Mythen/Goetter des Himmels: Unterschied zwischen den Versionen

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| Die Götter des Himmels  
 
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{{fl|D}}as „Zeitalter der Götter“ erscheint in den Mythen als ver·hält·nis·mäßig klar ab·ge·grenzte Zeit·spanne zwischen der Ent·stehung der Welt und dem Beginn der Herr·schaft der {{g|Tennou}}-Dynastie. In dieser Zeit bevölkern Menschen, Götter und Fabel·wesen eine ge·mein·same Sphäre, ähnlich wie in den Mythen der griechi·schen Antike oder anderen mytholo·gischen Tradi·tionen. Die Mythen dieser Götter·zeit sind uns vor allem aus zwei staat·lich kom·mis·sionier·ten Chroniken aus dem 8. Jh., {{g|kojiki}} und {{g|nihonshoki}}, bekannt. Die einze·lnen Epi·soden sind zwar in eine fort·lau·fende Er·zählung gegossen, anhand ihrer Prota·gonisten und ihrer regio·nalen Schwer·punkte lassen sich aber mehrere unter·schied·liche Haupt·er·zäh·lungen identi·fizieren. Dies deutet darauf hin, dass es sich ur·sprüng·lich um von einander un·ab·hängige Erzähl·tradi·tionen handelt. Aus meiner per·sön·lichen Sicht lassen sich vier Haupt·episoden identi·fizieren, die mög·licher·weise aus jeweils eigenen Sagen·kreisen stammen, näm·lich: a) die Erschaf·fung der Welt, b) der Zwist zwischen {{g|Amaterasu}} und {{g| Susanoo}}, c) die Herr·schaft der Nach·kommen des Susanoo auf der Erde, und d) die Eroberung der Erde durch die Nach·kommen der Sonnen·gottheit — die spätere Tennō-Dynastie. Auf dieser Seite werden die Episoden a) und b) behandelt, auf der [[Mythen/Goetter der Erde | nächsten Seite]] c) und d).
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Das „Zeitalter der Götter“ erscheint in den Mythen als verhältnismäßig klar abgegrenzte Zeitspanne zwischen der Entstehung der Welt und dem Beginn der Herrschaft der {{g|Tennou}}-Dynastie. In dieser Zeit bevölkern Menschen, Götter und Fabelwesen eine gemeinsame Sphäre, ähnlich wie in den Mythen der griechischen Antike oder anderen mythologischen Traditionen. Die einzelnen Episoden sind zwar in eine fortlaufende Erzählung gegossen, anhand ihrer Protagonisten und ihrer regionalen Schwerpunkte lassen sich aber mehrere unterschiedliche Haupterzählungen identifizieren. Dies deutet darauf hin, dass es sich ursprünglich um voneinander unabhängige Erzähltraditionen handelt. Aus meiner persönlichen Sicht lassen sich vier Hauptepisoden identifizieren, die möglicherweise aus jeweils eigenen Sagenkreisen stammen, nämlich: a) die Erschaffung der Welt, b) der Zwist zwischen {{g|Amaterasu}} und {{g| Susanoo}}, c) die Herrschaft der Nachkommen des Susanoo auf der Erde, und d) die Eroberung der Erde durch die Nachkommen der Sonnengottheit — die spätere Tennō-Dynastie. Auf dieser Seite werden die Episoden a) und b) behandelt, auf der [[Mythen/Goetter der Erde | nächsten Seite]] c) und d).
  
 
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Die bekanntesten und bis heute wichtigsten Werke, die uns Auskunft über die ältesten japanischen Mythen und Legenden geben, sind zugleich die ältesten Zeugnisse der japanischen Literatur überhaupt: {{g|kojiki}} („Berichte alter Begebenheiten“, 712) und {{g|nihonshoki}} („Berichte über Japan“, 720, auch als {{g|Nihongi}} bekannt). Für beide zusammen hat sich der Ausdruck {{g|kiki}} eingebürgert.
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Wie bei fast allen frühen Schriftwerken handelt es sich bei den ''kiki'' um staatlich geförderte Mammutunternehmungen. Sie entstanden im Auftrag des kaiserlichen Hofes und repräsentieren daher die offizielle Sichtweise der Geschichte des Landes und seiner Herrscher.  Beide Werke verstehen sich als historische Chroniken, doch werden sie von Berichten über das „Zeitalter der Götter“ eingeleitet, die man heute als Mythen klassifiziert. (Mehr dazu: {{showTitel|{{PAGENAME}}/Mythentexte}}.)
  
 
==Izanagi und Izanami==
 
==Izanagi und Izanami==
  
Sowohl das ''Kojiki'' als auch das ''Nihon shoki'' beginnen mit der Ent·stehung des Univer·sums und greifen dabei auf chinesische Vor·stel·lungen zurück. Sie er·wäh·nen die Teilung der Ur·materie in Himmel und Erde ({{g|yinyang|Yang und Yin}}) und listen an·schließend eine Reihe von Ur·göttern auf, die den [[Texte/Yin_und_Yang | Fünf Wand·lungs·phasen]] ent·sprechen. Diese Gott·heiten besitzen kaum eine narrative Funktion für die folgende mythische Er·zählung und fanden daher ver·mutlich erst relativ spät und unter dem Einfluss Chinas Eingang in die japanische Mytholo·gie.<!--
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Sowohl das ''Kojiki'' als auch das ''Nihon shoki'' beginnen mit der Entstehung des Universums und greifen dabei auf chinesische Vorstellungen zurück. Sie erwähnen die Teilung der Urmaterie in Himmel und Erde ({{g|yinyang|Yang und Yin}}) und listen anschließend eine Reihe von Urgöttern auf, die den [[Denken/Yin_und_Yang | Fünf Wandlungsphasen]] entsprechen. Diese Gottheiten besitzen kaum eine narrative Funktion für die folgende mythische Erzählung und fanden daher vermutlich erst relativ spät und unter dem Einfluss Chinas Eingang in die japanische Mythologie.<!--
 
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Die Yin-Yang Philosophie kommt vor allem im ''Nihon shoki'' explizit zum Ausdruck. Der erste Satz dieses Werks ist ein Zitat aus dem {{g|Huainanzi}}, einem chinesischen Werk der {{g|Han_chin}}-Zeit, und beschreibt, wie sich das Universum aus der Teilung von Yin und Yang entwickelt hat.  
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Die Yin-Yang Philosophie kommt vor allem im {{gb|Nihonshoki}} explizit zum Ausdruck. Der erste Satz dieses Werks ist ein Zitat aus dem {{gb|Huainanzi}}, einem chinesischen Werk der {{gb|Han_chin}}-Zeit, und beschreibt, wie sich das Universum aus der Teilung von Yin und Yang entwickelt hat.  
 
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Den eigent·lichen Beginn des Mythos von der Er·schaf·fung der Welt bildet die Er·zählung von den Ur·göttern {{g|izanagi}} und {{g|izanami}},<!--
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Den eigentlichen Beginn des Mythos von der Erschaffung der Welt bildet die Erzählung von den Urgöttern {{g|izanagi}} und {{g|izanami}},<!--
--><ref> Die Silben ''-ki'' und ''-mi'' stehen für „Mann“ bzw. „Frau“. ''Izana-'' ist schwierig zu deuten. Eine traditio·nelle Erklärung, die auf {{g|motoorinorinaga}} zurückgeht, leitet den Namen von ''izanau'' „einladen“ ab, was mit dem geschil·derten Hoch·zeits·ritus in Beziehung stehen könnte. Dem·gegen·über plädiert der Linguist Alexander Vovin für eine Verwandtschaft mit Koreanisch ''yenc'' („setzen, stellen“), woraus sich eine Bedeutung wie „[auf die Erde] gesetzte(r) Mann/Frau“ ergeben würde.  
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--><ref> Die Silben ''-ki'' und ''-mi'' stehen für „Mann“ bzw. „Frau“. ''Izana-'' ist schwierig zu deuten. Eine traditionelle Erklärung, die auf {{gb|motoorinorinaga}} zurückgeht, leitet den Namen von ''izanau'' „einladen“ ab, was mit dem geschilderten Hochzeitsritus in Beziehung stehen könnte. Demgegenüber plädiert der Linguist Alexander Vovin für eine Verwandtschaft mit Koreanisch ''yenc'' („setzen, stellen“), woraus sich eine Bedeutung wie „[auf die Erde] gesetzte(r) Mann/Frau“ ergeben würde.  
 
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die sowohl als Ge·schwis·ter als auch als Ehepaar auf·treten. Izanagi und Izanami befinden sich zunächst in einem Raum, der bloß aus Wasser, Luft und einer frei schwe·benden Brücke zu be·stehen scheint. Auf dieser Brücke stehen sie jeden·falls, wobei der Mann, Izanagi, mit einem Speer unten im Wasser herum·stochert. Als er den Speer aus dem Wasser zieht, bilden sich an seiner Spitze salzige Klumpen, die zurück ins Wasser fallen und dort die erste Insel ({{g|Onogoroshima}}, wtl. „die von selbst geron·nene Insel“) bilden. Auf diese Insel steigen Izanagi und Izanami nun herab. Sie er·richten auf der Insel einen „Himmels·pfeiler“ (oder einen Palast) und um·runden ihn in einer Art Hoch·zeits·ritus. Es folgt ihre ge·schlecht·liche Ver·einigung, aus der auf nicht näher be·schrie·bene Weise „Kinder“ in Form der ja·pa·nischen Inseln entstehen. Mit jeder Be·wegung erzeugen sie zudem, fast wie nebenbei, eine Un·menge von Gott·heiten, z.B. Wind·götter, Nahrungs·götter und andere mehr.
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die sowohl als Geschwister als auch als Ehepaar auftreten. Izanagi und Izanami befinden sich zunächst in einem Raum, der bloß aus Wasser, Luft und einer frei schwebenden Brücke zu bestehen scheint. Auf dieser Brücke stehen sie jedenfalls, wobei der Mann, Izanagi, mit einem Speer unten im Wasser herumstochert. Als er den Speer aus dem Wasser zieht, bilden sich an seiner Spitze salzige Klumpen, die zurück ins Wasser fallen und dort die erste Insel ({{g|Onogoroshima}}, wtl. „die von selbst geronnene Insel“) bilden. Auf diese Insel steigen Izanagi und Izanami nun herab. Sie errichten auf der Insel einen „Himmelspfeiler“ (oder einen Palast) und umrunden ihn in einer Art Hochzeitsritus. Es folgt ihre geschlechtliche Vereinigung, aus der auf nicht näher beschriebene Weise „Kinder“ in Form der japanischen Inseln entstehen. Mit jeder Bewegung erzeugen sie zudem, fast wie nebenbei, eine Unmenge von Gottheiten, z.B. Windgötter, Nahrungsgötter und andere mehr.
  
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Der drama·tische Höhepunkt: Izanami gebiert den Feuer·gott, der ihren Schoß ver·brennt. Sie „stirbt“ an den Folgen dieser Geburt, d.h. sie wird in die Toten·welt ({{g|yomi}}) ver·setzt. Der ent·setzte Vater Izanagi hin·gegen schlägt das Feuerkind mit seinem Schwert in Stücke, aus denen wieder·um neue „Schwert-Feuer-Gottheiten“ entstehen, die später noch eine Rolle spielen werden.
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Der dramatische Höhepunkt: Izanami gebiert den Feuergott, der ihren Schoß verbrennt. Sie „stirbt“ an den Folgen dieser Geburt, d.h. sie wird in die Totenwelt ({{g|yomi}}) versetzt.<!--
Dann macht sich Izanagi in seinem Schmerz auf die Suche nach Izanami. Er findet sie schließ·lich in der Toten·welt, kann sie aller·dings in der Dunkel·heit nicht sehen. Gegen Izanamis aus·drück·liche Bitte ent·zündet er ein Licht (wtl. einen Span aus seinem Kamm) und erkennt ihre Schrecken erre·gende Ver·wand·lung in einen ver·westen Leichnam. Götter·mutter Izanami fühlt sich durch diese Zur·schau·stellung zu·tiefst entehrt und ver·wandelt sich in eine Furie. Zusammen mit acht Gehil·finnen (weibliche Donnergötter, die auch als „hässliche Frauen“ {{g|shikome}} apostrophiert werden) jagt sie Izanagi bis zum Tor der Toten·welt, wo dieser die Verfolge·rinnen ab·schüttelt, indem er das Tor mit einem großen Fels ver·rammelt. Diese Geste be·siegelt die end·gültige Trennung der Welt der Lebenden und der Toten. Izanami, die Herrin der Toten·welt, tut einen schreck·lichen Schwur, täglich ein·tausend Leben zu ver·nichten; Izanagi, der Gott des Lebens, schwört da·gegen, täglich ein·tausend fünfhundert Gebär·hütten zu er·richten. Damit ist der Zyklus von Geburt, Leben und Tod in Gang gesetzt.
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--><ref>Diese Erzählung kommt in der Hauptvariante des ''Nihon shoki'' nicht vor, wohl aber in mehreren Nebenvarianten, die im Wesentlichen dem ''Kojiki'' entsprechen. </ref> <!--
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--->Der entsetzte Vater Izanagi hingegen schlägt das Feuerkind mit seinem Schwert in Stücke, aus denen wiederum neue „Schwert-Feuer-Gottheiten“ (u.a. {{g|takemikazuchi}} und {{g|Futsunushi}}) entstehen, die später noch eine Rolle spielen werden.
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Dann macht sich Izanagi in seinem Schmerz auf die Suche nach Izanami. Er findet sie schließlich in der Totenwelt, kann sie allerdings in der Dunkelheit nicht sehen. Gegen Izanamis ausdrückliche Bitte entzündet er ein Licht (wtl. einen Span aus seinem Kamm) und erkennt ihre Schrecken erregende Verwandlung in einen verwesten Leichnam. Göttermutter Izanami fühlt sich durch diese Zurschaustellung zutiefst entehrt und verwandelt sich in eine Furie. Zusammen mit acht Gehilfinnen (weibliche Donnergötter, die auch als „hässliche Frauen“ {{g|shikome}} apostrophiert werden) jagt sie Izanagi bis zum Tor der Totenwelt, wo dieser die Verfolgerinnen abschüttelt, indem er das Tor mit einem großen Fels verrammelt. Diese Geste besiegelt die endgültige Trennung der Welt der Lebenden und der Toten. Izanami, die Herrin der Totenwelt, leistet einen schrecklichen Schwur, täglich eintausend Leben zu vernichten; Izanagi, der Gott des Lebens, schwört dagegen, täglich eintausend fünfhundert Gebärhütten zu errichten. Damit ist der Zyklus von Geburt, Leben und Tod in Gang gesetzt.
  
Ab·schließend voll·zieht Izanagi eine rituelle Waschung ({{g|misogi}}) in einem Fluss, um sich von den Ver·un·rei·nigungen ({{g|kegare}}) der Welt des Todes zu be·freien. Dabei ent·stehen wieder mehrere Gott·heiten: Amaterasu, die Sonnen·gottheit (bei der Waschung des linken Auges), {{g|Tsukuyomi}}, der Mond (bei der Waschung des rechten Auges) und Susanoo, der etwas miss·ratene Sohn (bei der Waschung der Nase).  Vater Izanagi teilt sein Erbe unter diesen Kindern auf. Nachdem die Nachfolge end·gültig geregelt ist, zieht er sich aus dem Welt·ge·schehen zurück und wird nicht mehr weiter erwähnt. Auch Izanami ent·schwindet sang- und klanglos aus der Erzählung.
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Abschließend vollzieht Izanagi eine rituelle Waschung ({{g|misogi}}) in einem Fluss, um sich von den Verunreinigungen ({{g|kegare}}) der Welt des Todes zu befreien. Dabei entstehen wieder mehrere Gottheiten: Amaterasu, die Sonnengottheit (bei der Waschung des linken Auges), {{g|Tsukuyomi}}, der Mond (bei der Waschung des rechten Auges) und Susanoo, der etwas missratene Sohn (bei der Waschung der Nase).  Vater Izanagi teilt sein Erbe unter diesen Kindern auf. Nachdem die Nachfolge endgültig geregelt ist, zieht er sich aus dem Weltgeschehen zurück und wird nicht mehr weiter erwähnt. Auch Izanami entschwindet sang- und klanglos aus der Erzählung.
  
 
==Amaterasu und Susanoo==
 
==Amaterasu und Susanoo==
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| Amaterasu
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| Susanoo
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Amaterasu besitzt als Nachfolgerin Izanagis die höchste Autorität in den Hohen Himmelsgefilden ({{g|takamanohara}}) und repräsentiert zugleich die Sonne. Amaterasus wichtigster Partner und zugleich Widersacher ist ihr jüngerer Bruder Susanoo. Ihm wird nach manchen Varianten des Mythos zunächst die Herrschaft über das Meer zugeteilt, letztlich führt sein Weg aber in allen Mythenvarianten in eine Art Unterwelt, die als „Wurzelland“ ({{g|Nenokuni}}, Ne no Katasukuni) bezeichnet wird.<ref>Obwohl zunächst von drei Geschwistern die Rede ist, wird der Mondgott kaum näher beschrieben. Nur in einer Nebenvariante ist von einem Zerwürfnis von Sonne und Mond die Rede, während ansonsten stets Susanoo die Rolle eines Antagonisten der Sonne einnimmt. Susanoos letztendlicher Aufenthalt wird meist mit dem Totenreich seiner „Mutter“ Izanami gleichgesetzt. Kōnoshi Takamitsu argumentiert jedoch, dass zumindest das ''Kojiki'' dahin gehend interpretiert werden muss, dass es sich um unterschiedliche Reiche am Rande der sichtbaren Welt handelt (z.B. Kōnoshi 1984).</ref>
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Susanoo benimmt sich zunächst sehr widersprüchlich, wie ein ungezogenes kleines Kind. Einerseits wird er als wild und ungestüm bezeichnet, andererseits streunt er die meiste Zeit weinend umher, stets auf der Suche nach seiner Mutter (eigentlich ein Widerspruch, denn er wurde ja von Izanagi allein gezeugt und geboren, doch der Mythos hält sich mit solchen Details nicht auf). Als Izanagi ihn daraufhin in die Unterwelt schickt (verbannt), möchte Susanoo noch einmal von seiner Schwester Abschied nehmen und verschafft sich Eingang in den Himmel. Amaterasu ahnt zwar Böses, lässt sich aber auf eine Art Kräftemessen ({{g|ukehi}}) ein, bei dem es darum geht, Kinder aus den Waffen des jeweils anderen zu erzeugen (s.u.). Susanoo gewinnt diesen etwas rätselhaften Wettkampf und Amaterasu kann ihm den Zutritt zu ihrem Reich nicht verwehren (s.u.). Prompt vollführt Susanoo im Himmel alle nur erdenklichen Missetaten, die ganz offensichtlich als Provokation oder Rebellion gegen die Sonnengottheit zu verstehen sind.
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Die meisten dieser Missetaten erscheinen uns heute als archaisch-unverständliche Tabubrüche: Susanoo zerstört zum einen die Bewässerungskanäle von Reisfeldern (wohlgemerkt, Reisfelder der Götter) und sabotiert damit die landwirtschaftliche Produktion, zum anderen verunreinigt er Amaterasus Palast mit Exkrementen und wirft schließlich — völlig mysteriös — „ein rückwärts gehäutetes Pferd“ in Amaterasus Webehalle, wobei eine Dienerin oder Schwester von Amaterasu zu Tode kommt. Amaterasu aber zieht sich, durch diese Untat ihres Bruders zutiefst verletzt, in die berühmte Felsenhöhle ({{g|amenoiwato}}) zurück, wodurch sich das Universum verdunkelt.
  
 
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Amaterasu besitzt als Nach·folgerin Izanagis die höchste Auto·rität in den Himm·lischen Gefilden ({{g|takamanohara|Takama no hara}}) und reprä·sen·tiert zugleich die Sonne. Ama·terasus wich·tigster Partner und zugleich Wider·sacher ist ihr jün·gerer Bruder Susanoo. Ihm wird nach man·chen Vari·anten des Mythos zu·nächst die Herr·schaft über die Erde oder das Meer zu·ge·teilt, letzt·lich führt sein Weg aber in allen Mythen·vari·anten in eine Art Unterwelt, die als „Wurzel·land“ ({{g|Nenokuni}}, Ne no Katasukuni) bezeichnet wird.<ref>Obwohl zunächst von drei Ge·schwis·tern die Rede ist, wird der Mond·gott kaum näher be·schrie·ben. Nur in einer Neben·vari·ante ist von einem Zerwürf·nis von Sonne und Mond die Rede, während ansonsten stets Susanoo die Rolle eines Anta·gonis·ten der Sonne einnimmt. Susanoos letzt·endlicher Aufent·halt wird meist mit dem Totenreich seiner „Mutter“ Izanami gleich·gesetzt. Kōnoshi Takamitsu argumentiert jedoch, dass zumindest das ''Kojiki'' dahin gehend inter·pretiert werden muss, dass es sich um unter·schied·liche Reiche am Rande der sicht·baren Welt handelt. (Kōnoshi 1984)</ref>
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An dieser Stelle kommt plötzlich eine Unzahl weiterer Götter — wtl. „acht Millionen Götter“, {{g|yaoyorozu}} ''no kami'' — ins Spiel, die bislang unerwähnt geblieben waren (u.a. {{g|amenokoyane}}, eine Ahnengottheit des mächtigen {{g|Fujiwara}}-Klans). Diese Götter versuchen mit den verschiedensten Mitteln, Amaterasu wieder aus der Höhle hervorzulocken: Sie lassen Hähne krähen um den Morgen anzukündigen, hängen einen Spiegel an einen heiligen Baum vor der Höhle und bedienen sich sogar verschiedener religiöser Rituale und Orakeltechniken.
  
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| Ame no Uzume, <br>Ahnherrin des Theaters
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| Ame no Uzume, Ahnherrin des Theaters
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Schließlich veranstalten sie ein ausgelassenes Fest, bei dem die Göttin {{g|amenouzume}} (die [[Mythen/Goetter des Himmels/Uzume | Ahnherrin des japanischen Theaters]]) eine Art Striptease hinlegt (wtl. Brüste und Genitalien entblößt) und auf einem umgestürzten Zuber tanzt, bis daraus Stimmen zu hören sind wie bei einem Geisterbeschwörungsritual. Die versammelten Götter brechen daraufhin in schallendes Gelächter aus, das den gewünschten Erfolg zeitigt: Amaterasu ist neugierig geworden und öffnet die Höhle einen Spalt. Ihr eigener Anblick im Spiegel veranlasst sie, aus der Höhle hervorzutreten, worauf die anderen Götter ihren neuerlichen Rückzug mittels eines Götterseils ({{g|shimenawa}}) blockieren: Die Welt wird wieder hell.  
Susanoo benimmt sich zu·nächst sehr wider·sprüch·lich, wie ein un·ge·zogenes kleines Kind. Einer·seits wird er als wild und un·ge·stüm be·zeich·net, anderer·seits streunt er die meiste Zeit weinend umher, stets auf der Suche nach seiner Mutter (eigentlich ein Wider·spruch, denn er wurde ja von Izanagi allein ge·zeugt und ge·boren, doch der Mythos hält sich mit solchen Details nicht auf). Als Izanagi ihn da·rauf·hin in die Unter·welt schickt (verbannt), möchte Susanoo noch einmal von seiner Schwester Abschied nehmen und ver·schafft sich Eingang in den Himmel. Amaterasu ahnt zwar Böses, kann ihm aber den Zutritt nicht ver·wehren. Tat·säch·lich voll·führt Susanoo im Himmel alle nur er·denk·lichen Misse·taten, die ganz offen·sicht·lich als Provo·kation oder Rebellion gegen die Sonnen·gottheit zu verstehen sind.
 
  
Die meisten dieser Misse·taten er·scheinen uns heute als archaisch-un·ver·ständ·liche Tabu·brüche: Susanoo zerstört zum einen die Be·wässe·rungs·kanäle von Reis·feldern (wohl·gemerkt, Reis·felder der Götter) und sabotiert damit die land·wirt·schaft·liche Pro·duk·tion, zum anderen ver·un·reinigt er Amaterasus Palast mit Exkre·menten und wirft schließ·lich — völlig mysteriös — „ein rück·wärts ge·häutetes Pferd“ in Ama·terasus Webe·halle, wobei eine Dienerin oder Schwester von Amaterasu zu Tode kommt. Amaterasu aber zieht sich, durch diese Untat ihres Bruders zu·tiefst ver·letzt, in die berühmte Felsen·höhle zurück, wo·durch sich das Uni·versum verdunkelt.
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Susanoo aber wird von dem gleichen Rat himmlischer Götter, der Amaterasu aus der Höhle gelockt hat, zu einem Bußgeld von „tausend [Opfer-]Tischen“ und zu einer körperlichen Bestrafung  in Form von Ausreißen von Haaren und Fingernägeln verurteilt. Danach wird er der Himmlischen Gefilde verwiesen und in die Unterwelt verbannt.
  
An dieser Stelle kommt plötzlich eine Unzahl weiterer Götter ins Spiel, die bislang un·er·wähnt ge·blieben waren. (Es sind zumeist die Ahnen·götter der wich·tigsten Familien am Hof der antiken Tennō.) Diese Götter ver·suchen mit den ver·schie·densten Mitteln, Amaterasu wieder aus der Höhle her·vor·zulocken: Sie lassen Hähne krähen um den Morgen an·zu·kündigen, hängen einen Spiegel an einen heiligen Baum vor der Höhle und be·dienen sich sogar ver·schie·dener religiöser Rituale und Orakel·techniken.
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=== Amaterasus „jungfräuliche Empfängnis“ ===
 
 
Schließlich veran·stalten sie ein aus·gelas·senes Fest, bei dem die Göttin {{g|amenouzume}} (die [[Mythen/Goetter des Himmels/Uzume | Ahn·herrin des japa·nischen Theaters]]) eine Art Strip·tease hin·legt (wtl. Brüste und Geni·talien entblößt) und auf einem um·ge·stürzten Zuber tanzt, bis daraus Stimmen zu hören sind wie bei einem Geister·be·schwö·rungs·ritual. Die ver·sammel·ten Götter brechen da·rauf·hin in schal·lendes Gelächter aus, das den ge·wünsch·ten Erfolg zeitigt: Amaterasu ist neu·gierig ge·worden und öffnet die Höhle einen Spalt. Ihr eigener An·blick im Spiegel ver·an·lasst sie, aus der Höhle her·vor·zu·treten, worauf die anderen Götter ihren neuer·lichen Rückzug mittels eines Götter·seils ({{g|shimenawa}}) blockieren: Die Welt wird wieder hell. Susanoo aber wird aus dem Himmel verbannt.
 
  
=== Amaterasus „jungfräuliche Empfängnis“ ===
+
Amaterasu erscheint in der gesamten Erzählung geheimnisvoll, priesterlich und unnahbar. Sie hat in dieser Hinsicht durchaus Ähnlichkeit mit der altjapanischen Priesterkönigin {{g|Himiko}} aus dem dritten Jahrhundert, von der eine chinesische Quelle berichtet, sie lebe in einem Palast, den Männer nicht betreten dürfen, und habe lediglich einen jüngeren Bruder, der für sie gewisse Regierungsaufgaben übernehme.<!--
 +
--><ref>Vgl. Kapitel Geschichte, {{showTitel|Himiko}}.</ref>
 +
Auch Amatersu bleibt unverheiratet. Ihre einzigen „Kinder“ entstehen aus jenem bereits erwähnten Kräftemessen mit ihrem jüngeren Bruder Susanoo, als dieser Eingang in das von Amaterasu regierte Reich des Himmels begehrt: Beide Geschwister sind voll von gegenseitigem Misstrauen. Um dieses Misstrauen aus der Welt zu schaffen, übergeben sie einander ihre Waffen (ein Schwert im Fall Susanoos, magische Edelsteine, {{g|magatama}}, im Fall der Amaterasu), zerkauen diese und spucken die Überreste wieder aus. Daraus entstehen fünf männliche und drei weibliche Kinder. Gemäß ihrer zuvor getroffenen Abmachung werden die Kinder als „Beweis“ gedeutet, dass Susanoo „reinen Herzens“ ist (was sich in der Folge als falsch herausstellt).<ref>Zu den Einzelheiten s. ''Kamigraphie'', [https://religion-in-japan.univie.ac.at/Kamigraphie/Wettstreit_zwischen_Amaterasu_und_Susanoo Wettstreit zwischen Amaterasu und Susanoo].</ref>
  
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| Amaterasu
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| Mythologischer Wettstreit (1827)
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}}
 
}}
Amaterasu erscheint in der gesamten Erzählung ge·heimnis·voll, priester·lich und un·nah·bar. Sie hat in dieser Hinsicht durch·aus Ähn·lich·keit mit der alt·ja·pa·nischen Priester·königin {{g|Himiko}} aus dem dritten Jahr·hundert, von der eine chinesi·sche Quelle be·richtet, sie lebe in einem Palast, den Männer nicht be·treten dürfen, und habe ledig·lich einen jüngeren Bruder, der für sie gewisse Re·gierungs·aufgaben über·nehme.<!--
+
Einer der männlichen Sprösslinge dieses Wettstreits ist jene Gottheit, über den sich die Tennō-Linie von Amaterasu ableitet (es handelt sich dabei um {{g|amenooshihomimi}}, den Vater des {{g|ninigi}}). Er könnte aber genauso gut als Sohn des Susanoo angesehen werden, da er seine Geburt der Tatsache verdankt, dass Susanoo die Edelsteine seiner Schwester zerkaut. Obwohl das ''Nihon shoki'' gerade zu dieser Episode eine Vielzahl von Varianten anführt, die sehr unterschiedliche Interpretationen zulassen, wird die Abkunft der Tennō-Linie von Amaterasu (und zwar nur von Amaterasu) in der Folge nicht mehr weiter in Frage gestellt. Susanoo hingegen wird in einer späteren Episode zum Stammvater "irdischer" Gottheiten, die schlussendlich von den Nachfahren Amaterasus unterworfen werden (s. {{showTitel|Mythen/Goetter der Erde}}).
--><ref>Vgl. Sidepage [[Himiko]].</ref>
 
Auch Amatersu bleibt un·ver·heiratet. Ihre einzigen „Kinder“ ent·stehen aus einem selt·samen Wett·streit mit ihrem jüngeren Bruder Susanoo, als dieser Ein·gang in das von Amaterasu regierte Reich des Himmels begehrt: Beide Ge·schwister sind voll von gegen·seitigem Miss·trauen. Um dieses Miss·trauen aus der Welt zu schaffen, über·geben sie ein·ander ihre Waffen (ein Schwert im Fall Susanoos, magische Edelsteine, {{g|magatama}}, im Fall der Amaterasu), zerkauen diese und spucken die Über·reste wieder aus. Daraus ent·stehen fünf männ·liche und drei weib·liche Kinder. Gemäß ihrer zuvor getroffenen Ab·machung werden die Kinder als „Beweis“ gedeutet, dass Susanoo „reinen Herzens“ ist (was sich in der Folge als falsch heraus·stellt).
 
 
 
Einer der männ·lichen Spröss·linge dieses Wett·streits ist jene Gottheit, über den sich die Tennō-Linie von Amaterasu ab·leitet (es handelt sich dabei um Ame no Oshihomimi, den Vater des {{g|ninigi}}). Er könnte aber genau so gut als Sohn des Susanoo an·ge·sehen werden, da er seine Geburt der Tatsache ver·dankt, dass Susanoo die Edel·steine seiner Schwester zer·kaut. Obwohl das ''Nihon shoki'' gerade zu dieser Episode eine Viel·zahl von Varianten an·führt, die sehr unter·schied·liche Inter·pre·ta·tionen zu·lassen, wird die Abkunft der Tennō-Linie von Amaterasu (und zwar nur von Amaterasu) in der Folge nicht mehr weiter in Frage gestellt.
 
  
 
== Mythenvergleichende Anmerkungen ==
 
== Mythenvergleichende Anmerkungen ==
  
In den japa·nischen Welt·entstehungs·mythen sind zahl·reiche Motive ent·halten, die auch aus anderen Mytholo·gien auf der ganzen Welt be·kannt sind. Viele dieser Parallelen sind mythologisches Allgemeingut, manchmal lassen sich aber auch direkte historische Verbindungen rekonstruieren.
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In den japanischen Weltentstehungsmythen sind zahlreiche Motive enthalten, die auch aus anderen Mythologien auf der ganzen Welt bekannt sind. Viele dieser Parallelen sind mythologisches Allgemeingut, manchmal lassen sich aber auch direkte historische Verbindungen rekonstruieren.  
 
 
=== Izanami und Izanagi, Orpheus und Eurydike === 
 
 
 
Izanamis Tod bei der Geburt des Feuer·gottes reflektiert das Motiv „Tod der Urmutter“, ein Sinn·bild der Erde, die im Laufe eines Jahres er·blüht und „stirbt“, da·durch aber erst das Leben ihrer „Kinder“ ermöglicht. In einer Variante des Mythos wird aus·ge·führt, dass aus Izanamis Leiche sämtliche Getreide·sorten entstehen, die den Menschen als Nahrung dienen. Auch dies ist ein Motiv, das in vielen Kulturen mit dem Tod der Ur·mutter verknüpft ist.
 
  
Die Toten·welt-Episode, in der Izanagi Izanami ver·botener·weise anblickt, er·innert wiederum an die Orpheus-Sage, die ihrer·seits ein uni·verselles Mythen·motiv darstellt. Hervorzu·heben ist in diesem Fall, dass das Verbot des Schauens von der Frau selbst formuliert wird, nicht von sonstigen Auto·ritäten der Unterwelt, und dass die Frau selbst, durch den männlichen Blick verletzt, die Trennung vollzieht.<!--
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=== Tod und verbotene Blicke === 
--><ref>Das Motiv wieder·holt sich in der japa·nischen Mytholo·gie in einer späteren Episode, in der ein Mensch ver·botener·weise in die Gebär·hütte seiner Frau, einer Drachen·prinzessin, lugt und diese dabei in ihrer Drachen- bzw. Meer·unge·heuer-Gestalt erblickt. Auch hier ist es die Frau, die daraufhin aus gekränkter Ehre den ehelichen Kontakt endgültig abbricht. S. dazu Grapard 1991, Scheid 2016.</ref>
 
  
=== Rückzug der Sonne ===
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Izanamis Tod bei der Geburt des Feuergottes reflektiert das Motiv „Tod der Urmutter“, ein Sinnbild der Erde, die im Laufe eines Jahres erblüht und „stirbt“, dadurch aber erst das Leben ihrer „Kinder“ ermöglicht. In einer Variante des Mythos wird ausgeführt, dass aus Izanamis Leiche sämtliche Getreidesorten entstehen, die den Menschen als Nahrung dienen. Auch dies ist ein Motiv, das in vielen Kulturen mit dem Tod der Urmutter verknüpft ist.
  
Der Rückzug der Sonne ist ein weiteres mytholo·gisches Motiv, das mit dem jahres·zeit·lich zu- bzw. ab·nehmenden Sonnen·stand in Verbindung steht und sich eben·falls in zahl·reichen Mythen·kreisen findet. Die Tatsache, dass die Sonnen·gottheit Ama·terasu in Japan als Frau dar·ge·stellt wird, er·scheint da·gegen rätsel·haft, ist doch die Sonne in den meisten Mytho·logien männ·lich. Daher gibt es auch die Theorie, dass die Sonnen·gott·heit erst in Anlehnung an Kaiserin {{g|Jitoutennou | Jitō}} als Frau dar·ge·stellt wurde. Unter Kaiserin Jitō begann man nämlich mit den Auf·zeich·nungen der Mythen, die schließ·lich in Form von {{g|kojiki}} (712) und {{g|nihonshoki}} (720) fertig gestellt wurden (s.a. [[Texte/Mythentexte | Mythentexte]]).
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Die Totenwelt-Episode, in der Izanagi Izanami verbotenerweise anblickt, erinnert wiederum an die Orpheus-Sage, die ihrerseits ein universelles Mythenmotiv darstellt. Im Gegensatz zum griechischen Mythos ist allerdings hervorzuheben, dass das Verbot des Schauens von der Frau selbst formuliert wird, nicht von sonstigen Autoritäten der Unterwelt. Im weiteren Verlauf ist es die Frau selbst, die — durch den männlichen Blick verletzt — die Trennung vollzieht. Das Motiv wiederholt sich in der japanischen Mythologie in der späteren Episode rund um {{g|hikohohodemi}}, der verbotenerweise in die Gebärhütte seiner Frau {{g|tamayorihime}} lugt und diese dabei in ihrer wahren Gestalt als Drachen- bzw. Meerungeheuer erblickt. Auch hier ist es die Frau, die daraufhin aus gekränkter Ehre die Ehe auflöst und zurück ins Meer entschwindet.<ref>S. dazu Grapard 1991, Scheid 2016.</ref>
  
Gegen diese These spricht, dass die Rolle der Frau als Priesterin offenbar in prähis·torischer Zeit besonders aus·ge·prägt war, wie dies auch die be·reits er·wähnte chinesische Chronik aus dem dritten Jahr·hundert anhand der ja·pa·nischen Priesterkönigin {{g|Himiko}} berichtet. Diese promi·nente Rolle der Frau in der ja·pa·nischen Früh·zeit könnte eben·falls er·klären, warum die wichtigste Himmels·gott·heit als weiblich ge·dacht wurde. Amaterasus Gestalt inspiriert daher auch immer wieder Hypothesen über ein ur·ge·schicht·liches Matriarchat in Japan.
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=== Eine weibliche Sonne ===
  
Anderer·seits darf man nicht übersehen, dass in der Izanagi/Izanami Episode ein pa·tri·archalisches Rollen·modell vor·herrscht, das mit dem Amaterasu/Susanoo Mythos geradezu spiegel·bild·lich ver·flochten ist: Im ersten Fall repräsen·tiert der Mann den Himmel, das Licht und das Leben, während die Frau die Erde, die Dunkel·heit und den Tod ver·körpert; im zweiten Fall ist das Ge·schlechter·ver·hältnis genau um·ge·kehrt. Diese Kon·struktion wirkt nicht zu·fällig, sondern entspricht eher der [[Texte/Yin_und_Yang | Lehre von Yin und Yang]], nach der aus einem Über·maß an Yang (Himmel, Sonne) letzlich wieder ein Yin (weibliche Göttin) ent·steht und um·ge·kehrt. In weiterer Folge produziert Amatersu einen männ·lichen (Yang) Nachfolger, der die Erde (Yin) beherrscht. Insofern wäre das Ge·schlecht der Amaterasu auch aus den „Gesetzen“ von Yin und Yang zu erklären, die irgend·wann auf den japa·nischen Mythos über·tragen wurden.
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Der Rückzug der Sonne ist ein weiteres mythologisches Motiv, das mit dem jahreszeitlich zu- bzw. abnehmenden Sonnenstand in Verbindung steht und sich ebenfalls in zahlreichen Mythenkreisen findet. Die Tatsache, dass die Sonnengottheit Amaterasu in Japan als Frau dargestellt wird, erscheint dagegen rätselhaft, ist doch die Sonne in den meisten Mythologien männlich. Daher gibt es auch die Theorie, dass die Sonnengottheit erst in Anlehnung an Kaiserin {{g|Jitoutennou | Jitō}} als Frau dargestellt wurde. Unter Kaiserin Jitō begann man nämlich mit den Aufzeichnungen der Mythen, die schließlich in Form von {{g|kojiki}} (712) und {{g|nihonshoki}} (720) fertig gestellt wurden (s.a. [[Denken/Mythentexte | Mythentexte]]).
  
Dieses {{g|Yinyang}}-Schema wird natürlich nicht immer konsequent durch·gehalten, sondern mehr·fach durch erzählerische Elemente konter·kariert, die möglicher·weise aus älteren mytho·logi·schen Schichten stammen. Diese ''bricolage'', also das be·helfs·mäßige Zu·sammen·stückeln augen·schein·lich wider·sprüch·licher narrativer Elemente, zeigt sich auch deutlich anhand der Geschwister von Amaterasu, Tsukuyomi und Susanoo: Tsukuyomi, der Mondgott, hat über·haupt keine narrative Funktion und scheint wie eine Verlegen·heits·lösung — ein·gescho·ben, damit der Mythos auch als Fundament der Astrono·mie und Astrolo·gie her·halten kann. Der eigent·liche Partner Amaterasus ist Susanoo, der wie diese Yin und Yang Elemente in seinem Wesen ver·eint. Der Mythen·forscherin {{g|naumannnelly|Nelly Naumann}} zufolge ver·schmilzt Tsukuyomi mit Susanoo, der seiner·seits Züge eines archaischen Mond·gottes innehat.
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Gegen diese These spricht, dass die Rolle der Frau als Priesterin offenbar in prähistorischer Zeit besonders ausgeprägt war, wie dies auch die bereits erwähnte chinesische Chronik aus dem dritten Jahrhundert anhand der japanischen Priesterkönigin {{g|Himiko}} berichtet. Diese prominente Rolle der Frau in der japanischen Frühzeit könnte ebenfalls erklären, warum die wichtigste Himmelsgottheit als weiblich gedacht wurde. Amaterasus Gestalt inspiriert daher auch immer wieder Hypothesen über ein urgeschichtliches Matriarchat in Japan.
  
=== Trickster ===
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Andererseits darf man nicht übersehen, dass in der Izanagi/Izanami Episode ein patriarchalisches Rollenmodell vorherrscht, das mit dem Amaterasu/Susanoo Mythos geradezu spiegelbildlich verflochten ist: Im ersten Fall repräsentiert der Mann den Himmel, das Licht und das Leben, während die Frau die Erde, die Dunkelheit und den Tod verkörpert; im zweiten Fall ist das Geschlechterverhältnis genau umgekehrt. Diese Konstruktion wirkt nicht zufällig, sondern entspricht eher der [[Denken/Yin_und_Yang | Lehre von Yin und Yang]], nach der aus einem Übermaß an Yang (Himmel, Sonne) letzlich wieder ein Yin (weibliche Göttin) entsteht und umgekehrt. In weiterer Folge produziert Amatersu einen männlichen (Yang) Nachfolger, der die Erde (Yin) beherrscht. Insofern wäre das Geschlecht der Amaterasu auch aus den „Gesetzen“ von Yin und Yang zu erklären, die irgendwann auf den japanischen Mythos übertragen wurden.
  
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Dieses {{g|Yinyang}}-Schema wird natürlich nicht immer konsequent durchgehalten, sondern mehrfach durch erzählerische Elemente konterkariert, die möglicherweise aus älteren mythologischen Schichten stammen. Diese ''bricolage'', also das behelfsmäßige Zusammenstückeln augenscheinlich widersprüchlicher narrativer Elemente, zeigt sich auch  anhand der Geschwister von Amaterasu, Tsukuyomi und Susanoo: Tsukuyomi, der Mondgott, hat überhaupt keine narrative Funktion und scheint wie eine Verlegenheitslösung — eingeschoben, damit der Mythos auch als Fundament der Astronomie und Astrologie herhalten kann. Der eigentliche Partner Amaterasus ist Susanoo, der wie diese Yin und Yang Elemente in seinem Wesen vereint. Der Mythenforscherin {{g|naumannnelly }} zufolge verschmilzt Tsukuyomi mit Susanoo, der seinerseits Züge eines archaischen Mondgottes innehat.
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| Susanoo_toyokuni.jpg
 
| Japanische Trickster
 
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Susanoo kann aber daneben (oder zugleich) auch als ein „Trickster-Gott“ charakteri·siert werden. Trickster (engl. „Gauner, Schelm, Halunke“) wurden von der Kultur·anthro·po·logie in nord·amerika·nischen Indianer·märchen aus·findig gemacht, von der ver·gleichenden Mythen·forschung werden sie aber auch mit Ge·stalten wie dem griechi·schen Prometheus gleich·gesetzt. Zu den allge·meinen Merkmalen von Trickstern gehört, dass sie gegen die in der Welt der Götter herr·schen·den Gesetze ver·stoßen, mit den Menschen paktieren und sie in den Besitz aller möglichen kultu·rellen Errun·gen·schaften, z.B. des Feuers, der Land·wirt·schaft, u.a.m. bringen. Wie auf der folgenden Seite zu erkennen, ent·spricht dies durch·aus der Rolle, die Susanoo im weiteren Verlauf der Erzählung annimmt (siehe dazu auch die Sidepage [[Mythen/Goetter des Himmels/Trickster|Trickster]]).
 
  
 
=== Verlockendes Spiegelbild ===
 
=== Verlockendes Spiegelbild ===
  
Auch in der Hervorlockung der Sonnengottheit aus der Höhle lassen sich Motive finden, die in der griechischen Mythologie existieren. Eine wichtige Rolle spielt in dieser Episode ein Spiegel, in dem Amaterasu ihr eigenes Ebenbild erblickt und dadurch dazu angeregt wird, die Höhle zu verlassen. Ähnlich, aber mit anderen Folgen, ergeht es dem griechischen Gott Zagreus, einem Sohn des Zeus und der Persephone, der sich in einer Höhle vor den Titanen versteckt, die den Auftrag haben, ihn zu vernichten. Es gelingt ihnen jedoch, Zagreus ausfindig zu machen und durch einen Spiegel, in dem er sein Ebenbild erblickt, aus seinem Versteck zu locken. Dies hat in diesem Fall zur Folge, dass Zagreus getötet und von den Titanen gefressen wird, doch auch diese fallen schließlich Zeus' Blitzen zum Opfer. Aus den Leichen der Titanen und des Zagreus formt Prometheus schließlich den Menschen.  
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Auch in der Hervorlockung der Sonnengottheit aus der Höhle lassen sich Motive finden, die in der griechischen Mythologie existieren. Eine wichtige Rolle spielt in dieser Episode ein Spiegel, in dem Amaterasu ihr eigenes Ebenbild erblickt und dadurch dazu angeregt wird, die Höhle zu verlassen. Ähnlich, aber mit anderen Folgen, ergeht es dem griechischen Gott Zagreus, einem Sohn des Zeus und der Persephone, der sich in einer Höhle vor den Titanen versteckt, die den Auftrag haben, ihn zu vernichten. Es gelingt ihnen jedoch, Zagreus ausfindig zu machen und durch einen Spiegel, in dem er sein Ebenbild erblickt, aus seinem Versteck zu locken. Dies hat in diesem Fall zur Folge, dass Zagreus getötet und von den Titanen gefressen wird, doch auch diese fallen schließlich Zeus' Blitzen zum Opfer. Aus den Leichen der Titanen und des Zagreus formt Prometheus schließlich den Menschen. Wie man sieht, mögen Motive wie das verlockende Spiegelbild weit verbreitet sein, sind aber nicht notwendigerweise immer in den gleichen Kontext eingebunden.
 
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* [https://web.archive.org/web/20120704180230/http://www.uwec.edu/philrel/shimbutsu Shimbutsudo], Edward A. Beach (en.)<br/>Web-Essays zur japanischen Religion. Dept. of Philosophy and Religious Studies, Univ. of Wisconsin Eau Claire (inaktiv; Zugang über Internat Archive).
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* [https://www.univie.ac.at/rel_jap/kami/ ''Kamigraphie: Zur Ikonographie und Ikonologie japanischer Gottheiten''] (Hg. Bernhard Scheid,  Universität Wien, seit 2011).
| update= Jul. 2020
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* [http://kojiki.kokugakuin.ac.jp/kojiki/%e5%a4%a9%e5%9c%b0%e5%88%9d%e7%99%ba/ Kojiki Viewer] (jp., en.) Web-Projekt der Shintō-Universität Kokugakuin Daigaku, in dem der Originaltext des ''Kojiki'' mit sehr genauen Kommentaren, sowohl in Japanisch als auch in Englisch versehen ist. (Vorläufig unvollständig.)
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| update= Okt. 2022
 
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{{ThisWay|Mythen/Goetter der Erde}}
 

Aktuelle Version vom 22. Oktober 2024, 12:42 Uhr

Zeitalter der Götter, Teil 1Die Götter des Himmels

Das „Zeitalter der Götter“ erscheint in den Mythen als verhältnismäßig klar abgegrenzte Zeitspanne zwischen der Entstehung der Welt und dem Beginn der Herrschaft der Tennō [Tennō (jap.) 天皇 jap. „Kaiser“-Titel, wtl. Herrscher des Himmels]-Dynastie. In dieser Zeit bevölkern Menschen, Götter und Fabelwesen eine gemeinsame Sphäre, ähnlich wie in den Mythen der griechischen Antike oder anderen mythologischen Traditionen. Die einzelnen Episoden sind zwar in eine fortlaufende Erzählung gegossen, anhand ihrer Protagonisten und ihrer regionalen Schwerpunkte lassen sich aber mehrere unterschiedliche Haupterzählungen identifizieren. Dies deutet darauf hin, dass es sich ursprünglich um voneinander unabhängige Erzähltraditionen handelt. Aus meiner persönlichen Sicht lassen sich vier Hauptepisoden identifizieren, die möglicherweise aus jeweils eigenen Sagenkreisen stammen, nämlich: a) die Erschaffung der Welt, b) der Zwist zwischen Amaterasu [Amaterasu (jap.) 天照 Sonnengottheit; Ahnherrin des Tennō-Geschlechts; Hauptgottheit von Ise] und Susanoo [Susanoo (jap.) 須佐之男/素戔男 mytholog. Gottheit; Trickster-Gott, Sturmgott, Mondgott; Bruder der Amaterasu], c) die Herrschaft der Nachkommen des Susanoo auf der Erde, und d) die Eroberung der Erde durch die Nachkommen der Sonnengottheit — die spätere Tennō-Dynastie. Auf dieser Seite werden die Episoden a) und b) behandelt, auf der nächsten Seite c) und d).

Götternamen

Mythische Orte

  • Izanagi [Izanagi (jap.) 伊耶那岐/伊奘諾 Göttervater; auch Izanaki (ki hier männliche Endung); Bruder und Mann von Izanami] – Göttervater
  • Izanami [Izanami (jap.) 伊耶那美/伊奘冉 Göttermutter, Göttin der Unterwelt (mi hier weibliche Endung); Schwester und Frau des Izanagi] – Göttermutter
  • Amaterasu [Amaterasu (jap.) 天照 Sonnengottheit; Ahnherrin des Tennō-Geschlechts; Hauptgottheit von Ise] – Sonnengottheit
  • Susanoo [Susanoo (jap.) 須佐之男/素戔男 mytholog. Gottheit; Trickster-Gott, Sturmgott, Mondgott; Bruder der Amaterasu] – Sturmgott, „enfant terrible“, Trickster
  • Ōkuninushi [Ōkuninushi (jap.) 大国主 mythol. Gottheit; wtl. Großer Meister des Landes] – Weltbeherrscher von Izumo
  • Ninigi [Ninigi (jap.) 瓊瓊杵 mytholog. Gottheit, Enkel Amaterasus] – Enkel der Sonnengottheit
  • Jinmu Tennō [Jinmu Tennō (jap.) 神武天皇 wtl. „göttlicher Krieger“; gemäß den japanischen Mythen der erste menschliche Herrscher (Tennō) Japans; eigentlicher Name: Kami Yamato Iware-hiko no Sumera Mikoto 神日本磐余彦天皇 (Nihon shoki)] – erster „menschlicher“ Herrscher
  • Onogoroshima [Onogoroshima (jap.) 淤能碁呂島 Mythologischer Ursprungsort Japans; die „von selbst geronnene Insel“] – die erste Insel
  • Takama-no-hara [Takama-no-hara (jap.) 高天原 wtl. „Die Hohen Himmelsgefilde“, mythol. Bez. für das Reich der Himmlischen Götter; auch Takama-ga-hara] – himmlische Gefilde, der Himmel
  • Yomi [Yomi (jap.) 黄泉 mytholog. Unterwelt; geschrieben mit den Zeichen „Gelbe Quellen“, eine chinesische Bezeichnung für die Unterwelt] – Welt der Toten

Texte

Die bekanntesten und bis heute wichtigsten Werke, die uns Auskunft über die ältesten japanischen Mythen und Legenden geben, sind zugleich die ältesten Zeugnisse der japanischen Literatur überhaupt: Kojiki [Kojiki (jap.) 古事記 „Aufzeichnung alter Begebenheiten“; älteste jap. Chronik (712)] („Berichte alter Begebenheiten“, 712) und Nihon shoki [Nihon shoki (jap.) 日本書紀 Zweitältestes Schriftwerk und erste offizielle Reichschronik Japans (720)] („Berichte über Japan“, 720, auch als Nihongi [Nihongi (jap.) 日本記 Kurzbezeichnung für Nihon shoki] bekannt). Für beide zusammen hat sich der Ausdruck kiki [kiki (jap.) 記紀 Sammelbezeichnung für KojiKI und Nihon shoKI (ki, Bericht, ist jeweils mit einem leicht abweichenden Zeichen geschrieben)] eingebürgert. Wie bei fast allen frühen Schriftwerken handelt es sich bei den kiki um staatlich geförderte Mammutunternehmungen. Sie entstanden im Auftrag des kaiserlichen Hofes und repräsentieren daher die offizielle Sichtweise der Geschichte des Landes und seiner Herrscher. Beide Werke verstehen sich als historische Chroniken, doch werden sie von Berichten über das „Zeitalter der Götter“ eingeleitet, die man heute als Mythen klassifiziert. (Mehr dazu: Japans klassische Mythentexte.)

Izanagi und Izanami

Sowohl das Kojiki als auch das Nihon shoki beginnen mit der Entstehung des Universums und greifen dabei auf chinesische Vorstellungen zurück. Sie erwähnen die Teilung der Urmaterie in Himmel und Erde (Yang und Yin [Yin Yang (chin.) 陰陽 Dualistisches Prinzip der chin. Naturphilosophie]) und listen anschließend eine Reihe von Urgöttern auf, die den Fünf Wandlungsphasen entsprechen. Diese Gottheiten besitzen kaum eine narrative Funktion für die folgende mythische Erzählung und fanden daher vermutlich erst relativ spät und unter dem Einfluss Chinas Eingang in die japanische Mythologie.1

Den eigentlichen Beginn des Mythos von der Erschaffung der Welt bildet die Erzählung von den Urgöttern Izanagi [Izanagi (jap.) 伊耶那岐/伊奘諾 Göttervater; auch Izanaki (ki hier männliche Endung); Bruder und Mann von Izanami] und Izanami [Izanami (jap.) 伊耶那美/伊奘冉 Göttermutter, Göttin der Unterwelt (mi hier weibliche Endung); Schwester und Frau des Izanagi],2 die sowohl als Geschwister als auch als Ehepaar auftreten. Izanagi und Izanami befinden sich zunächst in einem Raum, der bloß aus Wasser, Luft und einer frei schwebenden Brücke zu bestehen scheint. Auf dieser Brücke stehen sie jedenfalls, wobei der Mann, Izanagi, mit einem Speer unten im Wasser herumstochert. Als er den Speer aus dem Wasser zieht, bilden sich an seiner Spitze salzige Klumpen, die zurück ins Wasser fallen und dort die erste Insel (Onogoroshima [Onogoroshima (jap.) 淤能碁呂島 Mythologischer Ursprungsort Japans; die „von selbst geronnene Insel“], wtl. „die von selbst geronnene Insel“) bilden. Auf diese Insel steigen Izanagi und Izanami nun herab. Sie errichten auf der Insel einen „Himmelspfeiler“ (oder einen Palast) und umrunden ihn in einer Art Hochzeitsritus. Es folgt ihre geschlechtliche Vereinigung, aus der auf nicht näher beschriebene Weise „Kinder“ in Form der japanischen Inseln entstehen. Mit jeder Bewegung erzeugen sie zudem, fast wie nebenbei, eine Unmenge von Gottheiten, z.B. Windgötter, Nahrungsgötter und andere mehr.

Izanagi kagutsuchi.jpg
2 Izanagi erschlägt sein Feuerkind
Izanagi tötet den Feuergott Kagutsuchi.
Werk von Katsushika Hokusai (1760-1849). Edo-Zeit. Chester Beatty Library.

Der dramatische Höhepunkt: Izanami gebiert den Feuergott, der ihren Schoß verbrennt. Sie „stirbt“ an den Folgen dieser Geburt, d.h. sie wird in die Totenwelt (Yomi [Yomi (jap.) 黄泉 mytholog. Unterwelt; geschrieben mit den Zeichen „Gelbe Quellen“, eine chinesische Bezeichnung für die Unterwelt]) versetzt.3 Der entsetzte Vater Izanagi hingegen schlägt das Feuerkind mit seinem Schwert in Stücke, aus denen wiederum neue „Schwert-Feuer-Gottheiten“ (u.a. Takemikazuchi [Takemikazuchi (jap.) 建御雷 Mythologischer Schwertgott (wtl. Gewittergott); Ahnengottheit der Fujiwara; u.a. in den Schreinen Kashima und Kasuga verehrt] und Futsunushi [Futsunushi (jap.) 経津主 Mythologischer Schwertgott]) entstehen, die später noch eine Rolle spielen werden. Dann macht sich Izanagi in seinem Schmerz auf die Suche nach Izanami. Er findet sie schließlich in der Totenwelt, kann sie allerdings in der Dunkelheit nicht sehen. Gegen Izanamis ausdrückliche Bitte entzündet er ein Licht (wtl. einen Span aus seinem Kamm) und erkennt ihre Schrecken erregende Verwandlung in einen verwesten Leichnam. Göttermutter Izanami fühlt sich durch diese Zurschaustellung zutiefst entehrt und verwandelt sich in eine Furie. Zusammen mit acht Gehilfinnen (weibliche Donnergötter, die auch als „hässliche Frauen“ shikome [shikome (jap.) 醜女 „hässliche Frau“; Figur des -Theaters; Variante der Ama no Uzume; auch: Dämonin der Unterwelt (in der Izanami-Episode)] apostrophiert werden) jagt sie Izanagi bis zum Tor der Totenwelt, wo dieser die Verfolgerinnen abschüttelt, indem er das Tor mit einem großen Fels verrammelt. Diese Geste besiegelt die endgültige Trennung der Welt der Lebenden und der Toten. Izanami, die Herrin der Totenwelt, leistet einen schrecklichen Schwur, täglich eintausend Leben zu vernichten; Izanagi, der Gott des Lebens, schwört dagegen, täglich eintausend fünfhundert Gebärhütten zu errichten. Damit ist der Zyklus von Geburt, Leben und Tod in Gang gesetzt.

Abschließend vollzieht Izanagi eine rituelle Waschung (misogi [misogi (jap.) Purifikation, Reinigungsritus, rituelle Waschung]) in einem Fluss, um sich von den Verunreinigungen (kegare [kegare (jap.) 穢れ rituelle Verunreinigung, Befleckung, Schande]) der Welt des Todes zu befreien. Dabei entstehen wieder mehrere Gottheiten: Amaterasu, die Sonnengottheit (bei der Waschung des linken Auges), Tsukuyomi [Tsukuyomi (jap.) 月読 Mondgottheit, Bruder der Sonnengöttin Amaterasu; wtl. Mondleser oder Monatszähler; auch Tsukiyomi gelesen], der Mond (bei der Waschung des rechten Auges) und Susanoo, der etwas missratene Sohn (bei der Waschung der Nase). Vater Izanagi teilt sein Erbe unter diesen Kindern auf. Nachdem die Nachfolge endgültig geregelt ist, zieht er sich aus dem Weltgeschehen zurück und wird nicht mehr weiter erwähnt. Auch Izanami entschwindet sang- und klanglos aus der Erzählung.

Amaterasu und Susanoo

Amaterasu gakutei.jpg
3 Amaterasu
Bei dieser Gestalt soll es sich um die legendäre Dichterin Sotoori-hime (5. Jh.) handeln. Sie wurde später vergöttlicht und vom Künstler Yashima Gakutei offenbar mit Amaterasu identifiziert. An die Sonnengottheit Amaterasu erinnert jedenfalls der Strahlenkranz, während der dunkle Bildhintergrund an die Höhle gemahnt, in die sich Amaterasu zurückzieht. Zugleich entsprechen Kleidung, Haartracht und die aufgemalten Augenbrauen der Figur einer Heian-zeitlichen Hofdame.
Werk von Yashima Gakutei (1786?–1868). Späte Edo-Zeit. Museum of Fine Arts, Boston.
05drache.jpg
4 Susanoo
Ein bloßfüßiger Krieger mit offenem Haar und gezücktem Schwert steht nächtens auf einer Klippe und blickt konzentriert in die Wellen des Meeres, wo undeutlich die Gestalt eines Drachens (tatsu) sichtbar wird. Der Krieger ist der mythologische Gott Susanoo, der sich anschickt, die Menschheit vom menschenfressenden Ungeheuer Yamata no Orochi (in den Mythen als „Schlange“ bezeichnet) zu befreien.
Werk von Utagawa Kuniyoshi (1797–1861). Edo-Zeit. The British Museum.

Amaterasu besitzt als Nachfolgerin Izanagis die höchste Autorität in den Hohen Himmelsgefilden (Takama-no-hara [Takama-no-hara (jap.) 高天原 wtl. „Die Hohen Himmelsgefilde“, mythol. Bez. für das Reich der Himmlischen Götter; auch Takama-ga-hara]) und repräsentiert zugleich die Sonne. Amaterasus wichtigster Partner und zugleich Widersacher ist ihr jüngerer Bruder Susanoo. Ihm wird nach manchen Varianten des Mythos zunächst die Herrschaft über das Meer zugeteilt, letztlich führt sein Weg aber in allen Mythenvarianten in eine Art Unterwelt, die als „Wurzelland“ (Ne no Kuni [Ne no Kuni (jap.) 根の国 wtl. Wurzelland, auch Ne no Katasukuni 根之堅州國; Unterwelt], Ne no Katasukuni) bezeichnet wird.4

Susanoo benimmt sich zunächst sehr widersprüchlich, wie ein ungezogenes kleines Kind. Einerseits wird er als wild und ungestüm bezeichnet, andererseits streunt er die meiste Zeit weinend umher, stets auf der Suche nach seiner Mutter (eigentlich ein Widerspruch, denn er wurde ja von Izanagi allein gezeugt und geboren, doch der Mythos hält sich mit solchen Details nicht auf). Als Izanagi ihn daraufhin in die Unterwelt schickt (verbannt), möchte Susanoo noch einmal von seiner Schwester Abschied nehmen und verschafft sich Eingang in den Himmel. Amaterasu ahnt zwar Böses, lässt sich aber auf eine Art Kräftemessen (ukehi [ukehi (jap.) 宇気比/誓約 mythologisches Orakel, oft in Form eines Wettstreits oder Kräftemessens]) ein, bei dem es darum geht, Kinder aus den Waffen des jeweils anderen zu erzeugen (s.u.). Susanoo gewinnt diesen etwas rätselhaften Wettkampf und Amaterasu kann ihm den Zutritt zu ihrem Reich nicht verwehren (s.u.). Prompt vollführt Susanoo im Himmel alle nur erdenklichen Missetaten, die ganz offensichtlich als Provokation oder Rebellion gegen die Sonnengottheit zu verstehen sind.

Die meisten dieser Missetaten erscheinen uns heute als archaisch-unverständliche Tabubrüche: Susanoo zerstört zum einen die Bewässerungskanäle von Reisfeldern (wohlgemerkt, Reisfelder der Götter) und sabotiert damit die landwirtschaftliche Produktion, zum anderen verunreinigt er Amaterasus Palast mit Exkrementen und wirft schließlich — völlig mysteriös — „ein rückwärts gehäutetes Pferd“ in Amaterasus Webehalle, wobei eine Dienerin oder Schwester von Amaterasu zu Tode kommt. Amaterasu aber zieht sich, durch diese Untat ihres Bruders zutiefst verletzt, in die berühmte Felsenhöhle (Ame-no-iwato [Ame-no-iwato (jap.) 天岩戸 wtl. Felsentor des Himmels; Höhle, in die sich Amaterasu zurückzieht]) zurück, wodurch sich das Universum verdunkelt.

Iwado kagura2.jpg
5 Amaterasu tritt aus der Höhle
ukiyo-e-Triptychon mit dem Titel „Ursprung des Tanzes vor der Felsenhöhle“ (Iwato kagura no kigen). Dieser Tanz stellt die mythologische Szene nach, in der Amaterasu durch den Tanz von Ame no Uzume aus ihrer Felsenhöhle gelockt wird. Solche kagura-Tänze werden auch heute noch häufig aufgeführt. In der Darstellung ist deutlich die Kabuki-artige Schminke der Darsteller zu erkennen. Siehe auch Iwado_kagura.jpg.
Werk von Utagawa Kunisada (1786–1865). Edo-Zeit, 1857. Bildquelle: Database of Folklore Illustrations, Nichibunken, Kyōto.

An dieser Stelle kommt plötzlich eine Unzahl weiterer Götter — wtl. „acht Millionen Götter“, yaoyorozu [yaoyorozu (jap.) 八百万 altjap. für „acht Millionen“ bzw. unendlich viele] no kami — ins Spiel, die bislang unerwähnt geblieben waren (u.a. Ame no Koyane [Ame no Koyane (jap.) 天児屋/天児屋根 mytholog. Gottheit; Ahnengottheit der Fujiwara], eine Ahnengottheit des mächtigen Fujiwara [Fujiwara (jap.) 藤原 mächtigste Adelsfamilie im jap. Altertum]-Klans). Diese Götter versuchen mit den verschiedensten Mitteln, Amaterasu wieder aus der Höhle hervorzulocken: Sie lassen Hähne krähen um den Morgen anzukündigen, hängen einen Spiegel an einen heiligen Baum vor der Höhle und bedienen sich sogar verschiedener religiöser Rituale und Orakeltechniken.

Schließlich veranstalten sie ein ausgelassenes Fest, bei dem die Göttin Ame no Uzume [Ame no Uzume (jap.) 天鈿女/天宇受賣 mythologische Gottheit, Ahnherrin des Theaters] (die Ahnherrin des japanischen Theaters) eine Art Striptease hinlegt (wtl. Brüste und Genitalien entblößt) und auf einem umgestürzten Zuber tanzt, bis daraus Stimmen zu hören sind wie bei einem Geisterbeschwörungsritual. Die versammelten Götter brechen daraufhin in schallendes Gelächter aus, das den gewünschten Erfolg zeitigt: Amaterasu ist neugierig geworden und öffnet die Höhle einen Spalt. Ihr eigener Anblick im Spiegel veranlasst sie, aus der Höhle hervorzutreten, worauf die anderen Götter ihren neuerlichen Rückzug mittels eines Götterseils (shimenawa [shimenawa (jap.) 注連縄 shintōistisches „Götter-Seil“; geschlagene Taue aus Reisstroh.]) blockieren: Die Welt wird wieder hell.

Susanoo aber wird von dem gleichen Rat himmlischer Götter, der Amaterasu aus der Höhle gelockt hat, zu einem Bußgeld von „tausend [Opfer-]Tischen“ und zu einer körperlichen Bestrafung in Form von Ausreißen von Haaren und Fingernägeln verurteilt. Danach wird er der Himmlischen Gefilde verwiesen und in die Unterwelt verbannt.

Amaterasus „jungfräuliche Empfängnis“

Amaterasu erscheint in der gesamten Erzählung geheimnisvoll, priesterlich und unnahbar. Sie hat in dieser Hinsicht durchaus Ähnlichkeit mit der altjapanischen Priesterkönigin Himiko [Himiko (jap.) 卑弥呼 ca. 170–248; frühgeschichtliche Priesterkönigin; auch Pimiko (wahrscheinliche Bedeutung: „Kind der Sonne“); chin. Pei-mi-hu] aus dem dritten Jahrhundert, von der eine chinesische Quelle berichtet, sie lebe in einem Palast, den Männer nicht betreten dürfen, und habe lediglich einen jüngeren Bruder, der für sie gewisse Regierungsaufgaben übernehme.5 Auch Amatersu bleibt unverheiratet. Ihre einzigen „Kinder“ entstehen aus jenem bereits erwähnten Kräftemessen mit ihrem jüngeren Bruder Susanoo, als dieser Eingang in das von Amaterasu regierte Reich des Himmels begehrt: Beide Geschwister sind voll von gegenseitigem Misstrauen. Um dieses Misstrauen aus der Welt zu schaffen, übergeben sie einander ihre Waffen (ein Schwert im Fall Susanoos, magische Edelsteine, magatama [magatama (jap.) 勾玉 Krummjuwelen; archaischer Schmuck, Teil der Insignien des Tennō], im Fall der Amaterasu), zerkauen diese und spucken die Überreste wieder aus. Daraus entstehen fünf männliche und drei weibliche Kinder. Gemäß ihrer zuvor getroffenen Abmachung werden die Kinder als „Beweis“ gedeutet, dass Susanoo „reinen Herzens“ ist (was sich in der Folge als falsch herausstellt).6

Ukehi 1827.jpg
6 Mythologischer Wettstreit (1827)
Susanoo beim Erzeugen eines Kindes im Wettstreit mit Amaterasu. Aus einer illustrierten Nacherzählung der Mythen durch einen Gelehrten aus Izumo.
Werk von Hosoda Tominobu (1783–1828). Edo-Zeit. National Diet Library, Tōkyō.

Einer der männlichen Sprösslinge dieses Wettstreits ist jene Gottheit, über den sich die Tennō-Linie von Amaterasu ableitet (es handelt sich dabei um Ame no Oshihomimi [Ame no Oshihomimi (jap.) 天忍穂耳 mythol. Gottheit; Sohn von Amaterasu und Susanoo, Vater von Ninigi], den Vater des Ninigi [Ninigi (jap.) 瓊瓊杵 mytholog. Gottheit, Enkel Amaterasus]). Er könnte aber genauso gut als Sohn des Susanoo angesehen werden, da er seine Geburt der Tatsache verdankt, dass Susanoo die Edelsteine seiner Schwester zerkaut. Obwohl das Nihon shoki gerade zu dieser Episode eine Vielzahl von Varianten anführt, die sehr unterschiedliche Interpretationen zulassen, wird die Abkunft der Tennō-Linie von Amaterasu (und zwar nur von Amaterasu) in der Folge nicht mehr weiter in Frage gestellt. Susanoo hingegen wird in einer späteren Episode zum Stammvater "irdischer" Gottheiten, die schlussendlich von den Nachfahren Amaterasus unterworfen werden (s. Die Götter der Erde (Zeitalter der Götter, Teil 2)).

Mythenvergleichende Anmerkungen

In den japanischen Weltentstehungsmythen sind zahlreiche Motive enthalten, die auch aus anderen Mythologien auf der ganzen Welt bekannt sind. Viele dieser Parallelen sind mythologisches Allgemeingut, manchmal lassen sich aber auch direkte historische Verbindungen rekonstruieren.

Tod und verbotene Blicke

Izanamis Tod bei der Geburt des Feuergottes reflektiert das Motiv „Tod der Urmutter“, ein Sinnbild der Erde, die im Laufe eines Jahres erblüht und „stirbt“, dadurch aber erst das Leben ihrer „Kinder“ ermöglicht. In einer Variante des Mythos wird ausgeführt, dass aus Izanamis Leiche sämtliche Getreidesorten entstehen, die den Menschen als Nahrung dienen. Auch dies ist ein Motiv, das in vielen Kulturen mit dem Tod der Urmutter verknüpft ist.

Die Totenwelt-Episode, in der Izanagi Izanami verbotenerweise anblickt, erinnert wiederum an die Orpheus-Sage, die ihrerseits ein universelles Mythenmotiv darstellt. Im Gegensatz zum griechischen Mythos ist allerdings hervorzuheben, dass das Verbot des Schauens von der Frau selbst formuliert wird, nicht von sonstigen Autoritäten der Unterwelt. Im weiteren Verlauf ist es die Frau selbst, die — durch den männlichen Blick verletzt — die Trennung vollzieht. Das Motiv wiederholt sich in der japanischen Mythologie in der späteren Episode rund um Hiko Hohodemi [Hiko Hohodemi (jap.) 彦火火出見 auch Hoori; mythologischer Vorfahre der Tennō Dynastie und Held des Mythos von Bergglück und Meerglück], der verbotenerweise in die Gebärhütte seiner Frau Tamayori-hime [Tamayori-hime (jap.) 玉依姫 Meeresgottheit; Tochter des Meereskönigs Watatsumi] lugt und diese dabei in ihrer wahren Gestalt als Drachen- bzw. Meerungeheuer erblickt. Auch hier ist es die Frau, die daraufhin aus gekränkter Ehre die Ehe auflöst und zurück ins Meer entschwindet.7

Eine weibliche Sonne

Der Rückzug der Sonne ist ein weiteres mythologisches Motiv, das mit dem jahreszeitlich zu- bzw. abnehmenden Sonnenstand in Verbindung steht und sich ebenfalls in zahlreichen Mythenkreisen findet. Die Tatsache, dass die Sonnengottheit Amaterasu in Japan als Frau dargestellt wird, erscheint dagegen rätselhaft, ist doch die Sonne in den meisten Mythologien männlich. Daher gibt es auch die Theorie, dass die Sonnengottheit erst in Anlehnung an Kaiserin Jitō [Jitō Tennō (jap.) 持統天皇 645–703, r. 686–697; 41. japanische Kaiserin] als Frau dargestellt wurde. Unter Kaiserin Jitō begann man nämlich mit den Aufzeichnungen der Mythen, die schließlich in Form von Kojiki [Kojiki (jap.) 古事記 „Aufzeichnung alter Begebenheiten“; älteste jap. Chronik (712)] (712) und Nihon shoki [Nihon shoki (jap.) 日本書紀 Zweitältestes Schriftwerk und erste offizielle Reichschronik Japans (720)] (720) fertig gestellt wurden (s.a. Mythentexte).

Gegen diese These spricht, dass die Rolle der Frau als Priesterin offenbar in prähistorischer Zeit besonders ausgeprägt war, wie dies auch die bereits erwähnte chinesische Chronik aus dem dritten Jahrhundert anhand der japanischen Priesterkönigin Himiko [Himiko (jap.) 卑弥呼 ca. 170–248; frühgeschichtliche Priesterkönigin; auch Pimiko (wahrscheinliche Bedeutung: „Kind der Sonne“); chin. Pei-mi-hu] berichtet. Diese prominente Rolle der Frau in der japanischen Frühzeit könnte ebenfalls erklären, warum die wichtigste Himmelsgottheit als weiblich gedacht wurde. Amaterasus Gestalt inspiriert daher auch immer wieder Hypothesen über ein urgeschichtliches Matriarchat in Japan.

Andererseits darf man nicht übersehen, dass in der Izanagi/Izanami Episode ein patriarchalisches Rollenmodell vorherrscht, das mit dem Amaterasu/Susanoo Mythos geradezu spiegelbildlich verflochten ist: Im ersten Fall repräsentiert der Mann den Himmel, das Licht und das Leben, während die Frau die Erde, die Dunkelheit und den Tod verkörpert; im zweiten Fall ist das Geschlechterverhältnis genau umgekehrt. Diese Konstruktion wirkt nicht zufällig, sondern entspricht eher der Lehre von Yin und Yang, nach der aus einem Übermaß an Yang (Himmel, Sonne) letzlich wieder ein Yin (weibliche Göttin) entsteht und umgekehrt. In weiterer Folge produziert Amatersu einen männlichen (Yang) Nachfolger, der die Erde (Yin) beherrscht. Insofern wäre das Geschlecht der Amaterasu auch aus den „Gesetzen“ von Yin und Yang zu erklären, die irgendwann auf den japanischen Mythos übertragen wurden.

Dieses Yin Yang [Yin Yang (chin.) 陰陽 Dualistisches Prinzip der chin. Naturphilosophie]-Schema wird natürlich nicht immer konsequent durchgehalten, sondern mehrfach durch erzählerische Elemente konterkariert, die möglicherweise aus älteren mythologischen Schichten stammen. Diese bricolage, also das behelfsmäßige Zusammenstückeln augenscheinlich widersprüchlicher narrativer Elemente, zeigt sich auch anhand der Geschwister von Amaterasu, Tsukuyomi und Susanoo: Tsukuyomi, der Mondgott, hat überhaupt keine narrative Funktion und scheint wie eine Verlegenheitslösung — eingeschoben, damit der Mythos auch als Fundament der Astronomie und Astrologie herhalten kann. Der eigentliche Partner Amaterasus ist Susanoo, der wie diese Yin und Yang Elemente in seinem Wesen vereint. Der Mythenforscherin Nelly Naumann [Naumann, Nelly (west.) 1922–2000; deutsche Japanologin und Mythenforscherin] zufolge verschmilzt Tsukuyomi mit Susanoo, der seinerseits Züge eines archaischen Mondgottes innehat.

Verlockendes Spiegelbild

Auch in der Hervorlockung der Sonnengottheit aus der Höhle lassen sich Motive finden, die in der griechischen Mythologie existieren. Eine wichtige Rolle spielt in dieser Episode ein Spiegel, in dem Amaterasu ihr eigenes Ebenbild erblickt und dadurch dazu angeregt wird, die Höhle zu verlassen. Ähnlich, aber mit anderen Folgen, ergeht es dem griechischen Gott Zagreus, einem Sohn des Zeus und der Persephone, der sich in einer Höhle vor den Titanen versteckt, die den Auftrag haben, ihn zu vernichten. Es gelingt ihnen jedoch, Zagreus ausfindig zu machen und durch einen Spiegel, in dem er sein Ebenbild erblickt, aus seinem Versteck zu locken. Dies hat in diesem Fall zur Folge, dass Zagreus getötet und von den Titanen gefressen wird, doch auch diese fallen schließlich Zeus' Blitzen zum Opfer. Aus den Leichen der Titanen und des Zagreus formt Prometheus schließlich den Menschen. Wie man sieht, mögen Motive wie das verlockende Spiegelbild weit verbreitet sein, sind aber nicht notwendigerweise immer in den gleichen Kontext eingebunden.

Verweise

Verwandte Themen

Fußnoten

  1. Die Yin-Yang Philosophie kommt vor allem im Nihon shoki explizit zum Ausdruck. Der erste Satz dieses Werks ist ein Zitat aus dem Huainanzi, einem chinesischen Werk der Han-Zeit, und beschreibt, wie sich das Universum aus der Teilung von Yin und Yang entwickelt hat.
  2. Die Silben -ki und -mi stehen für „Mann“ bzw. „Frau“. Izana- ist schwierig zu deuten. Eine traditionelle Erklärung, die auf Motoori Norinaga zurückgeht, leitet den Namen von izanau „einladen“ ab, was mit dem geschilderten Hochzeitsritus in Beziehung stehen könnte. Demgegenüber plädiert der Linguist Alexander Vovin für eine Verwandtschaft mit Koreanisch yenc („setzen, stellen“), woraus sich eine Bedeutung wie „[auf die Erde] gesetzte(r) Mann/Frau“ ergeben würde.
  3. Diese Erzählung kommt in der Hauptvariante des Nihon shoki nicht vor, wohl aber in mehreren Nebenvarianten, die im Wesentlichen dem Kojiki entsprechen.
  4. Obwohl zunächst von drei Geschwistern die Rede ist, wird der Mondgott kaum näher beschrieben. Nur in einer Nebenvariante ist von einem Zerwürfnis von Sonne und Mond die Rede, während ansonsten stets Susanoo die Rolle eines Antagonisten der Sonne einnimmt. Susanoos letztendlicher Aufenthalt wird meist mit dem Totenreich seiner „Mutter“ Izanami gleichgesetzt. Kōnoshi Takamitsu argumentiert jedoch, dass zumindest das Kojiki dahin gehend interpretiert werden muss, dass es sich um unterschiedliche Reiche am Rande der sichtbaren Welt handelt (z.B. Kōnoshi 1984).
  5. Vgl. Kapitel Geschichte, Himiko: Die erste historisch fassbare Herrscherin Japans.
  6. Zu den Einzelheiten s. Kamigraphie, Wettstreit zwischen Amaterasu und Susanoo.
  7. S. dazu Grapard 1991, Scheid 2016.

Internetquellen

Siehe auch Internetquellen


Letzte Überprüfung der Linkadressen: Okt. 2022

Literatur

Siehe auch Literaturliste

Klaus Antoni (Ü.), Kojiki: Aufzeichnungen alter Begebenheiten. Berlin: Verlag der Weltreligionen (Insel Verlag), 2012. [Mit einer begleitenden Studie und ausführlichen Text-Anmerkungen.]
William George Aston (Ü.), Nihongi: Chronicles of Japan from the Earliest Times to A.D. 697. Rutland, Vt: Tuttle, 1972. (Online.) [Erste Ausgabe: London 1896.]
Allan Grapard, „Visions of Excess and Excess of Vision: Women and Transgression in Japanese Myth“. Japanese Journal of Religious Studies 18/1 (1991), 3–22.
Takamitsu Kōnoshi, „The Land of Yomi: On the Mythical World of the Kojiki“. JJRS 11:1 (1984), 57–76. (Online.)
Nelly Naumann, Die Mythen des alten Japan. München: Beck, 1996.
Donald Philippi (Ü.), Kojiki: Translated with an Introduction and Notes. Tokyo: University of Tokyo Press, 1977. [1. Aufl. 1968.]
Bernhard Scheid, „Kontinuierliche Brüche: Artikulationen des Unheimlichen in der japanischen Kulturgeschichte“. Literaturkritik.de 2016/3 (2016). (Online.) [Online-Essay.]
Bernhard Scheid, „‚Sie stach sich in den Schoß und verstarb‘: Zwei seltsame Todesfälle in den kiki-Mythen“. In: Birgit Staemmler (Hg.), Werden und Vergehen: Betrachtungen zu Geburt und Tod in japanischen Religionen. Münster: Lit Verlag, 2016, 95–114.
Robert F. Wittkamp, Arbeit am Text: Zur postmodernen Erforschung der Kojiki-Mythen. Gossenberg: Ostasien Verlag, 2018.

Bilder

Quellen und Erläuterungen zu den Bildern auf dieser Seite

  1. ^ 
    Izanami izanagi.jpg
    Die Illustration aus dem späten 19. Jahrhundert zeigt das Urgötterpaar Izanagi und Izanami auf der schwebenden Himmelsbrücke (Ame no ukihashi), von wo aus sie die erste Insel im Urmeer erschaffen.
    Werk von Kobayashi Eitaku (1843–1890). Um 1885. Museum of Fine Arts, Boston.
  2. ^ 
    Izanagi kagutsuchi.jpg
    Izanagi tötet den Feuergott Kagutsuchi.
    Werk von Katsushika Hokusai (1760-1849). Edo-Zeit. Chester Beatty Library.
  3. ^ 
    Amaterasu gakutei.jpg
    Bei dieser Gestalt soll es sich um die legendäre Dichterin Sotoori-hime (5. Jh.) handeln. Sie wurde später vergöttlicht und vom Künstler Yashima Gakutei offenbar mit

    Amaterasu identifiziert. An die Sonnengottheit Amaterasu erinnert jedenfalls der Strahlenkranz, während der dunkle Bildhintergrund an die Höhle gemahnt, in die sich Amaterasu zurückzieht. Zugleich entsprechen Kleidung, Haartracht und die aufgemalten Augenbrauen der Figur einer Heian-zeitlichen Hofdame.
    Werk von Yashima Gakutei (1786?–1868). Späte Edo-Zeit. Museum of Fine Arts, Boston.

  1. ^ 
    05drache.jpg
    Ein bloßfüßiger Krieger mit offenem Haar und gezücktem Schwert steht nächtens auf einer Klippe und blickt konzentriert in die Wellen des Meeres, wo undeutlich die Gestalt eines Drachens (tatsu) sichtbar wird. Der Krieger ist der mythologische Gott Susanoo, der sich anschickt, die Menschheit vom menschenfressenden Ungeheuer Yamata no Orochi (in den Mythen als „Schlange“ bezeichnet) zu befreien.
    Werk von Utagawa Kuniyoshi (1797–1861). Edo-Zeit. The British Museum.
  2. ^ 
    Iwado kagura2.jpg
    ukiyo-e-Triptychon mit dem Titel „Ursprung des Tanzes vor der Felsenhöhle“ (Iwato kagura no kigen). Dieser Tanz stellt die mythologische Szene nach, in der Amaterasu durch den Tanz von Ame no Uzume aus ihrer Felsenhöhle gelockt wird. Solche kagura-Tänze werden auch heute noch häufig aufgeführt. In der Darstellung ist deutlich die Kabuki-artige Schminke der Darsteller zu erkennen. Siehe auch Iwado_kagura.jpg.
    Werk von Utagawa Kunisada (1786–1865). Edo-Zeit, 1857. Bildquelle: Database of Folklore Illustrations, Nichibunken, Kyōto.
  3. ^ 
    Ukehi 1827.jpg
    Susanoo beim Erzeugen eines Kindes im Wettstreit mit Amaterasu. Aus einer illustrierten Nacherzählung der Mythen durch einen Gelehrten aus Izumo.
    Werk von Hosoda Tominobu (1783–1828). Edo-Zeit. National Diet Library, Tōkyō.

Glossar

Namen und Fachbegriffe auf dieser Seite

  • Amaterasu 天照 ^ Sonnengottheit; Ahnherrin des Tennō-Geschlechts; Hauptgottheit von Ise
  • Ame-no-iwato 天岩戸 ^ wtl. Felsentor des Himmels; Höhle, in die sich Amaterasu zurückzieht
  • Ame no Koyane 天児屋/天児屋根 ^ mytholog. Gottheit; Ahnengottheit der Fujiwara
  • Ame no Oshihomimi 天忍穂耳 ^ mythol. Gottheit; Sohn von Amaterasu und Susanoo, Vater von Ninigi
  • Ame no Uzume 天鈿女/天宇受賣 ^ mythologische Gottheit, Ahnherrin des Theaters
  • Fujiwara 藤原 ^ mächtigste Adelsfamilie im jap. Altertum
  • Futsunushi 経津主 ^ Mythologischer Schwertgott
  • Hiko Hohodemi 彦火火出見 ^ auch Hoori; mythologischer Vorfahre der Tennō Dynastie und Held des Mythos von Bergglück und Meerglück
  • Himiko 卑弥呼 ^ ca. 170–248; frühgeschichtliche Priesterkönigin; auch Pimiko (wahrscheinliche Bedeutung: „Kind der Sonne“); chin. Pei-mi-hu
  • Izanagi 伊耶那岐/伊奘諾 ^ Göttervater; auch Izanaki (ki hier männliche Endung); Bruder und Mann von Izanami
  • Izanami 伊耶那美/伊奘冉 ^ Göttermutter, Göttin der Unterwelt (mi hier weibliche Endung); Schwester und Frau des Izanagi
  • Jinmu Tennō 神武天皇 ^ wtl. „göttlicher Krieger“; gemäß den japanischen Mythen der erste menschliche Herrscher (Tennō) Japans; eigentlicher Name: Kami Yamato Iware-hiko no Sumera Mikoto 神日本磐余彦天皇 (Nihon shoki)
  • Jitō Tennō 持統天皇 ^ 645–703, r. 686–697; 41. japanische Kaiserin
  • kegare 穢れ ^ rituelle Verunreinigung, Befleckung, Schande
  • kiki 記紀 ^ Sammelbezeichnung für KojiKI und Nihon shoKI (ki, Bericht, ist jeweils mit einem leicht abweichenden Zeichen geschrieben)
  • Kojiki 古事記 ^ „Aufzeichnung alter Begebenheiten“; älteste jap. Chronik (712)
  • magatama 勾玉 ^ Krummjuwelen; archaischer Schmuck, Teil der Insignien des Tennō
  • misogi^ Purifikation, Reinigungsritus, rituelle Waschung
  • Naumann, Nelly (west.) ^ 1922–2000; deutsche Japanologin und Mythenforscherin
  • Ne no Kuni 根の国 ^ wtl. Wurzelland, auch Ne no Katasukuni 根之堅州國; Unterwelt
  • Nihongi 日本記 ^ Kurzbezeichnung für Nihon shoki
  • Nihon shoki 日本書紀 ^ Zweitältestes Schriftwerk und erste offizielle Reichschronik Japans (720)
  • Ninigi 瓊瓊杵 ^ mytholog. Gottheit, Enkel Amaterasus
  • Onogoroshima 淤能碁呂島 ^ Mythologischer Ursprungsort Japans; die „von selbst geronnene Insel“
  • Ōkuninushi 大国主 ^ mythol. Gottheit; wtl. Großer Meister des Landes
  • shikome 醜女 ^ „hässliche Frau“; Figur des -Theaters; Variante der Ama no Uzume; auch: Dämonin der Unterwelt (in der Izanami-Episode)
  • shimenawa 注連縄 ^ shintōistisches „Götter-Seil“; geschlagene Taue aus Reisstroh.
  • Susanoo 須佐之男/素戔男 ^ mytholog. Gottheit; Trickster-Gott, Sturmgott, Mondgott; Bruder der Amaterasu
  • Takama-no-hara 高天原 ^ wtl. „Die Hohen Himmelsgefilde“, mythol. Bez. für das Reich der Himmlischen Götter; auch Takama-ga-hara
  • Takemikazuchi 建御雷 ^ Mythologischer Schwertgott (wtl. Gewittergott); Ahnengottheit der Fujiwara; u.a. in den Schreinen Kashima und Kasuga verehrt
  • Tamayori-hime 玉依姫 ^ Meeresgottheit; Tochter des Meereskönigs Watatsumi
  • Tennō 天皇 ^ jap. „Kaiser“-Titel, wtl. Herrscher des Himmels
  • Tsukuyomi 月読 ^ Mondgottheit, Bruder der Sonnengöttin Amaterasu; wtl. Mondleser oder Monatszähler; auch Tsukiyomi gelesen
  • ukehi 宇気比/誓約 ^ mythologisches Orakel, oft in Form eines Wettstreits oder Kräftemessens
  • yaoyorozu 八百万 ^ altjap. für „acht Millionen“ bzw. unendlich viele
  • Yin Yang (chin.) 陰陽 ^ Dualistisches Prinzip der chin. Naturphilosophie
  • Yomi 黄泉 ^ mytholog. Unterwelt; geschrieben mit den Zeichen „Gelbe Quellen“, eine chinesische Bezeichnung für die Unterwelt