artige Masken bei zahlreichen ländlichen Volksfes·ten (
religiöses (Volks-)Fest
Der Begriff „matsuri“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
Glossarseiten
Bilder
) in Erscheinung, die wiederum er·staun·lich stark an alpine „Perchtenläufe“ und ähnliche Prozessionen teufel·artiger Gestalten erinnern. In beiden Fällen ver·körpern die Masken den Winter, der rituell ver·trieben werden soll. Ab·gesehen von der·artigen matsuri folgen die meisten Japaner auch heute noch dem Brauch, am 3. Februar, dem letzten Tag des Winters (setsubun), die bösen Dämonen mit ge·trock·neten Soyabohnen und dem Ruf „oni wa soto, fuku wa uchi“ („Raus mit den oni, rein mit dem Glück“) aus ihren Häusern zu treiben. Bis·weilen setzt ein Familien·mitglied dann eine selbst·ge·bastelte oni-Maske auf und lässt sich von den Kindern verscheuchen.
Links
- Tengu (en.)
Ausführliche Darstellung auf Wikipedia. - Tengu, the Slayer of Vanity, Mark Schumacher (en.)
Tengu - Seite von A-Z Dictionary of Japanese Buddhist Statuary. - Information and Theory about Tengu and Karasu (en.)
Spiritistisch angehauchte Tengu - Seite mit interessanten Bildbeispielen. [Über Internet Archive , 2010/8] - Izuna Gongen, Itō Satoshi (en.)
Artikel zu Izuna Gongen in der Encyclodedia of Shinto. - Gazu hyakki yakō (jap.)
Gespenster-Enzyklopädie von Toriyama Sekien auf Wikipedia. Über Wikipedia Japan sind die Illustrationen aller vier Bände zu betrachten. - The Obakemono Project, S.H. Morgan (en.)
Gut recherchierte japanische Gespensterkunde, teilweise im Manga-Stil illustriert.Letzte Überprüfung der Linkadressen: Aug. 2010
- ^ Riesen-tengu am Eingang der Tempelanlage von Kurama im Norden Kyōtos, wo sich u.a. ein traditionelles Zentrum des tengu-Glaubens befindet.
Wada Yoshio, 2002 (mit freundlicher Genehmigung). - ^ Dieser tengu ist mit einem typischen Emblem ausgestattet: Ein magischer Fächer aus Federn. Außerdem trägt er das Gewand eines Bergasketen (yamabushi).
20. Jh. Bildquelle: unbekannt. - ^ Maske des tengu-artigen Gottes Sarutahiko bei einer religiösen Tanzperformance (kagura).
kuusounomori.sakura, jp. - ^ Tengu in der Kleidung eines Kriegermönchs, auf einem Wildschwein reitend.
Der dargestellte tengu ist Atago Tarō-bō, ein berühmter tengu, der auf dem Berg Atagoyama im Westen Kyōtos zuhause ist. Er wird dort mit Jizō Bosatsu assoziiert, was den charakteristischen Pilgerstab in seiner Hand erklärt. Der Sage nach hält sich dieser tengu häufig auf der „tengu-Kiefer“ (tengu no matsu) des Tempel Sairin-ji auf, von dem dieses Bild stammt. Wie Berg Atago selbst ist der Tempel eng mit dem Shugendō, dem Glauben der yamabushi, verbunden. Atago Tarō-bō wurde und wird hier als Beschützer vor Brandkatastrophen angebetet.
Werk von Kaihō Yūtoku. Späte Edo-Zeit, 19. Jh. Saichō to Tendai no kokuhō (Saichō und die Nationalschätze des Tendai Buddhismus). Tōykō 2006 (Ausstellungskatalog), Abb. 234. - ^ Krähen-Tengu (karasu tengu) in modernem Design.
Bildquelle: thetengu.com, offline. - ^ Das Tengu zōshi, ein aus mehreren illustrierten Bildrollen zusammengesetztes Werk, bringt in seinen Lehrerzählungen die Existenz als tengu mit den typischen Verfehlungen des Mönchsstandes, vor allem Arroganz und Hochmut, in Zusammenhang. In dieser Szene sind Mönche aus verschiedenen Schulen des mittelalterlichen Buddhismus durch ihre Schnäbel als tengu zu erkennen. Sie beschließen, sich wieder der Lehre des Buddha zuzuwenden, um ihren tengu-Status zu überwinden. Die folgenden Szenen der Bildrolle zeigen, wie tengu Tempel errichten, um im letzten Bild als Menschen aufzutreten (Wakabayashi 2002, S. 55–56).
Kamakura-Zeit, 1296. Cultural Heritage Online. - ^ Gefangennahme und Züchtigung des Zegaibō, eines tengu aus China, durch Tempelknaben auf Berg Hiei. Illustration einer mittelalterlichen Legende, die von einem chinesischen tengu erzählt, der im Jahr 966 Japan besucht, um sich hier mit den wunderkräftigsten Mönchen auf Berg Hiei zu messen. Er erleidet dabei drei mal hintereinander herbe Demütigungen. Schließlich erbarmen sich japanische tengu ihres Kollegen, pflegen ihn gesund und schicken ihn zurück nach China.
Muromachi-Zeit, 1354. Saichō to Tendai no kokuhō (Saichō und die Nationalschätze des Tendai Buddhismus). Tōykō 2006 (Ausstellungskatalog), Abb. 221. - ^ Tengu-Meister Sōjōbō beobachtet die Fortschritte seines Schützlings Ushiwakamaru (Minamoto no Yoshitsune), der sich in der Schwertkunst (Holzschwert) mit jungen Krähen-tengu misst.
Der berühmte Feldherr Minamoto no Yoshitsune (1159–1189) war Halbwaise und verbrachte seine Kindheit im Tempel Kurama nördlich von Kyōto, in dessen Nähe der tengu Sōjōbō gehaust haben und Yoshitsune (bzw. Ushiwakamaro, wie er als Kind hieß) in der Kunst des Schwertkampfs zur Perfektion gebracht haben soll. Yoshitsune ist einer der beliebtesten Helden Japans. Das Motiv seines Schwerttrainings bei den tengu wurde von den ukiyo-e-Künstlern der Edo Zeit häufig dargestellt.
Werk von Utagawa Kunitsuna (1805–1868). Edo-Zeit. Bildquelle: Karasu Tengu. - ^ Der mythologische Gott Sarutahiko mit tengu-ähnlicher Nase und dem Gewand eines yamabushi. Das Bild erschien in einer Serie von Illustrationen zu Amaterasus Austritt aus der Höhle (daher auch Hahn und Henne), obwohl Sarutahiko im ursprünglichen Mythos damit gar nichts zu tun hat. Siehe auch Ame no Uzume.
Werk von Totoya Hokkei (1780–1850). Edo-Zeit, 1820er Jahre. Museum of Fine Arts, Boston.