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− | {{fl|G}}eister sind in der japanischen Kultur allgegenwärtig. Heute bezeichnet man sie gern als {{g|youkai}}, doch gibt es auch ältere Sammelbezeichnungen wie etwa {{g|hyakki}}, wtl. „hundert Geister“. Das Zeichen ''ki'' 鬼 steht hier, in seiner sino-japanischen Aussprache, für Geisterwesen aller Art. In der Lesung {{g|oni}} bezeichnet dasselbe Zeichen eine konkretere Figur, die ich am ehesten als „Dämon“ klassifizieren würde, die aber in manchen Fällen auch einem Kobold, also einem vergleichsweise harmlosen Geistwesen entspricht. Auf jeden Fall handelt es sich um Geister, die zwar menschenähnliche Züge besitzen, im Gegensatz zu den Totengeistern ({{g|yuurei}}) aber darüber hinaus charakteristische tierische Deformationen besitzen.<!-- | + | {{fl|D}}em Arten- und Formenreichtum japanischer Dämonen sind im Grunde keine Grenzen gesetzt, doch gibt es einige sehr charakteristische Figuren, die auf dieser Seite näher vorgestellt werden sollen: {{g|oni}}, {{g|tengu}} und {{g|kappa}}. Im Gegensatz zu den auf der vorangehenden Seite beschriebenen Totengeistern ({{g|yuurei}}) besteht ihre Gemeinsamkeit darin, dass sie menschliche und tierische Züge kombinieren. Die tierischen Deformationen deuten besondere Fähigkeiten an, durch die sie den Menschen überlegen sind. Sie sind daher gefährlich, aber im Unterschied zu Gottheiten nicht unbesiegbar. Die Charakteristika dieser Figuren schon seit langer Zeit, doch zeichnet sich bei allen eine graduelle Verharmlosung ab, sodass sie heute sogar zu richtigen Sympathieträgern werden können. |
− | --><ref>
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− | Nach einer etymologischen Erklärung soll sich das Zeichen 鬼 von einem Leichnam herleiten. Somit wären ''ki'' im Grunde Totengeister oder umgekehrt, alle Menschen würden nach dem Tod zu ''ki'' werden. Laut Kikuchi Noritaka entspricht dies tatsächlich der ursprünglichen chinesischen Auffassung ({{zitiert|Kikuchi 2011}}, S. 19). In Japan lässt sich dennoch ein klarer ikonographischer Unterschied zwischen ''oni'' und ''yūrei'' festmachen.
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− | </ref> <!--
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− | --> Das trifft auch auf die Wassergeister {{g|kappa}} zu, die auf dieser Seite ebenfalls genauer vorgestellt werden sollen.
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− | ==''Oni'', Gestalt und Herkunft== | + | == Oni, die Menschenfresser == |
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− | ''Oni'' sind von menschenähnlicher Gestalt, tragen jedoch Hörner, raubtierartige Zähne und (zumeist nur drei) Krallen. Ihre Haut ist manchmal feuerrot, manchmal aber auch grün oder blau. Der typische ''oni'' ist außerdem mit einem Lendenschurz aus Tigerfell ausgestattet und trägt einen eisenbeschlagenen Knüppel ({{g|kanabou}}).
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− | | Blauer ''oni''
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− | Diese Ikonographie geht wahrscheinlich auf buddhistische Dämonen zurück, die sich letztlich von indischen {{s|Rakshasa}}-Dämonen (jap. {{g|rasetsu}}) herleiten. Manche dieser Dämonen sind Gegenspieler des Buddhismus und haben z.B. die undankbare Aufgabe, den Vier Himmelswächtern ({{g|shitennou}}) als Podest zu dienen ({{g|amanojaku}}). Andere verdingen sich als Folterknechte ({{g|gokusotsu}}) in der buddhistischen Hölle ({{g|jigoku}}; s. dazu auch {{showTitel|Mythen/Jenseits/Hoellen}}). Dank seiner hochentwickelten Ikonographie derartiger Geisterwesen, kam dem Buddhismus insbesondere in Japan die Rolle zu, das „Unsichtbare sichtbar zu machen“.<ref>{{zitiert|Reider 2010}}, S. 12.</ref>
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− | | Oni als Podest
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− | ===Das Dämonentor===
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− | Neben indisch-buddhistischen Geistervorstellungen hat aber auch die chinesische [[Denken/Yin und Yang|Naturphilosophie]] starke Einflüsse auf japanische ''oni''-Vorstellungen ausgeübt, wobei sich indisch-buddhistische und chinesische Traditionen bereits in China vermischten.
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− | Der chinesischen Geomantik zufolge kommen böse Geister oder Dämonen üblicherweise aus dem Nordosten. Diese Himmelsrichtung wird daher auch als „Dämonentor“ ({{g|kimon}}) bezeichnet. Im japanischen Altertum wurde diese Vorstellung so ernst genommen, dass man sich bemühte, den Nordosten von Städten und Palästen mit buddhistischen Institutionen zu besetzen. In Kyōto erhielt etwa der Klosterberg {{g|hieizan|Hiei}} im Nordosten der Stadt die Funktion zugesprochen, böse Geister abzuwehren.
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− | |Toriyamas ''oni''
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− | | ref=1
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− | }}
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− | Der Edo-zeitliche Maler und Gespensterforscher {{g|Toriyamasekien}} leitete aus dem geomantischen Glauben an das Dämonentor eine durchaus einleuchtende Begründung für das spezifische Aussehen der ''oni'' ab. Er wies darauf hin, dass die tierischen Elemente der ''oni'' vor allem dem Rind und dem Tiger entnommen sind. Zugleich bezeichnet man den Nordosten im [[Mythen/Symboltiere/Tierkreis|System der Tierkreiszeichen]], das auch in der traditionellen Kalenderkunde angewendet wird, als {{g|ushitora}}, also wörtlich als „Rind-Tiger“. Insofern ist es nach Toriyama nur natürlich, dass die Dämonen, die aus der „Rind-Tiger“ Richtung kommen, auch das Aussehen von „Rind-Tigern“ haben.
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− | Wie bereits erwähnt finden sich Rinderhörner und Tigerfell-Tangas auch bei hinduistischen und buddhistischen Dämonen, sind also wohl kein Produkt der chinesischen Geomantik. Doch enthält Toriyamas Begründung, unabhängig von ihrer historischen Stichhaltigkeit, einen indirekten Hinweis auf die Vermischung von buddhistischen und nicht-buddhistischen Traditionen. Man kann daher davon ausgehen, dass der charakteristische japanische ''oni'' nicht nur buddhistische, sondern auch chinesische Elemente in sich aufgenommen hat.
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− | ==„Böse“ ''oni''==
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− | Buddhistisch-stämmige ''oni'', die in der Hölle beheimatet sind, lassen sich leicht mit christlichen Teufeln vergleichen. Die religiösen Ideologien unterscheiden sich jedoch: Während christliche Teufel „böse“ sind und dem Willen Gottes zuwiderhandeln, sind die buddhistischen Folterknechte ein „notwendiges Übel“ und tun nichts anderes als ihre Pflicht (zumindest solange sie ihren Dienst in der Hölle verrichten). Psychologisch macht das aber kaum einen Unterschied: ''Oni'' sind, wie Teufel, Gegenspieler der Menschen und werden dementsprechend als Menschen mit tierischen Deformationen (Hörner, Reißzähne, Klauen) dargestellt.
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− | ===Der Menschfresser Shuten Dōji===
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− | | Shuten Dōji
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− | | ref=1
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− | }}
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− | In der japanischen Sagenwelt begegnet man darüber hinaus existenziell „bösen“ ''oni''. Sie treten bereits in den ältesten bekannten Märchen und Legenden Japans aus der {{g|Heian}}-Zeit auf. Hierin ist immer wieder von menschfressenden Dämonen die Rede, die in erster Linie Frauen „mit einem Biss“ verschlingen. Die berühmteste dieser Menschenfresser-Geschichten handelt von einem ''oni'' namens {{g|Shutendouji}}. Er haust auf dem Berg {{g|ooeyama|Ōe}} nahe der Hauptstadt und raubt vorzugsweise adelige Frauen, die er versklavt, missbraucht und schließlich auffrisst. Erst dem tapferen Krieger {{g|minamotonoyorimitsu}} und seinen vier Vasallen gelingt es nach vielen Abenteuern, Shuten Dōji zur Strecke zu bringen. Diese Geschichte, die in manchen Details bemerkenswerte Ähnlichkeiten mit dem Kampf zwischen dem griechischen Helden {{g|Odysseus}} und dem Zyklopen Polyphem aufweist,<!--
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− | --><ref>In Homers ''Odyssee'' landet Odysseus auf seinen Irrfahrten u.a. auf der Insel der riesenhaften Zyklopen, dringt mit einigen Gefährten in die Höhle des Polyphem ein und soll zur Strafe aufgegessen werden. Es gelingt Odysseus jedoch den Zyklopen betrunken zu machen und im Schlaf zu blenden. Auch Raikō schleicht sich bei Shuten Dōji ein, bringt Sake als Gastgeschenk und überwältigt den betrunkenen Dämon im Schlaf. </ref> existiert in unzähligen Varianten. Sie präsentiert den ''oni'' als einen Dämon, der absolut böse und gefährlich, jedoch — im Gegensatz zum Teufel — nicht unsterblich ist.
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− | === Der Dämonen-Töter Shōki === | |
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− | ''Oni'' wurden nicht selten als Urheber von Krankheiten identifiziert. Dies zeigt sich exemplarisch in der Legende des Dämonen-Töters {{g|Shouki}}, einer chinesischen Figur aus der {{g|Tang}}-Zeit, die sich aber auch in Japan, vor allem in der {{g|edo}}-Zeit, großer Beliebtheit erfreute. Eine Legende besagt, dass Shōki (chin. {{g|Zhongkui}}) selbst zu einer Art Geist wurde, nachdem er aus Verzweiflung über eine nicht anerkannte Beamtenprüfung Selbstmord begangen hatte. Allerdings blieb er dem kaiserlichen Regime treu und versuchte, den Kaiser als eine Art Leibwächter in der unsichtbaren Welt vor den Attacken anderer Geister zu bewahren. In dieser Funktion offenbarte er sich dem Herrscher {{g|Xuanzong}}, als dieser krank darniederlag. In einem Traum sah Xuanzong einen kleinen roten Kobold, der von einem großen dunklen Dämon gefangen und gefressen wurde. Der große Dämon gab sich danach als Zhongkui zu erkennen. Als der Kaiser erwachte, war er genesen. Zum Dank rehabilitierte er Zhongkui und verlieh ihm posthum den gebührenden Beamtenrang.<ref>S. dazu ''Kamigraphie'', [https://religion-in-japan.univie.ac.at/Kamigraphie/Zhong_Kui Zhong Kui].</ref> Es ist diese kaiserliche Traumszene, in der Shōki üblicherweise in der japanischen Ikonographie präsent ist: Eine mächtige, dunkel gekleidete Figur mit wildem Bart, einer chinesischen Beamtenkappe und großen Stiefeln, mit einem oder mehreren kleinen ''oni'' in der einen und einem Schwert in der anderen Hand. Seine Bilder wurden u.a. als Talismane gegen Krankheiten eingesetzt.
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| |Shoki_kuniyoshi.jpg | | |Shoki_kuniyoshi.jpg |
− | |Shoki_heian.jpg|t2=-30|l2=-120|r2=-350 | + | | Themenseite Oni |
− | |caption= Japanische Darstellungen des Shōki
| + | | sidepage= Oni |
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− | }}
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− | == Komische ''oni'' ==
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− | | kobutori.jpg
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− | | Der Alte mit der Beule
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− | | sidepage=Beule | |
| }} | | }} |
− | Abgesehen von den bösen und gefährlichen ''oni'' gibt es bereits im dreizehnten Jahrhundert Darstellungen von ''oni'', die eher tölpelhaft als dämonisch wirken und in dieser Hinsicht stark an den Teufel in deutschen Märchen erinnern. So erzählt ein Märchen von einem alten Holzsammler mit einer entstellenden Beule, der zufällig Zeuge eines nächtlichen Festes der ''oni'' wird. Sie feiern, trinken und tanzen „ganz wie wir Menschen“. Nur ihr ästhetischer Geschmack ist ein anderer: Als die ''oni'' den Holzsammler entdecken, nehmen sie seine Beule als Pfand, damit er wieder zu ihnen zurückkommen muss. Auf diese Weise wird der Alte von seiner Entstellung befreit (s. die [[{{FULLPAGENAME}}/Beule|Übersetzung]] der Geschichte).
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− | |Oni als Bettelmönch
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− | |Oni mit Shamisen
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− | |ref=1
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− | }}
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− | Wie sich in diesem Märchen bereits andeutet, haben sich die furchteinflößenden Züge der ''oni'' mit der Zeit immer mehr abgenützt, sie werden zunehmend eher als ruppige Barbaren denn als schreckliche Monster dargestellt. Ein typisches Beispiel dafür findet sich ab dem 17. Jahrhundert in den {{g|ootsue}}, einem Genre von einfachen Bildern, die sich ursprünglich aus Souvenirs der Stadt {{g|ootsu}} am {{G|Biwako|Biwa}}-See entwickelten. Das bekannteste ''ōtsu-e''-Motiv heißt {{g|oninonenbutsu}}, also Anrufung des Buddha ({{g|nenbutsu}}) durch einen ''oni'', und zeigt einen ''oni'' im Gewand eines [[Alltag/Moenche/Moenchstracht|Bettelmönchs]]. Manchen Bildern ist auch ein Vers eingeschrieben, der besagt, dass ein ''oni'' zum Vorschein kommt, wenn ein Mönch nicht aufrichtigen Herzens ist. Das Motiv selbst wurde häufig von {{g|ukiyoe}}-Künstlern zitiert. Ein ähnliches ''ōtsu-e'' zeigt einen ''oni'' mit {{g|Sake}}-Flasche, der {{g|shamisen}} spielt. Auch diesem Motiv liegt ein moralisierender Vers zugrunde, der besagt, dass man beim Trinken stets einem ''oni'' ausgeliefert ist. In beiden Fällen wirken die ''oni'' durch ihre karikaturhaften Züge eher komisch als dämonisch.
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− | ===''Oni'' wa soto===
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− | Noch heute findet man in Japan ländliche Volksfeste ({{g|matsuri}}), die erstaunlich stark an „Perchtenläufe“ und ähnliche Prozessionen teufelartiger Gestalten im alpinen Raum erinnern. Meist finden diese Feiern zu Beginn des [[Alltag/Jahr|Neuen Jahres]] statt. Im Schutz von ''oni''-Masken richten Gruppen von Burschen Schabernack an, der in manchen Fällen ziemlich aufdringlich und unangenehm werden kann, aber nur auf den Festtag beschränkt ist. In Japan wie in Europa verkörpern diese Masken den Winter, der rituell vertrieben werden soll.
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− | | oni_shibata.jpg
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− | | „''Oni wa soto, fuku wa uchi''...“
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− | | ref=1
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− | }}
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− | Während derartige archaisch wirkende Bräuche in Mitteleuropa auf den ländlichen Raum beschränkt sind, gibt es die Winter-Dämonen-Austreibung in abgeschwächter Form auch im modernen urbanen Leben Japans. So weiß in Japan jedes Kind, dass man die ''oni'' an einem bestimmten Tag mit getrockneten Sojabohnen aus dem Haus treiben muss. Dazu ruft man: „''Oni wa soto, fuku wa uchi''“ („Raus mit den ''oni'', rein mit dem Glück“). Dieser Tag fällt nach dem modernen Kalender auf den 3. Februar und heißt {{g|setsubun}}, was nichts anderes als „Trennung der Jahreszeiten“ bedeutet. Nach dem traditionellen Kalender handelt es sich dabei um den letzten Tag des Winters. Im urbanen Raum hat diese „Teufelsaustreibung“ allerdings nur noch den Charakter eines lustigen Kinderfestes. Liebevolle Väter setzen dann eine selbstgebastelte ''oni''-Maske auf und lassen sich von den bohnenwerfenden Kindern aus der Wohnung scheuchen (s. dazu {{showTitel|Alltag/Jahr}}).
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− | ==„Gute“ ''oni''==
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− | Neben ihrer unfreiwilligen Komik gibt es auch das Phänomen, dass ''oni'' — wie im Übrigen fast alle japanischen Monster — zu echten Sympathieträgern werden können. Oder anders ausgedrückt:
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− | Es gibt Gestalten, die genauso wie ''oni'' aussehen, aber keineswegs böse oder feindselig sind. Dazu zählen zunächst einmal die Wind- und Donnergötter ({{g|fuujin}}, {{g|raijin}}). Sie stehen für respekteinflößende Naturkräfte, die den Menschen ebenso Heil wie Unheil bringen können. Ikonographisch lassen sich diese Naturgötter aber kaum von ''oni'' unterscheiden (s. {{showTitel|Ikonographie/Waechtergoetter/Wind_und_Donner}}).<ref>Umgekehrt gibt es auch Rachegeister wie {{gb|sugawaranomichizane}}, die die Form eines Donnergottes annehmen, die im Grunde auch die eines ''oni'' ist, und in dieser Gestalt ihre menschlichen Feinde heimsuchen.</ref>
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− | | Ryōgen als Dämon
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− | }}
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| | sidepage=Essays/Tsuno_Daishi | | | sidepage=Essays/Tsuno_Daishi |
| | titel= essay | | | titel= essay |
| | Tsuno Daishi | | | Tsuno Daishi |
| }} | | }} |
− | Darüber hinaus gibt es einzelne ''oni''-Gestalten, die es mit den Menschen eindeutig gut meinen. So erzählt man sich in Japan noch heute, dass der eminente Mönch {{g|Ryougen}} (912–985) — einer der wichtigsten Patriarchen des {{g|Tendaishuu|Tendai Buddhismus}} — die Hörner eines ''oni'' gehabt haben soll. Eine Legende berichtet weiter, dass Ryōgen einen Seuchengott in Gestalt eines ''oni'' bekämpfte, und dabei selbst das Aussehen eines Dämons annahm. Von da an diente die Abbildung dieses ''oni'' als Talisman ({{g|ofuda}}), um Krankheiten und ähnliches zu verhindern — gleichsam eine homöopathische Bekämpfung von Seuchengöttern. Ryōgen wird daher im Volksmund auch als {{g|tsunodaishi}}, „Großmeister Horn“ oder „gehörnter Großmeister“ bezeichnet. Noch heute werden ''o-fuda'' mit dem Bild des Tsuno Daishi in diversen Tendai Tempeln verkauft. Man soll sie zu [[Alltag/Jahr|Neujahr]] an der Eingangstür oder im Flur seines Hauses aufkleben ([[Essays/Tsuno Daishi|mehr dazu ...]]).
| + | {{sidebox3 |
− | | + | | kobutori.jpg |
− | In moderner Zeit hat sich ein religiöser Führer sogar selbst den seltsamen Vornamen „Dämonendiener“ (''oni-saburō'') zugelegt: {{g|Deguchionisaburou}}, 1871–1948, Mitbegründer der [[Geschichte/Neue Religionen |neureligiösen Richtung]] {{g|oomoto}}.
| + | | Der Alte und die Dämonen |
| + | | left= -200 | right= -200 | top= -120 |
| + | | sidepage=Beule |
| + | }} |
| + | ''Oni'' sind von menschenähnlicher Gestalt, tragen jedoch Hörner, raubtierartige Zähne und (zumeist nur drei) Krallen. Ihre Haut ist oft feuerrot. Diese Ikonographie dürfte bereits durch den frühen japanischen Buddhismus standardisiert worden sein, da ''oni'' u.a. als Folterknechte in der buddhistischen Hölle ({{g|jigoku}}) auftreten. Auch außerhalb der Hölle zählen sie zu den gefährlichsten aller japanischen Dämonen, denn es wird ihnen eine besondere Vorliebe für Menschenfleisch zugeschrieben. |
| + | Die berühmteste dieser Menschenfresser-Geschichten handelt von einem ''oni'' namens {{g|Shutendouji}}, der von einem Krieger der Heian-Zeit, {{g|minamotonoyorimitsu}}, zur Strecke gebracht wird. ([[{{FULLPAGENAME}}/Oni|Mehr dazu...]]) |
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− | {{w500| top= -80 | + | {{w500 |rh=auto|l=-120|t=-60|b=-60 |
− | | onigawara.jpg | + | |Oni_kibi_emaki.jpg |
− | | ''oni''-Dachdekor
| + | |Klassischer ''oni'' |
− | | ref=1 | |
− | }}
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− | {{w500
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− | |Oni_koyasan.jpg | |
− | |''oni-Dachträger | |
| |ref= 1 | | |ref= 1 |
| }} | | }} |
− | Auch auf den prächtig verzierten Dachschindeln buddhistischer Tempel grinst einem häufig eine ''oni''-Maske entgegen ({{g|onigawara}}). Oni werden auch gerne als Dachträger eingesetzt, ähnlich wie die hierzulande bekannten Atlanten. Diese Figuren verkörpern wohl keine böswillige Kraft, sondern dienen eher dem Schutz vor einer solchen. Wie schon bei den Wächtergöttern begegnet man hier dem Glauben, dass böse Geister am effektivsten von ebenso gestalteten Wächtern im eigenen Lager vertrieben werden können.
| + | Abgesehen von den bösen und gefährlichen ''oni'' gibt es bereits im dreizehnten Jahrhundert Darstellungen, in denen die ''oni'' eher tölpelhaft als dämonisch wirken und in dieser Hinsicht stark an den Teufel in deutschen Märchen erinnern. Beispielhaft ist dafür die Geschichte des alten Holzsammlers, der an einem Gelage der ''oni'' teilnimmt und dabei seine entstellende Beule verliert (s. die [[{{FULLPAGENAME}}/Beule|Übersetzung]] der Geschichte). Auch in der Populärkultur der {{g|Edo}}-Zeit wurden ''oni'' oft karikaturhaft dargestellt und verloren dabei einen Teil ihrer furchteinflößenden Aura. |
| + | |
| + | Schließlich gibt es einzelne ''oni''-Gestalten, die es mit den Menschen eindeutig gut meinen. So soll der eminente Mönch {{g|Ryougen}} (912–985) — einer der wichtigsten Patriarchen des {{g|Tendaishuu|Tendai Buddhismus}} — das Aussehen eines Dämons angenommen haben um einen Seuchengott in einer ähnlichen Gestalt zu bekämpfen. Als guter ''oni'' erhielt Ryōgen den Spitznamen {{g|tsunodaishi}}, „Großmeister Horn“, und wird als solcher heute noch auf Talismanen ({{g|ofuda}}) abgebildet. (S. den Essay {{showTitel|Essays/Tsuno Daishi}}.) |
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− | Das Aussehen allein sagt also noch nicht, ob es sich wirklich um einen böswilligen ''oni'' handelt oder nicht. Diese Ambivalenz im Auftreten der ''oni'' lässt es ratsam erscheinen, anstelle von „Teufel“ den neutraleren Begriff „Dämon“ für die Übersetzung von ''oni'' zu wählen.
| + | == Tengu, die Vogelmenschen == |
| | | |
− | == Weibliche ''oni'' == | + | {{sidebox3 |t=-275|lr=-75 |
| + | |tengu-ron.jpg |
| + | | ''Tengu'' |
| + | | sidepage=Tengu |
| + | }} |
| + | {{g|Tengu|''Tengu''}} sind menschenähnliche Figuren, die entweder Vogelgesichter und Flügel haben oder durch eine überlange Nase charakterisiert sind. Beide Arten von Tengu können fliegen bzw. sich augenblicklich von einem Ort zum anderen „beamen“. Die Herkunft ihrer Ikonographie ist ebenso rätselhaft wie ihr Name, der wtl. „Himmelshund“ bedeutet. Die Bezeichnung stammt aus der chinesischen Himmelskunde, doch lässt sich die ''tengu''-Figur selbst nicht nach China zurückverfolgen. Dagegen besitzen die ''tengu'', ähnlich wie die ''oni'', einen starken Bezug zum Buddhismus: ehemals galten sie nämlich als transformierte sündhafte Mönche. Heute ist diese Erklärung zwar kaum noch präsent, doch werden sie eng mit dem synkretistischen Orden der Bergasketen ({{g|yamabushi}}) assoziiert. Sie tragen das charakteristische Gewand von ''yamabushi'' und werden in vielen ''yamabushi''-Tempeln als Gottheiten verehrt. Insofern veranschaulichen sie den klassischen japanischen Umgang mit Geistererscheinungen in seiner gesamten Bandbreite: Von gefürchteten Monstern zu Verehrungsgestalten in Tempeln und Schreinen ([[{{FULLPAGENAME}}/Tengu|mehr dazu...]]). |
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− | {{floatright | + | {{w500 |rh=auto |
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− | | Hannya Maske | + | |Tengu als Kleriker |
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| | ref= 1 | | | ref= 1 |
| }} | | }} |
− | Die bisher vorgestellten Beispiele präsentierten die ''oni'' in dezidiert männlicher Form, was auch ihren ikonographischen buddhistischen Vorbildern entspricht. In Legenden und Märchen können ''oni'' aber auch weibliche Gestalt annehmen oder sind originär weiblich. Die Dämonin des {{g|rajoumon}}, der der Held {{g|watanabenotsuna}} lediglich einen Arm abhacken kann, ist möglicherweise nur als Frau getarnt. Die Berghexe {{g|yamauba}} ist hingegen definitiv weiblich. In den frühesten Erzählungen handelt es sich um eine alte Frau in den Bergen, die, wenn sich die Gelegenheit bietet, gerne Kinder verspeist.<ref>Reider 2010, Kap. 4.</ref> Im {{g|nou}}-Theater erhielten Dämoninnen wie die Yamauba eine spezifische ikonographische Erscheinungsform, die {{g|hannya}}-Maske, die zwar von der klassischen ''oni''-Ikonographie beeinflusst wurde, aber bei genauerem Hinsehen tatsächlich feminine Züge trägt und neben grausamer Gier auch einen Zug der Verzweiflung erkennen lässt. Parallel dazu mehren sich Geschichten von weiblichen Geistern, die Menschen nicht als Nahrung betrachten, sondern aus Rache töten. Am bekanntesten ist hier vielleicht die Geschichte von {{g|kiyohime}}, die sich aus Eifersucht in ein Schlangenmonster verwandelt (s. dazu {{showTitel|Essays/Horrorklassiker}}). Schließlich gibt es auch in der der buddhistischen Totenwelt eine weibliche Dämonin, die „Alte, die den Toten die Kleider auszieht“ ({{g|datsueba}}), eine Gestalt, die rein japanischen Ursprungs sein dürfte.
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| ==''Kappa'', die Flussgeister== | | ==''Kappa'', die Flussgeister== |
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− | {{floatright | + | {{sidebox3 |
| | Kappa_kawaii.jpg | | | Kappa_kawaii.jpg |
− | | Moderner ''kappa'' | + | | ''Kappa'' |
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− | | hell= hell | + | | sidepage=Kappa |
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| }} | | }} |
− | {{g|kappa|''Kappa''}} werden in der modernen {{g|Manga}}-Kultur oft niedlich und putzig (jap. {{g|kawaii}}) dargestellt. Es handelt sich um Kobolde, die aus einer Kombination von Affe und Schildkröte entstanden zu sein scheinen und an den Ufern von Gewässern hausen. Auf vielen Abbildungen tragen sie eine Art Schildkrötenpanzer auf dem Rücken. Ihr eigentümlichstes Merkmal ist jedoch eine Delle in ihrer Schädeldecke, die zugleich die größte Schwachstelle der ''kappa'' darstellt, denn sie muss stets mit Wasser gefüllt sein. Gelingt es also, einen ''kappa'' umzudrehen, verliert er seine Kraft. Auch soll man ihn übertölpeln können, indem man sich tief vor ihm verneigt. Erwidert er die Verbeugung, leert sich seine Delle ... | + | {{g|kappa|''Kappa''}} sind Kobolde, die aus einer Kombination von Affe und Schildkröte entstanden zu sein scheinen und an den Ufern von Gewässern hausen. Auf vielen Abbildungen tragen sie eine Art Schildkrötenpanzer auf dem Rücken. In der modernen {{g|Manga}}-Kultur werden sie oft niedlich und putzig (jap. {{g|kawaii}}) dargestellt. Auf älteren Darstellungen wirken ''kappa'' jedoch meist ziemlich grob und unheimlich. Man sagte ihnen nach, dass sie heimtückisch seien und insbesondere Kinder gerne ins Wasser zögen, um sie zu ertränken. Trotz dieser unheimlichen Vorliebe wurden und werden ''kappa'' auch in ländlichen Schreinen oder Volksfesten verehrt. Um sie günstig zu stimmen und die von ihnen ausgehenden Gefahren abzuwehren, wird ihnen dabei ihre Lieblingsspeise, Gurken, dargeboten. ([[{{FULLPAGENAME}}/Kappa|Mehr dazu...]]) |
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− | | caption= ''Kappas'' der Edo-Zeit
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− | Auf älteren Darstellungen wirken ''kappa'' jedoch meist ziemlich grob und unheimlich. Man sagte ihnen nach, dass sie heimtückisch seien und insbesondere Kinder gerne ins Wasser zögen, um sie zu ertränken. Andere Quellen wissen zu berichten, dass es die ''kappa'' auf einen magischen Edelstein abgesehen haben, den sie im Anus ihrer Opfer vermuten, und diese daher nach Möglichkeit von hinten her aussaugen.
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− | | caption= Utamaros ''kappa''
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− | Schließlich eigenen sich ''kappa'' — wie im Übrigen fast alle {{g|youkai}} — gut für die Projektion sexueller Phantasien. Das obige „Frühlingsbild“ ({{g|shunga}}) des berühmten Frauendarstellers {{g|kitagawautamaro}} macht dies auf hinterhältige Weise explizit, indem bei genauerem Hinsehen unterhalb der lasziven Perlentaucherin ({{g|ama}}) in der Bildmitte eine zweite im Wasser auftaucht, die von zwei ''kappa''s vergewaltigt wird.
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− | | kappamaki.png
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− | |''Kappa maki''
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− | | hell= hell
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− | }}
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− | Trotz ihres unheimlichen Charakters werden ''kappa'' auch in ländlichen Schreinen oder Volksfesten verehrt. Um sie günstig zu stimmen und die von ihnen ausgehenden Gefahren abzuwehren, werden den ''kappa'' gerne Gurken dargeboten, denn Gurken gelten als ihre Lieblingsspeise. Aus diesem Grund nennt man auch Sushi aus Reis und Gurken „''kappa''-Röllchen“ ({{g|kappamaki}}).
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| {{Verweise | | {{Verweise |
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− | * [http://en.wikipedia.org/wiki/Otoroshi#First_Volume_-_.E9.99.B0 Gazu hyakki yakō] (jap.)<br/>Gespenster-Enzyklopädie von Toriyama Sekien auf Wikipedia. Über ''[http://ja.wikipedia.org/wiki/%E9%B3%A5%E5%B1%B1%E7%9F%B3%E7%87%95 Wikipedia Japan]'' sind die Illustrationen aller vier Bände zu betrachten. | + | * [https://en.wikipedia.org/wiki/Gazu_Hyakki_Yagy%C5%8D Gazu hyakki yagyōō] (en.)<br/>Gespenster-Enzyklopädie von Toriyama Sekien auf Wikipedia. |
− | * [https://web.archive.org/web/20131112053912/http://www.obakemono.com/ The Obakemono Project] (Web-Archive), S.H. Morgan (en.)<br/>Gut recherchierte japanische Gespensterkunde, teilweise im Manga-Stil illustriert. | + | * [https://web.archive.org/web/20131112053912/http://www.obakemono.com/ The Obakemono Project] (über Internet-Archive), S.H. Morgan (en.)<br/>Gut recherchierte japanische Gespensterkunde, teilweise im Manga-Stil illustriert. |
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Dem Arten- und Formenreichtum japanischer Dämonen sind im Grunde keine Grenzen gesetzt, doch gibt es einige sehr charakteristische Figuren, die auf dieser Seite näher vorgestellt werden sollen: oni [oni (jap.) 鬼 Dämon, „Teufel“; in sino-japanischer Aussprache (ki) ein allgemeiner Ausdruck für Geister], tengu [tengu (jap.) 天狗 wtl. Himmelshund; vogelartiger oder geflügelter Kobold, meist in den Bergen] und kappa [kappa (jap.) 河童 Flussgeist, wtl. „Flussjunge“]. Im Gegensatz zu den auf der vorangehenden Seite beschriebenen Totengeistern (yūrei [yūrei (jap.) 幽霊 Totengeist]) besteht ihre Gemeinsamkeit darin, dass sie menschliche und tierische Züge kombinieren. Die tierischen Deformationen deuten besondere Fähigkeiten an, durch die sie den Menschen überlegen sind. Sie sind daher gefährlich, aber im Unterschied zu Gottheiten nicht unbesiegbar. Die Charakteristika dieser Figuren schon seit langer Zeit, doch zeichnet sich bei allen eine graduelle Verharmlosung ab, sodass sie heute sogar zu richtigen Sympathieträgern werden können.
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Oni, die Menschenfresser
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Oni sind von menschenähnlicher Gestalt, tragen jedoch Hörner, raubtierartige Zähne und (zumeist nur drei) Krallen. Ihre Haut ist oft feuerrot. Diese Ikonographie dürfte bereits durch den frühen japanischen Buddhismus standardisiert worden sein, da oni u.a. als Folterknechte in der buddhistischen Hölle (jigoku [jigoku (jap.) 地獄 wtl. „[unter]irdischer Kerker“, buddhistische Hölle]) auftreten. Auch außerhalb der Hölle zählen sie zu den gefährlichsten aller japanischen Dämonen, denn es wird ihnen eine besondere Vorliebe für Menschenfleisch zugeschrieben.
Die berühmteste dieser Menschenfresser-Geschichten handelt von einem oni namens Shuten Dōji [Shuten Dōji (jap.) 酒顛童子 wtl. etwa Sauf-Knabe; berüchtigter Dämon (oni) der Heian-Zeit], der von einem Krieger der Heian-Zeit, Minamoto no Yorimitsu [Minamoto no Yorimitsu (jap.) 源頼光 948–1021, auch Minamoto Raikō; Krieger aus der Dynastie der Minamoto; zusammen mit seinen vier Vasallen, die auch als Shi-Tennō bezeichnet werden, ist er Held zahlreicher Legenden], zur Strecke gebracht wird. (Mehr dazu...)
Abgesehen von den bösen und gefährlichen oni gibt es bereits im dreizehnten Jahrhundert Darstellungen, in denen die oni eher tölpelhaft als dämonisch wirken und in dieser Hinsicht stark an den Teufel in deutschen Märchen erinnern. Beispielhaft ist dafür die Geschichte des alten Holzsammlers, der an einem Gelage der oni teilnimmt und dabei seine entstellende Beule verliert (s. die Übersetzung der Geschichte). Auch in der Populärkultur der Edo [Edo (jap.) 江戸 Hauptstadt der Tokugawa-Shōgune, heute: Tōkyō; auch: Zeit der Tokugawa-Dynastie, 1600–1867 (= Edo-Zeit);]-Zeit wurden oni oft karikaturhaft dargestellt und verloren dabei einen Teil ihrer furchteinflößenden Aura.
Schließlich gibt es einzelne oni-Gestalten, die es mit den Menschen eindeutig gut meinen. So soll der eminente Mönch Ryōgen [Ryōgen (jap.) 良源 912–985; 18. Abt (zasu) der Tendai-Schule; unter Namen wie Jie Daishi, Ganzan Daishi, Tsuno Daishi oder Mame Daishi auch als Schutzheiliger populär] (912–985) — einer der wichtigsten Patriarchen des Tendai Buddhismus [Tendai-shū (jap.) 天台宗 Tendai-Schule, chin. Tiantai] — das Aussehen eines Dämons angenommen haben um einen Seuchengott in einer ähnlichen Gestalt zu bekämpfen. Als guter oni erhielt Ryōgen den Spitznamen Tsuno Daishi [Tsuno Daishi (jap.) 角大師 wtl. „gehörnter Großmeister“; Beinamen des Mönchs Ryōgen in seiner Gestalt als Dämon], „Großmeister Horn“, und wird als solcher heute noch auf Talismanen (o-fuda [o-fuda (jap.) お札 Amulett oder Talisman in Gestalt eines symbolischen Zeichens, meist aus Papier; auch shinsatsu; das Zeichen 札 kann auch „Geldschein“ bedeuten, wird dann aber sinojap. satsu ausgesprochen;]) abgebildet. (S. den Essay Feuer mit Feuer bekämpfen: Der Gehörnte Meister und sein Kult.)
Tengu, die Vogelmenschen
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Tengu [tengu (jap.) 天狗 wtl. Himmelshund; vogelartiger oder geflügelter Kobold, meist in den Bergen] sind menschenähnliche Figuren, die entweder Vogelgesichter und Flügel haben oder durch eine überlange Nase charakterisiert sind. Beide Arten von Tengu können fliegen bzw. sich augenblicklich von einem Ort zum anderen „beamen“. Die Herkunft ihrer Ikonographie ist ebenso rätselhaft wie ihr Name, der wtl. „Himmelshund“ bedeutet. Die Bezeichnung stammt aus der chinesischen Himmelskunde, doch lässt sich die tengu-Figur selbst nicht nach China zurückverfolgen. Dagegen besitzen die tengu, ähnlich wie die oni, einen starken Bezug zum Buddhismus: ehemals galten sie nämlich als transformierte sündhafte Mönche. Heute ist diese Erklärung zwar kaum noch präsent, doch werden sie eng mit dem synkretistischen Orden der Bergasketen (yamabushi [yamabushi (jap.) 山伏 Bergasket, wtl. der in den Bergen schläft; Praktikant des Shugendō]) assoziiert. Sie tragen das charakteristische Gewand von yamabushi und werden in vielen yamabushi-Tempeln als Gottheiten verehrt. Insofern veranschaulichen sie den klassischen japanischen Umgang mit Geistererscheinungen in seiner gesamten Bandbreite: Von gefürchteten Monstern zu Verehrungsgestalten in Tempeln und Schreinen (mehr dazu...).
Kappa, die Flussgeister
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Kappa [kappa (jap.) 河童 Flussgeist, wtl. „Flussjunge“] sind Kobolde, die aus einer Kombination von Affe und Schildkröte entstanden zu sein scheinen und an den Ufern von Gewässern hausen. Auf vielen Abbildungen tragen sie eine Art Schildkrötenpanzer auf dem Rücken. In der modernen Manga [Manga (jap.) 漫画 wtl. „zehntausend Bilder“; ehemals eine Art von Infotainment, heute japanische Comics]-Kultur werden sie oft niedlich und putzig (jap. kawaii [kawaii (jap.) かわいい „süß“, „niedlich“; Kanji (nicht in Gebrauch): 可愛い (vgl. kawaii bunka)]) dargestellt. Auf älteren Darstellungen wirken kappa jedoch meist ziemlich grob und unheimlich. Man sagte ihnen nach, dass sie heimtückisch seien und insbesondere Kinder gerne ins Wasser zögen, um sie zu ertränken. Trotz dieser unheimlichen Vorliebe wurden und werden kappa auch in ländlichen Schreinen oder Volksfesten verehrt. Um sie günstig zu stimmen und die von ihnen ausgehenden Gefahren abzuwehren, wird ihnen dabei ihre Lieblingsspeise, Gurken, dargeboten. (Mehr dazu...)
Verweise
Verwandte Themen
Internetquellen
Siehe auch Internetquellen
- Gazu hyakki yagyōō (en.)
Gespenster-Enzyklopädie von Toriyama Sekien auf Wikipedia.
- The Obakemono Project (über Internet-Archive), S.H. Morgan (en.)
Gut recherchierte japanische Gespensterkunde, teilweise im Manga-Stil illustriert.
Letzte Überprüfung der Linkadressen: Okt. 2022
Literatur
Siehe auch Literaturliste
Royall Tyler (Ü.), Japanese Tales. New York: Pantheon Books, 1987.
Bilder
Quellen und Erläuterungen zu den Bildern auf dieser Seite
- ^ Älteste bekannte Darstellung eines klassischen oni mit roter Haut und Rinderhorn. Detail aus der illustrierten Legende des Nara-zeitlichen Hofbeamten Kibi no Makibi, der aus China allerhand interessante Dinge zurück nach Japan brachte.
Heian-Zeit, 12. Jh. Museum of Fine Arts, Boston.
- ^ Detail einer ansonsten nüchternen, mittelalterlichen Darstellung der Anlage des Tōdaiji, in die an dieser Stelle zwei Mönchsnovizen beim Läuten einer Tempelglocke als tengu-Figuren eingeflochten sind. Das Original ist verloren, die Kopie stammt aus der Edo-Zeit.
Werk von Kano Osanobu (Kopist) (1796–1846). 1817. E-Museum.
Glossar
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