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{{fl|A}}uf einer Klippe über dem Meer hat sich eine kleine Gruppe von Menschen versammelt. Alle Aufmerksamkeit ist auf einen Mönch in rotem Gewand gerichtet, der sich mit geschlossenen Augen auf sein Gebet konzentriert. Heftiger Regen hat eingesetzt und ein Diener schützt den Betenden mit einem großen Schirm. Alle Umstehenden scheinen in großer Erregung. Der Regen legt sich wie ein Vorhang aus schwarzen Schnüren vor die dargestellte Szene. Lediglich das Gesicht des betenden Mönchs bleibt ausgespart – ein heller Ruhepol inmitten der entfesselten Elemente. | {{fl|A}}uf einer Klippe über dem Meer hat sich eine kleine Gruppe von Menschen versammelt. Alle Aufmerksamkeit ist auf einen Mönch in rotem Gewand gerichtet, der sich mit geschlossenen Augen auf sein Gebet konzentriert. Heftiger Regen hat eingesetzt und ein Diener schützt den Betenden mit einem großen Schirm. Alle Umstehenden scheinen in großer Erregung. Der Regen legt sich wie ein Vorhang aus schwarzen Schnüren vor die dargestellte Szene. Lediglich das Gesicht des betenden Mönchs bleibt ausgespart – ein heller Ruhepol inmitten der entfesselten Elemente. | ||
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Version vom 4. Dezember 2018, 14:22 Uhr
Der vorliegende Artikel ist die überarbeitete Version meines Beitrags für einen Ausstellungskatalog der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, „Die Logik des Regens / Logical Rain“ (Ausstellung 2013–2014) von Wolfgang Scheppe, der allerdings nie veröffentlicht wurde.
Achtung: Sie sehen eine veraltete Version von https://religion-in-japan.univie.ac.at/Handbuch/Essays/Regenmachen.
Auf einer Klippe über dem Meer hat sich eine kleine Gruppe von Menschen versammelt. Alle Aufmerksamkeit ist auf einen Mönch in rotem Gewand gerichtet, der sich mit geschlossenen Augen auf sein Gebet konzentriert. Heftiger Regen hat eingesetzt und ein Diener schützt den Betenden mit einem großen Schirm. Alle Umstehenden scheinen in großer Erregung. Der Regen legt sich wie ein Vorhang aus schwarzen Schnüren vor die dargestellte Szene. Lediglich das Gesicht des betenden Mönchs bleibt ausgespart – ein heller Ruhepol inmitten der entfesselten Elemente.
Der oben abgebildete Farbholzschnitt von Utagawa Kuniyoshi [Utagawa Kuniyoshi (jap.) 歌川国芳 1798–1861; Maler und Zeichner. Bekannter Verteter des ukiyo-e-Farbholzschnitts] stellt eine Szene dar, die sich im Jahre 1271 in Kamakura ereignet haben soll und zu den legendären Wundertaten des berühmten Mönchs Nichiren [Nichiren (jap.) 日蓮 1222–1282; Begründer des Nichiren Buddhismus] (1222–1282) zählt: Nach einer langen Dürreperiode gelang es Nichiren durch seine Gebete Regen zu erwirken. Kuniyoshis Holzschnitt zeigt den Moment, als diese Gebete in Form eines plötzlichen Wolkenbruchs Früchte tragen. Das Erstaunen der Gruppe um Nichiren ist umso größer, als zuvor bereits hochrangige Spezialisten mit wesentlich aufwendigeren rituellen Prozeduren versucht haben, die Dürre zu beenden. Nichiren genügen jedoch ein einfacher Opfertisch und eine Gebetskette, die er in den gefalteten Händen reibt. Sein Gebet besteht aus nichts anderem als der Anrufung des Lotos Sutras. Es ist, so suggerieren Bild und Legende, vor allem seinem aufrichtigen Glauben an diesen elementaren Text des Mahayana [Mahāyāna (skt.) महायान „Großes Fahrzeug“, buddhistische Richtung (jap. daijō bukkyō 大乗)]-Buddhismus zuzuschreiben, dass die höheren Mächte, die für Regen verantwortlich sind, Nichirens Bitten Gehör schenken.
Verweise
Fußnoten
Bilder
- ^ Diese Episode aus dem Leben Nichirens erzählt von einer großen Dürre, die Kamakura im Jahr 1271 (damals Hauptstadt) heimgesucht hatte. Die Regierung befahl den wichtigsten Tempeln, Regenbitt-Zeremonien (amagoi) durchzuführen, doch nichts half, bis endlich Nichiren auf den Plan trat. Er rezitierte (wie immer) seine schlichte „Anrufung des Lotos Sutra“ (namu myōhō renge kyō) und siehe da, der Regen kam.
Werk von Utagawa Kuniyoshi (1797–1861). Edo-Zeit. The British Museum.
Glossar
- Amagoi Komachi 雨乞小町 ^ „Komachis Bitte um Regen“; Motiv aus dem Leben der Dichterin Ono no Komachi in Nō, Kabuki oder ukiyo-e
- ame no hito 雨の人 ^ „Regenmensch“; jemand, der immer Schlechtwetter mitbringt
- Dayun jing (chin.) 大雲經 ^ Großes Wolken-Sutra; skt. Mahāmegha sūtra, jap. Daiun-kyō; die früheste Übersetzung ins Chinesische wurde von Dharmakṣema zwischen 414 and 421 angefertigt (DDB, s.v. Dafangdeng wuxiang jing 大方等無想經)
- Dōzō 道蔵 ^ koreanischer Mönch aus Baekje, spätes 6. Jh.; im Nihon shoki als Experte des Regenmachens erwähnt
- hare no hito 晴れの人 ^ „Schönwettermensch“; jemand, der immer Schönwetter mitbringt
- Hitachi fudoki 常陸風土記 ^ „Aufzeichnungen von Luft und Erde aus Hitachi“; auch Hitachi no kuni fudoki, 713; Chronik kultureller Bräuche der historischen Provinz Hitachi 常陸, heutige Präf. Ibaraki
- honji suijaku 本地垂迹 ^ wtl. Grundform und herabgelassene Spur; Theorie der Identität von kami und Buddhas
- Izumi Shikibu 和泉式部 ^ 978?–1033?; Hofdame und Dichterin der Heian-Zeit
- Jitō Tennō 持統天皇 ^ 645–703, r. 686–697; 41. japanische Kaiserin
- Kaempfer, Engelbert (west.) ^ 1651–1716; deutscher Arzt und Naturforscher, Japanreisender (1790–1792); Autor einer detaillierten Japanbeschreibung
- Kifune Jinja 貴船神社 ^ alter Schrein für eine Wassergottheit im Norden Kyotos; Kifune bedeutet wörtlich „edles Schiff“
- Kimbrough, R. Keller (west.) ^ 1968–; Japanologe an der University of Colorado
- Kitano Tenman-gū 北野天満宮 ^ Kitano Tenman Schrein (Kyōto); einer der beiden Hauptschreine des Sugawara no Michizane, gegr. 947
- Kōgyoku Tennō 皇極天皇 ^ 594–661; weibliche Tennō, r. 642–645; herrschte ein weiteres Mal unter dem Namen Saimei, 655–661
- Mucilinda (skt.) मुचिलिन्द ^ Name eines Drachens, der Buddha Shakyamuni während seiner Meditation vor Regen schützte
- Mujū Ichien 無住一円 ^ 1226–1312; buddh. Mönch und Autor essayistischer und anekdotischer Werke
- Nana Komachi 七小町 ^ „Sieben Komachi“; Gruppe von sieben Motiven aus dem Leben der Dichterin Ono no Komachi
- Naumann, Nelly (west.) ^ 1922–2000; deutsche Japanologin und Mythenforscherin
- Nihon/Nippon 日本 ^ Japan; wtl. Sonnenursprungs[land]
- Nihon ryōiki 日本霊異記 ^ „Wundersame Begebenheiten aus Japan“; buddhistische Legendensammlung von Kyōkai (Anfang 9. Jh.)
- Niukawakami Jinja 丹生川上神社 ^ alter Schrein für eine Wassergottheit im Süden von Nara;
- Ono no Komachi 小野小町 ^ 825?–900?; Heian-zeitliche Dichterin und Hofdame
- Rinzai-shū 臨濟宗 ^ Rinzai-Schule des jap. Zen Buddhismus
- rokkasen 六歌仙 ^ die Sechs Dichter-Genies; der Ausdruck bezieht sich auf sechs Dichter aus der klassischen Gedichtanthologie Kokinshū (10. Jh.), nämlich Ōtomo no Kuronushi, Ono no Komachi, Ariwara no Narihira, Kisen, Henjō und Fun’ya no Yasuhide
- Ruppert, Brian (west.) ^ Japanologe und Religionshistoriker, Universität Kanagawa, Yokohama
- Shingon-shū 真言宗 ^ Shingon-Schule, wtl. Schule des Wahren Wortes; wichtigste Vertreterin des esoterischen Buddhismus (mikkyō) in Japan
- Shinsen’en 神泉苑 ^ „Garten der göttlichen Quelle“, im Süden des ehem. Kaiserpalastes in Kyōto gelegen;
- Soga no uji 蘇我氏 ^ Soga-Klan, die ersten Förderer des jap. Buddhismus
- Sotoba Komachi 卒都婆小町 ^ „Komachi am Grab“; Motiv aus dem Leben der Dichterin Ono no Komachi, dramatisiert in Nō, Kabuki oder ukiyo-e
- Sugawara no Michizane 菅原道真 ^ 845–903, Heian-zeitl. Staatsmann und Gelehrter; posthum als Tenman Tenjin vergöttlicht, heute Gott der Gelehrsamkeit
- Tenmu Tennō 天武天皇 ^ 631?–686; 40. japanischer Kaiser; (r. 673–686)
- teruteru bōzu 照る照る坊主 ^ wtl. Schönwetter Mönchlein; Puppe, die Schönwetter bringen soll
- Tsurugaoka Hachiman-gū 鶴岡八幡宮 ^ repräsentativster Schrein des ehemaligen Shōgunats in Kamakura; Gründung durch die Familie Minamoto, die Hachiman als Ahnengottheit verehrten
- Utagawa Kuniyoshi 歌川国芳 ^ 1798–1861; Maler und Zeichner. Bekannter Verteter des ukiyo-e-Farbholzschnitts
- Yamata no Orochi 八岐大蛇 ^ Mythologische Schlange (Drache) mit acht Köpfen; wtl. „achtfach gegabelte Schlange“; wird von Susanoo besiegt
- yatsu no kami 夜刀の神 ^ wtl. Götter des Tals; gehörnte Schlangengötter in der Regionalchronik Hitachi fudoki
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