Geschichte/Honji suijaku: Unterschied zwischen den Versionen

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=Honji suijaku <span class="bottom">Die Angleichung von Buddhas und Kami</span>=
 
=Honji suijaku <span class="bottom">Die Angleichung von Buddhas und Kami</span>=
  
Als die ersten buddhistischen Mönche ihre Lehre in Japan zu ver·breiten be·gannen, stellten sie zwar die Existenz der ein·hei·mischen {{glossar:kami}} nicht in Zweifel, sahen sie aber als den Buddhas unter·legen an. Ebenso hatte der Bud·dhis·mus auch die indischen Götter ein·ge·stuft: sie galten als un·er·leuchtet und im Kreis·lauf der Wieder·ge·burten (''samsara'') ge·fangen. Um·ge·kehrt wurden Buddhas und Bodhisattvas von den ja·pa·nischen Laien zunächst als fremde ''kami'' ein·ge·stuft. Gegen·über dem Über·legen·heits·an·spruch der Bud·dhisten regte sich bereits nach den ersten Tempel·grün·dungen Wider·stand (siehe [[Geschichte:Frühzeit | Altertum]]). Von bud·dhis·tischer Seite begegnete man diesem an·fäng·lichen Miss·trauen mit ver·schie·denen Versuchen, den ''kami''-Glauben stärker in den Bud·dhis·mus zu in·te·grie·ren. Dabei lassen sich, histo·risch auf einander folgend, unter·schied·liche Strategien beobachten:
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Als die ersten buddhistischen Mönche ihre Lehre in Japan zu ver·breiten be·gannen, stellten sie zwar die Exis·tenz der ein·hei·mischen {{glossar:kami}} nicht in Zweifel, sahen sie aber als den Buddhas unter·legen an. Ebenso hatte der Bud·dhis·mus auch die indischen Götter ein·ge·stuft: sie galten als un·er·leuch·tet und im Kreis·lauf der Wieder·ge·burten (''samsara'') ge·fangen. Um·ge·kehrt wurden Buddhas und Bodhisattvas von den ja·pa·nischen Laien zunächst als fremde ''kami'' ein·ge·stuft. Gegen·über dem Über·legen·heits·an·spruch der Bud·dhis·ten regte sich bereits nach den ersten Tempel·grün·dungen Wider·stand (siehe [[Geschichte:Frühzeit | Alter·tum]]). Von bud·dhis·tischer Seite begeg·nete man diesem an·fäng·lichen Miss·trauen mit ver·schie·denen Versuchen, den ''kami''-Glauben stär·ker in den Bud·dhis·mus zu in·te·grie·ren. Dabei lassen sich, histo·risch auf einan·der folgend, unter·schied·liche Strategien beobach·ten:
  
 
==Bekehrung der ''kami''  <br /><span class="small">(Asuka und Nara Zeit)</span>==
 
==Bekehrung der ''kami''  <br /><span class="small">(Asuka und Nara Zeit)</span>==
''Kami'' gelten als erleuchtungs·bedürftige Wesen, die wie die Menschen in den Geburten·kreis·lauf ver·strickt sind und einen Drang nach Er·lösung verspüren. Der Bud·dhis·mus über·nimmt die Auf·gabe, ihnen dazu zu ver·helfen. Frühe bud·dhis·tische Legenden zeigen, dass diese Auf·gabe häufig von um·her·wan·dernden bud·dhis·tischen Asketen über·nommen wurde. Häufig wird in diesen Le·gen·den erzählt, dass eine lokale Gott·heit einem vor·bei·zie·henden Wander·mönch im Traum erscheint und ihm das Leid ihres un·er·lösten Zu·standes klagt. Um das Karma der Gott·heit dauer·haft durch die ent·spre·chenden bud·dhis·tische Riten und Sutren·lesungen zu ver·bessern, ver·an·lasst der Mönch die Er·rich·tung eines Tempels neben dem ur·sprüng·lichen Heilig·tum der Gottheit.
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''Kami'' gelten als erleuch·tungs·bedürftige Wesen, die wie die Menschen in den Gebur·ten·kreis·lauf ver·strickt sind und einen Drang nach Er·lösung verspüren. Der Bud·dhis·mus über·nimmt die Auf·gabe, ihnen dazu zu ver·helfen. Frühe bud·dhis·tische Legen·den zeigen, dass diese Auf·gabe häufig von um·her·wan·dernden bud·dhis·tischen Asketen über·nommen wurde. Häufig wird in diesen Le·gen·den erzählt, dass eine lokale Gott·heit einem vor·bei·zie·henden Wander·mönch im Traum erscheint und ihm das Leid ihres un·er·lösten Zu·stan·des klagt. Um das Karma der Gott·heit dauer·haft durch die ent·spre·chen·den bud·dhis·tische Riten und Sutren·lesun·gen zu ver·bessern, ver·an·lasst der Mönch die Er·rich·tung eines Tempels neben dem ur·sprüng·lichen Heilig·tum der Gottheit.
 
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frädsprölle
Schon im späten siebenten Jahr·hundert kam es auf diese Weise zur Er·rich·tung großer ge·mein·samer Kult·stätten, etwa in Usa, Kyushu, wo die Gott·heit {{glossar:Hachiman}} zusammen mit {{Glossar:Miroku|Miroku Bosatsu}} (Bodhisattva Maitreya) verehrt wird.
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Schon im späten siebenten Jahr·hundert kam es auf diese Weise zur Er·rich·tung großer ge·mein·samer Kult·stät·ten, etwa in Usa, Kyushu, wo die Gott·heit {{glossar:Hachiman}} zusam·men mit {{Glossar:Miroku|Miroku Bosatsu}} (Bodhisattva Maitreya) verehrt wird.
  
 
==''Kami'' als buddhistische Schutzgötter  <br /><span class="small">(Nara bis Heian Zeit) </span>==
 
==''Kami'' als buddhistische Schutzgötter  <br /><span class="small">(Nara bis Heian Zeit) </span>==
  
''Kami'', die bereits ein gut etabliertes Verhältnis zum Bud·dhis·mus besitzen, werden zu Be·schützern des Dharma erklärt. Große Tempel er·richten inner·halb des Tempel·areals Schreine für solche ''kami''. Auch hierfür stellt Hachiman eines der frühesten Beispiele dar:
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''Kami'', die bereits ein gut etabliertes Verhältnis zum Bud·dhis·mus besitzen, werden zu Be·schüt·zern des Dharma erklärt. Große Tempel er·richten inner·halb des Tempel·areals Schreine für solche ''kami''. Auch hierfür stellt Hachiman eines der frühesten Beispiele dar:
 
===Hachiman und der Tōdaiji===
 
===Hachiman und der Tōdaiji===
 
{{sidebox|hachiman_kaikei.jpg|w=200|left=-30|top=-30| Hachiman}}
 
{{sidebox|hachiman_kaikei.jpg|w=200|left=-30|top=-30| Hachiman}}
Als Mitte des achten Jahrhunderts der [[ikonographie:dainichi/Daibutsu| Große Buddha des Tōdaiji]] in {{glossar:nara}} errichtet wurde, baute man inner·halb des Tempel·areals auch einen Zweig·schrein für Hachiman. Dies geschah der Legende nach auf·grund eines von Hachiman selbst ge·äußerten Wunsches. Hachiman revanchierte sich, indem er in Form von Orakel·sprüchen Hin·weise auf Gold- und Kupfer·minen preis·gab, die für den Guss des Großen Buddhas dringend benötigt wurden.
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Als Mitte des achten Jahrhun·derts der [[ikonographie:dainichi/Daibutsu| Große Buddha des Tōdaiji]] in {{glossar:nara}} errich·tet wurde, baute man inner·halb des Tempel·areals auch einen Zweig·schrein für Hachiman. Dies geschah der Legende nach auf·grund eines von Hachiman selbst ge·äußerten Wunsches. Hachiman revanchierte sich, indem er in Form von Orakel·sprüchen Hin·weise auf Gold- und Kupfer·minen preis·gab, die für den Guss des Großen Buddhas drin·gend benötigt wurden.
  
Kurze Zeit danach verhinderte ein Orakel des Hachiman Schreins von Usa, dass der Mönch {{glossar:Doukyou}} das Amt des Tenno an sich reißen konnte. Dies war nach Ansicht einiger Historiker der Anlass dafür, dass Hachiman den bud·dhis·tischen Titel eines Bodhisattvas ver·liehen bekam und daher auch als Hachiman Daibosatsu (Großer Bodhisattva Hachiman) ver·ehrt wird. Gemäß dieser Vor·stellung konnte Hachiman, analog zu einem mensch·lichen Gläubigen, also die höchste Form der Er·leuch·tung vor der end·gültigen Buddha·schaft erringen und blieb doch seinem Wesen nach ein einheimischer Gott.
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Kurze Zeit danach verhinderte ein Orakel des Hachiman Schreins von Usa, dass der Mönch {{glossar:Doukyou}} das Amt des Tenno an sich reißen konnte. Dies war nach Ansicht einiger Historiker der Anlass dafür, dass Hachiman den bud·dhis·tischen Titel eines Bodhisattvas ver·liehen bekam und daher auch als Hachiman Daibosatsu (Großer Bodhisattva Hachiman) ver·ehrt wird. Gemäß dieser Vor·stel·lung konnte Hachiman, analog zu einem mensch·lichen Gläubigen, also die höchste Form der Er·leuch·tung vor der end·gültigen Buddha·schaft errin·gen und blieb doch seinem Wesen nach ein einheimischer Gott.
  
Auch in späterer Zeit wurde Hachiman zu Hilfe gerufen, wenn es um die Ver·teidi·gung der legitimen Erb·folge des Tenno ging. Er war offen·bar durch seine doppelte Aus·zeichnung - einer·seits bud·dhis·tisch erleuchtet, anderer·seits von japanischer Ab·stam·mung - besonders geeignet, einen objektiven Schieds·richter ab·zu·geben, wenn es um Fragen der politischen Ordnung ging. Auch die {{Glossar:Shougun | Shōgune}} des Mittel·alters ver·zichteten nicht auf seinen Bei·stand und konstruierten ihre Ab·stam·mungs·linien so, dass auch sie sich als Nach·kommen des Hachiman be·zeichnen konnten. Hachiman wurde daher auch um Glück in der Schlacht an·ge·rufen und mutierte auf diese Weise in späterer Zeit zum Kriegsgott.
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Auch in späterer Zeit wurde Hachiman zu Hilfe gerufen, wenn es um die Ver·teidi·gung der legitimen Erb·folge des Tenno ging. Er war offen·bar durch seine doppelte Aus·zeich·nung  — einer·seits bud·dhis·tisch erleuch·tet, anderer·seits von japanischer Ab·stam·mung —  beson·ders geeig·net, einen objek·tiven Schieds·richter ab·zu·geben, wenn es um Fragen der politischen Ordnung ging. Auch die {{Glossar:Shougun | Shōgune}} des Mittel·alters ver·zichteten nicht auf seinen Bei·stand und konstruier·ten ihre Ab·stam·mungs·linien so, dass auch sie sich als Nach·kommen des Hachiman be·zeich·nen konnten. Hachiman wurde daher auch um Glück in der Schlacht an·ge·rufen und mutierte auf diese Weise in späterer Zeit zum Kriegsgott.
  
 
===Sannō, der Schutzgott des Klosterbergs Hiei===
 
===Sannō, der Schutzgott des Klosterbergs Hiei===
Ein weiteres Beispiel einer durch und durch vom Buddhismus ge·prägten ein·heimischen Gottheit ist {{glossar:sannou}}, der Schutz·gott des Kloster·bergs Hiei:
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Ein weiteres Beispiel einer durch und durch vom Buddhismus ge·präg·ten ein·heimischen Gottheit ist {{glossar:sannou}}, der Schutz·gott des Klos·ter·bergs Hiei:
  
Als {{glossar:saichou}} das Kloster {{glossar:enryakuji}} auf Berg Hiei gründete, wählte er diesen Ort nicht zu·fällig. Etwa 150 Jahre zuvor be·fand sich am öst·lichen Fuße des Berges der Palast des Tenchi Tenno. Von dieser Zeit kündete noch der {{glossar:hietaisha|Hie Schrein}} (auch als „Hiyoshi Schrein“ bekannt), der in zahl·reiche Einzel·schreine unter·teilt war. Saichō erklärte diese ''kami'' kollektiv zu Schutz·göttern des Kloster·bergs und gab ihnen den Namen {{glossar:sannou}}, wtl. „Berg·könig“, wobei er diesen Namen einem chi·ne·sischen Beispiel entnahm: Auch im Stamm·kloster des {{glossar:tiantai}} Bud·dhis·mus in China wurde eine lokale Gott·heit als „Berg·könig“ und Schutz·gott des dortigen Klosters ver·ehrt. In der {{glossar:heian}}-Zeit wurde aus dem nun·mehrigen Hie/Sannō Schrein·kom·plex ein ''kami''-Heilig·tum, das dem Schutz des {{Glossar:Tendaishuu | Tendai}} Haupt·tempels Enryaku-ji diente. Der Schrein wurde von Priestern be·treut, die selbst keine bud·dhis·tsichen Weihen er·hielten, aber der Aufsicht von Tendai-Mönchen unterstanden.
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Als {{glossar:saichou}} das Kloster {{glossar:enryakuji}} auf Berg Hiei grün·dete, wählte er diesen Ort nicht zu·fällig. Etwa 150 Jahre zuvor be·fand sich am öst·lichen Fuße des Berges der Palast des Tenchi Tenno. Von dieser Zeit kündete noch der {{glossar:hietaisha|Hie Schrein}} (auch als „Hiyoshi Schrein“ bekannt), der in zahl·reiche Einzel·schreine unter·teilt war. Saichō erklärte diese ''kami'' kollek·tiv zu Schutz·göttern des Klos·ter·bergs und gab ihnen den Namen {{glossar:sannou}}, wtl. „Berg·könig“, wobei er diesen Namen einem chi·ne·sischen Beispiel entnahm: Auch im Stamm·kloster des {{glossar:tiantai}} Bud·dhis·mus in China wurde eine lokale Gott·heit als „Berg·könig“ und Schutz·gott des dortigen Klosters ver·ehrt. In der {{glossar:heian}}-Zeit wurde aus dem nun·mehrigen Hie/Sannō Schrein·kom·plex ein ''kami''-Heilig·tum, das dem Schutz des {{Glossar:Tendaishuu | Tendai}} Haupt·tempels Enryaku-ji diente. Der Schrein wurde von Priestern be·treut, die selbst keine bud·dhis·tsichen Weihen er·hiel·ten, aber der Aufsicht von Tendai-Mönchen unter·standen.
  
 
==''Honji suijaku'' — ''kami'' als Manifestationen von Buddhas  <br /><span class="small">(Heian bis Edo-Zeit)</span>==
 
==''Honji suijaku'' — ''kami'' als Manifestationen von Buddhas  <br /><span class="small">(Heian bis Edo-Zeit)</span>==
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Auch wenn die Beförderung einzelner ''kami'' in den Rang bud·dhis·tischer Schutz·götter aus bud·dhis·tischer Sicht eine Auf·wer·tung be·deu·tete, gab es wohl weiterhin das Be·dürf·nis gläubiger japanischer Bud·dhisten der Heian-Zeit, ihre ''kami'' mit Bodhisattvas und Buddhas auf die gleiche Stufe zu stellen. Aus diesem Be·dürf·nis ent·wickelte sich all·mählich eine weitere Inter·pre·tation, die so·ge·nannte {{glossar:honji}} {{glossar:suijaku}} Konzeption. Laut dieser Konzeption sind gewisse ''kami'' (nicht unbedingt alle) im Grunde Buddhas oder [[Ikonographie:Einleitung | Bodhisattvas]], die sich aus Gründen der Bekehrung vor·über·gehend in ''kami''-Gestalt manifestieren.
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Auch wenn die Beförderung einzelner ''kami'' in den Rang bud·dhis·tischer Schutz·götter aus bud·dhis·tischer Sicht eine Auf·wer·tung be·deu·tete, gab es wohl weiterhin das Be·dürf·nis gläubiger japanischer Bud·dhisten der Heian-Zeit, ihre ''kami'' mit Bodhisattvas und Buddhas auf die gleiche Stufe zu stellen. Aus diesem Be·dürf·nis ent·wickelte sich all·mählich eine weitere Inter·pre·tation, die so·ge·nannte {{glossar:honji}} {{glossar:suijaku}} Konzep·tion. Laut dieser Konzep·tion sind gewisse ''kami'' (nicht unbedingt alle) im Grunde Buddhas oder [[Ikonographie:Einleitung | Bodhisattvas]], die sich aus Grün·den der Bekeh·rung vor·über·gehend in ''kami''-Gestalt manifes·tieren.
  
''Hon'' („Original“) und ''jaku'' („Abbild“, „Spur“) sind in der Tendai Philo·sophie ge·bräuch·liche Termini, um die absolute Wahr·heit von ihrer histo·rischen Er·scheinungs·form (z.B. den absoluten Dharma von den Lehren des histo·rischen Buddhas) zu unter·scheiden (s. a. [[Geschichte:Heian_Zeit | upāya/hōben]]). Die Tendai Lehre unter·scheidet bei·spiels·weise zwischen der „originalen Lehre“ und der „abgebildeten Lehre“. Diese Dicho·tomie wird nun in Japan auch auf die Gott·heiten über·tragen (was in China nicht geschah). Früheste Er·klä·rungen dieser Art ent·stam·men — kein Wunder — der Tendai Schule: ''Kami'' werden als „Spuren des Höchsten Buddha“ be·zeichnet, wo·raus sich der technische Terminus ''suijaku'' (wtl. „herab·gelassene Spur“) ent·wickelt. Ein weiterer Begriff in diesem Zu·sam·men·hang ist der ''kami''-Titel „{{glossar:gongen}}“, was soviel wie pro·viso·rische oder vor·läufige Er·schei·nung bedeutet. Ein Gongen ist also die vor·läufige oder pro·viso·rische Erscheinungsform eines Buddhas oder Bodhisattvas in der Ge·stalt eines ''kami''. Die Gott·heit des Hie Sannō Schreins wird als eine der ersten als {{glossar:sannougongen}} bezeichnet.
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''Hon'' („Original“) und ''jaku'' („Abbild“, „Spur“) sind in der Tendai Philo·sophie ge·bräuch·liche Termini, um die absolute Wahr·heit von ihrer histo·rischen Er·scheinungs·form (z.B. den absoluten Dharma von den Lehren des histo·rischen Buddhas) zu unter·scheiden (s. a. [[Geschichte:Heian_Zeit | upāya/hōben]]). Die Tendai Lehre unter·scheidet bei·spiels·weise zwischen der „originalen Lehre“ und der „abgebil·deten Lehre“. Diese Dicho·tomie wird nun in Japan auch auf die Gott·heiten über·tragen (was in China nicht geschah). Früheste Er·klä·rungen dieser Art ent·stam·men — kein Wunder — der Tendai Schule: ''Kami'' werden als „Spuren des Höchsten Buddha“ be·zeich·net, wo·raus sich der technische Terminus ''suijaku'' (wtl. „herab·gelas·sene Spur“) ent·wickelt. Ein weiterer Begriff in diesem Zu·sam·men·hang ist der ''kami''-Titel „{{glossar:gongen}}“, was soviel wie pro·viso·rische oder vor·läufige Er·schei·nung bedeutet. Ein Gongen ist also die vor·läufige oder pro·viso·rische Erscheinungsform eines Buddhas oder Bodhisattvas in der Ge·stalt eines ''kami''. Die Gott·heit des Hie Sannō Schreins wird als eine der ersten als {{glossar:sannougongen}} bezeichnet.
  
Eine analoge Erklärung für die Tatsache, dass Buddhas nicht in ihrer un·mittel·baren Gestalt in Er·schei·nung treten, ent·wickelte sich aus der poetischen (letztlich von Laotse entlehnten) Metapher vom „gedämpften Licht, das sich dem Staub an·gleicht“ ({{glossar:wakoudoujin}}). Gemäß dieser Vor·stel·lung ist das Licht der Buddhas so hell, dass es die ge·wöhn·lichen Sterb·lichen nicht schauen können. Um aber dennoch mit den Sterb·lichen kom·muni·zieren zu können, hätten Buddhas und Bodhisattvas ihr Licht gedämpft und es „dem Staub der Erde ange·glichen“ und das Ergebnis sei die Er·schei·nungs·form der ''kami'' gewesen. Dies ist eine gängige Alternative zur eigent·lichen ''honji-suijaku'' Metapher, welche die ''kami'' als sichtbare „Spur“ begreift, die die Buddhas auf Erden hinter·lassen haben.
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Eine analoge Erklärung für die Tatsache, dass Buddhas nicht in ihrer un·mittel·baren Gestalt in Er·schei·nung treten, ent·wickelte sich aus der poetischen (letztlich von Laotse entlehn·ten) Metapher vom „gedämpften Licht, das sich dem Staub an·gleicht“ ({{glossar:wakoudoujin}}). Gemäß dieser Vor·stel·lung ist das Licht der Buddhas so hell, dass es die ge·wöhn·lichen Sterb·lichen nicht schauen können. Um aber dennoch mit den Sterb·lichen kom·muni·zieren zu können, hätten Buddhas und Bodhisattvas ihr Licht gedämpft und es „dem Staub der Erde ange·glichen“ und das Ergeb·nis sei die Er·schei·nungs·form der ''kami'' gewesen. Dies ist eine gängige Alter·native zur eigent·lichen ''honji-suijaku'' Metapher, welche die ''kami'' als sichtbare „Spur“ begreift, die die Buddhas auf Erden hinter·lassen haben.
  
Im zehnten und elften Jahrhundert finden sich Beispiele für die ganz konkrete Über·ein·stim·mung bestimmter Buddhas oder Bodhisattvas mit be·stimmten ''kami'', wie sie für die voll ent·wickelte ''honji suijaku ''Konzeption typisch sind. Meist findet eine Über·ein·stim·mung der ''kami'' mit [[Ikonographie:Kannon | Kannon]], Yakushi, [[Ikonographie:Amida | Amida]] oder [[Ikonographie:Shaka | Shaka Nyorai]] statt. Wie schon in früheren Fällen, gründen sich diese Über·ein·stim·mungen zu·meist auf Traum·bot·schaften oder Offen·barungen be·rühmter Mönche und werden in Schrein- oder Tempel·chroniken (so·ge·nannten {{glossar:engi}}) fest·ge·halten. Mit dem Beginn der {{glossar:kamakura}}-Zeit (um 1200) festigen sich die ''kami''-Buddha Zuordnungen in den meisten größeren Schreinen (siehe auch Ikonographie, [[Ikonographie:Shinto-Götter | Kami]]).  
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Im zehnten und elften Jahrhun·dert finden sich Beispiele für die ganz konkrete Über·ein·stim·mung bestimmter Buddhas oder Bodhisattvas mit be·stimmten ''kami'', wie sie für die voll ent·wickelte ''honji suijaku ''Konzep·tion typisch sind. Meist findet eine Über·ein·stim·mung der ''kami'' mit [[Ikonographie:Kannon | Kannon]], Yakushi, [[Ikonographie:Amida | Amida]] oder [[Ikonographie:Shaka | Shaka Nyorai]] statt. Wie schon in früheren Fällen, grün·den sich diese Über·ein·stim·mungen zu·meist auf Traum·bot·schaf·ten oder Offen·barun·gen be·rühmter Mönche und werden in Schrein- oder Tempel·chroniken (so·ge·nannten {{glossar:engi}}) fest·ge·halten. Mit dem Beginn der {{glossar:kamakura}}-Zeit (um 1200) festigen sich die ''kami''-Buddha Zuordnun·gen in den meis·ten größeren Schreinen (siehe auch Ikonographie, [[Ikonographie:Shinto-Götter | Kami]]).  
 
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Sichtbares Zeichen dieser kombinatorischen Praxis sind die in vielen Schreinen er·haltenen „Hängebuddhas“ ({{glossar:kakebotoke}}). Es handelt sich dabei um metallene Spiegel, die die Schrein·gott·heit re·prä·sen·tieren und an deren Rück·seite ein Relief des je·weiligen ''honji''-Buddhas angebracht ist. Die Spiegel ver·danken ihren Namen der Tatsache, dass sie zu·meist an der Außen·seite der Schreine aufgehängt wurden.
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Sichtbares Zeichen dieser kombinatorischen Praxis sind die in vielen Schreinen er·haltenen „Hängebuddhas“ ({{glossar:kakebotoke}}). Es handelt sich dabei um metal·lene Spiegel, die die Schrein·gott·heit re·prä·sen·tieren und an deren Rück·seite ein Relief des je·weiligen ''honji''-Buddhas angebracht ist. Die Spiegel ver·danken ihren Namen der Tatsache, dass sie zu·meist an der Außen·seite der Schreine aufgehängt wurden.
  
 
==Kombinatorische Praxis==
 
==Kombinatorische Praxis==
  
Die ''honji suijaku'' Konzeption bleibt das ganze Mittelalter hin·durch bis in die {{glossar:edo}}-Zeit für die japanische Religion prägend und führt zu einer Viel·zahl von syn·kre·tis·tischen Kombi·nationen: nicht nur werden einzelne Buddha oder Bodhisattva Gestalten mit diversen ''kami'' über·ein·ge·stimmt, es kommt auch zu ganzen Ketten von Identi·fika·tionen, an deren Ende nicht selten histo·rische Persön·lich·keiten (etwa [[Geschichte:Kukai | Kūkai]] oder [[Geschichte:Frühzeit/Shotoku_Taishi | Shōtoku Taishi]]) stehen. Diese gelten dann z.B. als Er·schei·nungen von ''kami'', die ihrer·seits wieder Er·schei·nungen von Buddhas sind. Auch nicht-bud·dhis·tische Gott·heiten aus Indien und China haben in diesen Reihen Platz. Die ''honji suijaku'' Konzeption existiert jedoch nicht in Form einer systematisch kodifizierten Lehr·meinung, sondern setzt sich aus un·zähligen Einzel·theorien zu·sammen, die meist in Legenden von Tempeln und Schreinen zum Ausdruck kommen.
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Die ''honji suijaku'' Konzeption bleibt das ganze Mittelalter hin·durch bis in die {{glossar:edo}}-Zeit für die japanische Religion prägend und führt zu einer Viel·zahl von syn·kre·tis·tischen Kombi·nationen: nicht nur werden einzelne Buddha oder Bodhisattva Gestal·ten mit diver·sen ''kami'' über·ein·ge·stimmt, es kommt auch zu ganzen Ketten von Identi·fika·tionen, an deren Ende nicht selten histo·rische Persön·lich·keiten (etwa [[Geschichte:Kukai | Kūkai]] oder [[Geschichte:Frühzeit/Shotoku_Taishi | Shōtoku Taishi]]) stehen. Diese gelten dann z.B. als Er·schei·nungen von ''kami'', die ihrer·seits wieder Er·schei·nungen von Buddhas sind. Auch nicht-bud·dhis·tische Gott·heiten aus Indien und China haben in diesen Reihen Platz. Die ''honji suijaku'' Konzep·tion exis·tiert jedoch nicht in Form einer systematisch kodifizier·ten Lehr·meinung, sondern setzt sich aus un·zähligen Einzel·theorien zu·sammen, die meist in Legen·den von Tempeln und Schreinen zum Ausdruck kommen.
  
Man darf sich daher nicht erwarten, dass allgemeine Über·ein·kunft da·hin·gegen herrschte, welcher Gott nun die „Spur“ welchen Buddhas sei. Im Gegen·teil: Selbst inner·halb ein und des·selben Schrein·kom·plexes existieren oft mehrere, wider·sprüch·liche Identi·fika·tionen. Offen·bar war es durch·aus möglich mehr als eine Identi·fika·tion für wahr zu halten. All das macht die religiöse Situation des Mittel·alters ver·wirrend und un·über·sicht·lich. Die Religions·ge·schichte hat sich daher auf die bud·dhis·tischen Reformer dieser Zeit konzentriert, die klarere Linien vorgeben und cha·rakte·ristischer·weise den ''kami'' ver·gleichs·weise wenig Beachtung schenken. Die Gedanken dieser Reformer, auf die wir noch zu sprechen kommen werden, sind vom heutigen Stand·punkt aus leichter nach·voll·zieh·bar. Wie wir jedoch aus der Literatur des Alter·tums und des ja·pa·nischen Mittel·alter wissen, erschien den Japanern des Mittel·alters das „geschickte Mittel“ der poly·morphen Er·schei·nung als Buddha, ''kami'', Heiliger oder gar Gespenst zum Zwecke der Verbreitung des Buddha-Dharma durchaus plausibel.
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Man darf sich daher nicht erwar·ten, dass allgemeine Über·ein·kunft da·hin·gegen herrschte, welcher Gott nun die „Spur“ welchen Buddhas sei. Im Gegen·teil: Selbst inner·halb ein und des·selben Schrein·kom·plexes exis·tieren oft mehrere, wider·sprüch·liche Identi·fika·tionen. Offen·bar war es durch·aus möglich mehr als eine Identi·fika·tion für wahr zu halten. All das macht die religiöse Situation des Mittel·alters ver·wirrend und un·über·sicht·lich. Die Religions·ge·schichte hat sich daher auf die bud·dhis·tischen Refor·mer dieser Zeit konzen·triert, die klarere Linien vorgeben und cha·rakte·ristischer·weise den ''kami'' ver·gleichs·weise wenig Beach·tung schen·ken. Die Gedan·ken dieser Refor·mer, auf die wir noch zu sprechen kommen werden, sind vom heutigen Stand·punkt aus leich·ter nach·voll·zieh·bar. Wie wir jedoch aus der Literatur des Alter·tums und des ja·pa·nischen Mittel·alter wissen, erschien den Japanern des Mittel·alters das „geschickte Mittel“ der poly·morphen Er·schei·nung als Buddha, ''kami'', Heiliger oder gar Gespenst zum Zwecke der Verbreitung des Buddha-Dharma durchaus plausibel.
  
Allgemein läßt sich sagen, dass mit der ''honji suijaku'' Konzeption eine Auf·wer·tung der ''kami'' statt·findet: Sie steigen von un·er·leuch·teten Außen·seitern des bud·dhis·tischen Pantheons zu - zuge·geben meist zweit·ran·gigen - Er·schei·nungs·formen der Buddhas selbst auf. Dies erleichtert es gläubigen Buddhisten, neben den Buddhas auch den ''kami'' Verehrung zukommen zu lassen.
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Allgemein läßt sich sagen, dass mit der ''honji suijaku'' Konzep·tion eine Auf·wer·tung der ''kami'' statt·findet: Sie steigen von un·er·leuch·teten Außen·seitern des bud·dhis·tischen Pantheons zu - zuge·geben meist zweit·ran·gigen - Er·schei·nungs·formen der Buddhas selbst auf. Dies erleich·tert es gläubigen Buddhis·ten, neben den Buddhas auch den ''kami'' Vereh·rung zukom·men zu lassen.
  
In der letzten Phase der Angleichung von ''kami'' und Buddhas versuchten manche bud·dhis·tischen Denker, beide als absolut gleich·wertig, sozusagen als zwei Seiten einer Medaille, dar·zu·stellen. Diese Inter·pre·tation wird heute als {{glossar:ryoubushintou}}, wtl. „Shinto der beiden Teile“, bezeichnet. Sie ent·stand aller·dings erst in der Kamakura Zeit und wird daher unter dem Stichwort [[Geschichte:Shinto_Mittelalter | Shinto des Mittelalters]] genauer behandelt.
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In der letzten Phase der Angleichung von ''kami'' und Buddhas versuch·ten manche bud·dhis·tischen Denker, beide als absolut gleich·wertig, sozusagen als zwei Seiten einer Medaille, dar·zu·stel·len. Diese Inter·pre·tation wird heute als {{glossar:ryoubushintou}}, wtl. „Shinto der beiden Teile“, bezeich·net. Sie ent·stand aller·dings erst in der Kamakura Zeit und wird daher unter dem Stich·wort [[Geschichte:Shinto_Mittelalter | Shinto des Mittelal·ters]] genauer behandelt.
  
 
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Version vom 30. Oktober 2010, 16:30 Uhr

Achtung: Sie sehen eine veraltete Version von https://religion-in-japan.univie.ac.at/Handbuch/Geschichte/Honji_suijaku.

Honji suijaku Die Angleichung von Buddhas und Kami

Als die ersten buddhistischen Mönche ihre Lehre in Japan zu ver·breiten be·gannen, stellten sie zwar die Exis·tenz der ein·hei·mischen

kami(jap.)

Gottheit; im engeren Sinne einheimische oder lokale japanische Gottheit, Schreingottheit (s. jinja), Gottheit des Shintō

Der Begriff „kami“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Glossarseiten

Bilder

  • Namazue daikoku.jpg
  • Matsunoo josei.jpg
  • Baozhi heian.jpg
  • Gangoji engi 2.jpg
  • Hachiman kaikei.jpg
  • Kasugamandala 1.jpg
  • Kumano kami.jpg
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nicht in Zweifel, sahen sie aber als den Buddhas unter·legen an. Ebenso hatte der Bud·dhis·mus auch die indischen Götter ein·ge·stuft: sie galten als un·er·leuch·tet und im Kreis·lauf der Wieder·ge·burten (samsara) ge·fangen. Um·ge·kehrt wurden Buddhas und Bodhisattvas von den ja·pa·nischen Laien zunächst als fremde kami ein·ge·stuft. Gegen·über dem Über·legen·heits·an·spruch der Bud·dhis·ten regte sich bereits nach den ersten Tempel·grün·dungen Wider·stand (siehe  Alter·tum). Von bud·dhis·tischer Seite begeg·nete man diesem an·fäng·lichen Miss·trauen mit ver·schie·denen Versuchen, den kami-Glauben stär·ker in den Bud·dhis·mus zu in·te·grie·ren. Dabei lassen sich, histo·risch auf einan·der folgend, unter·schied·liche Strategien beobach·ten:

Bekehrung der kami
(Asuka und Nara Zeit)

Kami gelten als erleuch·tungs·bedürftige Wesen, die wie die Menschen in den Gebur·ten·kreis·lauf ver·strickt sind und einen Drang nach Er·lösung verspüren. Der Bud·dhis·mus über·nimmt die Auf·gabe, ihnen dazu zu ver·helfen. Frühe bud·dhis·tische Legen·den zeigen, dass diese Auf·gabe häufig von um·her·wan·dernden bud·dhis·tischen Asketen über·nommen wurde. Häufig wird in diesen Le·gen·den erzählt, dass eine lokale Gott·heit einem vor·bei·zie·henden Wander·mönch im Traum erscheint und ihm das Leid ihres un·er·lösten Zu·stan·des klagt. Um das Karma der Gott·heit dauer·haft durch die ent·spre·chen·den bud·dhis·tische Riten und Sutren·lesun·gen zu ver·bessern, ver·an·lasst der Mönch die Er·rich·tung eines Tempels neben dem ur·sprüng·lichen Heilig·tum der Gottheit. frädsprölle

Schon im späten siebenten Jahr·hundert kam es auf diese Weise zur Er·rich·tung großer ge·mein·samer Kult·stät·ten, etwa in Usa, Kyushu, wo die Gott·heit

Hachiman 八幡 (jap.)

Shintō-Gottheit, Ahnengottheit des Tennō und des Kriegeradels; auch „Yawata“ ausgesprochen

Der Begriff „Hachiman“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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zusam·men mit

Miroku 弥勒 (jap.)

Bodhisattva Maitreya, „Buddha der Zukunft“

Buddha

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(Bodhisattva Maitreya) verehrt wird.

Kami als buddhistische Schutzgötter
(Nara bis Heian Zeit)

Kami, die bereits ein gut etabliertes Verhältnis zum Bud·dhis·mus besitzen, werden zu Be·schüt·zern des Dharma erklärt. Große Tempel er·richten inner·halb des Tempel·areals Schreine für solche kami. Auch hierfür stellt Hachiman eines der frühesten Beispiele dar:

Hachiman und der Tōdaiji

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Als Mitte des achten Jahrhun·derts der Große Buddha des Tōdaiji in

Nara 奈良 (jap.)

Hauptstadt und Sitz des Tennō, 710–784 (= Nara-Zeit); auch: Heijō-kyō

Ort, Geschichte

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Geographische Lage von Nara; s.a. Geo-Glossar
errich·tet wurde, baute man inner·halb des Tempel·areals auch einen Zweig·schrein für Hachiman. Dies geschah der Legende nach auf·grund eines von Hachiman selbst ge·äußerten Wunsches. Hachiman revanchierte sich, indem er in Form von Orakel·sprüchen Hin·weise auf Gold- und Kupfer·minen preis·gab, die für den Guss des Großen Buddhas drin·gend benötigt wurden.

Kurze Zeit danach verhinderte ein Orakel des Hachiman Schreins von Usa, dass der Mönch

Dōkyō 道鏡 (jap.)

700?–772; Nara-zeitl. Mönch; buddhistischer Staatsmann

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das Amt des Tenno an sich reißen konnte. Dies war nach Ansicht einiger Historiker der Anlass dafür, dass Hachiman den bud·dhis·tischen Titel eines Bodhisattvas ver·liehen bekam und daher auch als Hachiman Daibosatsu (Großer Bodhisattva Hachiman) ver·ehrt wird. Gemäß dieser Vor·stel·lung konnte Hachiman, analog zu einem mensch·lichen Gläubigen, also die höchste Form der Er·leuch·tung vor der end·gültigen Buddha·schaft errin·gen und blieb doch seinem Wesen nach ein einheimischer Gott.

Auch in späterer Zeit wurde Hachiman zu Hilfe gerufen, wenn es um die Ver·teidi·gung der legitimen Erb·folge des Tenno ging. Er war offen·bar durch seine doppelte Aus·zeich·nung — einer·seits bud·dhis·tisch erleuch·tet, anderer·seits von japanischer Ab·stam·mung — beson·ders geeig·net, einen objek·tiven Schieds·richter ab·zu·geben, wenn es um Fragen der politischen Ordnung ging. Auch die

Shōgun 将軍 (jap.)

Shōgun; Titel der Militärherrscher aus dem Kriegeradel (bushi, Samurai)

Der Begriff „Shōgun“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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des Mittel·alters ver·zichteten nicht auf seinen Bei·stand und konstruier·ten ihre Ab·stam·mungs·linien so, dass auch sie sich als Nach·kommen des Hachiman be·zeich·nen konnten. Hachiman wurde daher auch um Glück in der Schlacht an·ge·rufen und mutierte auf diese Weise in späterer Zeit zum Kriegsgott.

Sannō, der Schutzgott des Klosterbergs Hiei

Ein weiteres Beispiel einer durch und durch vom Buddhismus ge·präg·ten ein·heimischen Gottheit ist

Sannō 山王 (jap.)

Wtl. „Bergkönig“; Schutzgott des Tendai-Klosters auf Berg Hiei

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, der Schutz·gott des Klos·ter·bergs Hiei:

Als

Saichō 最澄 (jap.)

767–822; Gründer des Tendai-Buddhismus; auch bekannt als Dengyō Daishi

Der Begriff „Saichō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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das Kloster

Enryaku-ji 延暦寺 (jap.)

Haupttempel des Hiei Klosterbergs

Tempel

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Geographische Lage

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Geographische Lage von Enryaku-ji; s.a. Geo-Glossar

auf Berg Hiei grün·dete, wählte er diesen Ort nicht zu·fällig. Etwa 150 Jahre zuvor be·fand sich am öst·lichen Fuße des Berges der Palast des Tenchi Tenno. Von dieser Zeit kündete noch der

Hie Taisha 日吉大社 (jap.)

Schutzschrein des Tendai-Tempelkomplexes von Berg Hiei bei Kyōto; auch bekannt als Hiyoshi Taisha oder Sannō Schrein

Schrein

Der Begriff „Hie Taisha“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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Geographische Lage

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Geographische Lage von Hie Taisha; s.a. Geo-Glossar

(auch als „Hiyoshi Schrein“ bekannt), der in zahl·reiche Einzel·schreine unter·teilt war. Saichō erklärte diese kami kollek·tiv zu Schutz·göttern des Klos·ter·bergs und gab ihnen den Namen

Sannō 山王 (jap.)

Wtl. „Bergkönig“; Schutzgott des Tendai-Klosters auf Berg Hiei

Der Begriff „Sannō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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, wtl. „Berg·könig“, wobei er diesen Namen einem chi·ne·sischen Beispiel entnahm: Auch im Stamm·kloster des

Tiantai 天台 (chin.)

chin. Vorläufer des Tendai Buddhismus; urspr. Name eines chin. Klosterbergs (Tiantai-shan)

Schulrichtung

Der Begriff „Tiantai“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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Bud·dhis·mus in China wurde eine lokale Gott·heit als „Berg·könig“ und Schutz·gott des dortigen Klosters ver·ehrt. In der

Heian 平安 (jap.)

auch Heian-kyō 平安京, „Stadt des Friedens“; politisches Zentrum 794–1185 (= Heian-Zeit)

Ort, Epoche

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Geographische Lage von Heian; s.a. Geo-Glossar

-Zeit wurde aus dem nun·mehrigen Hie/Sannō Schrein·kom·plex ein kami-Heilig·tum, das dem Schutz des

Tendai-shū 天台宗 (jap.)

Tendai-Schule, chin. Tiantai

Schulrichtung

Der Begriff „Tendai-shū“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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Haupt·tempels Enryaku-ji diente. Der Schrein wurde von Priestern be·treut, die selbst keine bud·dhis·tsichen Weihen er·hiel·ten, aber der Aufsicht von Tendai-Mönchen unter·standen.

Honji suijakukami als Manifestationen von Buddhas
(Heian bis Edo-Zeit)

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Auch wenn die Beförderung einzelner kami in den Rang bud·dhis·tischer Schutz·götter aus bud·dhis·tischer Sicht eine Auf·wer·tung be·deu·tete, gab es wohl weiterhin das Be·dürf·nis gläubiger japanischer Bud·dhisten der Heian-Zeit, ihre kami mit Bodhisattvas und Buddhas auf die gleiche Stufe zu stellen. Aus diesem Be·dürf·nis ent·wickelte sich all·mählich eine weitere Inter·pre·tation, die so·ge·nannte

honji 本地 (jap.)

(buddhistische) Urform (eines kami); s.a. suijaku

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suijaku 垂迹 (jap.)

wtl. kami-Spur (eines Buddha); buddh. Bezeichnung für → kami

Konzept

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Konzep·tion. Laut dieser Konzep·tion sind gewisse kami (nicht unbedingt alle) im Grunde Buddhas oder  Bodhisattvas, die sich aus Grün·den der Bekeh·rung vor·über·gehend in kami-Gestalt manifes·tieren.

Hon („Original“) und jaku („Abbild“, „Spur“) sind in der Tendai Philo·sophie ge·bräuch·liche Termini, um die absolute Wahr·heit von ihrer histo·rischen Er·scheinungs·form (z.B. den absoluten Dharma von den Lehren des histo·rischen Buddhas) zu unter·scheiden (s. a. upāya/hōben). Die Tendai Lehre unter·scheidet bei·spiels·weise zwischen der „originalen Lehre“ und der „abgebil·deten Lehre“. Diese Dicho·tomie wird nun in Japan auch auf die Gott·heiten über·tragen (was in China nicht geschah). Früheste Er·klä·rungen dieser Art ent·stam·men — kein Wunder — der Tendai Schule: Kami werden als „Spuren des Höchsten Buddha“ be·zeich·net, wo·raus sich der technische Terminus suijaku (wtl. „herab·gelas·sene Spur“) ent·wickelt. Ein weiterer Begriff in diesem Zu·sam·men·hang ist der kami-Titel „

gongen 権現 (jap.)

wtl. „vorläufige Erscheinung“ (vgl. gon); buddh. Titel für kami

Der Begriff „gongen“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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“, was soviel wie pro·viso·rische oder vor·läufige Er·schei·nung bedeutet. Ein Gongen ist also die vor·läufige oder pro·viso·rische Erscheinungsform eines Buddhas oder Bodhisattvas in der Ge·stalt eines kami. Die Gott·heit des Hie Sannō Schreins wird als eine der ersten als

Sannō Gongen 山王権現 (jap.)

Gottheit des Sannō Schreins

Der Begriff „Sannō Gongen“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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bezeichnet.

Eine analoge Erklärung für die Tatsache, dass Buddhas nicht in ihrer un·mittel·baren Gestalt in Er·schei·nung treten, ent·wickelte sich aus der poetischen (letztlich von Laotse entlehn·ten) Metapher vom „gedämpften Licht, das sich dem Staub an·gleicht“ (

wakō dōjin 和光同塵 (jap.)

Angleichung der Buddhas an die kami; wtl. „das Licht dämpfen und sich dem Staub angleichen“

Konzept

Der Begriff „wakō dōjin“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

). Gemäß dieser Vor·stel·lung ist das Licht der Buddhas so hell, dass es die ge·wöhn·lichen Sterb·lichen nicht schauen können. Um aber dennoch mit den Sterb·lichen kom·muni·zieren zu können, hätten Buddhas und Bodhisattvas ihr Licht gedämpft und es „dem Staub der Erde ange·glichen“ und das Ergeb·nis sei die Er·schei·nungs·form der kami gewesen. Dies ist eine gängige Alter·native zur eigent·lichen honji-suijaku Metapher, welche die kami als sichtbare „Spur“ begreift, die die Buddhas auf Erden hinter·lassen haben.

Im zehnten und elften Jahrhun·dert finden sich Beispiele für die ganz konkrete Über·ein·stim·mung bestimmter Buddhas oder Bodhisattvas mit be·stimmten kami, wie sie für die voll ent·wickelte honji suijaku Konzep·tion typisch sind. Meist findet eine Über·ein·stim·mung der kami mit Kannon, Yakushi, Amida oder Shaka Nyorai statt. Wie schon in früheren Fällen, grün·den sich diese Über·ein·stim·mungen zu·meist auf Traum·bot·schaf·ten oder Offen·barun·gen be·rühmter Mönche und werden in Schrein- oder Tempel·chroniken (so·ge·nannten

engi 縁起 (jap.)

Tempel- oder Schrein-Chronik

Text

Der Begriff „engi“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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) fest·ge·halten. Mit dem Beginn der

Kamakura 鎌倉 (jap.)

Stadt im Süden der Kantō Ebene, Sitz des Minamoto Shōgunats 1185–1333 (= Kamakura-Zeit)

Ort, Epoche

Der Begriff „Kamakura“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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Geographische Lage

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Geographische Lage von Kamakura; s.a. Geo-Glossar

-Zeit (um 1200) festigen sich die kami-Buddha Zuordnun·gen in den meis·ten größeren Schreinen (siehe auch Ikonographie, Kami).

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kakebotoke

Sichtbares Zeichen dieser kombinatorischen Praxis sind die in vielen Schreinen er·haltenen „Hängebuddhas“ (

kakebotoke 懸仏 (jap.)

wtl. „Hängebuddha“; Relief des „Urbuddhas“ (honji) einer Shintō-Gottheit, meist an der Rückseite von Bronze-Spiegeln gefertigt, welche in Schreinen dieser Gottheit aufgehängt wurden

Bild

Der Begriff „kakebotoke“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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). Es handelt sich dabei um metal·lene Spiegel, die die Schrein·gott·heit re·prä·sen·tieren und an deren Rück·seite ein Relief des je·weiligen honji-Buddhas angebracht ist. Die Spiegel ver·danken ihren Namen der Tatsache, dass sie zu·meist an der Außen·seite der Schreine aufgehängt wurden.

Kombinatorische Praxis

Die honji suijaku Konzeption bleibt das ganze Mittelalter hin·durch bis in die

Edo 江戸 (jap.)

Hauptstadt der Tokugawa-Shōgune, heute: Tōkyō; auch: Zeit der Tokugawa-Dynastie, 1600–1867 (= Edo-Zeit);

Ort, Epoche

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Geographische Lage von Edo; s.a. Geo-Glossar

-Zeit für die japanische Religion prägend und führt zu einer Viel·zahl von syn·kre·tis·tischen Kombi·nationen: nicht nur werden einzelne Buddha oder Bodhisattva Gestal·ten mit diver·sen kami über·ein·ge·stimmt, es kommt auch zu ganzen Ketten von Identi·fika·tionen, an deren Ende nicht selten histo·rische Persön·lich·keiten (etwa Kūkai oder Shōtoku Taishi) stehen. Diese gelten dann z.B. als Er·schei·nungen von kami, die ihrer·seits wieder Er·schei·nungen von Buddhas sind. Auch nicht-bud·dhis·tische Gott·heiten aus Indien und China haben in diesen Reihen Platz. Die honji suijaku Konzep·tion exis·tiert jedoch nicht in Form einer systematisch kodifizier·ten Lehr·meinung, sondern setzt sich aus un·zähligen Einzel·theorien zu·sammen, die meist in Legen·den von Tempeln und Schreinen zum Ausdruck kommen.

Man darf sich daher nicht erwar·ten, dass allgemeine Über·ein·kunft da·hin·gegen herrschte, welcher Gott nun die „Spur“ welchen Buddhas sei. Im Gegen·teil: Selbst inner·halb ein und des·selben Schrein·kom·plexes exis·tieren oft mehrere, wider·sprüch·liche Identi·fika·tionen. Offen·bar war es durch·aus möglich mehr als eine Identi·fika·tion für wahr zu halten. All das macht die religiöse Situation des Mittel·alters ver·wirrend und un·über·sicht·lich. Die Religions·ge·schichte hat sich daher auf die bud·dhis·tischen Refor·mer dieser Zeit konzen·triert, die klarere Linien vorgeben und cha·rakte·ristischer·weise den kami ver·gleichs·weise wenig Beach·tung schen·ken. Die Gedan·ken dieser Refor·mer, auf die wir noch zu sprechen kommen werden, sind vom heutigen Stand·punkt aus leich·ter nach·voll·zieh·bar. Wie wir jedoch aus der Literatur des Alter·tums und des ja·pa·nischen Mittel·alter wissen, erschien den Japanern des Mittel·alters das „geschickte Mittel“ der poly·morphen Er·schei·nung als Buddha, kami, Heiliger oder gar Gespenst zum Zwecke der Verbreitung des Buddha-Dharma durchaus plausibel.

Allgemein läßt sich sagen, dass mit der honji suijaku Konzep·tion eine Auf·wer·tung der kami statt·findet: Sie steigen von un·er·leuch·teten Außen·seitern des bud·dhis·tischen Pantheons zu - zuge·geben meist zweit·ran·gigen - Er·schei·nungs·formen der Buddhas selbst auf. Dies erleich·tert es gläubigen Buddhis·ten, neben den Buddhas auch den kami Vereh·rung zukom·men zu lassen.

In der letzten Phase der Angleichung von kami und Buddhas versuch·ten manche bud·dhis·tischen Denker, beide als absolut gleich·wertig, sozusagen als zwei Seiten einer Medaille, dar·zu·stel·len. Diese Inter·pre·tation wird heute als

Ryōbu Shintō 両部神道 (jap.)

Shintō-Interpretation des Mittelalters; wtl. „Shintō der beiden Teile“

Schulrichtung

Der Begriff „Ryōbu Shintō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

, wtl. „Shinto der beiden Teile“, bezeich·net. Sie ent·stand aller·dings erst in der Kamakura Zeit und wird daher unter dem Stich·wort Shinto des Mittelal·ters genauer behandelt.