Essays/Okuninushi: Unterschied zwischen den Versionen

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<div class="bildbox bildtext">{{dia|miwayama.jpg|w=450|rahmen_w=450|rahmen_h=180}}<div>Berg Miwa </div></div>
 
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{{Glossar:Ookuninushi}}, wtl. der „Große Landesherr“, ist eine der rätsel·haftesten und facet·ten·reich·sten Gestalten des japanischen {{Glossar:Kami}}-Pantheons. Er taucht in den Mythen zu·nächst als Hauptgott der irdischen „Götter“ auf und stellt damit das Gegen·stück zu {{Glossar:Amaterasu}}, der Hauptgottheit der himmlischen „Götter“ dar. Obwohl er sich gemäß offiziel·ler Lesart dem Herrschafts·anspruch der himmlischen Götter kampf·los unter·wirft, bleibt er als eine Art Gegen·modell zum kai·ser·lichen Ahnen·kult der Son·nen·gottheit die gesamte japanische Religions·geschichte hin·durch in Erin·nerung. Dabei kommt es aller·dings zu er·staun·lichen Änderun·gen in Funktion und Er·schei·nungs·bild dieses Gottes. Diese Ver·änderun·gen werden im fol·gen·den anhand der wich·tig·sten Schreine, in denen er heute verehrt wird, überblicks·artig dar·gestellt.
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{{Glossar:Ookuninushi}}, wtl. der „Große Landesherr“, ist eine der rätsel·haftesten und facetten·reichsten Gestalten des japanischen {{Glossar:Kami}}-Pantheons. Er taucht in den Mythen zu·nächst als Hauptgott der irdischen „Götter“ auf und stellt damit das Gegen·stück zu {{Glossar:Amaterasu}}, der Hauptgottheit der himmlischen „Götter“ dar. Obwohl er sich gemäß offizieller Lesart dem Herrschafts·anspruch der himmlischen Götter kampf·los unter·wirft, bleibt er als eine Art Gegen·modell zum kaiserlichen Ahnen·kult der Sonnengottheit die gesamte japanische Religions·geschichte hindurch in Erinnerung. Dabei kommt es allerdings zu er·staun·lichen Änderungen in Funktion und Er·schei·nungs·bild dieses Gottes. Diese Ver·änderungen werden im folgenden anhand der wichtigsten Schreine, in denen er heute verehrt wird, überblicksartig dargestellt.
  
 
{{H2+3|Steckbrief}}
 
{{H2+3|Steckbrief}}
 
===Namen===
 
===Namen===
Das erste Rätsel dieses Gottes stellen seine vielen Namen dar. Möglicherweise hieß er ur·sprüng·lich Ōnamochi oder Ōnamuji, was als „Träger großer/vieler Namen“ über·setzt werden kann. Ōkuninushi, „Großer Lan·des·herr“ oder „Herr des Großen Lan·des“, ist sein be·kanntester Namen, bzw. Titel, doch wird er außer·dem noch als „Geist des Großen Landes“ (Ōkunitama), bzw. „Geist des Sicht·baren Landes“ (Utsushikunitama), oder als „Großer Herr der Dinge“ (Ōmononushi) be·zeich·net.<ref>''Mono'', „Ding“, in Ōmononushi könnte auch auch die Be·deu·tungen „Person“, „Wesen“, „Geist“ be·sit·zen (→ ''mono no ke'', ''bake-mono'' „Gespenst“).</ref> Der Ein·fach·heit halber be·schrän·ken wir uns hier weit·gehend auf Ōkuninushi.
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Das erste Rätsel dieses Gottes stellen seine vielen Namen dar. Möglicherweise hieß er ur·sprüng·lich Ōnamochi oder Ōnamuji, was als „Träger großer/vieler Namen“ über·setzt werden kann. Ōkuninushi, „Großer Landes·herr“ oder „Herr des Großen Landes“, ist sein be·kanntester Namen, bzw. Titel, doch wird er außer·dem noch als „Geist des Großen Landes“ (Ōkunitama), bzw. „Geist des Sicht·baren Landes“ (Utsushikunitama), oder als „Großer Herr der Dinge“ (Ōmononushi) be·zeichnet.<ref>''Mono'', „Ding“, in Ōmononushi könnte auch auch die Be·deutungen „Person“, „Wesen“, „Geist“ be·sitzen (→ ''mono no ke'', ''bake-mono'' „Gespenst“).</ref> Der Ein·fach·heit halber be·schränken wir uns hier weit·gehend auf Ōkuninushi.
  
 
===Herkunft===
 
===Herkunft===
  
Ōkuninushi ist laut den Hauptvarianten von {{glossar:Kojiki}} und {{glossar:Nihonshoki}} ein Sohn des {{glossar:Susanoo}}.<ref>Es gibt auch Neben·varian·ten des ''Nihon shoki'', nach denen Ōkuninushi ein Nach·fahre des Susanoo in der fünften oder sech·sten Generation ist.</ref> Seine Mutter ist {{glossar:Kushinadahime}}, jene junge Frau, die Susanoo vor der acht·köp·figen Schlange rettete, nach·dem er aus dem Himmel ver·bannt worden war. Ort dieser Handlung und somit Ge·burts·ort des Ōkuninushi ist die Gegend von {{glossar:Izumo}} (heute Präfektur Shimane). Folgt man aller·dings anderen Quellen, so lässt sich Ōkuninushi auch aus anderen Regio·nen, ja sogar vom korea·nischen Festland her·leiten.
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Ōkuninushi ist laut den Hauptvarianten von {{glossar:Kojiki}} und {{glossar:Nihonshoki}} ein Sohn des {{glossar:Susanoo}}.<ref>Es gibt auch Neben·varianten des ''Nihon shoki'', nach denen Ōkuninushi ein Nach·fahre des Susanoo in der fünften oder sechsten Generation ist.</ref> Seine Mutter ist {{glossar:Kushinadahime}}, jene junge Frau, die Susanoo vor der acht·köpfigen Schlange rettete, nachdem er aus dem Himmel ver·bannt worden war. Ort dieser Handlung und somit Ge·burts·ort des Ōkuninushi ist die Gegend von {{glossar:Izumo}} (heute Präfektur Shimane). Folgt man aller·dings anderen Quellen, so lässt sich Ōkuninushi auch aus anderen Regionen, ja sogar vom koreanischen Festland herleiten.
  
===Wesen/ Identität===
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===Wesen/Identität===
  
Es ist nicht restlos geklärt, ob alle Gottheiten, die in den Mythen unter einem der Namen des Ōkuninushi an·ge·führt werden, tat·säch·lich immer auf die·selbe Gott·heit zurück·gehen. Manches spricht bei·spiels·weise dafür, dass die Gott·heiten von Izumo und von Miwa ur·sprüng·lich nicht wesens·gleich waren. Die Mehr·heit späterer Inter·preten (nicht nur heutige Wissen·schaftler, sondern auch Priester und Ge·lehrte aus früheren Jahrhun·der·ten) ten·diert jedoch dazu, die ver·schie·denen Ōkuninushis, Ōmononushis und Ōkunitamas letzt·lich auf eine Gott·heit zu reduzie·ren. Was diese Gestal·ten in jedem Fall eint, ist ihre Funktion als mäch·tige „irdische“ Gottheit ({{glossar:kunitsukami}}). Ōkuninushi und seine Aliase stehen also  im wesentlichen für Lokal·gott·hei·ten, die nicht der mythologischen Genea·logie des {{Glossar:Tennou}}-Hauses entstammen.
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Es ist nicht restlos geklärt, ob alle Gottheiten, die in den Mythen unter einem der Namen des Ōkuninushi an·ge·führt werden, tat·säch·lich immer auf dieselbe Gott·heit zurück·gehen. Manches spricht bei·spiels·weise dafür, dass die Gott·heiten von Izumo und von Miwa ur·sprüng·lich nicht wesens·gleich waren. Die Mehr·heit späterer Inter·preten (nicht nur heutige Wissen·schaftler, sondern auch Priester und Ge·lehrte aus früheren Jahrhunderten) tendiert jedoch dazu, die ver·schiedenen Ōkuninushis, Ōmononushis und Ōkunitamas letzt·lich auf eine Gott·heit zu reduzieren. Was diese Gestalten in jedem Fall eint, ist ihre Funktion als mächtige „irdische“ Gottheit ({{glossar:kunitsukami}}). Ōkuninushi und seine Aliase stehen also  im wesentlichen für Lokal·gott·heiten, die nicht der mythologischen Genealogie des {{Glossar:Tennou}}-Hauses entstammen.
  
 
==Aufstieg zum „Herren des Landes“  <small>(Izumo Sagenkreis)</small>==
 
==Aufstieg zum „Herren des Landes“  <small>(Izumo Sagenkreis)</small>==
 
{{sidebox|inaba_shirousagi_jishujinja.jpg|w=170|left=-15|rahmen_h=200|Ōkuninushi und der Hase von Inaba}}
 
{{sidebox|inaba_shirousagi_jishujinja.jpg|w=170|left=-15|rahmen_h=200|Ōkuninushi und der Hase von Inaba}}
  
Der Name „Großer Landesherr“ ist laut ''Kojiki'' eine Auszeichnung, die sich Ōkuninushi erst nach einer Viel·zahl von Qualen und Prüfun·gen durch Geschick, Glück und Grau·sam·keit erwirbt. Wir begeg·nen dem noch jugend·lichen Gott, als er sich mit seinen 80 älteren Halb·brüdern (es sind offen·bar keine Söhne des Susanoo, ihre genaue Her·kunft bleibt ein Rätsel) auf dem Weg von Izumo in die Nach·bar·provinz {{glossar:Inaba}} befin·det. Seine Brüder wollen die Prin·zessin von Inaba freien und neh·men Ōkuninushi als Diener und Lauf·bur·schen mit. Unter·wegs heilt Ōkuninushi einen Hasen, welcher von See·un·geheuern (jap. ''wani'' = Krokodil? Drachen?) seines Pelzes beraubt worden ist. Der dank·bare Hase prophezeiht (bzw. bewirkt), dass die Prin·zessin Ōkuninushi zum Gatten erwäh·len wird.<ref> Diese Geschichte hat sich als Märchen ver·selb·stän·digt und ist heute in Japan die be·kannteste Erzäh·lung von Ōkuninushi.</ref> Als die Prin·zessin tat·säch·lich Ōkuninushi den Vor·zug vor seinen Brüdern gibt, locken sie ihn zwei·mal in eine Falle, um ihn zu töten. Beide Male gelingt der An·schlag, doch beide Male wird Ōkuninushi mit Hilfe seiner Mutter und der Götter des Himmels wieder zum Leben erweckt.
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Der Name „Großer Landesherr“ ist laut ''Kojiki'' eine Auszeichnung, die sich Ōkuninushi erst nach einer Vielzahl von Qualen und Prüfungen durch Geschick, Glück und Grau·sam·keit erwirbt. Wir begegnen dem noch jugend·lichen Gott, als er sich mit seinen 80 älteren Halb·brüdern (es sind offenbar keine Söhne des Susanoo, ihre genaue Herkunft bleibt ein Rätsel) auf dem Weg von Izumo in die Nach·bar·provinz {{glossar:Inaba}} befindet. Seine Brüder wollen die Prinzessin von Inaba freien und nehmen Ōkuninushi als Diener und Lauf·burschen mit. Unterwegs heilt Ōkuninushi einen Hasen, welcher von See·un·geheuern (jap. ''wani'' = Krokodil? Drachen?) seines Pelzes beraubt worden ist. Der dank·bare Hase prophezeiht (bzw. bewirkt), dass die Prinzessin Ōkuninushi zum Gatten erwählen wird.<ref> Diese Geschichte hat sich als Märchen ver·selb·ständigt und ist heute in Japan die be·kannteste Erzählung von Ōkuninushi.</ref> Als die Prinzessin tat·sächlich Ōkuninushi den Vorzug vor seinen Brüdern gibt, locken sie ihn zwei·mal in eine Falle, um ihn zu töten. Beide Male gelingt der An·schlag, doch beide Male wird Ōkuninushi mit Hilfe seiner Mutter und der Götter des Himmels wieder zum Leben erweckt.
  
Um seinen eifersüchtigen Brüdern zu entkommen, begibt er sich in die Unter·welt ({{glossar:Nenokuni}}, wtl. „Wur·zel·land“), wo sein Vater Susanoo mittler·weile die Herrschaft über·nom·men hat. Doch damit haben seine Schwie·rig·kei·ten immer noch kein Ende. Wie·der führt Ōkuninushis Sex·appeal zu einem Zwist mit einem männlichen Ver·wandten: diesmal geht es um {{glossar:Suserihime}}, ihrer·seits eine Toch·ter des Susanoo und damit Halb·schwester von Ōkuninushi. Die beiden Halb·geschwister ver·lie·ben sich, doch bevor sie ungestört zu·sam·men sein können, unter·wirft der eifer·süch·tige Susanoo seinen Sohn einer Reihe von brutalen (Initia·tions?-)Auf·gaben, in denen sich dieser gegen Schlan·gen, Bienen und schließ·lich gegen einen Busch·brand be·haup·ten muss. All diese Auf·gaben meistert Ōkuninushi dank Suserihime und einer Maus. Schluss·endlich muss Ōkuninushi Susanoo lausen, lullt ihn dabei in den Schlaf, stiehlt die Waffen seines Vaters und flieht mit Suserihime aus der Unter·welt.
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Um seinen eifersüchtigen Brüdern zu entkommen, begibt er sich in die Unter·welt ({{glossar:Nenokuni}}, wtl. „Wurzelland“), wo sein Vater Susanoo mittler·weile die Herrschaft über·nommen hat. Doch damit haben seine Schwierig·keiten immer noch kein Ende. Wieder führt Ōkuninushis Sex·appeal zu einem Zwist mit einem männlichen Ver·wandten: diesmal geht es um {{glossar:Suserihime}}, ihrerseits eine Tochter des Susanoo und damit Halb·schwester von Ōkuninushi. Die beiden Halb·geschwister verlieben sich, doch bevor sie ungestört zu·sammen sein können, unterwirft der eifer·süchtige Susanoo seinen Sohn einer Reihe von brutalen (Initiations?-)Aufgaben, in denen sich dieser gegen Schlangen, Bienen und schließlich gegen einen Busch·brand be·haupten muss. All diese Aufgaben meistert Ōkuninushi dank Suserihime und einer Maus. Schluss·endlich muss Ōkuninushi Susanoo lausen, lullt ihn dabei in den Schlaf, stiehlt die Waffen seines Vaters und flieht mit Suserihime aus der Unterwelt.
  
 
===Schöpfungsakte===
 
===Schöpfungsakte===
  
Zurück auf der Erde tötet Ōkuninushi zunächst seine Halb·brüder mit den Waffen des Susanoo, und zeugt dann mit den ver·schie·den·sten Prin·zessin·nen jede Menge von Kin·dern (180 laut ''Kojiki'', 181 laut ''Nihon shoki''). Schließ·lich bekommt er einen Gefährten zur Seite gestellt, einen win·zigen Gott namens {{glossar:Sukunabikona}}<ref>''suku'' = "klein", ''biko/hiko'' = "Prinz", ''na'' = "Namen"?</ref>, laut einer Ver·sion ein ver·loren ge·glaub·ter Sohn des himmlischen Ahnen·gottes {{glossar:Takamimusubi}}, laut einer anderen eine Art ''alter ego'' von Ōkuninushi selbst. Mit Sukonabikona führt Ōkuninushi das von {{glossar:Izanami}} und {{glossar:Izanagi}} begon·nene Werk der Wel·ten·schöp·fung zu Ende. Inwie·fern die Welt nach Ōkuninushi anders aus·sieht als zuvor, wird in ''Kojiki'' und ''Nihon shoki'' aller·dings nicht näher spezifiziert. Laut dem {{glossar:Izumofudoki}}, einer frag·men·tarischen Lokal·chronik aus dem Jahr 733, ver·größert er jedoch die Provinz Izumo, indem er einen Teil des korea·nischen König·reichs Silla mit Hilfe eines Seils über das Meer nach Japan zieht. <ref>Diese Tat wird genau genom·men einem Gott namens Omizunu zu·ge·schrie·ben, er lässt sich je·doch durch·aus als Alias von Ōkuninushi inter·pretieren.</ref>
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Zurück auf der Erde tötet Ōkuninushi zunächst seine Halb·brüder mit den Waffen des Susanoo, und zeugt dann mit den ver·schiedensten Prinzessinnen jede Menge von Kindern (180 laut ''Kojiki'', 181 laut ''Nihon shoki''). Schließ·lich bekommt er einen Gefährten zur Seite gestellt, einen winzigen Gott namens {{glossar:Sukunabikona}}<ref>''suku'' = "klein", ''biko/hiko'' = "Prinz", ''na'' = "Namen"?</ref>, laut einer Version ein verloren ge·glaubter Sohn des himmlischen Ahnen·gottes {{glossar:Takamimusubi}}, laut einer anderen eine Art ''alter ego'' von Ōkuninushi selbst. Mit Sukonabikona führt Ōkuninushi das von {{glossar:Izanami}} und {{glossar:Izanagi}} begonnene Werk der Welten·schöpfung zu Ende. Inwiefern die Welt nach Ōkuninushi anders aus·sieht als zuvor, wird in ''Kojiki'' und ''Nihon shoki'' aller·dings nicht näher spezifiziert. Laut dem {{glossar:Izumofudoki}}, einer frag·mentarischen Lokal·chronik aus dem Jahr 733, ver·größert er jedoch die Provinz Izumo, indem er einen Teil des koreanischen König·reichs Silla mit Hilfe eines Seils über das Meer nach Japan zieht. <ref>Diese Tat wird genau genommen einem Gott namens Omizunu zu·ge·schrieben, er lässt sich je·doch durch·aus als Alias von Ōkuninushi interpretieren.</ref>
  
 
===Heilkraft===
 
===Heilkraft===
  
Ein hervorstechender Aspekt des Paares Ōkuninushi und Sukonabikona ist ihre Fähig·keit Krank·hei·ten zu heilen. Sie werden u.a. für die Ent·deckung der ältesten Heil·quel·len Japans ver·ant·wortlich gemacht. In der Heian Zeit wurde Ōkuninushi aus diesem Grund auch mit {{Glossar:Yakushinyorai}}, dem Buddha der Medizin, iden·tifiziert, bzw. von diesem als Gott der Heil·kunst über·schat·tet (Antoni 1982, S. 30-31). <ref>Auch von den Gelehrten der {{glossar:Kokugaku}}, die sich im 18. und 19. Jh. der Exegese japanischer Mythen wid·meten, wird die Heil·kraft des Göt·ter·paa·res aus Izumo beson·ders her·vor·gehoben.</ref> Wie wir noch sehen werden, tritt Ōkuninushi außer·dem als Ver·ur·sacher einer schreck·lichen Epidemie prominent in Erscheinung.
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Ein hervorstechender Aspekt des Paares Ōkuninushi und Sukonabikona ist ihre Fähigkeit Krank·heiten zu heilen. Sie werden u.a. für die Ent·deckung der ältesten Heilquellen Japans ver·ant·wortlich gemacht. In der Heian Zeit wurde Ōkuninushi aus diesem Grund auch mit {{Glossar:Yakushinyorai}}, dem Buddha der Medizin, identifiziert, bzw. von diesem als Gott der Heilkunst über·schattet (Antoni 1982, S. 30-31). <ref>Auch von den Gelehrten der {{glossar:Kokugaku}}, die sich im 18. und 19. Jh. der Exegese japanischer Mythen widmeten, wird die Heilkraft des Götter·paares aus Izumo besonders her·vor·gehoben.</ref> Wie wir noch sehen werden, tritt Ōkuninushi außer·dem als Ver·ur·sacher einer schreck·lichen Epidemie prominent in Erscheinung.
  
 
==Zwischenbemerkung==
 
==Zwischenbemerkung==
  
Bis hier her folgt die Geschichte des Ōkuninushi einem Muster, das aus vielen Märchen bekannt ist: der Held, der jüngste einer Reihe von Geschwistern, wird zahl·reichen Gefah·ren und Demütigun·gen aus·ge·setzt, über·win·det diese mit viel List und dank der Sym·pathie weib·licher Unter·stüt·zer und trium·phiert schluss·endlich über seine Pei·niger. In der Art, wie er sich mehr durch Glück und Schläue als durch Stärke gegen seine Wider·sacher durch·setzt, kann er, ähnlich wie Susanoo, als [[Mythen:Götter des Himmels/Trickster | Trickster-Figur]] angesehen werden.  
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Bis hier her folgt die Geschichte des Ōkuninushi einem Muster, das aus vielen Märchen bekannt ist: der Held, der jüngste einer Reihe von Geschwistern, wird zahl·reichen Gefahren und Demütigungen aus·ge·setzt, über·windet diese mit viel List und dank der Sympathie weib·licher Unter·stützer und triumphiert schluss·endlich über seine Peiniger. In der Art, wie er sich mehr durch Glück und Schläue als durch Stärke gegen seine Wider·sacher durch·setzt, kann er, ähnlich wie Susanoo, als [[Mythen:Götter des Himmels/Trickster | Trickster-Figur]] angesehen werden.  
  
Auch andere mythologische Deutungen sind möglich. Klaus Antoni (1982) deutet etwa die Geschichte des wie·der·beleb·ten „Weißen (= nack·ten) Hasen von Inaba“ als Mythos vom ab·neh·men·den und zu·neh·men·den Mond. Mir geht es aber an dieser Stelle vor allem um den Stel·len·wert, den Ōkuninushi in den ver·schie·denen Schrei·nen, in denen er ver·ehrt wurde, zugesprochen bekam.  
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Auch andere mythologische Deutungen sind möglich. Klaus Antoni (1982) deutet etwa die Geschichte des wieder·belebten „Weißen (= nackten) Hasen von Inaba“ als Mythos vom ab·nehmenden und zu·nehmenden Mond. Mir geht es aber an dieser Stelle vor allem um den Stellen·wert, den Ōkuninushi in den ver·schiedenen Schreinen, in denen er ver·ehrt wurde, zugesprochen bekam.  
  
In Ōkuninushis komplizierten Familienverhältnissen deutet sich an, dass eine ur·sprüng·lich eigen·stän·dige Erzäh·lung aus Izumo über die Figur des Susanoo mit der Yamato-Mythologie ver·bun·den wurde. Susanoos Kampf mit der Schlange und Ōkuninushis Kampf gegen seine Brüder gehör·ten ur·sprüng·lich wahrschein·lich ganz unter·schied·lichen Erzäh·lun·gen an. Auch der Akt der Wel·ten·schöp·fung in Koo·peration mit Sukonabikona passt weder mit den Welt·ent·stehungs·mythen von Izanagi und Izanami noch mit der Vor·geschichte des Ōkuninushi wirklich zusam·men. Im übrigen ver·zich·tet das ''Nihon shoki'' weit·gehend auf die Details dieser Geschichte. Die Episode der achtzig Brüder und des „Hasen von Inaba“ findet sich nur im ''Kojiki''. Das ''Nihon shoki'' wie·derum kon·zen·triert sich mehr auf das Ende von Ōkuninushis Herr·schaft, in Japan als {{glossar:kuniyuzuri}} („Über·gabe des Landes“) bekannt. Aus dieser Per·spektive ver·tritt Ōkuninushi all jene bar·barischen „Götter der Erde“, die durch die Her·ab·kunft des himmlischen Enkels einer höheren Ordnung zugeführt werden sollen.
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In Ōkuninushis komplizierten Familienverhältnissen deutet sich an, dass eine ur·sprüng·lich eigen·ständige Erzählung aus Izumo über die Figur des Susanoo mit der Yamato-Mythologie ver·bunden wurde. Susanoos Kampf mit der Schlange und Ōkuninushis Kampf gegen seine Brüder gehörten ur·sprüng·lich wahrscheinlich ganz unter·schied·lichen Erzählungen an. Auch der Akt der Welten·schöpfung in Kooperation mit Sukonabikona passt weder mit den Welt·ent·stehungs·mythen von Izanagi und Izanami noch mit der Vor·geschichte des Ōkuninushi wirklich zusammen. Im übrigen ver·zichtet das ''Nihon shoki'' weit·gehend auf die Details dieser Geschichte. Die Episode der achtzig Brüder und des „Hasen von Inaba“ findet sich nur im ''Kojiki''. Das ''Nihon shoki'' wiederum konzentriert sich mehr auf das Ende von Ōkuninushis Herr·schaft, in Japan als {{glossar:kuniyuzuri}} („Übergabe des Landes“) bekannt. Aus dieser Perspektive vertritt Ōkuninushi all jene bar·barischen „Götter der Erde“, die durch die Her·ab·kunft des himmlischen Enkels einer höheren Ordnung zugeführt werden sollen.
  
 
==Unterwerfung des Ōkuninushi  <small>(Yamato Mythos)</small>==
 
==Unterwerfung des Ōkuninushi  <small>(Yamato Mythos)</small>==
 
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Offenbar herrschen unter Ōkuninushi, trotz seiner schöpferischen Qualitäten anarchistische Zu·stände, die sich unter anderem da·durch äußern, dass Felsen, Bäume und Gräser sprechen können und un·unter·brochen durch·ein·ander·quasseln. Die „Befrie·dung“ dieser unbot·mäßigen Götter wird erst erreicht, als die himmlischen Götter ({{glossar:amatsukami}}) Ōkuninushis Herrschaft auf Erden über·neh·men.<ref> Noch in den Gebetstex·ten (''norito'') der {{Glossar:Engishiki}} (10. Jh.) wird dieser Um·stand mehr·fach betont: „They silenced to the last leaf/The rocks and stumps of the trees/ Which had been able to speak...“ (Philippi 1990, S. 41, 45, 69.) </ref>
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Offenbar herrschen unter Ōkuninushi, trotz seiner schöpferischen Qualitäten anarchistische Zu·stände, die sich unter anderem da·durch äußern, dass Felsen, Bäume und Gräser sprechen können und un·unter·brochen durch·ein·ander·quasseln. Die „Befriedung“ dieser unbot·mäßigen Götter wird erst erreicht, als die himmlischen Götter ({{glossar:amatsukami}}) Ōkuninushis Herrschaft auf Erden über·nehmen.<ref> Noch in den Gebetstexten (''norito'') der {{Glossar:Engishiki}} (10. Jh.) wird dieser Um·stand mehr·fach betont: „They silenced to the last leaf/The rocks and stumps of the trees/ Which had been able to speak...“ (Philippi 1990, S. 41, 45, 69.) </ref>
  
Ōkuninushis Abdankung ist ''Kojiki'' und ''Nihon shoki'' zufolge das Ergeb·nis dip·loma·tischer Ver·hand·lun·gen: Zwei Ab·ge·sandte des Himmels <ref> Es han·delt sich um die „Schwert·gotthei·ten“ {{Glossar:Takemikazuchi}} und {{Glossar:Futsunushi}}, die in jener mytholo·gischen Episode ent·ste·hen, als Götter·vater Izanagi das Feuer·kind, an welchem die Götter·mut·ter stirbt, in Stücke schlägt. Take·mika·zuchi und Futsunushi sind dem·nach das Pro·dukt von Izanagis Schwert und dem „Blut“ des Feuers. Sie wurden später als Haupt·gott·hei·ten der mächti·gen Adels·familie {{Glossar:Fujiwara}} in deren Ahnen·schrein {{glossar:Kasugataisha}} instal·liert.</ref> erschei·nen an den Gestaden von Izumo, stellen ihre Schwer·ter auf·recht auf die Wellen·kämme und nehmen darauf Platz. Durch diese Demons·tra·tion ihrer über·lege·nen Fähig·kei·ten über·zeu·gen sie Ōkuni·nushi und seinen Sohn und Thron·fol·ger {{glossar:Kotoshironushi}}, dass es wohl das klügste wäre, das Feld kampf·los zu räumen. Zuvor handelt Ōkuni·nushi aber noch die Er·rich·tung eines Palastes für sich aus, dessen Gie·bel·hölzer (nach der Ver·sion des ''Kojiki'') bis zum Himmel empor·reichen. In diesen Palast, an dessen Stelle sich heute der {{Glossar:Izumotaisha|Großschrein von Izumo}} be·fin·det, will er sich zurück·zie·hen, um von nun an die „ver·bor·genen Dinge“ zu leiten. Auch heißt es, dass er sich auf die „nicht hundert, son·dern achtzig ge·wun·denen Pfade“ (''momo tarazu yaso kumade'') bege·ben wird, möglicher·weise eine Meta·pher für die Unter·welt. Damit ver·lässt Ōkuni·nushi zu·nächst ein·mal die Bühne der Geschichte. Ein paar auf·müpfige irdische Götter aus seinem Gefolge, u.a. die vor·lau·ten Steine und Bäume, werden noch schnell un·schäd·lich gemacht, dann steht dem trium·pha·len Ein·zug von Ama·terasus Enkel {{Glossar:Ninigi}} nichts mehr im Wege.
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Ōkuninushis Abdankung ist ''Kojiki'' und ''Nihon shoki'' zufolge das Ergebnis diplomatischer Ver·hand·lungen: Zwei Ab·ge·sandte des Himmels <ref> Es handelt sich um die „Schwertgottheiten“ {{Glossar:Takemikazuchi}} und {{Glossar:Futsunushi}}, die in jener mythologischen Episode ent·stehen, als Göttervater Izanagi das Feuerkind, an welchem die Götter·mutter stirbt, in Stücke schlägt. Takemikazuchi und Futsunushi sind dem·nach das Produkt von Izanagis Schwert und dem „Blut“ des Feuers. Sie wurden später als Haupt·gott·heiten der mächtigen Adelsfamilie {{Glossar:Fujiwara}} in deren Ahnen·schrein {{glossar:Kasugataisha}} installiert.</ref> erscheinen an den Gestaden von Izumo, stellen ihre Schwerter aufrecht auf die Wellen·kämme und nehmen darauf Platz. Durch diese Demonstration ihrer über·legenen Fähigkeiten überzeugen sie Ōkuninushi und seinen Sohn und Thronfolger {{glossar:Kotoshironushi}}, dass es wohl das klügste wäre, das Feld kampf·los zu räumen. Zuvor handelt Ōkuninushi aber noch die Er·richtung eines Palastes für sich aus, dessen Giebelhölzer (nach der Version des ''Kojiki'') bis zum Himmel emporreichen. In diesen Palast, an dessen Stelle sich heute der {{Glossar:Izumotaisha|Großschrein von Izumo}} be·findet, will er sich zurück·ziehen, um von nun an die „ver·borgenen Dinge“ zu leiten. Auch heißt es, dass er sich auf die „nicht hundert, sondern achtzig ge·wundenen Pfade“ (''momo tarazu yaso kumade'') begeben wird, möglicher·weise eine Metapher für die Unter·welt. Damit verlässt Ōkuninushi zu·nächst einmal die Bühne der Geschichte. Ein paar auf·müpfige irdische Götter aus seinem Gefolge, u.a. die vor·lauten Steine und Bäume, werden noch schnell un·schäd·lich gemacht, dann steht dem triumphalen Ein·zug von Amaterasus Enkel {{Glossar:Ninigi}} nichts mehr im Wege.
  
 
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==Yamato und Izumo==
 
==Yamato und Izumo==
Der mythologische Gegensatz von „irdischen“ und „himmlischen“ Gottheiten kann als Meta·pher für unter·schied·liche Herr·schafts·gebiete auf·gefasst werden. {{Glossar:Yamato}}, das Kern·land der Tenno-Dyna·stie, wird dem·nach von den himm·lischen Göttern (''ama-tsu-kami'') be·herrscht, die ande·ren Ter·rito·rien, allen voran Izumo, von den irdi·schen Göttern (''kuni-tsu-kami''). Die Schil·derung von Ōkuni·nushis Ab·dan·kung re·präsen·tiert somit den Pro·zess, im Zuge dessen sich die ver·schie·denen Lokal·reiche der Ober·hoheit Yamatos unter·war·fen. Obwohl diese Ereignisse teil·weise hinter rätsel·haf·ten Bil·dern und Aus·drücken ver·schleiert werden, fällt auf, dass Gewalt·aspekte dabei soweit als möglich her·unter ge·spielt werden. Ōkuni·nushi „zieht sich zurück“, ein himm·lischer Gott <ref> {{Glossar:Amenohohi}}. Dieser Gott ent·stammt ur·sprüng·lich einem eigen·tüm·lichen Wett·streit zwi·schen Ama·terasu und Susa·noo, bei dem Ama·terasu Susa·noos Schwert und Susa·noo Ama·terasus Edel·steine zer·kaute. Ame-no-Hohi ent·stand aus den zer·kau·ten Edel·stei·nen.</ref> tritt in seinen „Dienst“, was aber wohl bedeu·tet, dass er als eine Art Regent die Herr·schaft über Izumo über·nimmt. Neuere archäolo·gische For·schun·gen setzen diese Ent·wick·lung rela·tiv spät, näm·lich erst im sie·ben·ten und achten Jahr·hun·dert an (Piggott 1989). Tat·säch·lich dürfte die Ent·wick·lung weit·gehend fried·lich ver·lau·fen sein. Offen·bar brachte erst die Union mit Yamato interne Riva·litä·ten in Izumo zum Er·lie·gen und sicherte so den Yamato-treuen Lokal·herrn eine größere Auto·rität über Izumo, wenn auch um den Preis, dass sie die Hege·monie Yamatos aner·kannten.
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Der mythologische Gegensatz von „irdischen“ und „himmlischen“ Gottheiten kann als Metapher für unterschiedliche Herrschaftsgebiete aufgefasst werden. {{Glossar:Yamato}}, das Kernland der Tenno-Dynastie, wird dem·nach von den himmlischen Göttern (''ama-tsu-kami'') be·herrscht, die anderen Territorien, allen voran Izumo, von den irdischen Göttern (''kuni-tsu-kami''). Die Schilderung von Ōkuninushis Ab·dankung re·präsentiert somit den Prozess, im Zuge dessen sich die ver·schie·denen Lokalreiche der Oberhoheit Yamatos unter·warfen. Obwohl diese Ereignisse teil·weise hinter rätsel·haften Bildern und Aus·drücken ver·schleiert werden, fällt auf, dass Gewalt·aspekte dabei soweit als möglich her·unter ge·spielt werden. Ōkuninushi „zieht sich zurück“, ein himmlischer Gott <ref> {{Glossar:Amenohohi}}. Dieser Gott ent·stammt ur·sprüng·lich einem eigen·tüm·lichen Wett·streit zwischen Amaterasu und Susanoo, bei dem Amaterasu Susanoos Schwert und Susanoo Amaterasus Edelsteine zer·kaute. Ame-no-Hohi ent·stand aus den zer·kauten Edelsteinen.</ref> tritt in seinen „Dienst“, was aber wohl bedeutet, dass er als eine Art Regent die Herrschaft über Izumo über·nimmt. Neuere archäologische Forschungen setzen diese Ent·wicklung relativ spät, nämlich erst im siebenten und achten Jahr·hundert an (Piggott 1989). Tatsächlich dürfte die Entwicklung weit·gehend friedlich ver·laufen sein. Offen·bar brachte erst die Union mit Yamato interne Rivalitäten in Izumo zum Er·liegen und sicherte so den Yamato-treuen Lokal·herrn eine größere Autorität über Izumo, wenn auch um den Preis, dass sie die Hegemonie Yamatos anerkannten.
  
Die neuen Lokalherren, die laut den Chroniken durch die „himmlischen Götter“ (= Yamato) ein·ge·setzt wurden, sind im übri·gen die Ahnen der spä·teren Prie·ster von Izumo, die ihr Amt bis heute erb·lich weiter·geben. Sie schmücken sich mit der Amts·bezeich·nung ''kokuzō'', ein Titel, der ur·sprüng·lich {{glossar:kuninomiyatsuko}} aus·ge·sprochen wurde und soviel wie „Gouver·neur“ bedeu·tete. Dass dieses Prie·ster·geschlecht sich tat·säch·lich aus einer frühen welt·lichen Dyna·stie, näm·lich dem Klan der Ou, ent·wickelte, gilt heute als his·torisch gesichert. Erst lang·sam wurde aus dem Palast von Izumo ein Schrein und aus den Lan·des·her·ren ein aus·schließ·lich auf religiöse Auf·gaben beschränk·tes Priester·geschlecht. Diese Dyna·stie, die im Mit·telalter den Namen {{glossar:Senge}} ange·nom·men hat, ist somit his·torisch wie mytholo·gisch min·des·tens ebenso alt wie die Tenno Dynastie (der gegen·wär·tige Ober·priester ist das 84. Ober·haupt der Familie seit ihrer mytholo·gischen Grün·dung). Obwohl ur·sprüng·lich von Yamato ein·ge·setzt, gilt ihr religiö·ser Dienst den „irdi·schen Göttern“ und Ōkuni·nushi. Auf diese Weise ist bis heute die Erin·nerung an ein ''kami''-Pan·theon leben·dig, das nicht von den Vor·fah·ren des Tenno regiert wurde. Nach „offi·zieller“ Lesart ist der Kom·plex Izumo-Ōkuni·nushi-Senge dem Kom·plex Ise-Ama·terasu-Tennō hier·archisch unter·geord·net. Dass diese offi·zielle Lesart aber selbst erst das Pro·dukt einer wech·sel·haf·ten Geschichte ist, die bis in his·torische Zeiten (also die Zeit der Ab·fas·sung der frü·hesten Schrift·quel·len) hin·ein·reicht, zeigt die fol·gende Geschichte des Miwa Schreins.
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Die neuen Lokalherren, die laut den Chroniken durch die „himmlischen Götter“ (= Yamato) ein·ge·setzt wurden, sind im übrigen die Ahnen der späteren Priester von Izumo, die ihr Amt bis heute erblich weiter·geben. Sie schmücken sich mit der Amts·bezeichnung ''kokuzō'', ein Titel, der ur·sprüng·lich {{glossar:kuninomiyatsuko}} aus·ge·sprochen wurde und soviel wie „Gouverneur“ bedeutete. Dass dieses Priester·geschlecht sich tat·säch·lich aus einer frühen weltlichen Dynastie, nämlich dem Klan der Ou, ent·wickelte, gilt heute als historisch gesichert. Erst langsam wurde aus dem Palast von Izumo ein Schrein und aus den Landes·herren ein aus·schließ·lich auf religiöse Aufgaben beschränktes Priester·geschlecht. Diese Dynastie, die im Mittelalter den Namen {{glossar:Senge}} angenommen hat, ist somit historisch wie mythologisch mindestens ebenso alt wie die Tenno Dynastie (der gegen·wärtige Oberpriester ist das 84. Oberhaupt der Familie seit ihrer mythologischen Gründung). Obwohl ur·sprüng·lich von Yamato ein·ge·setzt, gilt ihr religiöser Dienst den „irdischen Göttern“ und Ōkuninushi. Auf diese Weise ist bis heute die Erinnerung an ein ''kami''-Pantheon lebendig, das nicht von den Vorfahren des Tenno regiert wurde. Nach „offizieller“ Lesart ist der Komplex Izumo-Ōkuninushi-Senge dem Komplex Ise-Amaterasu-Tennō hier·archisch unter·geordnet. Dass diese offizielle Lesart aber selbst erst das Produkt einer wechsel·haften Geschichte ist, die bis in historische Zeiten (also die Zeit der Ab·fassung der frühesten Schrift·quellen) hin·ein·reicht, zeigt die folgende Geschichte des Miwa Schreins.
  
 
==Ōkuninushis Zweitwohnsitz in Miwa  <small>(Miwa Sagenkreis)</small>==
 
==Ōkuninushis Zweitwohnsitz in Miwa  <small>(Miwa Sagenkreis)</small>==
  
Als mächtige Gottheit außerhalb des ursprünglichen Herrschafts·gebietes von Yamato blieb Ōkuninushi wohl auch nach der Annexion Izumos ein Faktor der Unsicher·heit für den frühen japanischen Staat. Dies würde jeden·falls erklären, warum man sich offen·bar schon früh be·mühte, Ōkuninushi eine Ver·ehrungs·stätte in Yamato zu er·richten, nämlich den Schrein von {{glossar:oomiwajinja|(Ō)Miwa}}. Es ist dies das erste explizit für religiöse Zwecke vor·be·haltene Gebäude, das in den mytho-historischen Chroniken ''Kojiki'' und ''Nihon shoki'' erwähnt wird (im Fall von Izumo bleibt offen, ob es sich um einen Palast für einen lebenden Herrscher oder um ein Gebäude für eine un·sicht·bare Gottheit handelt). Insofern lässt sich argumentieren, der Schrein von Miwa, der noch heute existiert und sich südlich der alten Haupt·stadt {{Glossar:Nara}} befindet, stelle den ältesten Schrein Japans dar. <ref> In einer der oben der erwähnten Sukunabikona Episoden des ''Nihon shoki'' wird Miwa als „Wohnort“ des Sukunabikona bereits vor dem Izumo Schrein genannt.</ref>
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Als mächtige Gottheit außerhalb des ursprünglichen Herrschafts·gebietes von Yamato blieb Ōkuni·nushi wohl auch nach der Anne·xion Izumos ein Faktor der Unsicher·heit für den frühen japa·nischen Staat. Dies würde jeden·falls erklä·ren, warum man sich offen·bar schon früh be·mühte, Ōkuni·nushi eine Ver·ehrungs·stätte in Yamato zu er·rich·ten, näm·lich den Schrein von {{glossar:oomiwajinja|(Ō)Miwa}}. Es ist dies das erste expli·zit für religiöse Zwecke vor·be·hal·tene Ge·bäude, das in den mytho-his·tori·schen Chroni·ken ''Kojiki'' und ''Nihon shoki'' erwähnt wird (im Fall von Izumo bleibt offen, ob es sich um einen Palast für einen leben·den Herr·scher oder um ein Ge·bäude für eine un·sicht·bare Gott·heit han·delt). Inso·fern lässt sich argu·men·tie·ren, der Schrein von Miwa, der noch heute exis·tiert und sich süd·lich der alten Haupt·stadt {{Glossar:Nara}} be·fin·det, stelle den ältes·ten Schrein Japans dar. <ref> In einer der oben der erwähn·ten Sukunabikona Episo·den des ''Nihon shoki'' wird Miwa als „Wohnort“ des Sukunabikona bereits vor dem Izumo Schrein genannt.</ref>
  
 
<div class="bildbox bildtext">[[Image:omiwa.jpg|link=]]<div>Zeremonienhalle (''haiden'') des Ōmiwa Schreins<br /> Bild: [http://holoholo.air-nifty.com/nara/cat880927/index.html Horohoro] 2004 [2010/9] </div></div>
 
<div class="bildbox bildtext">[[Image:omiwa.jpg|link=]]<div>Zeremonienhalle (''haiden'') des Ōmiwa Schreins<br /> Bild: [http://holoholo.air-nifty.com/nara/cat880927/index.html Horohoro] 2004 [2010/9] </div></div>
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===Sujins religiöse Reformen===
 
===Sujins religiöse Reformen===
  
Die Chroniken verorten die Gründung des Miwa Schreins in der Regierungs·zeit {{Glossar:Sujintennou | Sujins}}, des 10. Tenno (mythol. Regierungszeit 97-30 v.u.Z.), die von heutigen Historikern in der Zeit um 300 u.Z. an·ge·siedelt wird (Kidder 2007). Sujins Herrschaft ist an·fäng·lich von einer schreck·lichen Epidemie geprägt, welche die Hälfte der Be·völkerung hin·weg·rafft. Sujin vermutet die Ursache dieser Epidemie in der Kränkung einer Gottheit und unternimmt alle erdenklichen Versuche um her·aus·zu·be·kommen, um welche Gottheit es sich handelt. Schließ·lich offenbart sich ihm {{glossar:oomononushi}} (also Ōkuninushi unter einem seiner Zweitnamen, s.o.) im Traum und ver·spricht, dass die Epidemie ein Ende haben werde, wenn der Tenno seinen Nachkommen, einen ge·wissen {{Glossar:Ootataneko}} an seinen Hof riefe, um den Kult für Ōmononushi zu über·nehmen. Besagter Ōtataneko wird in einer Nachbar·provinz tat·säch·lich gefunden. Als er in der Residenz des Tenno den Dienst für die Gott·heit aufnimmt, endet die Epidemie wie vorhergesagt.
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Die Chroniken verorten die Gründung des Miwa Schreins in der Regierungs·zeit {{Glossar:Sujintennou | Sujins}}, des 10. Tenno (mythol. Regie·rungszeit 97-30 v.u.Z.), die von heu·ti·gen His·tori·kern in der Zeit um 300 u.Z. an·ge·sie·delt wird (Kidder 2007). Sujins Herr·schaft ist an·fäng·lich von einer schreck·lichen Epide·mie geprägt, welche die Hälfte der Be·völ·ke·rung hin·weg·rafft. Sujin ver·mutet die Ursache dieser Epide·mie in der Krän·kung einer Gott·heit und unter·nimmt alle erdenk·lichen Ver·suche um her·aus·zu·be·kom·men, um welche Gott·heit es sich han·delt. Schließ·lich offen·bart sich ihm {{glossar:oomononushi}} (also Ōkuninushi unter einem seiner Zweit·na·men, s.o.) im Traum und ver·spricht, dass die Epide·mie ein Ende haben werde, wenn der Tenno seinen Nach·kom·men, einen ge·wis·sen {{Glossar:Ootataneko}} an seinen Hof riefe, um den Kult für Ōmono·nushi zu über·neh·men. Besag·ter Ōtata·neko wird in einer Nach·bar·pro·vinz tat·säch·lich gefunden. Als er in der Resi·denz des Tenno den Dienst für die Gott·heit auf·nimmt, endet die Epide·mie wie vor·her·gesagt.
  
Ōtataneko gilt als der Ahnherr der Priester von Miwa (ein weiteres uraltes Priestergeschlecht). Es war also zu Sujins Zeiten not·wendig, für die neu·artige Gottheit einen männ·lichen Priester aus einer Nachbar·provinz einzu·bürgern. Ōmononushi alias Ōkuninushi wurde aber auch von einer Yamato-Priesterin betreut, einer Tante des Tenno, die diesem als eine Art Priester-Shamanin zur Seite stand. Laut den Chroniken wird diese Priesterin mit Ōkuninushi „ver·heiratet“. (Man erinnere sich an die sagen·hafte sexuelle Potenz dieses Gottes.) Die Ehe verläuft anfangs glück·lich, doch leidet die Priesterin darunter, dass sie ihren Gatten unter Tags nicht sehen kann. Auf ihr Flehen ver·spricht Ōkuninushi, sich ihr in seiner wahren Gestalt zu offen·baren, wenn sie ver·spricht, nicht zu er·schrecken. Sie willigt ein, worauf er sie an·weist, am nächsten Morgen ihr Kamm·kästchen zu öffnen. Sie tut wie ihr geheißen und findet in ihrem Kammkästchen „eine hübsche weiße Schlange“, deren Anblick sie zu einem un·will·kür·lichen Schrei des Entsetzens nötigt. Ōkuninushi nimmt da·rauf·hin menschliche Gestalt an und ver·kündet, dass er sich infolge dieser Beschämung auf den Berg Mimoro zurück·ziehen wird.<ref> Dieses bekannte Motiv findet sich im japanischen Mythos mehr·fach (s. z.B. Izanagi und Izanami oder Hiko-Hohodemi und die Drachen·prinzessin Toyotama-hime), wobei stets „Scham“ für die Ent·fremdung der Liebenden ver·ant·wort·lich gemacht wird.</ref> Die Prinzessin aber begeht Selbst·mord, indem sie sich ihre Vagina mit Essstäbchen durch·bohrt. <ref> Eine nüchterne Inter·pre·tation könnte hier eine misslungene Ab·trei·bung erkennen, doch findet man dieses Motiv auch im „Zeitalter der Götter“: Als Susanoo das gehäutete Pferd in die Webe·halle der Amaterasu wirft, erschrickt laut einer Version eine Weberin, sticht sich die Spindel in die Scham und stirbt daran.</ref> Sie erhält da·rauf·hin ein mächtiges Hügelgrab namens {{glossar:Hashihaka}} (das „Essstäbchen-Grab“), das heute noch in der Nähe von Berg {{glossar:Mimuro}} (= Berg Miwa) exitiert. Dem Gott Ōmono-(bzw. Ōkuni-)nushi aber wird am Fuße dieses Berges besagter Schrein von Miwa er·richtet. Erst eine Generation später, unter {{glossar:Suinintennou}}, wird die kaiserliche Prinzessin {{glossar:Yamatohime}} damit beauftragt, einen permanenten Wohn·sitz (Schrein) für Amaterasu aus·findig zu machen und findet schließ·lich einen geeigneten Platz in Ise. Suinin hat (laut ''Kojiki'') auch einen Sohn, der auf·grund eines Fluches des Gottes von Izumo stumm ist. Erst als dieser Sohn nach Izumo pilgert, wird der Fluch von ihm genommen und er spricht von einem Moment zum anderen. Als Dank lässt Suinin den heutigen Izumo Schrein für den Gott von Izumo errichten. Dieser Über·liefer·ung zufolge gab es also vor Suinin noch keinen Izumo Schrein.
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Ōtataneko gilt als der Ahnherr der Priester von Miwa (ein weiteres ural·tes Pries·ter·ge·schlecht). Es war also zu Sujins Zeiten not·wen·dig, für die neu·artige Gott·heit einen männ·lichen Priester aus einer Nach·bar·pro·vinz einzu·bür·gern. Ōmono·nushi alias Ōkuni·nushi wurde aber auch von einer Yamato-Pries·terin betreut, einer Tante des Tenno, die diesem als eine Art Priester-Shamanin zur Seite stand. Laut den Chroni·ken wird diese Pries·terin mit Ōkuni·nushi „ver·hei·ra·tet“. (Man erin·nere sich an die sagen·hafte sexuelle Potenz dieses Gottes.) Die Ehe ver·läuft anfangs glück·lich, doch leidet die Pries·terin darun·ter, dass sie ihren Gatten unter Tags nicht sehen kann. Auf ihr Flehen ver·spricht Ōkuni·nushi, sich ihr in seiner wahren Gestalt zu offen·ba·ren, wenn sie ver·spricht, nicht zu er·schrecken. Sie willigt ein, worauf er sie an·weist, am näch·sten Morgen ihr Kamm·kästchen zu öffnen. Sie tut wie ihr geheißen und findet in ihrem Kamm·kästchen „eine hübsche weiße Schlange“, deren Anblick sie zu einem un·will·kür·lichen Schrei des Entset·zens nötigt. Ōkuni·nushi nimmt da·rauf·hin menschliche Gestalt an und ver·kün·det, dass er sich infolge dieser Beschä·mung auf den Berg Mimoro zurück·zie·hen wird.<ref> Dieses be·kannte Motiv findet sich im japa·ni·schen Mythos mehr·fach (s. z.B. Izanagi und Izanami oder Hiko-Hohodemi und die Drachen·prin·zes·sin Toyo·tama-hime), wobei stets „Scham“ für die Ent·frem·dung der Lie·ben·den ver·ant·wort·lich gemacht wird.</ref> Die Prin·zes·sin aber begeht Selbst·mord, indem sie sich ihre Vagina mit Essstäbchen durch·bohrt. <ref> Eine nüch·terne Inter·pre·ta·tion könnte hier eine miss·lun·gene Ab·trei·bung erken·nen, doch findet man dieses Motiv auch im „Zeital·ter der Götter“: Als Susanoo das ge·häu·tete Pferd in die Webe·halle der Amaterasu wirft, erschrickt laut einer Version eine Webe·rin, sticht sich die Spin·del in die Scham und stirbt daran.</ref> Sie erhält da·rauf·hin ein mäch·tiges Hügelgrab namens {{glossar:Hashihaka}} (das „Essstäbchen-Grab“), das heute noch in der Nähe von Berg {{glossar:Mimuro}} (= Berg Miwa) exis·tiert. Dem Gott Ōmono-(bzw. Ōkuni-)nushi aber wird am Fuße dieses Berges besag·ter Schrein von Miwa er·rich·tet. Erst eine Gene·ra·tion später, unter {{glossar:Suinintennou}}, wird die kai·ser·liche Prin·zes·sin {{glossar:Yamatohime}} damit beauf·tragt, einen per·ma·nen·ten Wohn·sitz (Schrein) für Amaterasu aus·fin·dig zu machen und findet schließ·lich einen geeigne·ten Platz in Ise. Suinin hat (laut ''Kojiki'') auch einen Sohn, der auf·grund eines Fluches des Gottes von Izumo stumm ist. Erst als dieser Sohn nach Izumo pilgert, wird der Fluch von ihm genom·men und er spricht von einem Moment zum ande·ren. Als Dank lässt Suinin den heuti·gen Izumo Schrein für den Gott von Izumo errich·ten. Dieser Über·lie·fer·ung zu·folge gab es also vor Suinin noch keinen Izumo Schrein.
  
 
===Hierogamie===
 
===Hierogamie===
  
Zwischen dem Ende von Ōkuninushis irdischer Herrschaft mit dem Zentrum in Izumo und der Errichtung eines Schreins für ihn, alias Ōmononushi, in Miwa liegen laut mythologischer Chronik drei·zehn Herr·schaft·perioden von Nach·kommen der Amaterasu: am Anfang steht Ninigi, der „himmlische Enkel“, auf den vier Generationen später {{Glossar:jinmutennou | Jinmu}}, der erste „mensch·liche Herrscher“, und weitere Tenno folgen. Ōkuninushi/Ōmononushi treibt sich in dieser Zeit·spanne offen·bar in unsicht·barer Form weiter auf Erden umher und zeugt ge·legent·lich immer noch Nachkommen. So auch die Hauptfrau des Jinmu Tenno, also die „erste Kaiserin“ Japans. Ōkuninushi soll ihre Mutter laut ''Kojiki'' in Form eines roten Pfeils geschwängert haben und zwar als diese in einem Bach ihren Darm ent·leerte. Auch die Mutter des Ōtataneko (des ersten Miwa-Priesters) soll dem ''Kojiki'' zufolge nächtens von einem Unbe·kannten geschwängert worden sein, der schließlich als der Gott von Miwa identifiziert wird (Philippi 1969, ch. 66). Wir begegnen also in den Legenden des Ōkuninushi mehr·fach dem Motiv der Hierogamie, also der Heirat zwischen Gottheit (in der phallischen Gestalt eines Pfeils oder einer Schlange) und Priesterin. Viele j·apanische Volkskundler erblicken in dieser Hierogamie eine Form des frühen weiblichen Shamanismus in Japan.
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Zwischen dem Ende von Ōkuninushis irdischer Herrschaft mit dem Zentrum in Izumo und der Errich·tung eines Schreins für ihn, alias Ōmono·nushi, in Miwa liegen laut mytholo·gi·scher Chro·nik drei·zehn Herr·schaft·perio·den von Nach·kom·men der Amaterasu: am Anfang steht Ninigi, der „himm·lische Enkel“, auf den vier Gene·ra·tio·nen später {{Glossar:jinmutennou | Jinmu}}, der erste „mensch·liche Herr·scher“, und wei·tere Tenno folgen. Ōkuni·nushi/Ōmono·nushi treibt sich in dieser Zeit·spanne offen·bar in unsicht·ba·rer Form weiter auf Erden umher und zeugt ge·le·gent·lich immer noch Nach·kom·men. So auch die Haupt·frau des Jinmu Tenno, also die „erste Kai·se·rin“ Japans. Ōkuni·nushi soll ihre Mutter laut ''Kojiki'' in Form eines roten Pfeils ge·schwän·gert haben und zwar als diese in einem Bach ihren Darm ent·leerte. Auch die Mutter des Ōtata·neko (des ersten Miwa-Pries·ters) soll dem ''Kojiki'' zufolge näch·tens von einem Unbe·kann·ten geschwän·gert worden sein, der schließ·lich als der Gott von Miwa iden·tifi·ziert wird (Philippi 1969, ch. 66). Wir begeg·nen also in den Legen·den des Ōkuni·nushi mehr·fach dem Motiv der Hieroga·mie, also der Heirat zwischen Gott·heit (in der phal·li·schen Gestalt eines Pfeils oder einer Schlange) und Pries·terin. Viele japa·nische Volks·kund·ler erblicken in dieser Hieroga·mie eine Form des frühen weib·lichen Shama·nis·mus in Japan.
  
 
===Sake===
 
===Sake===
  
Die Identität des „Großen Herren der Dinge/Geister“ (Ōmononushi) von Miwa und des „Großen Landesherren“ (Ōkuninushi) von Izumo erscheint aufgrund wider·sprüch·licher Berichte in ''Kojiki'' und ''Nihon shoki ''mitunter frag·lich und wird, wie oben erwähnt, bisweilen in Zweifel gezogen (obwohl sie von den heutigen Schreinen durchaus aner·kannt wird). Wie Klaus Antoni gezeigt hat, gibt es jedoch noch ein weiteres Binde·glied zwischen Izumo und Miwa, nämlich die Produktion von alkoholischen Getränken (''sake''). Heute wird vor allem Miwa (neben den Schreinen Matsunoo und Umenomiwa) mit Sake assoziiert und stellt eine Art Schutz·schrein der japanischen Sake-Brauer dar. Das Wort {{glossar:miwa2}} selbst ist — mit anderen Zeichen als der Schrein geschrieben — laut Klaus Antoni (1988, S. 76) eine respektvolle alter·tümliche Bezeichnung für Alkohol. Gleich·zeitig macht Antoni darauf auf·merk·sam, dass die früheste Erwähnung von Sake in den Mythen in der Izumo-Mythe von Susannoos Kampf mit der Schlange zu finden ist: Susanoo macht die Schlange mit Hilfe von Sake betrunken, und kann sie dadurch ge·fahr·los töten. Für Antoni ist daher der „Heilige Trank“ ein weiteres Indiz für die Verbindung zwischen Miwa und Izumo.
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Die Identität des „Großen Herren der Dinge/Geister“ (Ōmononushi) von Miwa und des „Großen Lan·des·her·ren“ (Ōkuni·nushi) von Izumo erscheint aufgrund wider·sprüch·licher Berichte in ''Kojiki'' und ''Nihon shoki'' mitun·ter frag·lich und wird, wie oben erwähnt, bis·wei·len in Zwei·fel gezo·gen (obwohl sie von den heu·ti·gen Schrei·nen durchaus aner·kannt wird). Wie Klaus Antoni gezeigt hat, gibt es jedoch noch ein wei·te·res Binde·glied zwi·schen Izumo und Miwa, näm·lich die Pro·duk·tion von alkoho·li·schen Geträn·ken (''sake''). Heute wird vor allem Miwa (neben den Schrei·nen Matsunoo und Umeno·miwa) mit Sake asso·ziiert und stellt eine Art Schutz·schrein der japa·ni·schen Sake-Brauer dar. Das Wort {{glossar:miwa2}} selbst ist — mit ande·ren Zeichen als der Schrein geschrie·ben — laut Klaus Antoni (1988, S. 76) eine respekt·volle alter·tüm·liche Be·zeich·nung für Alko·hol. Gleich·zei·tig macht Antoni darauf auf·merk·sam, dass die frü·heste Erwäh·nung von Sake in den Mythen in der Izumo-Mythe von Susannoos Kampf mit der Schlange zu finden ist: Susanoo macht die Schlange mit Hilfe von Sake betrun·ken, und kann sie dadurch ge·fahr·los töten. Für Antoni ist daher der „Heilige Trank“ ein wei·teres Indiz für die Ver·bin·dung zwi·schen Miwa und Izumo.
  
 
===Berg Miwa und die Schlange===
 
===Berg Miwa und die Schlange===
  
Die Gottheit von Miwa wurde in späterer Zeit meist schlicht als Miwa Daimyōjin (Große Gottheit von Miwa) be·zeich·net. Als {{Glossar:Shintai}} (Wohnort der Gottheit, Verehrungsgegenstand) des Miwa Schreins gilt bis heute der Berg, in den sich der beschämte Ōkuninushi zurück ge·zogen haben soll. Darüber hinaus wird die Gott·heit sowohl in den Mythen als auch in heutigen Schrein·legenden und Riten als reale Schlange gedacht. Offenbar gibt es tat·säch·lich besonders viele Schlangen auf und rund um den Berg, die auch heute noch regel·mäßig zu bestimmten rituellen An·lässen mit rohen Eiern ver·köstigt werden. Sie gelten dabei als die Gottheit selbst.
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Die Gottheit von Miwa wurde in späterer Zeit meist schlicht als Miwa Daimyōjin (Große Gott·heit von Miwa) be·zeich·net. Als {{Glossar:Shintai}} (Wohnort der Gott·heit, Vereh·rungsge·genstand) des Miwa Schreins gilt bis heute der Berg, in den sich der be·schämte Ōkuni·nushi zurück ge·zo·gen haben soll. Darü·ber hinaus wird die Gott·heit sowohl in den Mythen als auch in heu·ti·gen Schrein·le·gen·den und Riten als reale Schlange gedacht. Offen·bar gibt es tat·säch·lich beson·ders viele Schlan·gen auf und rund um den Berg, die auch heute noch regel·mäßig zu bestimm·ten rituel·len An·läs·sen mit rohen Eiern ver·kös·tigt werden. Sie gelten dabei als die Gott·heit selbst.
  
 
==Ōkuninushi, Hie und Daikoku  <small>(buddhistische Interpretationen)</small>==
 
==Ōkuninushi, Hie und Daikoku  <small>(buddhistische Interpretationen)</small>==
 
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{{Float|bild=japan_provinces_kinai.gif|left|width=310|class=bild}}
Zu Izumo und Miwa trat in späterer Zeit eine weitere Kult·stätte des Ōkuni·nushi am Biwa See, öst·lich von Kyoto hinzu. Es han·delt sich um den {{Glossar:Hietaisha | Hie}} (=Hiyoshi) Schrein, dessen ur·sprüng·liche Gott·heit Ōyama·kui (der „Große Berg-Pfahl“) bereits im ''Kojiki'' flüch·tig erw·ähnt wird (Philippi 1969, S. 47). Ōkuni·nushi (hier: Ōnamuji) gesellte sich wahr·schein·lich unter {{glossar:Tenjitennou}} (r. 661—671) zu dieser Gott·heit hinzu. Tenji er·richtete näm·lich seinen Palast am Süd·ufer des Biwa Sees. Es wird an·genom·men, dass er bei dieser Gele·gen·heit den Gott von Miwa als Schutz·gott der Tenno Residenz aus der Yamato Region mit·brachte und im Hie Schrein ein·setzte.
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Zu Izumo und Miwa trat in späterer Zeit eine weitere Kult·stätte des Ōkuni·nushi am Biwa See, öst·lich von Kyoto hinzu. Es han·delt sich um den {{Glossar:Hietaisha | Hie}} (=Hiyoshi) Schrein, dessen ur·sprüng·liche Gott·heit Ōyama·kui (der „Große Berg-Pfahl“) bereits im ''Kojiki'' flüch·tig erw·ähnt wird (Philippi 1969, S. 47). Ōkuni·nushi (hier: Ōna·muji) gesellte sich wahr·schein·lich unter {{glossar:Tenjitennou}} (r. 661—671) zu dieser Gott·heit hinzu. Tenji er·rich·tete näm·lich seinen Palast am Süd·ufer des Biwa Sees. Es wird an·ge·nom·men, dass er bei dieser Gele·gen·heit den Gott von Miwa als Schutz·gott der Tenno Resi·denz aus der Yamato Region mit·brachte und im Hie Schrein ein·setzte.
  
Über hundert Jahre danach, im Jahr 788, gründete {{glossar:Saichou}} (767—822), der spätere Begründer des {{Glossar:Tendaishuu | Tendai}} Buddhismus, auf dem Berg hinter dem Hie Schrein einen Tempel namens {{glossar:Enryakuji}}. Für Saichō war der Ort von be·sonderer Bedeutung, denn er wurde hier geboren, und zwar erst nach·dem sein Vater lange und inbrünstig zu den Göttern des Hie Schreins ge·betet hatte. Darüber hinaus war aber wohl weder der Berg, der von Saichō (in Ableitung des Schrein-Namens) ''Hiei'' ge·nannt wurde, noch der Schrein selbst über·regional bekannt. Auch Saichō selbst war zunächst nicht mehr als ein eigen·williger Asket, der sich mit einer Handvoll Gleich·gesinnter zwölf Jahre lang in die Einsam·keit seines Heimat·berges zurückzog. Im Jahr 794 wurde die gesamte Region jedoch erneut zum politischen Zentrum des Landes, als Kanmu Tenno im Süd·westen von Berg Hiei seine neue Haupt·stadt {{glossar:Heian|Heian-kyō}} errichten ließ: das heutige Kyoto. Aus Sicht dieser neuen Hauptstadt war Saichōs Kloster nicht nur die nächste bud·dhis·tische Institution, es befand sich noch dazu im Nord·osten und bewachte somit das „[[Mythen:Affen/Tierkreis|Dämonentor]]“, aus dem den chinesischen und japanischen Geomantikern zufolge alle unheil·vollen Einflüsse kommen. Damit erhielt Saichō plötzlich die ganze Aufmerk·samkeit des Kaisers: er stieg rasch zu den höchsten buddhistischen Ämtern auf, wurde im Jahr 804 nach China entsandt und kam von dort mit den Weihen der Tientai (= Tendai) Schule wieder. Der Klosterberg Hiei entwickelte sich unter Saichōs Nach·folgern mehr und mehr zur mächtigsten buddhistischen Institution des Landes.
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Über hundert Jahre danach, im Jahr 788, gründete {{glossar:Saichou}} (767—822), der spä·tere Begrün·der des {{Glossar:Tendaishuu | Tendai}} Buddhis·mus, auf dem Berg hinter dem Hie Schrein einen Tempel namens {{glossar:Enryakuji}}. Für Saichō war der Ort von be·son·de·rer Bedeu·tung, denn er wurde hier gebo·ren, und zwar erst nach·dem sein Vater lange und inbrüns·tig zu den Göttern des Hie Schreins ge·betet hatte. Darüber hinaus war aber wohl weder der Berg, der von Saichō (in Ablei·tung des Schrein-Namens) ''Hiei'' ge·nannt wurde, noch der Schrein selbst über·re·gio·nal bekannt. Auch Saichō selbst war zu·nächst nicht mehr als ein eigen·wil·liger Asket, der sich mit einer Hand·voll Gleich·ge·sinn·ter zwölf Jahre lang in die Ein·sam·keit seines Hei·mat·ber·ges zurück·zog. Im Jahr 794 wurde die gesamte Region jedoch erneut zum poli·ti·schen Zentrum des Landes, als Kanmu Tenno im Süd·wes·ten von Berg Hiei seine neue Haupt·stadt {{glossar:Heian|Heian-kyō}} errich·ten ließ: das heutige Kyoto. Aus Sicht dieser neuen Haupt·stadt war Saichōs Kloster nicht nur die nächste bud·dhis·tische Institu·tion, es befand sich noch dazu im Nord·osten und bewachte somit das „[[Mythen:Affen/Tierkreis|Dämonentor]]“, aus dem den chine·si·schen und japa·ni·schen Geo·man·ti·kern zufolge alle unheil·vol·len Einflüsse kommen. Damit erhielt Saichō plötz·lich die ganze Auf·merk·sam·keit des Kai·sers: er stieg rasch zu den höch·sten buddhis·ti·schen Ämtern auf, wurde im Jahr 804 nach China entsandt und kam von dort mit den Wei·hen der Tien·tai (= Ten·dai) Schule wieder. Der Klos·ter·berg Hiei ent·wickelte sich unter Saichōs Nach·fol·gern mehr und mehr zur mäch·tigsten buddhis·ti·schen Institu·tion des Landes.
  
Mit dem expandierenden Kloster wuchs auch der Schrein zu einem riesigen Komplex von Einzel·schreinen heran. Neben Ōyamakui und Ōkuninushi gesellten sich weitere fünf Haupt·gott·heiten hinzu, die der Buddhismus aus China oder Indien mit·ge·bracht hatte. Gemäß dem Vor·bild des Tientai Klosters in China, stülpte Saichō außer·dem eine Art Super-Gottheit über alle in dem Schrein·komplex vorhandenen Einzel·götter und nannte sie {{Glossar:Sannou}}, „König des Berges“. Die beiden lokalen Gott·heiten Ōyamakui und Ōkuninushi fungieren jedoch bis heute als Stamm-Schreine (''hongū'') des Komplexes. Indirekt übernahm so der Gott von Izumo/Miwa ein weiteres Mal die Schutz·funktion für die japanische Haupt·stadt, auch wenn seine Rolle im Hie-Sannō Schreinkomplex nicht mehr besonders hervorstach.
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Mit dem expandierenden Kloster wuchs auch der Schrein zu einem riesigen Komplex von Ein·zel·schrei·nen heran. Neben Ōyama·kui und Ōkuni·nushi ge·sell·ten sich weitere fünf Haupt·gott·hei·ten hinzu, die der Buddhis·mus aus China oder Indien mit·ge·bracht hatte. Gemäß dem Vor·bild des Tientai Klos·ters in China, stülpte Saichō außer·dem eine Art Super-Gott·heit über alle in dem Schrein·komplex vor·han·de·nen Ein·zel·göt·ter und nannte sie {{Glossar:Sannou}}, „König des Ber·ges“. Die beiden loka·len Gott·heiten Ōyamakui und Ōkuni·nushi fun·gie·ren jedoch bis heute als Stamm-Schreine (''hongū'') des Komple·xes. Indi·rekt über·nahm so der Gott von Izumo/Miwa ein wei·te·res Mal die Schutz·funk·tion für die japa·nische Haupt·stadt, auch wenn seine Rolle im Hie-Sannō Schrein·komplex nicht mehr beson·ders her·vorstach.
  
 
===Saichōs Daikoku===
 
===Saichōs Daikoku===
  
Die Verbindungen zwischen Ōkuninushi und dem Buddhismus gehen aber noch weiter. Eine Legende weiß zu be·richten, dass Saichō, als er noch un·schlüssig war, welchen ein·hei·mischen Gott er als Beschützer seines Klosters aus·wählen sollte, die Provinz Yamato be·reiste und so nach Miwa kam. Nachdem er zu Miwa Daimyōjin (Ōkuninushi) ge·betet hatte, offen·barte sich ihm dieser „in der Gestalt des Daikoku Tenshin“ und willigte ein, ihn zu be·gleiten. Er gab ihm auch ein Stück Holz, aus dem Saichō das erste Ab·bild des {{Glossar:Daikoku}} her·stellte (Iyanaga 2002, S. 547-48). Saichō wäre dem·nach der Urheber des populären Glücksgottes Daikoku und seiner Identi·fizierung mit Ōkuninushi. Die Statue soll im übrigen heute noch existieren, ist aber nicht im Hie Schrein sondern in der Daikoku Halle auf Berg Hiei auf·gestellt. Diese Halle diente dem Kloster ehe·mals als Verwaltungsgebäude (''mandokoro'').
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Die Verbindungen zwischen Ōkuninushi und dem Buddhismus gehen aber noch weiter. Eine Legende weiß zu be·rich·ten, dass Saichō, als er noch un·schlüs·sig war, welchen ein·hei·mi·schen Gott er als Beschüt·zer seines Klos·ters aus·wählen sollte, die Pro·vinz Yamato be·reiste und so nach Miwa kam. Nach·dem er zu Miwa Daimyōjin (Ōkuni·nushi) ge·be·tet hatte, offen·barte sich ihm dieser „in der Gestalt des Daikoku Tenshin“ und wil·ligte ein, ihn zu be·glei·ten. Er gab ihm auch ein Stück Holz, aus dem Saichō das erste Ab·bild des {{Glossar:Daikoku}} her·stellte (Iyanaga 2002, S. 547-48). Saichō wäre dem·nach der Urhe·ber des popu·lä·ren Glücksgot·tes Daikoku und seiner Identi·fizie·rung mit Ōkuni·nushi. Die Sta·tue soll im übri·gen heute noch exis·tie·ren, ist aber nicht im Hie Schrein son·dern in der Daikoku Halle auf Berg Hiei auf·gestellt. Diese Halle diente dem Klos·ter ehe·mals als Ver·wal·tungsge·bäude (''mandokoro'').
  
Der Umstand, dass Daikoku nicht im Hie Schrein selbst, sondern im buddhistischen Klosterkomplex verehrt wurde, sowie die Tat·sache, dass die früheste Quelle dieser Legende, das ''Miwa Daimyōjin engi'' (Chronik vom Ur·sprung des Miwa Daimyōjin), erst lange Zeit nach Saichō (1318) verfasst wurde, lassen Zweifel an einer tat·säch·lichen Identifikation von Ōkuninushi und Daikoku zu Leb·zeiten Saichōs auf·kommen. Es steht jedoch fest, dass Daikoku zu·nächst als Gottheit der Tempel·küche innerhalb buddhistischer Klöster an Bedeutung gewann und im Zuge dessen irgend·wann einmal auch mit Ōkuninushi in Verbindung gebracht wurde. Über die weiteren Ver·zwei·gungen der Gestalt des Daikoku und seine Ver·bindungen zu der esoterischen Gottheit Mahakala ist auf der [[Ikonographie:Glücksgötter/Daikoku | Sidepage Daikoku]] Genaueres nachzulesen.
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Der Umstand, dass Daikoku nicht im Hie Schrein selbst, sondern im buddhis·ti·schen Klos·ter·komplex verehrt wurde, sowie die Tat·sache, dass die früheste Quelle dieser Legende, das ''Miwa Daimyōjin engi'' (Chro·nik vom Ur·sprung des Miwa Daimyōjin), erst lange Zeit nach Saichō (1318) ver·fasst wurde, lassen Zwei·fel an einer tat·säch·lichen Iden·tifi·ka·tion von Ōkuni·nushi und Daikoku zu Leb·zei·ten Saichōs auf·kom·men. Es steht jedoch fest, dass Daikoku zu·nächst als Gott·heit der Tem·pel·küche inner·halb buddhis·ti·scher Klös·ter an Be·deu·tung gewann und im Zuge dessen irgend·wann einmal auch mit Ōkuni·nushi in Ver·bin·dung gebracht wurde. Über die weite·ren Ver·zwei·gun·gen der Gestalt des Daikoku und seine Ver·bin·dun·gen zu der esote·ri·schen Gott·heit Mahakala ist auf der [[Ikonographie:Glücksgötter/Daikoku | Sidepage Daikoku]] Genaue·res nachzulesen.
  
 
===Ōkuninushi als Daikoku im Kanda Schrein===
 
===Ōkuninushi als Daikoku im Kanda Schrein===
 
{{Sidebox|kanda_daikoku.jpg|w=140|rahmen_h=180|Rezente Daikoku Statue des Kanda Schreins}}
 
{{Sidebox|kanda_daikoku.jpg|w=140|rahmen_h=180|Rezente Daikoku Statue des Kanda Schreins}}
  
Der Kanda Schrein in Tokyo war in der {{Glossar:Edo}}-Zeit der wahr·schein·lich populärste Schrein von Edo, das damals das politische Zentrum des Landes und mit etwa einer Million Ein·wohnern eine der be·völkerungs·reichsten Metropolen weltweit war. Der Schrein verdankte seine Be·liebt·heit vor allem seinem spektakulären {{Glossar:Matsuri}}, das heute noch eines der größten religiösen Events in Tokyo darstellt. Laut Schrein·legende geht die Gründung des Schreins auf das Jahr 730 zurück, als Emigranten aus Izumo in der damals noch länd·lichen Kantō Region einen Zweigschrein für ihren Ahnengott Ōkuninushi er·richteten. Zu über·regionaler Bedeutung gelangte der Schrein, als im Jahr 1309 der zürnende Rachegeist des {{glossar:Tairanomasakado}} einen Sitz in diesem Schrein erhielt und dadurch friedlich gestimmt wurde. Taira no Masakado (?-940) war ein {{Glossar:Heian}}-zeitlicher Rebell der Kantō Region gewesen, dessen Ungehorsam gegenüber der Zentralregierung gewaltsam niedergeschlagen wurde. Obwohl in den offiziellen Geschichts·quellen negativ dargestellt, galt er in der Kantō Region doch auch als Held und Vor·reiter der späteren Samurai Herr·schaft. Dem ent·sprechend wurde der Schrein auch von den in der Kantō Region ansässigen Samurai wohlwollend gefördert.
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Der Kanda Schrein in Tokyo war in der {{Glossar:Edo}}-Zeit der wahr·schein·lich popu·lärste Schrein von Edo, das damals das poli·tische Zentrum des Landes und mit etwa einer Million Ein·woh·nern eine der be·völ·ke·rungs·reich·sten Metropo·len welt·weit war. Der Schrein ver·dankte seine Be·liebt·heit vor allem seinem spek·taku·lären {{Glossar:Matsuri}}, das heute noch eines der größ·ten religiö·sen Events in Tokyo darstellt. Laut Schrein·legende geht die Grün·dung des Schreins auf das Jahr 730 zurück, als Emigran·ten aus Izumo in der damals noch länd·lichen Kantō Region einen Zweig·schrein für ihren Ahnen·gott Ōkuni·nushi er·rich·te·ten. Zu über·regio·na·ler Bedeu·tung gelangte der Schrein, als im Jahr 1309 der zür·nende Rache·geist des {{glossar:Tairanomasakado}} einen Sitz in diesem Schrein erhielt und dadurch fried·lich gestimmt wurde. Taira no Masakado (?-940) war ein {{Glossar:Heian}}-zeit·licher Rebell der Kantō Region gewe·sen, dessen Unge·hor·sam gegenüber der Zentral·re·gie·rung ge·walt·sam nieder·ge·schla·gen wurde. Obwohl in den offi·ziel·len Geschichts·quel·len nega·tiv dar·gestellt, galt er in der Kantō Region doch auch als Held und Vor·reiter der späte·ren Samu·rai Herr·schaft. Dem ent·sprechend wurde der Schrein auch von den in der Kantō Region ansäs·si·gen Samurai wohl·wol·lend gefördert.
  
1590 verlegte der „Reichseiniger“ {{Glossar:Tokugawaieyasu}} (1543–1616) seine Residenz nach Edo, ein anfangs un·be·deu·tendes Fischerdorf in der Gegend des Kanda Schreins. 1616 ließ Ieyasus Sohn, Shogun Tokugawa Hidetada, den Kanda Schrein in den Nord·osten der neu errichteten Burg von Edo (heute der Kaiserpalast in Tokyo) verlegen. Ob Hidetada damit bewusst einem ge·schicht·lichen Vorbild folgte, ist mir nicht bekannt, auf jeden Fall kam Ōkuninushi so ein weiteres Mal in die Lage, das „Dämonentor“ einer Haupt·stadt zu bewachen. Die beiden ''kami'', Ōkuninushi und Masakado, wurden in Edo vor allem unter dem gemein·samen Namen Kanda Myōjin verehrt. Auf populärer Ebene wurde Ōkuninushi jedoch auch in Gestalt des Glücksgottes Daikoku wahr·ge·nommen. Kanda Myōjin war also in gewisser Weise auch Daikoku und ist es bis heute geblieben.
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1590 verlegte der „Reichseiniger“ {{Glossar:Tokugawaieyasu}} (1543–1616) seine Residenz nach Edo, ein anfangs un·be·deu·ten·des Fischer·dorf in der Gegend des Kanda Schreins. 1616 ließ Ieyasus Sohn, Shogun Toku·gawa Hide·tada, den Kanda Schrein in den Nord·osten der neu errich·teten Burg von Edo (heute der Kai·ser·pa·last in Tokyo) ver·legen. Ob Hide·tada damit bewusst einem ge·schicht·lichen Vor·bild folgte, ist mir nicht bekannt, auf jeden Fall kam Ōkuni·nushi so ein wei·te·res Mal in die Lage, das „Dämo·nen·tor“ einer Haupt·stadt zu bewachen. Die beiden ''kami'', Ōkuni·nushi und Masa·kado, wurden in Edo vor allem unter dem gemein·sa·men Namen Kanda Myōjin verehrt. Auf popu·lä·rer Ebene wurde Ōkuni·nushi jedoch auch in Gestalt des Glücks·got·tes Daikoku wahr·ge·nom·men. Kanda Myōjin war also in gewis·ser Weise auch Daikoku und ist es bis heute geblieben.
  
Als aus Edo Tokyo wurde und die Burg der Tokugawa {{Glossar:Shougun | Shogune}} in den neuen Palast des {{Glossar:Meijitennou}} umfunktioniert wurde (1868), war der einstige Rebell Taira no Masakado keine opportune Gott·heit mehr. Er wurde kurzer·hand aus dem Kanda Schrein entfernt und durch die Gottheit Sukonabikona, Okuninushis ''alter ego'' aus der Izumo Legende, ersetzt. Da Sukonabikona aber der All·ge·mein·heit nicht bekannt war, erhielt er das Aussehen des Ebisu, der im Ensemble der sieben Glücksgötter zu·meist Hand in Hand mit Daikoku auftritt. Heute ist Taira no Masakado rehabilitiert und der Kanda Schrein be·her·bergt somit drei Gottheiten: Ōkuninushi, Sukonabikona und Taira no Masakado. Nach außen hin sicht·bar ist jedoch vor allem Daikoku, dem eine große Statue errichtet wurde (s. Abb.) und der im Kanda Schrein als „Gott der guten [Ehe-]Beziehungen“ ({{glossar:enmusubinokami}}) apostrophiert wird, um möglichst viele heirats·willige Paare anzulocken. <ref> Die Rolle eines „Gottes der guten Beziehungen“, die an·ge·sichts der vielen Heiraten des Ōkuninushi eigent·lich als zweifel·haftes Omen für eine gute Ehe angesehen werden muss, hat Ōkuninushi/Daikoku im übrigen auch im Jishu Schrein in Kyoto, wo er als Gott der Verliebten verehrt wird. (s. Abb. oben)</ref>
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Als aus Edo Tokyo wurde und die Burg der Tokugawa {{Glossar:Shougun | Shogune}} in den neuen Pa·last des {{Glossar:Meijitennou}} umfunk·tio·niert wurde (1868), war der einstige Rebell Taira no Masa·kado keine oppor·tune Gott·heit mehr. Er wurde kur·zer·hand aus dem Kanda Schrein entfernt und durch die Gott·heit Sukonabikona, Okuni·nushis ''alter ego'' aus der Izumo Legende, ersetzt. Da Suko·nabikona aber der All·ge·mein·heit nicht bekannt war, erhielt er das Aus·sehen des Ebisu, der im Ensemble der sieben Glücks·göt·ter zu·meist Hand in Hand mit Daikoku auftritt. Heute ist Taira no Masa·kado reha·bili·tiert und der Kanda Schrein be·her·bergt somit drei Gott·hei·ten: Ōkuni·nushi, Sukonabikona und Taira no Masa·kado. Nach außen hin sicht·bar ist jedoch vor allem Daikoku, dem eine große Statue errich·tet wurde (s. Abb.) und der im Kanda Schrein als „Gott der guten [Ehe-]Be·zie·hun·gen“ ({{glossar:enmusubinokami}}) apo·stro·phiert wird, um mög·lichst viele hei·rats·wil·lige Paare anzu·locken. <ref> Die Rolle eines „Gottes der guten Bezie·hun·gen“, die an·ge·sichts der vielen Hei·ra·ten des Ōkuni·nushi eigent·lich als zwei·fel·haf·tes Omen für eine gute Ehe angese·hen werden muss, hat Ōkuni·nushi/ Daikoku im übri·gen auch im Jishu Schrein in Kyoto, wo er als Gott der Ver·lieb·ten verehrt wird. (s. Abb. oben)</ref>
  
An dieser Stelle sei nur noch angemerkt, dass Daikoku und Ebisu auch in anderen Schreinen gemeinsam auf·teten, wobei Ebisu mitunter auch auf Kotoshironushi, den Sohn und Thronfolger Ōkuninushis aus der Episode seiner Ab·dankung zurückgeführt wird. Es ist durchaus wahr·schein·lich, dass es sich auch in diesen Fällen um „invented traditions“ aus der Meiji Zeit handelt, dass also zu·sam·men mit dem Tenno mythologische Götter für die Schrein·kulte der Meiji-Zeit reaktiviert wurden, auch wenn sie ur·sprüng·lich gar nichts mit ihren neuen Schrein-Wohnorten zu tun hatten.
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An dieser Stelle sei nur noch angemerkt, dass Daikoku und Ebisu auch in ande·ren Schrei·nen gemein·sam auf·te·ten, wobei Ebisu mitun·ter auch auf Kotoshiro·nushi, den Sohn und Thron·fol·ger Ōkuni·nushis aus der Epi·sode seiner Ab·dan·kung zurück·ge·führt wird. Es ist durchaus wahr·schein·lich, dass es sich auch in diesen Fällen um „invented traditions“ aus der Meiji Zeit handelt, dass also zu·sam·men mit dem Tenno mytholo·gische Götter für die Schrein·kulte der Meiji-Zeit reak·ti·viert wurden, auch wenn sie ur·sprüng·lich gar nichts mit ihren neuen Schrein-Wohn·orten zu tun hatten.
  
 
==Zusammenfassung==
 
==Zusammenfassung==

Version vom 31. Oktober 2010, 23:43 Uhr

Vorlage:Styles

Die gewundenen Pfade des Großen Landesherren Ōkuninushi als heimlicher Gegenspieler der „himmlischen Götter“

Okuninushi hokusai.jpg
Ōkuninushi heilt den Hasen von Inaba, dem Meeresungeheuer (wani) das Fell abgezogen haben. Hokusai interpretiert Ōkuninushi als Daikoku und die wani als Krokodile.
Werk von Katsushika Hokusai (1760–1849). Edo-Zeit. Museum of Fine Arts, Boston.
Berg Miwa
Ōkuninushi 大国主 (jap.)

mythol. Gottheit; wtl. Großer Meister des Landes

Der Begriff „Ōkuninushi“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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, wtl. der „Große Landesherr“, ist eine der rätsel·haftesten und facetten·reichsten Gestalten des japanischen

kami(jap.)

Gottheit; im engeren Sinne einheimische oder lokale japanische Gottheit, Schreingottheit (s. jinja), Gottheit des Shintō

Der Begriff „kami“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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-Pantheons. Er taucht in den Mythen zu·nächst als Hauptgott der irdischen „Götter“ auf und stellt damit das Gegen·stück zu

Amaterasu 天照 (jap.)

Sonnengottheit; Ahnherrin des Tennō-Geschlechts; Hauptgottheit von Ise

Der Begriff „Amaterasu“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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, der Hauptgottheit der himmlischen „Götter“ dar. Obwohl er sich gemäß offizieller Lesart dem Herrschafts·anspruch der himmlischen Götter kampf·los unter·wirft, bleibt er als eine Art Gegen·modell zum kaiserlichen Ahnen·kult der Sonnengottheit die gesamte japanische Religions·geschichte hindurch in Erinnerung. Dabei kommt es allerdings zu er·staun·lichen Änderungen in Funktion und Er·schei·nungs·bild dieses Gottes. Diese Ver·änderungen werden im folgenden anhand der wichtigsten Schreine, in denen er heute verehrt wird, überblicksartig dargestellt.

Steckbrief

Namen

Das erste Rätsel dieses Gottes stellen seine vielen Namen dar. Möglicherweise hieß er ur·sprüng·lich Ōnamochi oder Ōnamuji, was als „Träger großer/vieler Namen“ über·setzt werden kann. Ōkuninushi, „Großer Landes·herr“ oder „Herr des Großen Landes“, ist sein be·kanntester Namen, bzw. Titel, doch wird er außer·dem noch als „Geist des Großen Landes“ (Ōkunitama), bzw. „Geist des Sicht·baren Landes“ (Utsushikunitama), oder als „Großer Herr der Dinge“ (Ōmononushi) be·zeichnet.1 Der Ein·fach·heit halber be·schränken wir uns hier weit·gehend auf Ōkuninushi.

Herkunft

Ōkuninushi ist laut den Hauptvarianten von

Kojiki 古事記 (jap.)

„Aufzeichnung alter Begebenheiten“; älteste jap. Chronik (712)

Text

Der Begriff „Kojiki“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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und

Nihon shoki 日本書紀 (jap.)

Zweitältestes Schriftwerk und erste offizielle Reichschronik Japans (720)

Text

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ein Sohn des

Susanoo 須佐之男/素戔男 (jap.)

mytholog. Gottheit; Trickster-Gott, Sturmgott, Mondgott; Bruder der Amaterasu

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.2 Seine Mutter ist

Kushinada-hime 奇稲田姫 (jap.)

Ehefrau Susanoos, Mutter bzw. Ahnin Ōkuninushis

Fiktive Person

Der Begriff „Kushinada-hime“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Bilder

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  • Susanoo yoshitoshi.jpg

, jene junge Frau, die Susanoo vor der acht·köpfigen Schlange rettete, nachdem er aus dem Himmel ver·bannt worden war. Ort dieser Handlung und somit Ge·burts·ort des Ōkuninushi ist die Gegend von

Izumo 出雲 (jap.)

alter Namen der Präfektur Shimane in West-Japan; auch kurz für Izumo Taisha

Ort

Der Begriff „Izumo“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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Geographische Lage

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Geographische Lage von Izumo; s.a. Geo-Glossar
(heute Präfektur Shimane). Folgt man aller·dings anderen Quellen, so lässt sich Ōkuninushi auch aus anderen Regionen, ja sogar vom koreanischen Festland herleiten.

Wesen/Identität

Es ist nicht restlos geklärt, ob alle Gottheiten, die in den Mythen unter einem der Namen des Ōkuninushi an·ge·führt werden, tat·säch·lich immer auf dieselbe Gott·heit zurück·gehen. Manches spricht bei·spiels·weise dafür, dass die Gott·heiten von Izumo und von Miwa ur·sprüng·lich nicht wesens·gleich waren. Die Mehr·heit späterer Inter·preten (nicht nur heutige Wissen·schaftler, sondern auch Priester und Ge·lehrte aus früheren Jahrhunderten) tendiert jedoch dazu, die ver·schiedenen Ōkuninushis, Ōmononushis und Ōkunitamas letzt·lich auf eine Gott·heit zu reduzieren. Was diese Gestalten in jedem Fall eint, ist ihre Funktion als mächtige „irdische“ Gottheit (

kuni-tsu-kami 国津神 (jap.)

Götter der Erde

Der Begriff „kuni-tsu-kami“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

). Ōkuninushi und seine Aliase stehen also im wesentlichen für Lokal·gott·heiten, die nicht der mythologischen Genealogie des

Tennō 天皇 (jap.)

jap. „Kaiser“-Titel, wtl. Herrscher des Himmels

Der Begriff „Tennō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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  • 3jingi.jpg
  • Tengu no ran.jpg

-Hauses entstammen.

Aufstieg zum „Herren des Landes“ (Izumo Sagenkreis)

Vorlage:Sidebox

Der Name „Großer Landesherr“ ist laut Kojiki eine Auszeichnung, die sich Ōkuninushi erst nach einer Vielzahl von Qualen und Prüfungen durch Geschick, Glück und Grau·sam·keit erwirbt. Wir begegnen dem noch jugend·lichen Gott, als er sich mit seinen 80 älteren Halb·brüdern (es sind offenbar keine Söhne des Susanoo, ihre genaue Herkunft bleibt ein Rätsel) auf dem Weg von Izumo in die Nach·bar·provinz

Inaba 因幡 (jap.)

alte jap. Provinz in Zentraljapan

Ort

Der Begriff „Inaba“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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  • Okuninushi hokusai.jpg
befindet. Seine Brüder wollen die Prinzessin von Inaba freien und nehmen Ōkuninushi als Diener und Lauf·burschen mit. Unterwegs heilt Ōkuninushi einen Hasen, welcher von See·un·geheuern (jap. wani = Krokodil? Drachen?) seines Pelzes beraubt worden ist. Der dank·bare Hase prophezeiht (bzw. bewirkt), dass die Prinzessin Ōkuninushi zum Gatten erwählen wird.3 Als die Prinzessin tat·sächlich Ōkuninushi den Vorzug vor seinen Brüdern gibt, locken sie ihn zwei·mal in eine Falle, um ihn zu töten. Beide Male gelingt der An·schlag, doch beide Male wird Ōkuninushi mit Hilfe seiner Mutter und der Götter des Himmels wieder zum Leben erweckt.

Um seinen eifersüchtigen Brüdern zu entkommen, begibt er sich in die Unter·welt (

Ne no Kuni 根の国 (jap.)

wtl. Wurzelland, auch Ne no Katasukuni 根之堅州國; Unterwelt

Pantheon, Konzept

Der Begriff „Ne no Kuni“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

, wtl. „Wurzelland“), wo sein Vater Susanoo mittler·weile die Herrschaft über·nommen hat. Doch damit haben seine Schwierig·keiten immer noch kein Ende. Wieder führt Ōkuninushis Sex·appeal zu einem Zwist mit einem männlichen Ver·wandten: diesmal geht es um

Suseri-hime 須勢理毘売 (jap.)

Tochter Susanoos, Ehefrau Ōkuninushis

Fiktive Person

Der Begriff „Suseri-hime“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

, ihrerseits eine Tochter des Susanoo und damit Halb·schwester von Ōkuninushi. Die beiden Halb·geschwister verlieben sich, doch bevor sie ungestört zu·sammen sein können, unterwirft der eifer·süchtige Susanoo seinen Sohn einer Reihe von brutalen (Initiations?-)Aufgaben, in denen sich dieser gegen Schlangen, Bienen und schließlich gegen einen Busch·brand be·haupten muss. All diese Aufgaben meistert Ōkuninushi dank Suserihime und einer Maus. Schluss·endlich muss Ōkuninushi Susanoo lausen, lullt ihn dabei in den Schlaf, stiehlt die Waffen seines Vaters und flieht mit Suserihime aus der Unterwelt.

Schöpfungsakte

Zurück auf der Erde tötet Ōkuninushi zunächst seine Halb·brüder mit den Waffen des Susanoo, und zeugt dann mit den ver·schiedensten Prinzessinnen jede Menge von Kindern (180 laut Kojiki, 181 laut Nihon shoki). Schließ·lich bekommt er einen Gefährten zur Seite gestellt, einen winzigen Gott namens

Sukunabikona 少名毘古那 (jap.)

winzige Gottheit, Gefährte oder alter ego von Ōkuninushi, auch: Sukunahikona

Der Begriff „Sukunabikona“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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4, laut einer Version ein verloren ge·glaubter Sohn des himmlischen Ahnen·gottes

Takamimusubi 高御産巣日神 (jap.)

einer der „drei Kami der Schöpfung“, Himmelsgottheit

Der Begriff „Takamimusubi“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

, laut einer anderen eine Art alter ego von Ōkuninushi selbst. Mit Sukonabikona führt Ōkuninushi das von

Izanami 伊耶那美/伊奘冉 (jap.)

Göttermutter, Göttin der Unterwelt (mi hier weibliche Endung); Schwester und Frau des Izanagi

Der Begriff „Izanami“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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und

Izanagi 伊耶那岐/伊奘諾 (jap.)

Göttervater; auch Izanaki (ki hier männliche Endung); Bruder und Mann von Izanami

Der Begriff „Izanagi“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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begonnene Werk der Welten·schöpfung zu Ende. Inwiefern die Welt nach Ōkuninushi anders aus·sieht als zuvor, wird in Kojiki und Nihon shoki aller·dings nicht näher spezifiziert. Laut dem

Izumo fudoki 出雲風土記 (jap.)

Lokalchronik von Izumo, 733

Text

Der Begriff „Izumo fudoki“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

, einer frag·mentarischen Lokal·chronik aus dem Jahr 733, ver·größert er jedoch die Provinz Izumo, indem er einen Teil des koreanischen König·reichs Silla mit Hilfe eines Seils über das Meer nach Japan zieht. 5

Heilkraft

Ein hervorstechender Aspekt des Paares Ōkuninushi und Sukonabikona ist ihre Fähigkeit Krank·heiten zu heilen. Sie werden u.a. für die Ent·deckung der ältesten Heilquellen Japans ver·ant·wortlich gemacht. In der Heian Zeit wurde Ōkuninushi aus diesem Grund auch mit

Yakushi Nyorai 薬師如来 (jap.)

Buddha der Medizin; skt. Bhaisajyaguru

Buddha

Der Begriff „Yakushi Nyorai“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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, dem Buddha der Medizin, identifiziert, bzw. von diesem als Gott der Heilkunst über·schattet (Antoni 1982, S. 30-31). 6 Wie wir noch sehen werden, tritt Ōkuninushi außer·dem als Ver·ur·sacher einer schreck·lichen Epidemie prominent in Erscheinung.

Zwischenbemerkung

Bis hier her folgt die Geschichte des Ōkuninushi einem Muster, das aus vielen Märchen bekannt ist: der Held, der jüngste einer Reihe von Geschwistern, wird zahl·reichen Gefahren und Demütigungen aus·ge·setzt, über·windet diese mit viel List und dank der Sympathie weib·licher Unter·stützer und triumphiert schluss·endlich über seine Peiniger. In der Art, wie er sich mehr durch Glück und Schläue als durch Stärke gegen seine Wider·sacher durch·setzt, kann er, ähnlich wie Susanoo, als Trickster-Figur angesehen werden.

Auch andere mythologische Deutungen sind möglich. Klaus Antoni (1982) deutet etwa die Geschichte des wieder·belebten „Weißen (= nackten) Hasen von Inaba“ als Mythos vom ab·nehmenden und zu·nehmenden Mond. Mir geht es aber an dieser Stelle vor allem um den Stellen·wert, den Ōkuninushi in den ver·schiedenen Schreinen, in denen er ver·ehrt wurde, zugesprochen bekam.

In Ōkuninushis komplizierten Familienverhältnissen deutet sich an, dass eine ur·sprüng·lich eigen·ständige Erzählung aus Izumo über die Figur des Susanoo mit der Yamato-Mythologie ver·bunden wurde. Susanoos Kampf mit der Schlange und Ōkuninushis Kampf gegen seine Brüder gehörten ur·sprüng·lich wahrscheinlich ganz unter·schied·lichen Erzählungen an. Auch der Akt der Welten·schöpfung in Kooperation mit Sukonabikona passt weder mit den Welt·ent·stehungs·mythen von Izanagi und Izanami noch mit der Vor·geschichte des Ōkuninushi wirklich zusammen. Im übrigen ver·zichtet das Nihon shoki weit·gehend auf die Details dieser Geschichte. Die Episode der achtzig Brüder und des „Hasen von Inaba“ findet sich nur im Kojiki. Das Nihon shoki wiederum konzentriert sich mehr auf das Ende von Ōkuninushis Herr·schaft, in Japan als

kuniyuzuri 国譲り (jap.)

wtl. Landübergabe, Inbesitznahme des Landes (Japan) durch die Nachfahren des Sonnengeschlechts

Geschichte

Der Begriff „kuniyuzuri“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

(„Übergabe des Landes“) bekannt. Aus dieser Perspektive vertritt Ōkuninushi all jene bar·barischen „Götter der Erde“, die durch die Her·ab·kunft des himmlischen Enkels einer höheren Ordnung zugeführt werden sollen.

Unterwerfung des Ōkuninushi (Yamato Mythos)

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Offenbar herrschen unter Ōkuninushi, trotz seiner schöpferischen Qualitäten anarchistische Zu·stände, die sich unter anderem da·durch äußern, dass Felsen, Bäume und Gräser sprechen können und un·unter·brochen durch·ein·ander·quasseln. Die „Befriedung“ dieser unbot·mäßigen Götter wird erst erreicht, als die himmlischen Götter (

ama-tsu-kami 天津神 (jap.)

Götter des Himmels; mytholog. Gottheiten

Der Begriff „ama-tsu-kami“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

) Ōkuninushis Herrschaft auf Erden über·nehmen.7

Ōkuninushis Abdankung ist Kojiki und Nihon shoki zufolge das Ergebnis diplomatischer Ver·hand·lungen: Zwei Ab·ge·sandte des Himmels 8 erscheinen an den Gestaden von Izumo, stellen ihre Schwerter aufrecht auf die Wellen·kämme und nehmen darauf Platz. Durch diese Demonstration ihrer über·legenen Fähigkeiten überzeugen sie Ōkuninushi und seinen Sohn und Thronfolger

Kotoshiro-nushi 事代主 (jap.)

mythol. Gottheit; Sohn und Thronfolger des Ōkuninushi; in etwa „Meister des Wortwissens“

Der Begriff „Kotoshiro-nushi“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

, dass es wohl das klügste wäre, das Feld kampf·los zu räumen. Zuvor handelt Ōkuninushi aber noch die Er·richtung eines Palastes für sich aus, dessen Giebelhölzer (nach der Version des Kojiki) bis zum Himmel emporreichen. In diesen Palast, an dessen Stelle sich heute der

Izumo Taisha 出雲大社 (jap.)

Großschrein von Izumo (Präfektur Shimane)

Schrein

Der Begriff „Izumo Taisha“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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Geographische Lage

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Geographische Lage von Izumo Taisha; s.a. Geo-Glossar

be·findet, will er sich zurück·ziehen, um von nun an die „ver·borgenen Dinge“ zu leiten. Auch heißt es, dass er sich auf die „nicht hundert, sondern achtzig ge·wundenen Pfade“ (momo tarazu yaso kumade) begeben wird, möglicher·weise eine Metapher für die Unter·welt. Damit verlässt Ōkuninushi zu·nächst einmal die Bühne der Geschichte. Ein paar auf·müpfige irdische Götter aus seinem Gefolge, u.a. die vor·lauten Steine und Bäume, werden noch schnell un·schäd·lich gemacht, dann steht dem triumphalen Ein·zug von Amaterasus Enkel

Ninigi 瓊瓊杵 (jap.)

mytholog. Gottheit, Enkel Amaterasus

Der Begriff „Ninigi“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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nichts mehr im Wege.
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Ōkuninushi heilt den Hasen von Inaba, dem Meeresungeheuer (wani) das Fell abgezogen haben. Hokusai interpretiert Ōkuninushi als Daikoku und die wani als Krokodile.
Werk von Katsushika Hokusai (1760–1849). Edo-Zeit. Museum of Fine Arts, Boston.
Der Strand von Inasa

Yamato und Izumo

Der mythologische Gegensatz von „irdischen“ und „himmlischen“ Gottheiten kann als Metapher für unterschiedliche Herrschaftsgebiete aufgefasst werden.

Yamato 大和/倭 (jap.)

Kernland der Tennō-Dynastie in Zentraljapan (Präfektur Nara); archaischer Name für Japan

Ort, Geschichte

Der Begriff „Yamato“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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  • Jinmu Feldzug.png

, das Kernland der Tenno-Dynastie, wird dem·nach von den himmlischen Göttern (ama-tsu-kami) be·herrscht, die anderen Territorien, allen voran Izumo, von den irdischen Göttern (kuni-tsu-kami). Die Schilderung von Ōkuninushis Ab·dankung re·präsentiert somit den Prozess, im Zuge dessen sich die ver·schie·denen Lokalreiche der Oberhoheit Yamatos unter·warfen. Obwohl diese Ereignisse teil·weise hinter rätsel·haften Bildern und Aus·drücken ver·schleiert werden, fällt auf, dass Gewalt·aspekte dabei soweit als möglich her·unter ge·spielt werden. Ōkuninushi „zieht sich zurück“, ein himmlischer Gott 9 tritt in seinen „Dienst“, was aber wohl bedeutet, dass er als eine Art Regent die Herrschaft über Izumo über·nimmt. Neuere archäologische Forschungen setzen diese Ent·wicklung relativ spät, nämlich erst im siebenten und achten Jahr·hundert an (Piggott 1989). Tatsächlich dürfte die Entwicklung weit·gehend friedlich ver·laufen sein. Offen·bar brachte erst die Union mit Yamato interne Rivalitäten in Izumo zum Er·liegen und sicherte so den Yamato-treuen Lokal·herrn eine größere Autorität über Izumo, wenn auch um den Preis, dass sie die Hegemonie Yamatos anerkannten.

Die neuen Lokalherren, die laut den Chroniken durch die „himmlischen Götter“ (= Yamato) ein·ge·setzt wurden, sind im übrigen die Ahnen der späteren Priester von Izumo, die ihr Amt bis heute erblich weiter·geben. Sie schmücken sich mit der Amts·bezeichnung kokuzō, ein Titel, der ur·sprüng·lich

kuni no miyatsuko 国造 (jap.)

frühzeitlicher japanischer Titel, Provinzverwalter; spätere Lesung: kokuzō

Der Begriff „kuni no miyatsuko“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

aus·ge·sprochen wurde und soviel wie „Gouverneur“ bedeutete. Dass dieses Priester·geschlecht sich tat·säch·lich aus einer frühen weltlichen Dynastie, nämlich dem Klan der Ou, ent·wickelte, gilt heute als historisch gesichert. Erst langsam wurde aus dem Palast von Izumo ein Schrein und aus den Landes·herren ein aus·schließ·lich auf religiöse Aufgaben beschränktes Priester·geschlecht. Diese Dynastie, die im Mittelalter den Namen

Senge 千家 (jap.)

Priestergeschlecht des Großschreins von Izumo

Der Begriff „Senge“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

angenommen hat, ist somit historisch wie mythologisch mindestens ebenso alt wie die Tenno Dynastie (der gegen·wärtige Oberpriester ist das 84. Oberhaupt der Familie seit ihrer mythologischen Gründung). Obwohl ur·sprüng·lich von Yamato ein·ge·setzt, gilt ihr religiöser Dienst den „irdischen Göttern“ und Ōkuninushi. Auf diese Weise ist bis heute die Erinnerung an ein kami-Pantheon lebendig, das nicht von den Vorfahren des Tenno regiert wurde. Nach „offizieller“ Lesart ist der Komplex Izumo-Ōkuninushi-Senge dem Komplex Ise-Amaterasu-Tennō hier·archisch unter·geordnet. Dass diese offizielle Lesart aber selbst erst das Produkt einer wechsel·haften Geschichte ist, die bis in historische Zeiten (also die Zeit der Ab·fassung der frühesten Schrift·quellen) hin·ein·reicht, zeigt die folgende Geschichte des Miwa Schreins.

Ōkuninushis Zweitwohnsitz in Miwa (Miwa Sagenkreis)

Als mächtige Gottheit außerhalb des ursprünglichen Herrschafts·gebietes von Yamato blieb Ōkuni·nushi wohl auch nach der Anne·xion Izumos ein Faktor der Unsicher·heit für den frühen japa·nischen Staat. Dies würde jeden·falls erklä·ren, warum man sich offen·bar schon früh be·mühte, Ōkuni·nushi eine Ver·ehrungs·stätte in Yamato zu er·rich·ten, näm·lich den Schrein von

Ōmiwa Jinja 大神神社 (jap.)

Ōmiwa Schrein, auch Miwa Schrein, nahe Nara; einer der ältesten Schreine Japans

Schrein

Der Begriff „Ōmiwa Jinja“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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Geographische Lage

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Geographische Lage von Ōmiwa Jinja; s.a. Geo-Glossar

. Es ist dies das erste expli·zit für religiöse Zwecke vor·be·hal·tene Ge·bäude, das in den mytho-his·tori·schen Chroni·ken Kojiki und Nihon shoki erwähnt wird (im Fall von Izumo bleibt offen, ob es sich um einen Palast für einen leben·den Herr·scher oder um ein Ge·bäude für eine un·sicht·bare Gott·heit han·delt). Inso·fern lässt sich argu·men·tie·ren, der Schrein von Miwa, der noch heute exis·tiert und sich süd·lich der alten Haupt·stadt

Nara 奈良 (jap.)

Hauptstadt und Sitz des Tennō, 710–784 (= Nara-Zeit); auch: Heijō-kyō

Ort, Geschichte

Der Begriff „Nara“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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Geographische Lage

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Geographische Lage von Nara; s.a. Geo-Glossar
be·fin·det, stelle den ältes·ten Schrein Japans dar. 10
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Zeremonienhalle (haiden) des Ōmiwa Schreins
Bild: Horohoro 2004 [2010/9]

Sujins religiöse Reformen

Die Chroniken verorten die Gründung des Miwa Schreins in der Regierungs·zeit

Sujin Tennō 崇神天皇 (jap.)

97–30 v.u.Z. (mythol. Regierungszeit); 10. japanischer Kaiser

Fiktive Person

Der Begriff „Sujin Tennō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

, des 10. Tenno (mythol. Regie·rungszeit 97-30 v.u.Z.), die von heu·ti·gen His·tori·kern in der Zeit um 300 u.Z. an·ge·sie·delt wird (Kidder 2007). Sujins Herr·schaft ist an·fäng·lich von einer schreck·lichen Epide·mie geprägt, welche die Hälfte der Be·völ·ke·rung hin·weg·rafft. Sujin ver·mutet die Ursache dieser Epide·mie in der Krän·kung einer Gott·heit und unter·nimmt alle erdenk·lichen Ver·suche um her·aus·zu·be·kom·men, um welche Gott·heit es sich han·delt. Schließ·lich offen·bart sich ihm

Ōmononushi 大物主 (jap.)

Gottheit des Schreins von [Ō]Miwa

Der Begriff „Ōmononushi“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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(also Ōkuninushi unter einem seiner Zweit·na·men, s.o.) im Traum und ver·spricht, dass die Epide·mie ein Ende haben werde, wenn der Tenno seinen Nach·kom·men, einen ge·wis·sen

Ōtataneko 大田田根子 (jap.)

Hohepriester und Ahnherr der Priester von Miwa

Der Begriff „Ōtataneko“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

an seinen Hof riefe, um den Kult für Ōmono·nushi zu über·neh·men. Besag·ter Ōtata·neko wird in einer Nach·bar·pro·vinz tat·säch·lich gefunden. Als er in der Resi·denz des Tenno den Dienst für die Gott·heit auf·nimmt, endet die Epide·mie wie vor·her·gesagt.

Ōtataneko gilt als der Ahnherr der Priester von Miwa (ein weiteres ural·tes Pries·ter·ge·schlecht). Es war also zu Sujins Zeiten not·wen·dig, für die neu·artige Gott·heit einen männ·lichen Priester aus einer Nach·bar·pro·vinz einzu·bür·gern. Ōmono·nushi alias Ōkuni·nushi wurde aber auch von einer Yamato-Pries·terin betreut, einer Tante des Tenno, die diesem als eine Art Priester-Shamanin zur Seite stand. Laut den Chroni·ken wird diese Pries·terin mit Ōkuni·nushi „ver·hei·ra·tet“. (Man erin·nere sich an die sagen·hafte sexuelle Potenz dieses Gottes.) Die Ehe ver·läuft anfangs glück·lich, doch leidet die Pries·terin darun·ter, dass sie ihren Gatten unter Tags nicht sehen kann. Auf ihr Flehen ver·spricht Ōkuni·nushi, sich ihr in seiner wahren Gestalt zu offen·ba·ren, wenn sie ver·spricht, nicht zu er·schrecken. Sie willigt ein, worauf er sie an·weist, am näch·sten Morgen ihr Kamm·kästchen zu öffnen. Sie tut wie ihr geheißen und findet in ihrem Kamm·kästchen „eine hübsche weiße Schlange“, deren Anblick sie zu einem un·will·kür·lichen Schrei des Entset·zens nötigt. Ōkuni·nushi nimmt da·rauf·hin menschliche Gestalt an und ver·kün·det, dass er sich infolge dieser Beschä·mung auf den Berg Mimoro zurück·zie·hen wird.11 Die Prin·zes·sin aber begeht Selbst·mord, indem sie sich ihre Vagina mit Essstäbchen durch·bohrt. 12 Sie erhält da·rauf·hin ein mäch·tiges Hügelgrab namens

Hashihaka 箸墓 (jap.)

wtl. Essstäbchen-Grab; Hügelgrab aus dem 4. Jh. nahe Berg Miwa

Architektur

Der Begriff „Hashihaka“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Geographische Lage

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Geographische Lage von Hashihaka; s.a. Geo-Glossar

(das „Essstäbchen-Grab“), das heute noch in der Nähe von Berg

Mimuro 三室 (jap.)

anderer Name für Berg Miwa in der heutigen Präfektur Nara

Landschaft

Der Begriff „Mimuro“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

(= Berg Miwa) exis·tiert. Dem Gott Ōmono-(bzw. Ōkuni-)nushi aber wird am Fuße dieses Berges besag·ter Schrein von Miwa er·rich·tet. Erst eine Gene·ra·tion später, unter

Suinin Tennō 垂仁天皇 (jap.)

11. kaiserl. Herrscher Japans, leg. Regiergungszeit 29 v.–70 n.u.Z.

Fiktive Person

Der Begriff „Suinin Tennō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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, wird die kai·ser·liche Prin·zes·sin

Yamato-hime 倭姫(倭比売) (jap.)

Mytholog. Priesterin der Amaterasu, Tochter von Suinin Tennō

Der Begriff „Yamato-hime“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

damit beauf·tragt, einen per·ma·nen·ten Wohn·sitz (Schrein) für Amaterasu aus·fin·dig zu machen und findet schließ·lich einen geeigne·ten Platz in Ise. Suinin hat (laut Kojiki) auch einen Sohn, der auf·grund eines Fluches des Gottes von Izumo stumm ist. Erst als dieser Sohn nach Izumo pilgert, wird der Fluch von ihm genom·men und er spricht von einem Moment zum ande·ren. Als Dank lässt Suinin den heuti·gen Izumo Schrein für den Gott von Izumo errich·ten. Dieser Über·lie·fer·ung zu·folge gab es also vor Suinin noch keinen Izumo Schrein.

Hierogamie

Zwischen dem Ende von Ōkuninushis irdischer Herrschaft mit dem Zentrum in Izumo und der Errich·tung eines Schreins für ihn, alias Ōmono·nushi, in Miwa liegen laut mytholo·gi·scher Chro·nik drei·zehn Herr·schaft·perio·den von Nach·kom·men der Amaterasu: am Anfang steht Ninigi, der „himm·lische Enkel“, auf den vier Gene·ra·tio·nen später

Jinmu Tennō 神武天皇 (jap.)

wtl. „göttlicher Krieger“; gemäß den japanischen Mythen der erste menschliche Herrscher (Tennō) Japans; eigentlicher Name: Kami Yamato Iware-hiko no Sumera Mikoto 神日本磐余彦天皇 (Nihon shoki)

Fiktive Person

Der Begriff „Jinmu Tennō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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, der erste „mensch·liche Herr·scher“, und wei·tere Tenno folgen. Ōkuni·nushi/Ōmono·nushi treibt sich in dieser Zeit·spanne offen·bar in unsicht·ba·rer Form weiter auf Erden umher und zeugt ge·le·gent·lich immer noch Nach·kom·men. So auch die Haupt·frau des Jinmu Tenno, also die „erste Kai·se·rin“ Japans. Ōkuni·nushi soll ihre Mutter laut Kojiki in Form eines roten Pfeils ge·schwän·gert haben und zwar als diese in einem Bach ihren Darm ent·leerte. Auch die Mutter des Ōtata·neko (des ersten Miwa-Pries·ters) soll dem Kojiki zufolge näch·tens von einem Unbe·kann·ten geschwän·gert worden sein, der schließ·lich als der Gott von Miwa iden·tifi·ziert wird (Philippi 1969, ch. 66). Wir begeg·nen also in den Legen·den des Ōkuni·nushi mehr·fach dem Motiv der Hieroga·mie, also der Heirat zwischen Gott·heit (in der phal·li·schen Gestalt eines Pfeils oder einer Schlange) und Pries·terin. Viele japa·nische Volks·kund·ler erblicken in dieser Hieroga·mie eine Form des frühen weib·lichen Shama·nis·mus in Japan.

Sake

Die Identität des „Großen Herren der Dinge/Geister“ (Ōmononushi) von Miwa und des „Großen Lan·des·her·ren“ (Ōkuni·nushi) von Izumo erscheint aufgrund wider·sprüch·licher Berichte in Kojiki und Nihon shoki mitun·ter frag·lich und wird, wie oben erwähnt, bis·wei·len in Zwei·fel gezo·gen (obwohl sie von den heu·ti·gen Schrei·nen durchaus aner·kannt wird). Wie Klaus Antoni gezeigt hat, gibt es jedoch noch ein wei·te·res Binde·glied zwi·schen Izumo und Miwa, näm·lich die Pro·duk·tion von alkoho·li·schen Geträn·ken (sake). Heute wird vor allem Miwa (neben den Schrei·nen Matsunoo und Umeno·miwa) mit Sake asso·ziiert und stellt eine Art Schutz·schrein der japa·ni·schen Sake-Brauer dar. Das Wort

miwa 神酒 (jap.)

altertümliche Bezeichnung für Sake, der den Göttern geopfert wird

Gegenstand

Der Begriff „miwa“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

selbst ist — mit ande·ren Zeichen als der Schrein geschrie·ben — laut Klaus Antoni (1988, S. 76) eine respekt·volle alter·tüm·liche Be·zeich·nung für Alko·hol. Gleich·zei·tig macht Antoni darauf auf·merk·sam, dass die frü·heste Erwäh·nung von Sake in den Mythen in der Izumo-Mythe von Susannoos Kampf mit der Schlange zu finden ist: Susanoo macht die Schlange mit Hilfe von Sake betrun·ken, und kann sie dadurch ge·fahr·los töten. Für Antoni ist daher der „Heilige Trank“ ein wei·teres Indiz für die Ver·bin·dung zwi·schen Miwa und Izumo.

Berg Miwa und die Schlange

Die Gottheit von Miwa wurde in späterer Zeit meist schlicht als Miwa Daimyōjin (Große Gott·heit von Miwa) be·zeich·net. Als

shintai 神体 (jap.)

heiliges Objekt eines Shintō-Schreins; wtl. „Gottkörper“

Schrein, Gegenstand

Der Begriff „shintai“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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  • Hachiman kaikei.jpg
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  • Hibara mitsutorii.jpg
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(Wohnort der Gott·heit, Vereh·rungsge·genstand) des Miwa Schreins gilt bis heute der Berg, in den sich der be·schämte Ōkuni·nushi zurück ge·zo·gen haben soll. Darü·ber hinaus wird die Gott·heit sowohl in den Mythen als auch in heu·ti·gen Schrein·le·gen·den und Riten als reale Schlange gedacht. Offen·bar gibt es tat·säch·lich beson·ders viele Schlan·gen auf und rund um den Berg, die auch heute noch regel·mäßig zu bestimm·ten rituel·len An·läs·sen mit rohen Eiern ver·kös·tigt werden. Sie gelten dabei als die Gott·heit selbst.

Ōkuninushi, Hie und Daikoku (buddhistische Interpretationen)

Japan provinces kinai.gif

Zu Izumo und Miwa trat in späterer Zeit eine weitere Kult·stätte des Ōkuni·nushi am Biwa See, öst·lich von Kyoto hinzu. Es han·delt sich um den

Hie Taisha 日吉大社 (jap.)

Schutzschrein des Tendai-Tempelkomplexes von Berg Hiei bei Kyōto; auch bekannt als Hiyoshi Taisha oder Sannō Schrein

Schrein

Der Begriff „Hie Taisha“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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Geographische Lage

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Geographische Lage von Hie Taisha; s.a. Geo-Glossar

(=Hiyoshi) Schrein, dessen ur·sprüng·liche Gott·heit Ōyama·kui (der „Große Berg-Pfahl“) bereits im Kojiki flüch·tig erw·ähnt wird (Philippi 1969, S. 47). Ōkuni·nushi (hier: Ōna·muji) gesellte sich wahr·schein·lich unter

Tenji Tennō 天智天皇 (jap.)

626–672; 38. Kaiser Japans; (r. 661–672); Eigenname: Naka-no-Ōe

Der Begriff „Tenji Tennō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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(r. 661—671) zu dieser Gott·heit hinzu. Tenji er·rich·tete näm·lich seinen Palast am Süd·ufer des Biwa Sees. Es wird an·ge·nom·men, dass er bei dieser Gele·gen·heit den Gott von Miwa als Schutz·gott der Tenno Resi·denz aus der Yamato Region mit·brachte und im Hie Schrein ein·setzte.

Über hundert Jahre danach, im Jahr 788, gründete

Saichō 最澄 (jap.)

767–822; Gründer des Tendai-Buddhismus; auch bekannt als Dengyō Daishi

Der Begriff „Saichō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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(767—822), der spä·tere Begrün·der des

Tendai-shū 天台宗 (jap.)

Tendai-Schule, chin. Tiantai

Schulrichtung

Der Begriff „Tendai-shū“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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Buddhis·mus, auf dem Berg hinter dem Hie Schrein einen Tempel namens

Enryaku-ji 延暦寺 (jap.)

Haupttempel des Hiei Klosterbergs

Tempel

Der Begriff „Enryaku-ji“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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Geographische Lage

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Geographische Lage von Enryaku-ji; s.a. Geo-Glossar

. Für Saichō war der Ort von be·son·de·rer Bedeu·tung, denn er wurde hier gebo·ren, und zwar erst nach·dem sein Vater lange und inbrüns·tig zu den Göttern des Hie Schreins ge·betet hatte. Darüber hinaus war aber wohl weder der Berg, der von Saichō (in Ablei·tung des Schrein-Namens) Hiei ge·nannt wurde, noch der Schrein selbst über·re·gio·nal bekannt. Auch Saichō selbst war zu·nächst nicht mehr als ein eigen·wil·liger Asket, der sich mit einer Hand·voll Gleich·ge·sinn·ter zwölf Jahre lang in die Ein·sam·keit seines Hei·mat·ber·ges zurück·zog. Im Jahr 794 wurde die gesamte Region jedoch erneut zum poli·ti·schen Zentrum des Landes, als Kanmu Tenno im Süd·wes·ten von Berg Hiei seine neue Haupt·stadt

Heian 平安 (jap.)

auch Heian-kyō 平安京, „Stadt des Friedens“; politisches Zentrum 794–1185 (= Heian-Zeit)

Ort, Epoche

Der Begriff „Heian“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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Geographische Lage

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Geographische Lage von Heian; s.a. Geo-Glossar
errich·ten ließ: das heutige Kyoto. Aus Sicht dieser neuen Haupt·stadt war Saichōs Kloster nicht nur die nächste bud·dhis·tische Institu·tion, es befand sich noch dazu im Nord·osten und bewachte somit das „Dämonentor“, aus dem den chine·si·schen und japa·ni·schen Geo·man·ti·kern zufolge alle unheil·vol·len Einflüsse kommen. Damit erhielt Saichō plötz·lich die ganze Auf·merk·sam·keit des Kai·sers: er stieg rasch zu den höch·sten buddhis·ti·schen Ämtern auf, wurde im Jahr 804 nach China entsandt und kam von dort mit den Wei·hen der Tien·tai (= Ten·dai) Schule wieder. Der Klos·ter·berg Hiei ent·wickelte sich unter Saichōs Nach·fol·gern mehr und mehr zur mäch·tigsten buddhis·ti·schen Institu·tion des Landes.

Mit dem expandierenden Kloster wuchs auch der Schrein zu einem riesigen Komplex von Ein·zel·schrei·nen heran. Neben Ōyama·kui und Ōkuni·nushi ge·sell·ten sich weitere fünf Haupt·gott·hei·ten hinzu, die der Buddhis·mus aus China oder Indien mit·ge·bracht hatte. Gemäß dem Vor·bild des Tientai Klos·ters in China, stülpte Saichō außer·dem eine Art Super-Gott·heit über alle in dem Schrein·komplex vor·han·de·nen Ein·zel·göt·ter und nannte sie

Sannō 山王 (jap.)

Wtl. „Bergkönig“; Schutzgott des Tendai-Klosters auf Berg Hiei

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, „König des Ber·ges“. Die beiden loka·len Gott·heiten Ōyamakui und Ōkuni·nushi fun·gie·ren jedoch bis heute als Stamm-Schreine (hongū) des Komple·xes. Indi·rekt über·nahm so der Gott von Izumo/Miwa ein wei·te·res Mal die Schutz·funk·tion für die japa·nische Haupt·stadt, auch wenn seine Rolle im Hie-Sannō Schrein·komplex nicht mehr beson·ders her·vorstach.

Saichōs Daikoku

Die Verbindungen zwischen Ōkuninushi und dem Buddhismus gehen aber noch weiter. Eine Legende weiß zu be·rich·ten, dass Saichō, als er noch un·schlüs·sig war, welchen ein·hei·mi·schen Gott er als Beschüt·zer seines Klos·ters aus·wählen sollte, die Pro·vinz Yamato be·reiste und so nach Miwa kam. Nach·dem er zu Miwa Daimyōjin (Ōkuni·nushi) ge·be·tet hatte, offen·barte sich ihm dieser „in der Gestalt des Daikoku Tenshin“ und wil·ligte ein, ihn zu be·glei·ten. Er gab ihm auch ein Stück Holz, aus dem Saichō das erste Ab·bild des

Daikoku 大黒 (jap.)

Gott des Reichtums und Stellvertreter der Sieben Glücksgötter (Shichi Fukujin); skt. Mahakala = „Großer Schwarzer“; auch Daikoku-ten

Glücksgottheit

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her·stellte (Iyanaga 2002, S. 547-48). Saichō wäre dem·nach der Urhe·ber des popu·lä·ren Glücksgot·tes Daikoku und seiner Identi·fizie·rung mit Ōkuni·nushi. Die Sta·tue soll im übri·gen heute noch exis·tie·ren, ist aber nicht im Hie Schrein son·dern in der Daikoku Halle auf Berg Hiei auf·gestellt. Diese Halle diente dem Klos·ter ehe·mals als Ver·wal·tungsge·bäude (mandokoro).

Der Umstand, dass Daikoku nicht im Hie Schrein selbst, sondern im buddhis·ti·schen Klos·ter·komplex verehrt wurde, sowie die Tat·sache, dass die früheste Quelle dieser Legende, das Miwa Daimyōjin engi (Chro·nik vom Ur·sprung des Miwa Daimyōjin), erst lange Zeit nach Saichō (1318) ver·fasst wurde, lassen Zwei·fel an einer tat·säch·lichen Iden·tifi·ka·tion von Ōkuni·nushi und Daikoku zu Leb·zei·ten Saichōs auf·kom·men. Es steht jedoch fest, dass Daikoku zu·nächst als Gott·heit der Tem·pel·küche inner·halb buddhis·ti·scher Klös·ter an Be·deu·tung gewann und im Zuge dessen irgend·wann einmal auch mit Ōkuni·nushi in Ver·bin·dung gebracht wurde. Über die weite·ren Ver·zwei·gun·gen der Gestalt des Daikoku und seine Ver·bin·dun·gen zu der esote·ri·schen Gott·heit Mahakala ist auf der Sidepage Daikoku Genaue·res nachzulesen.

Ōkuninushi als Daikoku im Kanda Schrein

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Der Kanda Schrein in Tokyo war in der

Edo 江戸 (jap.)

Hauptstadt der Tokugawa-Shōgune, heute: Tōkyō; auch: Zeit der Tokugawa-Dynastie, 1600–1867 (= Edo-Zeit);

Ort, Epoche

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Geographische Lage

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Geographische Lage von Edo; s.a. Geo-Glossar

-Zeit der wahr·schein·lich popu·lärste Schrein von Edo, das damals das poli·tische Zentrum des Landes und mit etwa einer Million Ein·woh·nern eine der be·völ·ke·rungs·reich·sten Metropo·len welt·weit war. Der Schrein ver·dankte seine Be·liebt·heit vor allem seinem spek·taku·lären

matsuri(jap.)

religiöses (Volks-)Fest

Ritus

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, das heute noch eines der größ·ten religiö·sen Events in Tokyo darstellt. Laut Schrein·legende geht die Grün·dung des Schreins auf das Jahr 730 zurück, als Emigran·ten aus Izumo in der damals noch länd·lichen Kantō Region einen Zweig·schrein für ihren Ahnen·gott Ōkuni·nushi er·rich·te·ten. Zu über·regio·na·ler Bedeu·tung gelangte der Schrein, als im Jahr 1309 der zür·nende Rache·geist des

Taira no Masakado 平将門 (jap.)

Heian-zeitlicher Rebel, ?–940

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einen Sitz in diesem Schrein erhielt und dadurch fried·lich gestimmt wurde. Taira no Masakado (?-940) war ein

Heian 平安 (jap.)

auch Heian-kyō 平安京, „Stadt des Friedens“; politisches Zentrum 794–1185 (= Heian-Zeit)

Ort, Epoche

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Geographische Lage

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-zeit·licher Rebell der Kantō Region gewe·sen, dessen Unge·hor·sam gegenüber der Zentral·re·gie·rung ge·walt·sam nieder·ge·schla·gen wurde. Obwohl in den offi·ziel·len Geschichts·quel·len nega·tiv dar·gestellt, galt er in der Kantō Region doch auch als Held und Vor·reiter der späte·ren Samu·rai Herr·schaft. Dem ent·sprechend wurde der Schrein auch von den in der Kantō Region ansäs·si·gen Samurai wohl·wol·lend gefördert.

1590 verlegte der „Reichseiniger“

Tokugawa Ieyasu 徳川家康 (jap.)

1543–1616; Begründer des Tokugawa Shogunats; Reichseiniger

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(1543–1616) seine Residenz nach Edo, ein anfangs un·be·deu·ten·des Fischer·dorf in der Gegend des Kanda Schreins. 1616 ließ Ieyasus Sohn, Shogun Toku·gawa Hide·tada, den Kanda Schrein in den Nord·osten der neu errich·teten Burg von Edo (heute der Kai·ser·pa·last in Tokyo) ver·legen. Ob Hide·tada damit bewusst einem ge·schicht·lichen Vor·bild folgte, ist mir nicht bekannt, auf jeden Fall kam Ōkuni·nushi so ein wei·te·res Mal in die Lage, das „Dämo·nen·tor“ einer Haupt·stadt zu bewachen. Die beiden kami, Ōkuni·nushi und Masa·kado, wurden in Edo vor allem unter dem gemein·sa·men Namen Kanda Myōjin verehrt. Auf popu·lä·rer Ebene wurde Ōkuni·nushi jedoch auch in Gestalt des Glücks·got·tes Daikoku wahr·ge·nom·men. Kanda Myōjin war also in gewis·ser Weise auch Daikoku und ist es bis heute geblieben.

Als aus Edo Tokyo wurde und die Burg der Tokugawa

Shōgun 将軍 (jap.)

Shōgun; Titel der Militärherrscher aus dem Kriegeradel (bushi, Samurai)

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in den neuen Pa·last des

Meiji Tennō 明治天皇 (jap.)

1852–1912; 122. japanischer Kaiser (r. 1867–1912); Namensgeber und politische Symbolfigur der Meiji-Zeit; Eigenname: Mutsuhito

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umfunk·tio·niert wurde (1868), war der einstige Rebell Taira no Masa·kado keine oppor·tune Gott·heit mehr. Er wurde kur·zer·hand aus dem Kanda Schrein entfernt und durch die Gott·heit Sukonabikona, Okuni·nushis alter ego aus der Izumo Legende, ersetzt. Da Suko·nabikona aber der All·ge·mein·heit nicht bekannt war, erhielt er das Aus·sehen des Ebisu, der im Ensemble der sieben Glücks·göt·ter zu·meist Hand in Hand mit Daikoku auftritt. Heute ist Taira no Masa·kado reha·bili·tiert und der Kanda Schrein be·her·bergt somit drei Gott·hei·ten: Ōkuni·nushi, Sukonabikona und Taira no Masa·kado. Nach außen hin sicht·bar ist jedoch vor allem Daikoku, dem eine große Statue errich·tet wurde (s. Abb.) und der im Kanda Schrein als „Gott der guten [Ehe-]Be·zie·hun·gen“ (

enmusubi no kami 縁結びの神 (jap.)

wtl. „Gottheit, die Verbindungen knüpft“; Gottheit für Verliebte, japanischer Amor

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) apo·stro·phiert wird, um mög·lichst viele hei·rats·wil·lige Paare anzu·locken. 13

An dieser Stelle sei nur noch angemerkt, dass Daikoku und Ebisu auch in ande·ren Schrei·nen gemein·sam auf·te·ten, wobei Ebisu mitun·ter auch auf Kotoshiro·nushi, den Sohn und Thron·fol·ger Ōkuni·nushis aus der Epi·sode seiner Ab·dan·kung zurück·ge·führt wird. Es ist durchaus wahr·schein·lich, dass es sich auch in diesen Fällen um „invented traditions“ aus der Meiji Zeit handelt, dass also zu·sam·men mit dem Tenno mytholo·gische Götter für die Schrein·kulte der Meiji-Zeit reak·ti·viert wurden, auch wenn sie ur·sprüng·lich gar nichts mit ihren neuen Schrein-Wohn·orten zu tun hatten.

Zusammenfassung

Die Vielzahl von Erscheinungsformen des Ōkuninushi sind in der japanischen Religionsgeschichte keineswegs einzigartig, Ōkuninushi kann vielmehr als beispielhaft für die Flexibilität japanischer kami-Identitäten angesehen werden. Was ihn darüber hinaus aber besonders interessant macht, ist die Tatsache, dass er immer wieder — wenn auch unter verschiedenen Bezeichnungen — an der Schwelle großer politisch-religiöser Einschnitte auftaucht, um als Schutzgott des politischen Zentrums zu fungieren.

Die Geschichte von Ōkuninushis Abdankung zugunsten des „himmlischen Enkels“ ist zweifel·los die heute bekannteste Episode in der Biographie dieses Gottes, mindest ebenso interessant ist aber die Gründung des Miwa Schreins, die in vieler Hinsicht als die Grund·stein·legung einer völlig neu·artigen Form von Religion erscheint. Der Tenno, der zunächst den Kult für seine gött·lichen Ahnen in eigener Person leitet, fühlt sich angesichts einer landes·weiten Katastrophe schuldig und ver·un·sichert, weil er die Ursache des Unglücks in einer Fehl·handlung bei der Ausübung seiner religiösen Pflichten sieht. Er über·ant·wortet die Götter (= seine Priesterolle) bestimmten Spezialisten und ver·lagert ihren „Wohnort“ an separate Orte außer·halb des kaiserlichen Palastes. Auf diese Weise entstehen die ersten Schreine. Manche Forscher erkennen in dieser Episode auch den Über·gang von einer weiblich dominierten religösen Praxis zu einer männlich-patriarchalischen (Elwood 1990). Zwar spielt auch in dieser Episode eine Shamanen-Priesterin — eine Tante des Sujin, die mehrfach als enge Beraterin auftritt — eine wichtige Rolle, doch ihre Hierogamie mit Ōkuninushi scheitert. Letzt·lich gelingt es nur dem männlichen Priester aus dem Geschlecht Ōkuninushis, die leicht er·reg·bare Gott·heit zu beschwichtigen und damit den Katastrophen ein Ende zu bereiten.

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die hier nur am Rande erwähnte „Aus·lagerung“ Amaterasus in das weitab der Yamato-Region gelegene Ise. Unter den folgenden Tenno bleibt die mächtige „irdische Gottheit“ Ōkuninushi wichtiger als die „himmlische Gottheit“ Amaterasu. J. E. Kidder mut·maßt, dass Amaterasu erst unter

Tenmu Tennō 天武天皇 (jap.)

631?–686; 40. japanischer Kaiser; (r. 673–686)

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(r. 672–86) und die auf ihn folgende Kaiserin

Jitō Tennō 持統天皇 (jap.)

645–703, r. 686–697; 41. japanische Kaiserin

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(r. 690–97) ihr klassisches Profil als wichtigste Ahnen·gottheit der kaiser·lichen Dynastie erhält. 14 Während die „Kapitel des Götter·zeit·alters“ von Kojiki (712) und Nihon shoki (720) dieser neuen Bedeutung Amaterasus ent·sprechend aus·gestaltet werden, verabsäumen es die Chroniken, auch die zeitlich näheren Kapitel der neuen Ideologie anzugleichen und offenbaren somit eine Diskontinuität in der Verehrung der Sonnengottheit (Kidder 2007).

In jedem Fall geht die Aufwertung der Ise Schreine mit einer Abwertung von Ōkuninushis Schreinen in Izumo und Miwa einher. Ōkuninushi findet jedoch auf dem Um·weg über den Buddhismus zu einer neuen Identität, um sich schließ·lich erneut als Glücksgott Daikoku im religiösen Pantheon Japans zu behaupten. Zu·gleich scheint es, als ob er seine Rolle als Be·schützer des politischen Zentrums (Hüter des „Dämonentores“), die er unter Sujin erstmals über·tragen bekommt, auf stille, un·spek·takuläre Weise auch in Kyoto und Edo wahrnimmt.

okuninushi
Ōkuninushi und der weiße Hase von Inaba
Darstellung von Katsushika Hokusai (1760–1849), Detail.
Bildquelle:Museum of Fine Arts, Boston [2010/9]
Hokusai interpretiert Ōkuninushi eindeutig als Daikoku
und die Seemonster (wani) als Krokodile (s.o.)